„A quaint Dream“ von Gosick (Beginn) ================================================================================ Kapitel 31: Erholung -------------------- Monotones Piepen... Schon wieder. Es war ihm völlig egal, wo er war, wer er war und was aus ihm werden könnte. Keine einzige Bedeutung blieb ihm dafür nach dem erlittenen Verlust. Selbst die große ach so tolle Chuunin-Auswahlprüfung, welche in einer Woche statt fand, erweckte keinerlei Interesse in dem Rothaarigen Traumapatienten, der seit Stunden von irgendwelchen Ärzten sowie Bekannten dämlich gesabbelt wurde. Denn heute wollten sie die drei Kinder entlassen, der Welt wieder übergeben nach zwei wöchiger Erholungsdauer. Momoka Akuma höchstpersönlich stellte den Dreien eine der Akuma-Mietwohnungen in der Stadtmitte zur Verfügung und erklärte sich bereit, jeden Tag nach ihnen zu sehen. Als Lehrerin und Bekannte selbstverständlich. Noch nicht einmal im Traum würde Momoka daran denken, den vorläufigen Mutterersatz spielen zu wollen, keineswegs. Viel zu traurig wäre diese Vorstellung. Saya ging seit einer geschlagenen Woche bereits zurück zum Klassenunterricht. Sie.. stand die Sache wesentlich besser durch als Yuro und er, wovon bei Yuro wohl kaum irgendeine Besserung in Sicht war. Seit dem Unglück sprach der Junge kein Wort mehr. Kanba tat zwar munter, wenn Besuch kam, allerdings hielt die Fassade längerfristig nicht. Ihn plagte unhaltbare Rastlosigkeit. Sein Leben als Ninja, wie er sich es sich so toll vorgestellt hatte, zerbrach in tausend flammende Scherben. Alles rund um ihn herum verlor seinen Sinn. Warum er? Warum zum Teufel konnte das niemand Anderem passieren? Irgendeinem, der solch ein grausiges Schicksal verdient hatte vielleicht... Kanba saß einfach nur da auf dem Stuhl und starrte in die weite Ferne, gespannt ob eventuell jemand darauf antwortete. Natürlich geschah kein Wunder. Niemand kam zurück von den Toten. Zumindest keinesfalls ohne fremde Hilfe. Yuro schreckte ihn in die alltägliche Gegenwart zurück, indem er an seiner Jacke zog. Offenbar knurrte ihm der Magen. „Machst du mir was zu essen?“ Aus seinem Blick heraus erkannte Kanba die anhaltende Trauer des Verlustes. Er wollte seinen kleinen Bruder in dieser schweren Zeit jedoch lieber trauern lassen anstatt mit Fragen zum Geschehen bombardieren. Wer weiß schon, was der arme Kerl mit ansehen musste? Kanba lächelte, während er ihm freundlich über den Kopf strich. „Selbstverständlich. Wir haben bestimmt noch etwas Obst oder Fertignudeln im Haus.“ Ihre neue Wohnung wirkte trüb, genau wie die Laune der Besitzer. Nirgendwo hingen persönliche Gegenstände herum wie Bilder oder Dekoration. Alles verbrannte elendig im Feuer. Ihre Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft gleichermaßen. Zwischen den dunkelgelb gestrichenen glatten Wänden befand sich eine gähnende Leere. Der leicht raue, dafür aber hellere Ahornboden hellte wenigstens etwas auf. Wie spät es wohl bereits war? Mittags beschien die Sonne die Rückseite des Wohnblocks nahe der Hauptstraße. Keiner hatte Beschwerden, keine Frage. Kanbas restliche Familie wäre bestimmt für einige Zeit bei der Awai Familie von Souzen oder den Shokouseis mit Akari untergekommen. Allerdings wollten alle drei trotz der liebenswürdigen Angebote lieber auf eigenen Beinen stehen nach der Entlassung. Jemand betätigte die Klingel. Gemütlich gab Kanba Yuro eine Banane aus dem weißen Hängeschrank und watschelte zur Tür. Seit jener Nacht war Kanba nicht mehr derselbe friedfertige Bauernjunge. Vorsicht sowie Misstrauen übermannten ihn stetig wieder. „Wer ist da..?“ Gedämpft ertönte Akaris Stimme durch die spionlose dunkle Holztür. „Wir sinds, Kanba. Akari und Souzen. Momoka-Sensei wird in fünf Minuten wohl auch noch dazu stoßen. Dürfen wir rein?“ Schon wieder... Er zögerte die Tür zu öffnen. Vor seinen besten Freunden sogar. Einatmen, Ausatmen... „N-Natürlich.“ Kopfschüttelnd verdrängte der junge Genin seine negativen Gedanken und schloss die Tür bereitwillig auf. „Kommt nur rein. Im Wohnzimmer gibt es eine kleine Couch, setzt euch doch. Ich kann euch leider nix zu trinken anbieten, weil Saya nach der Schule noch trainieren wollte und dann erst einkaufen geht..“ Wort für Wort rutschte seine Tonlage etwas runter, weil ihm sofort der Gedanke kam, dass seine Mum ihm nach der Schule ja immer zuhause was kaltes zu trinken vorbereitet hatte. Erinnerungen schmerzten. Außerdem musste der Rothaarige sowieso bereits notkräftig diese normale Laune aufrecht erhalten vor ihnen. In Wahrheit wäre ihm Ruhe lieber. Er wusste nicht länger, über was er mit den beiden sprechen konnte... Wie ein Graben, der sich zwischen sie drängte. „Warum seit ihr hier?“ Der Satz klang harmloser als vermutet, also keinesfalls abwertig. Souzen erhob die Initiative. „Als dein bester Freund...“ Kurz kam Kanba Souzens weinendes Gesicht zurück wie ein festgebranntes Bild. Immerhin hatte er ihn noch nie heulen sehen seit den Jahren. „...Will ich nicht, um den heißen Brei reden. Wir wollen...“ Akari übernahm, weil er bemerkte, dass Souzen unruhiger wurde. Sanft, aber klaren Wortes. „Wir wollen mit dir trainieren. Nicht heute, nicht morgen. Aber am besten diese Woche noch.“ Sofort rollte Kanbas Blick rechts hinfort. Sowas wollte er nicht hören. Sie wussten das genau, selbst wenn es ihr gutes Recht war. Schweigen erübrigte eine Antwort. Akari seufzte. Trauer hin oder her, es ging auch um ihre Zukunft. Und auch dass wusste Kanba sehr gut. Gedanklich durchleuchtet betonten sie diese Tatsache nochmals. „Wir sind nicht hier, um kleinbei zu geben. Wir als deine Freunde wollen dir helfen, aber natürlich auch uns.“ Wut staute die Gedanken. Bis letztendlich sie Überhand nahm. „Was wisst ihr denn schon?! Es ist nicht so, dass ich mich abschotte! Aber hört auf mit dieser Gefühlsduselei!“ Warum tat er sowas nur? Irgendwas tief in ihm blockierte einfach. Beide gegenüber sitzenden Parteien schweigten vorwurfsvoll. Solange bis Momoka-Sensei plötzlich an der Balkontür stand. Erschrocken wirbelte Kanba herum. Yuro suchte ängstlich hinter dem Sofa nach einem Versteck. Denn der Blick der Lehrerin sagte wie immer mehr als tausend Worte aus. „Du bist ein Schwächling und wirst es immer bleiben. Deine Familie wäre beschämt, wenn sie dich jetzt sehen könnte!“ Sowas ließ der junge Genin keinesfalls auf sich sitzen. Wutentbrannt stürmte dieser geradewegs Richtung Ziel, allerdings endete der Ausflug schneller als begonnen. Wie damals bezog Kanba erstmal Prügel, woraufhin Akari und Souzen dazwischen gehen wollten, jedoch atemlos stockten, als ihr todesscharfer Blick sie anzischte. Wie "haltet euch daraus..". Hart schlug Kanba einigermaßen verletzt auf dem Boden auf. „Du Schwächling hast wohl schon genug. Armselig! Früher warst du besser. Wie zuvor willst du alle im Stich lassen und dich selbst retten, wenn's drauf ankommt... Warum lernst du nicht endlich aus deinen Fehlern...?“ Dieser Satz hallte tief durch die letzten Winkel seines Gehirns. Er ließ ihn zittern, ließ ihn seinen eigenen Dreck fressen, ihn verzweifeln. Warum musste ihm immer jemand erst mit Gewalt den Weg einprügeln, den er sowieso gehen will? Warum? Momoka-Sensei lachte kurz auf und nahm seine beiden Freunde mit zur Tür, besser gesagt zwang sie zum gehen. Vorher jedoch legte sie zwei Tüten in der offenen Küche ab. „Ihr geht jetzt auch. Diesem Schwächling kann man nicht mehr helfen. Oder? Er würde niemals um Punkt Neun Uhr auf dem Trainingsplatz stehen!“ Als ob er diese laute Frage an ihn selbst beantwortete! Yuro eilte zu ihm hin, nachdem die Tür krachend zufiel. „Alles okay, Kanba?!“ Allen Stolz verloren schweigte der ältere Bruder.Nichtmal seinem kleinen Bruder konnte er mittlerweile mehr antworten, geschweige denn ihm in die Augen sehen! 'Warum lernst du aus deinen Fehlern nur nicht...?' Wie weh das doch tat. Kanba lächelte glücklich, während ihm etwas salziges Wasser über die Wangen lief. „Sie ist so ein guter Mensch...“ Yuro staunte verwundert. „Häh?..“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)