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Stormpaw's Destiny

Warrior Cats - New Clans, New Stories
von

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Der Schnee rieselte lautlos auf sie herab, doch Honigblütes Schluchzen war bis in die hinterste Ecke der Lichtung zu hören. „Haselschweif, nein! Nein!“

Schwarzstern zitterte ebenfalls, schaute auf seinen verstorbenen Zweiten Anführer hinab, dann weiter zu Dornstachel, der ohne jegliche letzte Worte einfach tot umgefallen war. Sein Blick glitt weiter, hinauf zum Himmel, wo Sonne und Mond durch die Wolkendecke zu sehen waren. Er kniff die Augen zusammen, sammelte sich, atmete tief durch. Dann war er bereit, sich wieder an Silberstern und alle anderen zu wenden. „Du hattest Recht, Silberstern. Es musste hier und jetzt enden – aber nicht für uns. Haselschweif und Dornstachel haben beide ihr größtes Opfer gebracht und sind für ihre Anführer gestorben. Wir hätten es niemals so weit kommen lassen dürfen.“

Auch Silberstern zitterte und wirkte auf einmal unendlich klein und zerbrechlich.

Gewitterschweif, der Heiler ihres Clans, trat an ihre Seite. „Schaut hinauf in den Himmel und seht selbst, welches Zeichen der SternenClan uns geschickt hat. Sonne und Mond, vereint.“

Alle Anwesenden folgten Gewitterschweifs Blick. Ein erstes Raunen ging durch die Menge.

„Dieser Kampf hat unnötig Blut vergossen“, fuhr Gewitterschweif fort. „Der SternenClan hat zu uns gesprochen und es ist unmissverständlich, was sie uns damit sagen wollen.“

Noch immer zitterte Silberstern, doch der sture Ausdruck kehrte in ihr Gesicht zurück. „Bist du … dir sicher, Gewitterschweif? Ist es wirklich das, was der SternenClan von mir verlangt? Von uns allen?“

„Ja, Silberstern. Mit Dornstachels und Haselschweifs Tod ist die Blutschuld beglichen. Dieser Krieg muss jetzt aufhören.“ Er atmete ebenfalls tief durch. „Honigblüte, bring Haselschweif zurück in dein Lager und erweise ihm die letzte Ehre.“

Sie reagierte nicht sofort, stolperte dann vorwärts. Vor Haselschweif blieb sie stehen. Der Horror stand ihr ins Gesicht geschrieben. Sie rührte sich nicht.

Fliederpfote trabte neben sie. „Komm, ich helfe dir.“ Sie senkte ihren Kopf, ehe sie Haselschweifs Körper im Nacken packte und zu zerren begann, doch sie war zu klein und schaffte es nicht alleine.

Milchkralle trat vor. „Er war mein Mentor. Lass mich dir helfen.“

Gemeinsam schafften sie es, Haselschweif vom Schlachtfeld zu ziehen, weiter in Richtung Lager.

Honigblüte stolperte ihnen hinterher. Ihr Blick war leer, voller Trauer. So musste es aussehen, wenn einem das komplette Herz gebrochen war.

Löwenzahnstern räusperte sich. „Wenn es der Wille des SternenClans ist, sollten wir die, um die es geht, zu uns holen.“ Er nickte Lehmpelz zu. „Geh. Wir warten hier.“

Immer mehr Wolken lösten sich auf. Der Schnee wurde wieder weniger.

Sturmherz legte sich hin, schloss die Augen. Nur einen kurzen Moment, bis Lehmpelz zurück war. Nur ein kurzer Moment …
 

***
 

Er wachte auf, als alle vier Clans auf der Lichtung im Gebiet des FeuerClans versammelt waren. Auch andere hatten sich kurz ausgeruht und ließen sich nun bei ihren jeweiligen Clans nieder. Manche leckten ihre Wunden oder warfen den anderen Clans feindliche Blicke zu, doch die meisten schienen einfach nur froh zu sein, dass es vorbei war. Nur Honigblüte und Fliederpfote waren nicht anwesend, weil sie im Lager bei Haselschweifs Körper geblieben waren.

Schneewolke lächelte Sturmherz sogar an, als sie an ihm vorbei zum WasserClan ging.

Otterpelz berührte die Nase seiner verstoßenen Schwester Wolkentänzer ebenfalls mit der Nase, ehe er zu Schneewolke und den anderen ging.

Wacholderstern, der sich aus dem ganzen Kampf herausgehalten hatte, stromerte quer durch den LuftClan, sagte jedoch nichts, sondern zuckte nur unruhig mit den Ohren. Er sammelte seinen Clan zusammen und verkündete, dass er sich in das Gebiet des LuftClans zurückziehen wollte.

Löwenzahnstern ließ ihn nicht aus den Augen. „Dann wird auch der ErdClan in sein Revier zurückkehren. Ihr werdet diese Angelegenheit nun alleine klären können.“ Er senkte zum Abschied den Kopf.

Kurz darauf befanden sich nur noch der FeuerClan und der WasserClan auf der Lichtung.

Silberstern räusperte sich und sofort richtete sich alle Aufmerksamkeit auf sie. „Ihr wisst alle, wieso wir hier sind.“ Kurze Pause, grimmige Miene. „Der SternenClan verlangt, dass wir diesen Kampf beilegen. Sonne und Mond sind am Himmel vereint. Das Schicksal von Sonnenjunges und Mondjunges ist das Schicksal unserer Clans.“

Gewitterschweif nickte zufrieden. „Wolkentänzer, Apfelpelz, tretet bitte vor.“

Die beiden sahen sich zögerlich an, doch dann gehorchten sie und gingen nach vorne zu den Anführern und Gewitterschweif. Sonnenjunges und Mondjunges – mittlerweile zwei Monde alt – tapsten ihnen hinterher.

Schwarzsterns Blick war unergründlich. „Ihr wisst selbst, dass ihr das Gesetz der Krieger gebrochen habt, als ihr eine Liebesbeziehung miteinander eingegangen seid. Doch wie es der SternenClan will, sollen eure Jungen nicht länger unter eurem Fehler leiden müssen.“

Silberstern sah unzufrieden aus, doch sie wiegte ihren Kopf sanft hin und her. „Lange hat der WasserClan darunter gelitten, dass kranke oder tote Junge zur Welt gekommen sind – wenn es überhaupt Nachwuchs gab. Eisschatten und Schneewolke waren die ersten, die es nach langer Zeit überhaupt bis zum Schüler geschafft haben. Und auch jetzt haben wir nur Forellenpfote, den Sohn von Steinbeere und Nachttropfen, auf dessen Schultern die Zukunft des WasserClans liegt.“

Forellenpfote, der zierliche, blaugraue Schüler, knete nervös das Gras unter seinen Pfoten.

Silberstern streifte ihn nur kurz mit ihrem Blick, ehe sie Sonnenjunges und Mondjunges direkt anschaute. „Vielleicht ist die Zeit gekommen, dass Forellenpfote diese Last nicht länger alleine tragen muss.“

Gewitterschweif nickte erneut. „Es ist an der Zeit, zuzulassen, dass das Blut des WasserClans wieder aufgefrischt wird. Zu lange haben wir uns davor verwehrt und wir alle haben am heutigen Morgen gesehen, wozu dies geführt hat. Sowohl der FeuerClan als auch der WasserClan haben ihren Zweiten Anführer verloren. Es ist ein Tag der Trauer und doch ein Tag der Hoffnung.“

„Wolkentänzer“, sagte Silberstern, setzte sich gerade hin und erlangte ihre Würde zurück. „Ich kann und werde deine Verbannung nicht aufheben. Was du getan hast, war falsch. Du hast dich dem Gesetz der Krieger entzogen. Dornstachel ist für die Überzeugung gestorben, dass auch deine beiden Jungen nicht länger an den Heiligen Berg gehören. Ich bin bereit, meine Meinung in diesem Punkt zu überdenken.“

Ihr Clan schnappte nach Luft, schaute verwirrt umher. Gewitterschweif lächelte zufrieden vor sich hin und nickte wohlwollend.

„Doch diese Entscheidung kann ich nicht alleine treffen. Schwarzstern. Diese Jungen sind zur Hälfte FeuerClan.“

Nun räusperte sich auch Schwarzstern. „Wie ihr alle wisst, bin auch ich eine HalbClan-Katze. Ich werde die beiden Jungen nicht in die Wildnis fortschicken. Zudem bin ich dazu bereit, Apfelpelz eine zweite Chance zu geben. Es war ihm zwar nicht erlaubt, eine Beziehung mit Wolkentänzer einzugehen, doch sie war bereits aus dem WasserClan ausgestoßen, als sie mit ihren Jungen zu mir kam, um Hilfe zu suchen. Hätte Apfelpelz nicht so selbstlos gehandelt, hätten wir nie davon erfahren. Er war bereit, sein Leben im Clan für seine Jungen zu opfern.“

Apfelpelz‘ Augen leuchteten, doch er schüttelte den Kopf. „Wolkentänzer hat kein Zuhause und …“

Sie unterbrach ihn. „Und das ist in Ordnung. Ich kann damit leben, aber du bist nicht für die Wildnis gemacht.“

„Ich werde dir folgen, wohin auch immer du gehst, Liebste.“

Sie sah aus, als wollte sie widersprechen, doch dann vergrub sie stattdessen dankbar ihr Gesicht in seinem langen, roten Fell. „Ich weiß, Liebster. Aber lass mich alleine gehen. Unsere Jungen brauchen dich hier, nicht bei mir.“

„Aber …!“

„Nein. Ich gehe alleine.“

Er schaute sie an, ein Sturm tobte in seinen gelbgrünen Augen. „Ich begleite dich bis zur Grenze.“ Schließlich nickte er schwach, endgültig, unfähig, noch ein Wort herauszubringen.

Anschließend standen beide gemeinsam auf. Wolkentänzer blickte ein letztes Mal auf ihre Jungen und drehte ihnen dann mit wässrigen Augen den Rücken zu. „Danke, Schwarzstern, für alles. Und auch dir danke ich, Silberstern, weil du unseren Jungen eine Chance gibst.“ Seite an Seite streiften sie durch die Reihen von Kriegern. Zwar musste sie ihren Clan verlassen, doch sie tat dies erhobenen Hauptes.

Rosentau saß mit versteinerter Miene da und würdigte ihren Sohn keines Blickes, als er wortlos an ihr vorbeizog. Nur Blaukralle musste schlucken, schüttelte dann jedoch enttäuscht den Kopf.

Otterpelz stürmte auf seine Schwester zu, schleckte ihr liebevoll einmal quer über das Gesicht und drückte seinen Kopf an ihren Körper. „Ich werde dich vermissen, Schwester. Eines Tages sehen wir uns wieder.“

Sie nickte. „Ganz bestimmt.“

Sie gingen weiter, verließen die Lichtung nach Norden, ließen ihre Jungen verwirrt zurück. Es war kein guter, richtiger Abschied gewesen, aber wie hätte ein richtiger Abschied schon aussehen können?

Verwirrt rückten Sonnenjunges und Mondjunges enger zusammen und schauten die beiden Anführer aus großen, verwunderten Augen an.

„Der WasserClan braucht neues Blut“, sagte er schließlich. Seine Stimme war bleiern, so schwer fielen ihm diese Worte. „Wirst du akzeptieren, dass Apfelpelz im FeuerClan bleibt?“

„Womöglich kann ich es akzeptieren.“

„Dann werde ich es akzeptieren, wenn du Sonnenjunges und Mondjunges für den WasserClan beanspruchst.“

Sie kniff zufrieden die Augen zusammen. Ihr Blick fiel ein letztes Mal auf den Mond, der gerade am Horizont unter ging. Es war der Wille des SternenClans und selbst Silberstern konnte sich nicht länger dagegen sträuben. „Gut. Aber diese Entscheidung obliegt nicht mir alleine.“ Sie drehte sich zu ihrem Clan um. „WasserClan! Stimmt darüber ab, ob wir die Jungen von Wolkentänzer und Apfelpelz als vollwertige Mitglieder unseres Clans aufnehmen sollen oder ob sie weiterhin im FeuerClan verbleiben.“

Im WasserClan brach Gemurmel aus. Immer wieder wurden skeptische Blicke getauscht.

Zimtfeder schluchzte leise vor sich hin. Sie hatte Sonnenjunges und Mondjunges wie ihre eigenen Jungen aufgezogen, sie gesäugt, gewärmt, bekuschelt. Umso enger zog sie Bienenjunges und Fuchsjunges nun an sich heran. „Sie werden mir fehlen“, flüsterte sie leise und ließ den Kopf hängen. „Sie sollten bei uns bleiben.“

Blaukralle strich ihr mit seinem Schwanz über die Seite, um sie zu beruhigen, sagte jedoch nichts.

Rosentau rümpfte lediglich die Nase über das Verhalten von Blaukralles Gefährtin.

Sturmherz schaute gespannt zum WasserClan herüber.

„Sie sind und bleiben HalbClan-Junge“, begann Donnertaucher zähneknirschend. „Seit Generationen steht der WasserClan dafür, dass wir das Gesetz der Krieger auf besondere Weise ehren. Können und wollen wir das wirklich einfach hinter uns lassen?“

„Es ist der Wille des SternenClans!“, widersprach ihm Otterpelz mit lodernden Augen. „Wollen wir das einfach ignorieren?“

„Otterpelz hat Recht!“ Steinbeere nickte. „Diese beiden Jungen haben das Recht, bei uns zu leben, wenn es der SternenClan so will. Es steht uns nicht zu, ihnen noch länger ihr Zuhause zu verwehren.“

„Wir sind nicht ihr Zuhause“, murrte Schiefregen, der Krieger, der eine angeborene Fehlstellung am Hals hatte und seinen Kopf deshalb die meiste Zeit über schräg hielt. „Wir können es auch ohne sie schaffen. Wir sind nicht auf sie angewiesen.“

„Nein, wir schaffen es nicht ohne neues Blut“, sagte Steinbeere trotzig. „Ihr wisst das alle so gut wie ich! Wir sehen doch jedes Jahr aufs Neue, wohin uns das geführt hat. Sowohl mein Bruder Dornstachel als auch ich haben jahrelang probiert, Junge zu bekommen. Weder bei ihm noch bei mir hat es jemals geklappt. Wenn es Forellenpfote nicht gäbe, wäre ich niemals Königin geworden! Wir müssen den zukünftigen Generationen neues Blut geben, damit sie nicht länger dasselbe Schicksal erleiden müssen.“

„Wahre Worte!“, stimmte Nachttropfen ihr zu. „Mein Sohn sollte nicht länger der einzige Schüler bleiben. Noch vier Monde, dann sind Sonnenjunges und Mondjunges ebenfalls Schüler. Sie werden unseren Clan stärken.“

„HalbClan-Blut bleibt HalbClan-Blut“, knurrte Eisschatten abweisend. „Ich bin dagegen!“ Er reckte das Kinn in die Höhe und nahm wohlwollend zur Kenntnis, dass sein Vater Donnertaucher ihm zunickte und applaudierend den Schwanz auf den Boden schlug.

„Alle, die dafür sind, dass die beiden bei uns bleiben, heben nun deutlich den Schwanz.“ Silbersterns Blick glitt über ihren Clan. Von den vierzehn anwesenden Mitgliedern des WasserClans stimmten nur vier dagegen, unter ihnen Silberstern selbst, die mit der Zunge schnalzte. „Gut. Ich werde mich dem Wunsch meines Clans beugen. Damit ist die Sache entschieden.“ Sie schaute zu Sonnenjunges und Mondjunges. „Vom heutigen Tag an seid ihr vollwertige Mitglieder des WasserClans. Ihr werdet im Clan eurer Mutter aufwachsen und uns voller Ehre und Loyalität vertreten.“

Die beiden schauten sich wortlos an. Niemand hatte sie nach ihrer Meinung gefragt und ihr bisheriges Leben, auch wenn es nur zwei Monde waren, hatten sie im FeuerClan verbracht.

Schwarzstern nickte den beiden Jungen zu. „So sei es. Es ist der Wunsch des SternenClans. Die Herzen des FeuerClans werden euch stets auf euren Wegen begleiten, doch von nun an gehört ihr zum WasserClan.“

Unsicher erhoben die beiden sich, schauten sich noch einmal um, ehe sie vorsichtig auf den WasserClan zutapsten.

Steinbeere erhob sich sofort und ging auf die beiden zu. „Ich bin Steinbeere, Forellenpfotes Mutter. Kommt mit mir mit. Ich werde mich um euch kümmern.“

Auch Otterpelz trat an die Seite der Jungen. „Und mein Name ist Otterpelz. Ich bin der Bruder eurer Mutter – also euer Onkel. Ihr könnt mir vertrauen. Ich werde euch beschützen, was auch immer passiert.“

Zuletzt trat auch Gewitterschweif an die beiden heran. „Vielleicht wird einer von euch eines Tages der neue Heiler des Clans? Die Wege des SternenClans sind unergründlich.“

Langsam und zögerlich hieß auch der restliche WasserClan die beiden Jungen willkommen.

Silberstern sah ihnen dabei zu, stand dann auf und seufzte. Sie wirkte erleichtert, als wäre eine schwere Last von ihr abgefallen. „Wir werden nun zurück in unser Territorium gehen. Ich werde Wacholderstern darüber informieren, dass die Grenzen der Clans nicht länger neu verhandelt werden. Zudem …“ Für einen Augenblick trübte sich ihr Blick. „Dornstachel hat sein Leben verloren. Jeder Clan braucht einen Zweiten Anführer.“

Gewitterschweif fing ihren fragenden Blick auf und nickte ihr zu.

Silberstern erwiderte das Nicken, indem sie den Kopf leicht senkte. „Ich verkünde hiermit, dass Muschelzahn von diesem Augenblick an der neue Zweite Anführer des WasserClans wird. Möge seine Weisheit mich in guten wie in schlechten Zeiten besser beraten, als Dornstachel es getan hat.“

Muschelzahn zuckte überrascht zusammen, fing sich jedoch schnell und freute sich über die Glückwünsche der anderen Clanmitglieder.

Sturmherz und die anderen sahen dem WasserClan dabei zu, wie er Dornstachels Körper packte und sich zum Aufbruch bereit machte. Sonnenjunges und Mondjunges gingen in der Masse aus weißem Fell unter, doch an ihrer Seite war Otterpelz der Fels in der Brandung.

Sturmherz fand, dass Silberstern die ganze Zeit über die Fassung gewahrt hatte. Dennoch zweifelte er nicht daran, dass es hinter den Kulissen im WasserClan noch zu Streitereien kommen würde. Zwar akzeptierten sie alle den Willen des SternenClans, aber das änderte nichts daran, dass Sonnenjunges und Mondjunges wie Fremdkörper im WasserClan waren. Noch hatte Silberstern ihre guten Vorsätze, doch ob sie sie einhalten würde, musste die Zeit zeigen. Immerhin hatte sie nun mit Muschelzahn einen Zweiten Anführer an ihrer Seite, der weniger aggressiv auftrat als Dornstachel.

Nachdem der WasserClan gegangen war, machte sich Erleichterung im Clan breit.

Zimtfeder schluchzte nach wie vor vor sich hin. „Ich vermisse die beiden jetzt schon!“

„Aber Mama, du hast doch noch uns!“, sagte Fuchsjunges und zog dabei die Schnute lang. „Noch zwei Monde, dann sind wir Schüler und du kannst richtig stolz auf uns sein!“

„Ich bin immer stolz auf euch“, sagte sie und leckte beiden einmal über die Stirn.

„Es ist gut, dass die beiden weg sind“, meinte Rosentau überheblich. „Sie hätten uns nur weiteren Ärger eingebracht. Ich hoffe, Apfelpelz wird sich in Zukunft benehmen und seinen Jungen nicht hinterhertrauern.“

Eisbart schnaubte. „Natürlich wird er leiden.“

„Er ist viel zu weich“, entgegnete Rosentau kopfschüttelnd und stolzierte zu Herbstwolke rüber, um sich von ihr Zuspruch zu holen.

Blaukralle, der sich die ganze Zeit über ruhig verhalten hatte, trat nun an Schwarzstern heran. „Schwarzstern, ich weiß, wie schwer uns alle der Verlust von Haselschweif getroffen hat, aber ich denke, ich spreche im Namen vom gesamten Clan, wenn ich dir sage, dass ein Zweiter Anführer Sicherheit und Stabilität garantiert, die der Clan braucht. Insbesondere in diesen schweren Zeiten des Verlusts.“

Schwarzstern drehte seinen Kopf langsam zu Blaukralle herum, musterte ihn, seufzte ergeben. „Du hast natürlich Recht, Blaukralle. Das Gesetz verlangt ohnehin, dass ich noch heute einen neuen Zweiten Anführer ernenne.“ Er schaute hinauf in den Himmel. Vereinzelt schwebten dort Wolken entlang, grau und voller Schnee, der nur darauf wartete, den Boden zu berühren. „Der Clan braucht jemanden, auf den er sich verlassen kann. Jemand, der ein guter Krieger und Jäger ist, der für die Werte des FeuerClans einsteht, das Gesetz der Krieger ehrt. Jemand, zu dem man aufschauen kann, weil er ein Vorbild ist. Jemand, der vorausschauend ist.“

Blaukralle streckte sich gebauchpinselt. „Natürlich, Schwarzstern. Und es muss jemand sein, der bereits einen Schüler hatte.“

Schwarzstern atmete tief durch. „Aber nicht jetzt. Heute Abend. Bei Sonnenuntergang.“ Dann erhob er seine Stimme, sodass ihn alle hören konnten: „Wir kehren zurück! Lasst uns nach Hause gehen!“
 

***
 

Niemand, nicht einmal Sturmherz, zweifelte daran, dass Blaukralle der Zweite Anführer werden würde. Auch wenn Haselschweifs Tod das Tagesgeschehen überschattete, ließ Rosentau es sich nicht nehmen ständig quer durch das Lager zu stolzieren und allen zu erzählen, wie stolz sie auf Blaukralle war.

Dennoch quälten sich alle durch den Tag. Die Verletzten mussten versorgt werden, womit Fliederpfote alle Pfoten voll zu tun hatte, da Honigblüte den ganzen Tag über eingerollt in ihrem Bau lag und mit niemandem mehr reden wollte. Sie trauerte um Haselschweif, wie sie um keinen anderen jemals getrauert hatte.

Sturmherz erkannte, dass er im Kampf Glück und einen guten Partner zur Deckung gehabt hatte. Weder Flockenpfote noch er hatten mehr als ein paar Schrammen und Kratzer abbekommen.

Schwarzstern hinkte hingegen noch immer, weigerte sich jedoch, Hilfe von Fliederpfote anzunehmen, wenn der restliche Clan noch nicht versorgt war. Von seinem Felsvorsprung aus überwachte er das träge Treiben im Lager, putzte sich hin und wieder und hing seinen Gedanken nach. Ohne Haselschweif an seiner Seite wirkte er seltsam verloren.

„Die beiden waren gute Freunde“, sagte Falkenherz, als sie bemerkte, wie Sturmherz seinen Anführer musterte. „Das einzig Gute an Haselschweifs Tod ist, dass ich ihn im SternenClan wiedersehen werde. Er war mein einziger Sohn, weißt du? Meine Tochter starb bei der Geburt ihrer vier Jungen. Nur Zimtfeder überlebte. Sie und Haselschweif waren alles, was ich hatte. Und der Clan, natürlich.“ Sie seufzte. „Ich bin eine Älteste. Vielleicht ruft mich der SternenClan auch bald zu sich.“

„Du bist zäh. Sie werden dich noch eine Weile bei uns lassen.“

In Falkenherz‘ Augen blitzte der Schalk auf. „Na das hoffe ich doch. Wer soll den Schülern sonst in den Hintern treten?“ Wie ein dunkler Schatten kehrte die Trauer zurück. „Von nun an wird es meine einzige Freude sein, den Kindern meiner Enkelin beim Aufwachsen zuzusehen.“ Sie schüttelte den Kopf, drehte sich weg und stapfte zurück zu dem Bau der Ältesten, vor dem Schneeflügel bereits auf sie wartete.

Milchkralle und Fleckennase setzten sich zu Sturmherz. Zu dritt leckten sie ihre Wunden und warteten anschließend darauf, dass der Sonnenuntergang nahte.

„Glaubt ihr, Schwarzstern wird unsere Schüler zu Kriegern ernennen, so wie er es damals mit uns getan hat?“, fragte Fleckennase in die Runde.

„Ich denke nicht.“ Milchkralle gähnte erschöpft. „Wir waren damals länger Schüler als Schattenpfote, Dachspfote oder Flockenpfote. Außerdem hat Dachspfote gar nicht mit gekämpft.“

„Aber sie hat dabei geholfen, die Jungen in Sicherheit zu bringen“, murrte Fleckennase. „Und sie hätte es verdient.“

„Das wissen wir, Fleckennase. Aber Schwarzstern muss sich an das Protokoll halten. Einen Zweiten Anführer zu ernennen ist wichtiger als drei Schüler zu Kriegern zu machen, wenn sie einfach noch nicht soweit sind.“

„War ja klar, dass du das sagen würdest, Milchkralle.“ Er verzog das Gesicht, doch das hielt nicht lange an.

Als Schwarzstern vor den FeuerClan trat, ließen sich alle in einem Halbkreis um ihn nieder. „Ich habe lange nachgedacht und nun ist es Zeit, einen neuen Zweiten Anführer zu ernennen. Ich bin mir sicher, dass Haselschweif in diesem Augenblick auf uns herunter schaut und auch in Zukunft über den FeuerClan wachen wird.“

Zustimmendes Gemurmel.

„Ich möchte euch nicht lange auf die Folter spannen“, sagte Schwarzstern mit seiner tiefen Stimme, die wie Donnergrollen klang. „Im vergangenen Jahr hat sich der FeuerClan großen Gefahren stellen müssen. Denkt an den Bärenangriff zurück, der uns nach der harten Blattleere in einem unserer schwächsten Momente getroffen hat. Aber denkt auch an das, was heute auf dem Schlachtfeld geschehen ist. Lasst es uns eine Warnung sein, die Verbundenheit aller vier Clans niemals wieder aufs Spiel zu setzen. Wir mögen zwar unterschiedlichen Clans angehören, doch im Herzen sind wir geeint und teilen uns den Heiligen Berg und den SternenClan. Ich möchte, dass der FeuerClan auch dann in guten Pfoten liegt, wenn ich eines Tages nicht mehr da sein werde.“

Manche schauten betreten zu Boden, andere blickten zu Blaukralle, der mit stolz geschwellter Brust in der ersten Reihe saß. Er würde genau das kriegen, wofür er sein ganzes Leben lang trainiert hatte.

Schwarzstern ließ seinen Blick über die anderen Katzen schweifen. „Ich weiß, dass jeder von euch stets sein Bestes gibt. Aber einer von euch hat sich in meinen Augen hervorgetan, weil er immer das Richtige getan hat, auch gegen den Widerstand von anderen. Diese Beharrlichkeit ist eine Fähigkeit, die jeder gute Anführer besitzen muss. Und aus genau diesem Grund erwähle ich hiermit Sturmherz als meinen Stellvertreter.“

Sturmherz fiel alles aus dem Gesicht. Er starrte Schwarzstern an und sein Herz setzte vor Überraschung ein paar Schläge aus.

Milchkralle starrte wiederum Sturmherz mit großen Augen an, genau wie Fleckennase, der ihm kurz darauf überschwänglich gratulierte.

Blaukralle hingegen sah aus, als würde seine Farbe jeden Augenblick von Blau zu einem wütenden Rot wechseln. „Sturmherz?!“

Rosentau explodierte förmlich. „Schwarzstern, bei allem Respekt, aber Blaukralle hat diesen Posten verdient! Er ist die perfekte Besetzung für den Zweiten Anführer! Sturmherz hingegen, er …“ Ihre Augen sprühten hasserfüllte Funken. „Er hat nicht einmal einen Schüler fertig ausgebildet! Ist das nicht gegen die Regeln?“

„Nein, ist es nicht. Es ist absehbar, dass Sturmherz Flockenpfotes Ausbildung erfolgreich beenden wird. Aus diesem Grund steht seiner Ernennung nichts mehr im Weg.“

„Das … Das ist …“ Ihr fehlten die Worte.

Doch nicht nur sie schien damit unzufrieden zu sein. Sogar Eisbart grunzte leise. „Blaukralle ist schon länger ein Krieger als Sturmherz. Sturmherz ist noch nicht einmal ein ganzes Jahr bei uns.“

„Schluss mit der Diskussion!“ Schwarzstern stand auf. „Ich habe mich entschieden! Blaukralle ist ein ausgezeichneter Krieger, aber ich sehe in ihm zum jetzigen Zeitpunkt nicht das, was es benötigt, um meinen Clan eines Tages in seinen Pfoten zu wissen.“

Rosentau schnappte immer wieder empört nach Luft.

Blaukralle war so geschockt, dass ihm die Worte fehlten. Er rang schlichtweg nach Fassung.

Unzufriedenes Gemurmel und Murren breiteten sich unter den Anwesenden aus. Die eine Hälfte freute sich für Sturmherz, die andere Hälfte wollte Blaukralle als Zweiten Anführer sehen.

Sturmherz fühlte sich unwohl. Damit hatte er nicht gerechnet. Niemand hatte das. Er wusste nicht einmal, ob er Zweiter Anführer sein wollte, ob er dieser Aufgabe gewachsen war. Doch Schwarzstern hatte ihm keine Wahl gelassen. „Ich weiß nicht, ob ich das schaffe.“

„Natürlich schaffst du das“, machte Fleckennase ihm sogleich Mut.

„Natürlich schafft er das nicht!“, setzte Rosentau dem entgegen.

Sturmherz wusste nicht mehr, wem er glauben sollte. Er hatte sich ganz sicher nicht wohl bei dem Gedanken gefühlt, dass Blaukralle Zweiter Anführer und eines Tages Anführer werden würde, weil er ihm sicherlich das Leben zur Hölle gemacht hätte. Aber Sturmherz fühlte sich nicht dafür bereit, diesen Posten selbst zu übernehmen. Er war jung und im Vergleich zu jemandem wie Eisbart unerfahren. Vielleicht hätte er sich diese Herausforderung zugetraut, wenn nicht der halbe Clan mit Ablehnung reagiert hätte. Sie akzeptierten ihn als Mitglied des FeuerClans und als Krieger – aber als Zweiten Anführer? Die Sorgen und Gedanken wirbelten in seinem Kopf umher.

Er kam nicht mehr dazu, etwas auf diese Situation zu erwidern.

Fliederpfote rannte aus dem Bau der Heiler hinaus, ihr Gesicht besorgt, geschockt, verzweifelt. „Schwarzstern! Schwarzstern! Bitte komm schnell!“

Der Anführer drehte sich abrupt zu ihr um. „Fliederpfote, was ist passiert?“

„Ich war nur ganz kurz nicht da und dann, ganz plötzlich … Honigblüte, sie …“ Fliederpfote begann zu zittern. „Ich weiß nicht, was geschehen ist, aber Honigblüte …“

„Was ist mit Honigblüte?“

Fliederpfote schniefte. „Sie ist tot!“

Ein Aufschrei ging durch den Clan. Das konnte nicht sein!

„Sie liegt neben Haselschweifs Körper und atmet selbst auch nicht mehr! Sie ist eingeschlafen, einfach so! Sie ist an ihrem gebrochenen Herzen gestorben!“

Die Welt um sie herum schien einzustürzen. Erst Haselschweif, jetzt Honigblüte, die Heilerin. Und Fliederpfote hatte ihre Ausbildung nicht einmal beendet gehabt.

Sturmherz wusste nichts mehr. Er saß einfach nur da und konnte nichts tun, außer dabei zuzusehen, wie der FeuerClan im Chaos versank.

Und er war der Zweite Anführer.

Er war seine Aufgabe, seinen Clan zu schützen – nur wie? Hilflosigkeit machte sich in seinem Inneren breit.

Womöglich hatte Schwarzstern tatsächlich einen schweren Fehler gemacht.

Doch nun war es zu spät.

Sturmherz musste das Beste daraus machen. Er fühlte sich verloren. Unendlich verloren.

Wieso tat ihm der SternenClan so etwas an?


Nachwort zu diesem Kapitel:
Damit hätten wir Saga 2 beendet :) Ich weiß, das Ende ist relativ offen, aber das soll zeigen, wie sehr der FeuerClan zu diesem Zeitpunkt im Chaos versinkt.

Zudem habe ich eine kleine Ankündigung: In Saga 3 wird endlich auch der SeelenClan auftauchen! Ich hoffe, ihr freut euch so sehr wie ich. Es wird sehr spannend in Saga 3 weitergehen, das kann ich euch verraten. Danke, dass ihr bis hierhin mitgelesen habt! Komplett anzeigen

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Kommentare zu diesem Kapitel (3)

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Bitte keine Beleidigungen oder Flames! Falls Ihr Kritik habt, formuliert sie bitte konstruktiv.
Von:  BlackSpark
2017-07-08T14:16:10+00:00 08.07.2017 16:16
Huh, ganz schön aufregendes Ende für Teil 2.
Naja, ich schätze wir wussten alle, wer zweiter Abführer im Feuerclan wird XD Armer, armer Sturmherz. Das ist gerade offenkundig zu viel für ihn.
Tja, ein gebrochens Herz kann tatsächlich zum Tod führen.... auf die eine oder andere Weise...
Jedenfalls; eine schöne, erholsame Sommerpause wünsch ich dir. Ich freu mich schon aufs Finale ;)
Antwort von:  Kalliope
08.07.2017 22:15
Vielen Dank für deine netten Worte :)
Ja, Blaukralle hat es nicht verdient und wenn Sturmherz die Hauptfigur ist, muss es mit ihm weiter gehen :D
Antwort von:  BlackSpark
09.07.2017 06:57
Ganz genau ^^
Von:  Wolfsfeuer
2017-07-08T06:41:30+00:00 08.07.2017 08:41
Na hoffentlich wird es Sonnenjunges und Mondjunges gut gehen. Sie haben sicher noch einen schweren Weg vor sich.
Das wird Blaukralle Sturmherz und Schwarzstern sicherlich noch lange nachtragen. Vielleicht hätte er bessere Chancen gehabt, wenn er Nebelstreif nicht so gegen seine Schwester ausgespielt hätte.
Na ob Honigblüte wirklich an einem gebrochenen Herz gestorben ist? Ich vermute ja, das sie sich das Leben genommen hat.
Aber ich freue mich schon auf die 3 Saga und Wünsche dir eine schöne Sommerpause :)
Antwort von:  Kalliope
08.07.2017 11:44
Oh ja, Blaukralle wird es nicht akzeptieren können, das gibt in Saga 3 viel böses Blut. Und du hast Recht, wenn er Nebelstreif nicht gegen Dachspfote aufgehetzt hätte, wäre er vielleicht Zweiter Anführer geworden.

Ob Honigblüte an ihrem Liebeskummer gestorben ist oder es etwas anderes war, überlasse ich jedem selbst :) Sie wusste, dass sie sterben wird, aber der SternenClan hat ihr nie verraten, unter welchen Umständen.

Danke :)
Von:  MyokoMyoro
2017-07-08T05:00:35+00:00 08.07.2017 07:00
Das ist mal wider ein tolles Kapitel. Und auch wenn der Feuer-Clan vermutet hat, das Blaukralle nun Zweiter Anführer wird so war es für uns Leser doch sehr offensichtlich, das Sturmherz es wird.
Und wegen Honigblüte, da glaube ich nicht, das sie wegen ihrem gebrochenem Herzen gestorben ist. Sie war schon die ganze Zeit so seltsam drauf. Ich glaube irgendwie, das der Sternen-Clan ihr gesagt hat, das sie bald sterben wird (warscheinlich wegen einer unheilbaren Krankheit) und sie deswegen Fliederpfote so getrengt hat so schnell wie nur irgendmöglich fertig zu werden mit ihrer Ausbildung.

Ich freue mich schon auf das nächste Kapitel.
Deine Myoko

PS: Wie lange geht deine Sommerpause eigentlich?
Antwort von:  Kalliope
08.07.2017 11:41
Ja du hast Recht, Honigblüte wusste, dass sie sterben wird. Sie wusste aber nicht, dass Haselschweif auch sterben muss, das hat sie schwer getroffen.

Ich muss jetzt erst einmal meine Abschlussarbeit für die Uni schreiben. Wenn ich damit durch bin, wird es mit Saga 3 weiter gehen :)


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