Bloß nicht Slytherin! von SeKaYa (Löwen in der Schlangengrube) ================================================================================ Kapitel 5: ----------- Neville hatte Recht behalten – als sie zum Slytheringemeinschaftsraum zurückkehrten, nachdem sie sich zuvor fast verirrt hatten, war niemand da, der sie einlassen könnte. Und sie hatten noch immer keine Idee, was das Passwort sein könnte. Aus lauter Verzweiflung hatte Hermine sogar Du-weißt-schon-wer versucht, was ebenfalls nicht funktionierte.   "Ich wette, Snape hat den Slytherins das richtige Passwort erzählt und tut nur so, als müssten wir es erraten." Ron starrte die Steinwand erbost an. "Sowieso, wie sollen Typen wie Crabbe oder Goyle das Passwort erraten?"   "Gar nicht." Harry schnitt eine Grimasse. "Malfoy hat es ihnen gesagt."   Ron schnaubte, was auch ein verunglücktes Lachen sein könnte. Harry wusste es nicht, aber sie waren sich am Ende alle einig, dass es keine Rolle spielte. Malfoy würde es ihnen nicht sagen, und abgesehen davon war er sowieso nicht da. Also mussten sie einen anderen Weg finden.   "Wir können hier warten", sagte Hermine und kaute auf ihrer Lippe. "Oder wir –"   "Wir wären nicht in dieser Situation, wenn du nicht die glorreiche Idee gehabt hättest, mit Snape zu reden!" Ron funkelte sie an. "Wir wussten doch alle von Anfang an, dass es sinnlos ist, aber nein!"   Hermine starrte ihn an, bevor sie ihn ebenfalls anfunkelte. "So? Warum bist du dann mitgekommen, wenn du es doch besser gewusst hast?"   Harry seufzte innerlich. Er wusste, dass Ron Recht hatte – Neville hatte sie gewarnt – aber er wusste auch, dass es nichts half, jetzt darüber zu streiten. Er sah zu Neville, der bislang still gewesen war. Er starrte die Steinwand an und schien in Gedanken versunken. Von der Seite kam wohl auch keine Unterstützung, um die Situation zu entschärfen.   "Vielleicht sollten wir in die Bibliothek gehen", schlug Neville schließlich vor. "Wenn wir uns ein Geschichtsbuch vornehmen, vielleicht bekommen wir einen Hinweis auf das Passwort."   Für einen Augenblick glaubte Harry, sich verhört zu haben. Das klang mehr nach Hermine, wenngleich der leise Tonfall nicht für sie sprach. Sie war deutlich forscher und definitiv davon überzeugt, dass die Lösung aller Probleme in der Bibliothek zu finden war. Aber er hatte sich nicht geirrt. Neville hatte tatsächlich einen Vorschlag gemacht, der sogar Ron und Hermine zum Verstummen brachte. Hermine war sofort dafür, während Ron etwas skeptisch dreinsah. Da er aber keine besseren Ideen hatte und sie auch sonst nichts hatten, womit sie sich beschäftigen konnten – ihre ganzen Sachen waren im Schlafsaal – stimmte er zu.   Die Bibliothek war fast leer. Scheinbar hatte heute noch niemand einen Grund gefunden, sich hier einzuquartieren. Es war ja auch der erste Schultag und dazu kurz nach dem Mittagessen. Nur Hermine würde zu dieser Zeit schon ans Lernen denken.   "Okay, wir könnten uns zuerst Hogwarts: eine Geschichte vornehmen und dann –"   Hermine war ganz in ihrem Element, was Ron nur mit einem lauten Aufstöhnen quittierte. Es konnte natürlich auch daran liegen, dass Hermine als erstes den Wälzer genannt hatte, den keiner der Jungs lesen wollte. Sie hatten sich bereits zwei Jahre lang davor gedrückt und zumindest Harry war fest entschlossen, das auch ein drittes Jahr zu tun. Es war schlimm genug, Binns' Unterricht zu ertragen, da brauchte er sich nicht auch noch in seiner Freizeit langweilige Geschichtsschwarten anzusehen.   "Kennst du das Buch nicht bereits auswendig?", fragte Ron, als Hermine zielstrebig die Regale entlanglief, die drei Jungs im Schlepptau. "Glaubst du, du findest noch was Neues darin?"   "Man lernt nie aus", war Hermines schnippische Antwort.   Harry seufzte ergeben. Es führte wohl kein Weg dran vorbei. Die vier suchten sich einen Tisch und, unter Hermines strikter Aufsicht, begannen, eine Liste mit potentiellen Passwort-Namen zusammenzustellen. Die Wahrheit war jedoch, dass Hermine die meiste Arbeit machte. Harry ließ seinen Blick durch die Bibliothek schweifen, wann immer Hermine sich wieder in ihre Bücher vergrub. Ron ging es scheinbar ähnlich, da er damit begonnen hatte, mit Neville Tic-tac-toe zu spielen.   "Uhm …"   Harry sah auf und blinzelte. Es war ein Erstklässler, so viel war sicher, aber was ihn erstaunte, war, dass es ein Hufflepuff war. Das war ungewöhnlich. Normalerweise würden nicht mal die Gryffindor-Erstklässler sie ansprechen, oder? Selbst letztes Jahr war da nur Colin gewesen, und der war einfach von Natur aus aufdringlich. Harry sah sich um, ob der Junge wirklich mit ihm sprach, aber außer ihnen war niemand in der Nähe.   "Was ist?", fragte Harry, unfreundlicher als nötig.   Der Erstklässler schien in sich zusammenzuschrumpfen. "Ich … ich hab gehört, dass Dumbledore einen Phönix hat ..." Er wrang seine Hände. "Und du warst schon mal in seinem Büro und … nun, das haben sie zumindest gesagt, aber …"   Harry starrte. "Du willst wissen, ob Dumbledore einen Phönix hat?", fragte er ungläubig.   Er hatte mit vielem gerechnet. Vielleicht mit Fragen über die Kammer des Schreckens oder irgendwelchen Fragen dazu, wie er Voldemorts Angriff überlebt hatte, aber das? Das war so absurd normal, dass er Zweifel hatte. Das konnte nicht der Grund sein.   Aber der Erstklässler nickte, feuerrot im Gesicht. "Also ist es wahr?", fragte er.   Harry tauschte einen Blick mit seinen Freunden, bevor er langsam nickte. Das schien alles zu sein, denn der Erstklässler grinste, bedankte sich und rannte davon – was den Unmut von Madam Pince auf sich zog. Harry starrte ihm nach.   "Was war das denn?" Ron schüttelte den Kopf. "Die werden auch immer seltsamer jedes Jahr."   "Besser so als noch ein Colin", meinte Harry nur. "Wenn er nach einem Foto gefragt hätte, wäre ich durchgedreht. Das war wenigstens was Simples."   Neville hmmte. "Ich hatte auch schon gehört, dass Dumbledore einen Phönix hat, aber bisher hab ich noch keine Bestätigung gehört." Er sah zu Harry. "Du hast ihn also gesehen?"   Harry zuckte die Schultern. "Das erste Mal war es eher … na ja, Dumbledore sagte, er wäre in seiner Feuerphase oder so. Er ist in Flammen aufgegangen und ich hatte regelrechte Panik deswegen." Er grinste leicht bei der Erinnerung. Im Nachhinein war seine Reaktion fast lustig. "Und danach hat Fawkes uns geholfen, aus der Kammer zu kommen."   "Fawkes?"   "So heißt der Phönix", erklärte Ron fast missmutig. Die letzte Begegnung mit dem Phönix schien ihm nicht so zu erfreuen – Harry war froh darum. Der Vogel hatte ihm das Leben gerettet.   Neville blinzelte. "Nach … Guy Fawkes?", fragte er dann langsam, als wäre er sich nicht sicher.   "Vermutlich." Die anderen drei sahen ihn verwirrt an.   "Wie … der Guy Fawkes und der Schießpulverplot?"   Hermine zog die Brauen zusammen. "Gibt es noch einen anderen? Das ist zumindest der einzige, der mir einfällt, und es ist zumindest der Bekannteste."   Neville biss sich auf die Lippe. "Kann es sein, dass das Passwort Guy Fawkes ist?"   "Was?" Harry schüttelte den Kopf. "Wie kommst du darauf?"   "Na ja, ich weiß, mein Gedächtnis ist nicht das Beste, aber … vielleicht gerade weil er gesagt hat, dass man es nicht vergessen soll … und da ist doch dieser Spruch." Neville wurde rot. "War nur so eine Idee."   Hermine sah skeptisch drein. "Aber das ist ein Muggel. Die meisten Slytherins dürften den Namen nicht kennen."   Neville nickte niedergeschlagen.   ~*~*~   "Nichts funktioniert!" Hermine starrte wütend auf die Steinwand. "Wir haben alles ausprobiert, aber wir sind keinen Schritt weiter!"   Sie war eindeutig wütend. Harry konnte es ihr nachfühlen – sie hatten Ewigkeiten in der Bibliothek damit verbracht, geeignete Namen zu finden. Aber selbst nachdem sie die gesamte Liste durchgegangen waren, waren sie immer noch da, wo sie angefangen hatten: vor dem Eingang zum Gemeinschaftsraum. Es musste wirklich ein abgekartetes Spiel sein. Sie hatten selbst Snapes Namen als Passwort versucht, ohne Erfolg natürlich, und ihnen gingen nun wirklich die Ideen aus.   Ron lehnte sich mürrisch an die Wand. "Das ist bestimmt so ein Slytherintrick."   "Garantiert." Harry seufzte. "Glaubt ihr, wenn wir zu McGonagall gehen und ihr die Situation erklären, dass sie Snape dazu zwingt, uns das richtige Passwort zu sagen?" Er hatte seine Zweifel, aber McGonagall würde doch sicherlich zustimmen, dass sie an ihre Sachen kommen mussten.   "… naa." Ron schüttelte den Kopf. "Snape findet irgendeine andere Gemeinheit, um sich aus der Affäre zu ziehen. Er behauptet dann, wir hätten es nur vergessen oder so."   Neville beteiligte sich nicht an der Diskussion. Er starrte die Wand mit einem unleserlichen Ausdruck an. Wenn Harry es nicht besser wüsste, würde er fast meinen, Neville versuchte, telepathisch zu kommunizieren. Vielleicht wurde er aber auch nur langsam irre, denn egal was sie auch taten, sie kamen hier nicht weiter. Man sollte meinen, dass es einfacher wäre, mit dem Kopf durch die Wand zu kommen – nicht, dass sie so verzweifelt gewesen waren, das zu versuchen. Einen gewissen Selbsterhaltungstrieb hatten sie dann doch noch.   Dennoch war Harry erstaunt, als Neville einen Schritt nach vorne tat und laut "Guy Fawkes!" sagte.   "Neville, wir hatten doch –" Hermine brach ihren Satz abrupt ab, als die Wand sich bewegte.   Ron fiel mit einem überraschten Aufschrei rücklings in den Gemeinschaftsraum, als die Wand, an der er gelehnt hatte, sich plötzlich auftat. Harry sah zuerst zu Hermine, dann zu Neville. Neville hatte ein breites Grinsen im Gesicht.   "… aber das ist doch ein Muggel", murmelte Hermine fassungslos. "Wie kann das Passwort ein Muggel sein?"   Harry hatte auch keine Ahnung, wie Slytherin an einen Muggel als Passwort gekommen war, aber er fühlte sich irgendwie … reingelegt. Sie hatten sich solche Mühe gegeben, jemanden zu finden, der zu Snapes ominösem Hinweis passte, und dann war die Antwort so simpel? Harry wusste, dass Neville nicht dumm war, aber es passte einfach nicht, dass ihm die Lösung einfiel und ihnen nicht. Ausgerechnet Neville, der die Passwörter für Gryffindor immer wieder vergaß?   Mit gemischten Gefühlen folgte er Neville und Hermine in den Gemeinschaftsraum, um Ron vom Boden aufzusammeln. Die Slytherins im Raum fanden die Szene sehr amüsant. Einige lachten hinter vorgehaltener Hand, andere grinsten.   "Ihr braucht nicht gleich mit der Tür ins Haus fallen", frotzelte Malfoy.   "Halt's Maul", fauchte Ron, der sich wieder auf die Beine gekämpft hatte. Dann grinste er. "Ist es dir nicht peinlich, dass das Passwort ein –"   "Ich würde das an deiner Stelle nicht tun", bemerkte Bulstrode. "Das könnte als das Passwort verraten gewertet werden – und Snape sieht das gar nicht gern."   "Aber er ist nicht hier!" Ron schüttelte den Kopf. "Merlin, ich hätte nie gedacht, dass Slytherins so feige sind."   Harry konnte ihm nur zustimmen. Es war nicht so, als würde er Snapes Zorn auf sich ziehen wollen. Aber was war schon dabei? Snape war nicht hier – ohne dass es ihm jemand sagte, würde er es nie erfahren. Sicher, man konnte nicht darauf vertrauen, dass die Slytherins nicht sofort zu ihm rannten um zu petzen. Trotzdem: Egal, was es war, sie gaben immer nur dieselbe Leier zum Besten. Tu dies nicht, tu das nicht, sonst wird Snape sauer. Harry hätte nie gedacht, dass Snape so einen Einfluss auf die Slytherins hatte.   "Feige?" Zabini schnaubte hinter seinem Buch. "Nicht lebensmüde trifft es eher." Er warf den vier Gryffindors einen Blick zu. "Ist euch in den Sinn gekommen, dass Snape Mittel und Wege haben könnte, um solche Sachen herauszufinden?"   "Was denn, hockt er vorm Schlüsselloch und lauscht?" Ron lachte.   So abwegig es auch klang, Harry konnte es sich beinahe vorstellen. Nur würde Snape das eher bei den Gryffindors machen – wozu sollte er die Slytherins überwachen? Er bevorzugte sie doch sowieso. Egal, was sie anstellten, Snape fand immer einen Weg, die Schuld Gryffindor zuzuschieben.   Die Slytherins fanden es weniger lustig. Aber statt etwas darauf zu erwidern, wandten sie sich ab. Ihre Gesichter sagten deutlich, dass sie die Gryffindors nicht noch einmal warnen würden. Harry war das nur Recht. Er erwartete von Slytherins sowieso nichts anderes, als dass sie sie ins offene Messer laufen ließen. Alles andere war eher unheimlich. Oder das war das Ziel des Ganzen – ihnen Angst einjagen. Sei es nun durch seltsames Verhalten oder dadurch, Snape zu jemandem zu machen, der absolut alles über einen wusste und dem man nicht entkommen konnte. Letzteres stimmte insofern, dass er als ihr temporärer Hauslehrer die Kontrolle darüber hatte, wie sich ihr Schulalltag gestaltete.   Harry schauderte bei dem Gedanken. Bisher war Snape geradezu umgänglich gewesen, aber das war auch nur der erste Tag. Wie würde es erst morgen aussehen? Nächste Woche? Eines war sicher – sollte er diese zwei Monate in Slytherin überleben, er würde sich nie wieder über McGonagall als Hauslehrerin beschweren. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)