Side-Story (Karma is a Bitch) Der Pinguin und das Phantom der Oper von blackNunSadako ================================================================================ Kapitel 3 Penguin (Penguin) --------------------------- Unter den Söldnerrängen hatte ich einen Assassinen-Titel.   Mit sechszehn Jahren stand folgendes in meiner Akte: -98 Schwerverletzte -54 Kopfschüsse -27 Giftmorde   Nichts davon konnte mir nachgewiesen werden.   Mein Codename war Penguin, ich hatte ihn mir selbst gegeben.   Warum Penguin?   Schon mal einen Pinguin gesehen, der eine Magnum-Teufelsfrucht gefressen hatte?   Nein...? Ich auch nicht.   Aber lustig wäre es alle Male oder?   `Peng`, das Geräusch welches von dem Abzug der Pistole ausgelöst wurde. Dann der Blick des Angeschossenen... Das Letzte was er zu Gesicht bekam war ein knuffig aussehender Eisvogel, einen Pinguin.   Irgendwie ein makaberes Bild, nicht?   Vielleicht hing mein Kopf auch einfach nur in den Wolken. Wer weiß? Irgendwie klang das sehr kontrastfremd, von jemandem der die meiste Zeit mit einem U-Boot unterwegs war.   Unter unseren Decknamen waren auch unsere Eigenschaften verzeichnet. Zumindest das, was andere in uns sahen.   `Emotionslos`, `erledigt jede Drecksarbeit` und `ist brauchbar`, stand unter dem Namen `Penguin`.   Sollten die reichen Drecksäcke doch denken, was sie wollten.   Der Umschlag eines Buches ist nicht entscheidend, sondern der Inhalt.   Niemand fragte nach den Beweggründen, solange die Arbeit ordentlich erledigt wurde.   Für Shachi hätte ich Alles getan. Der Job war gut bezahlt und ich konnte für uns sorgen. Mehr zählte nicht.   Es waren nur wir beide in der großen Welt, die sich durchboxen mussten.   Bei dem Anschlag auf unser Dorf hatte ich jeden Willen verloren und mir war es egal geworden, was aus mir wurde.   Die Bilder waren mir im Gedächtnis geblieben. Der kleine Junge, der seine Mutter verlor. Seine herzzerreißenden Schreie und die unzähligen Tränen, die er vergossen hatte. Als er sich zitternd an meinem Ärmel festhielt, stand mein Entschluss fest. In diesem Moment wusste ich; Ich werde für ihn da sein.     Wenn man Shachi Heute fragen würde, was er über mich dachte, wäre seine Antwort wohl soetwas wie: `Penguin ist ein gemeiner Idiot` oder sowas wie: `Pen-Pen ist der Beste`   Nicht gerade ausdrucksvolle Argumente, nicht?   Falsch. Es waren Worte, die von Herzen kamen.   Wir wuchsen zusammen, die Bindung die wir hatten, konnte uns niemand nehmen.   Eines Tages bekam ich einen besonderen Auftrag. Es ging um die Ermordung eines erfolgreichen Arztes. Das er ein Pirat war, sagte man mir nicht. Auch nicht, dass der Typ irre und zudem auch noch verdammt stark war.   Zuerst wunderte ich mich darüber, dass er weder Angst noch Reue zeigte, als ich ihm die Pistole an den Kopf hielt. Dem Kerl wäre es egal gewesen, wenn ich ihm eine Kugel zwischen die Augen gesetzt hätte, er hatte sich längst mit seinem Tod abgefunden. Ob es früher oder später geschah, schien ihm gleichgültig.   Und als dann auch noch Shachi ins Bild kam, der mich an genau diesem Tag verfolgt hatte und auf das kleine Kuscheltier zustürmte um es zu kuscheln, zeigte das Schicksal mal wieder, dass es etwas anderes mit uns vor hatte.   Mein bester Freund war nicht von dem weißen Teddybär loszukriegen und der junge Chirurg bot mir dann an, mich zu ihm zu setzen und ein wenig zu reden.   So hatten wir unser neues Zuhause gefunden.   Die hohen Tiere des Sölderlagers musste ich aussschalten, nachdem sie nicht so ganz mit meiner Entscheidung einverstanden waren.   Danach wurde unser Leben endlich friedlich. Naja so friedlich ein Piratenleben eben sein konnte.   Bepo war im Gegensatz zu dem naiven Schreihals, eher das direkte Gegenteil. Er war demütig und gehorsam, hatte trotzdessen ein großes Herz und reagierte stets ängstlich, wenn etwas Unvorhergesehenes passierte. Ich würde ihn als einen treuen Schäferhund beschreiben, der aber aus einer Kreuzung mit einem kleinen Chihuahua stammte.   Ich umgab mich grundsätzlich nur mit Menschen die einen guten Charakter hatten.   Warum ich das tat? Damit ich die schlechte Seite der Menschheit für einen Moment vergessen konnte.   Ich sah jeden einzelnen der missbilligenden Blicke, die wir zugeworfen bekamen, wenn wir auf einer Insel anlegten. Die angewiderten Tuscheleien und die verdorbenen Nahrungsmittel, die uns zugeworfen wurden, waren Beweis genug. Die Menschen waren verrottet.   Law schenkte ihnen keine Beachtung, während ich mit meinem Drang kämpfte, jeden Einzelnen von ihnen zu erdolchen. Shachi nahm das Alles am meisten mit. Es brach ihm das Herz und zerstörte langsam aber sicher sein Selbstwertgefühl. Er war schon immer ein sehr offener Mensch, der gerne auf andere zuging und sich mit Allem und Jedem verstehen wollte. Ungefähr so wie der Strohhutjunge, den wir auf Sabaody trafen. Nur eben mit weniger Überzeugungskraft und Selbstbewusstsein.   Ich versuchte meinem besten Freund immer wieder ins Gedächtnis zu rufen, dass er ja uns hatte und sonst niemanden brauchte. Zum Glück konnte ihn das immer etwas aufmuntern.     Bis Heute war ich eine Person, die rationales Denken vorzog, die Emotionen zurückschraubte und sehr auf Distanz bedacht war.   Warum jemanden näher an sich ran lassen als nötig? Damit machte man sich nur verwundbar. Man baute sich unbewusst eine neue Schwachstelle, die dich im schlimmsten Fall Verstand und Leben kosten konnte.   Da wäre ich ja dumm wenn ich das zuließe, oder?   Nur die beiden Spinner, die ich als meine engsten Freunde betrachte, durften hinter meine Fassade blicken. Durften meine Gefühlsausbrüche miterleben. In Form von Kopfnüssen und Anbrüllen, eben.   Ich hatte sie gerne und fühlte mich bei ihnen wohl. Ich lachte gerne mit ihnen.   Auch wenn man es mir nicht ansah, war ich ein sehr glücklicher Mensch. Ich konnte mich glücklich schätzen, die zwei an meiner Seite zu haben.   Wer war schon gerne allein? Niemand.     Weswegen ich mich auch nicht wunderte, als der Typ mit der Maske in unserem Operationssaal stand und einen Nervenzusammenbruch bekam, bei dem Anblick seines verletzten Kapitäns. Sie waren offensichtlich gute Freunde.   Ich war bei dem Eingriff dabei und half bei den oberflächlichen Wunden des Patienten.     Als ich mit meiner Arbeit fertig war, konnte ich einen genaueren Blick auf den Vizen der Kid-Piraten werfen.   Er stand versteinert in der Tür, seine Hände waren zu Fäusten geballt, er zitterte merklich und hatte seine Augen wahrscheinlich auf seinen Kapitän gerichtet.   So genau konnte ich es nicht sagen, wegen seiner blau-weißen Maske, die sein komplettes Gesicht verdeckte, aber anzunehmen war es. Er hatte lange blonde Haare, die ihm bis zur Hüfte hingen. Seine schwarze Bluse, mit den weißen Punkten trug er offen, man konnte das Sixpack deutlich erkenne, welches seinen Oberkörper zierte. Um seine schmalen Beine legte sich eine hell-blaue Jeans mit Fransen an den Außenseiten.   Gefährlich sah der Typ alle Male aus und die vielen Zeitungsberichte über seine Aktionen waren auch nicht ohne.   Alles in Allem konnte man sagen, er war jemand mit einer langen Geschichte.   Das er auf unserem Schiff blieb war von Vornherein klar. Er blieb bei seinem verwundeten Kameraden und wartete auf seine Genesung.   Vielleicht kümmerte ich mich einfach nur zu sehr um andere? Ich konnte eine richtige Glucke sein, wenn es um ein verletztes Kücken ging.   Jedenfalls erwischte ich mich des öfteren dabei, wie ich `zufällig` am Krankenzimmer vorbei ging und einen Blick durch das Fenster der Tür warf.   Ich sah den blonden Vizen auf seinen bewusstlosen Kapitän einreden, sich öfters durch die Haare raufen und fluchen. Spürte seine aufgewühlte und verzweifelte Aura.   Ich war von Natur aus ein Analytiker, selbst wenn ich keiner wäre, hätte ich eins und eins zusammen zählen können.   Selbst in der Dunkelheit der untergehenden Welt lodert die Flamme der Freundschaft. Selbst ein skrupelloser Massenmörder mit Maske kannte dieses unheimlich starke Band. Das Gefühl von einem Freund geliebt zu werden, dass stärker war als jeder Taifun. Jeder braucht jemanden, der sich mit einem Klappstuhl zu dir in das Auge des Sturms setzt und dir eine Tüte Popcorn reicht.     Als er dann aus der Tür stürmte und sich auf den Weg zurück zu seinem Schiff machte, folgte ich ihm heimlich. Es war eine reine Laune von mir, ich hatte sowieso nichts Besseres zu tun.   Law, Shachi und alle anderen Mitglieder unserer Crew wussten, dass mir mein Freiraum unheimlich wichtig war, weshalb es nicht selten vorkam, dass ich mal für einige Stunden verschwand, entweder zum Abschalten oder einfach wegen etwas, dem ich nachging.   Wie jetzt.   Das Deck der Kid-Piraten war ziemlich unbewacht, es war ein Kinderspiel sich dort rein zu schleichen.   Ich bewegte mich im Schatten und durchstreifte den langen Flur des Unterdecks.   Der Maskenträger ging in einen großen Raum, versammelte die Mannschaft und erhob das Wort.   "Leute, Kid wird bald wieder auf den Beinen sein. Er hat mir gesagt, dass wir schon vor fahren sollen, damit wir schnellstmöglich in die neue Welt kommen!"   Es war glatt gelogen. Sein Kapitän lag immernoch ohne Bewusstsein bei uns und ich denke, er hatte auch keinen Schimmer, wie es um ihn stand.   Ein verdammt guter Lügner war er, schien seine Worte mit Bedacht zu wählen und seine Stimme klang sehr beherrschend.   Nach einem "Aye!", lief er wieder schnellen Schrittes aus dem Zimmer, durch den Flur und riss eine Tür am Ende des Ganges auf.   Es sah aus wie eine kleine Kammer oder ein Lagerraum.   Er dachte nicht daran, die Tür zu schließen, schmiss sich kraftvoll auf einen Stuhl und legte seine Hand an seine Stirn.   Es war offensichtlich wie fertig ihn das Alles machte.   Ich hatte einen guten Aussichtspunkt hier in der dunklen Ecke am Flurende, konnte seine Aktionen genau beobachten.   "Fuck! Fuck! Fuck!", fluchte er, haute seine Faust auf den Tisch der vor ihm stand.   "So `ne Scheiße!!"   Er raufte sich wieder durch seine Mähne.   Was er als nächstes tat, hätte ich niemals erwartet. Er nahm seine Maske ab und knallte sie in die Ecke des Raumes...   ....   Ich konnte sein Gesicht genau sehen!   Mir blieb der Mund offen stehen, bei dem Anblick...   Er war einfach überwältigend.   Das fahle Mondlicht schien durch das kleine Fenster, direkt auf ihn.   Wenn ich ehrlich war hatte ich Alles erwartet, von Schnittnarben, bis hin zu Verbrennungen und sogar eine Fresse wie Gecko Morias.   Aber die Wahrheit, lies meine Kehle staubtrocken werden.   Alles schien sich in Zeitlupe abzuspielen, es war einer der Momente, wo dir der Atem weg blieb. Die Zeiger der Uhr waren stehen geblieben, als meine Augen jeden Zentimeter seines Gesichtes scannten.   Sein Pony, der im Mondlicht einen goldenen Schimmer angenommen hatte, fiel ihm über seine Augen. Hinter seinen Strähnen ragte ein schwarzes, leicht verblasstes Tattoo von einem Engelsflügel hervor, welches seine halbe Wange zierte, bis hoch zu seinem linken Auge. Seine schmalen Lippen glichen denen einer Meerjungfrau. Seine Haut war sehr blass, ihre Farbe war rein, wie weißer Schnee.     Er seufzte hörbar und lehnte sich nach hinten in die Stuhllehne, seinen Kopf in Richtung der Decke gerichtet. Seine Strähnen waren dabei nach hinten gefallen und zwei silberne Ohrringe blitzten zwischen seinen Haaren hervor.   Wie von alleine setzten sich meine Beine in Bewegung. Ich musste näher an ihn ran. Ich musste ihn deutlicher sehen. Musste mich versichern, dass mir meine Augen keinen Streich spielten.   Ich war unvorsichtig, trat auf eine kleine Diele, die bei der Berührung ein leises, aber hörbares Knarzen von sich gab.   Der Blonde drehte seinen Kopf ruckartig zu mir um, öffnete seine Augen und funkelte in meine Richtung.   "Wer ist da??", fragte er genervt.   Selbst wenn er mich gesehen hätte wäre ich versteinert stehen geblieben.   Ich konnte ihm direkt in die Augen sehen.   Es traf mich wie eine Kanonenkugel. Wenn ich in den letzten Momenten wirklich wieder geatmet hatte, war das Thema jetzt endgültig erledigt.   Seine Iriden waren matt, waren in ein dunkles Rot getaucht. Sie erinnerten mich an das Phänomen eines Blutmondes. Seine Pupillen hingegen hatten einen anderen Farbton. Sie hatten die Farbe von einem dunklen Violett, wie ein wunderschöner Schwarm Schmetterlinge.   Niemals zuvor hatte ich so etwas Unglaubliches gesehen. Gab es diese Augenfarbe überhaupt?   Er wurde wütend. Woher ich wusste, dass sich seine Stimmung änderte? Die Erklärung war lächerlich, schier unmöglich. Und doch war es ganz einfach: Seine Augenfarbe wechselte. Nicht glaubhaft?   Tja hab` ich doch gesagt.   Trotzdem hatte ich es genau beobachten können. Der Rotton seiner Pupillen veränderte sich, flackerte zuerst hell und dann dunkel auf. Das gleiche passierte mit seinen Iriden. So wie der Hypnoseblick einer Schlange.   Es war vollkommen verrückt!   Hatte ich Drogen genommen ohne es zu wissen?   Halluzinierte ich?   Als er einen Schritt auf die Tür zuging reagierte ich, drehte mich um und rannte den Flur rauf zum Deck.   Ich sprang von seinem Schiff und machte mich auf dem schnellsten Wege zurück zu dem unseren.       In Shachi und meinem Zimmer lies ich mich dann auf unser orangenes Sofa fallen, nahm meine Kappe von meinem Kopf und fuhr mir durch die Haare.   Was hatte ich da eben gesehen? Etwas, was ich nicht hätte sehen dürfen?   Wie war das überhaupt möglich?   War das wissenschaftlich erklärbar?   Shachi wickelte sich aus seiner Decke und schlurfte verschlafen auf mich zu, rieb sich die Augen.   "Peng? Was ist denn los?..*gäähn*... Du siehst so blass aus...", murmelte er mir zu, setzte sich neben mich und warf mir verschlafene Blicke zu.   "Es ist nichts.", beruhigte ich ihn und seufzte einmal tief. Ich hasste es ihn anlügen zu müssen, aber so war es für beide Seiten besser. Er brauchte sich nicht damit zu belasten und ich musste mich nicht erklären.   Das war mein Geheimnis, meines allein und ich werde es auch nicht mit meinem besten Freund teilen. Ich setzte mich sowieso lieber alleine mit Allem außeinander.   So sollte es auch bleiben.   "Dann ist gut. Komm`lass uns was futtern!", rief mein bester Freund freudig, drückte mir meine Kappe wieder auf meinen Kopf und zerrte mich im nächsten Moment schon vom Sofa, hin zur Küche.   Ob er das wohl extra tat um mich abzulenken? Das wusste nur er selbst.     Am Küchentisch sitzend, den mampfenden Shachi vor mir, war ich wieder in meinen Gedanken versunken.   Ich wusste, dass ich mir die nächsten Tage darüber den Kopf zerbrechen werde. Dass mich das Bild verfolgen würde und dass der kalte Schauer, der mich seit dem nicht mehr losgelassen hatte, bleiben wird.   Ich merkte viel zu genau die Schritte des Maskenmannes, als er wieder auf dem Weg zum Krankenzimmer unseres U-Bootes war.   Warum war seine Präsenz nur auf einmal so deutlich zu spüren?     --     Ich versuchte es zu verdrängen. Das versuchte ich wirklich.   Bis das Phantom uns in seine Bar einlud. (Das Buch hatte ich übrigens am Abend davor gelesen. Law hatte es mir durch Zufall geliehen.)   Ich war wirklich unheimlich nervös, als ich vor den Vizen der Kid-Piraten trat, weswegen ich mich neben Shachi stellte und Bepo die Aufgabe überlies, nach unserem Kapitän zu fragen.   Die Einladung zum Trinken war wirklich mehr als überraschend.   Wie war das noch mit dem Schicksal? Blödes Schicksal, lachte sich doch den Arsch über mich ab!     So und nun saß ich hier, in der Ecke des Tresens auf einem Hocker und schaute überall hin nur nicht zu unserem Barkeeper.   Jetzt, wo ich wusste, wie er unter seiner Maske aussah, war es unmöglich geworden mit ihm zu reden.   Ich kippte ein Glas nach dem anderen, in der Hoffnung, dass meine Unbehaglichkeit auf irgend eine Weise verschwinden würde. Vergebens, leider.   Wenigstens sah man mir nichts an. Oder doch?   Als er mich dann ansprach zuckte ich kaum merkbar zusammen, klammerte meine Finger etwas fester gegen das Glas in meiner Hand und zwang mich zu ihm zu schauen, wenn auch nur flüchtig.   Er war mir zu nah. Viel zu nah. Er hang auf dem Tresen, nicht mal einen halben Meter neben mir.   Distanz! Ich brauchte Distanz! Und Alkohol...   So lief der Abend für mich ab. Trinken und Verdrängen, ein typischer Piratenabend eben.     ---         Schon mal versucht eine lästige Fliege im Sommer zu verscheuchen?   So ungefähr ging es mir zur Zeit.   Ich konnte die Gedanken an den Maskenkerl nicht abschütteln. Sie schwirrten in meinem Kopf rum und ich hatte keine verdammte Fliegenklatsche, mit der ich sie hätte wegfegen können.   Ich dachte nur noch an ihn. Es war als ob meine gesamte Gedankenwelt nur noch ein Thema kannte.   Tagsüber hielt ich Ausschau nach ihm, spürte ihn mit meinem Haki auf oder schleichte mich heimlich auf das feindliche Schiff.   Nachts träumte ich von violetten Schmetterlingen, die dem Sonnenuntergang entgegen flogen.   Das war einer der Gründe, warum ich mir einen sehr unruhigen Schlaf angeeignet hatte.   Das war auch der Grund warum ich an jenem Morgen im Halbschlaf gegen das Regal stieß und die geliebte Orca-Figur meines besten Freundes zerdäpperte.   Meine Fassade konnte ich wirklich gut erhalten, trotz des inneren Chaoses, welches in mir herrschte. Wenigstens etwas, wofür ich mich loben konnte...       Jetzt saß ich also hier und wartete auf die Rückkehr meiner beiden Freunde, die sich wahrscheinlich in die Bar der Kid-Piraten verkrümelt hatten. Shachi war schon immer der Typ, der seine Sorgen in Alkohol ertrank, weswegen Law ihm mal einen siebenstündigen Vortrag über Leberzerrose gehalten hatte.   Alkohol half ihm nicht nur beim Stressabbau, sondern auch beim Nachdenken und Verarbeiten. Ich brauchte nur zu Warten. Schließlich waren wir sowas wie Zwillinge und waren unzertrennlich.   Meine Augen wanderten automatisch zu dem Maskenmann, der in dem Krähennest Wache hielt. Natürlich zog ich den Schirm meiner Kappe so tief runter, dass es unmöglich war, zu sehen, wo mein Blick hing. Warum ich immer eine Mütze trug, wusste nur ich und mein bester Freund, der mich nie darauf ansprach.     Irgendwann war ich weggedöst.     Ich wachte schlagartig auf, als ich mir bekannte Schritte auf dem Metallboden unseres Schiffes hörte. Es waren seine Schritte.   Was wollte er hier?   Als er sich neben mich an die Reeling stellte, dachte ich mein Herz würde stehen bleiben.   Es fiel mir verdammt schwer ruhig zu bleiben.   Erst als ich den Regenschirm neben mir sah, bemerkte ich die Tropfen und meine nasse Kleidung.   Seine Nähe war wie ein Schlag mit einem Betonziegel. Wie als wenn man mit seinem Schiff gegen einen riesigen Eisberg krachen würde und zwischen den Trümmern eingequetscht wurde.   Mein Gefühl sagte mir, ich solle aufstehen und ganz weit weg gehen. Gleichzeitig zwang es mich um jeden Preis bei ihm zu bleiben.   Wie war das: `Gegensätze ziehen sich an`? Ich würde eher sagen, sie sollen sich verdammt nochmal für eines entscheiden oder beide abzischen!   --     Was mich dazu trieb, die Nummer auf den Regenschirm zu schreiben?   Was trieb einen Himmelsdrachenmenschen dazu einen Sklaven zu kaufen?   Genau, es war purer Egoismus.   Ich war egoistisch. Eigentlich wollte ich den blonden Kerl vergessen, aber irgendwie wollte ich das eben auch nicht.   Blöde Logik. Nicht vorhanden, würde ich mal sagen.   Gleichzeitig zeugt meine Aktion von purer Unsicherheit.   Ich hatte sozusagen dem Maskenmann die Wahl gelassen und mich selbst aus der Affäre gezogen.   So musste er auf mich zukommen und nicht ich auf ihn.   ---   Ich hatte schon gar nicht mehr mit einem Anruf gerechnet. Weshalb ich Shachi förmlich den Hörer aus den Fingern riss, als er sagte dass Killer an der Teleschnecke war und mich sprechen wollte.   Solange er nicht direkt vor mir stand, fiel mir das Sprechen mit ihm viel leichter, musste ich überrascht feststellen.   Ich mochte es, in zu verwirren.   Und ich mochte seine Psycho-Spielchen.   Ich hatte unheimlich Spaß bei dem Telefonat.   Seinen Namen hatte ich wirklich nur erraten. Da war das Glück doch wirklich mal auf meiner Seite...   Als ich wieder aufgelegt hatte, nahm ich meine Kappe vom Kopf und wuschelte mir durch die Haare.   Was hatte ich da nur durch meine kleine Kurzschlussaktion mit dem Schirm ins Rollen gebracht?   Shachi warf mir fragende Blicke zu, als ich mich kurz darauf, in die Telefonleitung hackte.     ---       "Penguin?", fragte mich Shachi behutsam, neben mir auf dem Sofa.   "Hm? Was denn?", nuschelte ich nachdenklich.   "Du wirkst in letzter Zeit.. so gereizt...", erklärte er mir vorsichtig, nahm schon eine Abwehrhaltung ein, erwartete eine Kopfnuss für seine Frage. Er wusste, ich konnte es nicht leiden, wenn er mich auf sowas ansprach.   "Mir geht es gut.", erklärte ich knapp und drehte meinen Kopf von ihm weg.   Shachi kannte mich seid Kindertagen, natürlich war er nicht dumm, sah mir genau an wenn etwas nicht stimmte. Oder war es so offensichtlich?   "... Ich dachte nur es wäre wegen dem Masken..-"   "NEIN GANZ SICHER NICHT!", schrie ich ihn an. Mein plötzlicher Wutausbruch schockte sogar mich selber.   Machte es mir doch mehr zu schaffen, als ich dachte?   Klar stellte ich mir dir Frage, wieso er mich nicht angerufen hatte. Was mich fragen lies, warum er es überhaupt tun sollte.   Die Kulleraugen meines besten Freundes füllten sich mit Tränen. Da er in unserem Zimmer seine Sonnenbrille stets abnahm, fiel es mir immer schwer seinem Hundeblick zu wiederstehen.   "..*schnief *... Peng... *schnief*....ich wollte doch nur...."   Sein Schluchzen weichte mein Herz dann komplett auf. Ich wischte ihm eine Träne von seiner Wange, schloss ihn in die Arme und flüsterte ihm zu.   "Mach dir bitte keine Sorgen um mich Shachi. Lächel wieder, ok? Das steht dir viel besser."   Der Angesprochene schluchzte noch einmal laut und drückte sich dann an mich, nickte leicht mit seinem Kopf auf meiner Schulter.   "Morgen legen wir auf einer Insel an und dann gehen wir zusammen mit Bepo einen riesigen Eisbecher essen!", munterte ich ihn auf.   Shachi löste sich von mir, sah mich freudestrahlend an.   "Versprochen?", fragte er mich mit einem breiten Lächeln.   "Versprochen.", erklärte ich und lächelte ebenfalls sanft zurück.   Shachis ehrliches, breites Grinsen vertrieb wie so oft, die dunklen Wolken in meinem Kopf.   ---     Wir liefen gerade durch eine Wüstenstadt. Man es war so verdammt schwül, dass ich schon an Deck, vor unserer Abreise beschlossen hatte, mir leichtere Klamotten anzuziehen.   Wir hielten an einem Eisstand, wie ich es meinen beiden Begleitern versprochen hatte.   Danach suchten wir uns einen angenehmeren Ort zum Essen, im Schatten.   "Hey Peng, das war wirklich eine super Idee mit dem... bla bla... bla bla bla..."   Shachis Worte drangen nicht in meine Ohren.   Wieso?   Weil der Schatten, der mich seid Tagen in Form eines Phantoms verfolgte, direkt einige Meter neben uns stand und sich mit Bepo unterhielt.   Mir schmilzte das Eis fast in meiner Hand weg, so gebannt glotzte ich zu dem Vizen der Kid-Piraten, scannte jeden seiner Bewegungen mit meinen Augen.   Ich musste die Tropfen, die an der Eiswaffel runterliefen schnell weglecken.   ...   Hatte Killer gerade gezuckt?   Hatte ich mir das eingebildet?   Ich leckte nochmal extra genüsslich über meine Eiskugel.   Da! Schon wieder!   Er schaut also zu mir rüber?   Bepo schien sich ebenfalls bewusst zu werden, dass sein Gesprächspartner eigentlich wo ganz anders war, weshalb er ihn darauf ansprach.   Killer drehte sich erschrocken zu ihm um und schüttelte wirsch seinen Kopf.   Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen.   Er hatte mich also beobachtet...     Ich wollte mein Glück reizen, beziehungsweise den Maskenträger reizen, weshalb ich ihm im Vorbeigehen in seine Haare flüsterte.   In diesem kurzen Moment stieg mir ein unheimlich süßlicher Geruch in die Nase. Es war nicht lange genug, um ihn zu definieren, jedenfalls war es kein schlechter Geruch.   Als ich meine beiden Freunde eingeholt hatte, sprach mich Bepo an.   "Was strahlst du denn so?", fragte er mich verwundert und legte seinen Kopf zur Seite.   "Stimmt, jetzt wo du`s sagst... Peng, warum grinst du so blöd?", schaltete sich Shachi dann mit ein.   Ich grinste wissend vor mich hin, lachte ihnen zu.   "Das Eis ist schuld. Das war einfach zu gut!", log ich.   Wenn sie nur wüssten, wie viel Wahrheit eigentlich hinter diesen Worten versteckt war...   ---     Als er danach immernoch keine Anstalten machte, mich anzurufen, musste ich eben nachhelfen.   Dass der eigentliche Grund nicht die Rückkehr der Kapitäne war, wusste niemand außer mir selbst.   Ich war froh, dass wir normal miteinander reden konnten.   Dass er das Buch `Das Phantom der Oper`, wirklich lesen würde, hätte ich echt nicht erwartet.   Es brach mir das Herz, als er mir offenbarte, dass er dachte, ich wolle mich über ihn lustig machen.   Das wäre mir niemals in den Sinn gekommen.   Als er mich nach seinem Charakter fragte, musste ich wirklich an einen Eimer Popcorn denken.   Wenn ich Kira beschreiben müsste, bräuchte ich eine Woche dafür. Er hatte einen sehr sanften Charakter, der aber meist verborgen blieb. Er war intelligent und unglaublich wortgewandt. Das waren nur einige wenige Dinge, die mich an ihm verzauberten.   `Zauber`... Dieses Wort klang schon irgendwie kitschig und ziemlich surreal, stimmts?   War doch meine Sache, wie ich es nannte oder nicht?   Ich hätte es auch als Klebstoff oder Treibsand beschreiben können und wäre auf den selben Nenner gekommen:   Ich mochte den Typen mit der Maske. Ich konnte es nicht abstreiten, es war reine Tatsache.   Weshalb sonst hätte ich ihm meinen richtigen Namen verraten?   Zudem war seine blöde Lache auch noch sowas von ansteckend und seine Stimme unheimlich ausdrucksstark. So als wenn man gar nicht anders konnte, als ihm zuzuhören, seinen Befehlen zu gehorchen und ihm die volle Aufmerksamkeit zu schenken.   Was konnte man an ihm nicht mögen?   Ich nahm mir vor, ihn gleich am nächsten Tag wieder anzurufen.       ---     Das Chaos war ausgebrochen! Durch Laws Spontanentscheidung mit der Allianz, rasteten alle komplett aus.   Natürlich besonders meine beiden Anhängsel, namens Shachi die tickende Zeitbombe und Bepo dem manisch-depressiven Bären. Vielleicht klang die Beschreibung auch etwas zu hart...   "WAAAAHHHH!!! S..S..SHACHI!!! Der rote Dämon hat UNSEREN Law verhext!!"   Vielleicht war sie aber auch komplett passend.   "B..B..B..Bepo.... Meinst du sowas wie Dämonen g..g..gibt`s wirklich??"   Und wer war mitten unter den Psychos? Jepp, ich natürlich.   "Shachi! Natürlich gibt es Dämonen, hast du dir mal den blöden Rothaarigen angeguckt??"   "WAAAAH, BEPO DU HAST RECHT!!!"   Ich seufzte einmal laut, es gab nur eine Sache, die ich jetzt tun konnte.   "Shachi, Bepo, wie wärs denn wenn ihr euch was zu Futtern aus der Küche holen geht?", fragte ich sie freundlich, versuchte krampfhaft das beste Lächeln hinzubekommen, was mir gerade möglich war.   Ich war wirklich froh, als die beiden aus der Tür stürmten und ich für einen Moment meine Ruhe hatte.   Die Chance musste ich ausnutzen, griff zum Hörer und wählte Killers Nummer.   Genau in der Sekunde, als ich durchgestellt wurde, stürmte Shachi wieder ins Zimmer. Natürlich. Timing.   Das Gespräch verlief leider nicht ganz so, wie ich es mir vorgestellt hatte.   "Willst du mal an meinem Eis lecken?"   In dem Moment wurde ein Schalter in meinem Kopf umgelegt. Am liebsten hätte ich mich gleich dazu gelegt und wäre an meiner eigenen Dummheit gestorben.   Ich wusste, dass seine Worte scherzhaft gemeint waren. ICH WUSSTE ES! Trotzdem ging der Projektor in meinen Gedanken an und projezierte im Sekundentakt nicht jugendfreie Bilder. Der Vorhang für die billige Vorstellung meines Kopfkinos war gefallen. Fuck. Gedankenexplosion...   Die Bilder überschlugen sich, reichten sich die Hand mit meinem Puls, der ebenfalls durch meine Arterien pumpte wie ein Eichhörnchen auf Crack.   Ich konnte nicht anders als zu Stottern. Wirklich, ich hatte es mit aller Kraft versucht. Aber meine Konzentration war flöten gegangen...   Ha. `Flöten`, wo wir wieder bei dem Thema wären.     Mir blieb der Atem und das Herz gleichzeitig stehen als Killer in den Hörer schnurrte. Das machte das Ganze wirklich nicht besser.   Ich hatte mich voll verraten, das war mir bewusst.   In meinem Kopf war ich gerade wieder bei dem Punkt `Erotik`, den ich mit den violetten Augen und der goldenen Löwenmähne zusammen gemixt hatte.   Das Rezept lautete wie folgt: Man nehme einen Löwen, eine Eissorte nach Wahl und einen großen Klumpen rosafarbener Wolle. Alles in den Mixer, zehn Minuten durchschütteln, fertig. Das Ergebnis wollte wirklich niemand sehen...     Dann kam das Schicksal wieder mit seinem Timing.   Manchmal glaube ich wirklich, dass Shachi dafür bezahlt wurde. Von irgendjemandem, irgendwo. Nur, damit ich immer in die Fettnäpfchen treten konnte.   Ich wusste selber, dass mir echt heiß war und ich deswegen aussah wie eine verdammte Erdbeere!   Warum musste er auch wieder seine Klappe aufreißen? Warum musste er das gerade der Person verraten, die Schuld an meinem Temperaturwechsel war??!   Ich hätte meinen besten Freund in dem Moment auf den Mond schießen können.     Und als Killer, dann auch noch anfing von einem Date zu reden, wars vorbei.   Jap. Aus und vorbei.   Mein Gehirn war futsch. `Boom`... Systemabsturz.   Nachdem ich es dann geschafft hatte, geistesabwesend den Hörer auf der Schnecke zu plazieren, starrte ich noch mehrere Minuten auf diesen.   Was mich aus meiner Trance riss, war der Schokoladenpudding, der auf meinem Kopf landete.   "P.P..Peng... Es tut mir so leid!!", kam der Schuldige panisch angerannt.   Ich stand auf, sah ihn verträumt an und streichte mir mit meiner Hand das klebrige Zeug von meiner Mütze.   "Schon ok.", sagte ich ruhig.   Ja. Shachi hatte mir gerade meine geliebte Mütze komplett mit Pudding versaut und ich blieb RUHIG.   "Sag`mal Peng, warum grinst du denn bis über beide Ohren?"     "Ich hab`doch gesagt das verdammte Eis ist Schuld!", lachte ich fast schon hysterisch.   Shachi erklärte mich reif für die Klapse, während Bepo freudig den Pudding von meiner Kappe schlabberte.   Ich konnte nur noch das laute Ticken der Zeitbombe wahrnehmen, das langsam aber sicher den Countdown der drei Tage runter zählte... Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)