Weißt du noch, wie es früher einmal war? von myamemo ================================================================================ Kapitel 1: Freunde für immer ---------------------------- Hey Großer! Na, wie geht's dir so, da oben im Norden? Ich hoffe doch die behandeln dich gut? Wenn nicht, muss ich wohl bald mal vorbei kommen, das habe ich eh schon eine ganze Weile vor! Aber jetzt erst mal was anderes. Ich hab vorhin beim aufräumen ein paar alte Fotos gefunden. Erinnerst du dich noch an das Ferienlager? An den kleinen See und das meist beschissene Wetter? Ich musste gerade daran denken, wie wir zu dieser Zeit versucht haben die kleine Sora rum zu kriegen. Du hast dir mit Komplimenten einen abgebrochen und ich habs gleich direkt versucht. Ich kann immer noch den Schmerz fühlen, als sie mir eine rein gehauen hat, bin ich denn wirklich so ein schlechter Küsser? Lach nicht, du hast sie schließlich auch nicht gekriegt! Und wer hat sie am Ende rum gekriegt? Genau, ich sehe heute noch deinen entgeisterten Gesichtsausdruck, als wir erfahren haben, dass unser kleiner, damals 14-jähriger, Shinya sie abgeschleppt hat. Aber ich will nicht wissen wie mein Gesicht aussah, bestimmt genauso bescheuert. Wenn ich so darüber nachdenke, war es die beste Zeit meines Lebens. Wir waren ungezwungen, hatten noch keine Verpflichtungen und wir konnten immer zusammen sein. Beste Freunde für immer, ja, das hatten wir uns in diesem Ferienlager geschworen. Sogar Blutsbrüderschaft haben wir geschlossen... Dass das eine Katastrophe für sich war, muss ich dir glaube ich, nicht mehr sagen... Die Blutflecken sind bestimmt heute noch auf dem Holz zu sehen... Uh... Hab gerade das Bild gefunden, wo du der dämlichen Tusse, Gott, wie hieß sie gleich noch mal? Yuna? Nami? Nein, Ayaka, genau, Ayaka, eine Beziehung vorgegaukelt hast. Sie dachte echt, du meinst es ernst und du kamst wirklich glaubwürdig rüber, zumindest für die, die dich nicht kannten... Du wirst sicherlich auch gerade daran denken, wenn du das hier liest, wie du sie am Ende abgeschossen hast. Einfach so. Dabei war es ihre Masche gewesen, du hattest den Spieß bloß rum gedreht, nur dass du nicht ganz so ein Arschloch warst, du hast sie nicht bist zum Letzten ausgenutzt... Schon amüsant, dass wir sie danach nie wieder mit nem Kerl gesehen haben. Du hast sie kaputt gemacht, Daisuke, schäm dich! Hab sie übrigens vor kurzem hier in der Gegend getroffen. Du glaubst gar nicht, wie sehr sie sich verändert hat. Nix ist mehr übrig von der aufgetakelten Tusse, mit dem Kilo Schminke im Gesicht. Du glaubst mir nicht? Ich wollte es erst auch nicht glauben, aber beim genauerem Hinsehen konnte man es dennoch sehen. Sie war mit ihren drei Kids unterwegs. Ich kann genau sehen, wie du bei dem Satz die Augenbrauen zusammen ziehst, schnaubst und dann ungläubig den Kopf schüttelst. Doch, doch Großer, sie ist total abgefuckt. Aber genug von der. Ich soll dir noch schöne Grüße von Kaoru, Shinya und Toshiya sagen. Sie würden dich auch gerne mal wieder sehen. Unser Freundeskreis ist einfach nicht mehr der selbe, seit dem du ja unbedingt auswandern musstest! Ja, das soll nach einem Vorwurf klingen. Wir sind alle immer noch total vor den Kopf gestoßen. Du hättest ja vorher mal ruhig was sagen können! Ja, ja, ich weiß, dass du es selbst nicht wirklich eher erfahren hast, trotzdem ist es nicht einfacher. Soll ich dir mal sagen, dass ich eigentlich jetzt mit den Jungs beim Grillen sitzen sollte? Aber ich habe keine wirkliche Lust drauf. So wie ich dich kenne schmunzelst du jetzt und schüttelst gleichzeitig den Kopf. Tut mir ja leid, aber es ist einfach nicht mehr so wie früher. Du kannst nicht von mir erwarten, dass ich ohne dich so viel Spaß habe, als du noch hier gewohnt hast. Das geht nicht, ich schaffe es einfach nicht. Kaoru meckert auch immer rum, dass wir uns doch bald wieder sehen. Aber das Bald ist mir zu vage. Ich will Fakten haben! Fakten, wann ich dich, wieder in meine Arme schließen kann. Hör auf zu seufzen, Dai. Ich weiß selbst, dass du auch nicht weißt, wann das Bald sein wird. Aber weißt du was? Ich weiß wann das Bald sein wird! Ich bin schon viel zu lange von meinem besten Freund, von dir, getrennt. Hoffentlich freust du dich genauso wie ich, kann es kaum noch erwarten. Du wirst es sicherlich an meiner krackeligen Schrift erkennen. Du weißt ja schließlich selbst, was ich für eine Sauklaue habe, wenn ich aufgeregt bin! Ha! Ich wette bei dem Satz musstest du lachen, stimmt's? Na ja gut, ich packe jetzt meine Stifte zusammen und dann mache ich mich auf den Weg zu dir, damit es endlich wieder so wie früher wird. Ich freue mich auf dich, Großer! 京 Ein plötzlicher und ziemlich starker Windstoß riss die Blätter aus einer leblosen Hand. Sie wirbelten wild durch die Luft, bis es auf einmal wieder windstill war und sich die Blätter auf die feuchte Erde, eines Grabes senkten, somit die Worte frei gaben, die an den Namen gerichtet waren, welcher in goldnen Lettern auf dem Grabstein stand. Kapitel 2: Freunde fürs Leben ----------------------------- Hallo ihr beiden!   Na, ist alles klar bei euch? Wie ist das Wetter? Bei uns hat es heute das erste Mal in diesem Jahr geschneit. Sofort herrschte allgemeines Chaos. Ihr wisst ja, jedes Jahr sagen sie, dass sie bestens auf den Wintereinbruch vorbereitet sind und gurken die ganze Zeit durch die Gegend, schneit aber wirklich mal ‘ne Flocke vom Himmel, dann ist es aus und vom Winterdienst ist keine Spur mehr. Schade das ihr es nicht sehen könnt, bei euch sind es bestimmt flauschige 30 Grad im Schatten und euch scheint die Sonne auf dem Pelz, trotz hohem Nordens. So gut wie ihr, möchte ich es auch mal haben!   Feiert ihr eigentlich auch Weihnachten, oder ist es in der Gegend nicht so vertreten? Ich weiß noch nicht, ob ich etwas veranstalten soll. Mal gucken, vielleicht schnappe ich mir einfach auch nur die Chibis und wir machen uns zu tritt einen schönen Tag. Der Letzte ist schon eine Weile her… Seit dem wir euch verabschiedet haben, ist jeder seines Weges gegangen. Klar, man schreibt sich hier und da mal eine Nachricht, aber so richtig einen drauf gemacht haben wir schon lange nicht mehr. Den Vorschlag werde ich Shinya und Toshiya gleich mal machen. Wartet kurz, bin gleich wieder da…   So, bin wieder zurück. Bin wirklich gespannt was sie sagen werden. Ich habe vorgeschlagen, dass wir später in unseren Lieblingsclub gehen könnten. Ihr wisst schon, der mit den roten Leuchten an den Wänden und den künstlichen Sternen an der Decke. Ich muss gerade daran denken, wie ihr beiden euch im Suff um einen Stern gestritten habt. Das Plasteding war von der Decke gefallen und genau vor euch beiden auf den Tisch geknallt, das weiß ich noch ganz genau. Ein Wunder, dass es nicht in einem eurer Biergläser gelandet ist.   Ach man, ich vermisse die Zeit mit euch. Wollt ihr wirklich nicht mehr zurück kommen? Was würde denn dagegen sprechen? Außer der Schnee, der sich langsam aber sich zu einem Meter vor meiner Haustür auftürmt?! (Oh Gott, ich werde morgen wohl nicht zur Arbeit gehen können… wie tragisch!!!) Da könnten wir wieder Schneeengel machen. Und uns eine Schneeballschlacht liefern und wieder ewig darüber diskutieren, dass drei gegen zwei unfair ist. Und Dai, zu allerletzt halte ich Kyo fest und du seifst ihn so richtig mit Schnee ein. Ist ja gut! Ich halte ja schon meine Klappe. Musst nicht gleich wieder schreien und ausfällig werden. War doch nur Spaß Kyo. Ich weiß nämlich genau, dass du jetzt deine Zähne fletschst. Aber hey, Spaß gemacht hat es dir doch trotzdem immer, das kannst du nun wirklich nicht abstreiten!   Oh, Shinya hat geantwortet! … er ist sich nicht sicher, ob es eine gute Idee ist. Er meint, ohne euch wäre es nicht das gleiche. Weise Worte, aber deswegen müssen wir doch keinen Trübsal blasen, oder? Hab ihm jetzt geschrieben, dass wir uns doch trotzdem treffen können, am besten wäre sogar noch heute, einfach weil wir uns so lange nicht mehr gesehen haben. Aber vielleicht sollten wir wirklich woanders hingehen. Habt ihr ‘ne Idee, wohin? Aber bitte nichts, wo nackte Weiber auf den Tischen tanzen, schließlich wissen wir alle, wie sehr ihr euch darüber immer amüsiert habt und ich kann auch jetzt genau sehen, wie breit ihr beide grinst … aber vielleicht sollten wir genau deswegen doch so einen Club ansteuern und so tun, als wärt ihr dabei… Doch, genauso werden wir das machen, vorausgesetzt, die beiden wollen sich wirklich treffen, wenn nicht, werde ich wohl alleine gehen, wenn ich dann noch zur Tür rauskommen sollte... Langsam machen mir die Schneemassen ein wenig Angst, aber egal, darum geht es ja jetzt nicht.   Ich wette, ihr macht auch jedes Wochenende einen drauf und habt schon jeden Club aufs Genauste inspiziert. Nein? Das kaufe ich euch nicht ab. Ich sehe doch genau, wie ihr euch angrinst und das sagt doch schon alles!   Kyo, ich stelle gerade fest, dass du heute genau sechs Monate schon bei Dai bist. Hat er dich so empfangen, wie du es dir vorgestellt hast? Das hoffe ich doch, ansonsten muss ich Dai die Ohren lang ziehen. Habt ihr euch den schon zusammen arrangiert? Nicht das Kyo weiterhin seine Sachen überall liegen lässt, ich kann es heute noch sehen, wie du, Dai, dich immer darüber aufgeregt hast. Komischerweise hat Kyo die Angewohnheit aber nur bei dir entwickelt, warum auch immer.   Aber um aufs Thema zurück zu kommen. Nächste Woche ist ein kleines Stadtfest. Kommt doch her und wir gehen zusammen hin. Warum wollt ihr euch das denn entgehen lassen? Da gibt’s Zuckerwatte bis sie einem wieder zu den Ohren raus kommt, grässliche Musik, überteuerte Fahrgeschäfte und natürlich Alkohol bis zum umfallen! Geb euch einen Ruck, packt eure Taschen und los geht’s.   Moment, ich habe eine Nachricht bekommen. Diesmal von Toshiya.   Er ist dabei und er ist für den neuen Stripclub. Hah, der will wohl auch, dass ihr mit dabei seid. So gefällt mir das. Nun muss nur noch Shinya zustimmen…   Ach, ehe ich es vergesse, ich bin Onkel geworden! Meine Schwester hat ein kleines Mädchen bekommen. Rika heißt sie. Ihr wisst gar nicht, wie süß die Kleine ist. Ich müsste sogar ein Foto schon irgendwo haben, das schicke ich euch einfach mit, damit ihr die kleine Maus mal sehen könnt. Daisuke, hör auf zu lachen! Ja, dieses kleine Wesen hat mich weich gemacht, aber spätestens wenn du das Foto siehst, wird es dir genauso ergehen und wenn nicht: Kyo, hiermit erteile ich dir die Erlaubnis dem Roten eine Kopfnuss zu geben. Sehe es als zwingend notwendige Maßnahme an.   Ich muss jetzt aber aufhören, Shinya hat sich mittlerweile auch einverstanden erklärt und wir treffen uns gleich. Also Leute, macht euch auf den Weg, wir erwarten euch!   薫   Sorgsam wurde der goldene Umschlag auf der hohen Schneedecke gebettet und stand im krassen Kontrast zu dem weißen Schnee und dem dunklen Grabstein. Ganz zuletzt wurde noch einmal zärtlich über den kalten Marmor, mit mittlerweile zwei goldenen eingravierten Namen, gestrichen, bevor sich die in schwarz gekleidete Person abwand und im Schneetreiben verschwand. Kapitel 3: Freunde für die Ewigkeit ----------------------------------- Happy New Year! Na ihr beiden? Wie seid ihr ins neue Jahr gestartet? Ich hoffe doch mit weniger Chaos, als wir? Am Abend des 31.12. hatten die Wolken beschlossen noch einmal eine Tonne Schnee pro Zentimeter abwerfen zu müssen. Deswegen wollte die Stadt das Feuerwerk schon absagen, aber kurz vor Mitternacht hatte Frau Holle dann doch Erbarmen und der Schneefall hatte nachgelassen und wir konnten mit einem wunderschönen Feuerwerk ins neue Jahr starten. Das neue Jahr. Es macht mich traurig, dass ihr wieder nicht bei uns sein könnt. Ich frage mich immer noch, warum ihr einfach so gegangen seid? Warum habt ihr denn nicht mit uns geredet? Oder wenn nicht mit uns, dann mit irgendjemand anderen? Vor allem du, Kyo, das wird wohl so eine Sache sein, die ich dir nie verzeihen kann. Aber ich habe gelernt, das Aufregen nichts bringt. Kaoru, Shinya und ich haben Silvester diesmal wieder zusammen gefeiert. Darüber bin ich auch sehr froh. Das Jahr davor war nicht toll, als jeder für sich zu Hause gehockt und Trübsal geblasen hatte, aber wenigstens warst du, Kyo, da noch hier gewesen, aber wahrscheinlich hattest du deinen Umzug zu diesem Zeitpunkt schon genauestens geplant, oder? Gott scheiße, ich heule schon wieder, dabei wollte ich dieses Jahr doch stark sein! Ach verdammt. Da, schaut her, was ihr mit mir macht. Nun muss ich wahrscheinlich zum vierten Mal einen neuen Brief beginnen, da dieser erneut von unzähligen Tränen durchnässt sein wird… wobei, ich glaube diesmal lasse ich es einfach so, damit ihr wenigstens ein bisschen ein schlechtes Gewissen bekommt. Ja, ich gebe zu, das ist sehr egoistisch, aber ihr zwei habt doch auch nicht an uns gedacht, als ihr einfach so beschlossen hattet euch ein neues Land zu suchen. Kurz vor dem Jahreswechsel haben wir uns alte Videos von uns fünf angesehen. Wir drei haben gleichzeitig gelacht und geheult, das könnt ihr euch gar nicht vorstellen. Wir haben auch paar Fotos davon gemacht, ich hab schon welche ausgedruckt und die schick ich euch dann einfach mit. Am liebsten würde ich mir die Videos auch gleich noch mal reinziehen, aber auf der anderen Seite will ich es auf keinen Fall. Ich liebe es euch noch einmal erleben zu dürfen, wie ihr euch behandelt wie Best Buddys, aber auf der anderen Seite weiß ich ganz genau, dass ich euch nie wieder SO zu Gesicht bekommen werde und das macht mich ehrlich gesagt richtig kaputt. Und ich muss sagen, wer den Spruch: Zeit heilt alle Wunden, erfunden hat, der sollte mal so richtig eine aufs Maul bekommen, denn der hat total unrecht. Mir tut jeden Tag mein Herz weh, wenn ich an euren ehemaligen Wohnungen vorbei laufe, wenn ich zur Arbeit muss. Klar könnte ich mir auch eine andere Arbeitsstelle suchen, aber das will ich nicht. Scheinbar bin ich ein bisschen masochistisch veranlagt. Aber so weiß ich wenigstens, dass ich euch nie vergessen werde und davor hab ich die größte Angst. Was wäre ich für ein Freund, wenn ich keinen Gedanken mehr an euch schenken würde, nur weil ihr umgezogen seid? Nein, das geht nicht. Ich würde mir so schäbig vorkommen. Shinya schimpft immer, dass ich mich nicht immer selbst so fertig machen soll. Der Kleine konnte von Anfang an hinter meine Fassade blicken und hat mir nie meine Fröhlichkeit abgekauft, die ich aufgesetzt hatte, aber mittlerweile schaffe ich es nicht mal mehr zu dieser. Bei Kaoru bin ich mir nicht ganz so sicher. Wahrscheinlich merkt er auch etwas, aber ich glaube er ist da trotzdem noch etwas zu sehr mit sich selbst beschäftigt. Dass er Onkel geworden ist, wisst ihr schon? Einmal durfte ich die Kleine sehen, lange konnte ich mir das kleine Geschöpf aber nicht ansehen, da ich es unfair fand, dass sie geboren wurde, während andere sich verabschieden mussten…, nein, ich fand es nicht unfair, ich empfinde immer noch so. Scheiße, ich glaube ich muss wirklich ein neues Blatt nehmen… es würde mich wundern, wenn ihr von dem Brief die Hälfte noch entziffern könnt… Na ja, zumindest meinte Shin zu mir, dass ihr euch wünschen würdet, dass ich wieder mehr aus mir heraus kommen würde. Aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ihr da wirklich glücklich darüber sein würdet… oder? Ich mein, das würde ja bedeuten, dass ich auch mal an etwas anderes denken müsste, außer an euch beiden Hohlköpfe… und irgendwie will ich das nicht. Selbst wenn ich nur daran denke, dass ich mal an was anderen denken sollte, fühle ich mich wie ein Verräter und nimmt mir alle Luft zum Atmen… Ach man, das ist doch alles scheiße. Ich hab mir ehrlich gesagt schon ein paar Mal überlegt, ob ich nicht vielleicht meine Sachen packen und zu euch rauf kommen sollte… aber irgendwie konnte ich es doch nicht. Wer soll denn da auf unseren Chibi aufpassen? Der braucht mich doch. Okay, ich glaube ich brauche ihn mehr als er mich, aber vielleicht überspielt er seine Gefühle damit auch nur. Wer kann das schon so genau sagen, außer Shin selbst? Wenn man vom Teufel spricht. Shinya hat gerade bei mir geklingelt. Da werde ich für dieses Mal wohl Schluss machen. Haltet die Ohren steif und denkt auch ab und an mal an uns, eure Freunde! Toshiya. Ganz vorsichtig bettete er den blauen Umschlag neben dem dunklen Stein. Dort würde er geschützt sein und man konnte ihn auch nicht auf den ersten Blick erkennen, außer man wusste wo man suchen musste. „Happy New Year.“, murmelte der dunkelhaarige Mann, bevor er seine Finger an seine Lippen hob, diese kurz darauf auf den dunklen Marmor platzierte und sich danach umdrehte und ging, gestützt von einem weiteren schmalen Mann, der stärker zu sein schien, als alle anderen. Kapitel 4: Freunde ohne Grenzen ------------------------------- Na Jungs? Alles klar soweit? Ich wünschte, ich könnte das gleiche behaupten, aber eigentlich ist hier überhaupt nichts mehr in Ordnung. Kaoru scheint alles am Arsch vorbei zu gehen, auch wenn wir uns regelmäßig treffen und er eigentlich ganz normal zu wirken scheint… ich weiß nicht, aber er hat sich sehr verändert und er ist nicht mehr der Mann, zu dem ich mal aufgeblickt habe. Und Toshiya… Toshi macht mir immer mehr Sorgen. Der Junge zieht sich immer mehr zurück und ich wunder mich, dass er es überhaupt schafft täglich zu seiner Arbeit zu fahren, da er sonst überhaupt nicht mehr aus seiner Bude kommt. Ich habe immer mehr Angst, dass er einfach ein paar Pillen schluckt oder sich den Arm aufritzt. Es tut mir Leid, dass ich euch damit belästige, aber wenn ich das alles in mich hinein fresse, da gehe ich sonst auch dran kaputt. Er redet immer davon, wie toll es doch war, als ihr noch bei uns gewohnt habt. Ja… was sollen Kao, oder ich, schon dagegen sagen? Er hat ja schließlich recht. Ohne euch ist wirklich nichts mehr wie es einmal war. Aber so gemein es auch klingen mag, das Leben geht weiter. Und nur weil ich nicht jede Sekunde an euch denke, werde ich euch ganz sicher nicht vergessen. Das geht auch gar nicht. Ihr solltet mal meine Wohnzimmerwand sehen… ich hab letztens renovieren müssen, da Toshiya in einem Wutanfall sein Colaglas an meine Wand geschmissen hat… der war danach noch fertiger als vor unserem Streit. Ich glaube ihn trifft es wirklich am härtesten und manchmal wünschte ich mir, ihr hättet ihn einfach mitgenommen, da er auf mich wie ein kleines Hundebaby wirkt, welche seine Bezugsperson verloren hat, dabei wart ihr nicht mal seine Bezugspersonen… Auf jeden Fall musste ich meine Wand erneuern und nachdem alles weiß war… es hat mir nicht gefallen, sagen wir es so. Und eines Abends fiel mir der Karton in die Hände, worin all unsere Fotos sind. Zum Glück gab es von den meisten noch die Negative und ich hab alle Fotos nachmachen lassen. Zwar hätte ich auch die aus dem Karton nehmen können, aber die würden mit der Zeit dann doch verblassen und das wollte ich auf keinen Fall. Also habe ich die nachgemachten Bilder alle an meine Wand geklebt. Akribisch genau, keines doppelt und auf jedem seid immer ihr beide drauf. Kein Foto ist ohne euch. Ich bin jedes Mal stolz wie Bolle, wenn ich mir die Wand ansehe und weiß, dass ich ein Freund von euch sein durfte. Nein, das war jetzt falsch ausgedrückt. Ich bin immer noch ein Freund von euch, selbstverständlich. Als Toshiya sie das erste Mal gesehen hat, ist er jämmerlich zusammengebrochen und auch Kaoru sackten die Beine weg. Meine Güte, was ist nur aus den starken Männern geworden, die sonst nichts erschüttern konnte? Gut, Toshi ist ja schon immer sensibler als Kaoru, aber das macht die Sache jetzt nicht besser. Leider kann ich auch nicht viel mehr machen, als sie tröstend in meine Arme zu nehmen und ihnen zu sagen, dass es okay ist, dass sie so reagieren. Vielleicht würde es mir ja genauso gehen, wenn ich vor solch eine Tatsache gestellt werden würde. Als die beiden wieder halbwegs klar waren, haben wir uns jedes einzelne Foto noch einmal genauer angesehen und nicht nur ich habe welche entdeckt, an die keiner mehr gedacht hatte. Meine absoluten Favoriten sind die beiden, wo du, Kyo, auf dem Fernseher liegst und du, Dai, ihm irgendwelchen Alk in den Rachen kippst. Die zaubern mir immer ein Lächeln ins Gesicht, weil sie die Lebensfreude ausdrücken dir ihr immer in euch getragen habt, zumindest bis zu dem Tag als Daisuke seine Sachen gepackt hat und verschwunden ist. Ja, Dai, ich bin deswegen immer noch ziemlich stinkig auf dich, auch wenn ich weiß, dass du anders gehandelt hättest, wenn man dir damals eine Chance gelassen hätte. Was, wäre, wenn… ich kann die Worte nicht mehr hören, denn wir können nichts mehr daran ändern, ihr wolltet gehen, gut, wir haben euch ziehen lassen, auch wenn es mehr als schwer fällt und ich hoffe immer noch, beinahe jeden Tag, dass ihr nicht vielleicht doch strahlend um die Ecke marschiert kommt. Beide mit allen Briefen von uns in den Händen und uns auslacht, da wir so sensibles Zeug geschrieben haben. Und damit ihr noch einen mehr zum Amüsieren habt, werde ich diesen nun beenden und zu euch bringen. Ich melde mich wieder, wenn es was Neues gibt und verbreitet nicht allzu viel Chaos da oben ;) Macht’s gut Shinya Mit zaghaften Schritten bewegte sich die schlanke Gestalt auf den dunklen Stein zu, der teilweiße noch immer mit Schnee bedeckt war. Einzelne Eiszapfen glitzerten in der winterlichen Sonne und ließ eine melancholische Stimmung aufkommen. Knirschend blieb der schmale Mann stehen, betrachtete schweigend die ironische Schönheit. Ein leises Schniefen konnte man vernehmen und eine ruppige Handbewegung durchbrach die Stille, da der feste Stoff der dicken Winterjacke raschelte, als der Arm einmal über das traurige Gesicht fuhr. Eine beinahe blau angelaufene Hand streckte sich aus, strich mit zitternden Fingern über das kalte Gestein und die gefrorenen Wassertropfen. Kurz darauf ertönte wieder ein Rascheln, diesmal klang es mehr nach Papier. „Wir sehen uns wieder, ich verspreche es.“, waren die letzten gemurmelten Worte, ehe der geschlossene Umschlag zu Boden fiel und mit einer Ecke in der schmelzenden Schneedecke stecken blieb. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)