Ein Jahr für die Ewigkeit von _Yuna ================================================================================ Kapitel 9: Leben und Tod ------------------------ Ich hatte einen Traum. In diesem Traum war ich mit meinen Eltern in einem wunderschönen Park. Wir saßen auf einer Decke zwischen Bäumen und blühenden Blumen, aßen, tranken und lachten. Die Farben in diesem Traum waren magisch und hell. Dann tat sich unter uns die Hölle auf, Flammen peitschten durch die Gegend, alles wurde dunkel. Ein riesiges Monster, undefinierbar und furchteinflößend tauchte vor uns auf und riss uns in die Tiefe. Danach wachte ich auf weil meine Angst in diesem Traum unaushaltbar war. Nun hatte ich noch mehr Angst, als ich zusammengekauert auf dem Boden saß und in die Augen meiner verstorbenen Tante blickte. Meine Angst erreichte ein neues Level. Doch verflucht noch mal, ich wachte nicht auf. „Warum bin ich Tod?“, fragte ich und sah in die Augen meiner Tante. „Du bist bei einem Erdbeben von einem Baum getroffen worden.“ „Nein, das ist nicht wahr. Das kann nicht sein.“ Ich erinnerte mich an das Erdbeben und das ich mit Aoi sein Haus verlassen hatte. Doch ich wollte den Worten meiner Tante keinen Glauben schenken. Sie log, dessen war ich mir sicher. „Ich habe es von oben beobachtet.“ Ich sah sie erstaunt an. „Du hast es gesehen?“ „Ja.“ Ich legte meinen Kopf auf meine Knie und weinte. ___ „Wir müssen doch noch irgendetwas tun können. Sie hat noch geatmet, als sie eintrafen.“ „Sie hat vor einer halben Stunde aufgehört zu atmen. Es tut mir sehr leid.“ Aoi brach in Tränen aus. Er fühlte sich hilflos und eingesperrt in einer Welt, in der er nicht sein wollte. Der Tod von Leni zog ihn runter zur Erde. Die Schwerkraft schien ihn Richtung Boden zu ziehen. Er hockte sich auf die Erde und weinte. „Wollen Sie sie noch einmal sehen?“, fragte der Arzt, der reglos vor ihm stand. Aoi räusperte sich, stand auf und nickte schwach. Er folgte dem Arzt über den Flur, bis sie einen Raum erreichten, der so kühl war, dass Aoi begann zu frieren. In diesem Raum stand ein Bett, in dem Leni lag. Um sie herum waren ausgeschaltete Monitore und abgeklemmte Kabel. Alles wirkte bedrohlich auf Aoi. Mit langsamen Schritten betrat er das Zimmer. Er schlich um das Bett herum und wagte einen ersten Blick in Leni´s Gesicht. Sie sah schlafend aus und friedlich. Aoi beugte sich über sie und nahm eine kalte Hand von ihr. „Leni?“, fragte er leise, mit der Hoffnung, dass sie antworten würde. Doch sie blieb stumm. „Leni bitte, verlass mich nicht.“ Weinerlich streichelte er ihre Hand. „Ich weiß doch gar nicht, was ich ohne dich tun soll.“ „Ich denke, sie sollten sich jetzt verabschieden.“, sagte der Arzt an der Tür. „Nein, ich will noch etwas bleiben.“ Der Arzt drängte ihn nicht. Stattdessen entfernte er sich von der Tür. Aoi nahm sich einen Stuhl und setzte sich an Leni´s Bett. ____ „Erzähl mir von Aoi.“, forderte meine Tante, als ich begann mich wieder zu fangen. „Du sahst so glücklich mit ihm aus.“ „Das war ich. Aoi hat mich zu einem glücklicheren Menschen gemacht. Vielleicht wusste ich vorher nicht was glücklich sein bedeutet, aber seit Aoi in mein Leben trat war alles so klar.“ Als ich meiner Tante von meinen Gefühlen zu Aoi berichtete musste ich daran denken, wie es ihm wohl ging. „Das hat man dir angesehen.“ „Ich konnte ihm blind vertrauen. Da bin ich mir einfach sicher. Er hätte mich nie verletzt. Bei allem, was er sagte, war er so aufrichtig.“ Meine Trauer verstärkte sich, als ich merkte, dass ich ihm nie wieder nah sein konnte. „Tante Anna, wird das Tod sein auch einmal besser werden oder sitzen wir jetzt hier fest?“, fragte ich erwartungsvoll. In meinen Augen konnte das nicht das Ende sein. „Wir müssen noch warten.“ „Worauf warten wir?“ Tante Anna antwortete nicht, sondern sah mich einfach nur an. Es war ein bizzarer Moment. Ich runzelte die Stirn. „Tante Anna?“ Doch sie antwortete nicht, sondern drehte sich um und ging aus dem Raum. Hastig stand ich auf und folgte ihr. „Wo gehen wir hin?“, fragte ich. Doch sie blieb stumm. Ich begriff nicht, was hier vor ging. Doch zu meiner Beruhigung konnte mir nun nichts mehr passieren. Gestorben war ich schon. __ Immer noch saß Aoi neben Leni´s Bett und konnte nicht fassen, was passiert war. Er hatte Leni eben erst kennengelernt und es war schon wieder zu Ende. Ihm war bewusst gewesen, dass er sich irgendwann von ihr verabschieden musste doch das hielt ihm trotzdem noch die Möglichkeit offen sie in Deutschland zu besuchen. Doch für den Himmel hatte er kein Flugticket. Wie versteinert sah er in ihr Gesicht, was sich nicht rührte. Auch ihre Hand war weiterhin kalt. Aoi gestand sich langsam ein, dass sie nicht wieder zu ihm zurückkommen würde. Eine Schwester kam ins Zimmer. „Können wir ihre Familie kontaktieren. Ihre Eltern oder andere Verwandte?“, fragte sie Aoi vorsichtig. „Ich kenne ihre Familie nicht.“, sagte Aoi und streichelte Leni vorsichtig über die Wange. „Wir kennen uns noch nicht lange.“ Die Schwester verschwand wieder aus dem Zimmer. In Aoi´s innerem Auge spiegelte sich die erste Begegnung wieder. An den Nachmittag, als sie einen Kaffee tranken. Er wusste sofort, dass sie einzigartig war und das er von nun an ein anderes Leben führte. Keine Sekunde hatte er Zweifel daran gehabt, dass Leni die Liebe seines Lebens sein würde. Flashback Aoi POV Die Bilder von Hanayo hatten mich schon immer Fasziniert. Sie spiegelte eine andere Welt wieder. Sie waren sehr tiefgründig und doch wirkten sie seicht. Doch als ich durch die Galerie spazierte fiel mein Blick plötzlich auf eine Frau, die anders wirkte. Ihre langen blonden Haare fielen in dem Wust von schwarzhaarigen Frauen direkt auf. Aber das war nicht alles, was sie anders machte. Sie war so vertieft, als sie sich ein Bild nach dem anderen betrachtete, dass sie den Trubel um sie herum gar nicht mitbekam. Ich blieb stehen und sah sie ein Weile an. Bis plötzlich… Krach. Oh mein Gott, die Vase. Entgeistert sah ich zu, wie die junge Frau verdutzt da stand und die zerbrochene Vase vor sich ansah…. Flashback Ende __ Als wir den langen Flur entlang gingen, blieben Tante Anna und ich vor eine verschlossenen Tür stehen. Sie wandte sich wieder zu mir. „Was ist hinter der Tür?“, fragte ich. „Leni. Du solltest jetzt gehen.“ Tante Anna wirkte ernst. „Wohin?“ Plötzlich merkte ich einen Schmerz, der sich durch meinen ganzen Körper zog. Es schmerzte so stark, dass ich mich an der Wand festhalten musste, um nicht zu Boden zu sinken. „Tante Anna, was passiert denn hier?“, keuchte ich vor Schmerzen. Ich hatte das Gefühl mich übergeben zu müssen. Schützend hielt ich mir den Bauch. „Ich dachte ehrlich, wenn ich Tod bin würden die Schmerzen aufhören.“ Nachdem ich das ausgesprochen hatte, legten sich die Quälereien etwas. Ich stand beinahe wieder aufrecht. „Was war das?“ Tante Anna lächelte mich traurig an. „Du bist noch nicht fertig auf der Erde.“ Erneut traf mich dieser Schmerz. Diesmal noch etwas heftiger. Ich setzte mich auf den Boden. „Wie…meinst…du…das?“ Es fiel mir schwer zu sprechen. „Es ist gleich vorbei.“, versuchte sie mich zu beruhigen. Ich sah ihr ungläubig in die Augen. Es machte den Anschein als würde es nur schlimmer werden als besser. Wie konnte ich ihr also glauben, dass es vorbei gehen würde? Doch Tante Anna sah mich lächelnd an. „Du bist eine außergewöhnliche Frau, Leni. Und ich habe dich sehr lieb.“, sprach sie langsam. „Aber du gehörst hier noch nicht hin. Machs gut Leni.“ Dann sah ich meine Tante Anna zum letzten Mal. Denn plötzlich wurde alles weiß um mich herum. Es blendete. __ Aoi hatte nun 3 Stunden bei Leni gesessen. Schließlich entschloss er sich ihr ´Lebe wohl´ zu sagen. Er stand auf, beugte sich über sie und küsste sie auf ihre kalte Stirn. „Ich Liebe dich Leni. Das wollte ich dir schon viel früher sagen.“ Er schluchzte kurz. „Aber ich habe mich nicht getraut. Hätte ich gewusst, dass… ich hätte es direkt gesagt.“ Er gab ihr einen erneuten Kuss auf die Stirn. Dann ging er kraftlos zur Tür. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)