Zuflucht Bibliothek von Salix ================================================================================ Kapitel 1: Zuflucht Bibliothek ------------------------------ Mit bebenden Fingern griff er sich irgendein Buch aus dem Regal. Steif ging er zum nächsten freien Tisch, ließ seine Schultasche von der Schulter gleiten und sank auf einen Stuhl. Er klappte das Buch auf und starrte auf die Seiten. Weil seine Hände so schrecklich zitterten, senkte er das Buch soweit, dass es mit dem Rand den Tisch berührte. Anstatt es richtig hinzulegen, hielt er es auch weiterhin aufrecht. So verbarg es zumindest sein Gesicht. Sein Blick lag auf der Schrift, doch er las nicht. Ihm war nicht einmal aufgefallen, dass er das Buch verkehrt herum hielt. Solange er so tat als würde er lesen, würde ihn niemand ansprechen. Zumindest hoffte er das. In seinen Ohren klangen noch immer die Schreie der Schüler nach, an denen sie heute den Cruciatus Fluch hatten üben müssen. Ein Schaudern lief durch seinen Körper. Er wünschte, er wäre kein Zauberer oder noch besser, ganz weit weg von Hogwarts! Er hatte…, wieder musste Zacharias ein Würgen unterdrücken, er hatte mitgemacht! Sie alle hatten mitgemacht, weil keiner von ihnen dort bei den anderen hatte landen wollen! Er mochte Neville nicht, aber dessen Schreie würden ihn noch lange im Schlaf verfolgen, dessen war er sich sicher. Er sah wieder die sich krümmenden, zuckenden Körper und das entsetzliche Grinsen auf Amycus Carrows Gesicht. Ein leises Wimmern drang an sein Ohr. Zacharias schloss die Augen. Er war in der Bibliothek, hier sollte niemand wimmern! In der Bibliothek sollte Ruhe herrschen! Doch das Wimmern blieb. Jemand klopfte auf ein Regal in seiner Nähe. Zacharias fuhr herum. Mit weit aufgerissenen Augen erwiderte er Madame Pomfreys Blick. Sie lächelte ihn beruhigend an und trat näher. Langsam streckte sie die Hand aus. „Sei so gut und gib mir bitte das Buch. Ich möchte etwas darin nachlagen“, bat sie ihn mit sanfter Stimme. Automatisch reichte er ihr das Buch. Sie nahm es entgegen und setzte sich zu ihm an den Tisch. Ihm entging, wie sie ihn heimlich besorgt musterte, während sie in dem Buch blätterte. „Ah, ja, dachte ich mir“, murmelte sie. Behutsam schloss Madame Pomfrey das Buch. „Du hast doch sicherlich eine Feder und ein wenig Pergament in deiner Tasche, könntest du mir die eben leihen?“ Noch immer war ihre Stimme sehr sanft. Zacharias begann hektisch in seiner Tasche zu kramen, wobei ihm immer wieder Sachen aus den Händen glitten. Schließlich gelang es ihm das Gewünschte hervorzuholen. „Danke.“ Mit noch immer heftig klopfendem Herzen, sah Zacharias zu, wie sie schwungvoll zu schreiben begann. Er schaute weg. Er hatte sich angewöhnt, wegzuschauen, es war sicherer. Statt in Madame Pomfreys Richtung zu gucken, betrachtete er die Bücher in den Regalen. Nun erkannte er einige Titel, die alle etwas mit Heilkräutern zu tun hatte. Warum er ausgerechnet in die Heilkräuterabteilung gegangen war, war ihm schleierhaft. Genauso wie die Tatsache, dass er überhaupt in die Bibliothek gegangen war. Nach dieser schrecklichen Doppelstunde, war er irgendwie aus dem Klassenraum zur nächsten Jungentoilette gestolpert, wo er sich heftig übergeben hatte und danach war er wie ferngesteuert in die Bibliothek gekommen. Madame Pomfrey räusperte sich und Zacharias richtete hastig den Blick auf sie. Wieder lächelte sie ihn an. „So mein Junge. Ich möchte, dass du hiermit zu Professor Sprout gehst und ihr diese Nachricht überreichst und danach begibst du dich ohne Umwege in den Krankenflügel. Also, was sollst du tun?“ „Ihre Nachricht Professor Sprout bringen und dann direkt in den Krankenflügel gehen“, antwortete Zacharias seltsam tonlos. „Genau, mein Junge. Ab mit dir.“ Brav befolgte er ihren Befehl, obwohl es ihn verwirrte, dass sie ihn in den Krankenflügel schickte. Er war doch gesund! Die anderen würden im Krankenflügel sein, er hörte auf seine Sachen in die Schultasche zurück zu packen. War das Madame Pomfreys Strafe für das, was er heute im Unterricht…? „Soll dich jemand begleiten?“ Zacharias zuckte zusammen. „Ich…“ „Du hast einen bösen Schock, Junge. Geh jetzt zu Professor Sprout. Das Abendessen ist schon vorbei und sie sollte wissen, dass du über Nacht im Krankenflügel bleiben wirst.“ „Aber…, was ist mit… den anderen?“ Zacharias würgte die Frage heraus, er musste es einfach wissen. „Es geht ihnen besser. Ich habe für sie getan, was ich konnte. Sie werden sich erholen und keine bleibenden Schäden davontragen. Geh jetzt.“ Zacharias nickte steif, erhob sich und taumelte los. Madame Pomfrey sah ihm nach, bis er hinter der nächsten Regalreihe verschwunden war. Es wäre sicherlich besser gewesen, ihn zu seiner Hauslehrerin und in den Krankenflügel zu begleiten, aber sie fürchtete, sie würde noch ein paar andere geschockte Schüler in der Bibliothek finden. Seit diese unseligen Carrows an der Schule waren, hatte sie es sich zur Gewohnheit gemacht, täglich einen Rundgang durch die Bibliothek zu unternehmen. Viele der verstörten Schüler neigten dazu, sich in der Bibliothek zu verkriechen. Vielleicht, weil sie eine gewissen Anschein von Normalität erwecken wollten oder vielleicht, weil die Bibliothek sie beruhigte. Was auch immer der Grund war, hier in der Bibliothek fand Madame Pomfrey die meisten der Schüler, deren Schock so stark war, dass er einer Behandlung bedurfte. Es war Mrs. Pince gewesen, die sie zuerst darauf aufmerksam gemacht hatte. Genauso wie es die Bibliothekarin gewesen war, die vorgeschlagen hatte, einen kleinen Zauber anzuwenden, der noch nicht behandelte traumatisierte Schüler in die Bibliothek lockte. Madame Pomfry wusste, dass dies der Bibliothekarin schwer gefallen war, aber auch sie wollte etwas zum Schutz der Schüler beitragen. Zum Glück verhielten sich die verstörtesten Schüler meist beunruhigend still, aber sie begingen oft einfache kleine Fehler. Sowie der Junge von eben, der sein Buch falsch gehalten hatte. Oder sie starrten auffällig ins Nichts. Madame Pomfrey Herz blutete, wenn sie die traumatisierten Kinder entdeckte. So etwas sollte es eigentlich nicht geben. Da sich dagegen derzeit leider kaum etwas tun ließ, war sie heilfroh über Mrs. Pince Idee gewesen, da sie so die Kinder finden konnte, die ihre Hilfe brauchten. Wegen äußerlicher Wunden wurden Kinder zu ihre gebracht oder sie zu den Verwundeten gerufen, doch die seelischen Wunden blieben meist verborgen. Da war ihr Mrs. Pince Idee gerade recht gekommen, als sie mit ihr über das immer häufiger auftretende seltsame Verhalten einiger Schüler gesprochen hatte. Nach ein paar weiteren Treffen hatten sie sich auf ein Vorgehen geeinigt und sich stillschweigend verständigt, dies auch durchzuführen. Madame Pomfrey stellte das Buch zurück. Sie sollte besser ihre Runde fortsetzten, dachte sie und hoffte dieser Junge würde vorerst der einzige weitere Patient bleiben. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)