Ein Floh für alle Felle von Hotepneith (Zwei Hundebrüder, Vaters Testament und ein Flohgeist) ================================================================================ Kapitel 13: Der Welpe mit dem Bade ---------------------------------- Der kleine Flohgeist blieb zögernd in dem dämmerigen Felsspalt stehen. Aber nichts verriet eine Falle, nicht einmal sein sechster Sinn, der ihm schon oft das Leben gerettet hatte. Nur ein gewisses Plätschern durchdrang die Stille. Ja, hier war es völlig ruhig, als ob kein anderes Lebewesen existierte. Nun gut, es war eine magische Welt und so unterlag alles in ihr dem Wollen ihres Schöpfers oder eher des Volkes, das sie einst erschaffen hatte. Aber, das bedeutete eben gar nichts. In der letzten Schlucht, in der er gewesen war, hatte sich etwas Schlangenartiges von hinten angeschlichen … Panisch fuhr er herum, aber er entdeckte hinter sich nur den Weg, den er gehüpft war. Puh. Wieso schickten ihr diese beiden Idiotenbrüder eigentlich vor? War er der große Held und Wegöffner? Sie hatten, nun ja, momentan keine funktionsfähigen Schwerter, aber sie waren doch auch so viel stärker als er. Sollte das etwa eine Retourkutsche dafür sei, dass er ihnen gesagt hatte, wie sie das Salz wegbekommen, und dass er sie gar nicht hatte warnen können? Ach, du armer Flohgeist! Myouga hüpfte weiter. Sicher bildete er sich das Brennen der Energieschnur um seinen Bauch nur ein, aber er dachte ja auch dauernd daran, was passieren würde, wenn der Bann des Hundedämons ausgelöst wurde. Falls er sich zu weit von ihm entferne, hatte Sesshoumaru gesagt – das war nicht unbedingt eine klare Aussage. Ja, der log nicht, aber das, was er so bruchstückhaft von sich gab, konnte allerlei bedeuten. Hm. Myouga drehte erneut den Kopf. Er war jedenfalls außer Sichtweite. Allerdings ja auch im Auftrag des potentiellen Fürsten, nicht gegen dessen Willen. Nun, was half es. Er sprang weiter, sich eng an die steile Felswand haltend. Keine zwei Minuten später erreichte er den Ursprung des Plätscherns und blieb am Ende der Spalte im Schatten stehen, um sich behutsam umzusehen. Da gab es nicht viel Möglichkeiten, dass dort etwas lauerte. Es handelte sich um einen kleinen Felskessel, höchstens zwanzig Menschenschritte lang und ebenso breit, dessen Ränder steil emporstiegen. Was dieses Loch erschaffen hatte, verursachte auch das Plätschern. Direkt vor ihm fiel ein schmaler Wasserfall von oben herunter, direkt in eine Senke im Boden, in deren Mitte das Wasser wieder von der Erde verschluckt wurde. Das kalte Wasser, ergänzte der ehemalige Berater in Gedanken, als ihm die feuchte Kühe in diesem Kessel auffiel, die ihn schaudern ließ. Ein Blick nach oben bestätigte das. Den Berg hinan, soweit er das von hier entdecken konnte, hing Eis und Schnee über die Kante. Das Wasser floss gewiss dort hindurch und war wohl entsprechend kalt. Nun, er musste ja nicht dort baden, dachte er mit gewisser innerer Zufriedenheit, als er noch einmal prüfte, ob Magie zu entdecken war, ehe er sich umdrehte und doch deutlich erleichtert zu den wartenden Halbbrüdern zurückkehrte.   „Und, ist da Wasser?“ erkundigte sich Inu Yasha prompt, der langsam nur mit Mühe verhindern konnte, dass er sich an Stellen kratzte, die ihm einen vorwurfsvollen Blick seines älteren Halbbruders eingetragen hätten. Minimum. Dieses blöde Salz rutschte anscheinend überall hin, auch da, wo es definitiv nichts zu suchen hatte. Wenn überhaupt je wo. „Ja, ein Wasserfall und ein Becken, junge Herren.“ Myouga schaffte es irgendwie mit beiden Hundejungen gleichzeitig zu sprechen um ja keinen zu beleidigen. „Ich konnte keine Falle entdecken, also, auch keine magische.“ Das wollte bei dem übervorsichtigen Feigling wirklich was heißen. Der Halbdämon war schon dabei loszustürmen und sich endlich die juckende Paste abzuwaschen, als ihm einfiel, dass seine letzte überhastete Tat ihm genau diese eingebracht hatte. So sah er zu Sesshoumaru, der sich soeben langsam in Bewegung setzte, als ob ihn die Aussicht auf eine Dusche nicht freuen würde. Keh! Dieser arrogante … Der musste den Stock in seinem Rücken schon als Baby verschluckt haben! Der war ja schon immer so! Na schön, sollte der werte Herr doch zuerst durch den Spalt marschieren. Hauptsache, dieses dämliche Jucken hörte bald auf.   Erst wieder im Riss, diesmal allerdings auf Inu Yashas Schulter, erkannte der winzige Floh das Problem – und den Grund, warum er vorgeschickt worden war. Mochte ihm der Weg auch genügend, ja, geradezu breit erschienen sein, für die Idiotenbrüder war er schmal. So eng, dass sich selbst Sesshoumaru genötigt sah, seitwärts durch zu gehen, was der ohne Not nie getan hätte. So wären sie einer eventuellen Attacke hilflos ausgeliefert. Aha, dachte der Ex-Berater zufrieden. Sie hatten nicht ihn ärgern wollen, sondern er selbst hatte die Grundvoraussetzung schlicht nicht erkannt. Nun gut. Sein Fehler, aber da er nichts gesagt hatte, würde den auch keiner bemerken. Schon lange hatte er begriffen, dass man erst nachdachte, ehe man etwas heraus posaunte. Niemand liebte einen Ratgeber, der sich auf Holzwege begab. Zu oft passiert verkürzte das in der Regel drastisch den Lebensfaden. Der Hundedämon betrachtete kurz den kleinen Wasserfall, ehe er nur scheinbar gelassen auf die andere Seite des Talkessels schritt und zu seiner Schulterspange griff. Sofort war Inu Yasha bei ihm. „He, ich will auch duschen!“ „Ich bin der Ranghöhere, also dusche ich zuerst.“ „Keh! Noch bist du kein Fürst, und auch dann bist du ja wohl nur ranghöher, wenn ich dem zustimme, oder? Immerhin habe ich dich schon ein paar Mal mit eingezogenem Schwanz nach Hause geschickt!“ Das war doch …?! Langsam wandte der Hundedämon den Kopf, um Inu Yasha zu mustern. Dieser begriff durchaus, dass seine Bemerkung etwas fehl am Platz gewesen war. Schließlich waren sie aufeinander angewiesen, solange sie auf dieser Insel hockten. Aber andererseits: warum sollte er sich freiwillig diesem arroganten Schnösel unterordnen? Nur, weil der ein vollblütiger Dämon war? Oder weil dessen Opa ein Fürst gewesen war? Seiner ja wohl auch. Oder … Instinktiv griff er jedoch unter dem eisigen Blick zu Tessaiga – nur, um mit einem Zischen die Hand wieder fortzunehmen. Sein Schwert war tatsächlich erneut verhext. Um Sesshoumarus Mund zuckte etwas, das Leute, die ihn gut kannten, wie Jaken zu Beispiel, dazu gebracht hätte, sich bittend zu Boden zu werfen. Einzig Rin dagegen hätte wohl die unterdrückte Heiterkeit erkannt. Natürlich war es für einen potentiellen Dämonenfürsten unschicklich sich über derlei Kleinigkeiten zu amüsieren, aber es tat doch gut zu sehen, wie der Halbdämon wieder einmal bewies, dass sein Instinkt besser als sein Verstand arbeitete.   Ach du je! Myouga hüpfte auf einen kleinen Felsvorsprung eine Etage höher. Diese Chaoten würden es noch schaffen sich wegen der Chose, wer zuerst duschen durfte, an die Kehle zu gehen! Zum Glück konnten sie nicht auf ihre Schwerter zurückgreifen. Bakusaiga und Tessaiga waren eine verheerende Kombination – erst recht gegeneinander. Aber auch so war das kaum im Sinne seines Herrn. In jedem Fall war es besser für ihn außer Reichweite zu sein. Es war ihm hier schon kalt genug. Flöhe waren an die Umgebung von Warmblütern gewohnt – in das eisige Wasser gesteckt zu werden war etwas, das ihn in Panik versetzte. „Sie streiten?“ „Bruaah!“ Mit diesem unartikulierten Laut fuhr Myouga herum. Wer sprach mit ihm? Hier? Und so unerwartet? Und wieso hatte er ihn nicht bemerkt? Er atmete tief durch, als er neben sich ein Wesen seiner Größe entdeckte, menschlich, aber spitze Ohren. Die roten Haare boten einen interessanten Kontrast zu der fremdartigen, grünen Lederkluft. „Wer ...“ „Ich bin Leprechaun. - Sie streiten, wer zuerst ins Wasser darf?“ Das klang weniger nach Aggression als nach Neugier und so erwiderte der Flohgeist: „Äh, mein Name ist Myouga. Was interessiert dich das?“ Dann dämmerte ihm etwas ganz Anderes „Gehörst zu zu jenem Volk, das die magischen Fallen der Insel erschuf?“ „Nun ja.“ Der Unbekannte warf ihm ein schelmisches Lächeln zu. „Das würden sie nicht so gern hören. Aber ja, ich diene ihnen. Ich gebe zu, ich war neugierig. Es muss schon eine Weile her sein, als der Taishou hierher kam, mit dem Ring unseres Gönners, und einen der drei Gefallen einforderte. Da er etwas von seinen zwei Söhnen erzählte, wollte ich mal nachsehen.“ Er warf einen Blick hinab, wo sich die Beiden gerade deutlich grimmig auszogen. „Das sind ja wirklich noch fast Kinder. Und wie gehörst du zu ihnen?“ „Äh, ich war der Berater des Taishou und soll mich nun um seine Söhne kümmern. Er ist tot.“ Der Flohgeist musterte den Unbekannten, ehe er rasch wieder zu seinen Sorgenhunden blickte. Aber da schien so weit alles klar. Inu Yasha hatte wohl doch eingesehen, dass der Ältere auch der Ranghöhere war. Dennoch entkam dem alten Floh ein fast fröhliches Schmunzeln, als er bemerkte, dass Sesshoumaru unter den eisigen Wasserfall trat – und fast nach Luft schnappte. Ach ja ... Der jüngere Hundebruder warf sich dagegen, da er das wohl nicht bemerkt hatte, mit dem salzgepuderten Hinterteil voran in das mindestens ebenso kalte Becken – und konnte ein Aufquietschen sichtlich gerade noch unterdrücken. Was waren sie unvorsichtig! Lernten sie gar nichts? „Ja, Welpen.“ „Er war ein ehrenwerter Mann.“ Der Fremde betrachtete die Beiden im Wasser: „Salz? Sie waren im Meer.“ „Ja.“ Gewisse Loyalität ließ Myouga doch schweigen, ehe er sich erkundigte: „Aber wieso wusste der Herr, dass ihr hier seid? Und wieso drei Bedingungen?“ „Du warst Berater, oder?“ Das ging gegen sein Wissen und so plusterte sich der Flohgeist förmlich auf. „Nun, manches wird auch Beratern nicht gesagt! Ich weiß nur, dass euer Volk vor langem hierher kam und ihr magiekundig seid.“ „Nun ja. Wir wurden aus unserer Heimat vertrieben, warum ist eine lange Geschichte. Genauer, unser Teil des Volkes. Wir suchten lange nach einer neuen Heimat, aber je weiter wir reisten, umso fremder wurde alles. Endlich kamen wir hier in Japan in den Westen und der Fürst erwies uns die Gunst hier auf dieser Insel unbehelligt siedeln zu dürfen.“ „Aha,“ machte Myouga. Gunst und Gnade hatte er mit dem knurrigen, alten Hundefürsten bislang eigentlich nicht verbunden. Blieb also nur eine Lösung. „Er verlangte von euch dafür diese drei Gefallen?“ „Ja, ein guter Handel für alle. Der Taishou kam mit dem Ring und berichtete, dass der Fürst tot sei. Sein eigener, ältester, Sohn, und damit dessen Enkel, solle den Ring erhalten, wenn er die Prüfungen besteht. Nun gut, der Taishou hatte sie auch bestanden, wenngleich sie damals beileibe ein wenig anders aussahen. Diese hatten meine Herren selbst angelegt, der Taishou bat um einige andere. Das wurde gewährt. Niemand rechnete natürlich mit dir.“ „Glaube mir, ich auch nicht.“ Myouga seufzte in Gedanken, wenn er daran dachte, was ihm sein netter kleiner Freundschaftsbesuch bei Toutousai an Aufregungen und Schwierigkeiten eingebracht hatte. Wer solche Freunde hatte, brauchte keine Feinde mehr. „Gibt es noch viele Prüfungen?“ „Ich denke nicht. Ihr müsst nur über die Berge und dann seht ihr das Ziel.“ „Diese Ruine.“ „Ja, so könnte man es nennen.“ „Was soll das heißen?“ „Komm schon, was wäre das für eine Prüfung für diese beiden Jungen, wenn ich dir die Lösung sage? Abgesehen davon, dass ich es selbst nicht weiß?“ Das waren gute Argumente. „Aber am Ende bekommt Sesshoumaru-sama den Ring des Fürsten und was bekommt Inu Yasha-sama?“ Wenn nur der Ältere was bekam, gäbe es bestimmt wieder Ärger. „Keine Ahnung. Das hat der Taishou gemacht. Ich weiß nur, dass Beide gemeinsam dort ankommen sollen.“ „Mit mir, hoffe ich“, murrte Myouga unglücklich, nur, um festzustellen, dass er wieder allein auf dem Felsvorsprung hockte. Unhöflicher Kerl, dieser Leprechaun. Immerhin gab es wohl einen Weg wieder von dieser vermaledeiten Insel weg, gleich, welcher Bannkreis um sie lag.   Bei beiden Halbbrüdern hatte das eisige Wasser das Mütchen etwas abgekühlt. Inu Yasha stellte fest, dass sein Einfall sich in das Becken zu setzen, zwar unerwartet kalt aber gut gewesen war. Das Wasser floss durch seine Beine, umspülte seinen Unterleib und wusch damit das dämliche Salz aus allen Spalten, die es so gab. Er musste sich nur den Oberkörper und die Ohren selbst reinigen, das bekam er, wenngleich hastig, hin. Na ja, und es stimmte einfach. Sesshoumaru war der Ältere, der große Bruder. Und damit nach allem, was er so je gehört hatte, der Ranghöhere. Dass ihm selbst das nicht passte, stand auf einem anderen Blatt. Aber, das musste der Halbdämon zugeben, es hatte schon länger keine Versuche mehr gegeben ihn umzulegen. Doch, ihr Verhältnis hatte sich in den letzten Jahren glatt gebessert. Vielleicht sollte er das auch mehr beachten und die Vergangenheit ruhen lassen? Wenn das hier vorbei war, würde er zu Kagome zurückgehen, sich bekochen lassen, und seine Tage genießen. Und Sesshoumaru sollte doch ruhig den Fürsten spielen, mit Mama im Schloss sitzen, und fertig. Dann hatten sie beide so gesehen nichts mehr miteinander zu tun. Er schielte seitwärts, um ja nicht so zu tun, als würde er den Hundedämon beobachten. Aber ja, der hatte ebenfalls Salzprobleme, so wie der sich möglichst unauffällig unter dem Wasserfall drehte und seine Boa gerade ausdrückte. Nett, den mal so in der Patsche zu sehen.   Sesshoumaru hatte nach dem ersten, buchstäblich eisigen, Schreck rasch begonnen sich abzuwaschen, um nicht länger als notwendig hier so mehr oder weniger hilflos herumzustehen. Wer wusste schon, was noch an Fallen warteten. Leider musste er feststellen, dass seine erste Genugtuung darüber, dass Inu Yasha endlich eingesehen hatte wer ranghöher war, und praktisch zu seinen Füßen badete, rasch verschwunden war. Er sah sich zu geradezu unziemlichen Handlungen gezwungen, um das Salz auch von Stellen zu bekommen, die der Wasserfall nicht erreichte – und die der Halbdämon in seiner Quasi-Badewanne durchaus ohne Mühe weg gewaschen bekam. Es wäre wohl doch besser gewesen dort hin zu gehen und nicht auf dem Vorrang zu bestehen. Nun, was sollte es. Bald würden sie doch hoffentlich diese unsäglichen Prüfungen bestanden haben und zurück kehren können. Er selbst als neuer anerkannter Herr der westlichen Länder, denn Mutter würde ihm gewiss weichen, Inu Yasha als … Ja, als was? Taishou? Unmöglich. Der und Heerführer? Erstens müsste der sich mit jedem Dämon im Heer schlagen, bis ihn alle anerkannten, zweitens: dessen spontane Einfälle waren ihm schon immer, seit den letzten Tagen auch noch zur Genüge, bekannt. Nun gut, auch Vater war für seine unerwarteten Taktiken berühmt gewesen, das hatte mancher, der in den Westen einfiel nur zu deutlich zu spüren bekommen. Aber der hatte das Höllenschwert besessen und war ein vollwertiger Dämon, ja, ein hochrangiger noch dazu, gewesen. Inu Yasha dagegen besaß Tessaiga, war ziemlich stark für einen Halbdämon, zugegeben, und … Sekunde. Der war in der Lage gewesen, ihn, Sesshoumaru, zu schlagen. Ach du je. Wenn der das rumerzählte, war sein eigener Status als Fürst in Gefahr. Jeder andere Fürst durfte ihn zum Duell fordern – und das würden sie tun, würde ruchbar, dass er von seinem kleinen Bruder … Das durfte nicht passieren. Nun gut. Bislang war Inu Yasha damit auch nicht gerade hausieren gegangen, ja, hatte sich als loyal erwiesen, aber das war eine potentielle Bedrohung für seine eigene Macht. Er musste den Kleinen bei sich behalten, um sicher zu gehen. Am Besten ihn natürlich mit einem hohen Posten locken. Und jetzt raus aus diesem kalten Wasser. Seine Energie würde ihn rasch trocknen.   Inu Yasha konnte da nicht mithalten, so zog er sich nur schnellestens sein Gewand aus Feuerrattenhaar über um sich aufzuwärmen. War das Wasser kalt! „He, Onkelchen?“ Er sah sich um. „Myouga? Ah, da bist du. Ich dachte schon, du bist wieder abgehauen.“ Der Flohgeist sprang auf seine Schulter. „Was Ihr immer von mir denkt!“ Er klang gekränkt, gab aber zu, dass er ohne diese drohende Schnur aus Dämonenenergie um seinen Bauch und zwei seiner vier Hände schon längst das Weite gesucht hätte. Nur hegte er zusätzlich bedauerlicherweise den Verdacht, dass der Bann um die Insel zwar zu durchdringen war, wenn man in der Oberliga spielte, aber nicht für einen harmlosen, kleinen Geist wie ihn. „Wir sollten über die Berge gehen, wenn ich vorschlagen darf.“ Vorsicht. Da war jemand angefressen. Nun, alle Beide. Das kalte Wasser hatte ihnen wohl nicht so gefallen.   Nachdem sich die Hundebrüder erneut durch den Spalt geschoben hatten, sprangen sie doch deutlich erleichtert in weiten Sätzen die braunen Steine empor. Nach wenigen hundert Metern erreichten sie den Schnee und mussten langsamer werden. Selbst Sesshoumaru, der fliegen konnte, verspürte nicht die mindeste Lust in einer nur vom Weiß verborgenen Spalte zu landen und sich zu beschämen. Er hatte es überdies in seinem Leben schon einmal mit Schneefrauen zu tun bekommen – das genügte für den Rest. Sie waren hinterlistig, magisch begabt und leider sehr an jungen Männern interessiert. Inu Yasha hielt sich in den Spuren seines Halbbruders. Er wusste, was der konnte, und vermutete doch, dass das, wohin der sprang, auch ihn tragen würde. Auch er hatte nicht die Absicht irgendwo eine Lawine auszulösen oder sich sonst wie zu blamieren. Törichter Halbdämon hatte er oft genug in seinem Leben vernommen. Er warf einen Blick empor. Weiter oben, nun, viel weiter oben, ragten braune, schroffe Felsen aus dem Weiß. Bestimmt waren das die eigentlichen Spitzen der Berge. Danach sollten sie sehen, was sie dann erwartete. Hoffentlich langsam das Ende dieses Trips. Kagome würde bestimmt schon auf ihn warten. Sie wusste ja nichts von dem kleinen Umweg über diese blöde Insel.   Fast eine Stunde später erreichte das ungleiche Trio die Gipfelgrate des Gebirges und blieb an einer einigermaßen breiteren Stelle stehen. Der Wind pfiff hier eisig und Myouga hatte sich schon seit mehreren Minuten in das Feuerrattengewand gerettet. Die langen Haare der Halbbrüder wehten, als sie überrascht auf die vor ihnen liegende Landschaft starrten. Kaum fünfhundert Meter unter ihnen lag ein gigantischer Talkessel, umrahmt von den Bergen, die sie emporgekommen waren. Vielleicht ein einstiger Vulkankrater, der allerdings hier ein Hochtal bildete. Die Wiesen dort leuchteten in einem geradezu unwahrscheinlichen Grün. Immer wieder erhoben sich dazwischen einzelne Baumgruppen, wobei beide Hundejungen zugeben mussten, dass sie diese Bäume noch nie gesehen hatten. Gruppen von weiß-schwarz gemusterten Tieren grasten. Aber das, was die Zwei am Meisten interessierte, war das Bauwerk, das sich fast in der Mitte der friedlichen Szenerie befand. Wenn das die Ruine, die sie suchen sollten, war, hatte jemand eine eigenartige Vorstellung von Zerfall. Es handelte sich um ein quadratisches Gebäude, genauer, quadratische Mauern, die riesig, steinern, abweisend, wie für die Ewigkeit gebaut standen. Gewiss an die zwanzig Meter hoch. An der von ihnen links gerichteten Seite schien sich das Eingangstor zu befinden, denn dort befanden zwei Skulpturen, ebenfalls gigantischen Ausmaßes, die ein Wesen zeigten, das sie nicht kannten. Inu Yasha beschloss, seine Theorie, er sollte netter sein auch in die Praxis umzusetzen. „Na, dann rein ins Vergnügen, oder, großer Bruder?“ Die richtige Anrede, mal wieder. Womöglich lernte der Jüngere doch dazu und er musste sich keine weiteren Sorgen machen, dass der gegen ihn intrigieren würde? „Gehen wir.“   Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)