Sterben nach Wunsch von KiraNear (Path of Amy) ================================================================================ Epilog: Epilog -------------- Nach einer kurzen Befragung, der sich John unterziehen musste („Keine Sorge, den Rest machen einfach ein anderes Mal“), brachte Lestrade die beiden zurück in die Baker Street, wo sie umgehend in die Arme von Mrs. Hudson fielen. „Sherlock! John! Ihnen geht es gut, das freut mich! Ich bin schon fast krank vor Sorge gewesen.“ Eine kleine Träne wegwischend, sah sie zwischen den beiden Männern hin und her; sie wirkten erschöpft auf sie. Müder, als sie im Moment zugeben würden. Doch sie war sich sicher, würden sie sich jetzt ins Bett legen, wären sie nullkommanichts im Land der Träume. „Geht ihr beide doch schon mal rauf, ich bringe Amy später zu euch. Sie spielt hier gerade so schön und da möchte ich sie nicht unterbrechen“, sagte sie mit einem Augenzwinkern, bevor sie die beiden aus ihrer Wohnung hinausschob. Kurz sahen sie verwundert auf ihre geschlossene Wohnungstür, dann taten sie wie befohlen und setzten sich oben auf das Sofa. Erst jetzt merkten sie, wie lange der Tag für sie gewesen war; Müdigkeit kroch aus allen Ecken hervor in ihre Körper, machte sich jetzt in ihnen bemerkbar. John gähnte ein wenig, doch es gab etwas, dass ihm keine Ruhe ließ. „Was genau war jetzt hier eigentlich los? Der Typ hat mir gar nichts erzählt … er sagte mir, du wärst verletzt und dass du meine Hilfe benötigen würdest. Dass du nur von mir Hilfe annehmen würdest. Im ersten Moment fand ich das seltsam, aber du sagst und machst viele seltsame Dinge, also habe ich mir nicht viel dabei gedacht... Als wir angekommen sind, hat er mich niedergeschlagen. Erst als ich wieder aufgewacht bin, hat er mir offenbart, dass ich nicht mitgekommen bin, um dir zu helfen, sondern um ihm als Geisel zu dienen. Wenigstens ging es gut für uns aus!“ Sherlock gab ein undefinierbares Schnaufen von sich, das John nicht so recht einordnen konnte. Er beschloss, es in diesem Moment unkommentiert zu lassen.   „Jedenfalls, vielen Dank nochmal, Sherlock, dass du mir mein Leben gerettet hast. Ich weiß gar nicht, wie ich dir das danken soll – aber du sollst auf jeden Fall wissen, dass ich dir das nicht vergessen werde. Jedes einzelne Mal!“ „Schon in Ordnung“, sagte Sherlock, offensichtlich mit der Situation dezent überfordert. „Das machen doch … Freunde, nicht wahr? Sie retten sich und bringen sich gleichzeitig in gefährliche Situationen. Immerhin sind wir doch Freunde, oder würdest du unsere Beziehung anderes definieren?“ John zog die Stirn zusammen, dann entspannte er sich und begann sehr zu Sherlocks Verwunderung zu lachen. „Was denkst du denn, Sherlock? Klar sind wir das! Wir sind sogar recht gute Freunde, würde ich behaupten!“ „Aha, ist das so?“, war das Einzige, was er dazu zu sagen hatte, dann richtete er seine Augen auf John. Wieder, wie ein paar Tage zuvor im Haus von Mrs. North, sah er ihn mit einem seltsamen Blick an, von dem John nicht wusste, was er davon halten sollte. „Sherlock, ich möchte ja nicht unhöflich klingen, aber du machst es schon wieder …“ Er wich ein wenig zurück, was Sherlock nur dazu trieb, sich ihm im Gegenzug zu nähern. John bekam das Gefühl eines Déjà-vus, doch er wehrte sich nicht dagegen. Die Situation kam ihm so vertraut und bekannt vor.   „An was denkst du gerade, John?“, fragte er ihn neugierig, fast sinnlich und John brauchte ein paar Sekunden, um zu realisieren, dass die Frage nicht nur ein Produkt seiner Fantasie war. „Ich weiß nicht, an was ich denke“, entgegnete er geistesabwesend. „Irgendwie erinnert mich das hier an einen Traum, den ich mal hatte. Nein, es war kein Traum, es war eine Art Einbildung, eine Fata Morgana, ohne in der Wüste zu stehen … vergiss es, ich rede wirres Zeug“, sagte John, während er überlegte, wie weit er mit seiner Erklärung gehen sollte. John lächelte gequält und wünschte sich, die seltsame Situation würde sich ändern. Doch nichts geschah, Sherlock war immer noch leicht über ihn gebeugt und sah ihm direkt ins Gesicht. „Dann lass mich auch mal wirres Zeug erzählen, John. Erinnerst du dich noch an den Fall mit dem Hund, John? Damals, mit diesem Geisterhund? Damals fühlte ich ein seltsames Gefühl, dass ich davor seit Jahren nicht mehr gespürt hatte. Ich glaube, es war Angst oder zumindest Furcht, die ich dort spürte. Ja, ich, Sherlock Holmes spürte damals Furcht. Doch das, was ich in dem Gebäude vorhin spürte, war keine Furcht. Das war Angst. Für einen kurzen Moment sah ich wieder, wie Moriarty mit seinem tödlichen Fadenkreuz auf dich zielte. Damals konnte ich deinen Hals wieder aus der Schlinge ziehen, doch in diesem einen Moment sah ich mich nicht in der Lage dazu.“ Sherlock schürzte die Lippen, er hatte bereits das Gefühl zu viel gesagt zu haben und wandte seinen Blick ab. John schwieg und zum ersten Mal seit langer Zeit widerstand Sherlock dem Drang, ihm ins Gesicht zu sehen, seine Reaktionen, seine Gesten und Minen zu studieren. Erst als er eine Hand auf der seinen spürte, zog er sich zurück und setzte sich aufrecht hin. John tat es ihm nach, von Neugierde getrieben sah er den Detektiv an und versuchte, den Knoten auf seiner Zunge in Worte zu fassen. Es gab eine Frage, die ihn schon länger beschäftigte und er sah diesen Moment als den einzigen, in welchem er sie stellen könnte und auch die richtige Antwort dazu hören würde. Sein Gefühl sagte es ihm und er hatte oft damit richtig gelegen.   „Beantworte mir nur eine Frage, Sherlock. Ich erwarte nicht, dass du sie mir ehrlich beantwortest, aber ich würde mich freuen, wenn du mir etwas verraten könntest. Mich würde interessieren, warum du mich manchmal so seltsam ansiehst. Mit diesem Blick, als würdest du mein komplettes Innenleben kennenlernen wollen? Als würde dir ein Blick durchs Fenster nicht reichen, nein, du musst durch die Tür eintreten und dich genauestens umsehen. Aber warum? Wir kennen uns nun seit ein paar Jahren, warum musst du mich immer noch beobachten?“ Sherlock sah ihn mit einem seiner „Ist dir denn das nicht klar?“ – Blicke an und er spürte, dass John auf diese Fragen eine wirkliche Antwort verlangte. Dass er mit einem Schweigen nicht zufrieden sein würde, wie er es sonst oft war. „Nun, John, das ist recht einfach. Das liegt daran, dass du ein sehr simpler Mensch bist.“ John wartete noch kurz darauf, dass sich der Detektiv weiter äußerte, was er jedoch nicht tat. „Danke, dessen bin ich mir bewusst, das hast du mir oft genug zu verstehen gegeben. Doch das beantwortet meine Frage nicht!“ Sherlock sah ihn immer noch mit seinem Blick an, dann fuhr er seufzend fort. Nicht einmal er war sich sicher darüber, ob das nur gespielt war oder ob es ihm wirklich so schwerfiel, darüber zu reden. „Wie gesagt, du bist wie all die anderen Menschen simpel, so einfach gebaut und so schnell beeinflussbar. Das wurde ja heute wieder bewiesen. Du hast zwar einiges im Kopf und bist auch ein guter Arzt, aber am Ende bist du ein normaler Mensch, mit normalem Denken und einem kleinen, langweiligen Gehirn. Doch je mehr ich dich kennenlerne, desto mehr lerne ich von dir. Desto mehr sehe ich, wie wenig ich dich kenne. Du bist so offen wie ein Buch für mich und dann doch so geheimnisvoll wie das Geheimrezept für Kartoffelsalat meiner Mutter …“ Er pausierte einen Moment, dann näherte er sich ihm ein weiteres Mal. „John, du meintest, du hättest vorhin an eine Illusion gedacht. Was für eine war es? Erzähl mir davon!“, sagte er wieder in seinem seltsam-sinnlichen Tonfall. John schluckte, er wusste, es gab keinen Ausweg. Würde er sich eine Lüge ausdenken, würde Sherlock ihn sofort durchschauen. Und er konnte sich nicht ausmalen, wie Sherlock darauf reagieren würde, war doch die ganze Situation im Moment seltsam und surreal. So entschied er sich, ihm die Wahrheit zu erzählen.   „Ich hatte die Illusion – nun, wir haben uns … geküsst“, brachte er zaghaft hervor, darauf vorbereitet, dass Sherlock ihn auslachen oder für lächerlich erklären würde. Doch dieser tat weder das eine noch das andere. Im Gegenteil, er drehte sich mehr zu ihm um und sah ihm wieder direkt in die Augen. „Sag mir, wie hat es sich angefühlt? Für eine Illusion?“ „Es war warm und angenehm. Es kribbelte überall in meinem Körper und gab mir ein gutes Gefühl. Als würde ich in dem Moment das einzig richtige machen. Aber es war nur ein Tagtraum, wenn auch ein sehr intensiver, weswegen ich nie näher darüber nachgedacht habe.“ Sherlock lächelte ihn amüsiert an, zum größten Teil angesichts der Röte in Johns Gesicht. „Was, wenn du es herausfindest? Ob es nur ein Traum oder doch die Wirklichkeit war? Teste es, finde es heraus“, stachelte er ihn an. Überrumpelt starrte John ihn an, merkte aber, dass einem Teil von ihm die Idee gefiel. Da ist ja nichts dabei, ich meine, wir beide sind alleine und ein Kuss unter Männern hat mich ja noch nie wirklich gestört …. Als würde er eine zerbrechliche Porzellanpuppe anfassen, verkleinerte John den Abstand zwischen ihren beiden Gesichtern. Je kleiner der Abstand wurde, desto lauter und heftiger schlug sein Herz gegen seine Brust. Nur noch wenige Millimeter trennten ihre Lippen, doch ihn hatte der Mut verlassen, er konnte sich weder vor noch zurückbewegen. Erneut begann Sherlock zu lächeln und überwand die restliche Distanz zwischen ihnen. Erneut spürte John, wie eine Welle aus Glücksgefühlen ihn überschwemmte, gleichzeitig spürte er Sherlocks weiche Lippen auf den seinen; wie sehr es ihm gefiel, sie zu spüren. Mit den Armen griff er nach Sherlock und drückte seinen Körper dichter an sich, so gut es ihm in ihrer Sitzposition möglich war. Und auch Sherlock schien den Kuss zwischen ihnen zu genießen, auch wenn man es ihm lange nicht so deutlich ansah wie John.   Nach ein paar Sekunden lösten sie den Kuss. John mit puterrotem Gesicht, Sherlock hatte dagegen nur einen leichten Hauch von Rosa auf den Wangen. „Na, John, war es nun eine Illusion? Oder war es real?“, fragte er ihn, obwohl sie beide wussten, dass die Frage im Grunde sinnlos war. Verschüchtert begann John leicht zu lächeln. Sie hatten soeben eine Grenze überschritten, waren in eine Ebene vorgerückt, von der sie nicht mehr so leicht zurückkehren konnten. Wenn sie es denn wollten. Wenn. „Nun, ich denke, wir sollten nun langsam Amy holen“, schlug John vor, da wurde er schon von Sherlock gepackt und auf dessen Hälfte des Sofas gezogen. Bauch auf Bauch liegend, sah er verwirrt den Sofarücken an. „Das können wir nachher machen, John … doch vorher wäre ein kleines Nickerchen mehr als angebracht, findest du nicht auch?“ John, der sich ein wenig mit seiner aktuellen Situation arrangierte, nickte stumm. Hatte das Adrenalin die Müdigkeit bisher erfolgreich verdrängt, kehrte sie nun langsam zurück. So fühlte er sich nicht mehr in der Lage, seine Tochter zu bespaßen oder zu füttern. „Mrs. Hudson kann sich ja noch ein wenig kümmern“, murmelte John, im Geiste schon mehr als schläfrig. Sherlock lächelte, er merkte selbst, wie es sich nur noch um Sekunden handelte, bevor er endgültig eingeschlafen war. „John, eins wollte ich dir noch sagen … ich mag die Form deiner Hände …“ Gerade noch schaffte er es, die Worte leise auszusprechen, dann konnte man nur noch leise Atemgeräusche von ihm hören. „Danke, ich mag meine Ohren auch“, entgegnete John müde, dann war auch er eingeschlafen. Aufeinanderliegend, die Hände leicht ineinander verschlossen, lagen sie auf dem Sofa. Sich von den Strapazen des Tages erholend und mit einem angenehmen Traum beglückt. Einem Traum, mit ihnen beiden am Strand, mit Amy, einer Sandburg und einem komplizierten Verbrechen, dem sich Sherlock selbst in der Traumwelt nicht erwehren konnte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)