ℬeautiful STRANGER von irish_shamrock ================================================================================ Kapitel 1: ℬeautiful STRANGER ----------------------------- . : ℬeautiful ꒚TRANGER : . Hart presste er seinen Körper gegen den meinen und ich spürte die kalte Wand in meinem Rücken. Der Druck seiner Lippen war erbarmungslos, schier hungrig, als wäre ich die einzige Erlösung für ihn. Dass ich mich auf jemanden wie ihn einließ, war nicht üblich. Mied ich doch möglichst jeden Kontakt und umgab mich nur mit solchen, wie ich es war. Werwölfe ... Doch er, er war nur ein Mensch. Klein, unbedeutend und im Vergleich zu jenen anderen Sagengestalten wie Vampiren, Hexen und Doppelgängern, ein Nichts. Trotzdem hatte ich nicht widerstehen können, ihn zu betrachten. Etwas, das ich nicht beschreiben konnte, hatte mich an ihm fasziniert. Dennoch war er wohl das genau Gegenteil zu den Jungen, denen ich sonst den Vorzug gab. Seine Finger wanderten von meinem erhitzen Gesicht gen Süden. Passierten Hals und Schlüsselbeine, fuhren mir über die Arme und brachten das Leder meiner Jacke zum Knirschen. Abrupt landeten seine Hände auf meinen Hüften, während er sich, wenn es überhaupt noch möglich war, noch näher an mich schmiegte. Ich spürte die Hitze seines Körpers, schmeckte sein Verlangen auf meiner Zunge. In blinder Gier ließ ich es zu, dass er sich zwischen meine Beine drängte, die ich bereitwillig um seine Mitte schlang. Die enge Jeans zwickte an den unmöglichsten Stellen doch ich gab mir Mühe, mich auf etwas anderes, wichtigeres zu konzentrieren. Ich schlang ihm meine Arme um den Hals und hoffte, dass er jene Geste verstand. Das tat er, denn ein keuchender Laut entwich ihm zwischen dem leidenschaftlichen Treffen unser Zungen. »Hältst du ...«, murmelte er an meinen Lippen. »Hältst du das für eine gute Idee?« Ein Grinsen zierte mein Gesicht. »Meine Ideen sind nie gut.«, antwortete ich. Haven't we met? You're some kind of beautiful stranger You could be good for me I've had the taste for danger ↯♥↯ If I'm smart then I'll run away But I'm not so I guess I'll stay Heaven forbid I'll take my chance on a beautiful stranger Mit müden, und schweren Füßen hatte ich mich in dieses Etablissement geschleppt. Ein kleines Diner, kaum auszumachen in diesem Wirbel aus Farben, leuchten Reklametafeln und dem Geräusch der fahrenden Autos. Stickig war es hier und kleine Staubpartikel flogen umher. Meine Stiefel klangen dumpf auf dem Holzboden nach, während ich mich meiner Umgebung versicherte. Viele Gäste waren es nicht, die sich hier, um diese Uhrzeit, nach einem Snack oder einem kühlen Bier sehnten. Fünf arme Seelen, die Tresenkraft und meine Wenigkeit eingeschlossen. Offenbar gab es hier am Abend mehr zu sehen, als es in diesem Moment den Anscheint hatte. Die Bedienung hob den Blick und nickte kaum merklich. Ich wandte mich von ihr ab, ohne den Gruß zu erwidern und steuerte eine der Nischen an. Kraftlos ließ ich mich auf das rote Polster sinken. Mir war gar nicht bewusst, wie ermattet ich mich fühlte und dass ich mich überhaupt so fühlen konnte! Meiner Art sagte man nicht ohnehin eine Menge Fähigkeiten nach, doch schienen jene Eigenschaften seit ein paar Tagen nicht mehr auf dem höchsten Niveau zu sein. Zumindest, was mich betraf. »Was darf's sein, Süße?« Die Bedienung. Ich hatte sie vollkommen vergessen. Mein Blick huschte über ihre Uniform, die ihr eindeutig nicht passte. Dieses senfgelbe Dress mit brauner Schürze, dazu schien ihre Oberweite zu groß für das Blüschen, in das sie sich hatte hineinzwängen müssen. Die oberen drei Knöpfen machten den Anschein, als wollten sie jeden Moment vor dem Stoff die Flucht ergreifen. Ihr Geruch, ein Gemisch aus altem Schweiß, ranzigem Frittierfett und einem süßlichen Parfum drang mir in die Nase. In solchen Situationen verfluchte ich es, ein Werwolf zu sein. »Ähm ...«, überlegte ich laut und riss mich von ihr los. »Coke.« »Und zu essen?« Ihre Fragerei kostete mich wahrlich Nerven. »Burger«, spie ich aus und bemerkte die zu dünn gezupfte und mit einem Stift ungleichmäßig nachgefahrene Braue, die sie hob. »Cheeseburger?« Ein Zucken der Schultern folgte, ehe sich »Marcia«, so der Name, wie das winzige Schild auf ihrer Brust verriet, zum Gehen wandte. Marcia, was für ein Name?, riet ich in Gedanken. Manche Eltern sollte man für diese Art der Folter und Grausamkeit wegsperren! Ein bitterer Beigeschmack folgte auf meine düsteren Überlegungen hin. Ich trieb ihn mit einem Schnalzen der Zunge fort und lehnte mich weit in die Sitzbank zurück, sodass mein Rücken den alten, rostroten, aber kühlen Stoff berührte. Mein Blick schweifte umher. Ein kehliges, kratziges Lachen drang an meine Ohren. Marcia kicherte über einen Witz, den wohl der Trucker gerissen hatte, der vor ihr, auf einem Barhocker, am Tresen saß. Ihre gedämpften Stimmen konnte ich so deutlich vernehmen, als stünde ich direkt und unmittelbar neben ihnen. Mein Versuch, den Worten zu entkommen, gelang mir, wenn auch kläglich. Tief holte ich Luft und entwand mich der schweren Lederjacke. Sie rutschte mir von den Schultern und gab die olivefarbene Haut darunter preis. Das beige Top, das ich gewählt hatte, stand in einem schönen Kontrast zur Derbheit von Jacke, Jeans und Stiefeln. Ich war nie eines dieser typischen, amerikanischen Püppchen gewesen, die zur Abschlussball-Königin gewählt werden. Ich hatte nicht mal so etwas wie einen Abschluss. Mein Leben war alles andere als ein Kinderspiel. Kein Cheerleader-Training, kein Mitglied in irgendeinem Club. Ich ging nicht mit Jungs aus. Ich traf mich nur ab und an mit ein paar Typen, bei deren Bekanntschaft es für eine Nacht, wenn überhaupt, blieb. Ich gehörte nicht zu den geselligen Menschen, allein deshalb schon nicht, weil ich ein Werwolf war. Ich war von Rudel zu Rudel gezogen, als ich meine Eltern, meine leiblichen Eltern verlor. Ich wusste auch nicht, ob ich das Gen, das mich zu einem reißenden Biest mutieren ließ, meinem Vater, oder meiner Mutter zu verdanken hatte. Der bekannte Geruch schob sich in meinen Fokus und die dunklen Gespinnste beiseite. Marcia kam mit dem Glas Cola angewackelt, das sie, widererwartend, auf einem Tablett balancierte. »Deine Coke, Süße«, sagte sie und ich glaubte, einen Südstaaten-Akzent herauszuhören. »Dein Burger ist auch gleich soweit.« Dieses Mal rang ich mir ein flüchtiges Heben der Mundwinkel ab. Die gute Frau konnte nun wirklich nichts dafür, dass ihr krauses, rotes Haar aussah, als habe sie mit nassen Fingern in einer Steckdose herumgebohrt. Auch den Lippenstift auf ihren Zähnen verzieh ich ihr. Marcia stellte das Glas vor mir ab und zockelte davon. Ich betrachtete die trägen Versuche der Bläschen, aus der zuckerigen Masse emporzusteigen. »Nicht mal kalt«, murmelte ich, griff jedoch nach dem Glas, setzte es an meine Lippen und nahm einen großzügigen Schluck. Keine zwei Minuten später stand der Cheeseburger vor mir. Dampfend, duftend, dass ich all die anderen Gerüche ausblenden und mich nur noch auf das Essen vor mir konzentrieren konnte. Zu meinem Glück hatte ich keine Fritten bestellt, denn so, wie mir Marcia noch in der Nase haftete, wollte ich nichts riskieren. Gerade hatte ich herzhaft von meinem saftigen Snack abgebissen, da schob er sich in den Vordergrund. Ich sah von dem Burger auf und erspähte ihn vorn an der Theke. Sein Geruch kitzelte mich schwach, da ich versuchte, meinen Fokus auf das triefende Mahl zurichten. Frisch ... männlich ... aber nicht aufdringlich. Ein Mensch. Da ich nur seine Rückansicht betrachten konnte, brannte ich jedoch darauf, ihm ins Gesicht zu sehen. Und beinahe so, als habe er meine Gedanken gehört, wandte er sich um. Ich schluckte, denn meine Vermutung bestätigte sich. Schade, grollte es in mir. Er schien mehr der Sunnyboy, oder Football-Spieler zu sein. Ein Surfer-Typ, keine Frage. »Zu Schade, Sonnyboy«, nuschelte ich seufzend. »Aber du bist leider nicht mein Typ.« I looked into your eyes And my world came tumbling down You're the devil in disguise That's why I'm singing this song ↯♥↯ To know you is to love you You're everywhere I go And everybody knows Als die letzten Reste des Burgers vertilgt waren, wischte ich mir den Ketchup und das gelbe, klumpige Dressing aus den Mundwinkeln und leckte mir die Lippen. Überraschender Weise tat es mir gut, etwas im Magen zu haben und obwohl man es diesem Diner nicht ansah, hatte mich der Geschmack des Essens eines Besseren belehrt. Ich wusste, dass er mich beobachtete. Ich spürte seinen Blick auf mir, der Neugierde zeigte. Offenbar hatte ich sein Interesse bereits seit seiner Ankunft geweckt. Nicht umsonst hatte er sich zwei Tische neben mir niedergelassen, mit Blickrichtung auf meine Person. Ich kam nicht umhin, in mich hineinzugrinsen und fuhr abermals mit meiner Zunge meine Lippen nach. Geistesabwesend und den anhaftenden Geschmack auskostend, selbstverständlich. Ich achtete kaum auf ihn, dennoch fand ich es faszinierend, wie sein Adamsapfel zuckte, als habe er schwer schlucken müssen. Das Klingeln meines Telefons war es jedoch, das nach meiner Aufmerksamkeit verlangte. Ich wühlte in den Taschen meiner Jacke danach und versuchte, dem Läuten Einhalt zugebieten. Die Melody verklang, gerade, als ich das kleine Ding in die Finger bekam. Das Display zeigte den verpassten Anruf an: Tyler Vermutlich wollte er nur wissen, wo ich war. Eine gute Frage, schalt ich mich, denn ich wusste nicht einmal, in welcher Stadt ich mich gerade aufhielt. Ich hatte nur die grobe Richtung im Kopf und meinem Freund versichert, dass ich es rechtzeitig schaffen würde. Ich biss mir auf die Unterlippe, zog sie zwischen meine Zähne. In dem ganzen Trubel aus Reisen, Hunger und seltsamen Typen, hatte ich völlig aus den Augen verloren, dass ich mich beeilen sollte. Und als hätte ich es geahnt, stand jene Sorte Mann in jenem Moment vor mir. »Hey«, drang seine geschmeidige Stimme an meine Ohren. Ich rügte mich, war mir doch entgangen, dass ich ihn hatte im Auge behalten wollen. »Hey«, erwiderte ich trocken, tat geschäftig und erlag dem Versuch, in meine Jacke zu schlüpfen. Ich hob den Blick und sah für einen flüchtigen Augenblick so etwas Bedauern über sein Gesicht huschen. Männer ... »Bist du neu hier?« Oh je, auf ein Frage-Antwort-Spiel hatte ich keine Lust. »Wieso?«, hakte ich nach und widmete mich den Jackenärmeln, in die ich gerade fuhr. »Weil ich dich noch nie hier gesehen habe«, erklärte er und schien mir nervös, da sich in seine noch eben so gefasst klingende Stimme ein leichtes Beben schlich. Ich zuckte die Schultern. »Dann bin ich wohl neu hier. Aber auch gleich wieder weg.« »Dann ... bist du auf der Durchreise?« Der Kerl redete eindeutig zu viel. »Ja und nein«, entkam es mir hastig und leicht gereizt. »Ja und nein?« Eine Falte bildete sich zwischen seinen dunklen Augenbrauen. »Ja, und nein«, sagte ich entschieden. Ich sah keinerlei Sinn darin, ihm meine Absichten und Vorhaben zu erläutern. Mein privater Kram ging weder ihn, noch den Rest des Diners etwas an. »Ah, schon klar«, meinte er freiheraus. »Tut mir leid.« Klasse, ich und mein Mundwerk. Statt einer Antwort zuckte ich erneut die Achseln. »Ich bin Aaron« Höflich bot er mir seine Hand dar. Ein schnaubender Laut, gefolgt von einem leichten Schütteln des Kopfes meinerseits folgte. »Und ... willst du mir nicht auch deinen Namen verraten?« Ich verengte meine Augen zu Schlitzen. »Nein.« »Okay, okay«, wiegelte Aaron ab und hob beide Hände abwehrend empor. »Ich bin auch nicht sonderlich gut in so etwas.« Ein Schnalzen meiner Zunge folgte, ehe ich mich, ungeachtet dessen, dass ich eigentlich keine Zeit für so etwas hatte, noch tiefer in das Polster schraubte und die Beine übereinander schlug. Es interessierte mich nicht, in was er gut, oder nicht gut war. Dass er trotzdem gut küsste, sollte ich erst später erfahren. To love you is to be part of you I've paid for you with tears And swallowed all my pride ↯♥↯ Da da-da-dum da-dum da-dum da da da-da dum Beautiful stranger Da da-da-dum da-dum da-dum da da da-da dum Beautiful stranger Was auch immer mich dazu bewog, ihm weiter zuzuhören, wusste ich nicht zu sagen. Was mich dazu trieb, mich bis zum Einbruch der Dunkelheit mit ihm in diesem Diner aufzuhalten, war mir unbegreiflich. Trotzdem hatte ich mich auf diesen Sonnyboy eingelassen, dem es sogar gelang, dass mir der eine oder andere Lacher entfloh. Auf absurde Art schienen wir einen ähnlichen Humor zu besitzen. »Du bist echt tough«, sagte Aaron und sein Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen. Wortlos hob ich das Glas und prostete ihm zu. »Was, also, hat dich hier in diese Gegend verschlagen?« »Keine Fragen!«, merkte ich an und machte mit dem Zeigefinger einer verneinende Geste. »'Tschuldige«, murmelte er und genehmigte sich einen Schluck des billigen Biers, mit dem sich das kleiner Diner rühmte. Trotz des leichten Geplänkels zwischen uns, vermochte ich die innere Anspannung nicht zu lösen, die mich mahnte, mich wieder schnell auf den Weg zumachen und diesen blonden, smarten Jungen nie wiederzusehen. Ich war nicht gut für ihn. Ein ums andere Mal hatte er versucht, mir meinen Namen zu entlocken. Doch welchen hätte ich ihm nennen sollen? Andréa – vielleicht? Oder meinen neuen, mir selbstgegebenen Namen? Mit erstem verband ich zu viel Schmerz, zu viel Leid. Letzterer würde ihm allerdings zu viel verraten. Und ich traute niemandem. Vorzugsweise nicht einmal mir selbst. In einem solchen Fall zeigte sich jenes nicht-Vertrauen klar und deutlich. Ich wusste nicht wann, doch dass ich heute Abend einen Fehler beging, war mir mehr als bewusst. »Lass uns hier abhauen«, hörte ich mich zu meiner eigenen Verblüffung sagen. Die Country-Musik aus der alten Jukebox malträtierte schon viel zu lang meine empfindlichen Ohren und zwei Bier und drei Shots später war ich tatsächlich nicht mehr Herrin meiner Sinne. Selbst die wölfische Seite in mir schien fernab von allem dahinzudriften. Ich fühlte mich wie in Watte gepackt, doch spürte ich seine warmen Finger, die sich um mein Handgelenk schlossen. Sanft, aber bestimmend. Wir traten auf den Gehweg und es gelang mir allmählich, einen klaren Kopf zu bekommen. Die frische Nachtluft half mir dabei, dennoch konnte ich seinen Duft dicht hinter mir ausmachen. Ich wandte mich zu ihm um. Im Licht der Straßenlaternen wirkten seine Züge nicht mehr so kindlich und verspielt, wie ich sie mir zuvor eingebildet hatte. »Hey, schöne Frau« Seine Stimme schmeichelte mir und schien mich wie ein seidenes Tuch zu umwehen. »Was hast du jetzt vor?« Aaron überbrückte die kleine Distanz zwischen uns mit einem einzigen Schritt. Er war mir nah. So nah, dass ich das heftige Flattern seines Herzens, seinen hastigen Atem, ja selbst das Rauschen seines Blutes zuhören glaubte. »Du bist das schönste Mädchen, das ich je gesehen habe«, murmelte er und griff nach einer Strähne meines braunen Haares, um mir diese hinters Ohr zustecken. »Schleimer«, knurrte ich, lächelte jedoch. »Ich nehme dich trotzdem nicht mit zu mir.« »Ach nein?«, hakte er nach und ich ließ es zu, dass mich sein Duft noch mehr betäubte. »Nein«, gebot ich ihm und schüttelte, meine Antwort bekräftigend, den Kopf. »Ich habe nämlich keine Ahnung, wo das ist.« Ein schnaubender, belustigt klingender Laut entstieg seiner Kehle. Ohne ein Wort des Protestes ließ ich es zu, dass er mich in eine Gasse führte, mit flinken Schritten, beinahe so, als müsse er sich beeilen, sonst würde ihm etwas Wichtiges durch die Lappen gehen. »Du bist anders, als die anderen«, raunte er und drückte meine Handgelenke gebieterisch gegen die kühle Mauer. Ein schiefes lächeln zierte meine Lippen. »Ach ja?«, fragte ich herausfordernd. »Dann kennst du wohl viele andere, hm, Sonnyboy?« »Sonnyboy?« Eine Augenbraue seinerseits wanderte zum dunkelblonden Haaransatz. »Du bist der Wahnsinn.« Damit zog er mich in den Strudel leidenschaftlichen Begehrens. If I'm smart then I'll run away But I'm not so I guess I'll stay Haven't you heard? I fell in love with a beautiful stranger ↯♥↯ I looked into your face My heart was dancing all over the place I'd like to change my point of view If I could just forget about you In vielerlei Hinsicht mag meine Entscheidung dumm gewesen sein. Manche würden es sogar als Fehler betrachten. Ein wildfremder Junge, der ein schönes Mädchen an einem heißen Sommertag in einem Diner anspricht. Beide verfallen in mehr oder weniger anregenden Smaltalk, bis die Nacht ihren Mantel über diese fremde Stadt ausbreitet und den wildfremden Jungen und das schöne Mädchen in eine Gasse lockt. »Ich bin nicht gut für dich«, murmelte ich an seinen warmen Lippen. Das Blut hatte seine Wangen gefärbt und schien nur allzu deutlich auch in anderen Regionen mit seinem Herzen um die Wette zu pochen. »Ich weiß«, gab Aaron zurück, doch statt von mir abzulassen, zerrte er an meiner Jacke und schob sie mir eher ungelenk über die Arme. Seine Daumen strichen mir über die Haut. »Heiß«, grollte er und ließ seinen Blick über mich gleiten. Natürlich war mir bewusst, dass er so reagierte. Ein Mädchen, zwar noch immer mit Stoff umhüllt, doch genug preisgebend, stand willig vor ihm, sodass er gar nicht anders konnte, als mich zu betrachten. Etwas flackerte in seinen Augen auf. Das Blau darin, das mich an einen kühlen See erinnerte, schien dunkler und bedrohlicher zu schimmern. Das blonde Haar war der Willkür meiner Finger ausgesetzt und sah auf verführerische Art verboten aus. Der leichte Bartschatten verlieh ihm in diesem Moment noch mehr Sex-Appeal. Wieder rügte ich mich, denn Aaron war nicht einer jener Männer, mit denen ich das Bett teilte. Er war sich seines Äußeren durchaus bewusst, doch schien er dies nicht auszunutzen. Irgendetwas an ihm verriet mir dennoch, dass ihm übel mitgespielt wurde. Man hatte ihm eine Wunde zugefügt, die wohl nie verheilen würde. Eines hatten wir zu Beginn dieser Nacht klargestellt: Keine Fragen über die Vergangenheit. Auch wenn er es nicht lassen konnte, und mich, während unseres Aufenthalts im Diner, mit Fangfragen zukaschen versuchte. Dennoch spürte ich eine gewisse Distanz, als Aaron seine Lippen auf meinen Mund presste und jene Konturen mit seiner Zunge nachfuhr. Seine Finger hatte er mit den meinen verschränkt und drückte mich weiterhin gegen das Mauerwerk des Nachbargebäudes. Der dumpfe Nebel, den ich dem Alkohol zuschrieb, lichtete sich langsam und so gelang es mir, mich auf ihn und sein Tun zu konzentrieren. Wie viele Mädchen er bereits geküsst hatte, war mir egal. Es ging mich nichts an. Ebenso wenig sollte ihn mein Liebesleben interessieren. Ich konnte jedoch mit Fug und Recht behaupten, dass ich die Stunden mit ihm genoss. To know you is to love you You're everywhere I go And everybody knows ↯♥↯ I looked into your eyes And my world came tumbling down You're the devil in disguise That's why I'm singing this song to you »Wer bist du, schöne Fremde?« Wieder hallten seine Worte in meinen Ohren nach. Ein schiefes Lächeln legte sich auf meine Lippen, während ich seinen ruhigen, gleichmäßigen Atemzügen lauschte. Trotz allen Begehrens, der heißblütigen Gier und der entflammten Leidenschaft war es nicht zum großen Finale gekommen. Nicht, das wir beide uns jenem wahnwitzigen Vorhaben hätten entziehen wollen. Sowohl Aaron, als auch ich, schienen sämtliche Warnungen mit dem höchsten Vergnügen in alle Winde zu verstreuen. Doch uns war bewusst, dass das Spektakel nicht ungesühnt geblieben wäre. Das Zimmer, das wir auf die Schnelle gefunden hatten, war von einfacher Ausstattung. Ein schmales Bett, ein Schrank, ein Waschbecken. Dass es so etwas überhaupt noch gab, überraschte mich, doch ich wusste, dass solche Unterbingungsmöglichkeiten weiterhin existierten. Unter vorgehaltener Hand betitelte man solche Häuser als »Stundenhotels«. Ich allerdings würde solche Stätten als »billige Absteige« bezeichnen. Aaron hatte seine Arme um mich geschlungen und schien tief in seinen Träumen versunken. Ein friedvoller Ausdruck lag auf seinem Gesicht. Die harten Züge, die vor wenigen Stunden noch im Zuge der Leidenschaft zum Vorschein kamen, waren glatt und verrieten sein Alter. Sein Puls ging in gleichmäßigen Takten. Ich ergab mich dem Klang und schloss die Augen. Etwas kitzelte mich an der Schulter. Murrend hob ich die Lider und erkannte den fremden Jungen, der beinahe zu einem Fehler geworden wäre. »Morgen«, nuschelte Aaron und rieb Nase und Wangen an meiner nackten Schulter. Das Kratzen seines Bartes wurde von einem kehligen Gähnen begleitet. Ich entwand mich ihm und setzte mich auf. »Morgenmuffelig?«, fragte er und berührte meine Haut mit seinen warmen Fingern. Ein kleines Lachen ballte sich in meinem Bauch zusammen. Giggelnd schüttelte ich mein wirres, brünettes Haupt. »Nein«, erwiderte ich. »Guten Morgen« Aaron verlagerte sein Gewicht und stemmte sich aus der ungemütlichen Position auf, um mich gleich darauf abermals in eine feste Umarmung zuziehen. Er verteilte kleine Küsse von meinen Schultern bis in meinen Nacken. Seine Lippen waren rau, leicht spröde. Als er sich bis zu meinem Ohr hocharbeitete, spürte ich ein leichtes Ziehen zwischen den Beinen, als er mein Ohrläppchen zwischen seine Zähne zog. »Ich muss los«, beharrte ich und erfreute mich an dem festen Ton in meiner Stimme, den ich zutage gefördert hatte. Ohne seine Antwort abzuwarten, wich ich Aarons haschenden Fingern aus, geriet ins Schlingern und musste meinen müden Beinen befehlen, jetzt nicht schlapp zumachen. Sie gehorchten, auch wenn ich mir einen damenhafteren Abgang gewünscht hätte, als vom Bett stolpernd in Richtung Tür davonzueilen. »Du hast es echt eilig«, knurrte Aaron und ich wandte mich ihm zu. Er saß auf dem schmalen Bett, mit zerzausten Haaren, müden Augen und nur in Shorts und Hemd gekleidet. Ein Schnalzen der Zunge meinerseits folgte, ehe ich die wenigen Meter zu ihm beschritt und sein Gesicht in meine Hände nahm. Schnell, flüchtig aber nicht minder intensiv trafen sich unsere Lippen. Bereitwillig ließ ich seine Zunge mit der meinen spielen und fand mich erneut in jenem Sog wider, der mir den Boden unter den Füßen fortriss. To know you is to love you You're everywhere I go And everybody knows ↯♥↯ I've paid for you with tears And swallowed all my pride ↯♥↯ Da da-da-dum da-dum da-dum da da da-da dum Beautiful stranger Da da-da-dum da-dum da-dum da da da-da dum Beautiful stranger »Und, kann ich dich irgendwo absetzen?« Lässig entwand Aaron die Sonnenbrille dem V-Ausschnitt seines T-Shirts und schob sich das Gestell auf die Nase. Nach einem mageren Frühstück in einer kleinen Bäckerei, hatte er, trotz der vergangenen Stunden, darauf bestanden, mich meinem Ziel ein Stück weit näherzubringen. »Keine Ahnung. Vielleicht?«, riet ich neckend und fuhr mit den Fingerspitzen über den matten Lack des alten Ford. »Also, schöne Fremde, wo kann ich dich hinbringen?«, drängte er weiter und genehmigte sich den letzten Schluck aus dem Pappbecher. »Mystic Falls«, gestand ich und sah, wie er kaum merklich zusammenfuhr. »Mystic Falls?« Eine tiefe Falte bildete sich zwischen seinen schönen, verträumt wirkenden Augen. »Ja«, gab ich zurück. »Was will ein Mädchen wie du in Mystic Falls?«, hakte er nach und suchte die Straße nach einem Müllbehälter ab. Als er einen solchen erspähte, gebot er mir, mich nicht von der Stelle zu rühren und warf den Kaffeebecher ordnungsgemäß in den Mülleimer. »Einen Freund besuchen«, sagte ich kurz angebunden. »Einen Freund? Deinen Freund?« Statt einer Antwort lächelte ich. »Kenne ich ihn?« »Glaube ich kaum«, murmelte ich und streckte mich den frühmorgendlichen Strahlen der Sonne entgegen. »Wer ist es? Ich kenne ein paar Leute aus Mystic Falls«, meinte Aaron und ich hoffte, dass er nicht bemerkte, wie mir der Atem stockte. »Ach ja?«, skeptisch ob ich eine Augenbraue. »Wie war dein Name noch gleich?« Dass er mir zu Beginn unseres Abenteuers beiläufig seinen vollen Namen nannte, musste ihm entfallen sein. »Whitmore«, gab Aaron preis, doch ich verzog nur das Gesicht zu einer Schnute, die ihm signalisieren sollte, dass ich nichts damit in Verbindung brachte. Den Namen Whitmore hatte ich nie gehört, zumindest hatte Tyler ihn nie erwähnt, doch der sparte ohnehin mit Informationen. Aaron zuckte die Schultern, grinste jedoch. Er beließ es dabei und war so freundlich, mir die Tür zur Beifahrerseite zu öffnen und ich schlüpfte auf den Sitz. Aaron umrundete den Wagen, um dann selbst einzusteigen. Die ersten Minuten fuhren wir schweigend und ich sah das kleine Städtchen an mir vorüberziehen. »Willst du Musik hören?«, fragte er. »Aber kein Country«, zischte ich und lehnte mich in dem Sitz zurück. Aaron schenkte mir ein wissendes Lächeln, drehte den Knöpfen des Radios und die Stimme einer Frau erklang sofort. Sie sang von einem schönen Fremden, der ihr Vorhaben ins Wanken brachte. Und ich konnte ihre Worte nur zu gut nachvollziehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)