Die Neobombe von AmicaNiiya ================================================================================ Kapitel 1: Krankenhaus ---------------------- In der Nähe von Dublin Weisse Wände, surrende Geräte und ein einzelnes Bett machten das Krankenzimmer aus. Vor dem grossen Fenster zeichnete sich eine weite Graslandschaft ab, grau vor Regen. Ein junges blondes Mädchen im Arztkittel arbeitete an einem der zahlreichen Bildschirme, ihr Finger zuckten in einem irrsinnigen Tempo über die Tasten, der Bildschirm liess ihr Gesicht bunt leuchten, mal weiss, mal blau. Nachdem sie beendet hatte, was sie dort auch geschrieben hatte, wandte sie sich an die Gestalt im Bett. “Wie lange willst du eigentlich noch so tun, als wärst du bewusstlos?”, fragte sie ungeduldig und schnippte ihm gegen die Stirn. Er zuckte leicht zusammen, öffnete sie Augen und versuchte sich aufzusetzen. “Behandelt man so einen Kranken?”, murrte er. “Nein, so behandelt man schlechte Schauspieler”, erwiderte sie schmunzelnd, etwas unter ihrem Kittel begann zu zucken. Er schaute sich in der Zwischenzeit um. “Wenn ich fragen darf, wo bin ich, Frau Doktor?” “Holly hat dich hergebracht, Artemis, in meine Privatklinik für spezielle Fälle. Ich bin übrigens eine Bekannte von ihr, kannst mich ruhig Amica nennen. Warum sie dich hergebracht hat ist eine längere Geschichte… Naja, kannst du stehen?” Artemis zuckte mit den Schultern und versuchte aufzustehen. Sein gesamter Körper fühlte sich steif an, aber noch etwas war anders. Er fühlte sich seltsamerweise wohler in seinem Körper. “Hab ich bereits vermutet”, meinte sie, als hätte sie seine Gedanken gelesen. Dann verliess das Zimmer, woraufhin Artemis sich beeilte ihr zu folgen. Er hatte einen Schwindelanfall erwartet, dass er, unsportlich wie er eigentlich war, sofort vorne überkippen würde, was aber nicht passierte. Kaum war er aus der Tür getreten fing Amica an zu reden: “Zuerst mal: Was war das letzte, woran du dich erinnern kannst?” Ihm kam aber nur in den Sinn, dass sie das “Frau Doktor” nicht so ernst zu nehmen brauchte. So wie sie aussah war sie etwas jünger als er und etwa einen Kopf kleiner, bei Unterirdischen konnte der Schein aber trügen. Sagte sie nicht meine Privatklinik? “Nun sag endlich, bevor ich ungeduldig werde”, raunte Amica genervt. Also begann er zu erzählen. Einige Zeit vorher(?) in London Gemeinsam mit Butler war er an einem Treffen irgendeiner grösseren Unweltschutzgruppe, zu der ihn seine Mutter geschleppt hatte, wo er doch gerade erst nach dem Atlantis-Komplex entlassen worden war. Obwohl es Dezember war herrschte eine sommerhafte Hitze, unterstützt von der defekten Klimaanlage. Als Artemis sich umschaute sah er, dass er nicht der einzige war, der an den Temperaturen litt, überall sah er verschwitzte Menschen. Im Augenwinkel entdeckte er seine Mutter, die bei einem Herrn namens Simon Beauregard stand und sich köstlich zu amüsieren schien. Beauregard war einer der aktivsten Mitglieder der Gruppe und sehr beliebt, vor allem bei den weiblichen Mitgliedern. Artemis dagegen hatte ein ungutes Gefühl bei dem Herrn, wozu sein Aussehen einen nicht kleinen Teil beitrug: Beauregard war ein grosser, schlanker Mann, der immer ein leichtes Lächeln auf den Lippen hatte. Was einem sofort auffiel waren die fast bodenlangen, dunkelroten Haare, die er meistens offen oder zu Anlässen wie diesen in kunstvollen Zöpfen trug. Alle meinten, dass die Farbe das an den roten Abendhimmel erinnerte, für Artemis sah sie eher so aus, als hätte er sich die Haare in Blut gewaschen. Vielleicht hatte er in letzter Zeit auch nur zu viele Vampirromane gelesen, die Juliet ihm aufgedrückt hatte. Laut seiner Mutter soll Simon “sehr nett und humorvoll sein”, heutzutage würde man das wohl “Friendzone” nennen. Dieser Gedanke liess ihn schmunzeln. Artemis spazierte etwas durch die Menschenmasse, da er nichts besseres zu tun hatte, und nahm sich ab und an einen Snack vom Buffet. Ein anderer Gast nahm sich eine Schale weissen Kaviar. Butler schnaubte, Kaviar beim Treffen einer Umweltschutzgruppe! Plötzlich spürte Artemis einen leichten Druck auf den Ohren, wie im Flugzeug beim Sinkflug, während fast alle Gäste sich auf den Boden warfen und sichtlich grosse Schmerzen hatten. Selbst Butler wurde kurze Zeit später vom Schmerz überwältigt und wälzte sich hilflos am Boden. Nach nicht einmal einer Minute war Artemis scheinbar der einzige, der keinerlei Beschwerden hatte, auch wenn der Druck stärker wurde. Dann hörte er ein immer lauter werdendes Dröhnen, nervig, aber ertragbar. Dann wurde alles still und er nahm nur ein leises Kichern war. “Leb wohl, kleiner Spross”, flüsterte Beauregards Stimme in sein Ohr. Danach nahm er seine Umgebung nicht mehr wahr. Das Dröhnen im Ohr übertönte alles und seine Augen sahen nicht, obwohl er sie geöffnet hatte. Das einzige, was er noch mitbekam, war der Schmerz im Rücken, als ob sich eine kalte Flamme in seinen Rücken fressen würde. Dann verlor er entgültig das Bewusstsein, als er wieder erwachte befand er sich bereits in der Klinik. Amicas Privatklinik “Verstehe”, sagte sie nur. Plötzlich hielt Amica vor einer Tür, die aus dem Gebäude zu führen schien. “Hier gehts zum Trainingsgelände runter”, erklärte sie. Artemis schaute sie fragend an. Was wollten sie in einem Trainingsgelände? Trotzdem folgte er ihr schweigend hinunter. Die Treppe war lang, düster und kühl. Gegen seinen Willen erschauderte Artemis, was Amica scheinbar sehr amüsierte. Das Trainingsgelände am unteren Ende der Treppe wiederum stellte sich als eine riesige, warm beleuchtete Turnhalle heraus, in der sich diverse Turngeräte stapelten. Der Boden war fest, kam Artemis aber mehr wie Gummi vor, weich und leicht nachgebend. “Setz dich”, sagte Amica und plötzlich war hinter ihm ein Sessel aufgetaucht, als ob er aus dem Boden gewachsen wäre. Beim näheren Betrachten sah er, das dem auch so war: Der Boden um den Sessel wirkte wie angeschweisst. “Also, am besten stelle ich mich mal richtig vor…”, begann Amica, nachdem er sich gesetzt hatte, “Ich bin Amica Niiya, werde im März 15, kenne Holly seit meinem 6. Lebensjahr und bin eine Druidin. Bevor du fragst: Druiden sind Nachfahren von magischen Tierwese, z.B. Drachen, Einhörnen oder Tanuki, und Menschen und sind als einzige Hybriden dieser Welt fruchtbar, wohl aufgrund der Magie. Man nennt Druiden deswegen auch Tierelfen. Soweit alles verstanden?” Artemis nickte nur. Natürlich hatte er verstanden. “Gut, jetzt zu dir… Diese Bombenwarnung, die du gehört hast, galt der “Neo-Bombe”, ein magisches Artefakt aus alter Zeit, dessen Kraft so gewaltig ist, dass sie einen Moment zerstört, weswegen die Warnung auf der ganzen Welt zu hören war. Stell dir das Multiversum wie ein Trickfilm vor, die Neo-Bombe zerstört genau ein einzelnes Bild. Der einzige Grund, warum du, Holly und ganz Hybras samt Dämonen nicht auch zerstört wurden, ist, dass ihr euch in der “falschen Zeit” befunden habt. Die Explosion hat euch gelöst und wie an einem Gummiband seid ihr in die richtige Zeit zurückgeschnellt.” Wieder nickte Artemis. “Wie kommt es dann, dass ich verletzt bin”, warf er ein. “Als einziger hattest du einen Anker, einen dünnen Goldfaden im Hemd. Das Hemd ist übrigens futsch, hat ein Loch in Sternenform und du eine passende Narbe… Hätte Holly dich nicht gefunden und zu mir gebracht, wärst du sicher krepiert.” “Sollte ein Mädchen in deinem Alter wirklich so reden?”, schmunzelte Artemis. “So rede ich nun mal. Weiter im Text. Die einzige Möglichkeit, dich noch zu retten hatte eine Erfolgschance von etwa 35%, aber besser gings nicht. Die Methode habe ich erst vor etwa zwei Wochen fertiggestellt und sie wurde vor dir noch nie an Menschen oder Unterirdischen getestet. Der Plan war, Nanoroboter mit Magie auszustatten und in deinen Körper zu schicken, der Befehl der Roboter war “Alles, was den Patienten beeinträchtigen könnte heilen, bei Unsicherheiten nachfragen”, was sie auch makellos ausgeführt haben. Also wurde alles geheilt, nicht nur dein Rücken. Parasiten wurden entfernt, verstopfte Poren gereinigt, Gifte ausgespült, überschüssige Magensäure, Schleim usw. ist ebenfalls weg. Auch im Gehirn.” Langsam dämmerte es Artemis. “Mein Gehirn musste von etwas geheilt werden, nicht?” Amica nickte und wirkte froh, wie eine Lehrerin, wenn ein Schüler eine schwere Frage richtig beantwortete. “Wie du wohl weisst, kann der durchschnittliche Mensch üblicherweise nicht 100% seiner Kraft verwenden, da der Rest des Körpers diese Belastung über längere Zeit nicht aushalten würde”, sagte sie. Artemis hatte selbst einen Artikel dazu geschrieben, das war aber bereits Jahre her. “Nun ja, bei dir war diese Sperre aber viel stärker als nötig. Als ich dem nachgegangen bin, entdeckte ich nicht nur, dass dein Körper in der Lage sein sollte, mehrere Tonnen ohne Probleme zu tragen, sondern auch, dass du als Baby mal vom Achill-Virus infiziert warst. Zur Erklärung, der Achill-Virus benutzt fast alle zugeführten Energien und Nährstoffe um die körperlichen Fähigkeiten auszubauen. Stärkere Muskeln, stabilere Knochen, bessere Sinne, wobei das äussere Erscheinungsbild kaum verändert wird, wenn man vom Wachstumsschub absieht. Normalerweise ist man allerhöchstens 32 Tage krank, dann ist man so sehr geschwächt, dass man nicht mal mehr atmen kann. Der Grund dafür ist, dass nach der Hälfte der Maximalzeit, also höchstens 16 Tagen, die erwähnte Sperre verstärkt wird, obwohl der Virus den Körper weiter verstärkt. Würde man diese Sperre wieder entfernen, könnte ein Infizierter nach 32 Tagen Krankheit ohne Training an die Grenzen des Menschenmöglichen kommen. Du warst aber ganze 80 Tage krank, die Sperre war bei dir ausserdem viel schwächer als sie sein sollte” “Anders gesagt: Ich sollte nach der Heilung nun eines der stärksten Wesen dieses Planeten”, fasste Artemis zusammen. Dieses mal nickte Amica. “Deswegen sind wir hier”, sagte sie, während sie ihre Arme ausbreitete, um auf die Halle zu zeigen, “Hier wird deine Physiotherapie stattfinden und, je nach dem, wie gut du vorankommst, auch ein gewisses… Grundtraining.” Nachdem sie das gesagt hatte, begann der Boden zu beben, als ob er plötzlich flüssig werden würde. Artemis stand auf und wunderte sich kurz, dass er so stabil stand, während der Boden weiter waberte und der Sessel verschwand. Er sank einfach in den Boden, an seiner Stelle wucherte auf einmal grünes Gras. Die Halle hatte sich in einen dunklen Wald verwandelt. Interessant…, dachte Artemis. “Aber ich warne dich”, sagte sie mit einem nahezu furchteinflössenden Grinsen im Gesicht, “ich bin nicht gerade zimperlich” Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)