Hunters of the Gods von Uchan382 ================================================================================ Kapitel 3: Im Auge des Betrachters: Prolog ------------------------------------------ Dunkel und verlassen lag die Straße vor ihr. Ein dichter Schleier aus Nebel und Kälte hatte sich über der Stadt gelegt. Yakumo Kurama sah sich beunruhigt um. Sie hatte bis eben noch in der Abendschule gesessen und war beinahe über ihren Matheaufgaben eingeschlafen. Doch was sollte sie machen? Sie brauchte die Noten, auch wenn ihre eigentliche Leidenschaft dem Malen gehörte. Aquarellmalerei war für sie eine neue Quelle der Ruhe und Kreativität. Seit sie auf einer ihrer Lieblingsuniversitäten die Bilder und Skulpturen dieses Mannes gesehen hatte, wollte sie unbedingt so gut werden, dass er ihre Bilder beachtete. Ihre neue Passion hatte zur Folge, dass ihre anderen Noten absackten und ihre Eltern sie nun auf eine Abendschule schickten. Künstler hatten es wirklich nicht einfach. Und dieser Nebel machte ihre Situation auch nicht wirklich besser. Sie sah die Hand nicht mehr vor Augen. Straßenlaternen und die Beleuchtung der Großstadt wirkten wie verzweifelte Leuchttürme, die ihr den Weg weisen wollten, doch nicht stark genug schienen die dicken Wolken zu vertreiben. Yakumo wunderte sich, wo diese dicke Suppe überhaupt her kam. Es war Sommer und die Nächte sollten warm und schwül sein, doch nun war es eiskalt. Ihre Finger fingen an zu schmerzen vor Kälte. Wie war das möglich? Ein lautes Knacken gleich neben ihr ließ sie zusammen zucken. Was war das? Yakumo sah sich um, konnte jedoch nichts ausmachen. Nur die weiße, wabernde Masse um sich herum. Wie konnte es überhaupt sein, dass dieses Geräusch so laut gewesen war? Der Nebel verschluckte doch selbst das Geräusch der Autos von der Hauptstraße, ein paar Straßen weiter. Sie fröstelte und presste die Lippen aufeinander, ballte die Hände zur Faust. Es sah ihr nicht ähnlich auf solch Kleinigkeiten so ängstlich zu reagieren. Entschlossen ging sie weiter, folgte blind dem Bürgersteig. Irgendwann wird sie schon ein Schild finden, welches ihr sagte, dass sie schon lange hätte abbiegen müssen. Ihre Mutter würde sie umbringen, wenn sie so viel später nach Hause kam. Grade aus, einfach weiter grade aus. Es war so simple und doch kam ihr alles viel zu lang vor, die Straße, der Bürgersteig, diese ganze Nebelsuppe. War es schon immer so weit gewesen von der Bahn zu ihr nach Hause? Sie wusste es wirklich nicht mehr. Leise hörte sie ihre Schritte, die beinahe schon zu ihr hoch hallten, so als würde der Nebel den Schall umleiten. Sie sah an sich runter, beobachtete ihre Füße, wie sie immer wieder in den Nebel eintauchten. Beobachtete die Waben, wie sie auseinander flossen, nur um sich hinter ihren Beinen wieder zu verdichten. Es war, als würden ihr die Wolken ausweichen. Das war doch Blödsinn. Sie hatte einfach zu viele Horrorfilme gesehen. Das dumpfe Lachen der Kinder, die hier bestimmt noch auf dem Spielplatz spielten, machte es nicht wirklich besser. Zitternd schlug sie die Jacke enger um sich und schüttelte verständnislos den Kopf. Wer ließ nur bei dem Mistwetter seine Kinder draußen spielen? Seufzend sah sie in die Richtung, in der sie die Stimmen gehört hatte. Ob sie zum Spielplatz gehen sollte um die Kinder nach Hause zu schicken? Ein Blick auf die Uhr ließ ihr Verantwortungsgefühl laut gegen eine Ignoranz der elterlichen Missachtung der Ausgangssperren für Kinder unter sechzehn ankämpfen. Doch hier vom Weg ab zu kommen... Sie bekam allein von dem Gedanken am Ende allein im Park herumzuirren eine Gänsehaut. Schnell eilte sie weiter, bevor sie es sich noch anders überlegen konnte. Doch dann... Ein Schrei? Erschrocken fuhr sie herum. Es war eines der Kinder gewesen, garantiert! Und das konnte sie nicht ignorieren. Wenn es morgen in der Zeitung nur von Kinderleichenartikeln wimmeln sollte, würde sie es sich nie verzeihen. Schnell drehte sie um, rannte in die Richtung aus der sie die Schreie vermutete. Yakumo versuchte etwas zu erkennen. Doch es kostete sie schon viel Mühe den Bäumen auszuweichen. Und je weiter sie von der Straße ab kam, desto dichter schien der Nebel aufzuziehen. Gehetzt sah sie sich um. Wo lang? Der nächste Schrei klang viel näher an ihr dran. Die drehte sich nach links, hetzte zwischen den Bäumen hindurch, war nicht einmal der Tatsache bewusst, dass der kleine Park sich zu einem Wald geworden war. Endlich kamen die Spielgeräte in Sicht. Dunkle Schatten, die sich wie Spinnenbeine und anderes Getier aus den Wolken hervor kämpften. Doch von Kindern gab es keine Spur. "Hey, Wo seid ihr, was ist passiert?" Yakumo stand neben einem Klettergerüst, auf dem sie selbst früher gerne gespielt hatte. Als Kind hatte sie diesen Park und seine Möglichkeiten in einer viel zu Großen und doch einsamen Stadt geliebt. "Hallo?" Sie drehte sich um die eigene Achse, bis sie endlich einen Schatten ausmachen konnte. Eine kleine Gestalt, die im Nebel stand. Yakumo nahm ihren gesamten Mut zusammen und ging auf die Gestalt zu. "Hey, komm her, ich bring dich nach Hause. Deine Eltern machen sich bestimmt schon Sorgen." Die Gestalt antwortete nicht und je näher sie kam, desto seltsamer wurde es. Das Kind stand mit dem Rücken zu ihr, schien in den Nebel zu starren. "Hey, hast du mich verstanden?" Sie packte das kleine Mädchen (oder war es ein Junge? Sie konnte es nicht wirklich erkennen) an der knochigen, zierlichen Schulter. "Ich bring dich nach Hause." Das Kind drehte sich um und bevor sie sich kontrollieren konnte, schrie sie erschrocken auf. Es... Es hatte kein Gesicht? Da wo Augen, Nase und Mund sitzen sollten, war reine weiße Haut erkennbar. Nein! Das konnte doch nicht sein! Yakumo drehte sich um, wollte rennen, doch stand nun eines dieser Monster vor ihr. "Was wollt ihr?" Waren das Geister, sogenannte Yokai? Woher kannte sie diese Gestalten nur? Das unheimliche Lachen der Kinder hallte unnatürlich laut in ihren Ohren wider. Und alles war es hinterließ war nackte Panik. Sie kamen näher, langsam, schleichend. Yakumo wusste nicht wohin sie noch ausweichen konnte. Zurück konnte sie nicht, da stand eines der vielen Gerüste und um sie herum wurden es immer mehr und mehr Kinder. Was war hier los? Sie wollte aufwachen, das konnte doch nur ein Traum sein! "Kommt mir nicht zu nahe!" Ihr Stimme überschlug sich, ihr Herz raste, hämmerte schmerzvoll gegen ihren Brustkorb, schnürte ihr langsam aber sich die Luft ab. "HAUT AB!" Auf einmal blieben die Wesen stehen, sahen sich aufgeregt und beinahe wütend schnatternd um. Und dann... dann wichen sie endlich zurück. Langsam verschwand ein Kind nach dem anderen im Nebel. Einige stießen noch einen letzten qualvollen Schrei aus bevor sie endgültig im Nebel verblassten. Yakumo atmete tief durch. Sie musste schnell wieder zurück auf den Weg! Sie drehte sich um und verharrte bewegungslos mitten in der Bewegung. Eine Dame war aus dem Nebel getreten. Ihr Gesicht verbarg eine Maske und ihre schwarzen Haare fielen ihr lang und glatt über die Schultern. Sie wusste nicht warum, doch ihr gesamtes Inneres schrie. Jede einzelne Alarmglocke ging in ihr los. Angsterstarrt verharrte sie, während diese hübsche und gleichzeitig unheimliche Frau auf sie zu kam. Egal was diese Frau war, dass es nichts Menschliches sein konnte war ihr klar, denn es hatte die Kinderdämonen vertrieben. Wovor konnten Geister Angst haben? "Bin- bin ich schön?" Alles in ihr versteifte sich. Sie kannte dieses Wesen. Sie kannte es aus den unzähligen Horrorgeschichten ihrer Eltern und Klassenkameraden. Machte sich hier einer ein Scherz? "Das ist nicht lustig!" Das Wesen schien die Augen zu verengen. Alles an der Haltung versteifte sich. In beinahe schon eckig und steifen Bewegungen, trat die Frau weiter zu ihr, wiederholte immer wieder die eine Frage auf die sie doch glatt vergessen hatte, was sie antworten sollte. "B-bin ich schön?!" Yakumo zwang sich zur Ruhe und zu einem Nicken. "J-Ja." Sie glaubte, dass es die richtige Antwort war. Leise kichernd hob die Frau einen ihrer steifen Arme und nahm die Maske vom Gesicht. Yakumo hätte am liebsten bei dem grausigen Anblick geschrien, doch presste sie beide Hände über ihren Mund was sie nur ein komisches Grummeln zustande bringen lies. Der Mund der Frau war von einem Ohr zum anderen aufgeschlitzt. Ihr Kiefer klappte unnatürlich weit hinunter, gab einen sehr guten Blick auf die gelblichen Zähne frei. "Und jetzt?" Yakumos Geist schrie in Panik und auf einmal schien sie sich wieder bewusst zu werden, dass sie sich bewegen konnte. Und sie lief. Lief so schnell sie konnte. Blind rannte sie durch den Wald, wich den Bäumen um sich herum aus, hörte das Gebrüll des Monsters hinter sich, wie es wütend gegen die Bäume krachte, dass es sich mehr als nur einen Knochen brach. Sie versuchte die Geräusche auszublenden, versuchte nicht sich umzudrehen oder stehen zu bleiben, musste ihren Körper und Geist ganz und gar auf die Flucht konzentrieren. Endlich sah sie mehr Beleuchtung, beinahe wie eine Insel aus den Nebelmeer heraufsteigen. Die Straße! Sie bog links ab und folgte dem Bürgersteig. Endlich schien der Nebel auf ihrer Seite zu sein. Sie konnte schon den Zaun ihres Hauses sehen. Keuchend drängte sie sich weiter vorwärts, zwang sich noch schneller zu laufen. Sie wusste, dass sie gleich erst einmal auf der Schwelle zusammen brechen würde. Hoffentlich im sicheren Haus! Schnell öffnete sie das Gatter, kramte in ihrer Tasche nach dem Schlüssel. “Wo bist du? Wo bist du?“, murmelte sie verzweifelt vor sich hin. Sie hörte das Gatter hinter sich zufallen und drehte sich um. Das Monster, Kuchisake - onna, stand auf dem gepflasterten Gartenpfad und zog eine überdimensionale Schere hervor. In Panik hämmerte Yakumo gegen die Tür. "MUM! Mum mach auf! Bitte! Bitte mach auf!" Doch bevor auch nur einer reagieren konnte, spürte sie eine unnatürliche Kälte in ihrem Körper. Das Monster drehte sie herum und mit einem lauten Krachen in ihren Ohren wurde alles schwarz. Noch bevor sie auf den Boden fiel, sich einfach nicht mehr bewegen konnte, hörte sie den erstickten Schrei ihrer Mutter. Dann folgte Stille. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)