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Ein Floh für alle Felle

Zwei Hundebrüder, Vaters Testament und ein Flohgeist
von

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Der Floh in der Hand


 

M

youga betrachtete von seinem relativ sicheren Sitz auf der Schulter des Jüngeren fast versonnen die beiden ineinander verschlungenen Klauen der Halbbrüder. Das ist ein geradezu herzerwärmendes Bild, mein Herr, dachte er. Er wünschte, er hätte es ihm schicken können. Leider musste Floh als lebenserfahrener Berater davon ausgehen, dass diese friedliche Eintracht nur solange hielt, wie der Bannkreis nötig war. Ab da bestand die mehr als wahrscheinliche Chance auf einen Streit. Zum Glück waren ja die Schwerter untauglich und Myouga ahnte langsam, warum. Der alte Hund! Ein schlauer Hund, war er immer gewesen, das musste er selbst zugeben, und er vermutete, dass dies dem Taishou auch das gewöhnlich so kühle Herz der Dame eingebracht hatte. Natürlich hätte sie sich nie dem Befehl des Fürsten widersetzt den stärksten Hund außer ihm zu küren, aber es war eindeutig gewesen, dass da eine gewisse Zuneigung bestand.

Nur widerwillig löste er sich von dem Bild der brüderlichen Eintracht und sah in die Runde. Noch immer gingen sie über dieses Lavafeld samt Feuerfontänen. Vor ihnen erhoben sich zwei riesige Brocken, die vermutlich von irgendeinem Ausbruch her geschleudert worden waren und fast wie ein Tor wirkten. Zwei gigantische, schwarze Monolithen. Es war der einfachste Weg zwischen denen durch zu gehen, zumal dort keine heiße Asche lag sondern feiner Sand. Hm. Irrte er sich oder hatte er tatsächlich bei seinem letzten besorgten Rundumblick diese Steine übersehen? Oder schlimmer: waren die zuvor gar nicht da gestanden? Was sollte das? Instinktiv trieb es ihn weg, weit weg, aber wie sollte er aus dem, zugegeben schützenden, Bannkreis entkommen, den immerhin Sesshoumaru-sama um sie gelegt hatte, zumal mit dessen Fessel aus Energie um sich? Ach, er war schon ein armer Floh. Also musste, sollte, er die Zwei lieber warnen, die vor lauter Missmut offenbar gar nichts bemerkten. Natürlich bestand theoretisch bei den Chaotenbrüdern auch immer die Möglichkeit, dass sie schlicht die Steine pulverisieren wollten, aber das hieße nur, dass sie ihre Schwerter brauchbar vorfinden müssten. Das war wohl nicht der Fall.

Du liebe Zeit, sie steuerten genau auf diesen Engpass zu. Er gestand sich ein, dass da nichts zu sehen war, aber der alte Flohgeist wusste nur zu gut, was dieses schrille Klingeln in seinem Hinterkopf bedeutete.

„Äh, junge Herren, Vorsicht, das ist ...“ Niemand würde je erfahren, wie dieser Satz ausgegangen wäre, denn der ausgelegte Bannkreis schlug zu.

 

Keine Sekunde später befand sich das ungleiche Trio in dem, was die beiden Felsblöcke durch ein Trugbild verborgen hatten: eine gigantische Kaverne, von einzelnen Feuern und glühenden Felsen erhellt. Die Hitze wurde durch den Bannkreis des Hundedämons noch immer abgehalten, aber die Halbbrüder lösten ihre Finger voneinander, als sie die großen, sich bewegenden, Schatten vor sich entdeckten. Es handelte sich um eindeutig gigantische Tiere, deren lange, kahle Schwänze zu brennen schienen, jedenfalls Flammen ausstrahlten. Rot leuchtende Augen und erkennbar scharfe Zähne in Mäulern, in die jeder der Hundebrüder hineinpassen würde, vervollständigten das unliebsame Bild. Die Rückenhöhe der gedrungenen, mit kurzen, schwarzen Haaren versehenen, Kreaturen betrug sicher drei Meter. Und die vier oder fünf Wesen musterten die Neuankömmlinge.

Inu Yasha kam es vor, als ob sich die Blicke immer mehr auf ihn richten würden, und war wirklich froh, dass der Bannkreis seines Halbbruders noch immer zu halten schien. „Haben die was gegen mich?“ erkundigte er sich dann doch bei niemand Bestimmten, ohne zuzugeben, dass er es bedauerte nicht mehr die warme Hand seines großen Bruders zu spüren. Völlig blödsinnig, aber es war angenehm gewesen. Immerhin hielt dessen Zauberschutz noch. Noch, denn diese Biester verfügten anscheinend ebenfalls über Magie, das schloss er aus der sich deutlich steigernden Energie des Hundedämons neben sich. Der warf ihm allerdings gerade einen Blick zu, den er nur zu gut kannte: geistig minderbemittelt. Ehe er allerdings empört auffahren konnte, kam die Antwort von einem keuchenden Myouga auf seiner Schulter:

„Mit Verlaub, Inu Yasha-sama, das ist eine eigenartige Frage von Jemandem, dessen Bekleidung aus ihren Jungtieren besteht.“

„Oh.“ Inu Yasha warf einen Blick an seinem roten Gewand hinab, ehe er sich den schwarzen Riesenratten zuwandte. „Feuerratten, also. Wenn das mir vorher einer gesagt hätte, hätte ich meine Klamotten an der Garderobe abgegeben, ehe ich auf die Insel kam.“ Dann fiel ihm ein, dass Myouga oder gar Sesshoumaru wohl kaum die Sitten der Neuzeit bei einem Faschingsball an Kagomes Schule kannten, und fuhr eilig fort: „Noch was?“

„Sie sind magische Wesen, schwer zu finden und noch schwerer zu töten“, erläuterte der alte Floh hektisch weiter, trotz allem zufrieden, dass sein oft so widerspenstiger Schützling dazulernen wollte. Nur tat er das leider wie immer in den falschen Momenten. Hundebengel! „Der Herr muss die Jungtiere hier getötet haben, als er vorbeikam, um Euer Erbe hier zu verbergen. Ich hatte mich schon gewundert ...“

Myouga hatte eine Stunde, in der er nicht aussprechen durfte. „Sie sind in der Tat zauberkundig.“ Sesshoumaru stellte es ruhig fest, als Bestätigung der Theorie des ehemaligen Beraters, erhöhte jedoch noch einmal seine Energie.

„Du schaffst das doch.“ Die instinktive Anfrage des Jüngeren an den großen Bruder.

„Sei nicht töricht.“ Leider half es nichts nur den Bann aufrecht zu erhalten. Es handelte sich um mehrere Ratten, die sich abwechseln und sie hier schlicht gefangen halten konnten. Eine unsägliche Lage. Er würde noch lange nicht am Ende seiner Kräfte sein, es fragte sich nur, wann die Feuerratten aufgeben würden. Zu allem Überfluss hatte er einzig das vollkommen nutzlose Tenseiga an der Hüfte, und Inu Yasha das ebenso wertlose Tessaiga! Und das, wo er am liebsten dreinschlagen würde.

Der Halbdämon griff gefühlsmäßig direkt zu seinem Schwert, erst abermals am schmerzhaften Prickeln merkend, dass das momentan keine Option war. „Am liebsten würde ich dreinschlagen!“ bekannte er offen. „Wir können hier doch nicht wie die Idioten herumstehen.“ Am raschen Seitenblick seines Halbbruders bemerkte er, dass dieser wohl ausnahmsweise tatsächlich seiner Meinung war, und sah erfreut zu ihm.

 

Myouga holte tief Atem. Dreinschlagen, jawohl, das war die vollkommen irrationale Taktik, die die zwei Chaoten bevorzugten. Gnade dem, der sich gleich alle Zwei auf den Hals hetzte. Oh, da fiel ihm doch glatt sein alter Freund ein. Was Toutousai wohl trieb? Aber, das sollte momentan weniger sein Problem sein, sondern weitaus eher die Tatsache, dass sich die Hundebengel gerade recht verständnisvoll ansahen. Was hatten sie jetzt denn schon wieder vor? Allmählich machte sein Herz diese Aufregungen nicht mehr mit. Er raufte sich mit den zwei freien Händen vorsorglich schon mal die schütteren Haare.

 

Langsam meinte Inu Yasha: „Weißt du, wenn du keinen anderen Plan hast, großer Bruder: vielleicht sollten wir einfach nicht das tun, was das Klügste wäre, sondern das, was uns Spaß macht?“

Er ignorierte das hektische Ultraschallpiepen aus dem Mund eines Geistes, das von seiner Schulter kam. Myouga vermutete nämlich, so müsse sich ein Herzinfarkt anfühlen, und es handele sich um die letzten Sekunden seines Lebens. Wollten diese zwei Hundejungen nur mit Zähnen und Klauen auf gleich vier oder fünf Feuerratten losgehen? Von einem derartigen Plan, korrekter, Einfall, hatte er noch nie gehört – vermutlich, weil niemand das überlebt hatte. Er hatte in seinem Leben wirklich schon einige sehr arrogante und auch einige sehr törichte Leute, manches sogar in Kombination, kennen gelernt, aber diese Chaoten stellten mühelos alles in den Schatten. Er holte tief Luft, als er bedachte, dass das, was er vorhatte, womöglich selbstmörderisch sei, aber diese Attacke der Halbbrüder ihn in jedem Fall mit in die Unterwelt reißen würde. Feuerratten waren Fleischfresser und er konnte hier erst weg, wenn der Erschaffer des Bannes um ihn, also, der älteste Sohn seines Herrn, nicht mehr unter den Lebenden weilte. Und was der verstorbene Taishou dann zu ihm sagen oder genauer, mit ihm tun würde, käme er ins Jenseits … Nein, er musste schwören können, dass er wirklich alles unternommen hatte, um diese Idiotenbrüder zu stoppen. So schrie er schweißgebadet: „Nein, nicht! Feuerratten sind magische Wesen und solange Ihr Eure Schwerter nicht benutzen könnt, ist das purer Selbstmord, gleich, wie stark Ihr seid! Abwarten. Sie werden sich schon zurückziehen. Irgendwann, irgendwie ...“ Er wurde immer leiser. Was half eine einsam rufende Stimme der Vernunft in einer Vulkanhöhle – bei derart desinteressiertem Publikum?

 

Die Halbbrüder sahen sich erneut an, dann grinste Inu Yasha und Sesshoumaru nickte leicht.

 

Was war denn jetzt wieder los, fragte sich der arme Ex-Berater mit spürbar zunehmendem Grausen. Sie hatten doch nicht wirklich vor …? So etwas kannte er nur von diesen Lemmingen weit oben im Norden. Nun gut, auch von diesen beiden Halbbrüdern.

 

Der Hundedämon spürte unterdessen etwas wie ein vertrautes Pochen an der Hüfte und er vermutete schwer, dass dies auch der Jüngere mitbekam. Der Versuch der Ratten seinen Bannkreis zu brechen, musste zu der Aufhebung des Zaubers um ihre Schwerter geführt haben. Leider bedeutete das immer noch, dass er eine Klinge trug, die nicht töten konnte. Bei Tessaiga sah das freilich anders aus. Erstaunlich, dass der Halbdämon wieder einmal als Erster etwas verstanden hatte. Und sich wohl gar einen Plan zurecht gelegt hatte. Das war zwar eigentlich ein Widerspruch in sich, Inu Yasha und Plan in einem Satz, aber Dämon konnte dazu lernen.

Tatsächlich hatte auch der Halbdämon bemerkt, dass sein Schwert wieder erwacht war, und so zog er hastig. Hoffentlich hatte sein schönes Tessaiga jetzt auch wieder alle Fähigkeiten, die er sich und diesem so mühsam erschuftet hatte. Aha. Das schwarze Tessaiga klappte nicht. Schon mal schlecht, aber die Windnarbe könnte gehen … Oder auch nicht. Immerhin war das hier eine, wenn auch große, Höhle. Erst einmal musste jedenfalls der Bannkreis seines Bruders hier weg, sonst würde er seine Attacken zumindest zum Teil auch immer ihnen selbst um die Ohren hauen. „Dann mach mal auf, Sesshoumaru.“

 

Myouga hatte mit gewisser Erleichterung gesehen, dass sich die Klinge zu der gewohnten Form verbreiterte – und der Junge damit Zugriff auf die bekannten, mächtigen, Fähigkeiten des legendären Tessaigas hatte. Sekunde. Hatten diese Hundebengel das gewusst und darum den Angriff geplant? Sie hatten nie vorgehabt einfach so direkt anzugreifen? Puh. Sein Herz raste. Sie arbeiteten doch nicht etwa zusammen und entwickelten eine Taktik? Das war unglaubwürdig, unwahrscheinlich, äh, neu? „Ah, Ihr wollt kämpfen.“ Er piepste es nur heiser. Die Windnarbe in einer Höhle war nicht gerade seine Wahl und er sollte sich besser irgendwo in Sicherheit bringen. Aber er sollte es lieber nicht wagen sich auf die Schulter des Hundedämons zu setzen, und so suchte er sich den nächst sichersten Platz hinter diesem, wo er sich mit dem Hinterteil voran schlicht zu Boden plumpsen ließ. „Für mich und Euren Bru … Halbbruder!“ Er klang dankbar, sofern er in seiner Atemlosigkeit das noch vermochte.

„Blödsinn!“ gab der Halbdämon zurück, der zufrieden sah, dass sich die Feuerratten etwas zurückgezogen hatten. „Ich werde für euch gewinnen!“

Als ob das notwendig wäre, kommentierter besagter großer Bruder in Gedanken unverzüglich. Aber natürlich war Tessaiga schon ein besonderes Schwert und da er bedauerlicherweise sein eigenes, Bakusaiga, nicht hatte mitnehmen dürfen … Nun ja. Tatsachen hörten nicht auf zu bestehen, wenn sie Dämon missfielen, und er musste erst an sein Erbe und zurück in das Schwebende Schloss gelangen, um Bakusaiga wieder zu bekommen. Lästig, aber Fakt. Offenbar hatte Vater, als er die Konditionen dieser misslichen Reise beschlossen hatte, bereits erkannt, dass der im Entstehen begriffene Bastard, Inu Yasha, ohne Tessaiga deutlich mehr Probleme bekommen würde als er selbst. Von Vaters geschicktem Nutzen einer gegebenen Lage konnte man selbst Jahrzehnte nach dessen Tod noch etwas lernen.

 

Der Halbdämon hatte unterdessen bemerkt, dass er keinen Zugriff auf das schwarze Tessaiga mit dem direkten Weg in die Unterwelt hatte, noch das geschuppte Tessaiga gegen die dämonische Energie seines Gegners einsetzen konnte. Die Ratten waren trotz Größe und Magie schlichte Tiere und besaßen keine. Das rote Tessaiga gegen Bannkreise war nutzlos. Die Windnarbe würde die Höhle einreißen und alles unter sich begraben. Da die Ratten auch nicht mit Energie angreifen würden, würde folglich auch die Rückschlagwelle nicht funktionieren. Kurz, sein Schwert besaß wieder seine Kräfte, war aber ebenso nutzlos wie vorher. Mist. Da musste doch einfach was gehen. Ah, Moment. Er hätte doch um ein Haar diese Diamantensplitter vergessen. Er benutzte sie relativ selten, aber das wäre wohl der richtige Moment um die auszupacken.

Er schwang Tessaiga in einer liegenden Acht. „Haut jetzt ab, ihr blöden Viecher! Ich will euch nicht umbringen, aber wenn ihr angreift, könnt ihr genau das haben.“

Klassisch, Inu Yasha, dachte Sesshoumaru. Immer erst reden. Wenn der mal lautlos kämpfen würde, wäre das die Neuigkeit des Jahrhunderts. Feuerratten galten als überaus aggressiv, die würden sich von der netten Bitte kaum vertreiben lassen, geschweige denn so eine Warnung Ernst nehmen. Zu allem Überfluss, so grundsätzlich zum Mitschreiben für den kleinen Bruder: Tiere hörten selten auf Befehle, seien sie von Dämon oder Mensch.

 

Zur gewissen Überraschung des Flohgeistes, des Hundedämons und selbst Inu Yashas musterten ihn die Riesenratten, als ob sie genau verstanden hatten, was er sagte. Dann umklammerte der Halbdämon sein Schwert mit beiden Händen, denn die Umgebung schien zu verschwimmen: Magie.

Im nächsten Moment befand sich das unfreiwillige Reisetrio unter der Sonne. Ein Blick herum verriet, dass vor ihnen das Meer lag, ein geradezu blütenweißer Sandstrand, an dem vereinzelte Palmen aufwuchsen. Hinter ihnen befand sich eine ähnliche Landschaft. Nur rechts war im Hintergrund ein hohes, steiles Gebirge zu entdecken. Hoch war jedoch relativ, wenn man sich auf Meereshöhe befand.

Inu Yasha drehte sich um die eigene Achse, noch immer Tessaiga vor sich, ehe er erstaunt fragte: „Weiß wer, was jetzt passiert ist?“

Myouga atmete mehrfach tief ein und aus, ehe er aufgrund eines kühlen Blickes des Hundeprinzen seiner leidigen Pflicht als Erzieher und Berater dessen Halbbruders nachkam. „Äh, mit Verlaub, ich vermute, dass eben das diese Prüfung war.“

Die Ohren des Halbdämons zuckten in schierer Verständnislosigkeit. „Ja, was jetzt? Diese Biester zu verjagen?“

„In gewisser Hinsicht wohl schon. Sekunde.“ Der Flohgeist atmete noch einmal durch, ehe er fortfuhr: „Da Ihr nun einmal das Gewand aus Feuerrattenhaaren besitzt, solltet Ihr wissen, dass es Euch wie eine Rüstung schützt. Das ist natürlich auch bei den ursprünglichen Trägern der Fall. Ein Angriff wäre immer äußerst riskant für den, der attackiert. Noch dazu in einer Höhle. Ich vermute, die Aufgabe lautete, das zu vermeiden. Sobald Ihr gesagt habt, Ihr wollt sie nicht töten, befanden wir uns hier. Womöglich sollte auch geprüft werden, ob jemand blindlings mordet. Das wäre sicher keine gute Einstellung für, äh, einen Fürsten.“ Hatte er das wirklich gerade gesagt? Vor den Ohren des künftigen Herrn der westlichen Länder und dessen Bruder? Myouga griff nach seinem Herzen. Da aber keine weitere Reaktion der Hundebengel erfolgte, außer, dass sie ihn fast neugierig anguckten, fuhr er doch mit dem Rest seines Pflichtbewusstseins fort: „Ein guter Krieger ist nicht blutdürstig und ein guter Heerführer nicht racheblind. So heißt es in den Lektionen des berühmten Weisen …“

„Ja, schon gut“, unterbrach Inu Yasha, der noch nie die Geduld aufgebracht hatte Erklärungen zu lauschen, wenn Fakten auf ihn warteten. „Also, weil ich sie nicht umbringen wollte, sind wir rausgekommen? Mal was Neues. Und jetzt, was soll das hier? Wir stehen an einem Meer, Sand, sonst nichts? Und weiter? Ich will endlich wieder von dieser Insel weg.“

Da waren sie in der Tat schon zu zweit. Sesshoumaru senkte seinen, ein wenig verengten, Blick erneut.

Myouga keuchte abermals auf. Immer auf die hilflosen Kleinen! „Äh, ich sehe hier auch keinerlei Gefahr, junge Herren. Ich vermute, das ist eine Pause in der Prüfung.“

„Pause?“ Der Halbdämon grinste förmlich.

Was dann passierte, hätte sich sein älterer Halbbruder nicht einmal in einem Drogenrausch vorstellen können, hoffte er jedenfalls. Ehe er genau wusste, was los war, hatte dieser törichste Sohn seines verehrten Vaters ihm das legendäre Tessaiga samt Scheide vor die Füße in den Sand geworfen. Keine Sekunde später stand er vor ihm, wie die Götter ihn erschufen, und schrie:

„Die Gelegenheit diesen Schwefelgestank los zu werden! Komm mit ins Meer!“

Der potentielle Herr aller Dämonen konnte nur fassungslos auf die blanke Kehrseite seines Halbbruders starren, die immerhin durchtrainiert war, als der mit weiten Sätzen zum Meer rannte und dort hinein sprang, ehe sein Blick sich zu dem roten Haufen und einem gewissen Schwert zu seinen Füße senkte. „Myouga?“ In diesem Namen lag schieres Unverständnis und ein deutbarer Vorwurf.

Der Angesprochene seufzte. Wenn es auch Schutzengel für Flohgeister gab, wie für Menschen, brauchte er demnächst einen neuen, da war er sicher. Seiner müsste ebenso mit den Nerven am Ende sein wie er selbst. Was konnte er denn für diese plötzlichen Einfälle, die Inu Yasha auszeichneten? Immerhin hatte der ältere Hundebengel noch keinen Versuch unternommen sich Tessaiga zu schnappen. „Ich vermute, er möchte den Schwefelgeruch und die Asche aus den Haaren bekommen, Sesshoumaru-sama.“

Das war an sich keine unnütze Idee, gab der Ältere zu. Aber man musste doch auf die Umgebung achten. Immerhin hatte bislang auf dieser Insel eine lästige Sache nach der anderen gewartet. Tessaiga. Er sah wieder auf das Schwert. Noch vor wenigen Jahren hatte er es besitzen wollen. Jetzt lag es in seiner Reichweite. Er müsste sich nur bücken – und dann? Nein. Es gehörte Inu Yasha, das war Vaters Wille gewesen und er hatte lang genug gebraucht um das zu verstehen, ja, loszulassen und seine eigene Grenze zu erkennen. Erst, als er dies verstanden hatte, hatte er Bakusaiga bekommen. Sein Schwert, sein eigenes, nicht das seines Vaters. Er war jetzt ein erwachsener Dämon, ja, mächtiger, als es sein Vater je gewesen war. Und er würde der Fürst des Westens werden, nicht nur als Erbe, sondern auch aus eigenem Recht. Großvaters Ring würde ihm freilich einige Duelle und andere Lästigkeiten ersparen, ein guter Grund, den hier zu suchen. Was allerdings sollte Inu Yasha hier finden? Es gab keinen anderen Ring. Gleich.

Er warf noch einmal einen Blick herum, ehe er Tenseiga mit der Scheide aus seinem Gürtel zog und neben Myouga fallen ließ. „Pass auf!“ befahl er nur knapp, ehe er sich mit dämonenhafter Geschwindigkeit Rüstung und Kleidung auszog. Die Boa wehte hinter ihm her, als er sich ebenfalls in das Wasser begab.

Baden war angesagt.

Der Floh starrte auf die beiden Schwerter, die beiden Kleiderhaufen, und seufzte. Was, bitte schön, hatte er verbrochen, dass er das hier mitmachen musste? Er hoffte nur inständig, dass Toutousai als der eigentliche Verursacher des ganzen Schlamassels auch nicht heil davon kam.
 


Nachwort zu diesem Kapitel:
Eine Dose Mitleid für den armen Myouga gesucht ... Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (4)

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Von:  Amart
2016-09-24T11:55:33+00:00 24.09.2016 13:55
Es fällt auf: Entweder alle Gegner trachten nach dem Leben oder belauern sie. Die haben als Ratten mit Hundepapa keine guten Erfahrungen gemacht und waren misstrauisch. Darauf wette ich im Nachhinein, weil Rache und so zahlt sich nicht aus. Find deinen Ideenreichtum mit Fallen und Prüfung sehr super und würde lachen wenn der Vroßvater der Herr dieser Insel ist. Macht Spaß mitzurätseln, was Inuyasha und Sesshoumaru jeweils tun können
Wie kriegen die das Salz des Meeres aus Wasser und Fell? Bei Sess geht das mit Youki weg und Inu? Darf Myouga das auch regeln?
Antwort von:  Hotepneith
26.09.2016 19:09
Danke für den KOmmentar. Und ach ja, du hast ja sooo recht:)

hotep

P.S. nein ich spoiler nicht.
Von: abgemeldet
2016-09-24T11:51:48+00:00 24.09.2016 13:51
Myouga wird sich den Herzinfarkt anlachen, wenn das so weitergeht. Schwerter der Brüder gehen erst nicht, wollen sie sich so prügeln oder besser, nur Inuyasha mit Tessaiga, weil der Bann wegfällt! Verstrickungen und Wenden sind schön und logisch zu verfolgen, auch amüsant ^^
Ich habe nur darauf gewartet, dass Myouga am Strand danach die Sachen abbekommt, die man auf ihn wirft. Ob es auf der Insel weibliche Versuchunh gibt? Die beißen sich die Zähne aus, wär aber mal ne coole Lektion ... xD

P.s. Wie weit ist Toutousai gekommen? Hat Mama Hund ihn eingefangen, wenn Inu no Taishou bei Izayoi ist?
Antwort von:  Hotepneith
26.09.2016 19:08
Danke für den Kommentar.
Toutousai kommt im nächsten Kapitel vor.
Hm, weibliche Versuchung hatte ich schon mal, ich bemühe mich immer neue Ideen für die Jungs zu kreiren.
Hotep vs. die Hundebrüder oder so.
Ich hoffe, es bleibt amüsant, ach, wenn es sich langsam dem Ende nähert.

hotep


Von: abgemeldet
2016-09-24T11:43:20+00:00 24.09.2016 13:43
Hallo!
 
Ich hätte eine Prise Mitleid für den ärmsten Berater der Welt übrig, aber das hat sich schon wieder verflüchtigt, weil mir auffiel: Der Erbprinz badet in großer Entfernun, könnte durch ein "Missgeschick" fortgespült werden und lebt immer noch mit Dämonenpeitsche am Bauch. Ich wusste, dass es nur eine Farce ist - oder der Radius weiter, als angenommen? Gar manipulierbar durch Sesshoumaru? (Okay. Vielleicht bin ich doch nicht weiter gekommen in der Theorie.)
Fakt ist, dass ich die ganze Zeit darauf gewartet habe, dass die Feuerrattenalttiere auf die Brüder losgehen und einer bedauert, dass man aus dem Fell nicht mithilfe Tensaigas die Jungtiere auferstehen lassen kann. Ich frage mich, wieso die auf deren Vater losgingen und wie viele in dem Fell, das er Izayoi umlegte, eigentlich verarbeitet waren. Ein bisschen morbide, aber besser, als zu sterben - auch, wenn es umso wundersamer ist, dass die alten Ratten ihm dafür nicht erst recht ans Hundefell wollten. Hach, ein Königreich dafür, die Reise noch einmal aus Papa Hunds Augen zu lesen. :-P
Jedenfalls, die Idee mit den Steinbrocken, der Illusion, die Beschreibung der Tiere - ich wäre nur bei dem Wort "Nagezähne" noch flotter draufgekommen -, ja, das war alles schön und bildreich. Das Wort "Chaot" taucht zuletzt etwas häufiger auf, das nehme ich schon als Runninggag wahr! 
Apropos, auch ein Handkuss für den Sandstrand. Das war Kopfkino pur, Südsee-Feeling, und ich wette, nun kommt entweder ein Hai (war da nicht der Schatten, als sie über die Inseln bei Flut sprangen?) oder irgendetwas Giftiges oder Würgendes. Hmm, möglicherweise auch eine weitere Fürstenlektion. Rückzug, Weitsicht und Schutz Schwächerer hatten wir, jetzt Gnade, dann ... hm, sich größer und stärker geben, als man ist, um den Feind in die Flucht zu schlagen?
Oh, der Humor ... könnte von InuPapa stammen. 
Auch schön, dass Sesshoumaru über Inuyashas Erbe nachdenkt. Aber so oder so: Wartezeit!
 
Viele Grüße, Morgi
 
Antwort von:  Hotepneith
26.09.2016 19:10
Danke für den KOmmentar.

Oh, es wird ein wenig, äh, unangenehmer, als man/ frau denken sollte... ich war hoffentlich phantasievoll.

hotep
Von:  nicoleherbster
2016-09-24T09:42:41+00:00 24.09.2016 11:42
Mitleid mit myouga hab ich irgendwie nicht. Aber das die 2 gemeinsam plantschen gehen ohne das da doch noch ein haken ist glaub ich nicht. Bin schon gespannt was sie dort erwartet.
Antwort von:  Hotepneith
26.09.2016 19:11
Dank für den Kommentar.
Und, ja, natürlich ist da ein Haken. Wenn auch gut versteckt, denke ich. Im nächsten Kapitel werden es die Hundejungen schon mitbekommen.

hotep


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