Ein Jahr für die Ewigkeit von _Yuna ================================================================================ Kapitel 1: Wie alles begann... ------------------------------ 百語より一笑。 Ein Lächeln ersetzt einhundert Worte. Als ich ihm begegnete, wusste ich sofort, dass ich „glücklich sein“ immer falsch interpretiert hatte. Gleichzeitig wurde mir aber auch klar, dass Liebe der größte Fluch sein konnte. Mein Name ist Leni Hansen und ich bin 22 Jahre alt. Mein Traum war es immer nach Japan zu fliegen und das Land und die Kultur kennen zu lernen. Schon als Kind träumte ich davon. Ich musste erst ein paar Jahre sparen bis ich meinen Traum in die Realität umsetzen konnte. Meine Freunde fanden, ich sei verrückt. Eine Work and Travel Reise zu machen bedeutete auch, dass ich meine geliebten Job bei einer internationalen Wochenzeitung zu kündigen, in der ich vom japanischen ins deutsche übersetzte. Es war ein wirklich guter Job, den man nicht so einfach bekam. Doch ich ging das Risiko ein nach meiner Reise einen schlechteren Job zu bekommen, ein kleinere Wohnung mit vielen finanziellen Einschränkungen nahm ich in Kauf. Ich brauchte Veränderung und eine neue Perspektive. Und diese konnte ich nur in 9.047,98 km Entfernung finden. Und nun war ich hier. Shinijuku ist ein Stadtteil im westlichen Teil von Tokio. In diesem kulturellen Teil von Tokio steht das bekannte Rathaus, welches für die Verwaltungsangelegenheiten zuständig ist. Shinijuku besitzt eine schöne Einkaufsstraße und einen zauberhaften Park, den Shinjuku-Gyoen. Hier arbeite ich an einer Sprachschule. Ich unterrichte Deutsch für Anfänger und fortgeschrittene bei jungen Erwachsenen. Und ich bin wirklich gerne dort. Meine Schüler sind sehr interessiert und wir haben viel Spaß zusammen. Und dort habe ich auch Aiko getroffen. Eine junge Japanerin, die zusammen mit mir an der Schule unterrichtet. Sie unterrichtet im Nebenzimmer Englisch. Wir haben uns auf anhieb verstanden. Aiko lebt mit ihrer Freundin Mika in einem Apartment ganz in meiner Nähe. „Kannst du glauben, dass ich jetzt schon drei Monate hier bin?“, fragte ich Aiko, als wir gemeinsam auf einer Parkbank im Shinijuku-Gyoen saßen. „Wirklich?“ Aiko sah mich verdutzt an. „Ja, es ist erstaunlich wie schnell die Zeit vergeht.“ „Vermisst du dein Zuhause?“, wollte Aiko wissen. „Weißt du, was erstaunlich ist? Gar nicht. Natürlich denke ich an Mama und Papa und an meine Schwester Olivia und ich freue mich, wenn sie anrufen aber es ist, als hätte ich meinen Platz im Leben gefunden. So habe ich mich wirklich noch nie gefühlt.“ Ich lächelte und hielt mein Gesicht in die Sonne. „So, ich muss jetzt los, sonst verpasse ich die Kunstausstellung von Hanayo.“ Ich stand auf. „Ich wünsche dir viel Spaß.“ Aiko stand ebenfalls auf und wir verbeugten uns. Das ist ein Insider-Witz von Aiko und mir. Als ich ihr begegnet war, war meine erste Tat, dass ich mich verbeugte. In einem Reiseführer hatte ich gelesen, dass man das so machte. Aiko war eine junge Japanerin, die diese Tradition nur auf ofiziellen Veranstaltungen betrieb. Das wusste ich natürlich nicht und so wurde es zum Runing-Gag und gleichzeitig zu unserem Ritual. Die Ausstellung von Hanayo war wirklich gut besucht. Wo man hin sah waren Menschen, die fasziniert auf die Bilder sahen. Sie malt Mangas aber sie leuchten voller Energie und Ausdrucksstärke, dass alles andere in den Schatten gestellt wird. Man merkt, dass sie für die Kunst lebt. Ich stand an einem Bild mit dem Titel „Die einsame Frau“ und betrachtete eine junge Frau auf dem Boden sitzen. Es war in knalligen Farben gemalt, ein kompletter Kontrast zum Titel. Eine Eigenschaft von Hanayo. In der hintersten Ecke der Ausstellung hörte ich jemanden laut aufschreien. Ich sah hastig herüber und bemerkte beim herumdrehen einen harten Gegenstand meine Hand streifen. KLIRRRR! Mein Kopf schwenkte vor mich auf den Boden und ich sah vor meinen Füßen einen haufen Scherben. Sie waren bunt und wunderschön. Dann sah ich auf den Sockel vor mir. Oh Mein Gott, die wunderschöne Vase, die auf dem Sockel stand, dachte ich und sah mit geweiteten Augen auf den Boden zu dem Chaos. Bevor ich mich versah kam ein Mann mittleren Alters auf mich zu, in seinem Gesicht stand nichts weiter als Zorn. „Was haben Sie angerichtet,“ brüllte der Mann mich an gestikulierte wild mit seinen Händen. „Es tut mir unendlich leid. Es war ein Versehen.“ Ich verbeugte mich so weit nach unten wie ich nur konnte. „Das kann doch nicht wahr sein. Sie werden nie wieder hier hin kommen!“ „Ich entschuldige mich nochmals.“ Dabei blieb ich in der unbequemen Haltung. „Hören Sie Mister, sie hat sich doch bereits entschuldigt und ich habe das Geschehen mitbekommen und kann Ihnen versichern, dass sie wirklich nichts böswilliges im Schilde geführt hat.“ Ich sah auf. Ein Mann hatte sich zu uns gesellt. Aber nicht irgendein Mann. Es war Aoi, der Gitarrist der berühmten Band The GazettE. Er war ganz in Schwarz gekleidet. Erstaunt sah ich zu ihm auf, er widerrum sah zu dem wütenden Mann vor ihm. „So etwas ist mir in zehn Jahren nicht unter gekommen.“, schimpfte der Mann, diesmal jedoch ruhiger. „Das verstehe ich gut. Wie viel kostet die Vase?“, fragte Aoi und zückte sein Portemonnaie. „Ehm.“, stieß ich hervor. Ich wollte auf keinen Fall, dass er dafür zahlte. Doch ich wurde von dem grimmigen Mann unterbrochen. „384.300,00 Yen (3000 Euro)“ Aoi sah in sein Portemonnaie und gab dem Mann ohne zu zögern das Geld. Ich wollte etwas sagen, protestieren, doch alles ging so schnell, dass ich gar nicht erst dazu kam meinen Mund zu öffnen und Worte zu bilden. Ich stand einfach nur da, völlig baff und betrachtete das Geschehen von außen. „Danke. Wir sind damit Quit.“ Der Mann wandte sich zu mir, warf mir einen letzten bösen Blick zu und verschwand zwischen den Menschen, die sich um uns versammlt hatten und gafften. „Sie sahen aus, als bräuchten sie Hilfe.“, verteidigte Aoi seine Tat. „Hören Sie, das wäre echt nicht nötig gewesen. Ganz ehrlich, ich hätte die Sache auch alleine geregelt.“ „Davon bin ich überzeugt. Sagen wir, es war meine tägliche gute Tat, die jeder Mensch vollbringen sollte.“ Aoi verzog das Gesicht zu einem Grinsen. „Aber..“ „Kein Aber. Ich habe es gern gemacht.“, erwiderte Aoi. Warum? „Ich bin Aoi.“, sagte er und streckte mir seine Hand entgegen. „Leni.“ „Auf den Schock sollten wir einen Kaffee trinken.“, schlug Aoi vor. Ich sah ihn verdutzt an. Er wollte mit mir einen Kaffee trinken? Warum? Was wollte er von mir? Es war mir schleierhaft, was der berühmte Gitarrist vor hatte. Da für mich die Ausstellung aber vorbei war stimmte ich der Einladung zu. Was führte er im Schilde? Kapitel 2: Surreal aber schön... -------------------------------- Das Cafe war in der Nähe der Ausstellung. Von meinem Platz aus konnte ich den Eingang sehen. Dort standen scharen Menschen. Sie lachten und unterhielten sich lautstark. Ich beneidete sie, denn die Ausstellung war, bis auf den Vorfall wunderschön. Bei dem Gedanken an die Vase drehte sich mein Magen. „Gott, wie Peinlich.“, stieß ich hervor und schlug die Hände vor den Kopf. „Es gibt aber auch schlimmeres.“ „Das ist so typisch für mich. Man sollte mich aus allen Ausstellungen verbannen.“ „Passiert dir sowas öfter?“, fragte Aoi und grinste. „Mir ist schon so einiges passiert.“ Dann verzog ich erschrocken das Gesicht. „Ich hoffe, dass keiner meiner Schüler in der Ausstellung war.“ „Schüler?“ „Ja, ich unterrichte eine Klasse hier an der Sprachschule in Deutsch.“ Aoi sah mich beeindruckt an. „Ich wusste, dass du nicht von hier bist.“ Er lächelte. Herrgott, dieses Lächeln… „Nein, ich habe hier ein Work and Travel Visum. Ich komme aus Deutschland. Habe aber japanisch studiert und wollte immer mal hier hin.“ Der Kellner unterbrach uns und brachte uns den Kaffee. Der Geruch von frischgemalenen Kaffeebohnen stieg in meine Nase und ich musste lächeln. „Was?“, fragte Aoi, als er mein Gesicht sah. „Ich liebe Kaffee. Es gibt kein besseres Getränk.“ „Geht mir auch so.“ Wir sahen einander an und mussten lachen. Aoi war ein junger attraktiver Mann, wie ich fand. Mit seinen zerzausten Haaren und den dunklen Klamotten hatte er etwas sehr anziehendes auf mich. Er wirkte nicht wie er aussah. Aber die Japaner hatten mich schon häufiger während meines Aufenthaltes überrascht. Sie sind ein sehr interessantes Volk. Aber die Anziehung zu Aoi war nicht unbedingt erwünscht. Ich konnte nur hoffen, dass wir uns danach nie wiedersehen würden, denn ich begann mich zu verknallen und das würde nur Chaos bedeuten. Denn jemand wie Aoi – ein berühmter Musiker – würde lediglich in meinen Träumen mein Freund sein. „Und was machst du, wenn du nicht unterrichtest?“, fragte Aoi interessiert. „Dann sitze ich im Park und lese. Gerade mittags, wenn die Sonne hoch steht und alles beleuchtet ist, kann man sich stärken für den Tag. Und was ist mit dir? Keine Konzerte?“ „Nein, wir haben eben erst unsere Japan-Tour beendet. Jetzt habe ich ein paar freie Tage, bis es zurück ins Studio geht.“ „Klingt interessant.“ Seine Hände griffen nach dem Kaffee und er trank einen Schluck. Ich tat es ihm gleich. Dabei betrachtete ich Aoi behutsam aber eindringlich. Ich wollte keinen Moment verpassen und jede seiner Bewegungen in meinem Gedächtnis speichern. Wenn ich ihn schon nicht wiedersehen würde – und ich war mir sicher, dass es so kommen würde – dann wollte ich wenigstens eine schöne Erinnerung an ihn behalten. Als ich die Tasse wieder auf den Untersetzer stellte wanderte mein Blick auf die Uhr. 15:40 Uhr. 15:40?? „Oh mein Gott, es ist ja schon so spät! Ich muss los, ich habe gleich Unterricht.“, sagte ich hastig und kramte nach meinem Geld. „Nein warte, das geht auf mich.“, erwiderte Aoi. „Aber die Vase ging doch schon auf dich.“ „Es gehört zum höfflichen Ton, dass in Japan ausnahmslos die Männer zahlen.“ Langsam bewegte ich meine Hand aus der Tasche und sah ihn an. Noch ein letztes Mal. Ich merkte, wie sich mein Mund zu einem Lächeln formte. „Danke, für das Zahlen der Vase und den Kaffee.“, sagte ich rasch, um nicht zu einem verliebten Teenager zu mutieren. „Gern geschehen. Hat mich gefreut.“, antwortete er freundlich. „Ja mich auch.“ Ich stand langsam auf und verschwand vorsichtig mit meiner Tasche. Ich hoffte, dass er mich aufhielt und mich um ein Date bittete. Meine Ohren waren auf Alarmbereitschaft gestellt. Sie lauschten nach seiner Stimme. Doch ich wartete vergeblich. Denn Aoi sprang nicht von seinem Stuhl, hielt mich am Ärmel fest und fragte mich nach einem Date, oder meiner Nummer. Nein, es blieb still. Als ich die Hoffnung aufgab, ging ich schneller. Aoi saß da und betrachtete Leni, wie sie davon ging. Er lächelte. Tage vergingen. An einem sonnigen Tag ging ich, wie jeden Tag, zu meinem Lieblingsplatz im Park. Eine Parkbank unter einer japanischen Blütenkirsche, vor mir war ein kleiner See und die Vögel zwitscherten. Ich bildete mir gern ein, dass an diesem Platz die Vögel am lautesten sind und ein Lied für mich sangen. Ziemlich kitschig, nicht? Im Schneidersitz sitzend packte ich die Biografie von Dave Grohl aus und schlug die Seite mit dem Lesezeichen auf. In den ersten Tagen wartete ich noch auf ein Zeichen von Aoi. Ich stellte mir gerne vor, dass er einen Ausruf im Fernsehen startete und die Frau suchte, die er hatte gehen lassen, dass er es bereute und er sie unbedingt wiedersehen wollte. Wie gesagt, ich stellte es mir vor. Die Realität war etwas anders. So langsam glaubte ich sowieso, dass es nur ein Traum gewesen war und ich in Wirklichkeit in meinem Bett gelegen habe, anstatt mit Aoi Kaffee zu trinken. Das Treffen wirkte unwirklicher, umso länger ich darüber nachdachte. Es wäre auch zu schön um wahr zu sein gewesen… „Hey.“, unterbrach mich eine Stimme aus meinen Gedanken. Ich sah nach oben. Ein 1,80m großer Mann sah auf mich hinab und lächelte. Aoi. Vor lauter erschrecken ließ ich fast mein Buch fallen, fing es aber gerade noch rechtzeitig wieder auf. „Hallo.“. Aoi nahm neben mir auf der Bank Platz. Oh Mein Gott! Ich muss träumen. Anders kann ich mir das nicht vorstellen. Herrgott Leni, wach endlich auf! Das wird langsam wirklich peinlich! „Dave Grohl?“ Er zeigte auf das Buch in meiner Hand. „Ja, ich bin ein Riesenfan von den Foo Fighters.“, sagte ich knapp. „Was machst du hier?“ „Sitzen.“ Er grinste frech. „Nein, was machst du genau hier? In diesem Park?“ Ich brannte darauf eine Antwort zu bekommen. ´Ich war zufällig in der Gegend´ war für mich keine richtige Antwort. „Das klingt jetzt vielleicht doof aber…“ Er sah auf seine Hände. „Ich wollte dich wiedersehen.“ „Wirklich?“, fragte ich schrill, räusperte mich aber dann. „Das ist aber nett.“ Er lächelte und sah in meine Augen. „Also, was hälst du von Japan. Ist es so, wie du es dir vorgestellt hast?“, lenkte er von dieser ziemlich romantischen und für einen Single nicht aushaltbare Situation ab. „Ja. Es entspricht ganz meiner Vorstellung. Das Land ist so schrill und gleichzeitig so diszipiniert, dass die deutschen wirken, als hätten sie einen Besenstiel im Gesäß.“ Aoi stutzte bei dem Satz und zog eine Augenbraue hoch. „Oh, deutsche Redewendung. Stock im Hintern bedeutet verklemmt und spießig.“ Ich lachte. „Ach so.“ Auch Aoi lachte laut auf. Ein kleines Mädchen, vielleicht 16 Jahre alt kam auf uns zu und lächelte schüchtern zu Aoi rüber. „Entschuldigung wenn ich störe. Aoi, könnte ich ein Autogramm haben?“, fragte das Mädchen und holte einen Block hervor. Darauf waren Bilder von The Gazette geklebt. Kein Winkel dieses Blockes war mehr zu sehen. „Aber klar.“ Aoi nahm ihn entgegen und schrieb auf den Block. Ich betrachtete ihn dabei die ganze Zeit. Er war so cool. Ihn schien es gar nicht zu stören, dass das Mädchen uns einfach unterbrochen hatte. Ich hingegen fand diese Situation etwas nervig. Doch ich ließ es mir nicht anmerken. Für Aoi schienen seine Fans etwas sehr wertvolles zu sein. „Oh danke. Das ist unglaublich. Kann ich auch noch ein Foto mit dir machen?“ Das Mädchen hielt eine Kamera in der anderen Hand und lächelte verliebt. „Natürlich.“, sagte Aoi freundlich. „Könntest du?“ Er sah zu mir rüber und zeigte auf die Kamera. „Ok.“, sagte ich knapp, nahm die Kamera und sah durch die Linse wie Aoi dem Mädchen näher kam und lächelte. Auch wenn es nur ein Fan war, ich wurde eifersüchtig. In dieser Situation wäre ich gern, dachte ich mir. Aoi ganz nah kommen, seine Haut fast zu berühren, sein Parfüm riechen. „Danke Aoi, einen schönen Tag noch.“, sagte das Mädchen und verbeugte sich. „Danke, dir auch.“ Ich setzte mich wieder neben ihn und ließ die Situation auf mich wirken. Es war komisch zu wissen, dass man neben jemanden saß, der von kleinen Mädchen angehimmelt wurde. Irgendwie surreal. Und noch surrealer war, dass ich offensichtlich auch wie diese Mädchen war. Das kannte ich nicht von mir. „Krieg ich deine Handynummer?“, hörte ich Aoi plötzlich fragen. Schnell drehte ich meinen Kopf und sah Aoi mit versteinerter Miene an. Ich hatte mich doch verhört, oder? Ich konnte mich nur verhört haben. Wenn nicht, dann würde das bedeuten, dass Aoi gerade nach meiner Nummer gefragt hat. Und das war doch totaler Blödsinn. „Was?“, fragte ich nach. „Na ja, ich würde dich gern wiedersehen. Außerhalb dieses Parks. Also nicht, dass es hier nicht schön ist. Ich weiß ja nicht, ob du mich wiedersehen möchtest, vielleicht..“ „Ja.“, antwortete ich rasch und lächelte. „Ja, du kannst meine Nummer haben.“ Er lächelte. Schnell, als sei ich auf der Flucht, riss ich meine Tasche auf und hollte einen Collageblock hervor. Mit einem Kugelschreiber kritzelte ich meine Nummer auf das Papier und riss es aus den Block. Dann reichte ich sie ihm. Er sah darauf. „Danke. Ich werde dich anrufen.“, versprach er. Dabei verzog sich sein Gesicht zu einem noch breiteren lächeln. Kapitel 3: Die lieben Freunde ----------------------------- „Hallo Leni, komm rein.“, begrüßte mich Aiko an der Tür zu ihrem Apartment. „Mika ist im Wohnzimmer. Ich setze gerade noch Tee auf.“ Aiko´s Apartment war schlicht eingerichtet. Man könnte die Sachen ausstellen. Alles war super ordentlich, so ordentlich, als würde sie gar nicht hier wohnen. Ich beneidete sie darum, denn mein Apartment war das komplette Gegenteil. „Leni!“, rief Mika, als ich das Wohnzimmer betrat. Sie fiel mir stürmisch um den Hals. „Es ist so schön, dich zu sehen.“ „Ja, das finde ich auch. Ist ewig her.“ „Setz dich doch. Und wie ist es dir so ergangen?“, fragte Mika. Volltreffer! Genau diese Frage musste ja kommen. Wie war es mir ergangen? Ich hatte Aoi getroffen, 2x mal und hatte mich unsterblich verliebt. Vom ersten Moment an. Doch nun war ich mir nicht mehr so sicher, ob es die richtige Idee war. Die Sache mit dem Fan brachte mich so durcheinander, dass ich gar nicht mehr klar denken konnte. „Ohje, was ist los?“, fragte Mika besorgt. „Was?“ „Du guckst so komisch, als wäre etwas. Du guckst wie unsere Katze Suzi, wenn sie etwas ausgefressen hat.“ „Ich gucke gar nicht wie eine Katze.“, beschwerte ich mich. Aiko betrat den Raum. Auf einem Tablett hatte sie eine Kanne Tee – earl Grey wie immer – und drei Tassen. „Aiko Schatz, mit Leni ist etwas.“, berichtete Mika mit besorgter Miene. „Nein, es ist nichts.“, protestierte ich. Aiko setzte sich neben mich und strich mit einer Hand über meinen Rücken. „OK, was ist los?“ „Ich wollte hier ein Jahr bleiben und unterrichten. Ich wollte Freunde finden wie euch und jeden Tag genießen. Ich wollte Reisen und mindestens einmal irgendwo anders schlafen. Und jetzt sowas.“ Ich schüttelte den Kopf. „Ok Leni, erzähl sofort was los ist.“. Mika´s Stimme begann zu zittern. „Ich wollte hier nur eine schöne Zeit verleben und an mich denken. Das ich mich jetzt verliebe war nicht geplant.“ Aiko und Miko hielten die Luft an. Es war als würden sie so gespannt auf die Geschichte sein, dass jede Bewegung die Erzählung stören könnte. Ich stand auf und ging hin und her während ich weiter sprach. „Ich mein klar, er ist unglaublich. Nett, hilfsbereit und Gott seine Augen, es ist als würde man in die Sterne sehen aber muss es gerade er sein? Das geht doch nicht.“ „Oh Gott, du hast dich in einen deiner Schüler verliebt!“, stieß schockiert Aiko hervor und schlug die Hände vor den Mund. „Was? Nein, es ist kein Schüler. Es ist…“ Ich hockte mich vor Aiko und Mika auf den Boden und sah sie ernst an. „Ihr müsst versprechen, dass ihr es keinem sagt. Ich könnte jederzeit in einer Klatschzeitung zu sehen sein oder im Internet oder beides. Ja, wahrscheinlich beides.“ „Leni, du machst mich langsam nervös, wer ist es?“, fragte Aiko gespannt. „Aoi, der Gitarrist von The Gazette.“ Aiko und Mika sahen sich erstaunt an. „Wann hast du Aoi denn kennengelernt?“, fragte Mika gespannt. „Als ich in einer Ausstellung war und eine Vase kaputt gemacht habe.“ Beschämt sah ich auf den Boden. „Du hast was?“, fragten Aiko und Mika gleichzeitig. Ich erzählte ihnen alles. Jede Kleinigkeit. Als ich fertig war, sahen Mika und Aiko mich verdutzt an. „Oh mein Gott, du hast Aoi getroffen.“, stieß Mika aus. „Und er hat deine Nummer.“, sagte Aiko geschockt. „Ja, ich sollte mich freuen. Er wird mich anrufen und wir werden ein Date haben. Ich mein, es scheint alles so, als wäre er auch in mich verliebt – Gott weiß warum. Aber er ist eine Berühmtheit und mich erkennt meine Oma noch nicht mal.“ Verzweifelt ließ ich mich auf den Sessel neben der Couch fallen. „Leni, du bist ein super Fang. Du bist blond und bildhübsch. Japaner sind total verrückt nach blonden Frauen mit solchen Brüsten.“, sagte Mika. Ich sah auf meine Oberweite. Aiko sah erstaunt zu ihrer Süßen. „Aiko, du weißt, ich liebe nur dich.“, entschuldigte sich Mika. „Das hoffe ich.“ „Wie dem auch sei. Du hast alles, was sich ein Mann nur wünschen kann. Und wir wissen alle hier in diesem Raum, dass deine Oma Alzheimer hat. Sie könnte sich gar nicht an dich erinnern.“ Ich dachte einen Moment an meine Oma. Ich sollte meine Mutter nochmal bitten, dass sie sie von mir drückt. Dann aber war ich wieder verzweifelt. „Ja, aber wir kommen aus zwei total unterschiedlichen Welten. Wie kann sowas funktionieren? Zumal ich in weniger als 9 Monaten wieder nach Deutschland zurück reise.“ „Na dann musst du dich ran halten, wenn du eine Urlaubsromanze haben willst.“, lächelte Aiko. Eine Urlaubsromanze? Bei dem Wort stutzte ich. In wie weit war ich schon in diese Geschichte involviert um es noch eine Urlaubsromanze zu nennen? __ „Wir sollten Taion nochmal proben. Ich habe irgendwie das Gefühl in das Lied nicht mehr rein zu kommen.“, sagte Reita während er seinen Bass auspackte und mit einem Tuch über ihn wischte. „Reita, Taion ist jetzt ein altes Lied. Wir brauchen etwas neues.“ Ruki, der am anderen Ende des Probenraums sein Mikro aus dem Schrank kramte sah argwöhnlich zu Reita rüber. „Außerdem müssten wir dann nochmal das komplette letzte Album proben.“, neckte Uruha den Blonden und lachte etwas zu schrill auf. Bevor sich Uruha versah hatte er das Tuch von Reita im Gesicht. „Das ist nicht nett.“, protestierte er. „Ja du hast recht, entschuldigung.“, sagte Uruha und widmente sich wieder seine Gitarre, die er sich um den Hals gehängt hatte und nun ein paar Chords spielte. „Leute, kann ich mal mit euch über etwas sprechen?“, fragte Aoi, als sie sich für eine Pause auf den Boden setzten. „Natürlich Aoi, was gibt es?“, fragte Kai hinter dem Schlagzeug. „Ich bin verliebt.“ Es herrschte Stille in diesem sonst so lauten Raum. Keiner der anderen traute sich etwas zu sagen. Sie sahen sich gegenseitig an und warteten darauf, dass Aoi mit Erklärungen rausrückte. „Ich weiß auch nicht, wie das passieren konnte. Sie war plötzlich da, in dieser Ausstellung und schmiss diese Vase um – versehentlich natürlich – und da ist es einfach geschehen. Und ich kann sie nicht vergessen.“ Aoi lächelte. „Aoi, du redest in Rätseln.“, ermahnte Ruki den Gitarristen. „Entschuldigung. Ich will euch jetzt auch nicht die ganze Geschichte erzählen, das würde den Abend dauern. Ich wollte nur sagen, dass ich eine Frau gefunden habe, die nicht nur klug und interessant ist sondern auch wunderschön.“ „Wo hast du sie kennengelernt? Was ist das für eine Frau?“, fragte Uruha bestimmt. „Letztlich beim Kaffeetrinken. Sie kommt aus Deutschland und unterrichtet Schüler in Shinijuku.“ „Eine sterbliche?“ „Uruha, sei nicht so herablassend.“, sagte Reita. „Ich mein ja nur, du kennst sie kaum. Was ist, wenn sie nur hinter dir her ist weil du Geld hast und viel rum kommst?“ „Nein, das ist es nicht. Sie hat nichts gemacht, was darauf schließen lässt. Ich habe sie nach ihrer Nummer gefragt.“ „Ich freue mich für dich, Aoi.“, sagte Kai. „Sie ist bestimmt Perfekt.“ „Ja, das ist sie.“ „Bring sie doch mal mit.“, schlug Ruki vor. „Dann kann Uruha auch beruhig sein.“ „Ich bin nicht unruhig. Ich möchte nur nicht, dass Aoi auf jemanden hereinfällt.“ „Ich werde sie anrufen und fragen ob sie darauf Lust hat.“ Kapitel 4: Die Begegnung mit der Band ------------------------------------- Hallo liebe Leser, es hat etwas gedauert aber jetzt ist das neue Kapitel da. Ich hoffe, dass es weiterhin Menschen gibt, die meine Story noch lesen. Hinterlasst ein Kommentar, wenn ihr wollt. xoxo _Yuna ______ Tage vergingen. Von Aoi kein Lebenszeichen. Langsam fragte ich mich ob ich mir etwas vorgemacht hatte, als ich dachte, dass Aoi ebenfalls Gefühle für mich haben könnte? Ich saß in einem Cafe und laß in meinem Buch. Das – und noch ein paar Abenteuer – waren es, die ich in Japan tun wollte. Und nicht einen süßen Typen treffen, mich verlieben und merken, dass ich mich in der Sache verirrt hatte. Mein Handy klingelte. Ich sah auf das Display. Eine unterdrückte Nummer. „Hallo?“, fragte ich. „Hi, hier ist Aoi.“ Oh mein Gott. Mein Gesicht versteinerte. Blitszschnell schlug ich das Buch zu ohne mir gemerkt zu haben, auf welcher Seite ich mich befand. „Hallo, wie geht´s?“, fragte ich lässig und versuchte zu überspielen, dass ich sauer war, dass er fast eine Woche nichts von sich hören ließ. „Gut und selbst?“ „Danke auch gut.“ „Ich hoffe du hast mich noch nicht vergessen. Ich weiß, ich habe lange nichts von mir hören lassen aber ich musste wieder Proben.“ „Nein schon ok.“, sagte ich nur. Ich wollte cool klingen. Wenn ich mich selbst fragte, war ich dabei nicht sehr erfolgreich. Aoi hingegen schien meine Stimmung gar nicht aufzufallen. „Ich dachte, ich mache das wieder gut mit einem Date?“, fragte er erwartungsvoll. „Einem Date?“ Mein Herzschlag wurde unregelmäßiger und meine Hände begannen zu schwitzen. „Was hast du geplant?“, fragte ich erfreut und gleichzeitig unsicher. „Wie wäre es, wenn du mit in den Probenraum kommst und ich stell dir den Rest der Band vor.“ „Oh.“ Damit hatte ich als letztes gerechnet. Als wen würde er mich dort vorstellen? Die Situation kam mir etwas komisch vor, da ich ja noch nicht mal Aoi richtig kannte. „Oh?“, fragte Aoi. „Hälst du das für eine gute Idee?“ „Warum nicht? Ich habe ihnen von dir erzählt und sie Brennen darauf dich kennen zu lernen.“ Von mir erzählt? Und was? Ich wollte die Antwort zu gern hören, fragte aber nicht. Am Telefon wäre das sicherlich der falsche Moment. Außerdem plagte mich die leise Angst, dass er mich als eine gute Freundin vorstellte. „Ok gut, wann denn?“, willigte ich ein. Ich hatte ein mulmiges Gefühl. „Wie wäre es mit gleich?“ „Gleich?“ Mein Blick wanderte auf meine Uhr am Handgelenk. Viertel nach zwei. „Ja ich bin schon unterwegs. Gib mir noch eine halbe Stunde, dann steh ich an der Schule.“ „Aber ich muss morgen wieder zurück sein. Ich habe Unterricht.“ Natürlich waren mir die Verkehrsverhältnisse bekannt. Ich war zwar nie mit dem Auto durch Tokio gefahren aber man hört ja so einiges. „Na klar, ich bringe dich rechtzeitig wieder zurück.“ Als ich vor der Schule stand und auf Aoi wartete gingen mir einige Gedanken durch den Kopf. War das wirklich eine gute Idee? Ich wusste ja noch nicht mal, wie Aoi zu mir stand. Ich meine, ich konnte es erahnen aber es war nicht ausgesprochen, dass er wirklich in mich verliebt war. Was ist, wenn ich etwas kaputt machte? Unweigerlich dachte ich an die erste Begegnung mit Aoi. Und an die Vase. Und an den Mann, der mich grimmig ansah. Obwohl es schon eine Weile her war, dass ich aus der Ausstellung verband wurde, wirkte vor meinem inneren Auge alles ganz klar. In dem Probenraum standen teure Instrumente und wer weiß, was da noch wertvolles herumsteht. Und ich bin der Elefant im Porzellanladen. Meine Gedanken wurden unterbrochen von einem Auto, was vorfuhr und neben mir hielt. „Hallo.“, sagte Aoi lächelnd als ich in sein Auto einstieg und mich umsah. So hatte ich mir sein Auto nicht vorgestellt. Es war sauber und ordentlich. Nichts lag herum, außer eine Packung Zigaretten und ein Feuerzeug. „Hallo.“ „Warum guckst du so verstört?“, fragte Aoi irritiert. „Instrumente. Das hatte ich ganz vergessen. Es werden Instrumente da sein.“ „Ehm, ja. Es ist ein Probenraum.“ „Die Vase.“, stammelte ich vor mich hin und sah ihn dann besorgt an. „Was ist, wenn ich etwas beschädige?“ Aoi lachte laut und schrill auf. Als er aufgehört hatte zu lachen, legte er den ersten Gang ein und fuhr los. „Du wirst nichts kaputt machen. Es war ein Versehen, dass du die Vase kaputt gemacht hast. Du warst abgelenkt.“ „Meinst du?“ „Ja, das ist mein Ernst.“, sagte Aoi zuversichtig und sah kurz und bedeutungsvoll zu mir rüber. „Was ist?“, fragte ich, als ich seinen Blick versuchte zu deuten. „Du siehst schön aus.“ Bei dem Satz verstärkte sich meine Nervösität noch umso mehr. Mir wurde ganz warm ums Herz und ich musste unweigerlich anfangen zu Lächeln. „Danke.“ Es kam mir vor, als hätten wir stundenlang im Auto gesessen, als Aoi das Auto vor einem kleinen Haus parkte. Ich stieg aus und schüttelte meine eingeschlafenen Glieder. Dann betrachtete ich die mir unbekannte Gegend Japans. Hier war nicht sehr viel los. Ein paar Menschen waren auf der Straße zu sehen. Auch der Verkehr ließ nach. Wohl der perfekte Ort für den Probenraum einer berühmten Rockband. Wir gingen in ein Haus mit einer großen Wendeltreppe. Als wir oben ankamen war ich völlig außer puste. Es waren nicht die vielen Stufen gewesen, viel eher die Luft. Es war tierisch stickig. Aoi kramte einen Schlüssel heraus und schloss eine große Tür auf. „Hey Leute, darf ich vorstellen. Das ist Leni.“, sagte Aoi, trat zur Seite. Alle begrüßten mich äußert höfflich. Außer Uruha, er schien irgendwie misstrauisch zu meiner Person zu sein. Ich versuchte trotzdem nicht unsicher zu wirken. The Gazette spielten ein paar Songs, während ich vor ihnen auf dem Boden saß und lauschte. Sie klangen toll, trotz der Miserablen Akkustik in diesem Raum. Immer wieder musste ich zu Aoi rüber sehen, wie er mit Leidenschaft seine Gitarre spielte. Ich hatte etwas übrig für Männer mit Gitarren. Es war ziemlich heiß. Nach einer Stunde machten sie eine Pause. „Hey, ich geh mal gerade zum Kiosk und hole Zigaretten. Braucht sonst noch jemand etwas?“, fragte Aoi und stellte seine Gitarre ab. „Ja, Zigaretten bräuchte ich auch noch. Ich komme gleich mit.“, sagte Reita. „Bringst du mir auch welche mit?“, fragte Ruki. „Welche?“ „Wie heißen die noch. Diese blauen…“ „Weiß der Verkäufer wovon ich rede, wenn ich sage ´diese blauen´“, fragte Aoi und lachte. „Ok, warte, ich komme mit.“ „Ach, ich wollte mir noch etwas zu essen holen.“, sagte Kai. „Möchtest du hier bleiben?“, fragte Aoi mich und sah mich an. „Ja klar, ich warte hier zusammen mit Uruha.“ Uruha´s Miene wirkte versteinert. Leblos. „Ok.“, sagte Aoi und warf Uruha noch einen warnenden Blick zu bevor sie alle durch die Tür verschwanden. „Hört sich wirklich gut an, was ihr da spielt. Ich muss ja zugeben, dass ich vorher keinen Song von euch gehört habe, bis heute. Ich mein, The Gazette war mir ein Begriff aber das war es dann auch schon.“, sagte ich, während ich durch den Raum schlenderte, die Hände nah an meinem Körper. Uruha sagte nichts. „Ok, habe ich dir was getan?“, fragte ich ganz offen und wunderte mich zugleich über mich selbst. Woher kamen diese Worte? „Nein, wieso?“, fragte Uruha unschuldig. „Weil du mich schon die ganze Zeit so komisch ansiehst.“ Uruha sagte nichts, sondern ging zu seiner Gitarre. „Ok, ich rate jetzt einfach mal, du misstraust mir. Weil ich eine junge Frau bin, die nicht bekannt in der Welt ist und die wenig Geld hat und du vermutest, dass ich Aoi ausnutzen würde und ihn dann fallen lassen würde. Richtig?“ „Richtig.“, sagte Uruha nur. „Du hast allen Grund das zu denken.“ Uruha drehte sich zu mir und sah mich erstaunt an. „Aber du hast unrecht. Aoi ist ein toller Mann. Nett, hilfsbereit und er sieht gut aus. In seiner Gegenwart fühle ich mich anders. Frei und unbeschwert und gleichzeitig aber furchtbar verletzlich. Manchmal weiß ich nicht, was in seinem Kopf vorgeht. Mag er mich? Keine Ahnung. Aber eins weiß ich, ich mag ihn und ich würde ihm nie etwas schlechtes wollen.“ Uruha stand einfach nur da und hörte zu. Er sagte nichts. „Ach was solls, du musst mich nicht mögen. Es wäre schön, denn wenn du wolltest, könntest du mir alles versauen. Immerhin vertraut er dir, er vertraut euch allen. Also wenn du möchtest, dann sag ihm, dass du mich nicht magst. Aber ich werde um den Mann kämpfen, den ich liebe.“ Als ich das aussprach stockte ich. Was? Ich liebe ihn? Erstaunt sah ich Uruha an, er schaute mich genauso an. „Du liebst ihn?“, fragte Uruha irritiert. „Das war mir bis gerade auch nicht bewusst.“, flüsterte ich vor mich hin. Bevor wir die Konversation aber weiter führen konnten, ging die Tür auf und die anderen kamen wieder. Aoi lächelte mich an. „Hier, für dich. Ich dachte, du hättest vielleicht Hunger und Durst.“ Er gab mir eine Flasche Wasser und einen Schokoriegel. „Danke.“, sagte ich und lächelte. Hoffentlich hatte er nicht hinter der Tür gelauscht. „Na, habt ihr euch nett unterhalten?“, fragte Ruki. Ich sah zu Uruha. „Ja, es war nett.“, sagte Uruha und sah zu mir rüber. Nicht freundlich aber auch nicht mehr so grimmig wie zuvor. Es wurde langsam Abend und Aoi und ich machten uns auf den Heimweg. „Es hat uns sehr gefreut dich kennen zu lernen.“, sagte Kai und drückte mich kurz. Mit so viel Herzlichkeit hatte ich nicht gerechnet, doch es fühlte sich gut an. Als die anderen ihre Instrumente wegräumten, kam Uruha auf mich zu. Er kam ganz nah. Beinahe hätte ich Angst gehabt, dass er mir etwas antuen würde doch ein Mord im Probenraum würde sicherlich du dich anderen verhindert werden. „Er mag dich.“, flüsterte er in mein Ohr, zwinkerte mir zu und ging dann wieder zu seiner Gitarre. Ich lächelte zu ihm rüber und verließ dann mit Aoi den Probenraum. Kapitel 5: Schattenseiten der Romantik -------------------------------------- „Möchtest du noch einen Tee?“, fragte Aiko, als sie meine Tasse wegräumen wollte. „Nein danke, ich muss die Klausur fertig stellen.“ Für meine Schüler war Halbzeit. Das bedeutete, dass ich eine Klausur ausarbeiten musste. Es konnte niemand durchfallen, es war nur eine Überprüfung des Wissensstandes der Klasse und für mich eine Überprüfung ob ich meinen Job gut machte. War die Klausur schlecht, bedeutete das für mich, dass auch ich härter arbeiten musste. „Mach dich nicht nervös deswegen. Die erste Klausur ist immer etwas aufregend, danach wird es einfacher.“, ermutigte mich Aiko, die schon seit gefühlten hundert Jahren Lehrerin war. „Du hast gut reden.“ „Ja das stimmt wohl. In deiner Situation habe ich mir auch nichts sagen lassen.“ Mein Handy klingelte und als ich auf den Display sah, wurde keine Nummer angezeigt. Das konnte es nur eins bedeuten. Aoi ruft an. „Hey.“, flötete ich in den Hörer. „Hallo. Du sag mal, hast du Lust auf einen Spaziergang?“, fragte Aoi. „Wieso? Wo bist du?“ „Vor der Sprachschule. Ich dachte, ich besuche dich mal.“ Aiko kam ins Wohnzimmer und sah mich erwartungsvoll an. „Ich würde sehr gern mit dir Spazieren gehen. Gibst du mir 20 Minuten? Ich komm dann dahin.“ „Ok.“ „War das Aoi?“, fragte Aiko und lächelte. „Ja. Wir treffen uns jetzt. Es tut mir leid Aiko, ich muss gehen.“ Ich packte hektisch meine Sachen zusammen. „Kein Problem. Mach nur.“, Ich hetzte mich richtig ab. Da ich mich zu Hause noch umziehen musste – ich wollte noch nicht in Jogginghose vor ihm stehen – beeilte ich mich umso mehr. Schnell streifte ich ein rotes enges Tanktop und eine ¾ lange Jeans über und stolperte durch die Tür. Wir machten einen Spaziergang durch meinen geliebten Park. „Die Band scheint dich zu mögen.“ „Auch Uruha?“, fragte ich erstaunt. „Ja, auch Uruha“, antwortete er, ebenfalls etwas erstaunt. Wir gingen entlang meiner Bank und dem wunderschönen Baum. Es waren kaum Menschen hier. Plötzlich blieb Aoi stehen und hielt inne. „Ich muss dir jetzt was sagen.“ Er drehte sich zu mir und sah mir tief in die Augen. „Und was?“ Doch er sagte nichts. Es war, als wäre ihm das Wort im Hals stecken geblieben. Er sah mich einfach nur an. Dann kam er mir vorsichtig näher und hob eine Hand. Ich stand einfach nur da und ließ Geschehen, was geschenen sollte. Seine Hand berührte meine Wange und ich bemerkte seine warme Hand auf ihr Ruhe. Dann kam er mir noch ein bisschen näher und sah auf meine Lippen. Dann wieder auf meine Augen. Und wieder auf meine Lippen. Ich trat noch ein bisschen näher auf ihn zu und schloss meine Augen. Eine Sekunde später merkte ich seine Lippen auf meinen. Ich konnte sein Lippenpiercing spüren. Er zog mich mit der anderen Hand noch etwas näher an sich heran. Und küsste mich innig. In diesem Moment schien die Welt zu stoppen. Einen Moment inne zu halten. Ich gab mich ihm völlig hin und fühlte mich leichter als je zu vor. Viel zu schnell löste er sich wieder von mir. Als wir uns in die Augen sahen, mussten wir beide Lächeln. „Also, was wolltest du sagen?“, fragte ich lächelnd. „Das weiß ich nicht mehr.“, antwortete er und küsste mich erneut. Was wir nicht bemerkten war, dass wir nicht alleine waren. „Wir haben uns geküsst.“ „Oh mein Gott, wie schön.“, rief Aiko, als ich sie später am Abend anrief. „Und wo ist er jetzt?“ „Er ist zu Hause. Leider muss er morgen Proben.“ „Ich freu mich für dich.“ Ja, ich freute mich auch. Das war der schönste Tag in meiner Zeit in Japan. Ich war so glücklich wie schon lange nicht mehr. In meinem Horoskop hatte heute gestanden, dass ich ein Abenteuer nicht abschlagen sollte. Ich hielt es für ein Zeichen, denn Aoi war ein Abenteuer. In seine Welt einzutauchen schien eine gute Idee zu sein. Am nächsten morgen schlenderte ich zum Kiosk um mir einen Cafe to go zu kaufen. Es war ein herrlich warmer morgen. Die Sonne war noch nicht ganz aufgegangen doch sie lächelte schon über Tokio. Es musste Karma sein. Ich habe so hart gearbeitet in Deutschland, so viele Rückschläge erlitten. Es konnte nur Karma sein. Das hatte ich mir verdient. Ich gab bei dem Mann am Kiosk meine Bestellung auf. Er sah mich argwöhnlich an. „Alles in Ordnung? Habe ich noch Marmelade im Gesicht?“ Hastig wischte ich mir über die Wangen und sah auf meine Hand. Alles trocken. „Nein… es tut mir leid aber Sie sehen jemanden sehr ähnlich.“ Der Mann ging zu den Zeitschriften und kramte eine heraus. Dann hielt er sie mir vor die Nase. Ich glaubte meinen Augen nicht. Das konnte einfach nicht wahr sein. „Ehm… ich nehme die Zeitung auch.“ „Sind Sie das?“, fragte der Mann erwartungsvoll. „Ich fürchte ja.“ Noch nie in meinem Leben bin ich so schnell gerannt. Selbst bei den Bundesjugendspielen hatte ich nicht das Tempo drauf. Ich rannte so schnell ich konnte. Meine Furcht jemand könnte mich sehen und erkennen war zu groß. Wer weiß schon, wie viele Menschen das Bild schon gesehen hatten. Als ich die Tür meines Appartments aufschloss klingelte bereits das Telefon. „Hallo?“, keuchte ich. „Leni, ich habe mir heute eine Zeitung gekauft, stell dir vor…“, berichtete Aiko, doch ich unterbrach sie. „Ja, ich weiß, ich habe es eben gesehen. Es ist fast auf jeder Zeitung auf der Titelseite.“ „Oh mein Gott, mach den Fernseher an! Kanal 12!“ Meine Augen weiteten sich. „Gerade heute morgen erreichte uns die Nachricht, dass einer von Japans begehrtesten Junggesellen nicht mehr auf dem Markt ist. Wer die junge wunderschöne Frau ist, ist noch unklar. Dieses Foto kursiert derzeit überall.“ Und da war es erneut. Neben der Nachrichtensprecherin prangte das Bild von Aoi und mir, wie wir uns im Park küssten. Der Fotograf hatte eine wirklich gute Perspektive, denn er hatte mein Gesicht im Profil komplett drauf. „Oh Gott, Aiko, was mach ich denn jetzt? All meine Schüler werden das sehen und auch die Direktorin. Oh mein Gott, wie erkläre ich ihr das?“, fragte ich verzweifelt. „Ruf Aoi an. Er hat doch Erfahrung mit so etwas.“ Aiko hatte Recht. Ich musste mit Aoi darüber reden. Wir sprachen ganz kurz am Telefon, dann versprach er mir so schnell wie möglich vorbei zu kommen. Nach kürzester Zeit klingelte bereits meine Wohnungstür. „Hey.“, begrüßte ich Aoi unsicher an der Tür. Er trug einen Hut zur Tarnung. „Hallo.“ Er trat ein und der Duft seines unglaublich männlichen Parfüm stieg meine Nase. Ich war einen Moment hypnotisiert, dann bat ich ihn sich zu setzen. Er lehnte ein Getränk ab. Scheinbar schien er ebenfalls nervös zu sein. „Hast du geahnt, dass so etwas kommen würde?“, fragte ich ihn. „Ja, irgendwann aber noch nicht jetzt. Wie denkst du darüber?“ „Ich weiß nicht…“ Und das war wirklich so. Ich – die Frau, die immer einen Plan hatte und immer den nächsten Schritt parrat hatte saß nun da und wusste zum ersten Mal nicht, wie es weitergehen sollte. Ich war in einem Raum mit einem attraktiven und berühmten Menschen, den ich wirklich begehrte und war völlig ratlos. Von jetzt auf gleich nicht mehr unerkannt über die Straßen zu gehen weil man das Top-Thema war, war etwas, auf das ich nicht vorbereitet war. „Möchtest du, dass es bei dem Kuss bleibt?“, fragte Aoi ernst. „Nein. Auf keinen Fall. Du bist… unglaublich.“ Ich kam ihm etwas näher und sah in seine Haselnussbraunen Augen, die auf einmal wieder glänzten. „Ich weiß nur nicht, wie ich alles managen soll.“ „Vielleicht wäre es das beste, wenn ich mich für eine Weile zurück ziehe, bis du alles geregelt hast.“ Geschockt weiteten sich meine Augen. Solche Worte aus seinem Mund zu hören taten weh, sie stachen in mein Herz. Ich wollte einfach nicht glauben, was ich da hörte. „Willst du dich denn zurückziehen?“, fragte ich vorsichtig. „Nein, natürlich nicht doch das ist eine komische Situation für dich und ich möchte, dass du genug Zeit hast dir im Klaren zu werden, was du willst.“ Er klang so furchtbar erwachsen. Plötzlich fühlte ich mich wie ein kleines Kind in seiner Gegenwart, was krampfhaft versuchte sich fest zu klammern. „Vermutlich wird dass das beste sein.“, gab ich zu und sah niedergeschlagen zu Boden. Ich merkte, wie seine Hand vorsichtig mein Gesicht nach oben drückte. Dann küsste er mich mit seinen weichen Lippen. Mir wurde warm ums Herz. Vorsichtig zog ich mich näher an ihn heran und legte meine Hände an seine Hüften. Unsere Küsse wurden leidenschaftlicher. „Wahrscheinlich ist das nicht der beste Moment für diese Frage aber sollen wir nicht in dein Schlafzimmer gehen?“, fragte Aoi, als er sich kurz von meinen Lippen gelöst hatte. „Ja.“, konnte ich nur sagen, bevor ich ihn ins Schlafzimmer zog. _________ Hallo zusammen, Ich hoffe, dass meine Leser immer noch Freude daran haben meine Fan Fiktion zu lesen. Mir ist bewusst, dass es immer recht lange dauert, bis wieder ein Kapitel hochgeladen ist (Stecke gerade in der Prüfungsvorbereitung). Entschuldigung dafür. Kurz zu dem Teil mit der Nachricht im Fernsehen: Ich weiß natürlich, dass man das in Japan nicht so breit treten würde (und das Aoi nicht Japan´s begehrenswerteste Junggeselle ist weiß ich auch) aber es hat die Sache so schön dramatisch gemacht. :D Danke für alle, die sich die Zeit nehmen um meine kleine Geschichte zu lesen! Bis Bald, Yuna! Kapitel 6: Untitled ------------------- Meine Augen wanderten an der wundervollen Gestalt rauf und runter. Aoi lag neben mir und sah an die Decke. In diesem Moment wurde mir bewusst, was gerade passiert war. Ich hatte Sex mit dem wunderschönsten Mann, der mir je begegnet war. Und nach diesem Ereignis verblasste alles andere, was ich bisher hier in Japan erlebt hatte. All die Unterrichtsstunden, bei denen ich mit den Schülern gelacht und herumgealbert hatte. All die wunderschönen Stunden, die ich mit Aiko verbracht hatte. Die Sonnenstrahlen, die hier deutlich kräftiger und wärmender waren als in Deutschland. All das, war plötzlich nicht mehr so wichtig. „Du bist mir vom ersten Moment in der Ausstellung aufgefallen.“ Aoi drehte seinen Kopf in meine Richtung. „Ich habe dich die ganze Zeit beobachtet, wie du lächelnd durch die Ausstellung gegangen bist. Ich wollte dich viel früher ansprechen, doch habe mich nicht getraut.“ Ich lauschte seinen wundervollen Worten und konnte nicht fassen, dass er mich meinte. Dann stützt er sich auf seine Ellenbogen und sah mich ernster an. „Ich weiß, ich wollte dir Zeit geben aber ich glaube, das kann ich nicht. Ich möchte jede Sekunde mit dir verbringen, die uns bleibt.“ Vor meinem inneren Auge sah ich den Kalender und bemerkte, dass ich nur noch einen Monat in Japan sein werde. Wie würde es sein, wieder zurück in Deutschland zu sein? Konnte ich einfach so einen Cut machen? „Das möchte ich auch. Nur was soll ich tun? Alle wissen jetzt von uns und werden mich darauf ansprechen. Was soll ich sagen?“ Die Verzweiflung war mir quasi ins Gesicht geschrieben. „Kündige.“ „WAS?“ Ich richtete meinen Oberkörper auf. „Ja, kündige deinen Job und komm mit zu mir. Leb bei mir bis du wieder zurück in deine Heimat musst.“ Wenn er von dem Wort ´Heimat´ sprach merkte ich einen Stich in meinem Herzen. Doch davon ließ ich mir nichts anmerken. Noch war es nicht so weit. „Ich kann nicht einfach kündigen. Ich werde hier gebraucht. Die Prüfungen stehen an.“ „Dann schreib die Prüfungen und geb sie einem Kollegen. Ich möchte dich unbedingt um mich haben.“ Aoi sah mich fast flehend an. Ich wollte widerstehen. Mein Kopf sagte mir, dass es besser sei Verantwortung für meine Klasse zu übernehmen. Doch mein Herz riet mir dazu die Zeit mit Aoi zu genießen, die uns blieb. Ich kam ihm näher und küsste ihn. Es kribbelte in meinem Bauch. „Ich werde es regeln.“ ____ „Komm rein, Leni.“, begrüßte mich die Direktorin, Akari, als ich an ihrer Tür klopfte. An ihrem Blick konnte man erkennen, dass auch sie Zeitung laß. Sie betrachtete mich kritisch. Doch ich versuchte krampfhaft mich nicht davon einschüchtern zu lassen. Bei autoritären Personen wurde ich immer nervös. „Du wolltest mit mir sprechen?“, fragte sie und zeigte auf den Stuhl gleich gegenüber von ihrem. „Ja.“ Ich atmete tief durch. „Sie wissen sicher schon bescheid.“ „Das weiß ich und die Schüler auch.“ „Na super.“ Ich wollte im Erdboden versinken und auf der anderen Seite der Welt wieder auftauchen. „Leni, hör zu. In Japan wird mit so einer Sache nicht so einfach umgegangen wie in Deutschland vielleicht. Nenn es spießig aber wir wollen einfach nicht, dass das Privatleben an die Öffentlichkeit gelangt. Was hast du dir dabei gedacht?“ „Gar nichts. Ich habe überhaupt nicht über Konsequenzen nachgedacht. Ok, so ganz stimmt das auch nicht. Akari, ich habe mich ernsthaft verliebt.“ Die Direktorin sah irritiert zu mir. „Es war also kein abgekartetes Spiel?“ „Nein! Auf keinen Fall. Aoi ist ein wundervoller Mensch, ohne den ich mir jetzt gar nicht mehr vorstellen kann zu leben.“ Meine Augen füllten sich mit Tränen. „Ich gebe dir jetzt ein Formular, was du ausfüllst um deine Kündigung zu bestätigen.“ Sie blätterte in ihren Unterlagen und legte mir ein Blatt vor die Nase. „Akari.“, sagte ich unter Tränen. „Leni, du musst kündigen. Ich will nicht, dass du gehst aber du liebst Aoi. Kein Job der Welt sollte es wert sein, dass man seine Liebe verlässt.“ Ihre Worte klangen so weit entfernt. Leni nahm wortlos das Formular und füllte es aus. „Und was sage ich den Schülern?“, fragte sie verzweifelt. „Gar nichts. Um die Schüler kümmere ich mich. Du solltest jetzt durch diese Tür gehen und nicht mehr wiederkommen.“ Die Tränen ließen sich nicht mehr aufhalten. Mir war nicht klar, dass es so schwer sein wird die Schule zu verlassen. Doch jetzt, wo es soweit war, drehte sich mein Magen. „Aber dann lass mich einen Brief für sie schreiben. Ich möchte abschließend ein paar Worte sagen. Einfach so zu gehen ist nicht mein Ding.“ „Na gut. Reich ihn mir rein.“ Ich erhob mich schwach. Meine Beine fühlten sich so schwer an, dass ich kaum vorran zu kommen schien. Ich bewegte mich nur sehr langsam. Dann drehte ich mich noch mal zu Akari um, die mir gefolgt war um mich zur Tür zu bringen. „Ich habe den Job hier geliebt. Es war eine tolle Erfahrung. Sie haben eine ausgezeichnete Schule und Schüler, die wirklich lernen wollen. Es war mir eine Ehre hier sein zu dürfen.“ Sie nickte freundlich. „Du warst eine tolle Lehrerin.“ Dann ging ich durch die Tür und raus auf die Straße, bewegte mich schnell in eine verwinkelte Ecke neben dem Gebäude, ließ mich an der Wand auf den Boden sinken und weinte bitterlich. Kapitel 7: Abschiede und Neuanfänge ----------------------------------- „Und jetzt?“, fragte Aiko, als ich ihr erzählte, was bei dem Gespräch mit der Direktorin heraus gekommen ist. Wir saßen zusammen auf meinem Bett. „Jetzt kommt Aoi mich heute Abend abholen und wir fahren zu ihm.“ „Wie romantisch.“ Aiko legte den Kopf schief. Ich musste bei dem Gedanken an Aoi strahlen. Es war so unglaublich, dass ich nun die restliche Zeit in Japan bei ihm verbringen konnte. „Das wird es sicherlich. Nur ich bin auch traurig, denn das bedeutet, dass wir uns heute zum letzten Mal sehen.“ Ich sah sie traurig an. „Ja aber wir halten Kontakt und telefonieren hin und wieder. Und irgendwann kommst du zurück nach Japan.“ Ich wunderte mich immer über Aiko´s Optimismus. Sie war so zuversichtlich. Das konnte ich von mir leider nicht behaupten. Japan ist sehr teuer. Es würde sicherlich Jahre dauern, bis ich wieder hier her zurück käme. „Du wirst mir trotzdem fehlen. Und Mika auch. Kommt sie noch her?“, fragte ich niedergeschlagen. „Ja, ich hab ihr bescheid gesagt. Sie wollte noch gerade eine Hausarbeit zu Ende schreiben, dann kommt sie vorbei.“ Wir saßen noch eine Weile alleine auf meinem Bett. Lachten über die verrückten Sachen, die wir getan haben und hörten Musik. Nach einer Weile gesellte sich Mika zu uns. Wir beschlossen noch etwas Sake zu trinken und zu feiern, dass wir uns kennengelernt haben. Irgendwann aber war die Party vorbei und so wie es bei allen schönen Dingen ist: Sie mussten Enden wenn´s am Schönsten ist. Ich begleitete die beiden noch an die Tür. „Leni, ich werde dich sehr vermissen.“, sagte Mika und umarmte mich. „Ja, ich ebenfalls. Pass gut auf Aiko auf.“ „Ich glaube ich passe besser auf sie auf.“, erwiderte Aiko schnippig. „Das stimmt, du passt immer gut auf mich auf.“ Dann trat Mika zurück und Aiko kam auf mich zu. Ihre Augen füllten sich mit Tränen und sie schlang ihre Arme hastig um meinen Hals. Ich musste ebenfalls weinen und so verweilten wir einen Moment. „Du bist meine beste Freundin, weißt du das?“, sagte Aiko unter Tränen. „Und du bist meine.“ Aiko schluchzte heftig. Mika legte ihr eine Hand auf die Schulter. „Ich hab dich sehr lieb.“, flüsterte Aiko in mein Ohr. Das gab mir den letzten Rest und ich weinte bitterlich. Ein Teil meiner Welt zerbrach in Aiko´s Armen. Ich sah auf die Uhr, als ich wieder allein auf meinem Sofa saß. Es war schon kurz nach 8 und Aoi noch nicht zu sehen. Erneut – wie ich es schon hundert mal getan hatte – ging ich zum Fenster und hielt Ausschau nach dem gutaussehenden schwarzhaarigen Mann. Nervös ging ich durch die Wohnung und betrachtete dabei mein Gepäck. 2 Koffer und 2 Handtaschen lagen im Flur und warteten auf ihren Transport. 1 Jahr Japan und es passte alles in 2 Koffer und 2 Handtaschen. Endlich klingelte es. Ich rannte wie wild auf die Tür zu und drückte den Türsummer. Als ich die Tür öffnete stand jemand vor der Tür, mit dem ich am wenigsten gerechnet hatte. „Hi.“, sagte ich zu meinem Erstaunen. „Hallo. Du fragst dich sicher, warum ich hier bin“, sagte Uruha trocken. „Ja schon. Aoi wollte mich abholen.“ „Ja ich weiß. Er hat mich gebeten zu fahren, weil er noch was zu erledigen hat.“ Noch was zu erledigen? Ist ihm die Zeit mit mir so wichtig, dass er mich noch nicht mal abholen kann? Ob das wirklich so eine gute Idee war bei ihm zu wohnen? „Aber jetzt bin ich da. Mein Auto parkt unten und ist bereit um dich zu ihm zu bringen.“ Er grinste freundlich. Es wirkte etwas gekünzelt, darüber sah ich aber hinweg. Wir schleppten meinen Kram nach unten und stiegen in sein Auto. „Und was hat er noch zu erledigen?“, fragte ich und sah gespannt zu Uruha. Er zuckte mit den Schultern. Ich ließ mich in den Sitz fallen und stieß ein „hmm“ aus. Die Fahrt war lang, endlos. Wir sprachen kaum miteinander. Nur kurz über das Wetter und den Verkehr. Anfangs versuchte ich noch angestrengt Themen zu finden, über die wir uns unterhalten könnten, als ich aber merkte, dass Uruha nicht an einer Unterhaltung interessiert war, drehte ich meinen Kopf zur Fensterseite und sah die Landschaft an mir vorbei fliegen. Als wir endlich das Haus erreichten staunte ich nicht schlecht. Es war zwar nicht groß aber es gab einen großen Vorgarten und es sah gemütlich aus. Aoi wirkte nicht, als hätte er ein kleines Landhaus. Doch dort stand es. Und ich fühlte mich direkt heimisch. Langsam stand ich auf, ohne den Blick von dem Gebäude zu nehmen. Uruha sah grinsend zu mir. „Es ist schick nicht?“, fragte er. „Ja es ist wirklich toll.“ „Ich beneide Aoi manchmal für dieses Haus. Es ist eigentlich ziemlich perfekt.“ Langsam ging ich auf das Haus zu. Hier würde ich jetzt die restliche Zeit verbringen. Auch wenn ich mich freute bei Aoi zu sein, es machte sich auch Wehmut breit. Ich würde ohne Aiko da sein, ohne Mika und ohne meine Schüler. Es war ungewohnt. Uruha klingelte und kaum eine Sekunde später öffnete sich die Tür. „Hey.“, begrüsste Aoi uns, wobei er Uruha die Hand schüttelte und mich küsste. „Ich bin dann auch wieder weg.“, stieß Uruha hervor und stellte den letzten Koffer ab. „Danke, dass du mich abgeholt hast.“, sagte ich freundlich und verbeugte mich leicht. „Keine Ursache.“ Dann verschwand Uruha. Ich sah ihm noch einen Moment hinterher und fragte mich, ob er mich doch so sehr verabscheute, als dass er mir nicht eine Nettigkeit schenkte. Dann warf ich diesen Gedanken aber über Bord und ging mit Aoi ins Haus. Ich ging in einen Flur der völlig dunkel war. „Ist bei dir der Strom ausgefallen?“, fragte ich irritiert und sah zu Aoi, wenigstens erahnte ich, wo er stehen könnte. „Nein. Komm mit ins Wohnzimmer.“ Er grinste. Ich folgte ihm widerwillig, nichtsahnend, was mich dort erwarten würde. Denn was da auf mich wartete war fast nicht in Worte zu fassen. In dem großen, geräumigen Wohnzimmer, bestehend aus einer großen U-förmigen Couch, einem kleinen Tisch und einem Fernseher war es nicht mehr so dunkel. Überall standen Kerzen und Teelichter und erhellten den Raum auf eine besondere Art und Weise. Auf dem Tisch stand eine kleine Schachtel, die schön verpackt war. Ich ließ meine Blicke durch den Raum wandern und betrachtete das Wunderwerk von Aoi. „Wow.“, ließ ich verlauten und sah rüber zu Aoi. „Ich wollte, dass du dich gleich an deinem ersten Abend willkommen fühlst.“, sagte Aoi und schlang seine Arme um meinen Körper. Wohlig schmiegte ich mich an ihn. „Ich hätte mich aber auch ohne die Kerzen und Teelichter willkommen gefühlt.“, antwortete ich lächelnd. „Ich kann auch schnell wieder abbauen.“, entgegnete Aoi verwirrt. „Nein.“ Ich stieß ein Lachen hinaus. „Nein, bitte. Es ist so wunderschön.“ Er nahm meine Hand und führte mich zur Couch. Er zeigte auf das Päckchen. Eine silberne Verpackung zierte es. „Aber du musst mir doch nichts schenken.“, sagte ich verlegen. „Machs auf.“ Ich sah noch einmal kurz zu Aoi rüber, in seine leuchtenden Augen. Dann griff ich aber das Packet und machte es langsam auf. Darin befand sich eine Schachtel. Mein Herz klopfte vor Aufregung. Meine Finger umfassten die Schachtel und ich schob den Deckel weg. Darin befand sich eine silberne Kette mit einem Engel-Anhänger – ebenfalls aus Silber. Meine Augen verweilten auf der Kette. Immer noch pochte mein Herz. „Was? Gefällt sie dir nicht?“, fragte Aoi unsicher, als er bemerkte, dass ich mich nicht rührte. Als ich ihn ansah füllten sich meinen Augen mit Tränen. „Sie ist so wunderschön.“ Aoi lächelte. „Das ist schön, dass du sie magst.“ „Mögen? Mögen beschreibt mein Gefühl nicht annähernd.“ Ich streichte mit dem Finger über den Engel. „Ich liebe sie.“ „Komm, ich zieh sie dir an.“ Er entnahm mir die Schachtel und legte sie mir um den Hals. „Und?“ Ich drehte mich wieder zu ihm. „Sie ist Perfekt.“ Ich fiehl Aoi um den Hals. „Danke.“ „Gern geschehen.“ „Hast du Hunger?“, fragte er. Ich antwortete nicht. Stattdessen legte ich meine Lippen auf seine und wir küssten uns leidenschaftlich. In diesem Moment wollte ich nicht reden, nicht essen. Ich wollte nur mit Aoi glücklich sein. Wenigstens für einen Moment. Denn das nächste Mal, als ich meine Augen öffnete, sah ich bereits dem Tod in die Augen. Ach, wäre es nicht schön, einfach mal glücklich zu sein? Im nächsten Moment würde sich mein Leben auf Grund verändern. Kapitel 8: Gefangen ------------------- Hallo Leser/in, endlich sind meine Prüfungen vorbei und ich hatte die Zeit an meiner Geschichte weiter zu schreiben! :) Bevor es aber weiter geht, ein paar Worte zum nächsten Kapitel. Was jetzt folgt, wollte aus meinem Unterbewusstsein heraus und war eigentlich nicht geplant. Aber ich hatte sehr viel Freude daran dieses Kapitel zu schreiben. Ich freue mich auf Feedback jeglicher Art. Viel Spaß! _______________ „Wo-wo, bin ich?“, fragte ich, als ich die Augen öffne. Ich sah mich um. Dieser Raum hier war kühl und kaum eingerichtet. Lediglich ein Schreibtisch stand an der Wand. Ansonsten sah ich nur auf weiße Wände. Hastig drehte ich mich zu allen Seiten. Ich war alleine in diesem furchterregenden Raum. Angst stieg in mir auf. Sie verwandelte sich in Panik. Ich lief zur Tür und rüttelte an ihr. Sie war verschlossen. „Hilfe!“, schrie ich so laut ich konnte und hämmerte gegen die Tür. „Hört mich denn niemand?“ Mein Magen zog sich zusammen. Wo ist Aoi? Wo bin ich hier? „Hilfe! Ist niemand hier? Lasst mich raus!“, schrie ich erneut. Dann öffnete sich die Tür. Starr blieb ich stehen. Mein Herz schlug seit dem Öffnen meiner Augen keinen normalen Rhythmus mehr, doch nun hämmerte es wie wild gegen meinen Brustkorb. Ich trat einen Schritt zurück und betrachtete die mir bekannte Person vor mir. Ich hätte nie gedacht, dass ich ihr noch mal gegenüber treten würde. „Tante Anna?“, fragte ich ungläubig. Die Person gegenüber lächelte. „Aber, was machst du hier?“ Alles wirkte wie ein schräger Traum, und ich hoffte inständig, dass ich träumte. „Leni, es ist so schön dich zu sehen.“ Ihre Stimme klang vertraut. Als hätte ich sie gestern erst gehört. Doch es waren schon Jahre her, als ich meine Tante Anna das letzte Mal gesehen hatte. „Tante Anna, ich bin so verwirrt. Wo bin ich? Warum bist du hier?“ Wieder lächelte sie. Ich ging noch einen Schritt rückwärts. Mein Herz stach in meiner Brust und ich hatte das Gefühl gleich in Ohnmacht zu fallen. Tante Anna hatte ich das letzte Mal gesehen, als sie vor ein paar Jahren im Krankenhaus lag, um zu sterben. Plötzlich dämmerte es mir. „Bin ich etwa Tod?“, fragte ich entgeistert. Tante Anna lächelte immer noch. Dann konnte ich ein leichtes Nicken vernehmen. Flashback Es ruckelte. Schnell löste ich mich aus Aoi´s Armen. „Was ist das?“, fragte ich schockiert. „Manchmal haben wir kleine Erdbeben hier. Nichts, was dich beunruhigen sollte.“ Ich glaubte Aoi. Allerdings nur für einen Moment, denn plötzlich ruckelte es wieder. Diesmal wirkte es aber nicht so harmlos wie Aoi vorher sagte. Ein paar Bücher fielen aus dem Regal direkt gegenüber von uns. Ich erschrak. „Ist das immer noch ein kleines Erdbeben?“, fragte ich angsterfüllt. Ich wünschte, dass ich in diesem Moment nicht in Aoi´s Gesicht sehen konnte, denn es spiegelte sich Angst darin. Doch Aoi konnte nicht mehr Antworten. Der Boden bebte, ununterbrochen fielen Gegenstände auf den Boden, Möbel kippten um. Das Zimmer schien sich nach und nach in einen Trümmerhaufen zu verwandeln. „Wir müssen hier raus!“, rief Aoi und packte meine Hand. Wir liefen zur Tür. Eine riesige Flamme entfachte sich direkt neben uns. Geschockt schrie ich auf. Dann merkte ich nur, wie mich Aoi aus dem Zimmer zerrte. Ich merkte, wie sich der Boden seitwärts zu bewegen schien und fühlte mich so Machtlosigkeit. Es war ein Gefühl des Schwindeligseins, wie als wäre man betrunken. Gott, ich wünschte ich wäre betrunken. Gott, ich wünschte, ich wäre in Deutschland. In diesem Moment wünschte ich mir von Gott eine Millionen Dinge. Dann krachte vor uns ein Teil des Daches ein. Ich merkte wie ich zu Boden fiel. Mein Kopf schlug auf den harten Parkettboden. Doch ich hatte keine Zeit um Schmerz zu verspüren. Ich sah mich mit schnellen Kopfbewegungen um. „Aoi?“, rief ich. „Alles Ok, ich bin hier.“, hörte ich ihn sagen. Dann sah ich, wie er vom Boden aufstand. „Komm, wir müssen sehen, dass wir das Haus verlassen.“ Immer noch wackelte der Boden unter mir. Mein Zittern am ganzen Körper verstärkte das Gefühl des Schwankens umso mehr. Überall hörte ich knacken und krachen. Das machte mir Angst. Meine Augen brannten. Ich sah nur noch verschwommen. Nach einer gefühlten Ewigkeit erreichten wir die Tür. Rechts und links von uns schienen die Wände brüchig, teilweise nicht mehr existent zu sein, das verrieten mir meine scheuen Blicke zur Seite. Draußen war das Erdbeben nicht weniger zu spüren. Es war ziemlich dunkel. Der Strom im ganzen Viertel schien ausgefallen zu sein. Alles, was man hörte waren Schreie von Menschen in unserer Umgebung. Viele weinten, andere beteten. Ein erneutes Krachen ließ mich aufschrecken. Dann merkte ich, wie mich etwas hartes traf und zu Boden riss. Und im nächsten Moment verdunkelte sich alles um mich herum. Flashback Ende Kapitel 9: Leben und Tod ------------------------ Ich hatte einen Traum. In diesem Traum war ich mit meinen Eltern in einem wunderschönen Park. Wir saßen auf einer Decke zwischen Bäumen und blühenden Blumen, aßen, tranken und lachten. Die Farben in diesem Traum waren magisch und hell. Dann tat sich unter uns die Hölle auf, Flammen peitschten durch die Gegend, alles wurde dunkel. Ein riesiges Monster, undefinierbar und furchteinflößend tauchte vor uns auf und riss uns in die Tiefe. Danach wachte ich auf weil meine Angst in diesem Traum unaushaltbar war. Nun hatte ich noch mehr Angst, als ich zusammengekauert auf dem Boden saß und in die Augen meiner verstorbenen Tante blickte. Meine Angst erreichte ein neues Level. Doch verflucht noch mal, ich wachte nicht auf. „Warum bin ich Tod?“, fragte ich und sah in die Augen meiner Tante. „Du bist bei einem Erdbeben von einem Baum getroffen worden.“ „Nein, das ist nicht wahr. Das kann nicht sein.“ Ich erinnerte mich an das Erdbeben und das ich mit Aoi sein Haus verlassen hatte. Doch ich wollte den Worten meiner Tante keinen Glauben schenken. Sie log, dessen war ich mir sicher. „Ich habe es von oben beobachtet.“ Ich sah sie erstaunt an. „Du hast es gesehen?“ „Ja.“ Ich legte meinen Kopf auf meine Knie und weinte. ___ „Wir müssen doch noch irgendetwas tun können. Sie hat noch geatmet, als sie eintrafen.“ „Sie hat vor einer halben Stunde aufgehört zu atmen. Es tut mir sehr leid.“ Aoi brach in Tränen aus. Er fühlte sich hilflos und eingesperrt in einer Welt, in der er nicht sein wollte. Der Tod von Leni zog ihn runter zur Erde. Die Schwerkraft schien ihn Richtung Boden zu ziehen. Er hockte sich auf die Erde und weinte. „Wollen Sie sie noch einmal sehen?“, fragte der Arzt, der reglos vor ihm stand. Aoi räusperte sich, stand auf und nickte schwach. Er folgte dem Arzt über den Flur, bis sie einen Raum erreichten, der so kühl war, dass Aoi begann zu frieren. In diesem Raum stand ein Bett, in dem Leni lag. Um sie herum waren ausgeschaltete Monitore und abgeklemmte Kabel. Alles wirkte bedrohlich auf Aoi. Mit langsamen Schritten betrat er das Zimmer. Er schlich um das Bett herum und wagte einen ersten Blick in Leni´s Gesicht. Sie sah schlafend aus und friedlich. Aoi beugte sich über sie und nahm eine kalte Hand von ihr. „Leni?“, fragte er leise, mit der Hoffnung, dass sie antworten würde. Doch sie blieb stumm. „Leni bitte, verlass mich nicht.“ Weinerlich streichelte er ihre Hand. „Ich weiß doch gar nicht, was ich ohne dich tun soll.“ „Ich denke, sie sollten sich jetzt verabschieden.“, sagte der Arzt an der Tür. „Nein, ich will noch etwas bleiben.“ Der Arzt drängte ihn nicht. Stattdessen entfernte er sich von der Tür. Aoi nahm sich einen Stuhl und setzte sich an Leni´s Bett. ____ „Erzähl mir von Aoi.“, forderte meine Tante, als ich begann mich wieder zu fangen. „Du sahst so glücklich mit ihm aus.“ „Das war ich. Aoi hat mich zu einem glücklicheren Menschen gemacht. Vielleicht wusste ich vorher nicht was glücklich sein bedeutet, aber seit Aoi in mein Leben trat war alles so klar.“ Als ich meiner Tante von meinen Gefühlen zu Aoi berichtete musste ich daran denken, wie es ihm wohl ging. „Das hat man dir angesehen.“ „Ich konnte ihm blind vertrauen. Da bin ich mir einfach sicher. Er hätte mich nie verletzt. Bei allem, was er sagte, war er so aufrichtig.“ Meine Trauer verstärkte sich, als ich merkte, dass ich ihm nie wieder nah sein konnte. „Tante Anna, wird das Tod sein auch einmal besser werden oder sitzen wir jetzt hier fest?“, fragte ich erwartungsvoll. In meinen Augen konnte das nicht das Ende sein. „Wir müssen noch warten.“ „Worauf warten wir?“ Tante Anna antwortete nicht, sondern sah mich einfach nur an. Es war ein bizzarer Moment. Ich runzelte die Stirn. „Tante Anna?“ Doch sie antwortete nicht, sondern drehte sich um und ging aus dem Raum. Hastig stand ich auf und folgte ihr. „Wo gehen wir hin?“, fragte ich. Doch sie blieb stumm. Ich begriff nicht, was hier vor ging. Doch zu meiner Beruhigung konnte mir nun nichts mehr passieren. Gestorben war ich schon. __ Immer noch saß Aoi neben Leni´s Bett und konnte nicht fassen, was passiert war. Er hatte Leni eben erst kennengelernt und es war schon wieder zu Ende. Ihm war bewusst gewesen, dass er sich irgendwann von ihr verabschieden musste doch das hielt ihm trotzdem noch die Möglichkeit offen sie in Deutschland zu besuchen. Doch für den Himmel hatte er kein Flugticket. Wie versteinert sah er in ihr Gesicht, was sich nicht rührte. Auch ihre Hand war weiterhin kalt. Aoi gestand sich langsam ein, dass sie nicht wieder zu ihm zurückkommen würde. Eine Schwester kam ins Zimmer. „Können wir ihre Familie kontaktieren. Ihre Eltern oder andere Verwandte?“, fragte sie Aoi vorsichtig. „Ich kenne ihre Familie nicht.“, sagte Aoi und streichelte Leni vorsichtig über die Wange. „Wir kennen uns noch nicht lange.“ Die Schwester verschwand wieder aus dem Zimmer. In Aoi´s innerem Auge spiegelte sich die erste Begegnung wieder. An den Nachmittag, als sie einen Kaffee tranken. Er wusste sofort, dass sie einzigartig war und das er von nun an ein anderes Leben führte. Keine Sekunde hatte er Zweifel daran gehabt, dass Leni die Liebe seines Lebens sein würde. Flashback Aoi POV Die Bilder von Hanayo hatten mich schon immer Fasziniert. Sie spiegelte eine andere Welt wieder. Sie waren sehr tiefgründig und doch wirkten sie seicht. Doch als ich durch die Galerie spazierte fiel mein Blick plötzlich auf eine Frau, die anders wirkte. Ihre langen blonden Haare fielen in dem Wust von schwarzhaarigen Frauen direkt auf. Aber das war nicht alles, was sie anders machte. Sie war so vertieft, als sie sich ein Bild nach dem anderen betrachtete, dass sie den Trubel um sie herum gar nicht mitbekam. Ich blieb stehen und sah sie ein Weile an. Bis plötzlich… Krach. Oh mein Gott, die Vase. Entgeistert sah ich zu, wie die junge Frau verdutzt da stand und die zerbrochene Vase vor sich ansah…. Flashback Ende __ Als wir den langen Flur entlang gingen, blieben Tante Anna und ich vor eine verschlossenen Tür stehen. Sie wandte sich wieder zu mir. „Was ist hinter der Tür?“, fragte ich. „Leni. Du solltest jetzt gehen.“ Tante Anna wirkte ernst. „Wohin?“ Plötzlich merkte ich einen Schmerz, der sich durch meinen ganzen Körper zog. Es schmerzte so stark, dass ich mich an der Wand festhalten musste, um nicht zu Boden zu sinken. „Tante Anna, was passiert denn hier?“, keuchte ich vor Schmerzen. Ich hatte das Gefühl mich übergeben zu müssen. Schützend hielt ich mir den Bauch. „Ich dachte ehrlich, wenn ich Tod bin würden die Schmerzen aufhören.“ Nachdem ich das ausgesprochen hatte, legten sich die Quälereien etwas. Ich stand beinahe wieder aufrecht. „Was war das?“ Tante Anna lächelte mich traurig an. „Du bist noch nicht fertig auf der Erde.“ Erneut traf mich dieser Schmerz. Diesmal noch etwas heftiger. Ich setzte mich auf den Boden. „Wie…meinst…du…das?“ Es fiel mir schwer zu sprechen. „Es ist gleich vorbei.“, versuchte sie mich zu beruhigen. Ich sah ihr ungläubig in die Augen. Es machte den Anschein als würde es nur schlimmer werden als besser. Wie konnte ich ihr also glauben, dass es vorbei gehen würde? Doch Tante Anna sah mich lächelnd an. „Du bist eine außergewöhnliche Frau, Leni. Und ich habe dich sehr lieb.“, sprach sie langsam. „Aber du gehörst hier noch nicht hin. Machs gut Leni.“ Dann sah ich meine Tante Anna zum letzten Mal. Denn plötzlich wurde alles weiß um mich herum. Es blendete. __ Aoi hatte nun 3 Stunden bei Leni gesessen. Schließlich entschloss er sich ihr ´Lebe wohl´ zu sagen. Er stand auf, beugte sich über sie und küsste sie auf ihre kalte Stirn. „Ich Liebe dich Leni. Das wollte ich dir schon viel früher sagen.“ Er schluchzte kurz. „Aber ich habe mich nicht getraut. Hätte ich gewusst, dass… ich hätte es direkt gesagt.“ Er gab ihr einen erneuten Kuss auf die Stirn. Dann ging er kraftlos zur Tür. Kapitel 10: Die Überraschung ---------------------------- Leni POV Es war wie ein Blitzschlag gewesen, doch plötzlich nahm ich einen kurzen Atemzug und öffnete die Augen. Ich war im Krankenhaus. Meine Augen wanderten umher. „Aoi?“, krächzte ich. Dann merkte ich, wie eine Gestalt schnell zu mir rüber huschte. Wie aus dem Nichts stand Aoi vor mir und sah mich mit großen Augen an. „Leni? Du lebst.“, keuchte er mit Tränen in den Augen. Er ergriff meine Hand und drückte sie. „Scheint so.“, sagte ich verwirrt. Mein Körper fühlte sich an wie Blei. Abgesehen von meinen Augen wagte ich nichts zu bewegen. 1 Jahr später… „Wir müssen dringend noch ein bisschen Dekoration kaufen.“, sagte ich, als ich mich auf die Couch fallen ließ. Aoi nickte und betrachtete das fast eingerichtete Zimmer. Nach langer Regenerationsphase und unzählige qualvolle Stunden Physiotherapie verließ ich das Krankenhaus. Als mich der Baum traf brachen ich mir mehrere Rippen, erlitt Kopfverletzungen und prellt mir Milz und Leber. Außerdem quetschte sich teilweile meine Lunge ein und meine Schulter war gebrochen. Es brauchte lange bis ich mich erholte. Doch Aoi war mir eine ständige Hilfe und unterstützte mich bei jedem Schritt der Genesung. Meine Eltern wurden informiert und besuchten mich ebenfalls in Japan. Sie waren schockiert, aber gleichzeitig glücklich darüber, dass ich lebte. Auch Aiko und Mika kamen oft zu Besuch. Sie brachten jede Menge Geschenke wie Schokolade und Bücher, damit ich mich so wohl wie möglich fühlte. Nachts schlief ich häufig unruhig. Immer wieder träumte ich von der Begegnung meiner Tante und der Nahtoderfahrung. Doch ich behielt es für mich. Zu viel Angst in eine Anstalt zu kommen blagte mich. Das wollte ich auf jeden Fall vermeiden. Und nun, nach einem Jahr voller Qual und Zweifel saß ich auf der Couch unseres neuen Zuhauses. Ich verlängerte mein Visum und bekam einen Job als Übersetzerin für Deutsch. Für mich war es unmöglich Japan zu verlassen. Seit dem Erdbeben hatte sich alles verändert. Diese Zeit war für mich so intensiv gewesen, dass ich wusste, ich würde mein Leben hier verbringen. „Das überlasse ich dir.“, sagte Aoi lächelnd. „Das war klar.“, sagte ich neckend. Aoi verzog das Gesicht zu einem neckischen Lächeln. Ich stand auf und packte einen Karton aus. Teller und Tassen brachte ich in die Küche. „Ach weißt du, vielleicht sollte ich morgen mal in einen Laden gehen und schonmal ein paar Bilder kaufen. Hast du irgendwelche Vorstellungen, was ich kaufen soll.“ Doch Aoi sagte nichts. „Hey, ich hab was gefragt.“ Ich drehte mich zu Aoi um. Mein Atem stockte und ich hatte Gefühl mich setzen zu müssen. Aoi, der eben noch im Wohnzimmer war kniete nun vor mir und sah mich liebevoll an. „Was wird denn das?“, fragte ich unsicher. Aoi nahm meine Hand. „Ich genieße jeden Moment mit dir. So sehr, dass mein Leben vor dir total verschwommen ist. Ich weiß nicht mehr, was ich getan habe bevor ich dich traf. Du bist ein unglaubliches Geschenk.“ Ich musste lächeln. „Aber ich habe gelernt, dass jeder Moment vergänglich ist und das Leben schneller vorbei ist, als man denkt.“ Sein Blick wurde ernster. Dann griff er in seine Hosentasche und zog ein Kästchen hinaus. Er öffnete es und ein blickender Ring leuchtete mir entgegen. „Meine liebste Leni, willst du mich heiraten?“, sprach er. Ich verstummte überrascht. Damit hatte ich nicht gerechnet. Ich meine klar, ich hatte mir oft vorgestellt, dass Aoi mich dies fragen würde, doch in meiner Fantasie waren wir in einem Park oder bei einem romantischen Candle-Light Diner und nicht in der Küche beim Einräumen der Wohnung. Und dennoch hätte ich mir nicht erträumen lassen, dass ich das fühlen würde, was ich nun fühlte. Pures Glück. Ohne Zweifel war es der schönste Augenblick meines Lebens. „Was sagst du?“, fragte Aoi jetzt schon fast ängstlich. Ich sah die Aufrichtigkeit in seinen Augen. „Ja, ich will.“, antwortete ich unter Tränen. Aoi richtete sich auf, nahm den Ring mit zittrigen Händen aus dem Kästchen und steckte ihn mir an den Finger. Dann küsste er mich, lang und eindringlich. „Ich liebe dich.“, flüsterte ich. „Ich liebe dich auch.“, antwortete Aoi. ___________________________________________________________________________________________ Liebe Leser, ich danke allen, die bis zum Ende dran geblieben sind und diese Fiction gelesen haben. Eine neue ist schon wieder in der Mache. :) Vielen Dank! Yuna Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)