An deiner Seite von kateling ================================================================================ Prolog: -------- Prolog: Semesterferien. Sommer. Sonne. Strand. Vier S. Nein DIE vier S. Neben Alina trete ich aus dem kleinen Ferienhaus, das wir die nächsten beiden Wochen bewohnen werden. Direkt vor uns erstreckt sich der strahlend weiße Sandstrand und dahinter das tiefblaue Meer. Das Häuschen ist idyllisch gelegen, auch wenn hier sicherlich nicht der Punk abgeht wie anderswo. Denn das kleine Küstenstädtchen, das nur einen Kilometer entfernt liegt, wirkt ziemlich verschlafen. Mich stört das nicht. Schwimmen, Lesen, faul am Strand herumliegen und eventuell den ein oder anderen Ausflug ins Inland und das wird ein super Urlaub. „Komm lass uns vor in den Ort laufen! Mal schauen, was es da so alles gibt!“ Ohne auf meine Antwort zu warten läuft Alina los. Ich hätte mich jetzt viel lieber in den Sand gesetzt und einfach nur aufs Meer geschaut. Aber wenn sie unbedingt meint. Ihr langes, pechschwarzes Haar wippt über ihren gertenschlanken Rücken und das hellblaue Top. Ich laufe ihr nach. Direkt an der Wassergrenze. Die Wellen schwappen über meine nackten Füße. Meine flachen Riemchensandalen habe ich in der Hand. Wir brauchen gerade mal zehn Minuten, dann haben wir die Ausläufer der Uferpromenade erreicht. Hier ist der Sandstrand viel breiter und es stehen Liegestühle mit Sonnenschirmen in Reih und Glied. Kleine Geschäfte schließen sich von der Stadtseite an die Promenade. Es werden Souvenirs, Schmuck, Bademoden und was weiß ich noch alles verkauft. Aber wie magisch angezogen werde ich von der kleinen Eisdiele, die etwas zurückgesetzt zwischen einer Pizzeria und einem Geschäft für Angelausrüstung liegt. Alina lacht leise und folgt mir kopfschüttelnd. Nach über fünf Jahren Freundschafft kennt sie mich einfach zu gut. Für mich bestelle ich eine Waffel mit Karamell- und Jogurteis und für meine beste Freundin eine Kugel Stracciatella im Becher. Ich kenne sie eben auch. Breit grinsend überreiche ich ihr meine Beute und wir setzen uns auf eine Bank von der aus man einen guten Blick über den Strand hat. Alinas Augen sind fast sofort auf das Volleyballfeld gerichtet. Hält sie etwa schon wieder Ausschau nach einem Kerl? Seit ihr letzter Freund sich von ihr getrennt hat sieht sie allem nach, was zwei Beine und einen Penis hat. „Endlich mal zwei Frauen, die wissen wie man das Leben genießt!“ Verwirrt läse ich den Blick vom Wasser und sehe den jungen Mann an, der sich neben mich gesetzt hat. Hellbraunes Haar, strahlend blaue Augen, markantes Gesicht und ein durchtrainierter Körper soweit ich es erkennen kann. Alles in allem nicht schlecht. Allerdings hat der Kerl den Kopf schief gelegt und schaut hauptsächlich Alina an. Ist ja klar. Nicht dass ich unattraktiv bin… Aber Alina ist ein richtiger Männermagnet. Langes schwarzes Haar, dunkle Augen, zarte Gesichtszüge mit asiatischem Einschlag (Ihr Opa ist Japaner), zierliche Gestalt. Ich dagegen bin einen guten Kopf größer als sie, habe rotblonde Haare, Sommersprossen und die Farbe meiner Augen erinnert an Whisky. Ich bin schlank, aber keinesfalls zierlich. Wenn Alina und ich zusammen ausgehen ist zu neunundneunzig Komma neun Prozent sie es, die von Männern belagert wird. „Ein Eis kaufen kann jeder!“ gibt Alina schulterzuckend von sich. „Nur tun es leider die wenigsten!“ Der Mann seufzt und lehnt sich zurück. „Dieser ganzer Magerwahn geht mir auf die Nerven“ Da muss ich ihm zustimmen. Es kann ganz schön nervig sein, wenn alle um einen herum nur übers Abnehmen diskutieren. „Und wenn wir auch eine dieser modernen Diäten machen?“ fragt Alina keck. „Und das unser Gönnmoment des Monats ist?“ mache ich sofort weiter. „Dann erschießt mich auf der Stelle!“ Er tut, als würde er sterben. Wir lachen und ich widme mich wieder meinem Eis, während Alina ihn erlöst. „Nein, mal ehrlich, dafür essen wir viel zu gerne!“ Sie grinst. „Gott sei Dank. Das ewige Kalorienzählen, Diät halten, wiegen… geht mich nämlich gehörig auf den Senkel. Es reicht, dass ich mit so jemandem meinen Urlaub verbringe.“ Er wirkt unglücklich. „Sag jetzt nicht, du bist mit deiner Freundin hier?!“ Alina ist in solchen Situationen knallhart. Mich interessiert die Antwort genauso. „Nein, mit meinem Bruder!“ Oh ich weiß, dass Kerle sowas auch machen, aber bis jetzt habe ich nur darüber gelesen. „Er will abnehmen?“ fragt Alina mit mäßigem Interesse, während ich aufmerksam zuhöre. Magersucht soll ja auch unter Männern verbreitet sein, ob… „Nein, zunehmen. Das Abnehmen geht bei ihm weil zu schnell. Jetzt hat… war er auch noch lange krank, dementsprechend hat er einiges aufzuholen. Aber genug davon… Habt ihr Lust etwas zu unternehmen?“ Was der Bruder dieses Mannes wohl hat? Ich schüttle kurz den Kopf. Ich bin viel zu neugierig! Das geht mich doch überhaupt nichts an! „Vielleicht verrätst du uns erst mal deinen Namen?!“ Alina ist von seinem Angebot nicht abgeneigt und auch ich finde ihn ganz sympathisch. „Daniel Wegner. Aber ihr könnt Danny sagen!“ Er lächelt. „Ich bin Alina und das ist meine beste Freundin Mila.“ Wir geben ihm die Hand und dann zeigt Danny uns das Städtchen. So verbringen wir einen lustigen Nachmittag mit unserer neuen Bekanntschaft. Wir verbringen auch die folgenden Tage viel Zeit mit Danny, was mich vermuten lässt, dass sein Bruder ein ziemlicher Langweiler sein muss, wenn die beiden nie etwas zusammen unternehmen. Gegen Ende unserer ersten Urlaubswoche fragt Danny, ob wir ihn zu einer Poolparty begleiten wollen. Natürlich sagen wir sofort zu. Und so kommt es, dass wir Samstagabend in Dannys Auto sitzen und unterwegs zu dieser Party sind. Oder eher zu einer Villa, wie wir sehen als Danny den Wagen parkt. „Cool! Steigt hier die Party?“ Alina lehnt sich zwischen den Sitzen nach vorne und sieht bewundernd durch die Frontscheibe. „Ne, das ist das Strandhaus meines Bruders. Wir schnappen uns nur schnell Raphael und dann geht es weiter zur Party!“ Danny lotst und zur Haustüre und schließt auf. Strandhaus? Das ist eine verdammte zweistöckige Villa! Sein Bruder muss ziemlich viel Kohle haben. „Herein, herein die Damen. Mal sehen wo wir den Hausdrachen finden!“ Auch wenn Danny ein Lächeln aufgesetzt hat sehe ich etwas anderes in seinem Gesicht. Etwas, das ich nicht beschreiben kann. Er führt uns vom Flur aus durch eine modern eingerichtete Hightechküche in ein gemütliches Wohnzimmer. Es hat eine Glasfront und eine wunderbare Aussicht aufs Meer. Auf dem breiten Sofa sitzt ein Mann mit einem Laptop auf dem Schoß. Sein blondes Haar ist kurz, sein Gesicht wirkt ausgemergelt. „Hey Raphael…“ Der Mann sieht auf. Helle, weißblaue Augen fixieren uns. „War ja klar, dass du noch ein paar Weiber anschleppst!“ Seine tiefe Stimme schickt mir eine Gänsehaut über den Tücken. Dann lenkt er seinen Blick wieder auf den Laptop. „Dann brauchst du mich ja nicht für deine Party!“ Kühl, emotionslos. Danny sieht uns kurz entschuldigend an. „Raph, du hast versprochen mitzukommen!“ Der Blonde zuckt mit den Schultern. „Mit dir ja. Aber nicht mit Karottenkopf und diesem Asienverschnitt.“ Mir klappt die Kinnlade herunter. Meint er etwa mich mit Karottenkopf? Das ist ja wohl die Höhe! Nur wegen der Farbe meiner Haare, für dich ich nicht mal etwa kann. Das ist schließlich genetisch festgelegt. Wütend starre ich ihn an. Sag mal wie alt ist der? Fünf? Sowas unhöfliches! Immerhin scheint Danny mir da zuzustimmen. „Du schiebst jetzt deinen arroganten Arsch auf diese Party und bist gefällig nett zu Alina und Mila!“ Wütend funkelt er seinen Bruder an und nimmt ihm den Laptop ab. Der verdreht die Augen und steht in einer einzigen fließenden Bewegung auf. Ich mustere ihn. er ist schlank, eigentlich schon ziemlich dünn. Er kann definitiv ein paar Kilos mehr auf den Rippen vertragen. Ich schätze ihn auf etwa eins neunzig mit breiten Schultern und schmalen Hüften. Er trägt einfache schwarze Shorts und ein weißes T-Shirt mit irgendeinem Bandlogo. „Ja, ja, wenn’s unbedingt ein muss!“ Er schnappt sich Handy und Geldbörse vom gläsernen Couchtisch und verstaut sie in seinen Hosentaschen. Wir verlassen das Haus über eine Glastür im Wohnzimmer. Danny erklärt, dass die Party ein paar Häuser weiter stattfindet und wir dahin laufen werden. Ich schlüpfe aus meinen Schuhen und gehe am Wassersaum entlang. Nach ein paar hundert Metern fällt mir auf, dass Dannys Bruder ein ganzes Stück zurück gefallen ist. Ich bleibe stehen um auf ihn zu warten. Er läuft an mir vorbei ohne den Kopf zu heben. „Du heißt Raphael, oder?“ Ich hänge mich an ihn ran. Keine Reaktion. „Ich bin Mila. Wir haben Danny Anfang der Woche kennen gelernt…“ Noch immer nichts. Das ist deprimierend. Vor allem, da er eigentlich voll mein Typ ist. Groß, markante Züge, breite Schultern. Okay es könnte etwas mehr an ihm dran sein. Aber seine Arme und Beine wirken nicht ganz so mager wie sein Gesicht. Danny hat irgendwann was davon gesagt, sein Bruder wäre lange krank gewesen. Wenn er sich also erholt und ein paar Kilo zunimmt… wäre er zumindest körperlich mein Traumtyp, dann reden will er ja scheinbar mit mir. „Gefällt es dir hier?“ frage ich also um ihn doch irgendwie zu einer Antwort zu verleiten. „Nein, warum habe ich hier wohl ein Haus?!“ Knapp, genervt. Aber logisch, wenn auch ironisch. Dann frag ich eben anders. So schnell gebe ich nicht auf. „Warum hast du genau hier ein Haus gekauft?“ Ich breite die Arme aus und zeige an dem menschenleeren Strand entlang. Außer einigen Strandvillen in großen Abständen gibt es hier nichts. „Die Ruhe vor nervenden Gören, die einfach nicht kapieren, dass ich keinen Bock auf sie habe!“ Meint er damit mich?! Unhöflicher Arsch. „Wenn du dich nicht mit mir unterhalten möchtest, kannst du das auch freundlicher ausdrücken!“ Ich kann meine Wut nur mäßig unterdrücken. Raphaels helle Augen durchbohren mich. „Verpiss dich. Du nervst!“ Damit beschleunigt er seine Schritte und lässt mich sprachlos zurück. Die Party findet in einer Villa ähnlich der Raphaels statt. Als wir ankommen sind schon eine Menge Leute da. Danny führt uns durch das Haus und stellt den Gastgeber vor. Ein braungebrannter Kerl Ende zwanzig mit schwarzem Haar. Seinen Namen habe ich schon in dem Moment wieder vergessen in dem er ihn nennt. In Gedanken bin ich immer noch bei Raphael und unserem Gespräch. Falls man das so nennen kann. Das war total unhöflich, gemein und einfach nur fies von ihm gewesen. Raphael ist nur ein arroganter Arsch! Und deswegen werde ich ihn jetzt vergessen und auf der Party einen netten Mann kennenlernen. Und dazu brauche ich auch nicht mehr lange. Er heißt Tom… Tobi… Ach egal, irgendwie mit T halt und er ist wirklich zuvorkommend. Tanzt mit mir, unterhält sich freundlich (FREUNDLICH!!!!) mit mir und schenkt mir den ganzen Abend nach. Ich glaube er will mich betrunken machen?! Und ich muss zugeben er hat damit Erfolg. Ich fühle mich schon ziemlich beschwipst. Vielleicht sollte ich mal an die frische Luft gehen. Ich finde das ist eine gute Idee. Ich entschuldige mich schnell bei meinem Gesprächspartner und suche mir einen Weg nach draußen. Vielleicht sehe ich ja auch Danny und Alina wieder. Sie sind seit unserer Ankunft wie vom Erdboden verschluckt. Ich trete durch eine Glastür ins Freie. Inzwischen ist es schon dunkel. Die Stufen zum Strand hauts mich beinahe runter. „Whoops!“ Vielleicht bin ich doch mehr als nur beschwipst. Wie viel habe ich eigentlich getrunken? Wenn man es genau nimmt ist das alles Raphaels Schuld! Erst war er so fies und dann hat er mich auch noch einfach stehen lassen! Wütend stapfe ich den Strand entlang. Wenn ich Glück habe ist jetzt wenigstens der Fels frei von dem Tim…Nein, Timo…Timothy, ja genau so heißt er, gesagt hat er habe so eine tolle Aussicht aufs Meer. Da war vorhin so viel los und jetzt ist es ja schon dunkel. Und die meisten Partygäste noch drinnen an dem beleuchteten Pool gewandert. Beschwingt laufe ich weiter bis der Stein vor mir aufragt. Und habe Pech. Da oben sitzt schon jemand. „Hey, du da…“ Ich schwanke bei dem Versuch mehr als nur einen Schemen zu erkennen. „…hast du etwas dagegen, wenn ich auch rauf komme?“ Es ist doch bestimmt Platz da oben für zwei. „Ja!“ Kommt es postwendend zurück. Raphael! der arrogante Arsch! Muss er mir denn den ganzen Abend verderben? In einem Anflug von kindischer Wut stampfe ich mit dem Fuß auf, dass der Sand in alle Himmelsrichtungen fliegt. Und dann klettere ich einfach den Fels hoch. Ist mir doch egal ob er mich da oben haben will. verdammt ist das hoch! Gute vier Meter. Warum muss mir eigentlich immer erst auf halber Strecke einfallen, dass ich Höhenangst habe? Ich kann ja immer noch umdrehen! Und Raphael damit einen Gefallen tun? Nein! Niemals! Ein paar Minuten später habe ich es geschafft. Ich bin oben. Mit einem leisen Seufzer lasse ich mich vorne an der Kante neben Raphael fallen. „So da bin ich!“ Er zuckt gar nicht. Ich betrachte ihn von der Seite. Er hat ein Bein angezogen und die Arme darauf gestützt, während das andere über die Kante baumelt. „Warum hast du gefragt, wenn du doch hoch kommst?“ fragt er und seinem Ton ist anzuhören, dass er genervt ist. Bin ich wirklich so schlimm? „Wollte höflich sein!“ nuschle ich und richte meinen Blick hinaus aufs Meer. Es glänzt im Licht des Vollmondes und tausende Sterne leuchten am Firmament. „Hier ist es wunderschön!“ lasse ich verlauten und schlenkere mit meinen Füßen über der Kante. „Wenn du schon unbedingt hier sein musst, kannst du dann wenigstens die Klappe halten?“ Schmollend presse ich die Lippen zusammen und lasse zur Strafe meinen Kopf an Raphaels Schulter fallen. Er zuckt kurz zusammen, stößt mich aber nicht weg. Wir sitzen einfach nur still nebeneinander, sehen hinaus aufs Meer. Dann legt Raphael mir einen Arm um die Schultern. Überrascht sehe ich zu ihm auf. Es ist so richtig angenehm. Es ist immer noch warm und so an die starke Schulter eines attraktiven Mannes gelehnt, könnte ich noch ewig so hier sitzen. Pfui! Ich muss aufhören solche Sachen zu denken. Das da neben mir ist immerhin Raphael, der noch ein nettes Wort zu mir gesagt hat. Aber was solls. Heißt es nicht immer, genieße den Moment? Unser ruhiges Beisammen sein wird plötzlich von einem leisen Klingeln unterbrochen. Raphael zieht sein Handy aus der Hosentasche und hebt ab ohne mich loszulassen. „Danny, was gibt’s?“ Dann ist es für einen Moment wieder still. „Ja, Karottenkopf sitzt neben mir! Ich bringe sie mit, okay?! Bis dann!“ Und schon legt er wieder auf. Schon wieder Karottenkopf! Kann er sich meinen Namen nicht merken oder was? „Danny und deine Freundin sind auf dem Rückweg zu mir. Du sollst mal auf dein Handy schauen!“ Ich wühle in meiner Umhängetasche bis ich das kleine Teil zu fassen bekomme. Zehn verpasste Anrufe. Alle von Alina. Mein Handy ist auf lautlos. Ups. Ich zucke mit den Schultern und packe es wieder weg. „Naja, jetzt weiß sie ja wo ich bin.“ Ich will es mir wieder an Raphaels Schulter gemütlich machen, da zieht er seinen Arm zurück und steht auf. „Wir sollten auch langsam gehen!“ Enttäuscht macht sich in mir breit. Warum ausgerechnet jetzt wo es so schön ist? Seufzend folge ich Raphael zur Strandseite und schaue hinunter. „Fuck ist das hoch!“ Wie zum Teufel bin ich da vorhin hoch gekommen? Ohne runter zu sehen wahrscheinlich. Meine Beine zittern. Und wie komme ich da jetzt wieder herunter? Ohne alle Knochen zu brechen? „Das war es auch schon als du hoch geklettert bist!“ erwidert Raphael knallhart. Aber er hat ja recht. Das hätte mir vorher bewusst sein müssen. „Bestimmt. Aber da hat der Alkohol und meine Wut die Höhenangst besiegt.“ Erkläre ich schnippig und schiebe gleichzeitig den Träger meiner Tasche höher. „Heißt das, wenn ich dich wütend mache ist die Wahrscheinlichkeit, dass du hier heil runter kommst höher?“ Raphael sieht mich doch tatsächlich etwas besorgt an. Ich schnaube leise. „Moralische Unterstützung tut es auch!“ Kurz zögert er, dann streckt er eine Hand aus. „Gib mir deine Tasche! Ich klettere vor und bin genau unter dir!“ Ich tue was er sagt und sehe dann wie er über die Kante verschwindet. Keine zwei Minuten später höre ich ihn unten im Sand aufkommen. „Hey, Karottenkopf, jetzt bist du dran!“ Ich beuge mich über die Kante, kann mich gar nicht richtig über die Bezeichnung aufregen. „Ich dachte du wolltest mich moralisch unterstützen?!“ Raphael sieht zu mir auf. „Tue ich doch! Immerhin stehe ich noch hier! Und jetzt schwing deinen Hintern über die Kante. Direkt unter dir ist ein Vorsprung!“ Ich habe nicht Wirklich eine Wahl, sonst sitze ich morgen noch hier oben. Und Hilfe rufen ist auch nicht drinne. Raphael hat meine Tasche. Vorsichtig lasse ich mich über die Kante gleiten bis mein Füße wieder einen festen Stand haben. „Rechts ist eine Rinne…“ Raphael leitet mich jeden Schritt und die letzten eineinhalb Meter hebt er mich sogar runter. Mit noch immer wackeligen Knien stehe ich im Sand. „Danke!“ Er geht gar nicht darauf ein, sondern schläft den Weg zu seiner Villa ein. ich dagegen Laufe ein paar Schritte ins seichte Wasser. Es ist eine viel zu schöne Nacht um jetzt schon heim zu gehen. Die Wellen schlagen noch immer angenehm warm um meine Knöchel. Da kommt mir so eine Idee. Wir könnten doch… „Raphael rufe ich, doch er geht stur weiter. Ich verdrehe die Augen und renne los bis ich ihn eingeholt habe. Etwas atemlos und mit wirrem Haar bleibe ich vor ihm stehen, fasse ihn an der Hand. „Lass uns schwimmen gehen!“ Er hält inne, die Augenbrauen skeptisch zusammengezogen. Im Mondlicht wirkt sein Gesicht viel zu ernst. Wie alt ist er eigentlich? Fünfundzwanzig? Dreißig? Das ist verdammt schwer einzuschätzen. Ich ziehe mir mein Strandkleid über den Kopf und lasse es einfach in den Sand fallen. Raphael steht unschlüssig da. Ich nehme ihm meine Tasche aus der Hand und stelle sie zur Seite. Er greift nach dem Saum seines T-Shirts. Zögert. „Hör auf dich zu genieren und komm endlich!“ Da zieht er es aus und holt seine Wertsachen aus den Hosentaschen. Mann, ist der dünn! Das ist schon lange über schlank hinaus. Selbst im Mondlicht kann ich seine Rippen zählen. Und ich sehe die Narben. Verblasste silbrige Linien und eine neue. Kaum ein paar Wochen alt. Eine wulstige rote Narbe von seinem Brustbein bis zum Unterbauch. Eine OP-Narbe. Er verschränkt die Arme vor dem Bauch und senkt unsicher den Blick. Ich strecke ihm einfach stumm meine Hand hin. Nach einem kurzen Moment legt er seine hinein. Ich ziehe Raphael hinter mir her ins Wasser, verpasse ihm schließlich einen leichten Stoß, der ihn aus dem Gleichgewicht bringt und ihn untertauchen lässt. Ich lache, doch schon kommt seine Revanche. Eine ganze Ladung Wasser trifft mich. Prustend halte ich nach meinem Angreifer Ausschau. Kaum habe ich ihn entdeckt, stürze ich mich auf ihn. er taucht mich unter… Ich spritze ihn nass… Irgendwann werden wir ruhiger. Ich habe beide Arme um Raphaels Nacken geschlungen. Unsere Gesichter sind sich ganz nah. Seine hellen Augen halten mich gefangen. Mein Herz schlägt schneller. Langsam kommt er näher, ich recke mich ihm entgegen. Unsere Lippen berühren sich. Erst federleicht, dann immer ungestümer. Mein Puls schießt in die Höhe. Seine Zunge stupst gegen meine Lippen. Mir wird ganz warm. Ich lasse ihn ein. Milliarden Schmetterlinge flattern in meinem Bauch. Raphaels Hände fahren federleicht meine Wirbelsäule entlang nach unten. Ich spüre wie sich etwas hartes gegen meinen Oberschenkel drängt. Meine Hand lässt sich aus seinem Nacken. Unter Wasser taste ich nach seinen Hüften, lasse meine flache Hand über seine Erektion streifen. Raphael zuckt zusammen, löst sich schwer atmend von mir. Ich drücke leicht zu. Er keucht, zerrt mich hart an seine Brust und verwickelt mich in einen zweiten, noch leidenschaftlicheren Kuss. Seine Finger spielen mit der Schnürung meines Bikinis. Ich lasse meinerseits die Finger in seine Hose wandern, streiche neckisch über seinen harten Schaft. Sein ganzer Körper spannt sich an. Ich schiebe seine Shorts ein wenig nach unten. Seine Erektion springt mir entgegen. Ich greife zu. Fahre seinen prallen Penis entlang. Lustverschleiert liegen Raphaels nun dunkle Augen auf mir. Jetzt sind auch seine Hände in mein Häschen vorgedrungen. Ich spüre seine Finger über meinen feuchten Eingang tanzen. Ich winde mich ein wenig und erstarre abrupt, als einer seiner Finger in mich dringt. Ein leises Stöhnen verlässt meine Lippen. Dann dränge ich mich noch näher an ihn. Enttäuscht sehe ich ihn an, als er sich zurückzieht. Allerdings nur um die Verschnürung meines Höschens einseitig zu lösen. Ich fahre seinen Penis auf und ab, seine Finger zittern, er keucht. Jetzt läse ich meine Hand von ihm. Er ist genauso enttäuscht wie ich zuvor. Meine Finger tasten in meinem Oberteil nach der kleinen silbernen Packung, die mir Alina mit den Worten: „Eine Frau ist immer gut vorbereitet!“, da hinein gesteckt hat. „Woher?“ Seine Stimme ist rau und atemlos. „Sicherheit geht vor!“ Ich reiße das Päckchen auf und stülpe das Kondom langsam über seinen Penis. Raphaels Lippen pressen sich fest auf meine, seine Hand greift meinen linken Oberschenkel und zieht ihn zu seinen Hüften. Ich schlinge das Bein um ihn und halte die Luft an, als er mit einer einzigen Bewegung in mich dringt. Meine Finger krallen sich in seine Schultern, sein Atem geht schnell und seine weißen Zähne graben sich in meine Unterlippe. Wieder stößt er zu und wieder und wieder. Ich spüre wie ich dem Abgrund immer näher komme. Und dann ist es als würden die Milliarden Sterne am Himmel explodieren. Raphael ist tief in mir. Ich spüre ihn kommen und stürze im selben Moment über die Klippe. Erschöpft lasse ich mich gegen seine Brust fallen, sie hebt sich in viel zu schnellen Atemzügen. Und ich höre Raphaels Herz schlagen. Erst rasant schnell, dann wird es langsamer. Ich lasse mich von dem beruhigenden Rhythmus mittragen und schließe die Augen. Raphael hat die Arme um mich geschlungen. So fest, als wolle er mich nie wieder los lassen. Es fühlt sich wie eine Ewigkeit an, die wir so eng umschlungen im Wasser stehen. Dann irgendwann zieht er sich vorsichtig aus mir zurück und richtet mein Höschen, bevor er sich um seine Shorts kümmert. Mit ineinander verschränkten Fingern waten wir aus dem Wasser und lassen uns erschöpft in den Sand fallen. Er schlingt einen Arm um meine Schultern und ich lege den Kopf auf seiner Brust ab. „Mila, schau mal nach oben!“ Im nächsten Moment werde ich geblendet und muss erst mal die Augen schließen. Dann sehe ich, dass Raphael sein Handy in der Hand und scheinbar ein Foto gemacht hat. „Hättest du dir dafür nicht einen anderen Zeitpunkt aussuchen können?“ frage ich. „Nein, dieser ist perfekt!“ Sicher doch! Ich bin klatschnass, meine Haare sehen sicher aus, wie ein Wischmopp und meine Wimperntusche ist total verlaufen. Raphael lässt die Hand mit seinem Handy sinken. „Wir sollten langsam wirklich zurück!“ Er richtet sich auf und zieht mich unweigerlich mit. Ich sammle meine Sachen auf und greife dann nach Raphaels Hand. Seine schlanken Finger schließen sich um meine. Gemeinsam machen wir uns auf den Rückweg. Raphael schließt die Tür zu seiner Villa auf und bedeutet mir leise zu sein. Er führt mich durch das dunkle Haus und eine Treppe nach oben. Ander ersten Tür bleibt er kurz stehen und lauscht. Ich halte den Atem an, höre Alinas leises Lachen und Dannys tiefe Stimme. Da hatten wohl nicht nur wir unseren Spaß. Wir gehen zur nächsten Tür. Scheinbar Raphaels Schlafzimmer. Zumindest steht ein großes Bett in der Mitte des Zimmers. Ich nehme Anlauf und… Raphael hält mich davon ab noch immer klatschnass in die Kissen zu springen. Stattdessen geht er ziemlich zielstrebig auf einen Schrank zu und wirft mir ein Handtuch und ein T-Shirt zu. Er selbst streift sich trockene Shorts über. Ich ziehe mich um und lasse mich dann erschöpft neben ihm aufs Bett fallen. Er deckt uns zu und schlingt einen Arm um mich. Zieht mich näher zu sich ran. Wohlig schlafe ich ein. Als ich aufwache steht die Sonne schon ziemlich hoch und scheint mir ins Gesicht. Von Raphael ist weit und breit nichts zu sehen. ich reibe mir die Augen und drehe den Kopf. Das Bett neben mir ist leer, die zerwühlten Laken bereits kalt. Aug dem Kissen, das Raphael zum schlafen benutzt hat liegt ein Briefumschlag. In akkurat geschwungener Handschrift steht mein Name darauf. Er ist nicht zugeklebt. Ich öffne ihn und ziehe ein Toto heraus. Das, das Raphael letzte Nacht gemacht hat. Ich sehe verträumt in die Kamera, eng an ihn geschmiegt. Er hat den Blick etwas gesenkt, so als sehe er nur mich an und lächelt. Sanft, zufrieden. Ich drehe das Bild um. Da stehen drei Zeilen: »Danke für die schöne Nacht« »Belassen wir es dabei« »Raphael« Kapitel 1: Prolog zensiert -------------------------- Prolog: Semesterferien. Sommer. Sonne. Strand. Vier S. Nein DIE vier S. Neben Alina trete ich aus dem kleinen Ferienhaus, das wir die nächsten beiden Wochen bewohnen werden. Direkt vor uns erstreckt sich der strahlend weiße Sandstrand und dahinter das tiefblaue Meer. Das Häuschen ist idyllisch gelegen, auch wenn hier sicherlich nicht der Punk abgeht wie anderswo. Denn das kleine Küstenstädtchen, das nur einen Kilometer entfernt liegt, wirkt ziemlich verschlafen. Mich stört das nicht. Schwimmen, Lesen, faul am Strand herumliegen und eventuell den ein oder anderen Ausflug ins Inland und das wird ein super Urlaub. „Komm lass uns vor in den Ort laufen! Mal schauen, was es da so alles gibt!“ Ohne auf meine Antwort zu warten läuft Alina los. Ich hätte mich jetzt viel lieber in den Sand gesetzt und einfach nur aufs Meer geschaut. Aber wenn sie unbedingt meint. Ihr langes, pechschwarzes Haar wippt über ihren gertenschlanken Rücken und das hellblaue Top. Ich laufe ihr nach. Direkt an der Wassergrenze. Die Wellen schwappen über meine nackten Füße. Meine flachen Riemchensandalen habe ich in der Hand. Wir brauchen gerade mal zehn Minuten, dann haben wir die Ausläufer der Uferpromenade erreicht. Hier ist der Sandstrand viel breiter und es stehen Liegestühle mit Sonnenschirmen in Reih und Glied. Kleine Geschäfte schließen sich von der Stadtseite an die Promenade. Es werden Souvenirs, Schmuck, Bademoden und was weiß ich noch alles verkauft. Aber wie magisch angezogen werde ich von der kleinen Eisdiele, die etwas zurückgesetzt zwischen einer Pizzeria und einem Geschäft für Angelausrüstung liegt. Alina lacht leise und folgt mir kopfschüttelnd. Nach über fünf Jahren Freundschafft kennt sie mich einfach zu gut. Für mich bestelle ich eine Waffel mit Karamell- und Jogurteis und für meine beste Freundin eine Kugel Stracciatella im Becher. Ich kenne sie eben auch. Breit grinsend überreiche ich ihr meine Beute und wir setzen uns auf eine Bank von der aus man einen guten Blick über den Strand hat. Alinas Augen sind fast sofort auf das Volleyballfeld gerichtet. Hält sie etwa schon wieder Ausschau nach einem Kerl? Seit ihr letzter Freund sich von ihr getrennt hat sieht sie allem nach, was zwei Beine und einen Penis hat. „Endlich mal zwei Frauen, die wissen wie man das Leben genießt!“ Verwirrt läse ich den Blick vom Wasser und sehe den jungen Mann an, der sich neben mich gesetzt hat. Hellbraunes Haar, strahlend blaue Augen, markantes Gesicht und ein durchtrainierter Körper soweit ich es erkennen kann. Alles in allem nicht schlecht. Allerdings hat der Kerl den Kopf schief gelegt und schaut hauptsächlich Alina an. Ist ja klar. Nicht dass ich unattraktiv bin… Aber Alina ist ein richtiger Männermagnet. Langes schwarzes Haar, dunkle Augen, zarte Gesichtszüge mit asiatischem Einschlag (Ihr Opa ist Japaner), zierliche Gestalt. Ich dagegen bin einen guten Kopf größer als sie, habe rotblonde Haare, Sommersprossen und die Farbe meiner Augen erinnert an Whisky. Ich bin schlank, aber keinesfalls zierlich. Wenn Alina und ich zusammen ausgehen ist zu neunundneunzig Komma neun Prozent sie es, die von Männern belagert wird. „Ein Eis kaufen kann jeder!“ gibt Alina schulterzuckend von sich. „Nur tun es leider die wenigsten!“ Der Mann seufzt und lehnt sich zurück. „Dieser ganzer Magerwahn geht mir auf die Nerven“ Da muss ich ihm zustimmen. Es kann ganz schön nervig sein, wenn alle um einen herum nur übers Abnehmen diskutieren. „Und wenn wir auch eine dieser modernen Diäten machen?“ fragt Alina keck. „Und das unser Gönnmoment des Monats ist?“ mache ich sofort weiter. „Dann erschießt mich auf der Stelle!“ Er tut, als würde er sterben. Wir lachen und ich widme mich wieder meinem Eis, während Alina ihn erlöst. „Nein, mal ehrlich, dafür essen wir viel zu gerne!“ Sie grinst. „Gott sei Dank. Das ewige Kalorienzählen, Diät halten, wiegen… geht mich nämlich gehörig auf den Senkel. Es reicht, dass ich mit so jemandem meinen Urlaub verbringe.“ Er wirkt unglücklich. „Sag jetzt nicht, du bist mit deiner Freundin hier?!“ Alina ist in solchen Situationen knallhart. Mich interessiert die Antwort genauso. „Nein, mit meinem Bruder!“ Oh ich weiß, dass Kerle sowas auch machen, aber bis jetzt habe ich nur darüber gelesen. „Er will abnehmen?“ fragt Alina mit mäßigem Interesse, während ich aufmerksam zuhöre. Magersucht soll ja auch unter Männern verbreitet sein, ob… „Nein, zunehmen. Das Abnehmen geht bei ihm weil zu schnell. Jetzt hat… war er auch noch lange krank, dementsprechend hat er einiges aufzuholen. Aber genug davon… Habt ihr Lust etwas zu unternehmen?“ Was der Bruder dieses Mannes wohl hat? Ich schüttle kurz den Kopf. Ich bin viel zu neugierig! Das geht mich doch überhaupt nichts an! „Vielleicht verrätst du uns erst mal deinen Namen?!“ Alina ist von seinem Angebot nicht abgeneigt und auch ich finde ihn ganz sympathisch. „Daniel Wegner. Aber ihr könnt Danny sagen!“ Er lächelt. „Ich bin Alina und das ist meine beste Freundin Mila.“ Wir geben ihm die Hand und dann zeigt Danny uns das Städtchen. So verbringen wir einen lustigen Nachmittag mit unserer neuen Bekanntschaft. Wir verbringen auch die folgenden Tage viel Zeit mit Danny, was mich vermuten lässt, dass sein Bruder ein ziemlicher Langweiler sein muss, wenn die beiden nie etwas zusammen unternehmen. Gegen Ende unserer ersten Urlaubswoche fragt Danny, ob wir ihn zu einer Poolparty begleiten wollen. Natürlich sagen wir sofort zu. Und so kommt es, dass wir Samstagabend in Dannys Auto sitzen und unterwegs zu dieser Party sind. Oder eher zu einer Villa, wie wir sehen als Danny den Wagen parkt. „Cool! Steigt hier die Party?“ Alina lehnt sich zwischen den Sitzen nach vorne und sieht bewundernd durch die Frontscheibe. „Ne, das ist das Strandhaus meines Bruders. Wir schnappen uns nur schnell Raphael und dann geht es weiter zur Party!“ Danny lotst und zur Haustüre und schließt auf. Strandhaus? Das ist eine verdammte zweistöckige Villa! Sein Bruder muss ziemlich viel Kohle haben. „Herein, herein die Damen. Mal sehen wo wir den Hausdrachen finden!“ Auch wenn Danny ein Lächeln aufgesetzt hat sehe ich etwas anderes in seinem Gesicht. Etwas, das ich nicht beschreiben kann. Er führt uns vom Flur aus durch eine modern eingerichtete Hightechküche in ein gemütliches Wohnzimmer. Es hat eine Glasfront und eine wunderbare Aussicht aufs Meer. Auf dem breiten Sofa sitzt ein Mann mit einem Laptop auf dem Schoß. Sein blondes Haar ist kurz, sein Gesicht wirkt ausgemergelt. „Hey Raphael…“ Der Mann sieht auf. Helle, weißblaue Augen fixieren uns. „War ja klar, dass du noch ein paar Weiber anschleppst!“ Seine tiefe Stimme schickt mir eine Gänsehaut über den Tücken. Dann lenkt er seinen Blick wieder auf den Laptop. „Dann brauchst du mich ja nicht für deine Party!“ Kühl, emotionslos. Danny sieht uns kurz entschuldigend an. „Raph, du hast versprochen mitzukommen!“ Der Blonde zuckt mit den Schultern. „Mit dir ja. Aber nicht mit Karottenkopf und diesem Asienverschnitt.“ Mir klappt die Kinnlade herunter. Meint er etwa mich mit Karottenkopf? Das ist ja wohl die Höhe! Nur wegen der Farbe meiner Haare, für dich ich nicht mal etwa kann. Das ist schließlich genetisch festgelegt. Wütend starre ich ihn an. Sag mal wie alt ist der? Fünf? Sowas unhöfliches! Immerhin scheint Danny mir da zuzustimmen. „Du schiebst jetzt deinen arroganten Arsch auf diese Party und bist gefällig nett zu Alina und Mila!“ Wütend funkelt er seinen Bruder an und nimmt ihm den Laptop ab. Der verdreht die Augen und steht in einer einzigen fließenden Bewegung auf. Ich mustere ihn. er ist schlank, eigentlich schon ziemlich dünn. Er kann definitiv ein paar Kilos mehr auf den Rippen vertragen. Ich schätze ihn auf etwa eins neunzig mit breiten Schultern und schmalen Hüften. Er trägt einfache schwarze Shorts und ein weißes T-Shirt mit irgendeinem Bandlogo. „Ja, ja, wenn’s unbedingt ein muss!“ Er schnappt sich Handy und Geldbörse vom gläsernen Couchtisch und verstaut sie in seinen Hosentaschen. Wir verlassen das Haus über eine Glastür im Wohnzimmer. Danny erklärt, dass die Party ein paar Häuser weiter stattfindet und wir dahin laufen werden. Ich schlüpfe aus meinen Schuhen und gehe am Wassersaum entlang. Nach ein paar hundert Metern fällt mir auf, dass Dannys Bruder ein ganzes Stück zurück gefallen ist. Ich bleibe stehen um auf ihn zu warten. Er läuft an mir vorbei ohne den Kopf zu heben. „Du heißt Raphael, oder?“ Ich hänge mich an ihn ran. Keine Reaktion. „Ich bin Mila. Wir haben Danny Anfang der Woche kennen gelernt…“ Noch immer nichts. Das ist deprimierend. Vor allem, da er eigentlich voll mein Typ ist. Groß, markante Züge, breite Schultern. Okay es könnte etwas mehr an ihm dran sein. Aber seine Arme und Beine wirken nicht ganz so mager wie sein Gesicht. Danny hat irgendwann was davon gesagt, sein Bruder wäre lange krank gewesen. Wenn er sich also erholt und ein paar Kilo zunimmt… wäre er zumindest körperlich mein Traumtyp, dann reden will er ja scheinbar mit mir. „Gefällt es dir hier?“ frage ich also um ihn doch irgendwie zu einer Antwort zu verleiten. „Nein, warum habe ich hier wohl ein Haus?!“ Knapp, genervt. Aber logisch, wenn auch ironisch. Dann frag ich eben anders. So schnell gebe ich nicht auf. „Warum hast du genau hier ein Haus gekauft?“ Ich breite die Arme aus und zeige an dem menschenleeren Strand entlang. Außer einigen Strandvillen in großen Abständen gibt es hier nichts. „Die Ruhe vor nervenden Gören, die einfach nicht kapieren, dass ich keinen Bock auf sie habe!“ Meint er damit mich?! Unhöflicher Arsch. „Wenn du dich nicht mit mir unterhalten möchtest, kannst du das auch freundlicher ausdrücken!“ Ich kann meine Wut nur mäßig unterdrücken. Raphaels helle Augen durchbohren mich. „Verpiss dich. Du nervst!“ Damit beschleunigt er seine Schritte und lässt mich sprachlos zurück. Die Party findet in einer Villa ähnlich der Raphaels statt. Als wir ankommen sind schon eine Menge Leute da. Danny führt uns durch das Haus und stellt den Gastgeber vor. Ein braungebrannter Kerl Ende zwanzig mit schwarzem Haar. Seinen Namen habe ich schon in dem Moment wieder vergessen in dem er ihn nennt. In Gedanken bin ich immer noch bei Raphael und unserem Gespräch. Falls man das so nennen kann. Das war total unhöflich, gemein und einfach nur fies von ihm gewesen. Raphael ist nur ein arroganter Arsch! Und deswegen werde ich ihn jetzt vergessen und auf der Party einen netten Mann kennenlernen. Und dazu brauche ich auch nicht mehr lange. Er heißt Tom… Tobi… Ach egal, irgendwie mit T halt und er ist wirklich zuvorkommend. Tanzt mit mir, unterhält sich freundlich (FREUNDLICH!!!!) mit mir und schenkt mir den ganzen Abend nach. Ich glaube er will mich betrunken machen?! Und ich muss zugeben er hat damit Erfolg. Ich fühle mich schon ziemlich beschwipst. Vielleicht sollte ich mal an die frische Luft gehen. Ich finde das ist eine gute Idee. Ich entschuldige mich schnell bei meinem Gesprächspartner und suche mir einen Weg nach draußen. Vielleicht sehe ich ja auch Danny und Alina wieder. Sie sind seit unserer Ankunft wie vom Erdboden verschluckt. Ich trete durch eine Glastür ins Freie. Inzwischen ist es schon dunkel. Die Stufen zum Strand hauts mich beinahe runter. „Whoops!“ Vielleicht bin ich doch mehr als nur beschwipst. Wie viel habe ich eigentlich getrunken? Wenn man es genau nimmt ist das alles Raphaels Schuld! Erst war er so fies und dann hat er mich auch noch einfach stehen lassen! Wütend stapfe ich den Strand entlang. Wenn ich Glück habe ist jetzt wenigstens der Fels frei von dem Tim…Nein, Timo…Timothy, ja genau so heißt er, gesagt hat er habe so eine tolle Aussicht aufs Meer. Da war vorhin so viel los und jetzt ist es ja schon dunkel. Und die meisten Partygäste noch drinnen an dem beleuchteten Pool gewandert. Beschwingt laufe ich weiter bis der Stein vor mir aufragt. Und habe Pech. Da oben sitzt schon jemand. „Hey, du da…“ Ich schwanke bei dem Versuch mehr als nur einen Schemen zu erkennen. „…hast du etwas dagegen, wenn ich auch rauf komme?“ Es ist doch bestimmt Platz da oben für zwei. „Ja!“ Kommt es postwendend zurück. Raphael! der arrogante Arsch! Muss er mir denn den ganzen Abend verderben? In einem Anflug von kindischer Wut stampfe ich mit dem Fuß auf, dass der Sand in alle Himmelsrichtungen fliegt. Und dann klettere ich einfach den Fels hoch. Ist mir doch egal ob er mich da oben haben will. verdammt ist das hoch! Gute vier Meter. Warum muss mir eigentlich immer erst auf halber Strecke einfallen, dass ich Höhenangst habe? Ich kann ja immer noch umdrehen! Und Raphael damit einen Gefallen tun? Nein! Niemals! Ein paar Minuten später habe ich es geschafft. Ich bin oben. Mit einem leisen Seufzer lasse ich mich vorne an der Kante neben Raphael fallen. „So da bin ich!“ Er zuckt gar nicht. Ich betrachte ihn von der Seite. Er hat ein Bein angezogen und die Arme darauf gestützt, während das andere über die Kante baumelt. „Warum hast du gefragt, wenn du doch hoch kommst?“ fragt er und seinem Ton ist anzuhören, dass er genervt ist. Bin ich wirklich so schlimm? „Wollte höflich sein!“ nuschle ich und richte meinen Blick hinaus aufs Meer. Es glänzt im Licht des Vollmondes und tausende Sterne leuchten am Firmament. „Hier ist es wunderschön!“ lasse ich verlauten und schlenkere mit meinen Füßen über der Kante. „Wenn du schon unbedingt hier sein musst, kannst du dann wenigstens die Klappe halten?“ Schmollend presse ich die Lippen zusammen und lasse zur Strafe meinen Kopf an Raphaels Schulter fallen. Er zuckt kurz zusammen, stößt mich aber nicht weg. Wir sitzen einfach nur still nebeneinander, sehen hinaus aufs Meer. Dann legt Raphael mir einen Arm um die Schultern. Überrascht sehe ich zu ihm auf. Es ist so richtig angenehm. Es ist immer noch warm und so an die starke Schulter eines attraktiven Mannes gelehnt, könnte ich noch ewig so hier sitzen. Pfui! Ich muss aufhören solche Sachen zu denken. Das da neben mir ist immerhin Raphael, der noch ein nettes Wort zu mir gesagt hat. Aber was solls. Heißt es nicht immer, genieße den Moment? Unser ruhiges Beisammen sein wird plötzlich von einem leisen Klingeln unterbrochen. Raphael zieht sein Handy aus der Hosentasche und hebt ab ohne mich loszulassen. „Danny, was gibt’s?“ Dann ist es für einen Moment wieder still. „Ja, Karottenkopf sitzt neben mir! Ich bringe sie mit, okay?! Bis dann!“ Und schon legt er wieder auf. Schon wieder Karottenkopf! Kann er sich meinen Namen nicht merken oder was? „Danny und deine Freundin sind auf dem Rückweg zu mir. Du sollst mal auf dein Handy schauen!“ Ich wühle in meiner Umhängetasche bis ich das kleine Teil zu fassen bekomme. Zehn verpasste Anrufe. Alle von Alina. Mein Handy ist auf lautlos. Ups. Ich zucke mit den Schultern und packe es wieder weg. „Naja, jetzt weiß sie ja wo ich bin.“ Ich will es mir wieder an Raphaels Schulter gemütlich machen, da zieht er seinen Arm zurück und steht auf. „Wir sollten auch langsam gehen!“ Enttäuscht macht sich in mir breit. Warum ausgerechnet jetzt wo es so schön ist? Seufzend folge ich Raphael zur Strandseite und schaue hinunter. „Fuck ist das hoch!“ Wie zum Teufel bin ich da vorhin hoch gekommen? Ohne runter zu sehen wahrscheinlich. Meine Beine zittern. Und wie komme ich da jetzt wieder herunter? Ohne alle Knochen zu brechen? „Das war es auch schon als du hoch geklettert bist!“ erwidert Raphael knallhart. Aber er hat ja recht. Das hätte mir vorher bewusst sein müssen. „Bestimmt. Aber da hat der Alkohol und meine Wut die Höhenangst besiegt.“ Erkläre ich schnippig und schiebe gleichzeitig den Träger meiner Tasche höher. „Heißt das, wenn ich dich wütend mache ist die Wahrscheinlichkeit, dass du hier heil runter kommst höher?“ Raphael sieht mich doch tatsächlich etwas besorgt an. Ich schnaube leise. „Moralische Unterstützung tut es auch!“ Kurz zögert er, dann streckt er eine Hand aus. „Gib mir deine Tasche! Ich klettere vor und bin genau unter dir!“ Ich tue was er sagt und sehe dann wie er über die Kante verschwindet. Keine zwei Minuten später höre ich ihn unten im Sand aufkommen. „Hey, Karottenkopf, jetzt bist du dran!“ Ich beuge mich über die Kante, kann mich gar nicht richtig über die Bezeichnung aufregen. „Ich dachte du wolltest mich moralisch unterstützen?!“ Raphael sieht zu mir auf. „Tue ich doch! Immerhin stehe ich noch hier! Und jetzt schwing deinen Hintern über die Kante. Direkt unter dir ist ein Vorsprung!“ Ich habe nicht Wirklich eine Wahl, sonst sitze ich morgen noch hier oben. Und Hilfe rufen ist auch nicht drinne. Raphael hat meine Tasche. Vorsichtig lasse ich mich über die Kante gleiten bis mein Füße wieder einen festen Stand haben. „Rechts ist eine Rinne…“ Raphael leitet mich jeden Schritt und die letzten eineinhalb Meter hebt er mich sogar runter. Mit noch immer wackeligen Knien stehe ich im Sand. „Danke!“ Er geht gar nicht darauf ein, sondern schläft den Weg zu seiner Villa ein. ich dagegen Laufe ein paar Schritte ins seichte Wasser. Es ist eine viel zu schöne Nacht um jetzt schon heim zu gehen. Die Wellen schlagen noch immer angenehm warm um meine Knöchel. Da kommt mir so eine Idee. Wir könnten doch… „Raphael rufe ich, doch er geht stur weiter. Ich verdrehe die Augen und renne los bis ich ihn eingeholt habe. Etwas atemlos und mit wirrem Haar bleibe ich vor ihm stehen, fasse ihn an der Hand. „Lass uns schwimmen gehen!“ Er hält inne, die Augenbrauen skeptisch zusammengezogen. Im Mondlicht wirkt sein Gesicht viel zu ernst. Wie alt ist er eigentlich? Fünfundzwanzig? Dreißig? Das ist verdammt schwer einzuschätzen. Ich ziehe mir mein Strandkleid über den Kopf und lasse es einfach in den Sand fallen. Raphael steht unschlüssig da. Ich nehme ihm meine Tasche aus der Hand und stelle sie zur Seite. Er greift nach dem Saum seines T-Shirts. Zögert. „Hör auf dich zu genieren und komm endlich!“ Da zieht er es aus und holt seine Wertsachen aus den Hosentaschen. Mann, ist der dünn! Das ist schon lange über schlank hinaus. Selbst im Mondlicht kann ich seine Rippen zählen. Und ich sehe die Narben. Verblasste silbrige Linien und eine neue. Kaum ein paar Wochen alt. Eine wulstige rote Narbe von seinem Brustbein bis zum Unterbauch. Eine OP-Narbe. Er verschränkt die Arme vor dem Bauch und senkt unsicher den Blick. Ich strecke ihm einfach stumm meine Hand hin. Nach einem kurzen Moment legt er seine hinein. Ich ziehe Raphael hinter mir her ins Wasser, verpasse ihm schließlich einen leichten Stoß, der ihn aus dem Gleichgewicht bringt und ihn untertauchen lässt. Ich lache, doch schon kommt seine Revanche. Eine ganze Ladung Wasser trifft mich. Prustend halte ich nach meinem Angreifer Ausschau. Kaum habe ich ihn entdeckt, stürze ich mich auf ihn. er taucht mich unter… Ich spritze ihn nass… Irgendwann werden wir ruhiger. Ich habe beide Arme um Raphaels Nacken geschlungen. Unsere Gesichter sind sich ganz nah. Seine hellen Augen halten mich gefangen. Mein Herz schlägt schneller. Langsam kommt er näher, ich recke mich ihm entgegen. Unsere Lippen berühren sich. Erst federleicht, dann immer ungestümer. Mein Puls schießt in die Höhe. Seine Zunge stupst gegen meine Lippen. Mir wird ganz warm. Ich lasse ihn ein. Milliarden Schmetterlinge flattern in meinem Bauch. Raphaels Hände fahren federleicht meine Wirbelsäule entlang nach unten... Etwas später… Mit ineinander verschränkten Fingern waten wir aus dem Wasser und lassen uns erschöpft in den Sand fallen. Er schlingt einen Arm um meine Schultern und ich lege den Kopf auf seiner Brust ab. „Mila, schau mal nach oben!“ Im nächsten Moment werde ich geblendet und muss erst mal die Augen schließen. Dann sehe ich, dass Raphael sein Handy in der Hand und scheinbar ein Foto gemacht hat. „Hättest du dir dafür nicht einen anderen Zeitpunkt aussuchen können?“ frage ich. „Nein, dieser ist perfekt!“ Sicher doch! Ich bin klatschnass, meine Haare sehen sicher aus, wie ein Wischmopp und meine Wimperntusche ist total verlaufen. Raphael lässt die Hand mit seinem Handy sinken. „Wir sollten langsam wirklich zurück!“ Er richtet sich auf und zieht mich unweigerlich mit. Ich sammle meine Sachen auf und greife dann nach Raphaels Hand. Seine schlanken Finger schließen sich um meine. Gemeinsam machen wir uns auf den Rückweg. Raphael schließt die Tür zu seiner Villa auf und bedeutet mir leise zu sein. Er führt mich durch das dunkle Haus und eine Treppe nach oben. Ander ersten Tür bleibt er kurz stehen und lauscht. Ich halte den Atem an, höre Alinas leises Lachen und Dannys tiefe Stimme. Da hatten wohl nicht nur wir unseren Spaß. Wir gehen zur nächsten Tür. Scheinbar Raphaels Schlafzimmer. Zumindest steht ein großes Bett in der Mitte des Zimmers. Ich nehme Anlauf und… Raphael hält mich davon ab noch immer klatschnass in die Kissen zu springen. Stattdessen geht er ziemlich zielstrebig auf einen Schrank zu und wirft mir ein Handtuch und ein T-Shirt zu. Er selbst streift sich trockene Shorts über. Ich ziehe mich um und lasse mich dann erschöpft neben ihm aufs Bett fallen. Er deckt uns zu und schlingt einen Arm um mich. Zieht mich näher zu sich ran. Wohlig schlafe ich ein. Als ich aufwache steht die Sonne schon ziemlich hoch und scheint mir ins Gesicht. Von Raphael ist weit und breit nichts zu sehen. ich reibe mir die Augen und drehe den Kopf. Das Bett neben mir ist leer, die zerwühlten Laken bereits kalt. Aug dem Kissen, das Raphael zum schlafen benutzt hat liegt ein Briefumschlag. In akkurat geschwungener Handschrift steht mein Name darauf. Er ist nicht zugeklebt. Ich öffne ihn und ziehe ein Toto heraus. Das, das Raphael letzte Nacht gemacht hat. Ich sehe verträumt in die Kamera, eng an ihn geschmiegt. Er hat den Blick etwas gesenkt, so als sehe er nur mich an und lächelt. Sanft, zufrieden. Ich drehe das Bild um. Da stehen drei Zeilen: »Danke für die schöne Nacht« »Belassen wir es dabei« »Raphael« Kapitel 2: Kapitel 1 -------------------- Kapitel 1: Ich weiß nicht warum ich das Foto überhaupt noch habe! Und vor allem: Warum hole ich es immer wieder raus und schaue es mir stundenlang an? Die Ecken sind schon ganz verknickt und die Worte in Raphaels akkurater Handschrift kann ich inzwischen in- und auswendig. »Danke für die schöne Nacht« »Belassen wir es dabei« »Raphael« Warum kann ich es nicht einfach dabei belassen? Warum kann ich ihn nicht einfach aus meinen Gedanken streichen? Die ganzen Fragen. Es war nur ein One-Night-Stand. Eine schöne Erinnerung. Nicht mehr. Und es ist inzwischen drei Monate her. Also warum denke ich immer noch ständig darüber nach? Vielleicht weil ich mir Raphaels Flucht am nächsten Morgen nicht erklären kann… Als ich runter in die Küche kam und Danny nach seinem Bruder fragte, meinte dieser Raphael sei wegen einem Notfall nach Hause gefahren. Ich hatte mich nicht getraut weiter nachzuhaken oder gar nach Raphaels Nummer zu fragen. Danny und Alina hatten schon Lunte gerochen, als ich überhaupt mit Raphael angefangen habe. Es hätte nur Fragen aufgeworfen. Fragen, die ich nicht beantworten wollte und immer noch nicht beantworten will. deswegen habe ich Alina auch nichts von dem Sex mit Raphael erzählt. Ich habe sie sogar deswegen angelogen. Sie hat gefragt, ob ich an jenem Abend Sex hatte. Dabei habe ich sonst nie Geheimnisse vor meiner besten Freundin und Mitbewohnerin. Ich habe ein schlechtes Gewissen und trotzdem… seufzend schiebe ich das Foto in die unterste Schublade meines Nachttischs. Genug über Raphael nachgedacht! Ich strecke mich ausgiebig und strecke meinen Fuß aus dem warmen Bett. Brr ist das kalt! Es ist Samstag kurz nach sechs Uhr. Schnell verlasse ich mein Bett, schnappe mir meine Klamotten und beeile mich ins Bad und unter die heiße Dusche zu kommen. Eigentlich stehe ich am Wochenende nie so früh auf. Aber heute muss ich meinen Eltern im Café aushelfen. Eine der Bedienungen ist abgesprungen und mit nur drei Personen ist der Ansturm am Wochenende kaum zu bewältigen. Das weiß ich aus Erfahrung. Ausnahmsweise verlasse ich das Haus mal ohne Frühstück. Aber ich fahre ja zu meinen Eltern… Und ich habe mal wieder Recht. Kaum bin ich durch die Hintertür des Cafés, umarmt mich meine Mutter. „Hallo, Süße! Ich habe gerade das letzte Blech aus dem Ofen geholt. Und Kaffee ist auch schon gekocht.“ Dann wuselt sie auch schon in die Backstube in der sie all die Köstlichkeiten herstellt für die das Café so bekannt ist. Und mit bekannt meine ich wirklich bekannt. Es ist zu jeder Jahres- und Tageszeit fast immer vollbesetzt und Mamas selbstgebackene Torten, Kuchen, Muffins, Plätzchen, Kekse, Pralinen und das ganze andere Süße sind berühmt berücksichtigt. Inzwischen steht das Café sogar in mehreren Reiseführern und im Gastronomieführer der Stadt. Vor ein paar Jahren sind meine große Schwester Antonia, die eigentlich nur Tony genannt wird, und ihr Mann Eric in das Geschäft eingestiegen. Sie helfen Mama in der Backstube und irgendwann werden sie das Café sicherlich übernehmen. Und das sicherlich mit Erfolg, denn Süßes Backwerk ist die Passion der beiden. Was man wie ich gestehen muss auch ansieht. Sie sind beide um die Taille etwas füllig, aber irgendwie passt das zu dem gemütlichen Flair, der hier überall herrscht. Ich schaue kurz in die Backstube wo Mama singend ein paar Törtchen verziert. Sie trägt eine hellblaue Schürze mit weißen Punkten, in ihrem braunen Haar hängt Mehl und an ihrer Wange klebt rosa Zuckerguss. Genau so kenn ich sie. Mama riecht immer nach etwas Süßem. Schokolade, Zimt, Honig… Diese Düfte begleitend mich schon mein ganzes Leben. Ich ziehe die Tür zur Backstube zu und gehe ins Café. Der Sitzbereich ist von der Auslage getrennt. Was wirklich sinnvoll ist. So viele wie sich ein Stück Kuchen zum mitnehmen holen. Trotzdem ist es ein großer Raum. Alles ist in weiß und sonnengelb gestrichen. Die Möbel verschnörkelt. Auf den Bänken liegen geblümte Kissen. Und an der Decke hängen große silberne Leuchter. Mein Vater sitzt an einem der hinteren Tische in seine Zeitung vertieft. Ich ziehe mit einen Stuhl heran und setze mich vor die frische Tasse Kaffee, die schon auf mich wartet. „Morgen Papa!“ Seine braunen Augen richten sich auf mich. „Hallo, Mila!“ Dann vergräbt er sich wieder in seinem Sportteil. Mein Vater ist ein Morgenmuffel. Vor zehn Uhr ist er kein wirklich gesprächiger Mann. Ich bin das gewöhnt und doch ganz froh, dass ich in diesem Punkt eher nach meiner Mutter komme. Gute Laune am Morgen ist doch ganz schön. Ich mache mich über mein Frühstück her. Selbstgebackenes Brot mit Marmelade und einen von Mamas Schokomuffins, die einen verlässlich in den siebten Himmel katapultieren. Dann mache ich mich daran den Gastraum vorzubereiten. Ich stelle die Stühle von den Tischen, lege frische Tischdecken auf und richte das Dekor. Um viertel vor acht gehe ich in den Personalraum, dort treffe ich auf Nina. Eine der Bedienungen. Ein junges Mädchen, das nächstes Jahr ihr Abitur macht und hier samstags aushilft um ihr Taschengeld aufzubessern. Wir unterhalten uns über den neusten Klatsch, während wir unsere Arbeitskleidung anziehen. Sie besteht aus einem hellblauen ärmellosen Kleid mit kleinen Blüten am Saum. Dazu eine Schürze, Bolerojacke und Schuhe mit fünf Zentimeter Absatz in cremweiß. Um Punkt acht Uhr folgen wir meiner Mutter zur Eingangstür, wo sie aufschließt, das Tagesangebot auf die Kreidetafel neben der Tür schreibt und das Metallschild auf geöffnet dreht. Das ist mein liebster Moment im Café. Am Morgen, wenn es nach frisch gebackenem Kuchen und Kaffee riecht und Mama diesen kleinen Schritt tut um den Menschen einen schönen Moment zu bescheren. Es ist jeden Morgen dasselbe Ritual. Ein Ritual, das es schon so lange gibt wie ich denken kann. Kaum ist Mama wieder in ihrer Backstube verschwunden klingelt die kleine Glocke über der Tür das erste Mal. Der helle Ton hallt durch das ganze Café. Frau Schmidt betritt den Gastraum mit ihrem Rauhaardackel Albert. Frau Schmidt ist schon über neunzig. Sie war Mamas allererste Kundin. Seit inzwischen neunundzwanzig Jahren kommt Frau Schmidt jeden Samstagmorgen als erste in das Café, wie an dem Samstag, als Mama das erste Mal die Vordertüre aufgeschlossen und das Schild von geschlossen auf geöffnet gedreht hat. Ich begrüße die alte Dame und kraule den Dackel kurz am Kinn. Albert schmiegt sich schwanzwedelnd an mich. „Einmal das Tagesangebot und eine Tasse Milchkaffee!“ Das ist keine Frage von mir. Es ist seit neunundzwanzig Jahren jede Woche dieselbe Bestellung. Frau Schmidt schenkt mir ein Lächeln und setzt sich an einen Fensterplatz. Ich mache ihre Bestellung fertig und bringe sie zu ihrem Tisch. Da außer Frau Schmidt noch keine anderen Gäste da sind setze ich mich auf den Stuhl ihr gegenüber. „Wie geht es Ihnen? Wir haben uns ja schon länger nicht mehr gesehen!“ Sie nippt an ihrem Kaffee. „Ja, das ist wahr Kindchen! Mir geht es gut. Aber Alfred ist verliebt…“ Und dann höre ich ihr zu, wie sie von den neuen Mietern in ihrem Haus erzählt. Die haben eine Dalmatienerhündin in die der Rauhaardackel ganz verschossen zu sein scheint. Als die Türklingel leise läutet sehe ich auf. Ein junger Mann hat gerade das Café betreten und steht vorne am Tresen bei meiner Mutter. Sie wechseln ein paar Worte. Er ist groß, schlank, trägt einen anthrazitfarbenen Anzug und sein blondes Haar lockt sich leicht in seinem Nacken. Irgendwoher kommt er mir bekannt vor. Er sucht sich einen Platz ganz hinten. Ich will gerade zu ihm gehen um seine Betellung aufzunehmen, da winkt meine Mutter mich zu sich. Sie drapiert gerade ein Stück Kuchen auf einem Teller. „Lass mich ihn bedienen!“ Verwirrt sehe ich zu dem Gast. Mama bedient schon seit Jahren nur noch in Ausnahmesituationen selbst. Ihr Wirkungsbereich ist die Backstube. „Ich bediene hier seit ich vierzehn bin regelmäßig! Bin ich etwa so schlecht und du hast es mir nur all die Jahre verschwiegen?“ Wirklich ernst meine ich das natürlich nicht, aber ich würde es doch ganz gerne verstehen. „Natürlich nicht, Schatz!“ Mama sieht mich entschuldigend an. „Er ist nur sehr eigen. Es gab schon mehr als einmal Probleme mit den Bedienungen!“ Ich ziehe eine Augenbraue hoch, komme aber nicht dazu weiter nach zu harken, denn Mama hat scheinbar die Bestellung fertig. Fragend sehe ich zu Nina, die gerade eine der Muffinplatten bestückt. „Ich kenne ihn nur vom sehen. aber er hat Amber einmal so zur Schnecke gemacht, dass sie geweint hat. Seit dem bedient ihn nur noch deine Mutter!“ Was muss der Mann gesagt haben, dass er die taffe Amber zum Weinen bringt? Aus dem Augenwinkel beobachte ich meine Mutter. Sie stellt das Tablett mit dem Kuchen und einer Tasse vor ihm ab und streicht ihm kurz über die Schulter. Huh? Was ist denn da los? Ich muss Mama später unbedingt nach ihm fragen! Bevor ich mich jetzt allerdings weiter Gedanken über den Fremden machen kann, betreten mehrere Kunden das Café. Während Nina sich um die Bestellungen zum mitnehmen einpackt nehme ich die in Angriff die ich im Gastraum an den Tischen nieder gelassen haben. So bekomme ich nicht die Gelegenheit meine Mutter auszufragen. Und das wird auch noch etwas warten müssen, denn das Café füllt sich immer mehr. Trotzdem ist der Gast, den meine Mutter so… ja mütterlich behandelt hat nicht aus meinen Gedanken zu verdrängen. Er kommt mir so bekannt vor. Immer wieder werfe ich ihm einen unauffälligen Blick zu. Als ich einen Tisch in seiner Nähe abräume sehe ich sein leeres Geschirr. Ich überlege kurz ob ich nicht besser meine Mutter herschicke, entscheide mich dann aber dagegen. Vielleicht kann ich meine Neugierde befriedigen! Ich trete an seinen Tisch. „Kann ich ihnen noch etwas bringen?“ Ich strecke meine Hand nach dem Geschirr aus, als er langsam den Kopf hebt und weißblaue Augen mich durchdringend anschauen. Mein Hirn ist wie leergefegt. „Raphael?!“ Kapitel 3: Kapitel 2: --------------------- Hallo ;) Und hier geht es weiter mit Kapitel 2 Viel Spaß beim Lesen und vielleicht lasst ihr mir eine Rückmeldung da Eure Kateling Kapitel 2: „Raphael?!“ Meine Stimme ist atemlos und viel zu hoch. „Karottenkopf!“ Ich hätte nie gedacht ihn ausgerechnet hier zu treffen. Und er hat sich verändert. Positiv. Sein Haar ist länger. Sehr schlank ist er immer noch, aber er wirkt nicht mehr so ausgemergelt. Dafür allerdings ziemlich müde. „Also ich…“ …weiß nicht was ich sagen soll. Seit drei Monaten mache ich mir Gedanken darüber wo er sein könnte und dann treffe ich ihn ausgerechnet im Café meiner Eltern. Und scheinbar ist er auch noch öfter hier. „Äh…ja. Möchtest du noch etwas?“ Irgendetwas muss ich ja sagen. Auch wenn das keine der Fragen ist, die mich nicht loslassen wollen. Nervös wische ich mir ein paar Haarsträhnen aus dem Gesicht, die meinem Pferdeschwanz entwischt sind. „Noch einen Tee!“ Er senkt den Kopf und ich fühle mich, als hätte man mir eine Tür vor der Nase zugeschlagen. Ich nicke und verschwinde mit dem benutzten Geschirr hinter der Theke. Dort lehne ich mich zitternd an die Wand. In meinem Kopf schwirren tausende Fragen und immer wieder ein Satz. »Belassen wir es dabei« „Alles in Ordnung, Schatz? Was hat Raphael gesagt?“ Mama steht direkt neben mir und schaut mich besorgt an. Ich atme tief durch. „Alles klar! Er möchte nur noch einen Tee!“ Ich ringe mir ein Lächeln ab, obwohl ich innerlich total aufgewühlt bin. „Was für einen Tee hast du ihm vorhin gebracht?“ Mama lächelt erleichtert. „Fencheltee. Etwas anderes bekommt er hier nicht!“ Was soll das denn jetzt heißen? Aber schon wieder kann ich meine Mutter nicht fragen, da sich um einen Kunden kümmert. Also brühe ich Tee auf, atme noch einmal tief durch, bevor ich an Raphaels Tisch gehe. „Hier bitte!“ Er nickt kurz ohne den Blick von seinem Handy zu nehmen. Ich stehe unschlüssig da, dann lasse ich mich auf einen Stuhl sinken. „Können wir reden?“ frage ich leise. Er seufzt und legt sein Handy zur Seite. „Worüber?“ Ich seufze leise. Für ihn ist das ja alles beendet. Aber ich habe immer noch Fragen. Und er scheint mir wenigstens zuzuhören. „Dass du es bei einem One-Night-Stand belassen möchtest muss ich akzeptieren. Trotzdem frage ich mich warum du am nächsten Morgen ohne ein Wort verschwunden bist!“ Gleich mit der Tür ins Haus zu fallen… Zweifelsohne nicht die beste Strategie. Innerlich trete ich mir selbst gegen das Schienbein. „Notfall in der Firma. Ich musste weg und du hast noch geschlafen!“ Aha. Kurz, ohne Angriffsfläche. Ich stehe auf und seufze leise. „Okay, dann werde ich dich nicht weiter stören!“ Seine Finger schließen sich um mein Handgelenk. „Was hast du erwartet? Eine romantische Urlaubsaffäre? Tut mir leid! Aber dazu bin ich der falsche!“ Soll das jetzt eine Entschuldigung sein? irgendwie klingt er verbittert. „Was ich erwartet habe? Von dir? Nichts! Warum auch? Du hast dich benommen wie der größte Arsch!“ Raphaels Augen werden dumpf und er sieht sich kurz um. Ich habe extra leise gesprochen, also dürfte uns keiner gehört haben. „Warum Hoffnung machen, wenn es sinnlos ist? Ich bin nicht der Typ für Beziehungen. Dazu fehlt mir die Zeit!“ Irgendwie habe ich das Gefühl, dass da noch mehr ist. aber ich habe Raphael bisher nur zwei Mal gesehen. Da kann ich mir wohl kaum ein Urteil erlauben. Und außerdem will er ja scheinbar nichts mit mir zu tun haben. Ich ziehe den Notizblock aus meiner Schürzentasche und kritzle meine Handynummer darauf. „Falls du mal Lust auf Gesellschaft haben solltest…“ Damit gehe ich wieder an meine Arbeit. Wie kam ich nur auf die blöde Idee? Mein Bauchgefühl. Warum höre ich eigentlich immer wieder darauf? Aber jetzt ist es je eh egal. Wahrscheinlich wird er den Zettel im nächsten Papierkorb versenken. Ich unterdrücke das Bedürfnis mich immer wieder nach ihm um zudrehen. Versuche stattdessen mich auf die anderen Gäste zu konzentrieren. Was mir verdammt schwer fällt wie ich gestehen muss. Raphael geistert noch immer durch meinen Kopf. Nimmt er den Zettel vielleicht doch? Entgegen meiner Vermutung? Und wenn, wird er anrufen? Am besten mache ich mir keine Hoffnung. Bringt ja eh nichts. Zurück zur Arbeit. Am nächsten Tisch sitzt eine klapperdürre Frau mit einem etwas molligen Mann. Sie sieht aus als hätte sie in eine saure Zitrone gebissen, während er selig grinst. „Guten Tag! Was darf ich ihnen bringen?“ frage ich freundlich und zücke meinen Notizblock „Ein Stück Schokotorte und einen Milchkaffee bitte!“ bestellt der Mann und sieht dann seine Begleitung auffordernd an. „Gibt es hier irgendetwas ohne Zucker?“ Kaum macht dieses Klappergestell den Mund auf, will ich mir am liebsten die Ohren zuhalten. Ihre Stimme ist viel zu schrill und sie klingt angeekelt. „Zuckerfrei? Da kann ich ihnen einen gemischten Obstkuchen anbieten!“ Ich versuche trotzdem höflich zu bleiben. „Schon mal was von Fruchtzucker gehört?“ Himmel, die führt sich aber auf. Ich lasse den Notizblock in meiner Tasche verschwinden. „Danach haben Sie nicht gefragt!“ Meine Stimme klingt noch immer ruhig und freundlich, während ich innerlich bereits koche. „Ich kann ihnen Haferkekse empfehlen.“ Wieder sieht sie mich so komisch an. Ich hebe die Hände, bevor sie wieder anfangen kann hier herum zu zetern. „Gut, einen Teller Luft und ein Glas Wasser! Vollkommen gesund, kalorienfrei und ohne Zucker!“ Jetzt reicht es mir. Wenn ihr meine Vorschläge nicht passen! „Welches Wasser verkaufen sie hier? Ich trinke nur „Waterfit für die schlanke Frau von Welt“!“ Ich kann nicht mehr? Gibt es das wirklich? Prustend verlasse ich den Tisch und brauche erst einmal fünf Minuten um den Lachflash unter Kontrolle zu bekommen. Zehn Minuten später stelle ich die Bestellung auf den Tisch des Pärchens. Sie versucht mich mit Blicken zu töten, aber ich ignoriere sie einfach und blicke jetzt doch zu Raphael. Oder besser zu dem Tisch an dem er vorhin gesessen hat, denn der ist leer. Ich muss Mama dringend nach ihm fragen. Die Gelegenheit bekomme ich allerdings erst, als Amber um eins kommt um mich abzulösen. Ich gehe zu meiner Mutter in die Backstube wo sie gerade dabei ist eine Torte zu verzieren. „Mama? Wir müssen reden!“ Meine Mutter sieht nicht mal von ihrer Arbeit auf. „Worüber?“ Ich stemme die Hände in die Hüften. Als ob sie das nicht wüsste. „Raphael!“ brumme ich trotzdem. Jetzt hält sie wenigstens kurz inne und sieht mich an. „Du kennst ihn?“ Warum klingt sie da so überrascht? „Ja. Was ist daran jetzt so seltsam?“ Als ob ich es nicht schaffen würde einen Kerl kennen zu lernen… so schwer ist das jetzt auch nicht! „Naja, du interessierst dich wenig für Wirtschaft!“ Häh? Was hat das ganze jetzt mit Wirtschaft zu tun? Ich schaue meine Mutter aus großen Augen an. „Wirtschaft?“ Jetzt schaut Mama ebenfalls verdutzt. „Bräuer Electronics?!“ Ich zucke mit den Schultern. Davon habe ich noch nie gehört. „Ich habe keine Ahnung, wovon du redest!“ „Wenn du Raphael kennst, musst du doch auch von seiner Firma gehört haben! Sie macht enormen Umsatz und ist in den letzten Monaten oft in den Medien gewesen!“ Raphaels Firma? Medien? Umsatz? Wovon redet Mama da? „Ich habe Raphael im Urlaub kennen gelernt! Ich wusste nicht mal, dass wir in derselben Stadt wohnen!“ erkläre ich. „Oh. Deswegen hat er sich nicht beschwert!“ Mama grinst als wäre ihr gerade ein Lucht aufgegangen. Was habe ich verpasst? „Beschwert?“ harke ich nach. „Naja, die Bedienungen versuchen des Öfteren mit ihm zu flirten. Obwohl er sie immer abweist. Deswegen bediene ich ihn meistens selbst. Der Junge hat es eh nicht besonders leicht!“ Warum verstehe ich bei diesem Gespräch eigentlich nur Bahnhof? „Mama! Jetzt klär mich endlich mal auf!“ Sie seufzt leise. „Okay, ist ja gut!“ Mama wischt sich die Hände ab und lehnt sich an die Wand. „Als er das erste Mal hier war, da war er vielleicht sechs Jahre alt. Er hat sich nur die Auslage angesehen und wollte dann wieder gehen. Ich habe ihn gefragt, was er möchte. Da hat er geantwortet, er wolle sich nur die Kuchen ansehen, weil es in seinem Viertel hieße es wären die besten der Stadt. Ich habe ihn gefragt, ob er denn nicht probieren möchte… er meinte sein Geld reiche dafür nicht. Ich habe mir zeigen lassen, was er denn hatte… Lauter rote Münzen, als hätte er sie auf der Straße gefunden. Er tat mir leid, wirkte vernachlässigt. Ich habe ihm für die paar Pfennige ein halbes Stück Kuchen verkauft. Du hättest seine Augen sehen müssen… Er kam ab da alle paar Monate und auf einmal gar nicht mehr.“ Sie unterbricht sich und schaut auf ihre Hände. „Und dann Mama?“ Ich meine ein sechsjähriger hat ja wenig mit dem heutigen Raphael gemein. Auch wenn er bestimmt süß war. Wo kommt das denn auf einmal her? „Vor etwa einem halben Jahr stand er wieder hier im Café. Ich habe ihn zuerst nicht erkannt und unser erstes Gespräch hat sich im Grunde wiederholt. Er wollte alles bezahlen, was er mir damals schuldig geblieben war. Ich habe abgelehnt und ihm stattdessen ein Stück Kuchen angeboten. Allerdings lehnte er ab, weil er keinen Kuchen essen dürfe. Naja ich habe nach dem Warum gefragt… Raphael meinte er dürfe viel nicht essen. Ich habe mir seine Liste geben lassen. Zwei DinA4 Seiten. So sah er auch aus. Abgemagert bis auf die Knochen und blass. Irgendwie kam ich dann dazu einen Kuchen zu backen, den er verträgt. Er hat mir einen Haufen Geld geboten. Aber das wollte ich nicht. Also das Geld. Seitdem kommt er hin und wieder vorbei…“ Mama wendet sich wieder ihrer Arbeit zu. „Mehr kann ich dir auch nicht sagen!“ Ich verabschiede mich und mache mich auf den Weg nach Hause in Gedanken weit weg. Kapitel 4: Kapitel 3: --------------------- Und hier geht es weiter Kapitel 3: Die Tage und Wochen vergehen. Raphael ruft natürlich nicht an. Aber was habe ich auch anderes erwartet? Er hat ja deutlich gemacht, dass er nichts von mir will. Ich versuche mir Raphael aus dem Kopf zu schlagen. Was mir tatsächlich gelingt… mit der Zeit. Weihnachten verbringe ich mit meiner Familie und Mamas Plätzchen. An Sylvester überredet Alina mich auf irgendeine Party mitzukommen. Eigentlich bin ich dafür ja nicht so der Typ. Aber was tut man nicht alles für seine beste Freundin. Und es hat auch etwas Gutes. Immerhin habe ich so Zac kennen gelernt. Zac ist ein wahrer Sunnyboy. Braungebrannt, braunes Haar und immer ein Lächeln auf den Lippen. Würde Raphael nicht immer noch in meinem Kopf herum geistert, hätte ich sicherlich eine Beziehung mit Zac in Erwägung gezogen. Aber trotz dass es inzwischen Ende Januar und der One-Night-Stand über sechs Monate her ist, bin ich von keinem Mann angezogen. Was mich allerdings nicht davon abhält mit Zac befreundet zu sein. und heute sind wir verabredet. Er will mit mir ins Schwimmbad. In eines dieser Fun Bäder wo es fünfundzwanzig verschiedene Rutschen gibt. Ich packe meinen Bikini in die Tasche und ziehe den Reisverschluss zu. Es klingelt an der Tür und ich höre Alinas schnelle Schritte. „Mila, da ist ein süßer Kerl für dich!“ Ich verdrehe die Augen und trete aus meinem Zimmer. „Wir haben immer noch kein Date!“ flöte ich und sehe zu Zac. Der grinst bloß. Alina hebt lachend beide Hände und verzieht sich ins Wohnzimmer. „Hey Mädchen!“ Zac zieht mich an seine Brust. Ich drücke ihm einen Kuss auf die Wange. „Bist du mir böse, wenn ich unsere Pläne etwas über den Haufen schmeiße?“ Den Kopf schief gelegt schaue ich ihn von unten an. „Worum geht’s?“ Er seufzt leise und verdreht die Augen. „Meine fünfzehnjährige Schwester hat ein Date. Meine Mutter macht sich Sorgen und schickt mich sozusagen als Aufpasser mit!“ Na super und ich hab mich gefreut mit ihm etwas zu unternehmen. Da wird er wohl nur nach seiner Schwester schauen. „Mit fünfzehn ist deine Schwester doch eigentlich alt genug um auf sich selbst aufzupassen?!“ Kann ich nicht verhindern, dass aus mir herausplatzt. „Sag das mal meiner Mutter!“ Zac seufzt schwer und blickt mich leidend an. Als ob ich ihn alleine stehen lassen würde. „Ich hoffe für dich, dass wir keinen lausigen Teeniefilm im Kino ansehen müssen!“ Er grinst wieder und schüttelt den Kopf. „Nein, er hat sie zum Schlittschuhlaufen eingeladen!“ Na gut, das hört sich ja noch ganz gut an. Schlittschuhlaufen gehe ich nämlich ganz gerne. Ich habe sogar eigene Schlittschuhe. „Gut, dann hole ich schnell meine Sachen!“ Ich lasse Zac einfach im Flur stehen und laufe zurück zu meinem Zimmer. Die Tasche, die ich fürs Schwimmbad gepackt habe pfeffere ich einfach aufs Bett. Stattdessen hole ich mir Schal, Handschuhe und eine dicke Pudelmütze aus dem Schrank und angle meine Schlittschuhe unter dem Bett hervor. Sie sind total eingestaubt. Aber in diesem Winter kam ich einfach noch nicht dazu sie zu benutzen. „So ich habe alles! Wir können los!“ Ich harke mich bei Zac unter und gemeinsam verlassen wir die Wohnung. „Und du bist deswegen echt nicht böse?“ Zac zieht einen eleganten Halbkreis auf dem Eis, sodass er mir ins Gesicht sehen kann. Wir sind mitten auf dem Marktplatz wo jeden Winter eine Eisbahn aufgeschlagen wird. Inzwischen ist es kurz nach Mittag und es kommen immer mehr Besucher. „Nein!“ Ich bremse elegant ab um ihn nicht umzufahren. „Du hast Glück, dass ich Schlittschuhlaufen liebe!“ Er zieht grinsend eine Braue in die Höhe. „Soll ich mich jetzt bei ihm bedanken oder wie?“ Sein Blick wandert zu dem etwas pummeligen Jungen im grünen Anorak, der Zacs Schwester an der Hand hält. Ich verdrehe nur die Augen und nehme wieder Fahrt auf. Zac ist mir dicht auf den Fersen. Schweratmend halten wir am Ende der Bahn wieder an. „Du bist gut!“ keucht Zac und rückt seine dunkelblaue Pudelmütze zurecht. „Jahrelange Übung! Papa ist fast jedes Wochenende mit mir Eislaufen gegangen, als ich noch ein Kind war!“ Das waren wirklich schöne Tage gewesen. „Das hätte Papa mit uns vielleicht auch machen sollen!“ Ich höre das unterdrückte Lachen in seiner Stimme. Sein Blick ist über meine Schulter gerichtet. Ich drehe mich um und entdecke seine Schwester, die sich gerade mühsam wieder auf die Beine kämpft. Unterstützt von ihrem etwas hilflos wirkenden Date. Ich kann ein Schmunzeln nicht unterdrücken. Bevor ich allerdings zu einer Antwort komme klingelt mein Telefon. Etwas umständlich ziehe ich meinen rechten Handschuh aus und krame das kleine Teil aus meiner Hosentasche. Ich schaue auf das Display. Unbekannter Anrufer. Die Nummer ist unterdrückt. Zac nickt mir auffordernd zu und wendet sich dann halb ab. Ich zögere noch einen Moment und drücke dann den grünen Hörer. „Mila Schlee!“ Am anderen Ende der Leitung ist es still. Kein Laut kommt von dem Anrufer. Genervt drehe ich die Augen. „Hallo? Ist da wer dran?“ Als auch darauf nicht sofort eine Antwort kommt nehme ich das Handy vom Ohr und legt auf. „Was für Idioten es gibt. Rufen an und sagen dann keinen Ton!“ schimpfe ich. Zac sieht mich fragend an. Ich hebe kurz mein Handy, bevor ich es wieder in der Hosentasche verschwinden lasse. „War das eine Handynummer?“ fragt Zac. Ich zucke mit den Schultern. „Die Nummer war unterdrückt!“ Ich ziehe meinen Handschuh wieder an. „Was solls. Hast du Lust was trinken zu gehen?“ Gemeinsam verlassen wir die Eisbahn und gehen zu der kleinen Bude an der heiße Getränke verkauft werden. Ich habe kaum eine heiße Schokolade in der Hand, da klingelt mein Handy. Unbekannte Nummer. Schon wieder. „Wenn wieder keiner etwas sagt, schalt ich es aus!“ drohe ich und gehe ran. „Mila Schlee!“ Stille, dann… „Hallo Karottenkopf!“ Ich bin sprachlos…Jetzt… Nach über drei Monaten meldet er sich? Völlig perplex sehe ich Zac an. Sein Blick ist besorgt auf mich gerichtet. „Raphael?“ Meine Stimme klingt erstickt. Warum? Warum hat er noch immer eine solche Macht über mich? „Ja!“ Ein einziges Wort. Es schickt mir einen Schauer über den Rücken. Was ist los mit mir? „Warum rufst du an? Ich bin nervös. Schlimmer als vor Klausuren. Meine Hände zittern. Eigentlich habe ich ihn doch schon längst abgeschrieben. Einen Moment ist es still, dann seufzt er. „Ich habe Zeit für Gesellschaft!“ Wiederholt er meine Worte von damals. Ich hätte nie gedacht, dass er noch weiß was ich ihm gesagt habe. Geschweige denn, dass er meine Nummer wirklich eingesteckt und auch noch behalten hat. „Äh…ja…“ murmele ich. Ahnungslos was ich nun sagen soll. „Abendessen. Heute. Ich hole dich um acht ab. Ja oder nein?“ Wow, das ist mir jetzt aber zu schnell! Einerseits würde ich ja schon gerne. Aber er ist ein One-Night-Stand gewesen. Und ein Arsch noch dazu. Der noch immer nicht gesagt hat, warum er eigentlich anruft. „Ich…“ Setze ich an, mein Blick fällt auf Zac. Er ist ja auch noch da. Und eigentlich bin ich mit ihm unterwegs. Ich sollte Raphael einfach `Nein´ sagen. Aber dann werde ich ihn bestimmt nie wieder sehen. Und das will ich nicht. „Ja oder Nein?!“ Er klingt ungeduldig. Ich atme tief durch und schließe die Augen. „Ja. Ich gehe mit dir Abendessen!“ Meine Entscheidung ist gefallen. Wenn er schon von sich aus fragt muss ich die Gelegenheit nutzen. „Gut! Bis später!“ Tuten. Er hat aufgelegt. Langsam nehme ich das Handy vom Ohr, starre es ungläubig an. Raphael hat sich bei mir gemeldet. ER hat MICH angerufen! „Mila, alles in Ordnung?“ Zacs besorgte Frage reißt mich zurück in die Wirklichkeit. Er hat sich halb über das Tischchen zu mir gelehnt und sieht mich fragend an. „Ja…Nein…Ich weiß nicht…“ Ich kaue auf meiner Unterlippe herum. Kann ich Zac von Raphael erzählen? Ich habe noch nicht einmal Alina davon erzählt. Und sie ist meine beste Freundin! „Wer war der Anrufer?“ Nein ich kann es ihm nicht erzählen. „Ein Bekannter… Wir haben uns lange nicht gesehen, deswegen hat er mich für heute Abend zum Essen eingeladen!“ Zac sieht mich skeptisch an. Er glaubt mir kein Wort. Ganz ehrlich? Ich würde mir selbst nicht glauben! Kapitel 5: Kapitel 4: --------------------- Kapitel 4: Ich sitze auf der Treppe zu unserer Haustüre. Es ist arschkalt und Raphael lässt mich warten. Ich sitze bereits seit einer halben Stunde hier und warte. Es ist inzwischen kurz nach halb neun und es nervt mich einfach. Ich hatte Mühe Zacs Fragen abzuwimmeln. Was ihn allerdings nicht davon abgehalten hat mich den ganzen Nachmittag seltsam anzusehen. Als er mich schließlich heim gebracht hat habe ich schnell geduscht und mich in Schale geworfen. Ich trage eine dunkelgraue Jeans und dazu eine blaue Bluse, meinen schwarzen Mantel und hohe Stiefel. Ich hoffe Raphael will nicht in so ein pikfeines Restaurant. Naja inzwischen ist mir eigentlich egal wohin wir gehen, hauptsächlich wir gehen überhaupt irgendwohin. Hier auf der Treppe wird es verdammt kalt. Gerade als ich darüber nachdenke nach drinnen zu gehen fährt ein schwarzer Sportwagen vor und hält an. Raphael steigt langsam aus und sieht dann zu mir. Er trägt einen dunklen Anzug. Die Brauen hat er über seinen farblos wirkenden Augen zusammengezogen und die Lippen fest aufeinander gepresst. Seine Laune ist definitiv nicht die beste. Langsam stehe ich auf und trete vor ihn. ich reiche ihm gerade einmal bis zum Kinn und muss zu ihm Aufsehen. „Hallo!“ Wortlos öffnet er mir die Wagentüre und steigt dann selbst wieder ein. „Wo fahren wir…“ Kaum hat er den Wagen auf die Straße gelenkt klingelt sein Telefon. Dass ich ja eigentlich gerade mit ihm rede ignoriert er einfach und geht über die Freisprechanlage ran. Ich sitze steif auf dem Beifahrersitz und fühle mich einfach nur unwohl und überflüssig. Zwangsläufig höre ich Raphaels dunkler und durchdringender Stimme zu. Sie ist bar jedweder Emotion. Es scheint ein Geschäftsgespräch zu sein. so genau kann ich das nicht sagen, denn Raphael und der Mann am anderen Ende der Leitung sprechen Russisch. Oder zumindest hört sich das für meine Ohren so an. Kaum hat Raphael aufgelegt, da klingelt sein Handy erneut. Diesmal sprechen sie Englisch, aber ich verstehe nur Bahnhof und gebe es schließlich auf. Eine halbe Stunde später parkt Raphael in einer Gegend, die mir vollkommen fremd ist. Genervt sieht er auf sein schon wieder Sturm klingelndes Handy, schaltet es ab und wirft es in das Handschuhfach. Dann sieht er mich zum ersten Mal richtig an. Seine hellen Augen wirken müde. „Zwei Stunden, dann muss ich zurück in die Firma!“ Verwirrt sehe ich ihn an. Es ist Freitagabend, inzwischen neun Uhr. Was will er um elf noch mal in der Firma? Aber Raphael sagt nichts weiter, sondern steuert ein kleines italienisches Restaurant an. Und ich traue mich nicht zu fragen. Also folge ich ihm einfach. Überrascht sehe ich mich in dem Restaurant um. ich hätte etwas prunkvolleres erwartet. Stattdessen betreten wir einen gemütlichen Italiener von nebenan. Raphael geht zu einem Tisch in der hintersten Ecke. Kaum haben wir uns gesetzt, da bringt eine junge Bedienung bereits die Speisekarte und fragt nach den Getränken. „Ich hätte gerne ein stilles Wasser.“ Ich lächle die Frau freundlich an, während sie von Raphael nur ein unfreundliches „Kaffee, schwarz!“ an den Kopf geworfen bekommt. Kaum ist sie gegangen da sieht Raphael mich an. „Stell deine Fragen bevor du noch platzt!“ Ertappt sehe ich auf meine im Schoß verschränkten Hände. Woher weiß er das? Kann er meine Gedanken lesen? Egal! Jetzt habe ich die Gelegenheit zu fragen. „Warum musst du dann wieder in die Firma? Es ist doch Freitagabend?“ Er zuckt mit den Schultern. „Videokonferenz mit einer anderen Zeitzone.“ Wer legt so etwas denn auf Freitagabend? Darauf werde ich wohl weniger eine Antwort bekommen. Raphaels Blick zufolge will er nicht über seine Firma sprechen. Also wechsle ich das Thema. Zu einem weiteren das mich brennend interessiert. „Warum hast du mich angerufen? Ich meine, nach dem letzten Mal dachte ich…“ Raphael seufzt und reibt sich kurz über die Augen. „Gewisse Leute sind der Meinung ich müsse mehr unter Menschen kommen!“ „Danny?“ frage ich vorsichtig. Er zuckt zwar nonchalant mit den Schultern, aber an seinem Gesicht erkenne ich dass ich ins Schwarze getroffen habe. „Womit hat er dir gedroht, damit wir jetzt hier sitzen?“ Die Bedienung bringt unsere Getränke und unterbricht damit unser Gespräch. Wo sie schon einmal da ist bestellen wir auch gleich noch das Essen. Ich entscheide mich für eine Pizza Margaritha, während Raphael Nudeln mit irgendeinem besonderen Pesto bestellt. Dann sehe ich ihn eindringlich an. Er schuldet mir noch eine Antwort. „Das geht dich nichts an!“ speist er mich ab und nippt an seinem Kaffee. Also habe ich recht. Er ist nicht wirklich freiwillig mit mir hier. „Sagst du mir wenigstens warum du ausgerechnet meine Nummer gewählt hast?“ Er fixiert mich kurz und lehnt sich dann auf seinem Stuhl zurück. „Zufall!“ Jetzt habe ich mich aber verhört, oder? Hat er wirklich gerade gesagt, er habe mich zufällig angerufen? Zufällig?! Was für eine Frechheit! Aber eigentlich… Was habe ich anderes erwartet? Dass er sich mal nicht wie ein Arsch benimmt. „Gut… und wie stellst du dir das jetzt hier vor?“ frage ich giftig. „Etwas essen und danach wieder in die Firma.“ Resigniert schließe ich die Augen und lehne mich zurück. Schweigen breitet sich zwischen uns aus. Und ich bin nicht bereit es zu brechen. Stumm sitzen wir uns gegenüber, auch Raphael sagt kein Wort. Das Essen wird gebracht, wir wünschen uns einen guten Appetit, dann ist nur noch das klappern von Besteck zu hören. Irgendwann wird es mir zu blöd und ich blicke von meinem fast leeren Teller auf. Raphaels Teller ist noch mehr als halb voll, lustlos scheint er in seinen Nudeln herumzustochern. Meine Augen wandern über Raphaels akkurat gebundene Krawatte über sein schmales Gesicht bis zu seinen müden Augen. Irgendetwas stimmt hier doch nicht! Raphael ist ein Mann und ich habe noch keinen Mann getroffen, der sein Essen verschmäht. „Schmeckt es dir nicht?“ breche ich vorsichtig das Schweigen. Er zuckt zusammen. So als wäre er in Gedanken ganz wo weit weg. „Nein, es ist gut!“ Trotzdem isst er nicht weiter, legt stattdessen seine Gabel zur Seite und verschränkt die Arme vor dem Bauch. „Möchtest du noch etwas?“ Ich schüttle den Kopf und schiebe mir den letzten Bissen Pizza in den Mund. Raphael winkt die Bedienung herbei und verlangt die Rechnung „Hier bitte, das macht dann 22,40!“ Raphael zieht seine Geldbörse aus der Hosentasche, doch ich will das nicht. Scheinbar hat er null Bock überhaupt hier zu sein, da werde ich bestimmt nicht auf seine Kosten essen. „Ich möchte gerne getrennt zahlen.“ Raphaels wütender Blick trifft mich, als ich in das Scheinfach meiner Börse greife. „Okay, das…“ „Wir zahlen zusammen!“ knurrt Raphael scheinbar ziemlich wütend. Ich lächle ihn falsch an. „Na gut wie du möchtest!“ Kurz blitzt Triumph in seinen Augen auf. „Hier, bitte. Stimmt so!“ Damit drücke ich der Bedienung fünfundzwanzig Euro in die Hand. Sie sieht kurz zwischen uns hin und her, dann verabschiedet sie sich und ich bleibe alleine mit einem sichtlich wütenden Raphael zurück. „Beim nächsten Mal kannst du ja zahlen!“ murre ich nur und schnappe mir meine Jacke. Als ob ich noch einmal mit ihm essen gehen würde. Oder überhaupt irgendwo hin. Ohne auf ihn zu warten stapfe ich aus dem Restaurant. Draußen lehne ich mich an das Auto. Es dauert einen Moment, dann kommt auch Raphael mit starrer Miene und steifem Schritt. Er steigt ein und kramt erst einmal sein Handy aus dem Handschuhfach. Nachdem er es angeschaltet hat braucht er erst einmal eine halbe Stunde um die verpassten Nachrichten und Anrufe durchzugehen. Zumindest fühlt es sich so an. Irgendwann schließt er sein Handy wieder an die Freisprechanlage an, dann fährt er sich über die Augen. „Ich muss zurück in die Firma. Von da ruf ich dir dann ein Taxi!“ Na das wird ja immer besser! Ich verschränke die Arme vor der Brust und blicke starr nach vorne. Irgendwann… so nach zwei Minuten fängt Raphael wieder an zu telefonieren. Meine Laune sackt immer weiter in den Keller. Raphael fährt in die Tiefgarage eines großen Bürokomplexes. Trotz der späten Stunde an einem Freitagabend stehen noch ein paar Autos da. Raphael parkt, stöpselt sein Handy ab und hält es sich stattdessen ans Ohr. Weil mir ja nichts anderes übrig bleibt folge ich dem Blonden. Wir steigen in einen Aufzug und laufen dann einen langen Flur entlang. Irgendwie ist es gruselig. Die Lichter gehen erst an, wenn wir eigentlich schon direkt darunter stehen. Und es ist absolut nichts zu hören außer unseren Schritten und Raphaels erneut russisches Telefonat. Dann kommt plötzlich eine ältere Frau in einem violetten Kostüm aus einer Tür. „Herr Bräuer! Sie werden bereits im Konferenzraum erwartet!“ Raphael bleibt abrupt stehen und fährt zu mir herum. Seine hellen Augen liegen genau auf meinem Gesicht. „Frau Dreher bringen sie Frau Schlee in mein Büro. Dort kannst du dir ein Taxi rufen. Tut mir leid!“ Den letzten Satz sagt er so leise, dass ich eigentlich nur raten kann, was er da von sich gibt. Ich kann gar nicht antworten, denn er ist- kaum habe ich seine Worte entziffert- schon den Flur hinunter in einer Tür verschwunden. „Frau Schlee, wenn sie mir bitte folgen würden?“ Ich spüre den Blick dieser Frau Dreher immer wieder auf mir liegen, während sie mich zu der Tür ganz am Ende des Flurs führt. „Hier ist Herr Bräuers Büro…“ Sie bleibt stehen, eine Hand auf dem Türknauf. Sie zögert. Dann stößt sie die Tür auf und eröffnet mir den Blick auf einen rieseigen Raum. Das dominierende Einrichtungsstück ist ein Schreibtisch aus dunklem Holz mit einer schwarzen Marmorplatte vor einer weißen Wand. Ich seufze leise und gehe in den fensterlosen Raum. Welcher Chef hat denn ein Büro ohne Fenster? „Danke!“ Erst jetzt schließt Frau Dreher die Tür hinter mir. Langsam, als hätte sie Angst ich würde nach einem Tresor oder so suchen. Stattdessen mache ich mich auf die Suche nach einem Telefon. Langsam umrunde ich den Schreibtisch. Er ist ordentlich. Soweit das eben mit Tonnen von Papier darauf möglich ist. Die einzelnen Stapel sind akkurat und gerade, kein Stift liegt unordentlich dazwischen, keine Schmierzettel. Meine Finger streichen über den kalten, dunkeln Stein. Seufzend lasse ich mich in den Lederbezogenen Bürostuhl fallen, über dessen Lehne ein schwarzer Mantel hängt. Raphaels? Sicher! Immerhin ist das hier sein Büro. Ob er sich hier auch so klein vorkommt? Der ganze Raum scheint mich zu erdrücken, obwohl er alleine so groß ist wie Alinas und meine gesamte Wohnung. Der Schreibtisch steht direkt gegenüber der Tür, links von mir steht eine Sitzecke. Auch diese Wand ist einfach nur weiß. Die Wand mit der Tür… Nein es sind zwei Türen. Die Eine ist etwas versteckt zwischen den ganzen Regalen und Schränken. Sie führt möglicherweise in das Büro der Sekretärin? Auch rechts von mir stehen Schränke, Regale, ein Drucker und davor ein langer Tisch mit zehn Stühlen. Fünf auf jeder Seite. Langsam sollte ich wirklich das Telefon suchen. Wieder schweift mein Blick über den Schreibtisch und bleibt an einem hochmodernen Gerät hängen. Das soll ein Telefon sein? Zumindest gibt es einen Hörer. Aber wofür zum Teufel sind die vielen Tasten? Wer soll da denn durchblicken? Vorsichtig strecke ich die Hand aus und drücke auf den erstbesten Knopf. Raphael hat gesagt ich kann telefonieren. Immerhin leuchtet schon mal ein grünes Licht… Ein leises Surren gefolgt von einem leisen Knirschen lässt mich herumfahren. Die Wände bewegen sich. Die beiden weißen Wände fahren nach oben und geben den Blick auf eine atemberaubende Aussicht frei. ---------------------- Ich hoffe euch gefällt es... Lg kateling Kapitel 6: Kapitel 5: --------------------- Kapitel 5: „Hammer!“ Entfährt es mir leise, obwohl ich weiß, dass mich je eh keiner hört. Aber der Ausblick ist einfach Wahnsinn. Das Büro liegt über Eck an der Fassade des Gebäudes. Unter dem schmucklosen weißen Wänden verbirgt sich in eine Glasfront, die vom Fußboden bis zur Decke reicht und einen einzigartigen Blick über die Stadt erlaubt. Tausende und Abertausende Lichter leuchten in der Dunkelheit zu mir herauf. Langsam stehe ich auf und lehne meine Stirn fasziniert an das kühle Glas. Der Effekt wäre bestimmt noch größer, wenn ich das Licht… Ohne zu zögern laufe ich durch den Raum und lösche das Deckenlicht. Plötzlich strahlen die Lichter noch heller… Ich komme mir klein vor. Ich habe mich nie so gefühlt. Das ist meine Heimatstadt. Das es auch eine Großstadt ist habe ich immer gewusst, aber noch nie so extrem gespürt. Hier oben in Raphaels Büro bin ich fremd. Losgelöst von den Geräuschen und Gerüchen der Stadt. Was Raphael wohl denkt, wenn er hier oben steht? Findet er überhaupt die Zeit dazu, wenn er selbst Freitagnacht arbeitet? Bestimmt vermittelt ihm dieser Ausblick Macht. Aber ich fühle mich dabei klein und unbedeutend. Eine Studentin mir mittelmäßigen Noten. Eine junge Frau niemand besonders. Ich steche nicht aus der Masse heraus. Wie viele der Milliarden Menschen da draußen kennen meinen Namen? Zwei-Dreihundert? Und wie viele kennen dagegen Raphaels? Ein paar Millionen? Wie kam ich auf die Idee er könne sich auch nur das kleinste bisschen für mich interessieren? Wenn er doch do viel Auswahl hat? „Worüber denkst du nach?“ Erschrocken zucke ich zusammen und wirble herum. In der Tür steht Raphael. nur beleuchtet von dem schwachen Licht, das von draußen hereinscheint. Sein blondes Haar ist wirr, es hat seine Krawatte gelockert und die obersten beiden Knöpfe seines Hemdes geöffnet. Was macht er denn schon wieder hier? „Ich habe nicht damit gerechnet, dass du so schnell fertig bist. Tut mir leid! Ich bin sofort weg…“ Raphael wirft sein Jackett auf das Sofa und kommt langsam auf mich zu. Die Arme vor der Brust verschränkt. „Schnell?! Die Konferenz hat eineinhalb Stunden gedauert. Das bezeichnet man wohl kaum als schnell!“ Was? Eineinhalb Stunden? Perplex werfe ich einen Blick auf meine Armbanduhr. Tatsächlich. Null Uhr dreiunddreißig. Habe ich jetzt wirklich so lange hier gestanden und über alles und nichts sinniert? „Oh…“ Ist die einzige Antwort die ich hervorbringe. Raphael tritt neben mich. Er wirkt erschöpft, sein eh schon heller Teint wirkt im schwachen Licht blass und das Schattenspiel lässt ihn noch dünner wirken als er ist. „Bei diesem Anblick kann man schon alles um einen herum vergessen.“ Murmelt er leise und schaut dann seinerseits hinaus. Unruhig trete ich von einem Fuß auf den anderen. Was jetzt? Ich sehe Raphael von der Seite an. Seine Augen blicken ins Leere. „Ich… ich rufe mir dann mal ein Taxi und verschwinde dann von hier…“ murmele ich und wende mich dem Schreibtisch zu. „Warum bist du überhaupt noch hier?“ Ich kann nicht sagen ob er das jetzt anklagend meint oder es einfach nur eine Frage ist. „Naja… ich habe den falschen Knopf auf diesem Dings da…“ Ich wedle mit der Hand zu dem komplizierten Telefon- „Dann bin ich einfach an dem Ausblick hängen geblieben! Tut mir wirklich leid!“ Raphael zuckt nur mit den Schultern und erstarrt im nächsten Moment. Seine Hände wandern zu seinem Nacken. Er verzieht das Gesicht schmerzhaft. „Was ist los?“ frage ich vorsichtig. Ertappt lässt er die Hände sinken. Ich rechne eigentlich nicht mit einer Antwort seinerseits, aber auf einmal… „Verspannungen. Es war ein langer Tag.“ Das glaube ich ihm sofort. Unsicher stecke ich meine Hände in die Jackentaschen. „Dann gehe ich jetzt wohl besser!“ Ich gehe zur Tür. „Mila!“ Raphaels Stimme direkt an meinem Ohr lässt mich zusammenzucken. Ich habe ihn gar nicht gehört. Seine Hände legen sich auf meine Schultern, fest und irgendwie Besitzergreifend. Ich spüre wie er sein Gesicht an meinem Hals vergräbt. Seine Lippen drücken sich gegen meine Haut. „Komm doch noch mit zu mir!?“ Mein Herz schlägt höher bei seinen leisen Worten. Obwohl ich ganz genau weiß, dass Raphael nichts anderes als Sex von mir will, möchte ich mit ihm gehen. Immerhin verspricht dieser gutaussehende Mann hinter mir guten Sex. Das ist doch auch schon etwas, oder? Allerdings hat er sich mir gegenüber auch den ganzen Abend wie ein Arsch benommen. Aber trotzdem… „Lass uns gehen!“ Ich weiß, dass das eigentlich ein Fehler ist. Erneut mit Raphael zu schlafen hilft mir sicherlich nicht ihn endlich zu vergessen. Eher im Gegenteil. Aber im Moment ändert das nichts an meiner Entscheidung. Mein ganzer Körper kribbelt alleine von Raphaels kleinem Kuss in meinem Nacken. Es ist als stehe ich unter Strom. Raphael sammelt seine Sachen ein. Wirft sich die Jacke über und kramt in deren Tasche nach seinem Schlüsselbund. Hinter uns schließt er sein Büro ab und dann gehen wir den Weg zurück in die Tiefgarage. Jetzt steht hier nur noch Raphaels Auto. Wortlos steige ich auf der Beifahrerseite ein. diesmal telefoniert Raphael nicht. Sein Handy liegt ausgeschaltet in der Mittelkonsole. Die Fahrt dauert nicht mal zehn Minuten, dann biegt Raphael in eine weitere Tiefgarage ein. Diesmal gehört sie zu einem teuren Apartmentkomplex. Ich kenne viele, die hier gerne eine Wohnung hätten. Auf dem Weg zu den Aufzügen harke ich mich bei Raphael unter. Er wehrt sich nicht dagegen. „Abend, Bennet!“ Ich folge Raphaels Blick. In einem Glaskasten neben den Aufzügen sitzt ein grauhaariger Mann in Uniform. Ein Sicherheitsmann. „Guten Abend, Herr Bräuer. Es ist wieder spät geworden?“ Raphael verdreht die Augen. „Das sehen sie doch!“ Der Mann lächelt sanft und sieht dann zu mir. „Guten Abend junge Dame! Ich muss einmal um ihren Ausweis bitten.“ Ich schaue ihn wohl etwas perplex an, denn sein Lächeln wird breiter und er spricht weiter. „Für das Besucherprotokoll. Wenn ich Sie nicht registriere, dann tuen sie sich morgen mit dem Verlassen des Gebäudes seht schwer.“ Ich sehe zu Raphael. „Mach schon.“ Schon wieder klingt er genervt. Ich seufze und reiche dann dem Sicherheitsmann meinen Perso. Er tippt etwas in den Computer vor sich, dann er mir meinen Ausweis zurück. „Auf Wiedersehen Frau Schlee, Herr Bräuer.“ Ich folge Raphael zu einem der Aufzüge. Im inneren der verspiegelten Kabine zückt er einen Schlüssel und steckt ihn in das Schlüsselloch neben dem Obersten Stockwerk. Die Türen öffnen sich direkt in ein helles Foyer. Von hier gehen zwei Türen und eine Treppe ab. Raphael nimmt die Tür zu unserer Linken. Ich betrete hinter ihm einen offenen Wohn-Essbereich. Er wirft seine Jacke auf die riesige Couch. „Möchtest du etwas trinken?“ Etwas überrascht sehe ich zu ihm und reiße somit meinen Blick von den Fenstern und dem auch hier mega Ausblick. Ich habe eher damit gerechnet dass er mich gleich ins Schlafzimmer zerrt. „Wasser!“ antworte ich leise. Er nickt und geht durch einen breiten Durchgang in die Küche. Dann kommt er mit zwei Gläsern zurück und lässt sich langsam auf die Couch sinken. Zögernd setze ich mich neben ihn. Raphael schwenkt sein Glas, der Geruch von Whiskey zieht in meine Nase. Ich betrachte sein Profil im schummrigen Licht. „Raphael…?“ Langsam stellt er sein Glas auf dem Tischchen vor sich ab, wo mein Wasserglas unberührt steht. Dann hat er plötzlich den Abstand zwischen uns überbrückt. Sein schlanker Körper reißt mich auf den Rücken. Erschrocken und schwer atmend liege ich unter ihm auf der Couch. Raphaels Becken liegt auf meinen Oberschenkeln, während er sich auf den Ellenbogen abstützt. Seine hellen Augen liegen auf meinem Gesicht, genauer auf meinem Mund mit gierigem Blick. Die Vorstellung seiner Lippen auf meinen… „Tu es!“ flüstere ich atemlos. Im nächsten Moment presst er seinen Mund fest auf meinen. Seine Zunge stößt gegen meine Lippen. Ich öffne sie ein wenig. Zart beiße ich in seine Unterlippe. Raphael zuckt zurück, sieht mich verwirrt an. Ich sehe ihn meinerseits fragend an. Plötzlich lächelt er und zieht mich von der Couch hoch. Auf dem Weg bis zurück ins Foyer bin ich schon meine Jacke, die Schuhe und den obersten Knopf meiner Bluse los. Er ist irgendwo in Richtung Küche gerollt. Ich ziehe Raphaels Hemd aus der Hose und fahre darunter um über seinen flachen Bauch zu streichen. Raphael macht keuchend einen Satz rückwärts und ich komme ins Straucheln. Kann mich gerade noch auf den Beinen halten. „Was sollte das denn?“ fauche ich ihn an, doch dann sehe ich ihm direkt ins Gesicht und meine Worte tun mir sofort leid. Raphael hat sämtliche Farbe verloren, seine Augen sind geweitet, in ihnen steht blanke Furcht. „Raphael, was ist los?“ frage ich diesmal sanfter. Er seufzt leise, weicht meinem Blick aus. „Lass deine Finger bei dir!“ Was? Bevor ich auf seine Worte reagieren kann oder sie auch nur richtig verstanden habe, da her er mich schon gepackt und mich die Treppe hoch getragen. Was heißt ich soll meine Finger bei mir lassen? Raphael wirft mich auf ein riesiges Bett. Er kniet über mir, seine Hände nageln meine Arme auf das Bett. In seinen hellen Augen tobt ein Sturm. „Halt dich am Kopfteil fest!“ Seine Stimme ist rau, als er meine Arme nach oben zieht. Ich bin total perplex und greife nach dem Holz. Raphael ist schon dabei meine Bluse aufzuknöpfen. Fein haucht er Küsse auf meine nackte Haut. Mein ganzer Körper kribbelt. Langsam wie um mich zu quälen zieht Raphael mir die Hose aus, streicht mit den Fingerspitzen über den Spitzensaum meiner Unterwäsche. Ich bäume mich auf und recke ihm mein Becken entgegen. „Kannst es wohl nicht mehr erwarten?“ Ich bin viel zu atemlos um Raphael zu antworten. Stattdessen lösen sich meine Hände vorm Kopfteil und ich vergrabe die Finger in Raphaels weichen Locken. Er erstarrt, fixiert mich mit seinen hellen Augen. „Was habe ich gesagt?“ Er knurrt mich fast schon an. Ich verdrehe die Augen. Langsam hebe ich die Arme und umfasse erneut das glatte Holz. „Lass sie da oben, sonst binde ich dich fest!“ Meine Augen weiten sich. Hat er sie noch alle? Oder hat er zu viel Fifty Shades of Gray gesehen? „Nur wenn ich dafür etwas zu sehen bekomme!“ Sage ich mutig. Raphaels Hände wandern zu seinem Gürtel. Ich schüttle den Kopf. So einfach mache ich es ihm bestimmt nicht. „Dein Hemd!“ Er setzt sich auf. Sieht mich genau an, dann zur Tür. Will er mich los werden oder abhauen? Warum? „Deine Hände bleiben da oben?!“ Furcht klingt in seiner Stimme mit. „Ja, ich fass dich nicht an!“ seufze ich leise. Wenn er es unbedingt so haben will!“ Raphael zieht sich das Hemd über den Kopf, wieder fallen mir die Narben auf. Inzwischen sind sie alle verblasst, auch die längs über seinen Bauch. Und Raphael hat zugenommen. Schlank ist er noch immer, aber ich kann nicht mehr jede Rippe zählen. Stattdessen zeigt sich ein feindefiniertes Muskelrelief. Bevor ich mir weitere Gedanken darüber machen kann liegen seine Lippen erneut auf meinen. Dann küsst er sich meinen Hals hinunter, während er mit der anderen Hand seine Hose öffnet. Schon spüre ich seinen harten Penis an meinem Eingang… Kapitel 7: Kapitel 6: --------------------- Kapitel 6: Am Morgen wache ich auf, weil mir einfach nur viel zu warm ist. Ein warmer Körper liegt hinter mir, die Arme um mich geschlungen und die Beine mit meinen verhakt. Ich sehe mich in dem fremden Zimmer um. Helle Wände, dunkle Möbel. Raphaels Schlafzimmer. Es ist noch dunkel draußen. 5:55 steht in großen roten Ziffern auf dem Digitalwecker. Viel zu früh zum aufstehen. Ich strecke einen Fuß unter der Decke hervor. So ist es besser. Raphael murmelt etwas unverständliches und vergräbt seine Nase in meinem Nacken. Ich dämmere wieder weg. Als ich das nächste Mal aufwache liege ich alleine in dem riesigen Bett. Ich strecke mich erst einmal ausgiebig. Ich fühle mich ein wenig wund, aber befriedigt. Raphael war ziemlich… fordernd. Wo steckt der eigentlich? Um ehrlich zu sein würde es mich nicht wundern, wenn er nicht mehr im Haus ist. Ich drehe mich um und entdecke einen weißen Zettel auf der dunklen Bettwäsche. »Bin auf Arbeit. Frühstück steht auf dem Tisch. Ruf dir ein Taxi, wenn du fertig bist!« Ich weiß nicht so wirklich was ich von der Nachricht halten soll. Irgendwie habe ich ein Déjà-vu. Nur dass Raphael diesmal nichts davon geschrieben hat, dass wir das Ganze auf sich belassen sollen. Aber was solls. Momentan kann ich daran eh nichts ändern. Also mache ich mich stattdessen auf die Suche nach dem Badezimmer. Der Raum ist weiß gefliest mit dunkelblauen Farbakzenten. Fasziniert werde ich von der Badewanne angezogen. Sie ist so riesig, dass man bequem zu zweit darin Platz hätte. Ob Raphael vielleicht irgendwann… Ich schiebe den Gedanken zur Seite und stelle mich stattdessen unter die Regendusche. Blind greife ich nach dem Duschgel. Raphaels Geruch steigt mir in die Nase. Es ist seines. Wessen auch sonst?! Es sieht ja nicht so aus, als hätte er Mitbewohner. Frisch geduscht betrete ich die offene Küche. Auf dem Tisch stehen ein Korb frischer Brötchen, eine Teekanne und verschiedene Aufstriche und Beläge. Marmelade, Wurst… Ich nähere mich dem einzigen Teller auf dem Tisch. Quer über dem Teller liegt ein weißer Briefumschlag. In Raphaels klarer Handschrift steht mein Name und darunter »Aufwandsentschädigung«. Mit hochgezogener Braue öffne ich den Umschlag. Darin ist ein hunderter. Wut steigt in mir auf. Das ist jetzt nicht sein ernst, oder? Aufwandsentschädigung? Welcher Aufwand? Das ist jetzt nicht wirklich für… Ich feure den Brief auf den Tisch. Ich lasse mich bestimmt nicht wie eine Nutte behandeln. Das… „Argh!“ Wütend schlage ich mit der flachen Hand auf das Holz und stürme aus der Wohnung. Ich werde nur kurz von dem Sicherheitsbeamten am Ausgang aufgehalten, dann bin ich draußen. Es ist schweinekalt. Erst jetzt merke ich, dass ich meine Jacke in Raphaels Wohnung vergessen habe. Verdammter Mist! Jetzt muss ich diesen Arsch noch einmal treffen. Immerhin habe ich meine Handtasche mitgenommen, der Akku meines Handys ist allerdings leer. Na super! Ich schlinge meine Arme um den Körper und stapfe zur nächsten U-Bahnstation. Wie konnte ich nur so blöd sein und mich auf Raphael einlassen? Zwei Mal! Ziemlich durchgefroren komme ich zurück in unsere Wohnung. Alina erwartet mich mit in die Hüften gestemmten Händen. „Wo warst du die ganze Nacht?“ Ich versuche ihrem strengen Blick zu entkommen. Verlorene Liebesmüh. Alina kann ich nichts vormachen. „Sag jetzt nicht du warst bei einem Mann?!“ Ihre Augen werden groß. Verdammter Mist. Jetzt muss ich ihr alles erzählen. „Ich ziehe mich um und du kochst Tee. Dann können wir reden.“ Seufze ich und stapfe in mein Zimmer. Dort zerre ich als erstes den Nachttisch auf und greife nach dem Urlaubsfoto. Ich nehme die oberen Kanten. Zerreiß es! Meine innere Stimme… Aber ich kann nicht. Wie hypnotisiert bleibt mein Blick an Raphaels Gesicht hängen. Er lächelt. Hat er letzte Nacht überhaupt gelächelt? Nicht soweit ich mich erinnern kann. Ich sollte vielleicht nicht den einzigen Beweis, dass dieser Arsch lächeln kann, zerstören. Aber mit unserer Beziehung… So kann man das nicht mal nennen… Egal was ich mit Raphael hatte… Es ist vorbei! Ein letztes Mal betrachte ich das Foto und stopfe es dann ganz unten in die Schublade meines Schreibtischs zu den ganzen anderen Fotos, die ich besitze. In Jogginghose und Schlabberpulli lasse ich mich wenig später auf unsere grüne Couch fallen. Alina sitzt auf dem Sessel mir gegenüber und wippt mit dem rechten Fuß. „Na los erzähl!“ Ich fahre mir seufzend durch die Haare. „Er ist ein Arsch. Wir hatten einen One-Night-Stand vor ein paar Monaten und haben uns vor kurzem wieder getroffen. Gestern hat er mich zum Essen eingeladen. Wir haben kaum geredet, sind dann im Bett gelandet. Und heute Morgen legt er mir einen Umschlag hin auf dem »Aufwandsentschädigung« steht und hundert Euro drin sind. Ich weiß ja nicht was er sich dabei gedacht hat! Aber ich bin keine Nutte, die er für Sex bezahlt!“ Schwer atmend breche ich ab und sehe Alina wütend an. Meine Gefühle spiegeln sich in ihrem Gesicht. Sie hat die schwarzen Brauen zusammengezogen und die Lippen fest zusammengepresst. Ihre dunklen Augen funkeln. „Da kann ich dir nur zustimmen! Was für ein Arsch! Sag mir wo er wohnt! Dem muss mal jemand den Kopf waschen!“ Meine Augen weiten sich entsetzt, als Alina aufspringt. Das meint sie doch nicht ernst oder? Sie will Raphael die Hölle heiß machen? Überhaupt… wenn ich ihr sage, dass Raphael… dass ich mit ihm geschlafen habe… Gott, sie würde mich für verrückt erklären. Nach unserem Urlaub hat sie sich ziemlich über Raphaels Verhalten aufgeregt. Wenn ich ihr jetzt erzähle, dass ich trotz seiner arschigen Art mit ihm geschlafen habe… dann liefert sie mich in die nächste Klapse ein. Nein! Das darf ich ihr nicht erzählen! „Alina, lass gut sein. das bringt doch nichts! Ich werde das ganze einfach hinter mir lassen. Kein Drama!“ Dabei versuche ich nicht loszuheulen. Ich bin verletzt. Das merke ich erst jetzt richtig. Raphael hat mich mit dieser Aktion wirklich getroffen. „Kein Drama? Sag mal, was ist los mit dir? Ich sehe doch, dass er dich verletzt hat und du willst es einfach auf sich beruhen lassen?“ Alina setzt sich neben mich und schaut mich an. Ihr Blick scheint mich zu durchbohren. „Das bringt doch alles nichts!“ murmele ich leise und vergrabe den Kopf in meinen Armen. „Natürlich bringt das etwas! Wenn du ihn einfach so davon kommen lässt, hat er doch gewonnen!“ Das ist Alinas Denkweise, nicht meine. „Und was stellst du dir vor?“ hake ich trotzdem nach. Alinas Rachepläne sind immer sehr kreativ. Jetzt zuckt sie mit den Achseln und grinst mich an. „Wir können eine Nachricht auf seinen Wagen schreiben…“ schlägt sie vor. „Damir wir im Gefängnis landen?!“ erwidere ich. „Dann schwärzen wir ihn eben bei seinem Chef an!“ kommt ihre nächste Idee wie aus der Pistole geschossen. „Er ist der Chef!“ seufze ich. „Nicht dein Ernst!“ Alina macht große Augen. „Wen hast du dir denn da angelacht?“ Ich beiße mir auf die Lippen. Genau diese Frage habe ich gefürchtet. „Einen reichen, arroganten Geschäftsmann, der immer genau das bekommt was er will.“ antworte ich ausweichend und weiß doch ganz genau, dass Alina das nicht reichen wird. „Und sein Name?“ fragt die und verschränkt die Arme vor der Brust. „Damit du ihm vor seiner Wohnung auflauern und ihn verprügeln kannst? Vergiss es!“ Ich schüttle den Kopf. „Ich hatte da eher an kompromittierende Fotos gedacht, die wir an die Regenbogenpresse verkaufen könnten.“ Das entlockt mir ein leichtes Lächeln. „Du würdest dien Image der seriösen Fotografin für mich opfern?“ Alina nickt heftig und schlingt beide Arme um mich. „Natürlich! Du bist meine beste Freundin!“ Ich schmiege mich an ihren schlanken Körper. „Verrätst du mir jetzt seinen Namen?“ Ich schüttle entscheiden den Kopf. „Nein! Ich kann es nicht verantworten, dass du wegen mir deine Karriere ruinierst! Du bist meine beste Freundin!“ Still sitzen wir aneinander gekuschelt auf dem Sofa. „Wie läuft es eigentlich mit dir und Boris?“ Ich sehe Alinas Gesicht aufleuchten. Sie hat Boris vor zwei Wochen kennengelernt. Auf der Hochzeit seiner Schwester, dort war Alina als Fotografin engagiert. Seit dem hatten die beiden schon zwei Dates und soweit ich weiß haben sie sich gestern zum Mittagessen getroffen. „Total toll! Wir haben so viele Gemeinsamkeiten und er ist zuvorkommend und total charmant. Und gestern zum Abschied da hat er mich geküsst. Es war einfach nur wow!“ Aufmerksam höre ich ihr zu. Was für ein Unterschied zu mir und Raphael! Wir haben kaum geredet und sind dafür im Bett gelandet. Ehrlich gesagt beneide ich Alina dafür. Sie hat einfach mehr Glück mit den Kerlen. Bei mir dagegen läuft es immer nur schief. Mein erster Freund in der neunten Klasse wollte über mich nur an meine damals beste Freundin Jaqueline herankommen. Drei Jahre später war da Jasper, der mich zwei Wochen vor dem Abitur mit Jaqueline betrogen hat. Ich habe die beiden auf der Mädchentoilette erwischt. Damals war ich ganz schön fertig, die Prüfungen sind einfach so an mir vorbeigerauscht. Zum Glück haben meine Noten nicht allzu sehr darunter gelitten. Danach habe ich mir eine WG in der Stadt gesucht um aus der kleinen Vorstadt in der ich aufgewachsen bin herauszukommen und die Erinnerungen hinter mir zu lassen. So habe ich Alina kennen gelernt. Das ist jetzt zwei Jahre her und ich habe mir schon wieder den falschen Kerl ausgesucht. „Du musst ihn mir unbedingt mal vorstellen!“ sage ich zu Alina. Sie nickt begeistert. Wenn sie so begeistert ist, würde keiner darauf kommen, dass sie schon dreiundzwanzig ist. sie wirkt immer mehr wie ein Kind, das einen riesigen Berg Süßigkeiten vor sich hat. „Ich frage ihn gleich heute Abend, ob er Lust hat nächste Woche zum Essen zu kommen. Wir zwei könnten zusammen kochen!“ „Trefft ihr euch heute Abend?“ hake ich nach. Alina nickt. „Ja, Boris hat mich zu sich nach Hause eingeladen. Das erste Mal!“ Ich freue mich ja so!“ Den Nachmittag verbringen wir vor Alinas Kleiderschrank mit der Frage was sie am besten anziehen soll. Dass unsere Ansichten da Himmelweit auseinander gehen, macht das Ganze nicht gerade einfach. Schließlich einigen wir uns auf eine graue Jeans, rotes Top mit Spitze und eine schwarze Strickjacke. Ich verabschiede Alina an der Tür und stehe dann alleine in unserer Wohnung. Sofort ist meine Wut auf Raphael zurück. Ich suche mein Handy, dessen Akku noch immer leer ist. ich hole mein Ladekabel und stecke es an. Jetzt heißt es erst einmal warten bis es genug Saft zum anschalten hat. Endlich funktioniert es. Zwei entgangene Anrufe und acht neue SMS. Die Anrufe und vier SMS sind von Alina, die mich letzte Nacht scheinbar vermisst hat. Eine SMS ist von Zac, der wissen will wie das Abendessen war. Ich antworte kurz, dass es geschmeckt hat und ich mich gefreut habe meinen `Bekannten´ wieder zu treffen. Dabei habe ich ein verdammt schlechtes Gewissen. Ich scrolle weiter zu nächsten SMS. Sie ist von Tony und geht über Mamas Geburtstagsgeschenk. Die letzten beiden SMS sind von Leuten aus der Uni. Nichts von Raphael. Seufzend starre ich auf mein Handy. Ich kann mich nicht mal bei ihm melden, da seine Nummer bei dem Anruf unterdrückt war. Schöner Mist. Meine Jacke sehe ich dann wahrscheinlich erst in drei Monaten wieder. Dann ist es fast Sommer und ich brauche sie nicht mehr. Die Haustürklingel reißt mich aus den Gedanken. Wer das wohl ist? Ich nehme im Flur den Hörer der Gegensprechanlage ab. „Hallo?“ „Guten Abend. Ich habe ein Päckchen für Mila Schlee abzugeben!“ Ein Päckchen? Für mich? Um diese Uhrzeit? Die Post kommt doch nicht Samstag kurz nach neunzehn Uhr?! „Warten sie einen Moment. Ich komme runter!“ Damit hänge ich auf und bin schon auf dem Weg die Treppe hinunter. Unten vor der Haustüre steht eine Frau in einem langen blauen Mantel und hohen Schuhen. Irgendwie kommt sie mir bekannt vor. „Guten Abend Frau Schlee.“ Ich sehe von ihr zu dem großen Päckchen unter ihrem Arm. Sie bemerkt seinen Blick und reicht mir das Päckchen. „Herr Bräuer lässt ausrichten, das nächste Mal vergessen sie ihre Sachen bitte nicht bei ihm!“ Damit nickt sie mir zu und geht zu einem grauen Kombi und fährt davon. Ich stehe noch immer perplex in der Tür. War das wirklich diese Frau Dreher aus Raphaels Firma. Raphaels Nachricht ist doch wirklich die Höhe. `Das nächste Mal vergesse ich doch bitte nichts bei ihm´. Wütend stapfe ich wieder nach oben und reiße den Karton auf. Darin sauber zusammengelegt liegt meine Jacke. Kein Brief, keine Nachricht. Nichts. Raphael hat das bestimmt nicht gemacht. Er hat es ja nicht mal für nötig gehalten mir eine Nachricht zu schreiben oder es selbst vorbei zu bringen. Nein er hat es einfach seiner Mitarbeiterin überlassen. Ganz ehrlichfrage ich mich langsam, was Raphael für ein Mensch ist. eigentlich weiß ich ja nichts über ihn. aber das lässt sich ja wohl ändern. In meinem Zimmer setze ich mich an den Schreibtisch und klappe meinen Laptop auf. Ich tippe `Raphael Bräuer´ in die Suchmaschine ein. Tausende von Treffern blinken mir entgegen. Ich öffne die erste beliebige Seite. Ein recht neuer Artikel. Erst drei Monate alt. »Raphael Bräuer: Seine erste Pressekonferenz seit eineinhalb Jahren. Nach eineinhalb Jahren zeigt sich der Besitzer von Bräuer Electronics wieder in der Öffentlichkeit. Auf die Frage was er in dieser Zeit getan habe, meinte er nur privates solle privat bleiben und wandte sich dann der Vorstellung seines neusten Betriebssystems zu…« Der Test des Artikels geht nur über technisches Zeug und Verkaufszahlen. Ich scrolle weiter durch die Treffer und öffne eine weitere Seite. »Raphael Bräuer geboren am 2. November 1990, wurde mit vierzehn Jahren von dem Banker Edgar Wegner adoptiert. Edgar Wegner war mit Larissa Bräuer bis zu deren Tod liiert und übernahm zehn Jahre später die Verantwortung für deren unehelichen Sohn. Raphael Bräuer ist hochintelligent, schloss bereits mit sechzehn die Schule mit dem Abitur ab und studierte dann Wirtschaft und Informatik. Mit achtzehn Jahren gründete er 2008 Bräuer Electronics und ist inzwischen national und international erfolgreich.« So viel mehr an Informationen ist über Raphael nicht zu finden. Ein paar Fotographien von ihm und Geschäftspartnern. Ansonsten nichts. Raphael scheint sein Privatleben gut unter Verschluss zu halten. Ich habe zwei Mal mit ihm geschlafen und weiß kaum mehr als im Internet zu lesen ist. Danny hat damals bei unserer ersten Begegnung gesagt Raphael wäre lange krank gewesen. Hatte er sich deshalb so lange aus der Öffentlichkeit zurückgezogen? Und dann sind da noch die Narben, die ich nicht zuordnen kann. Und gestern Nacht… da wollte Raphael nicht angefasst werden. Lag es an mir oder an etwas anderem? Eigentlich stelle ich hier nur gerade fest, dass ich nichts über den Mann weiß mit dem ich da geschlafen habe. Das ist doch mal eine Spitzen Nachricht. Resigniert klappe ich meinen Laptop zu und werfe mich aufs Bett. Zuviele Grübeleien bringen mir eh nichts. Also kann ich es genauso gut auch sein lassen. Und was Raphael anbelangt… wenn ich ihn das nächste Mal sehe geige ich ihm meine Meinung und danach ist das Ganze für mich gegessen. Guter Plan oder? Wenn das nur auch so leicht umzusetzen wäre… Kapitel 8: Kapitel 7: --------------------- Kapitel 7: Zwei Wochen später ist das Wetter einfach nur mies. Es regnet und der ganze schöne Schnee ist verwandelt sich in grauen Matsch und wadentiefe Pfützen. Eigentlich das perfekte Wetter um sich auf die Couch zu kuscheln und einen romantischen Film einzulegen. Oder auch einen Krimi. Und dazu eine schöne Tafel Schokolade. Nur hat das ganze einen Haken. Ich habe keine Schokolade oder überhaupt etwas zu Essen im Haus. Eigentlich ist Alina diese Woche mit einkaufen dran. Aber Boris hat sie gestern zu einem dreitägigen Überraschungstrip abgeholt. Also muss wohl doch ich einkaufen gehen. Deswegen stapfe ich nun mit Schirm und Winterjacke bewaffnet durch die Stadt. Gott ist das ein Mistwetter. Zum Glück habe ich es fast geschafft. Ich will gerade die Straße überqueren, als ein Auto angeschossen kommt. Keine Sekunde später stehe ich klatschnass am Straßenrand. „Du verdammter Arsch!“ wütend werfe ich die Arme in die Höhe und schaue hinab auf die Bescherung. Ich bin klatschnass. Von meinen Klamotten tropft eine dunkelbraune Dreckbrühe, die vor wenigen Sekunden noch in einer Pfütze auf der Straße war. Genervt wische ich mir das nasse Haar aus der Stirn, als hinter mir eine Autotüre zugeschlagen wird. „Hey, Sie da!“ Ich erstarre. Diese Stimme… Raphael! Feste Schritte kommen auf mich zu. „Entschuldigen Sie! Ich habe die Pfütze zu spät gesehen und…Mila?“ Er hat mich umrundet und sieht mir überrascht ins Gesicht. „Hallo Raphael!“bringe ich mühsam hervor. Sofort wird sein Blick kühl und kontrolliert. Er greift in seine Hosentasche und zieht seinen Geldbeutel heraus. „Hier für die Reinigung!“ Er hält mir einen hunderter entgegen. Ich sehe ihn entgeistert an. „Spars dir! Ich besitze eine Waschmaschine.“ Damit drehe ich mich um und stapfe über die Straße. Jetzt nach Hause zu gehen um mich umzuziehen rentiert sich nicht. Ich stehe ja schon direkt vor dem Supermarkt. Da kann ich auch erst noch einkaufen gehen. „Kann ich dich dann wenigstens nach Hause fahren?“ fragt Raphael schroff. Er ist mir gefolgt. „Danke, aber ich muss erst einkaufen. Ich glaube nicht, dass du so lange warten willst!“ erwidere ich giftig und betrete den Supermarkt. Als erstes schäle ich mich aus meiner nassen Jacke und hole mir einen Einkaufswagen. Zumindest mein Pullover ist trocken geblieben. „Warum so giftig?“ will Raphael wissen. Ich fahre zu ihm herum. „Warum? Du fragst mich ernsthaft nach dem warum? Du hast mir Geld in einem Umschlag hingelegt. Ich bin keine verdammte Nutte!“ Raphaels helle Augen weiten sich überrascht. „Ich halte dich nicht für eine Prostituierte!“ Wütend funkle ich ihn an. „Und wofür waren dann die hundert Euro Aufwandsentschädigung?“ ätze ich. „Das Geld war fürs Taxi!“ gibt er etwas lauter zurück. „Fürs Taxi? Was denkst du wo ich hinfahren sollte? Nach Timbuktu? Hundert Euro sind viel zu viel!“ Okay die Ironie hätte ich auch weg lassen können… „Woher soll ich das Wissen? Ich fahre kein Taxi!“ Raphael wird patzig. Wie bitte? Wer ist denn so… so… „Musst du dann unbedingt Aufwandsentschädigung draufschreiben? Und warum hast du dich nicht gemeldet? Stattdessen deine Sekretärin vorgeschickt?“ Er verschränkt die Arme vor der Brust. „So bin ich eben!“ Tolle Antwort. Immerhin versucht er sich nicht zu rechtfertigen. „Dann lass mich doch einfach in Frieden einkaufen!“ Ohne ihn weiter zu beachten laufe ich los. Ich spüre Raphaels Anwesenheit hinter mir. „Was willst du eigentlich noch?“ fauche ich ihn wütend an. Raphael fährt ich mit der linken Hand durchs Haar. Auch er ist total durchnässt. Sein grauer Anzug fleckig vom Regen. „Gilt dein Angebot noch?“ fragt er schließlich leise, weicht meinem Blick aus. Was? Hat er gerade tatsächlich…? „Ich könnte etwas Gesellschaft gebrauchen…“ Murmelt Raphael. Was ist denn mit dem los? Die ganze Zeit hält er mich auf Abstand und jetzt das! Irgendwie wirkt er niedergeschlagen und durcheinander. Ich atme tief durch. „Okay. Ich mach uns etwas zu essen und wir können uns ja einen Film anschauen.“ Mal wieder weiß ich nicht, warum ich so auf Raphael reagiere. „Du musst nicht kochen, aber das mit dem Film nehme ich an.“ Raphael reibt sich müde über die Augen. „Ich weiß von deinen Unverträglichkeiten. Du musst mir nur sagen was ich kochen kann und was nicht.“ Ertappt sieht Raphael mich an. Er sagt kein Wort. „Ich werde niemandem etwas davon erzählen. Also was verträgst du nicht?“ Kurz beißt er sich auf die Lippen, dann… „Die meisten Arten Fleisch, Laktose, Zucker und viele Gewürze. Obst und Gemüse geht das meiste, wenn du es genauer wissen möchtest…“ Er kann mir die ganze Zeit nicht in die Augen schauen. Es ist doch nicht dramatisch wenn er gewisse Dinge nicht verträgt. Okay es ist eine Menge, aber trotzdem, das ist doch nicht schlimm. „Dann hast du eine Liste, ich weiß.“ Erkläre ich sanft und wende mich dann dem Gemüse zu. „Was sagst du zu Kartoffeln mit Spinat?“ Raphael nickt nur und folgt mir dann schweigend durch den Supermarkt. Er schaut sich aufmerksam um, trotzdem oder vielleicht genau deswegen wirkt er total verspannt auf mich. „Alles in Ordnung?“ frage ich schließlich. Raphael zuckt zusammen. „Ja!“ Warum klingt das für mich so gar nicht überzeugend? Vorerst belasse ich es allerdings dabei, hier mitten im Supermarkt wird Raphael wohl kaum darüber reden wollen. Falls ich ihn überhaupt zum reden bekomme, was bei Raphael sehr geringen Redebedürfnis eher unwahrscheinlich ist. nebeneinander verlassen wir den Laden. Raphael verstaut die beiden Einkaufstüten im Kofferraum. Schweigend fahren wir zu meiner Wohnung. Raphael folgt mir zur Haustüre. Mit den Einkaufstüten und einem kleinen Koffer. Fragend sehe ich ihn an, als ich den Schlüssel ins Schloss stecke. „Ich möchte mich gerne umziehen!“ erwidert Raphael. „Klar ich habe auch immer einen Koffer im Auto!“ erkläre ich sarkastisch. Lustig ich habe nicht mal ein Auto. „Geschäftsreise. Ich war noch nicht in meiner Wohnung!“ Raphael schiebt sich an mir vorbei und steigt die Treppe hoch. Perplex sehe ich ihm nach. „Woher weißt du in welchem Stock ich wohne?“ rufe ich ihm nach. Raphael dreht sich um und sieht auf mich herab. „Denkst du ernsthaft ich treffe mich mit dir ohne vorher Informationen eingeholt zu haben?!“ Eigentlich hätte ich damit rechnen müssen, aber der Gedanke kam mir gar nicht. Seufzend stapfe ich Raphael nach und lasse ihn in die Wohnung. Der Geschäftsmann streift sich die Schuhe ab und sieht sich dann aufmerksam in dem kleinen Flur um. ich nehme ihm die Tüten ab und zeige dann auf eine Tür zur linken. „Da ist das Bad, falls du duschen möchtest. Du kannst dir ruhig Zeit lassen, Alina ist nicht da. Ich fange schon mal mit dem Kochen an. Willst du ein Spiegelei dazu?“ frage ich ihn schon auf dem Weg in die Küche. „Ja, gerne.“ In Raphaels Stimme schwingt etwas undefinierbares mit. Ich stelle die Einkaufstüten auf dem Küchentresen ab und gehe dann erstmal in mein Zimmer um mir trockene Kleidung zu holen. Kurz zögere ich, entscheide mich dann für eine Yogahose und einen wieten dunkelblauen Pullover. Auf dem Weg zurück in die Küche höre ich die Dusche im Bad. Es dauert eine knappe halbe Stunde bis Raphael durch die Tür kommt. Seine Haar sind noch feucht, sein Gesicht zeigt deutlich Müdigkeit. „Das Essen ist fast fertig. Setz dich schon mal!“ Ich zeige zu dem gedeckten Tisch. „Was möchtest du trinken?“ Langsam lässt Raphael sich auf einen Stuhl sinken. „Wasser bitte!“ Ich hole ihm eine Flasche und schalte dann den Herd aus. Aus den Augenwinkeln betrachte ich Raphael. Er trägt eine Jogginghose und ein Langarmshirt. Ich hätte nie mit so legeren Klamotten gerechnet. Eher mit einem weiteren Anzug. „So fertig!“ Damit stelle ich Raphael einen gefüllten Teller hin. Zögernd sieht er mich an. „Welche Gewürze hast du…“ Mist. Daran habe ich überhaupt nicht mehr gedacht. „Salz und etwas Pfeffer. Ich hoffe das ist in Ordnung?!“ Unsicher sehe ich ihn an. Statt einer Antwort greift er nach dem Besteck und beginnt zu essen. Allerdings fällt mir schon nach ein paar Minuten auf, dass er eigentlich nur wieder in seinem Essen herumstochert. „Stimmt damit irgendetwas nicht?“ Er zuckt zusammen und sieht mich ertappt an „Nein, es ist gut!“ Ich lege den Kopf schief und erwidere seinen Blick. „Warum schiebst du das Essen dann nur über den Teller?“ Meine Stimme versuche ich ziemlich sanft zu halten. Lange zögert er, dann seufzt er schließlich leise. „Morgen habe ich einen Termin, der mir etwas auf den Appetit schlägt.“ Im Klartext: Was auch immer Raphael morgen geplant hat, es macht ihn nervös. Seine ganze Haltung zeigt, dass er gegen dieses Gespräch mauert. „Okay, wenn du dienen Teller leer isst frage ich nicht weiter nach.“ Ich nehme mein Besteck wieder auf und esse weiter. Nach einem kurzen Moment tut Raphael es mir gleich. Es dauert zwar, aber er isst tatsächlich seinen Teller leer. Eigentlich schade. Jetzt bleibt meine Neugierde unbefriedigt. Naja was solls. Aber vielleicht erzählt er mir ja etwas anderes. „Wo warst du auf Geschäftsreise?“ frage ich also. Raphael sieht mich mit zusammengekniffenen Lippen an. „Wie war das? Du fragst nicht weiter nach?!“ Ich lächle ihn unschuldig an. „Wegen morgen frage ich nicht nach. Was gestern war…“ Den Satz lasse ich unbeendet im Raum stehen. „Ich rede nicht mit Außenstehenden über meine Geschäfte.“ Knurrt er. Ich verdrehe die Augen. Das mit dem Gespräch wird wohl nichts. „Eigentlich wollte ich, dass du mir etwas über das Land erzählst, aber lassen wir das! Welchen Film möchtest du sehen?“ Damit stehe ich auf und beginne den Tisch abzuräumen. „Dubai. Ich war in Dubai.“ Überrascht drehe ich mich um. Raphael steht mit seinem Teller hinter mir. „Du brauchst gar nicht fragen… Ich habe nur den Flughafen, Hotelzimmer und ein paar Büros zu sehen bekommen. Und der Film ist mir egal. Such du etwas aus!“ Eine halbe Stunde später sitzen wir nebeneinander auf der grünen Couch. Naja nebeneinander… nicht wirklich. Zwischen uns ist mindestens eineinhalb Meter Platz. Ich habe Stolz und Vorurteil eingelegt, den wollte ich schon lange Mal wieder schauen. Immer wieder schiele ich zu meinem Gast hinüber. Unruhig rutscht Raphael herum, fährt sich immer wieder fahrig über das müde Gesicht. „Raphael, wir können auch ins Bett gehen, wenn du das willst!“ Er schüttelt den Kopf, schaut auf seine Armbanduhr. „Es ist nicht mal sieben…“ Ich unterdrücke ein Seufzen. Dann greife ich nach der Fernbedienung und halte den Film an. „Das hat doch nichts mit der Uhrzeit zu tun! Wenn du müde bist, dann leg dich hin. Du kannst mein Bett haben oder du legst dich hier eine Stunde auf die Couch. Nimm meinen Schoß als Kissen, wenn du willst.“ Raphael blickt starr geradeaus, in dem Moment wird mir klar, dass ich zu weit gegangen bin. Wenn ich an unser letztes Treffen denke… „Vergiss einfach was ich gesagt habe! Ich habe schon kapiert, dass du nicht von mir angefasst werden willst!“ Damit drücke ich die Play-Taste und wende mich wieder dem Film zu. Ich halte meinen Blick stur nach vorne gerichtet. In erster Linie um Raphael nicht ansehen zu müssen. Umso überraschter bin ich, als er näher rückt und tatsächlich den Kopf auf meinen Oberschenkeln ablegt. „Schultern und Nacken sind okay!“ flüstert er. Ich zögere, sehe auf seinen schlanken Hals und das etwas wirre Haar. Ganz langsam hebe ich die Hand, berühre seine warme, weiche Haut. Er wirkt total angespannt, seine Muskeln sind hart wie Stahlbeton. Vorsichtig beginne ich seinen Nacken zu massieren. Mit jeder Sekunde wird Raphael entspannter. Mit einem leisen `Danke´ richtet er sich auf, als der Abspann läuft. Irgendwie vermisse ich seinen warmen Körper so nahe an mir. „Ich sollte mal nach Hause fahren.“ Murmelt er sichtlich müde. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er die Hälfte des Films verschlafen hat. So übermüdet lasse ich ihn sicher nicht hinters Steuer. „Du bist erschöpft. Heute Abend solltest du kein Auto mehr fahren. Bleib doch hier!“ Eigentlich rechne ich mit einem klaren Nein, aber Raphael überrascht mich erneut. „Wenn ich nicht störe…“ Ich schüttle den Kopf. „Nein, natürlich störst du nicht.“ Hätte ich ansonsten gefragt? Wohl kaum. „Okay. Mein Schlafzimmer ist direkt gegenüber. Ich geh kurz ins Bad und komm dann gleich!“ Ich stehe vor dem Spiegel, die Hände aufs Waschbecken gestützt. Warum lande ich trotz meiner guten Vorsätze doch immer wieder mit Raphael im Bett. Naja, ob wir heute wirklich so im Bett landen bezweifle ich stark, aber trotzdem… Aus welchem Grund auch immer gebe ich Raphaels-Charme kann man das eigentlich nicht nennen-Art nach. Wollte ich ihm nicht die Meinung sagen und ihn dann vergessen? So viel dazu. Ich bin keine Idee weiter, als ich mein Schlafzimmer betrete. Raphael sitzt auf der Bettkante, einen Stoß Blätter auf dem Schoß. Seine hellen Augen liegen auf mir. „Ich möchte dir einen Vorschlag machen!“ Fragend lege ich den Kopf schief. „Worum geht’s?“ Ich gehe um mein Bett herum und setze mich auf die andere Seite. Raphael dreht sich zu mir und hält mir die Blätter entgegen. „Unterschreibe das bitte erst!“ Mit hochgezogenen Brauen überfliege ich die erste Zeile und platze sofort heraus. „Eine Verschwiegenheitserklärung? Wofür das denn?“ „Um meine Privatsphäre und meine Firma zu schützen! Mit der Zeit wird man vorsichtig!“ Das sagt er, als hätte ihn schon mehr als einmal jemand hintergangen. „Okay, ich unterschreibe!“ murmele ich leise und setzte nach kurzer Lektüre meinen Namen unter das Dokument. „Also los, worum geht es?“ Raphael atmet tief durch. „Ein paar Leute, allen voran Danny versuchen ständig mich zu verkuppeln oder ich soll mir wenigstens ein paar Freunde suchen… Ich kann dich gut leiden. Daher dachte ich wir treffen uns alle paar Wochen zu festgelegten Terminen und ich zahl dich dafür. Ich setze einen Vertrag auf und…“ „Nein!“ unterbreche ich seinen Redefluss. „Ich bin noch immer keine Prostituierte für die du zahlen musst! Und nur mal so Grundsätzlich… Man setzt über eine Freundschaft keinen Vertrag auf oder legt Termine fest.“ Raphael verspannt sich. „Ein einfaches Nein hätte gereicht. Du musst mich nicht anbrüllen nur weil dir mein Vorschlag nicht gefällt!“ damit legt er sich hin und dreht sich auf die mir abgewandte Seite. Ich atme langsam ein und aus. Ich kann das jetzt dabei belassen. So wie ich Raphael einschätze wird er morgen früh verschwunden sein und sich auch nicht mehr bei mir melden. Will ich das? Nein, eigentlich nicht. Ich würde ihn gerne etwas besser kennen lernen. Und dass kann ich nicht, wenn wir uns nicht mehr sehen. mir wird klar, dass ich das mir Raphael nicht so einfach hinter mir lassen kann. Und das bereits jetzt schon wo ich ihn kaum kenne. Aber was mich noch immer beschäftigt ist die Sache mit dem Geld. „Warum willst du mich überhaupt dafür bezahlen?“ Frage ich tonlos in der drückenden Stille zwischen uns. „Weil jeder der etwas mit mir zu tun hat früher oder später das Interesse der Presse weckt. Nur weil man mit mir gesehen wird.“ Raphael hat sich noch immer nicht umgedreht. „Du bist ein Geschäftsmann, kein Schauspieler oder Musiker. Wie schlimm kann das schon sein?“ frage ich schulterzuckend. Aus Hollywood kennt man solche Storys, aber hier? Und dann nur ein Geschäftsmann? „Du kapierst es nicht, oder?“ Raphael setzt sich auf und nimmt seinen Laptop aus dem Koffer. Eine Zeit lang tippt er darauf herum dann dreht er ihn so, dass ich auch etwas sehen kann. Eine dicke rote Schlagzeile: »Daniel Wegner: Der jüngere Bruder kann wohl nicht mit Raphael Bräuer mithalten oder warum ist er durch die Uniprüfung gerasselt?« „Und das ist nur der Anfang. Nur ist Danny mein Bruder. Im Gegensatz zu ihm hast du die freie Wahl. Und ich kann dich für alle Unannehmlichkeiten entschädigen.“ „Und wenn ich aber keine Entschädigung will? Und keinen Vertrag?“ brause ich auf. „Das wirst du früher oder später anders sehen! Also nimm das Geld und lass es gut sein!“ Raphael verstaut den Laptop wieder in seinem Koffer. „Das ist doch nicht dein Ernst! Für Freundschaft kann man doch nicht bezahlen!“ Ich sehe ihn entsetzt an. Das ganze will mir einfach nicht in den Kopf. Raphael seufzt leise und fährt sich mit beiden Händen durchs Haar. „Ich habe festgestellt, dass es auch bei Freundschaft im Grunde nur um Geld geht!“ wieder dieser bittere Ton. „Natürlich, wenn du allen gleich einen Vertrag und Bezahlung anbietest!“ murmele ich knallhart. Raphael erwidert nichts darauf. Ich suche seinen Blick und sehe ihm fest in die Augen. „Ich mache dir einen Gegenvorschlag!“ Meine Hand legt sich an seine Schläfe, meine Finger fahren durch seine blonden Strähnen. „Wir vergessen den Vertrag und das Geld und machen es auf die altmodische Weise. Wir treffen uns, telefonieren, schreiben… Wenn es funktioniert, dann funktioniert es… Ohne Druck.“ Raphael lehnt den Kopf gegen meine Hand. „Ich weiß nicht…“ Er schließt die Augen kurz. „Komm spring über deinen Schatten und sag ja!“ ermuntere ich ihn. und er nickt tatsächlich. „Okay, versuchen wir es!“ Ich schüttle den Kopf. „Nicht versuchen! Tun!“ Statt einer Antwort zieht er mich an sich und lässt uns gemeinsam in die Kissen fallen. Jetzt liegen wir nebeneinander und sehen uns an. Ich habe die leise Befürchtung, dass reine Freundschaft nicht genug ist. aber ich schiebe den Gedanken zur Seite. Jetzt zählt das hier. „So gut?“ fragt Raphael gerade mit einem leisen Lächeln. Ich glaube das ist erst das zweite Mal, dass ich ihn lächeln sehe. Statt ihm zu antworten lege ich eine Hand in seinen Nacken und fange an ihm durch die Haare zu streichen. Raphaels helle Augen mustern mich, dann vergräbt er sein Gesicht halb in den Kissen. „Bei Gelegenheit muss ich zum Frisör.“ Murmelt er. Ich wickle mir eine seiner Strähnen um den Finger. Es reicht gerade für ein Mal. „Solange du sie nicht so kurz schneiden lässt wie bei unserer ersten Begegnung.“ Gebe ich meine Meinung dazu ab. Raphael zuckt zusammen. Irgendwie scheine ich einen wunden Punkt erwischt zu haben. „Nein, das werde ich nicht.“ Leise, erschöpft. Wir lassen das Thema fallen und bald darauf bin ich eingeschlafen. Kapitel 9: Kapitel 8: --------------------- Kapitel 8: Der berühmt berüchtigte Morgen danach beginnt so ganz anders als die anderen, die ich nach einer Nacht mit Raphael erlebt habe. Er ist noch da, liegt hinter mir. Sein starker, warmer Körper drängt sich eng an meinen Rücken, einen Arm hat er um meine Taille geschlungen. Ich spüre seinen Atem sanft gegen meinen Nacken schlagen. Vorsichtig strecke ich mich um den Wecker vom Nachttisch zu fischen. Achtuhrzwanzig. Ich lasse das kleine Plastikding auf die Bettdecke fallen und fahre mir übers Gesicht. Heute ist Donnerstag, das heißt ich habe erst heute Mittag wieder Vorlesung. Ich schließe die Augen, nur um sie im nächsten Moment wieder aufzureisen. Aber Raphael muss doch sicher arbeiten! Etwas abrupt drehe ich mich in seinen Armen herum. Er grummelt irgendetwas und vergräbt sich tiefer in den Kissen. „Raphael! Wach auf…“ Er blinzelt. Seine hellen Augen leuchten mir regelrecht entgegen. „Was denn?“ nuschelt er verschlafen. „Es ist halb neun!“ Er stützt sich auf einen Ellbogen, fährt sich mit der anderen Hand durchs Haar. „Hast du verschlafen?“ Seine Frage lässt mich verwirrt blinzeln. „Nein, ich habe erst heute Mittag Vorlesung. Und du…?“ Er schließt die Augen und zieht sich die Decke annähernd über den Kopf. „Halb elf muss ich spätestens los!“ Das überrascht mich etwas. Eigentlich habe ich Raphael eher so eingeschätzt, dass er im Morgengrauen aufsteht und zur Arbeit fährt. Oder liegt es an dem Termin über den er nicht reden möchte? Hat er sich dafür den ganzen Vormittag frei genommen? Ich taste auf der Decke nach meinem Wecker, der irgendwo zwischen uns gerutscht ist. als ich ihn endlich zu fassen bekomme, stelle ich ihn auf viertel vor zehn. Vorsichtshalber. Dann kuschelte auch ich mich wieder unter die Decke. Dabei stoße ich gegen Raphaels Brust. Sofort reist er die Augen auf und sieht mich durchdringend an. Im ersten Moment weiß ich gar nicht, was los ist, dann fällt mir wieder unsere zweite gemeinsame Nacht ein. „Sorry, das wollte ich nicht!“ murmelte ich entschuldigend. Raphael atmet langsam und kontrolliert aus. „Passiert!“ murmelt er schließlich leise und fährt sich über die Augen. Trotzdem sind in meinem Kopf lauter Fragen. Warum möchte er da nicht angefasst werden? Nur ihn fragen traue ich mich nicht. Was hat er erlebt? Ich rutsche ein wenig von ihm weg, damit ich ihm nicht wieder zu nahe komme. Fast sofort steht Bitterkeit in seinen Augen. Vermisst er diese Art von Berührung? Mitleid keimt in mir auf. Stumm liegen wir nebeneinander und unsere Augen weichen einander aus. Irgendwann halte ich diese Anspannung zwischen uns nicht mehr aus. Vorsichtig strecke ich meine Hand aus und lege sie zwischen uns auf die Decke. Raphaels Blick liegt auf ihr, dann umschließen seine Fingermeine und irgendwie nimmt das die Spannung von uns. „Wie stellst du dir das zwischen uns jetzt vor?“ fragt Raphael schließlich leise. Ich beiße mir auf die Unterlippe, bevor ich antworte. „Ganz einfach… Wir telefonieren, schreiben, treffen uns und den Rest lassen wir einfach auf uns zukommen.“ Das habe ich doch gestern Abend schon gesagt! Irgendwie habe ich das Gefühl Raphael versteht das Ganze nicht so ganz. „Ich schicke dir meinen Terminkalender, dann können wir…“ Bevor er den Satz beenden kann wird meine Zimmertür aufgestoßen und eine sichtlich aufgewühlte Alina stürmt herein. Und bleibt abrupt stehen. Mit großen Augen sieht sie von mir zu Raphael, dann zerrt sie mich aus dem Bett und aus dem Zimmer. „Wer ist das?“ fragt sei entgeistert. Aber ich sehe, dass sie geweint hat. Irgendetwas ist passiert. „Ein Freund!“ Ich greife nach ihren Schultern, sie reißt sich los. „Machst du das immer, wenn ich nicht da bin? Einen Kerl abschleppen?“ Mir bleibt die Stimme weg. Was zum Teufel ist nur passiert? „Warum machst du das?“ Tränen laufen über ihre Wangen. Das meint sie jetzt doch nicht ernst, oder? „Alina! Was zum Teufel ist los mit dir? Wo ist Boris und warum bist du überhaupt schon wieder hier?“ Jetzt fängt sie richtig an zu heulen. Ihre schmalen Schultern beben und sie schluchzt leise. Kurzerhand ziehe ich sei an mich und halte sie fest. Erst wehrt sie sich, dann sinkt sie an meine Brust. Beruhigend streiche ich ihr über den Rücken. So stehen wir mitten im Flur. Ein leises Räuspern lässt mich aufsehen. In meiner Zimmertür steht Raphael mit vor der Brust verschränkten Armen. Seine hellen Augen liegen distanziert auf mir. „Entschuldige!“ forme ich mit den Lippen. Er zieht die Brauen ein wenig zusammen. „Kein Problem. Ich muss sowieso los.“ Erklärt er. Erst jetzt fällt mir auf, dass er sich umgezogen hat. Er trägt Jeans und einen schwarzen Rollkragenpullover, der ihn irgendwie blass macht. Und er lügt. Vorhin hat er doch gesagt er muss erst um halb elf los! Jetzt nimmt er seinen Koffer und geht Richtung Tür. Ich habe das Gefühl etwas steht zwischen uns. Mit der Hand bereits auf der Klinik dreht er sich noch einmal um. „Ich melde mich bei dir!“ Und dann ist er weg. Ich stehe total verdattert da mit der noch immer weinenden Alina im Arm. Wie geht das jetzt mit uns weiter? Nur habe ich momentan keine Zeit mich mit meiner Beziehung zu Raphael auseinander zu setzen. Meine Gedanken an ihn verdrängend bugsiere ich Alina ins Wohnzimmer auf die Couch. „Alina beruhige dich doch erst einmal! Und dann erzähl mir was passiert ist!“ Ihre dunklen Augen sehen mich verletzt an. „Boris hat ein Geheimnis vor mir. Ich glaube er geht fremd!“ Und schon ist sie wieder den Tränen nahe. „Wir waren in einem Ferienhaus. Er hat einen Anruf bekommen. Ich dachte er ist von seiner Arbeit und bin ran gegangen, weil er grade im Bad war.“ Sie fährt sich mit dem Ärmel über die Nase. Ich angle die Taschentücher von dem Tischchen und reiche ihr eines. Sie schnäuzt sich geräuschvoll. „Die Frau am Telefon wollte Boris. Sie hat nicht mal ihren Namen gesagt. Ich habe mir nichts dabei gedacht und habe ihm das Telefon gebracht. Er hat sie „Süße“ genannt und musste dann los ohne mir eine Erklärung zu geben!“ Ich streiche ihr die neuen Tränen von den Wangen. „Ich habe meine Sachen gepackt und jetzt bin ich hier.“ Leise seufze ich. „Alina, du dramatisierst das ganze viel zu sehr! Du weißt doch gar nicht wo er hin ist!“ „Aber er kann doch…“ Ich hebe die Hand und unterbreche sie somit. „Du hast ihn nicht mit jemand anderem im Bett erwischt! Also male nicht den Teufel an die Wand! Ich hol jetzt dein Handy und dann rufst du ihn an!“ Bevor sie mich festhalten kann bin ich im Flur bei ihrer Reisetasche. „Mila! Lass das! Gib her!“ Sie ist mir gefolgt. Ich halte sie auf Abstand und suche Boris Kontakt. Da ist es doch von Vorteil, dass ich größer bin als meine Freundin. Ich kann es ohne Probleme aus ihrer Reichweite halten und drücke den grünen Hörer und die Lautsprechertaste. Es tutet. Alina ist wie erstarrt. Dann… „Alina, Gott sei Dank! Ich habe schon den ganzen Morgen versucht dich zu erreichen. Es tut mir leid, dass ich einfach so gegangen bin, aber es ging nicht anders…“ Alina starrt nur das Handy an, während der Mann am Telefon sich beinahe überschlägt. „Warum bist du gegangen?“ Hart, wütend. So habe ich meine beste Freundin bisher noch nie erlebt. Einen Moment ist es still. „Lars… er ist mein Sohn. Er ist krank… und meine Schwester wusste nicht wie sie ihn ruhig bekommen sollte!“ Ich sehe Alinas Augen groß werden. „Warum hast du mir nicht erzählt, dass du einen Sohn hast?“ Ein leises Seufzen. „Seine Mutter ist abgehauen. Ich will nicht, dass er das bei jeder Frau durchmacht, die ich kennen lerne. Er soll nicht wieder verletzt werden.“ Alina hat sich weit genug beruhigt, dass ich ihr das Handy zurück geben kann ohne dass sie Gefahr läuft es gegen die Wand zu donnern. Dann ziehe ich mich in mein Zimmer zurück und suche nach meinem eigenen Handy. Das grüne Licht in der rechten oberen Ecke blinkt. Eine SMS. Von Raphael? Wenn ich mein Handy nur anstarre, finde ich das bestimmt nicht raus. Kurzentschlossen öffne ich die SMS. 9.11 Meine Nummer Raphael Ich speichere die Nummer schnell ab und antworte ihm. 10.23 Danke Entschuldigung wegen vorhin. Alina hatte ein Missverständnis mit ihrem Freund Lg Mila :-* Fast fünf Minuten starre ich auf mein Handy und warte auf eine Antwort, die nicht kommt. Warum auch? Raphael ist bestimmt beschäftigt. Also packe ich meine Kleider zusammen und husche ins Bad. Ich höre Alina im Wohnzimmer telefonieren. Frisch geduscht betrete ich eine halbe Stunde später die Küche und sehe mich einem gedeckten Tisch gegenüber. Alina steht noch immer etwas verheult an der Arbeitsplatte und kocht Tee. „Habt ihr euch ausgesprochen?“ frage ich sie. Alina nickt und fährt sich durchs Haar. „Alles gut! Entschuldige das Drama!“ geknickt sieht sie mich an. Ich zucke mit den Achseln. „Schon okay. Missverständnisse kommen vor.“ Damit setze ich mich. „Es tut mir wirklich leid, auch wegen deinem Freund… Wer ist er eigentlich? Er kommt mir so bekannt vor.“ Meine Hand hält auf halbem Weg zum Brotkorb inne. Ich atme tief durch. „Vielleicht aus den Nachrichten oder der Zeitung…“ sage ich vorsichtig. War ja klar, dass sie das noch anspricht. „Sag bloß, er ist ein Promi?... Warte er ist dieser reiche Geschäftsmann, oder? Wie heißt er doch gleich? Brenner… Berger…“ „Bräuer. Raphael Bräuer.“ Beende ich ihr Rätselraten. „Nicht dein Ernst!“ Mit großen Augen sieht sei mich an. Ich erwidere ihren Blick vielsagend. „Das ist… Wow! Einfach nur wow!“ Und dann überfällt sie mich mit hunderten Fragen, denen ich mich entziehe indem ich die Uni und ein Treffen mit meiner Lerngruppe vorschiebe. So kommt es, dass ich schon um halb eins in der Uni bin. Ich setze mich in einen der großen Lesesäle und hole mein Handy heraus. Vielleicht hat Raphael ja… 12.32 Gib mir diene E-Mail Adresse, dann schick ich dir meinen Terminkalender. Jetzt fängt er schon wieder damit an. Egal, darüber rede ich mit ihm, wenn wir uns das nächste Mal sehen. 12.38 Sag mir einfach ein paar Tage im Voraus wann du kannst. Oder auch kurzfristig… Ich habe nicht annähernd so viele Termine wie du. ;) Wie ist dein Termin so gelaufen? Die Antwort kommt erstaunlich schnell. 12.39 Bisher ganz gut. Wann ist bei dir die Uni aus? 12.40 19.00 Warum? Und jetzt muss ich wieder auf die Antwort warten. Mitten in der Vorlesung vibriert mein Handy in meiner Hosentasche. Normalerweise ignoriere ich es, aber diesmal… Ich schaffe es keine Minute zu widerstehen, dann liegt es vor mir auf dem Tisch. 16.01 Hast du danach Zeit? Eine einfache Frage, die mich vollkommen perplex auf das Display starren lässt. Um ehrlich zu sein habe ich nie im Leben damit gerechnet, dass Raphael sich schon heute wieder mit mir treffen wollen könnte. Und genau diese Tatsache macht mir Sorgen. Irgendetwas stimmt nicht mit Raphael! 16.02 Ja ich habe Zeit. Und nach kurzem zögern schicke ich ihm eine zweite Nachricht. 16.03 Alles okay bei dir? Seine Antwort kommt fast sofort. 16.04 Ich hole dich von der Uni ab. Auf meine zweite SMS antwortet er gar nicht, was mich nicht gerade beruhigt. Allerdings muss ich wohl bis zum Ende der Uni warten. Kapitel 10: Kapitel 9: ---------------------- Kapitel 9: Der Dozent muss ausgerechnet heute überziehen. Zehn nach sieben beendet er endlich die Vorlesung. Ich fege meine Unterlagen in die Tasche und springe auf, kaum dass er das letzte Wort gesprochen hat. Hoffentlich wartet Raphael! Gott sei Dank komme ich aus dem Saal ohne weiter aufgehalten zu werden. Punkt neunzehn Uhr fünfzehn verlasse ich das Gebäude und stehe nun auf dem leeren Platz vor dem Hauptgebäude. Suchend sehe ich mich um. Dann entdecke ich Raphael. Er steht unter einer der Laternen an das Gebäude gelehnt. Die Hände hat er in seinen Manteltaschen vergraben, die Schultern hochgezogen, den Kopf leicht gesenkt. „Hey Raphael!“ Bei meinen Worten reißt er den Kopf hoch, seine hellen Augen zucken über den Platz. Er ist blass. Vielleicht auch nur Einbildung oder es liegt am Licht. Sein Blick wirkt gehetzt und sein ganzer Körper zum zerreißen gespannt. „Geht es dir gut?“ frage ich vorsichtig und strecke eine Hand nach ihm aus. Er weicht einen Schritt zurück. Ich lasse den Arm wieder sinken. „Alles in Ordnung!“ antwortet Raphael schließlich. Das habe ich ihn nicht gefragt… Trotzdem nicke ich leicht. „Okay, gehen wir, oder?“ Er geht vorweg. Ich bin einen halben Schritt hinter ihm. Wir müssen nicht weit laufen, da bleibt Raphael neben einem Wagen stehen. Das ist nicht seiner. Ein Mann steigt aus und öffnet die hintere Tür. „Frau Schlee, Herr Bräuer!“ Ich werfe Raphael einen fragenden Blick zu. Der sieht allerdings nur stur nach vorne. Ich atme tief durch und steige dann ein. Raphael sitzt stumm neben mir, den Blick aus dem Fenster gerichtet. Seine Hände zupfen unruhig am Saum seines Mantels. Was ist mit ihm los? Zögernd betrete ich hinter Raphael die Wohnung. Er geht durch das Wohnzimmer und bleibt mit verschränkten Armen vor der Fensterfront stehen. Ich betrachte seinen starren Rücken und seufze leise. Warum bin ich hier? Raphael scheint ja nicht wirklich auf meine Anwesenheit zu achten. „Raphael?“ Er reagiert nicht. Ich weiderhole seinen Namen noch einmal lauter. Er zuckt zusammen, sieht mich über die Schulter an. Ich erschrecke. Seine hellen Augen sind trüb und starren an mir vorbei ins Leere. „Was ist los mit dir?“ traue ich endlich zu fragen. „Nichts!“ mauert er sofort. Was irgendwo in mir einen Wunden Punkt trifft. Ich stemme die Hände in die Hüften. „Ich bin doch nicht blind! Irgendetwas stimmt nicht! Was ist passiert?“ platzen die Worte aus mir heraus. Er sieht wieder aus dem Fenster. „Das bildest du dir ein! Es ist nichts passiert!“ Seine Stimme ist eiskalt. Einen Moment stehe ich sprachlos da. „Willst du mich verarschen, oder was?“ Es will mir nicht in den Kopf. Soll ich etwa den ganzen Abend hier rumstehen? Und das sage ich ihm auch. „Wenn ich nur hier stehen und deinen Rücken betrachten soll kann ich auch genauso gut nach Hause gehen!“ Raphael fährt herum. Bitterkeit steht in seinen Augen. „Dann hau doch ab!“ knurrt er. Mit harten Schritten stürmt er an mir vorbei. Ich höre eine Tür knallen. Sein Schlafzimmer? Mit offenem Mund sehe ich immer noch nach. Was zum Teufel ist hier los? Aber wenn er es so will. ich sammle meine Sachen ein und gehe zum Aufzug. Mein Finger schwebt über dem Rufknopf, dann lasse ich die Hand wieder sinken. Wenn ich jetzt gehe… Ich kann Raphael doch nicht alleine lassen, wenn er so drauf ist. auch wenn er mich etwas wütend macht im Moment. Aber er hat mich bestimmt nicht mit her genommen um alleine zu sein. ich lasse meine Sachen einfach da neben dem Aufzug fallen. Langsam gehe ich zu Raphaels Schlafzimmer. Ich klopfe an die Tür und schiebe sie vorsichtig auf, als ich keine Antwort bekomme. Raphael sitzt auf dem Bett, den Kopf in die Hände gestützt. Langsam gehe ich um ihn herum und hocke mich vor ihn. „Raphael?“ Er versteift sich. „Warum bist du noch hier?“ nuschelt er kaum verständlich. „Weil ich nicht hier wäre, wenn du mich nicht hier haben wolltest!“ erwidere ich sanft. „Etwas ist im Laufe des Tages passiert!“ Er reißt den Kopf hoch. „Da war nichts!“ Beruhigend hebe ich beide Hände. „“Schon gut, ich werde nicht weiter nachfragen! Aber ich kann dir auch nicht helfen, wenn du mich so abblockst. Okay?!“ Lange sehen wir uns einfach nur an, dann nickt er. Ich hebe die Hand um ihm über die Wange zu streichen. Raphael zuckt zurück, in seinen Augen steht Panik. Ich ziehe meine Hand zurück. Er lässt seinen Kopf hängen. „Tut mir leid!“ Ich seufze leise. Ich weiß ja, dass er sich ungerne berühren lässt. Aber so hat er bisher noch nie reagiert. Dann ist es still zwischen uns. Das Problem ist nur ich werde wohl kaum etwas aus Raphael heraus bekommen. Also quäle ich mich aus der Hocke hoch. Meine Beine sind eingeschlafen. „Ich habe Hunger. Wollen wir etwas essen?“ frage ich also ruhig. „Ich brauche nichts, aber fühl dich wie zuhause.“ Ich sehe auf Raphael hinunter. Er macht es mir nicht gerade einfach. „Kommst du wenigstens mir in die Küche?“ Raphael folgt mir tatsächlich. Allerdings sitzt er nur stumm am Tisch und ich schaffe es gerade mal ihn zu drei Bissen zu überreden. Meine Frage wann er das letzte Mal etwas gegessen hat, beantwortet er nicht. Aber ich habe die Befürchtung, dass das gestern Abend war. Immerhin lässt er sich eine Tasse Tee kochen, die er allerdings mehr zum festalten nutzt. Irgendwann ziehen wir vom Esstisch auf die Couch um. Raphael hält Abstand. So viel wie möglich. Ich sitze in eine Decke gewickelt am anderen Ende der Couch. Von dem Actionfilm, den Raphael eingelegt hat bekomme ich nicht viel mit. Meine Aufmerksamkeit liegt auf Raphael. er hat die Arme um die angezogenen Beine geschlungen, die Stirn auf seinen Knien abgelegt. Ein leichtes Zittern zieht sich immer stärker durch seinen Körper. Ich habe keine Ahnung was ich tun soll. Aber so geht es nicht weiter. Ich angle nach der Fernbedienung und drücke auf Pause. Irgendwie hilflos sieht Raphael mich an. „Ich würde dich jetzt einfach gerne in den Arm nehmen. Nur glaube ich nicht, dass dir das jetzt gut täte. Aber Raphael … Vielleicht hilft es dir, wenn du mich umarmst?“ Ich klinge total unsicher. Und im nächsten Moment kommt mir meine spontane Idee blöd vor. Und ich will sie schon zurücknehmen, da… „Vielleicht…“ Raphael kommt etwas schwerfällig auf die Beine. Ich tue es ihm gleich. So stehen wir uns gegenüber. Ich abwartend, er unsicher. „Kannst…“ Er schluckt schwer. „Kannst du dich umdrehen?“ Er kann mir dabei nicht in die Augen sehen. und da wird mir bewusst, dass Raphael ganz anders ist als ich immer dachte. Sein ganzes Verhalten, sein Auftreten, sein Verhalten. Das alles ist nur Fassade. Darunter ist er… ja was? Eine gemarterte Seel, kaputt, sensibel? So viele Phrasen… Aber das einzige, das in diesem Moment passend scheint ist verletzt. Er will mir vertrauen, hat aber panische Angst davor. Ich wickle mir meinen Schal vom Hals und binde mir damit notdürftig die Hände vor dem Bauch zusammen. „Ich fass dich nicht an, versprochen!“ Damit drehe ich mich herum. Und warte. Ich spüre wie Raphael mir näher kommt und dann hinter mir stehen bleibt. Dann spüre ich seine Hand an meiner Schulter. Hauchzart aber eiskalt, selbst durch den Stoff meines Pullovers hindurch. Ganz vorsichtig tastet er sich vor. Ein Arm um meine Schultern, der andere um meinen Bauch. Wieder hält er inne, dann plötzlich zieht er mich mit einem Ruck an seine Brust. Umklammert mich wie einen Rettungsring. Ich weiß nicht wie lange wir da so stehen, er sich an mich klammert und wir uns keinen Millimeter bewegen. Irgendwann spüre ich wie die Spannung in seinem Körper langsam etwas nachlässt. Er vergräbt sein Gesicht in meinem Nacken und atmet mehrmals tief durch. Dann zieht er den Schal von meinen Handgelenken. Ich halte immer noch still. „Schauen wir den Film fertig?“ fragt Raphael vorsichtig. „Klar, können wir machen!“ Ohne mich los zulassen, zieht er mich zur Couch. Etwas umständlich landen wir auf der Seite. Ich vor ihm. Vorsichtig ziehe ich die Decke über uns beide und drücke wieder Play. Jetzt kann ich mich ein wenig entspannen. Nicht dass jetzt alles in Ordnung ist oder so. aber Raphael scheint sich wieder ein wenig gefangen zu haben. Sogar so weit, dass er noch vor Ende des Filmes einschläft. Ich spüre wie sein Griff sich wieder ein wenig lockert und seine Atmung regelmäßig wird. Erst jetzt traue ich mich etwas zu rutschen um Raphaels Arm nicht genau an meinen letzten beiden Rippen zu haben. Ich hae gar nicht gemerkt wie angespannt ich war. Was jetzt allerdings zur Folge hat, dass ich eher aufgedreht als müde bin. Am liebsten würde ich mich jetzt bewegen, was wiederum Raphael wecken würde, dem Schlaf gut täte. Also konzentriere ich mich auf den Film und schalte nach dessen Ende um. Ich weiß nicht wie viel Zeit vergeht bis sich etwas in meine Nieren bohrt. Ich rutsche etwas nach vorne um Raphael mehr Platz zu geben. Der bewegt sich allerdings immer unruhiger hinter mir, sein Atem wird abgehackter. Vorsichtig setze ich mich auf und drehe mich zu ihm. Raphael hat das Gesicht verzogen, Schweißtropfen stehen auf seiner Stirn, die Hände hat er zu Fäusten geballt. Ein Alptraum. Ein leises Wimmern kommt über seine Lippen, er fängt an um sich zu schlagen. Ohne lange zu überlegen packe ich ihn an den Schultern und schüttle ihn. „Raphael, wach auf!“ Mit einem durchdringenden Schrei fährt er auf. Schweratmend sitzt er da. Schweißgebadet mit schreckgeweiteten Augen. „Es war nur ein Traum!“ versuche ich ihn zu beruhigen. Sein Blick fixiert sich auf mich. Darin blanke Panik. Ich breite die Arme ein wenig aus. „Komm her!“ Raphael stürzt sich ohne Zögern in meine Umarmung. Zitternd drängt er sich an mich. Meine Hände liegen auf seinen Schulterblättern. Darauf reagiert er gar nicht, also wage ich es beruhigend über seine Schultern zu streicheln. „Alles okay! Es war nur ein Traum! Alles gut!“ Er vergräbt das Gesicht an meinem Hals. „Lass mich nicht los!“ flüstert er erstickt. Kapitel 11: Kapitel 10: ----------------------- Kapitel 10: Ich habe Raphael in dieser Nacht nicht losgelassen. Wir saßen die ganze Nacht auf der Couch. Raphael in meinen Armen. am nächsten Tag bin ich in der Vorlesung fast eingeschlafen. Aber es hat Raphael geholfen und das ist das wichtigste. Seit jenem Abend sind inzwischen sechs Wochen vergangen. Raphael und ich haben uns in dieser Zeit acht Mal getroffen. Diese Treffen sind immer nach dem gleichen Muster verlaufen. Wir haben uns zum Abendessen in verschiedenen Restaurants getroffen, dann sind wir in Raphaels Wohnung entweder bei einem Film auf der Couch eingeschlafen oder hatten Sex. Am nächsten Morgen bin ich bis auf einmal stets alleine in Raphaels Bett aufgewacht, während er schon in der Firma war. Doch trotz alldem weiß ich nicht wo wir stehen. Raphael ist ziemlich verschlossen. Über Privates reden wir fast nie. Auch wenn er sich inzwischen mehr von mir berühren lässt ist vor allem Brust und Bauch für mich Tabuzone. Ich akzeptiere es, verkneife mir die Fragen dazu. Und auch die Frage nach unserer Beziehung. Ich weiß nicht wo wir stehen. Was auch der Grund ist, warum ich ihn weder meiner Familie noch meinen Freunden vorgestellt habe. Vor allem Alina liegt mir ständig in den Ohren deswegen. Eigentlich hatte ich vor Raphael heute zu fragen ob er vielleicht mal mit mir und Alina essen gehen würde. Allerdings ist das heute keines unserer normalen Treffen. Statt in ein Restaurant hat Raphael mich heute wo anders hingebracht. Etwas das mich verwirrt. Raphael hat mich mit in eine Arztpraxis genommen. Jetzt sitze ich im Wartezimmer. Raphael ist vor einer guten viertel Stunde aufgerufen worden. Ich seufze leise und greife nach einem der Hochglanzmagazine auf dem kleinen Tischchen vor mir. Es ist irgendwie beängstigend nicht zu wissen was los ist. als wir vorhin herkamen hat Raphael etwas von Routineuntersuchung gesagt, aber irgendwie hat er nicht gewirkt als ginge es ihm gut. Ich schaue auf meine Uhr. Kurz vor sechs. Ich sollte auf jeden Fall zusehen, dass Raphael hiernach nach Hause fährt. „Sie sind Herr Bräuers Freundin?“ Überrascht sehe ich auf und direkt in das Gesicht einer Frau im weißen Arztkittel. „Kann man so sagen!“ Freundin? Keine Ahnung was ich bin. „Doktor Gabriele Klar. Kann ich kurz mit ihnen sprechen?“ Ich nicke und folge ihr aus dem Wartezimmer und in ein kleines abgetrenntes Büro. „Sie sind die erste Frau, die ihn herbegleitet!“ Was soll das jetzt werden? Will sie mich aushorchen? Ich verschränke meine Arme vor der Brust. „Wir sind nicht zusammen. Falls es das ist was sei wissen wollen!“ Ihre dunklen Augen sehen mich durchdringend an. „Wie stehen sie zueinander?“ Aus irgendeinem Grund scheint es ihr wichtig zu sein. „Er ruft mich an, wir treffen uns. Ich habe keine Ahnung wie wir zueinander stehen.“ Genau das beschreibt den momentanen Stand der Dinge. „Wann ruft er Sie an? Um Spaß zu haben? Geht es dann nur um Sex?“ Also irgendwie wird mir das jetzt ja schon zu persönlich. Was geht diese Frau mein Sexualleben an? Meins vielleicht nichts, aber Raphaels möglicherweise. Immerhin ist sie seine Ärztin. „Ich weiß, dass diese Fragen sehr persönlich sind, aber es ist wichtig wie Sie zu Raphael stehen. Alles was Sie hier und jetzt sagen fällt natürlich unter das Patientengeheimnis.“ Ich zögere noch einen Moment. „Es geht nicht nur um Sex. Am Anfang war es vielleicht so, aber inzwischen… Er ruft oft an, wenn er viel Stress hat oder überarbeitet ist, denke ich. Ein-zwei Mal habe ich gemerkt dass es ihm nicht gut ging. Aber wir reden nie darüber. Raphael führt mich zum Essen aus, dann landen wir meistens bei ihm auf der Couch. Mal schlafen wir miteinander, mal nicht.“ Plötzlich lächelt die Ärztin. „Das ist gut! Ich habe schon befürchtet er igelt ich immer mehr ein. aber ihnen gegenüber scheint er sich ja zu öffnen.“ Raphael und öffnen? Klar doch! Er redet ja kaum mit mir. „Tun sie mir einen Gefallen? Sorgen Sie dafür, dass Raphael heute nicht mehr in die Firma fährt. Ich weiß dass er gerne bis Mitternacht arbeitet! Leisten Sie ihm Gesellschaft, kochen Sie ihm eine Kanne Tee und machen Sie ihm eine Wärmflasche. Heute ist einer der Tage, an denen es ihm nicht so gut geht.“ Das ist mir auch aufgefallen. So schweigsam und vor allem blass habe ich ihn bisher erst einmal erlebt. Ich nicke. „Soll ich ihn auch zum Essen bringen?“ Die Frage ist mir wichtig, denn Raphael scheint da so seine Probleme zu haben. „Wenn er etwas möchte, ja. Aber überlassen Sie es ihm. Ausnahmsweise soll er nur etwas essen, wenn ihm danach ist. Kommen Sie mit!“ Dr. Klar öffnet seine zweite Tür und wir betreten ein Behandlungszimmer. Raphael setzt sich ertappt auf und nimmt die Hände von seinem Bauch. Wegen mir? Seine Ärztin geht auf ihm zu. „Wie geht es deinem Magen? Lassen die Krämpfe nach?“ Oh wie fies! Raphael zuckt zusammen und weicht meinem Blick aus. Okay jetzt weiß ich was mit ihm los ist. sie hat ihre ärztliche Schweigepflicht genaugenommen nicht gebrochen. Aber Raphael hat sie damit einen Schlag unter die Gürtellinie verpasst. Ich setze mich neben ihn und greife nach seiner Hand, die sich in seiner Hose verkrallt hat. Sanft streiche ich mit dem Daumen über seine Finger. Raphael löst sie und umschlingt meine. Ich spüre wie er sich neben mir verspannt und etwas zusammensackt. Seine andere Hand presst sich gegen seinen Bauch. Ich betrachte Raphael. Sein Jackett liegt über einem Stuhl, darüber seine Krawatte. Das Hemd ist falsch geknöpft und er sieht mich noch immer nicht an. Blonde Haarsträhnen verwehren mir den Blick auf seine Augen. Vorsichtig entziehe ich ihm meine Hand. Er schlingt beide Arme um seinen Bauch und fängt an zu zittern. „Du kannst gehen, wenn…“ Seine Stimme schwankt. Ich schlinge beide Arme um seine Schultern und ziehe ihn an meine Brust. Denkt er wirklich ich würde jetzt einfach gehen wollen? Nur weil es ihm nicht gut geht? „Alles gut Raphael! Ich lasse dich jetzt bestimmt nicht alleine!“ Er vergräbt sein Gesicht an meiner Brust. Vorsichtig streiche ich ihm über seine Schultern und den Nacken. Am Rücken lässt er es zwar zu aber es ist ihm ziemlich unangenehm. Dass sein Bauch Sperrgebiet ist akzeptiere ich. Nach ein paar Minuten entspannt er sich etwas und atmet tief durch. „Das war nicht fair! Du weißt, dass ich dich deswegen verklagen kann.“ Die Worte sind an seine Ärztin gerichtet. „Mal ehrlich Raphael? Du hättest ihr den ganzen Abend nur den starken vorgespielt und das hätte dir nicht gut getan.“ Ihm ist anzusehen, dass sie recht hat. „Gut, ich schreibe dich für morgen krank. Keinen Stress egal welcher Art! Du brauchst deine Medikamente wieder?“ Raphael nickt nur. „Okay. Hier das Präparat zur Nahrungsergänzung. Diesmal in Tablettenform. Dein Körper arbeitet effizienter, also versuchen wir es vorerst so!“ Ich verstehe nur Bahnhof. Raphael nimmt die Packung entgegen. „Du behältst deinen Rhythmus damit bei, wenn es Probleme gibt, ruf an!“ Wieder nickt er und rutscht ein wenig auf der Liege nach vorne. „Lass mich dein Hemd…“ Vorsichtig knöpfe ich es richtig. Plötzlich verkrampft er sich und hält sich den Bauch. Meine Hand presst er dabei mit an seinen Körper. Ich spüre seine Steinarte Bauchmuskulatur. „Das ist doch nicht normal!“ entschlüpft es mir. „Für Raphael leider schon. Er hatte schon immer einen empfindlichen Magen. Seit der OP und dem…“ Sie beißt sich auf die Zunge und spricht den Satz nicht zu ende. „Naja er reagiert ziemlich auf Stress und einige Nahrungsmittel, obwohl das besser wird.“ Raphael wimmert und sackt in sich zusammen. Ich versuche ihm etwas Sicherheit zu geben, indem ich ihm wieder über den Rücken streiche. Dr. Klar holt etwas aus einem der Schränke und kommt dann mit einer Infusion herüber. „Warum hast du nicht gesagt, dass sie so schlimm sind, Raphael? Ich gebe dir jetzt eine Infusion und dann verschreibe ich dir etwas gegen die Krämpfe!“ Gemeinsam bringen wir ihn in eine liegende Position und die Ärztin setzt die Nadel während ich dicht bei Raphael bleibe. Langsam tropft die klare Flüssigkeit in seine Vene. „Hier das Rezept. Du kannst die Tabletten alle vier Stunden nehmen. Aber bitte nicht auf leeren Magen. Ansonsten bringen sie dein Verdauungssystem nur noch mehr durcheinander. Okay?“ Während Raphael nur verkniffen nickt nehme ich ihr das Rezept aus der Hand und verstaue es in meiner Handtasche. „Die Infusion braucht etwa fünfzehn Minuten. Wenn bis dahin etwas ist, ruft einfach!“ Und damit lässt sie mich mit Raphael alleine. Mit der linken Hand zause ich ihm durch das blonde Haar, während er die Rechte noch immer an seinen Bauch presst. Ich spüre wie er langsam weich und nachgiebig wird. Raphaels Lider sinken auf Halbmast. „Warum hast du nichts gesagt?“ Wiederhole ich die Frage der Ärztin. Raphael zuckt zusammen und seufzt dann leise. „Weil es nicht wichtig ist!“ Was sagt er denn da? „Das ist doch nicht wahr! Natürlich ist es wichtig wie es dir geht!“ Sanft schlinge ich den linken Arm um seine Schultern. „Mir ist es wichtig, wie es dir geht! Deshalb nehme ich dich heute mit zu mir!“ Raphaels schwaches `Aber´ tue ich rasch ab und ziehe nebenbei den Autoschlüssel aus seiner Hosentasche. Als nächstes zücke ich mein Handy und rufe in Raphaels Firma an. Frau Dreher-Raphaels Assistentin- wie ich inzwischen herausgefunden habe geht sofort ran. „Hallo Frau Schlee. Herr Bräuer ist momentan nicht im Haus, ich kann…“ „Ich weiß. Er ist bei mir!“ unterbreche ich sie. „Oh? Ist alles in Ordnung?“ So unsympathisch mir die Frau am Anfang auch war, inzwischen verstehen wir uns recht gut. Liegt vielleicht auch an den vielen Tassen Kaffee, die wir bereits gemeinsam (eigentlich jedes Mal) getrunken haben, wenn ich mal wieder darauf gewartet habe, dass ihr Chef mit der Arbeit fertig wird. „Naja nicht so wirklich. Raphael hat Magenschmerzen und seine Ärztin hat ihn für einschließlich morgen krankgeschrieben!“ erkläre ich kurz. „Ich kümmere mich hier um alles, kein Problem. Nehmen sie ihn mit zu sich?“ fragt die Ältere direkt. „Ja, falls Sie ihn also erreichen wollen…“ setze ich an. Am anderen Ende der Leitung höre ich ein empörtes Schnauben. „Soweit kommt´s noch! Wenn Raphael krank ist, werde ich ihn sicherlich nicht mir Arbeit belästigen!“ Mir ist schon des Öfteren aufgefallen, dass Frau Dreher einen ausgeprägten Beschützerinstinkt hat, wenn es um Raphael geht. „Kümmern Sie sich gut um ihn!“ „Werde ich.“ Damit beenden wir das Telefonat. Raphael scheint wenig mitbekommen zu haben. Er hängt da wie ein nasser Sack. Ich schaue zu der inzwischen durchgelaufenen Infusion. „Ich hol die Ärztin, damit wir dann gehen können.“ Ich will ihm meine Hand entziehen, aber Raphael hält mich fest. „Die kommt schon!“ huschelt er. Ich überlege kurz und gebe dann nach. Es ist ja nicht so, als ständen wir unter Zeitdruck. Es dauert tatsächlich nicht lange bis Dr. Klar zurück kommt. Sie befreit Raphael von der Nadel, ermahnt ihn noch einmal nicht in die Firma zu fahren, dann können wir die Praxis verlassen. Raphael stürzt schon fast fluchtartig durch die Tür und atmet draußen erst einmal tief durch. „Okay, fahren wir zu mir, oder?“ Ich greife nach seiner Hand, Raphael lässt es geschehen. „Gut, dass ich immer Kleider zum Wechseln im Auto habe!“ murmelt er. Ich mustere ihn von der Seite. „Hör mal Raphael. Wenn du lieber nach Hause möchtest ist das okay. Auch wenn du alleine sein willst. Ich will dir nichts aufdrängen…“ Er zieht mich in seine Arme und küsst mich auf den Scheitel. „Ich wehre mich schon, wenn es mir zu viel wird.“ Im ersten Moment bin ich überrascht und im zweiten noch mehr. Raphael überlässt mir die Führung. Dieser Mann, der sonst immer die Kontrolle behalten will. Ob öffentlich oder privat. Selbst in dieser Nacht vor sechs Wochen hatte irgendwo doch Raphael die Kontrolle… Ich bin trotzdem vorsichtig. Ich will Raphael nicht verschrecken, aber darüber hätte ich mir nicht so viele Gedanken machen müssen. Er lässt sich von mir in mein Wohnzimmer bugsieren und dort auf die Couch drücken. Ein kurzes Zögern, dann sollt er sich zusammen und schließt die Augen. Ich streiche ihm durch das blonde Haar. „Raphael, ich muss noch Muffins für eine Freundin backen. Sie hat morgen Geburtstag. Wenn irgendetwas ist ruf einfach. Ich bin in der Küche, okay?“ Er nickt kurz und vergräbt sich dann endgültig in den Kissen. Ich küsse ihn zärtlich auf die Wange und lasse ihn dann schlafen… Kapitel 12: Kapitel 11: ----------------------- Ich weiß, lang lang ists her... Ich hoffe ihr freut euch trotzdem Lg kateling Kapitel 11: Raphaels Sicht: Zusammen gerollt liege ich auf Milas grüner Couch. So wirklich begeistert war ich anfangs nicht von der Idee hier her zu fahren. Aber high von den Schmerzmitteln und erschöpft von den Krämpfen habe ich es nicht geschafft mich Milas Vorschlag zu widersetzen. Was soll der scheiß? Warum belüge ich mich eigentlich selbst? Hätte ich sie nicht dabei haben wollen, hätte ich sie nicht angerufen. Ich muss mir eingestehen, dass ich nicht alleine sein wollte und noch immer nicht alleine sein will. Ich hatte schon den ganzen Vormittag ein flaues Gefühl im Magen. Und wie jedes Mal kamen die Krämpfe als der Stress ein wenig nachgelassen hat. Ich hasse es. Dieser Moment, wenn sich mein Körper gegen mich stellt und ich zu einem zitternden Häufchen Elend werde. Und noch mehr hasse ich es, wenn mich jemand so sieht. Selbst Danny, der normalerweise keine Rücksicht nimmt und aufdringlich wie noch was ist, lässt mich dann in Ruhe. Dabei glaube ich inzwischen, dass ich das gar nicht will. Als Mila mich in den Arm genommen hat war ich froh über ihre Anwesenheit. Vielleicht der Hauptgrund warum ich mit zu ihr gefahren bin. Zumindest Gabriele war mit dieser Lösung mehr als nur einverstanden. Ich glaube sie hat Mila ins Herz geschlossen. Mila ist schon eine besondere Frau. Ich hätte nie gedacht, dass es so gut mit ihr funktioniert. Sie ist mir inzwischen verdammt nahe gekommen. Zu nahe? Ich weiß es nicht. Aber ich könnte mich auch nicht von ihr zurückziehen. Dafür ist sie mir viel zu wichtig geworden. Ich halte mir schon bewusst einen Abend in der Woche frei mit dem klaren Ziel mich mit Mila zu treffen. Ich brauche es einfach. Ich brauche Milas ruhige Art, ihre Nähe. Und manchmal auch den Sex. Obwohl das nur eine Nebenrolle spielt. Wenn es anders wäre würde ich es niemals zulassen, dass wir nebeneinander einschlafen. Was allerdings nicht erklärt, warum ich sei heute mit in die Praxis genommen habe. Langsam lässt die Wirkung der Infusion nach. Ich spüre die unangenehmen Vorboten der Krämpfe. Eigentlich hatte ich gehofft es wäre nicht so schlimm, dass ich noch etwas nehmen muss. Allerdings unrealistisch bei der Intensität der Krämpfe vorhin in der Praxis. Umständlich winde ich mich aus der Decke und komme mühsam auf die Beine. Schwindel überkommt mich und ich muss mich an der Couchlehne festhalten. Spitze! Mein Kreislauf spielt also auch nicht mit. Ich habe heute aber auch kaum etwas gegessen. Jetzt bin ich mehr oder weniger dazu gezwungen, wenn ich nicht in einer viertel Stunde kotzend über dem Klo hängen will, weil ich die Tabletten auf leeren Magen genommen habe. Die Wahl zwischen Pest und Cholera. Ich taste mich in die Küche vor wo Mila am Herd steht und in einem Topf rührt. Sie sieht auf. Sofort wird ihr Blick besorgt. „Hey Raphael, alles okay?“ Ich nicke nur und nehme die Bäckertüte von der Arbeitsplatte. Das ungute Gefühl in meinem Magen verstärkt sich alleine beim Anblick der Laugenstange. Ich spüre Milas Augen auf mir liegen, als ich den ersten Bissen hinunterwürge. Der Geruch nach warmer Schokolade macht die ganze Sache auch nicht besser. Mila macht Muffins für eine Freundin. Mit Schokoglasur. Ich hätte sie lieber neben mir auf der Couch. Oder besser noch im Bett, so schummrig wie mir ist. „Wo hast du die Tabletten hin?“ Mila war für mich in der Apotheke. Jetzt geht sie mir die Packung statt einer Antwort aus ihrer Tasche holen. Kurz streicht sie mir über die Schulter. „Ich bin gleich fertig!“ Ich bin nicht sicher ob ich das jetzt positiv sehen soll oder nicht. Auf der einen Seite sehne ich mich nach ihrer Berührung. Mila ist eine der wenigen bei denen ich Körperkontakt zulassen kann. Eigentlich ist sie sogar die Einzige, die ich so nahe an mich herankommen lasse. Auf der anderen Seite macht es das schwierig Distanz zu wahren. Ich will nicht, dass sie die Fragen stellt, die das hier früher oder später zerstören wird. Ich kann nicht mit ihr darüber reden. Sie wird mich alleine zurücklassen. Wie meine Mutter! Meine Gedanken rasen immer schneller durch meinen Kopf. Sie darf nicht gehen! Ich will nicht alleine sein! Reißend zieht die nächste Schmerzwelle durch meine Eingeweide. Meine Knie geben nach. Wimmernd sacke ich auf den Boden. Krümme mich in Embryonalstellung zusammen. „Raphael!“ Ich weiß nicht wie lange ich zusammengekauert da in der Küche liege bis Milas Stimme es schafft zu mir durch zu dringen. Ängstlich und erschrocken. Sie kniet vor mir, ihre schmalen Hände liegen auf meinen Schultern. Mit dem vorsichtigen Streicheln ihrer Finger ebbt der Krampf langsam wieder ab. Vielleicht hat mein Psychologe ja recht und das ganze hängt von meiner emotionalen Verfassung ab. Letzte Nacht habe ich kaum geschlafen, hatte einen Albtraum nach dem anderen. Zum Frühstück hatte ich lediglich einen Kaffee. Mila hätte mit mir geschimpft wenn sie da gewesen wäre. Ich habe ihr meine Ernährungsliste gegeben. Ich bekomme von ihr nur noch Tee. Irgendwo hat sie recht. Tee ist magenfreundlicher. Ich hatte einen verdammt stressigen Vormittag und als i-Tüpfelchen hat Danny zu Mittag angerufen um über den Todestag unserer Mutter zu reden. Danach hat der ganze Mist angefangen. „Raphael, was ist los?“ Milas Frage reist mich aus den Gedanken. Vorsichtig setze ich mich auf und muss mich anhalten. Die Küche schwankt. „Der Krampf war heftig.“ Nuschle ich, als ob sie das nicht mitbekommen hätte. Langsam pendelt sich meine Umgebung wieder ein. Ich greife nach den Tabletten, die ich habe fallen lassen. „Vielleicht solltest du noch einmal zum Arzt?!“ Ich spüre ihre Unsicherheit. Und ich verstehe sie. „Schon gut! Da bekomme ich auch nur krampflösende Medikamente.“ Ich will eine Tablette herausdrücken als Mila mir die Packung abnimmt. „Zwei Bissen reichen nicht!“ Sie drückt mir stattdessen die Laugenstange in die Hand. „Wie lange hast du diese Krämpfe schon?“ Eine dieser Fragen. Hart schlucke ich. Ich will sie nicht anlügen. „Empfindlich war ich schon immer was meinen Magen betrifft. Aber so wie jetzt ist es seit etwa zwei Jahren. Also so heftig…“ Dabei kann ich Mila nicht ansehen. Sie schlingt die Arme u mich und zieht mich an ihre Brust. „Danny hat damals etwas davon gesagt, dass du lange krank warst…“ Mein ganzer Körper spannt sich an. Nicht jetzt. Nicht darüber. Warum hat Danny das erzählt? „Können wir bitte wann anders…“ Ich will wenigstens darüber reden, wenn die Krämpfe nicht unter der Oberfläche lauern und ich mich besser konzentrieren kann. Zumindest habe ich dann eine theoretische Chance. Mila streicht mir durchs Haar. Ich mag es, wenn Mila mit meinen Strähnen spielt. „Natürlich können wir ein andermal darüber reden. Aber eine Sache ist noch… oder eher zwei.“ Ich halte die Luft an. „Wie oft hast du so heftige Krämpfe?“ Das kann ich ihr beantworten. „So heftig? Vier-Fünf Mal im Jahr. Das zweite?“ Ich bin total verspannt. Ich habe Angst vor dem was jetzt noch kommt. „Versprich mir etwas!“ Mila hebt meinen Kopf ein wenig, sodass sie mir in die Augen sehen kann. „Sag mir bitte Bescheid, wenn es dir nicht gut geht!“ Mit großen Augen sehe ich sie an. Ich habe mir allem gerechnet. Mit Fragen. Vorwürfen. Aber nicht damit. Ich lehne meinen Kopf gegen ihre Schulter. „Versprochen!“ Ich genieße ihre Umarmung. „Raphael. Komm iss etwas, dann kannst du die Tabletten nehmen.“ erklärt sie sanft. Mila hat ja recht. Ich bemühe mich. Muss aber noch etwa der Hälfte aufgeben. Mein Magen fängt wieder an zu krampfen. Nicht so stark wie vorhin, aber unangenehm genug. Milas Hand wandert vorsichtig nach unten zu meinem Bauch. Das erste Mal wehrt sich nichts in mir gegen die Berührung. Wirklich vorsichtig streichen ihre Finger über meinen verkrampften Bauch. Ich spüre in mich hinein. Es ist fast schon angenehm. Erst als Mila genau über die OP-Narbe fährt zucke ich zusammen. Sofort zieht sie die Hand zurück. „Hier!“ Sie drückt eine Tablette aus dem Blister –ohne auf meine Reaktion einzugehen- und reicht sie mir zusammen mit einem Glas Wasser. Woher auch immer sie das auf einmal hat. Ich schlucke das Ganze und lehne mich erschöpft an Milas warmen Körper. Das war heute einfach alles zu viel. Ich weiß nicht wie lange wir da auf dem Boden sitzen, bis… „Oh Gott, alles in Ordnung?“ Die helle, viel zu laute Stimme lässt mich den Kopf drehen. Dieser Asienverschnitt von damals steht in löchrigen Jeans und einem gelben T-Shirt in der Tür, dahinter ein braunhaariger Mann mit sanften Augen. Mila verspannt sich leicht hinter mir. Sie kann doch nichts dafür, dass ihre Mitbewohnerin gerade jetzt auftaucht. Schwankend mühe ich mich auch die Beine und lasse mich sofort auf einen der Küchenstühle sinken. Mein Kreislauf ist sowas von im Arsch. Am besten wäre ich auf der Couch liegen geblieben. „Ich weiß nicht…“ Mila klingt unsicher, sieht mich forschend an. Mir wird bewusst, dass sie mich das erste Mal so erlebt. Dafür hat sie echt gut reagiert. Sie hat es nicht verdient, dass ich sie jetzt anlüge. „Ging schon mal besser!“ antworte ich wahrheitsgemäß. „Ich würde mich gerne wieder hinlegen, allerdings ist mein Kreislauf ziemlich instabil…“ nuschle ich in meinen nicht vorhandenen Bart. „Ich helfe dir!“ Der Mann tritt vor. Ich schlucke schwer. Das kann ich nicht. Nicht jetzt. Hilfesuchend sehe ich zu Mila. Sie sieht mich zerknirscht an. Sie kann mich nicht halten. Obwohl ich mit meinem Gewicht an der unteren Grenze bin, bin ich doch schwerer als sie. Kurz beiße ich mir auf die Unterlippe. Ich will das nicht… Aber… „Okay.“ Wackelig komme ich auf die Beine. Er hält mir eine Hand hin, zögernd ergreife ich sie. Fast sofort beschleunigt sich meine Atmung. Ich versuche mich auf meine Schritte zu konzentrieren. Vergeblich. Schon stolpere ich über meine eigenen Füße. Meine Beine sacken unter mir weg. Mila ruft etwas, dann umfasst ein Arm meine Taille. Ich erstarre. Ich werde hochgehoben. Die Panik ist endgültig da. Ich fange an zu zittern, unkontrolliert. Ich will hier weg. Er soll mich los lassen. Mein Körper reagiert von alleine. Bäumt sich auf. Ich wehre mich gegen die Berührung, schlage um mich. Plötzlich werde ich los gelassen, falle weich. Ich rolle mich zusammen. So eng ich kann. Heiße Tränen laufen über meine Wangen. Der Versuch meine Atmung unter Kontrolle zu bringen scheitert. Ich höre sie reden. Ich will einfach nur alleine sein. Nein… nicht alleine. Mila soll bleiben. Sie soll mich in den Arm nehmen und nie wieder gehen. Der Gedanke ist plötzlich da. Ich will mehr als nur sporadische Treffen. Mehr als eine unverbindliche Beziehung… Ich will… alles. Kapitel 13: Kapitel 12: ----------------------- Diesmal geht es schneller weiter :D Hatte gerade viel Zeit um mich vorm Lernen zu drücken Viel Spaß beim Lesen ich freue mich über Rückmeldungen und ein großes Danke an alle die es schon getan haben :* Kapitel 12: Ich sehe wie Raphael auch noch den letzten Rest Farbe verliert, als Boris ihn stützt. Dann stolpert er. Boris hebt ihn hoch. Er verkrampft sich, fängt an sich zu wehren. Boris hält ihn fest. Trägt ihn in mein Zimmer. Ich laufe ihm nach, sehe die Panik in Raphaels hellen Augen bevor er sich wie ein Kind zusammenrollt und uns den Rücken zudreht. Er zittert am ganzen Körper. Er macht mir Angst. Die ganze Situation macht mir Angst. Ich weiß, dass Raphael nicht angefasst werden will. Aber dass er so reagiert… Er hat eine Panikattacke. Unsicher betrachte ich seinen Rücken. Berühren werde ich ihn jetzt sicherlich nicht. Aber kann ich ihn einfach alleine lassen? Nein, nein das kann ich nicht. Langsam gehe ich um mein Bett herum. Zögernd knie ich mich vor die Kante. „Raphael?“ Meine Stimme ist viel zu leise und unsicher. Trotzdem reagiert Raphael darauf. Erst verkrampft sein ganzer Körper, dann hebt er ein wenig den Kopf. „Was ist mit ihm?“ Boris tiefe Stimme durchbricht die Stille abrupt. Raphael kauert sich noch mehr zusammen. „Später!“ erkläre ich ruhig ohne den Blick von dem Firmenchef zu nehmen. „Brauchst du Hilfe? Können wir etwas tun? Soll ich…?“ Wütend sehe ich zu Alina. Sie stoppt ihr Geplapper. Ihre große Schwäche, wenn sie nervös ist. „Lasst uns einfach alleine!“ Sie gehen tatsächlich. Jetzt kann ich mich auf Raphael konzentrieren. „Es tut mir leid, Raphael!“ Ich lege meine Arme auf die Bettkante. Weit genug von ihm entfernt. Raphael dreht den Kopf so weit, dass er mich im Blick hat. Mein Herz zieht sich zusammen. In seinen Augen steht Angst in Verbindung mit Schmerz. Tiefem, bodenlosem Schmerz. Seine Augen sind gerötet, die Wangen feucht. Ich schlucke schwer. „Möchtest du, dass ich bleibe?“ Seine helle Iris ist kaum zu sehen, so weit sind seine Pupillen. Ganz langsam nickt er. Ich schließe meine Augen und fahre mir durch die Haare. Ich habe keine Ahnung was ich jetzt tun soll. Wie ich mit Raphael umgehen soll. „Mila…?“ Mein Name ist kaum mehr als ein Hauch. Sofort sehe ich auf. Raphaels Finger schweben zitternd über meiner Hand. „Darf ich?“ Ich nicke sprachlos. Sehe ihn nur an. Ganz langsam lässt er seine kalten Finger über meine Haut streichen. Ich beobachte sein Gesicht genau. Sein Blick ist auf unsere Hände gerichtet. Langsam nimmt die Angst darin ab und wird durch Trauer ersetzt. Kurz blickt er zu mir, dann wieder weg. „Bist du mir böse?“ Was? Raphaels Frage klingt kindlich. Auch seine Augen sind irgendwie anders. „Warum sollte ich dir böse sein?“ frage ich entgeistert. „Es sind doch alle böse auf mich!“ murmelt er. Eine Träne perlt aus seinem Augenwinkel. Ich strecke eine Hand aus, streiche die salzige Flüssigkeit von seiner Wange. „Hör mir zu Raphael!“ Sanft drehe ich sein Gesicht, sodass er mich ansieht. „Ich bin dir nicht böse! Ich mag dich wirklich gerne! Und wenn du willst würde ich dich jetzt gerne in den Arm nehmen!“ Statt darauf zu antworten zieht er mich aufs Bett und nahe an seinen Körper. Sein Gesicht vergräbt er in meiner Halsbeuge. Mehrmals atmet er tief durch. Wie ferngesteuert wandern meine Hände zu seinen Haaren. Er umklammert mich regelrecht. Irgendwann lässt er mich ein wenig los. „Tut mir Leid, dass ich so reagiert habe!“ Entschuldigt er sich. Immerhin ist seine Stimme wieder normal. „Dafür brauchst du dich nicht entschuldigen!“ Es ist nicht der richtige Moment jetzt nachzufragen. Ich will Raphael nicht überfordern. Ich glaube nämlich nach dem heutigen Tag ist er das schon. Trotzdem spuken die Fragen durch meinen Kopf. Was hat Raphael? Panikattacken kommen doch nicht einfach von irgendwo. „Kann ich irgendetwas für dich tun?“ frage ich vorsichtig. „Soll ich jemanden anrufen?“ Er schüttelt den Kopf an meinem Hals. „Ich will nicht mit meinem Psychologen reden! Und mit Danny auch nicht. Der ist immer so aufdringlich!“ Überrascht sehe ich auf sein Haar. Er ist in psychologischer Behandlung? Und er redet mit mir darüber?! Soll ich vielleicht… „Dein Psychologe…?“ Raphael seufzt und dreht sich ein wenig, sodass er mir ins Gesicht sehen kann. „Der Scharlatan, der meine Psyche auseinander nimmt und über alles reden will!“ Meine Augen weiten sich und ich kann ihn einfach nur anstarren. Raphael sieht mich offen an. Und plötzlich habe ich das Gefühl wir sind uns ganz nahe. „Nein, ernsthaft. Er macht seinen Job ganz gut. Ich mache es ihm nicht gerade einfach.“ Er gähnt. „Ich möchte morgen einfach mit dir in meinen Armen aufwachen. Das ist alles!“ Flehend sehen seine hellen Augen mich an. „Ich werde morgen immer noch hier sein!“ Ich sehe ihn ernst und offen an. „Versprichst du es mir?“ Meine Finger kraulen durch seinen Nacken. „Ich verspreche es dir!“ flüstere ich leise. Kurz schließt er die Augen. „Egal was ich sage oder tue?“ Als er mich wieder ansieht ist er absolut ernst. Ich nicke. „Mila, ich weiß, dass ich nicht gerade einfach bin. Du musst dir wirklich sicher sein!“ Ich bin sprachlos. Diese ganze Situation kann ich nicht einordnen. Ich kann ihn einfach nur ansehen. Sein blasses Gesicht, die rotgeränderten Augen untern denen dunkel Schatten liegen, sein wirres Haar. Warum habe ich das Gefühl, dass es um mehr als nur diese eine Nacht geht? „Ich möchte es versuchen!“ Ich ziehe die Augenbrauen zusammen, sehe ihn fragend an. „Was möchtest du versuchen?“ Meine Stimme klingt zaghaft. Raphael setzt sich abrupt auf. Fährt sich mit beiden Händen übers Gesicht. „Eine richtige Beziehung mit dir. Einfach alles. Aber ich habe keine Erfahrung darin. Und ich weiß nicht ob ich das kann! Aber du bist… Mit dir fühle ich mich… Ich fühle mich nicht so einsam. Und ich… ich freue mich auf unsere Treffen. Deswegen… habe ich schon Termine verschoben.“ Ich starre ihn mit offenem Mund an. Sprachlos. Wortlos. Bewegungslos. Will er tatsächlich? Was soll ich jetzt…? „Ich verstehe wenn du es nicht willst.“ Raphaels Schultern sacken herab. „Ich bin niemand, den man sich für eine Beziehung wünscht.“ Bevor er sich noch weiter selbst nieder machen kann setze ich mich auf und ziehe ihn in meine Arme. „Das ist nicht wahr Raphael!“ Ich ziehe seinen Kopf ein wenig nach hinten. Zärtlich küsse ich ihn auf den Mund. „Ich möchte eine Beziehung mit dir führen!“ Ich bin noch immer geflasht von Raphaels Offenbarung. Nie hätte ich damit gerechnet, dass er eine wirkliche Beziehung möchte. Ich dachte bisher immer, er wolle nicht mehr als eine Affäre. „Mila…“ Raphael wickelt sich eine meiner Haarsträhnen um den Finger. „Was ist?“ schief lächle ich ihn an. „Danke! Wenige hätten das heute mitgemacht!“ Etwas geknickt sieht er mich an. „Einen schlechten Tag hat jeder Mal! Es ist halt blöd gelaufen, dass alles auf einmal kam!“ Ich unterdrücke meine tausend Fragen. Vorhin hat Raphael mich darum gebeten zu einem anderen Zeitpunkt über seine Krankengeschichte zu reden. Ich rufe mir zurück ins Gedächtnis, dass es ihm noch immer nicht gut geht und verschiebe auch das Thema Panikattacke zumindest für heute. „Brauchst du noch etwas?“ frage ich und muss gähnen. „Ich habe Hunger.“ Stellt Raphael langsam fest. Überrascht sehe ich ihn an. „Es ist…“ Ich schaue auf meine Uhr. 23:54. „…Mitten in der Nacht.“ Er zuckt mit den Schultern. Da kommt mir ein Gedanke. „Was hast du heute gegessen?“ Ein leises Seufzen seinerseits. Aufmerksam sehe ich ihn an. „Die halbe Laugenstange vorhin…“ „Mehr nicht?“ Er schüttelt den Kopf. „Mir war schon den ganzen Tag nicht gut, dementsprechend…“ Seine Worte werden immer leiser. „Und jetzt geht es dir besser?“ harke ich nach. Er nickt. „Okay, dann werde ich dir etwas zu essen holen.“ Ich rutsche zur Bettkante. „Was möchtest du?“ fällt mir dann ein. „Nichts Aufwendiges!“ Ich verdrehe die Augen. Danach habe ich nicht gefragt. „Ich glaube uns ist allen klar, dass ich dir um diese Uhrzeit kein fünf Gänge Menü kochen werde! Aber das heißt nicht, dass ich dir Brot und Wasser vorsetze! Also ich kann dir Nudeln mit Apfelmus oder Tomatensoße anbieten, Gereste, Grießbrei, belegte Brote oder ich taue Suppe auf.“ Abwartend sehe ich ihn an. „Es macht dir wirklich keine Umstände?“ Seine Augen suchen meine. „Nein macht es nicht. Meinen Freund darf ich ja wohl ein wenig umsorgen!“ Raphael windet sich ein wenig, so als fühle er sich bei dem Gedanken sich umsorgen zu lassen unwohl. Warum? Ist er es nicht gewohnt? Sicher nicht. Ich vermute Raphael ist normalerweise ein Mann, der alles unter Kontrolle haben will und am liebsten selbst macht. „Also was möchtest du?“ „Die Nudeln mit Apfelmus.“ Ich hätte nicht gedacht, dass das seine erste Wahl wäre. „Okay, gib mir fünfzehn Minuten.“ Ich stehe auf. Einen Moment sieht Raphael aus, als wolle er mir folgen, dann lässt er sich allerdings in die Kissen fallen und zieht die Decke über sich. „Lass dir ruhig Zeit.“ Sagt er, allerdings passt sein Gesichtsausdruck nicht zu seinen Worten. Er wirkt als wolle er mich nicht gehen lassen. Ich sollte mich beeilen. Ich flitze in die Küche und stelle einen Topf mit Wasser auf und hole die Nudeln aus dem Schrank. „Was war das vorhin?“ Erschrocken wirble ich herum. Alina steht hinter mir im Türrahmen und sieht mich fragend an. „Erschreck mich doch nicht so!“ entfährt es mir. „Sorry. Also?“ Um ihre Frage etwas aufzuschieben wende ich mich dem Wasserkocher zu und schalte ihn ein. Alina wartet stumm auf meine Antwort. „Raphael ist krank. Dementsprechend ist sein Kreislauf nicht ganz stabil!“ versuche ich auszuweichen. Dass das ganze vergeblich ist, ist mir von vorneherein klar. Ich kenne Alina. „Mila. Das war eine ziemlich heftige Panikattacke!“ Ja das war es. Aber ich weiß doch selbst nicht warum. „ER lässt sich ungerne anfassen!“ gebe ich schließlich leise seufzend von mir und gieße zwei Tassen Tee auf und den Rest Wasser in die Wärmflasche. „Warum?“ Ich zucke nur mit den Achseln. Darüber würde ich nicht mit ihr reden, selbst wenn ich es wüsste. „Wie funktioniert das dann mit dem Sex? Fesselt er dich?“ Entsetzt sehe ich sie an. „Alina!“ Sie lacht nur. „Darüber reden wir noch. Jetzt schau mal nach dem Essen!“ Mein Topf ist schon fast am überkochen. Ich fluche leise und stelle den Herd ab. „Seid ihr jetzt eigentlich zusammen oder immer noch `nur´ Freunde?“ Diese Frage stellt sie mir schon seit Wochen. Bisher habe ich sie immer verneint. „Ja. Ja wir sind zusammen!“ Ich verteile die Nudeln auf zwei Tellern. Ich habe heute Abend auch noch nichts gegessen. „Sei vorsichtig. Er scheint kein einfacher Mann zu sein!“ Da sagt sie etwas Wahres. Ich nicke und stelle alles auf ein Tablett. „Nein einfach ist er sicherlich nicht!“ Kapitel 14: ------------ Kapitel 13: Alina soll recht behalten. Es wird wirklich nicht einfach. Die nächsten Wochen sehe ich Raphael kaum. Er arbeitet bis spät in die Nacht, ist ständig auf Geschäftsreise und wenn wir es doch schaffen uns zu treffen ist er mit den Gedanken ganz wo anders. Ich habe das Gefühl nicht an ihn heran zu kommen. Wir haben weder über die Krämpfe noch die Panikattacke geredet. In vier Wochen habe ich ihn nur drei Mal gesehen. Ich will endlich mit ihm darüber reden, dass das so nicht läuft. Aus diesem Grund habe ich mir extra einen Termin geben lassen. Anders funktioniert das momentan ja scheinbar nicht. Per SMS will ich das nämlich nicht ansprechen. Und das ist in letzter Zeit der einzige Kommunikationsweg zwischen uns. Dabei antwortet er mir total unregelmäßig, oft Mitten in der Nacht und meistens erst Stunden später. Ich atme tief durch und betrete die Firma. Das geschäftige Treiben auf den Fluren ignoriere ich einfach. Auch wenn ich nicht das erste Mal hier bin brauche ich etwas bis ich den richtigen Flur gefunden habe. Frau Dreher kommt mit einem Aktenstapel aus Raphaels Büro. „Hallo Mila!“ etwas atemlos begrüßt sie mich. „Herr Bräuer ist noch in einem Meeting. Die haben jetzt schon eineinhalb Stunden überzogen. Warte einfach in seinem Büro!“ Und damit ist sie auf und davon. Das kann eigentlich nur heißen, dass Raphaels Terminplan endgültig überzogen ist, er hat schlechte Laune und setzt seine Angestellten unter Druck. Na toll! Da hebe ich mir ja den besten Zeitpunkt ausgesucht um mit ihm zu reden. Seufzend betrete ich sein Büro.das erste was mir auffällt ist die Unordnung. In unordentlichen Stapeln liegen die Akten auf seinem Schreibtisch. Übereinander, aufgeschlagen. Dazwischen einzelne Blätter, Stifte, Notizzettel… Kurz gesagt: Raphaels Schreibtisch sieht aus, als wäre darauf eine Bombe explodiert. Dabei ist Raphael ein sehr ordentlicher Mensch. Seine Wohnung und normalerweise auch sein Büro sind immer aufgeräumt. Was ist bloß mit Raphael los? Ich seufze auf und gehe um den Tisch herum, lasse mich in Raphaels Schreibtischstuhl fallen. Hier hat er also die letzten vier Wochen zu neunundneunzig Prozent seine Zeit verbracht. Aufmerksam sehe ich mich um. auf dem Stapel direkt vor mir liegen immer wieder abgeänderte Vertragsentwürfe. Ich erkenne Raphaels saubere Handschrift an den Rändern. Die anderen Stapel bestehen aus Akten, Akten und noch mehr Akten. Ich schiebe ein paar lose Blätter zur Seite um wenigstens meine Arme auf der Tischplatte abstützen zu können. Dabei rutscht ein kleiner Stapel herunter und flattert zu Boden. Ich bücke mich um die Zettel aufzuheben, dann halte ich inne. Das sind Fotos. Ich zögere kurz, bevor ich das erste umdrehe. Es hat eine schlechte Auflösung und scheint mal mindestens zwanzig Jahre alt zu sein. Zumindest den Kleidern der Frau darauf zu beurteilen. Sie ist dunkelblond, ihre braunen Augen sind auf das Baby in ihren Armen gerichtet. Hinter ihr steht ein blonder Mann mit blauen Augen. Er hat die Arme um ihre Taille geschlungen. Meine Augen wandern zu dem Baby. Es wirkt zufrieden. Strahlend, hellblaue Augen sehen direkt in die Kamera. Ist das Raphael? Ich nehme das nächste Foto. Es ist dieselbe Frau aber sie hat an Gewicht verloren, trübe Augen und blaue Flecken im Gesicht. Das Bild sieht aus wie die, die im Krankenhaus zum festhalten von Verletzungen gemacht werden. Ich schlucke schwer und nehme das letzte Foto. Vor Schreck lasse ich es gleich wieder fallen. Da ist ein Toter drauf! Mit spitzen Fingern hebe ich das Bild wieder auf, drehe es vorsichtig um. darauf ist ein junger Mann, farblos, die Haut wächsern, die Augen starren leer. Mitten auf der Stirn hat er ein Loch, ein schmales Rinnsal Blut ist da herausgetreten. Ich kann nicht wegsehen. Es geht einfach nicht. Warum hat Raphael solche Fotos? Ein leises Klicken, Schritte kommen auf mich zu. Ertappt springe ich auf und sehe zur offenen Tür. „Was machen Sie hier? Wer sind sie?“ Die harte Stimme des Mannes lässt mich zusammenzucken und reflexartig den Kopf senken. Dabei mache ich hier doch nichts unrechtes. „Das ist das Büro meines Bruders! Sie haben hier nichts zu suchen! Geben…“ Danny? Ich schaue auf. „Mila?“ Die Wut in seinen Augen weicht Überraschung. „Hallo Danny.“ Antworte ich vorsichtig. „Was machst du hier?“ ICH schlucke bei seiner Frage. Also hat Raphael ihm nicht erzählt, dass wir zusammen sind. Aber in der Hinsicht kann ich ihm wohl kaum Vorwürfe machen. Meinen Eltern habe ich ja auch noch nichts gesagt. „Bist du jetzt in die Betriebsspionage gegangen?“ Ich sehe Danny an, dass er das nicht glauben möchte. Trotzdem weiß er nicht was er von meiner Anwesenheit hier halten soll. „Nein bin ich nicht!“ Etwas schief lächle ich ihn an. „Weiß Raphael, dass du hier bist?“ fragt Danny jetzt. „Ja. Zumindest denke ich, dass er es weiß. Ich habe einen Termin, da er ja ansonsten keine Zeit hat.“ Miene Wut kann ich nicht ganz unterdrücken. „Ihr habt euch nach dem Urlaub letzen Sommer getroffen?“ Ungläubig sieht er mich an. „Nein. Nicht direkt. Wir sind uns drei Monate später zufällig über den Weg gelaufen. Naja seit dem treffen wir uns.“ „Nicht dein Ernst! Du und Raphael?“ Langsam lässt er sich auf den Stuhl vor dem Schreibtisch sinken. Seine blauen Augen sind aufgerissen. Unglauben steht darin. „Raphael hat mir vor ein paar Wochen von einem One-Night-Stand erzählt!“ Ich laufe knallrot an. Die Bilder entgleiten erneut meinen Fingern. Segeln langsam zu Boden. „Oh Gott, nicht das was du denkst Mila!“ versucht er sofort mich zu beruhigen. „Ich habe ihn nur gefragt wann er das letzte Mal unverbindlichen Sex hatte. Raph sagte in diesem Urlaub und du warst die einzige Frau mit der er damals Zeit verbracht hat…“ Ich schlage mir die Hände vor den Mund. „Hast du gerade `das letzte Mal unverbindlich´ gesagt?“ flüstere ich geschockt. Heißt das schon bei unserem zweiten Mal war es für Raphael mehr als nur Sex? „Ja warum?“ Dann geht ihm ein Licht auf. „Sag bloß…“ Mit der linken fährt er sich durchs Haar und lässt sich gegen die Lehne fallen. „Du und Raphael…?“ fängt er an. „Ja wir sind zusammen!“ erkläre ich. Ungläubig schüttelt Danny den Kopf. „Ich hätte niemals gedacht dass du und Raphael… Dass Raphael überhaupt…“ Ich kann gar nicht auf ihn eingehen. Viel zu sehr bin ich in meinen eigenen Gedanken versunken. War es für Raphael mehr als nur unverbindlich? Und seit wann? Was bedeute ich ihm? Und warum nimmt er sich momentan so wenig Zeit für mich? „Wann hat er dir das gesagt?“ reise ich Danny aus seinem Gestotter. „Was?“ Verwirrt sieht er mich an. „Das mit dem unverbindlichen Sex!“ Ich will jetzt eine Antwort. „Als ich ihn das letze Mal gesehen habe, warum?“ „Wann?“ Dränge ich. „Vor fünf-sechs Wochen!“ sagte er endlich was ich hören will. Ganz langsam sinke ich in den Schreibtischstuhl zurück. Wow… Das ist einfach nur Wow! Am liebsten wäre ich jetzt jauchzend herum gehüpft, verkneife es mir aber. Denn dann wird Danny sicherlich nachfragen und ich werde ganz bestimmt nicht über den Sex mit seinem Bruder reden. Aber innerlich schwebe ich auf Wolke 7. „Weißt du wo Raphael ist?“ fragt Danny schließlich, als ich nichts auf seine Antwort erwidere. „In einem Meeting, das inzwischen über zwei Stunden länger dauert als geplant.“ Seufze ich. „War ja nicht anders zu erwarten!“ Danny verdreht die Augen. „Momentan übertreibt er es mal wieder! Am besten überredest du ihn Feierabend zu machen, sobald er hier ist.“ Mit hochgezogener Augenbraue sehe ich ihn an. „Warum ist das mein Job?“ „Du bist seine Freundin! Auf mich hört er eh nie!“ Schief grinst er mich an. „Was vielleicht daran liegt, dass du zu viel Mist redest! Was macht ihr hier?“ Überrascht sehen Danny und ich auf. Raphael steht in der Tür… -------------------------------------------------------------------------------------------- Sorry an alle, die sich die große Auflösung erhofft haben.... Das dauert noch etwas Lg kateling Danke für eure Meinungen :D Kapitel 15: Kapitel 14 ---------------------- Kapitel 14: „Was vielleicht daran liegt, dass du zu viel Mist redest! Was macht ihr hier?“ Überrascht sehen Danny und ich auf. Raphael steht in der Bürotür. Ich mustere ihn erst einmal. Immerhin habe ich ihn seit einer Woche und fünf Tagen nicht gesehen. Schon irgendwie traurig. Heute trägt er ausnahmsweise keinen Anzug, sondern graue Jeans und einen schwarzen Rollkragenpullover. Der macht ihn extrem blass. Sowieso wirkt Raphael erschöpft. Er hat dunkle Ringe unter den Augen und sein Haar sieht aus, als wäre er sich schon mehrfach hindurch gefahren. „Dich besuchen, da du ansonsten ja keine Zeit hast. Nicht mal für Mila!“ sagt Danny etwas anklagend. Raphael zuckt zusammen. Er tut mir etwas leid. Auch wenn Danny recht hat muss er ihn doch nicht so harsch angehen. „Wie wäre es wenn ich uns eine Kanne Tee oder wenn’s sein muss auch Kaffee besorge und wir reden ihn Ruhe?“ Raphael sieht eh schon total fertig aus. Da muss sein Bruder nicht noch einen darauf setzen. Irgendetwas scheint ihn zu bedrücken. „Ich habe in zwanzig Minuten meinen nächsten Termin…“ wehrt Raphael ab. „Zwanzig Minuten reichen für eine Pause!“ erkläre ich sanft und stehe auf. „Ich muss den Überblick…“ Sein flüchtiger Blick zum Schreibtisch sagt alles. „Ich sortier dir alles, wenn es dir hilft. Dann kannst du dich jetzt für einen Moment auf die Couch setzen und mit uns Tee trinken.“ Ich lege meine Hand auf seinen Arm. „Das kann ich nicht von dir verlangen!“ Deutlich sehe ich das Zögern in seinen hellen Augen. „Ich biete es dir freiwillig an, also?“ Statt einer Antwort beugt er sich über seinen Schreibtisch und drückt auf den Kopf für die Gegensprechanlage. „Frau Dreher bringen sie bitte eine Kanne Tee und drei Tassen!“ Dann sieht er mich an, zieht mich kurzerhand in seine Arme. „Hallo Mila.“ Flüchtig küsst er mich auf die Lippen und sieht dann zu seinem Bruder. „Also Danny warum bist du hier?“ Also wirklich. Will er jetzt hier im stehen reden? Sanft schiebe ich Raphael Richtung Couch und drücke ihn auf die Polster. Danny setzt sich uns gegenüber und lehnt sich etwas nach vorne. „Irgendetwas stimmt mir dir nicht! Du hast dich seit über fünf Wochen nicht gemeldet!“ Raphael senkt den Blick auf seine Hände. „Es ist viel passiert!“ murmelt er. „Ja. Unteranderem hast du eine Freundin. Aber das meine ich nicht! Was raubt dir den Schlaf?“ Raphael spannt sich neben mir an. „Die Akte liegt ziemlich oben auf dem Schreibtisch. Und ein paar Fotos.“ Resigniert trifft es ganz gut. Danny zögert, sieht seinen Bruder forschend an, dann steht er auf. Ich versuche Raphaels Blick zu fangen. Vergeblich. „Warum sagst du nicht, dass dich etwas belastet?“ Er zuckt nur mit den Schultern. Ich streiche ihm übers Knie. „Die Polizeiakte?“ Mein Kopf ruckt hoch. „Ja!“ Mein Blick fliegt zwischen den beiden Brüdern hin und her. Danny hat die Stirn gerunzelt und blättert durch die Papiere. „Raphael… ich kenne den Fall… Der ist schon über zehn Jahre alt! Es ging damals ziemlich durch die Medien… Es gab keine aussagekräftigen Beweise und er ist auf Eis gelegt worden!“ „Sie haben ihn wegen neuen Beweisen wieder aufgerollt!“ Raphael atmet zittrig durch. „Gut, aber was hat das mir dir zu tun?“ Danny kommt wieder zu uns herüber. „Sie wollen mich als Zeugen.“ Raphaels Hände beginnen zu zittern. „Die Erinnerungen an damals kommen wieder hoch…“ Er vergräbt den Kopf in seinen Armen. Ich schlinge meine Arme um seine Schultern. „Was ist damals passiert?“ Ich habe Angst davor was er möglicherweise erzählen wird. Was hat er bloß erlebt? Seine Atmung geht immer schneller. „Ich weiß es nicht. Es…“ Frau Drehers Eintreten unterbricht ihn. sie stellt den Tee vor uns ab. „Kann ich sonst noch irgendetwas für sie tun?“ Ich schüttle nur den Kopf. Völlig auf Raphael konzentriert. „Trink!“ Danny hält seinem Bruder eine Tasse hin, die dieser nur zögernd entgegen nimmt. „Der Tote… Er war mein Lehrer. Irgendwie wollte er die ganze Welt retten. Er kam zu uns nach Hause, wollte über irgendetwas mit meinem Vater reden…“ Das Wort Vater betont er abfällig. Raphael wird unruhig neben mir. „Ich habe sie streiten hören. Als ich wieder zu mir kam waren sie weg. Mein Lehrer wurde am nächsten Tag erschossen aufgefunden. Damals war ich bei der Polizei, sie haben mich nicht ernst genommen und wieder weggeschickt.“ Sprachlos kann ich ihn nur anstarren. Oh Gott! Heißt dass sein Vater hat… „Ich dachte immer ich habe mir das nur eingebildet. Vor zwei Wochen stand ein Polizist vor meiner Haustüre. Mein Vater ist nun der Hauptverdächtige. Ich soll vor Gericht gegen ihn aussagen…“ Seine Stimme versagt. Ich kann ihm nur tröstend über die Schulter streichen. Danny wirkt genauso geschockt wie ich. Aber er findet seine Stimme schneller wieder als ich. „Oh Gott, Raphael! Das ist ja schrecklich. Ich dachte immer… Egal, das ist jetzt unwichtig. Warum hast du nie etwas gesagt?“ Raphael lacht trocken auf. „Dein Vater hat zwei Jahre um das Sorgerecht für mich gekämpft. Was denkst du was passiert wäre, wenn ich das erzählt hätte?“ Darauf sagt Danny erst einmal gar nichts mehr. „Wann ist die Gerichtsverhandlung?“ bringe ich schließlich hervor. „Montag!“ In vier Tagen also… „Wirst du aussagen?“ Leise seufzt er. „Ja werde ich!“ Raphael nippt an seinem Tee. Er klingt entschlossen „Wenn er es wirklich war, dann will ich nicht an seiner Freilassung schuld sein!“ Ich muss ihm recht geben. Das wollte ich auch nicht. „Okay, was machen wir jetzt?“ fragt Danny schließlich in die entstandene Stille. „Nichts. Ich habe keine Zeit mehr. Mein Termin wartet.“ Raphael steht auf und streckt sich kurz. Ich höre seine Wirbel knacken. Das hört sich nicht besonders gut an. Er tritt zu seinem Schreibtisch und zieht mehrere Akten hervor bis er schienbar die richtige gefunden hat. „Danny ich ruf dich an. Spätestens morgen Abend.“ Dann kommt er auf mich zu, umarmt mich kurz. „Falls du tatsächlich warten solltest, bis…“ Ich küsse ihn und unterbreche ihn somit. „Natürlich werde ich warten! Ich kümmere mich ein wenig um das Chaos da! Und dann machen wir uns einen gemütlichen Abend! Also mach nicht so lange!“ Er lächelt müde. „Okay, ich versuche mich zu beeilen. Aber ich kann dir nichts versprechen!“ Ich nicke nur und sehe ihm dann nach wie er das Büro verlässt. „Du hast meinen Bruder aber unter Kontrolle!“ Danny fläzt auf der Couch und sieht mich grinsend an. „Raphael kann man nicht kontrollieren.“ Seufze ich leise. Wäre es anders hätte ich es um einiges leichter. „Aber du bist verdammt nah dran. Ich habe Raph noch nie Körperkontakt suchen sehen. Du bist ihm verdammt wichtig!“ Darauf weiß ich nichts zu erwidern. „Naja. Jetzt hast du aber erst mal ein Date mit Raphaels Akten. Ich wünsche dir viel Spaß!“ Damit erhebt er sich und geht zur Tür. Mit der Hand auf der Klinke bleibt er stehen und dreht sich noch einmal zu mir um. „Lass dich nicht von ihm ins Bockshorn jagen!“ Und damit lässt er mich mit den ganzen Akten alleine. Kapitel 16: Kapitel 15: ----------------------- So hier ist das neue Kapitel, viel Spaß beim lesen... Kapitel 15: Ich habe gerade die letzten Akten auf dem entsprechenden Stapel abgelegt. Ich stoße die Luft mit einem leisen Seufzen aus und lasse mich erschöpft rückwärts auf den weichen Teppich fallen. Ich bin schon nach zehn Minuten mit dem ganzen Papier auf den Boden umgezogen. Mehr Platz und so… Das war ein einziges Chaos auf Raphaels Schreibtisch. Und das wo er doch sonst so ordentlich ist. das leise Klicken der Tür lässt mich die Ohren spitzen. „Mila?“ Raphaels leise Stimme dringt an mein Ohr. „Hier unten!“ Er kommt näher und lässt sich dann neben mich sinken, lehnt den Rücken an die Couch. „Du hast dich also tatsächlich durchgekämpft?!“ Ich drehe den Kopf und sehe zu ihm auf. Er hat die Augen geschlossen und die Augenbrauen zusammengezogen. „Ja. Hat aber gedauert!“ seufze ich. „Wie war dein Termin?“ frage ich ihn. „Anstrengend!“ Mit der linken Hand massiert er sich die Nasenwurzel. „Kopfschmerzen?“ Seine hellen Augen fixieren mich, dann fährt er sich durchs Haar. „Seit einer halben Stunde, ja!“ gibt er leise zu. Ich setze mich auf. „Dann lass uns gehen. Es ist eh schon nach neun!“ Nach kurzem zögern steht auch er auf, holt seine Jacke und löscht dann das Licht in seinem Büro. Stumm gehen wir den Flur hinunter. „Kommst du noch mit zu mir?“ Ich greife nach seiner Hand und verschränke meine Finger mit seinen. „Hätte ich ansonsten so lange auf dich gewartet?!“ Diesmal verlassen wir die Firma durch den Haupteingang. Raphael atmet tief durch. „Was machen wir jetzt?“ Fragend sehe ich mich um. „Ich… einen Spaziergang… Frische Luft und so…“ murmelt er. Ich sage nichts dagegen. Wenn er Kopfschmerzen hat und die frische Luft ihm hilft… Auch wenn es kalt ist und ich dich dafür definitiv zu dünn angezogen. Schweigend schlendern wir durch die nächtlichen Straßen. Die Betriebsamkeit des Tages weicht langsam der Ruhe der Nacht. Meine Finger sind noch immer mit Raphaels verschränkt. Erst eine dreiviertel Stunde später kommen wir zu Raphaels Wohnung. Kaum hat sich die Tür hinter uns geschlossen, da drückt er mich an die Wand und küsst mich stürmisch. Was? Im ersten Moment bin ich perplex, dann lege ich meine Arme um seinen Hals. Plötzlich löst sich Raphael von mir und sieht mich eindringlich an. „Du bist eiskalt. Warum hast du nicht gesagt, dass du frierst?“ Ich verdrehe die Augen. „Komm mit ich lasse dir ein Bad ein und drehe die Heizung hoch.“ Und schon ist er in Richtung Bad unterwegs. Ich laufe ihm nach und halte ihn auf indem ich mich vor ihn in die Tür stelle. „Warum kommst du nicht mit in die Badewanne?“ Verführerisch sehe ich zu ihm auf. Ich sehe Raphaels Zwiespalt in seinen Augen. Dann senkt er den Kopf. „Ich kann nicht…“ Ich gehe ein wenig unbefriedigt ins Bad. Aber eigentlich hätte ich es wissen müssen. Es ist einfach noch zu früh… „Mila, ich…“ Raphael ist mir gefolgt. „Schon gut…“ Er zieht mich heftig an seine Brust. „Wir können es mit der Dusche versuchen. Es ist einfacher, falls…“ Er verstummt. Aber ich weiß was er meint. Aber es ist mehr als ich erwartet habe. Ich lege den Kopf in den Nacken und lächle zu Raphael hinauf. „Okay!“ Ich will mich meiner Kleider entledigen. Aber ein einziger Blick seinerseits hält mich auf. Er legt seine Finger unter mein Kinn und hebt es ein wenig an. Dann haucht er mir einen sanften Kuss auf die Lippen. „Lass mich!“ Und damit beginnt er mich aus zuziehen, schiebt mich in die Dusche und folgt mir kurz darauf. Er dreht den Hahn auf und warmes Wasser rieselt auf uns herunter. „Darf ich dich verwöhnen?“ Gefangen von seinen hellen Augen, nicke ich nur. Raphael küsst meine Schultern streichelt mit seinen Fingern zart über meine Haut. Ich schmiege mich an ihn, lasse mich von ihm und seinen Berührungen wegtragen. Zehn Minuten später lehne ich erschöpft an der Duschwand, den Kopf gegen Raphaels Schulter gelegt, während er mir sanft den Schweiß vom Körper wäscht. Das eben war einfach nur wow! Unglaublich sanft… Der beste Sex meines Lebens. „Okay, lass uns…“ Raphaels löst sich von mir. Ich halte ihn zurück. „Warte. Erst bist du noch dran!“ Er kneift die Augen zusammen. „Mila…“ er klingt gequält. Ich streiche ihm das nasse Haar aus der Stirn. „Nur das was geht. Ich werde deine Grenzen akzeptieren. Ein einfaches Stopp und ich höre sofort auf!“ Er zögert, dann nickt er. Ich greife nach dem Shampoo, kleckse etwas in meine Handfläche und vergrabe meine Finger in seinen Haaren. Sanft massiere ich seine Kopfhaut, wandere seinen verspannten Nacken hinunter und grabe meine Fingerspitzen ein wenig fester in seine steinharkte Muskulatur. Raphael seufzt leise auf, stützt sich rechts und links von mir an der Wand ab. „Hab ich dir weh getan?“ Er hebt leicht den Kopf. „Nein… Alles gut! Es hilft…“ Ich fahre über seine Oberarme. „Hast du zufällig Massageöl da?“ Sanft seife ich auch seinen Rücken ein. er schüttelt den Kopf. War ja klar. Jemand der sich vor Berührungen scheut braucht auch kein Massageöl. Dann wende ich mich seiner unteren Körperhälfte zu. Bei Gelegenheit werde ich welches mitbringen. „Babylotion tut’s auch!“ Damit erhebe ich mich und sehe meinem Freund tief in die Augen. „Ein Wort und ich höre sofort auf!“ Erinnere ich ihn noch einmal. Raphael nickt, aber ich kann sehen wie er sich verspannt. Seine hellen Augen fixieren sich auf meine Hände. Ich ziehe meine Hand zurück. So wird das nichts. Ihm ist jetzt schon die Angst anzusehen. „Gib mir deine Hand!“ Ich löse seine Finger von der Wand. Unsicher sieht Raphael mich an. Ich lege meine Hand auf seine. „Bereit?“ Zögerlich nickt er. Ich lege seine Handfläche vorsichtig Mitten auf seine Brust. Raphaels Augen weiten sich. Ganz langsam führe ich seine Hand über seine Brust. Jede einzelne Rippe entlang und über seine Flanken. Ich spüre seine Finger nervös unter meinen zucken, als ich beginne die einzelnen Naben nachzufahren. Bei der OP-Narbe erreicht er seine Grenze. „Stopp!“ Sofort lasse ich ihn los und weiche zurück. Raphael lächelt erschöpft. „Alles gut?“ Er nickt und dreht das Wasser ab. Gemeinsam treten wir aus der Dusche und trocknen uns ab. Kurz sucht Raphael etwas im Spiegelschrank und dreht sich dann mit einer Tube in der Hand um. „Ist das okay?“ Überrascht sehe ich ihn an und nehme ihm die Bodylotion ab. Unsere Finger streifen sich. Seine hellen Augen nehmen mich gefangen. Dann überbrückt er den Abstand zwischen uns. Küsst mich zärtlich. „Nur weil ich bestimmte… Dinge nicht ertragen kann… heißt das nicht, dass ich auch auf alles andere verzichten will!“ Das kann ich verstehen. „Das ist gut. Damit kann ich arbeiten!“ Verschmitzt lächle ich zu ihm auf. „Ich schlage vor wir gehen ins Schlafzimmer und ich kümmere mich um deine Verspannungen.“ Zwinkere ich. „Mila… hast du nicht genug?“ Ich lasse meinen Blick über seinen nackten Körper schweifen. Bei ihm sicherlich nicht. Dann sehe ich ihm in die Augen. Sofort ist jeder Gedanke an Sex verdrängt. „Du bist müde?“ Er seufzt leise. „Ziemlich. Mir fehlt Schlaf und morgen wird ein anstrengender Tag!“ Ich strecke meine Hand aus und streiche ihm durch das feuchte Haar. „Kein Problem. Gib mir was zum drüber ziehen und dann leg dich auf den Bauch!“ Auch wenn ich vielleicht ein klitzekleines Bisschen enttäuscht bin… ich habe keinen Grund mich zu beschweren. Immerhin halte ich ja schon vorhin unter der Dusche Sex… Raphael gibt mir ein T-Shirt und Boxershorts von sich. Auch er zieht sich eine Unterhose über bevor er sich hinlegt. Ich setze mich neben ihn und reibe die Lotion ein wenig zwischen meinen Fingern warm. „Ein Wort und…“ „Ich weiß!“ unterbricht Raphael mich leise. Er lächelt mich kurz an und schließt dann die Augen. „Ich weiß!“ murmelt er. Ich lege meine Hände auf seine Schultern, fahre sanft seinen Rücken hinunter. Dann fange ich an, seine Muskulatur durchzukneten. Das erste leise Stöhnen lässt mich erschrocken innehalten bis mir klar wird, dass es kein Schmerzenslaut war. Er scheint es zu genießen. Seine Atmung wird ruhiger und tiefer. Die Spannung in seinem Körper lässt mehr und mehr nach. Irgendwann nehme ich meine Hände von seiner Haut und muss sofort gähnen. Es ist verdammt spät. Aber bevor ich selbst schlafen kann muss ich noch mal wo hin. Ich decke Raphael zu und erhebe mich dann vorsichtig vom Bett. „Wo gehst du hin?“ Ertappt sehe ich in Raphaels vom Schlaf verschleierte Augen. Er hat sich ein wenig aufgestützt und fixiert mich. „Willst du dich raus schleichen?“ fragt er matt. Wie kommt er denn da drauf? Ich gehe zurück zum Bett. Kurz mustere ich ihn, dann hauche ich ihm einen Kuss auf die Stirn. „Ich muss nur kurz auf Toilette. Ich bin gleich wieder da.“ Raphael lässt sich zurück in die Kissen sinken. „Dann ist gut!“ Als ich aus dem Bad zurück komme schläft Raphael tief und fest. Kurz regt er sich, als ich neben ihm unter die Decke schlüpfe. Dann schlingt sich ein starker Arm um meine Hüfte. Raphael schmiegt sich an meinen Rücken. Lächelnd schlafe ich ein. Kapitel 17: Kapitel 16: ----------------------- Ich weiß dass ich wieder mal ewig gebraucht habe... Aber besser spät als nie, denke ich... Viel Spaß beim Lesen und ich freue mich auf eure Meinungen. Eure Kateling Kapitel 16: Am nächsten Morgen wache ich von Raphaels Wecker auf. Fünf Uhr fünfzehn. Ein wenig übertreiben tut er es ja schon! Ich seufze leise und schalte ihn ab. Seltsamerweise hat das laute Klingeln Raphael nicht geweckt. Er schläft noch tief und fest. Einen Arm um mich geschlungen. Ich könnte ihn einfach noch eine Stunde schlafen lassen… Aber wenn er einen wichtigen Termin verpasst… Verdammt und jetzt? Frau Dreher kann ich um diese Uhrzeit ja wohl kaum anrufen und fragen. Und wecken will ich ihn auch nicht. Wenn er mal wach ist, bekomme ich ihn sicherlich nicht dazu liegen zu bleiben. Ich weiß, dass Raphael seinen Terminkalender auf dem Handy hat. Aber das ist passwortgeschützt. Also auch keine Option. Jetzt muss ich Raphael wohl doch wecken. Verdammter Mist. Er könnte den Schlaf echt gut gebrauchen. Aber eine Alternative habe ich nicht. Vorsichtig setze ich mich auf und betrachte Raphael. Er hat sein Gesicht halb im Kissen vergraben und seine blonden Haare sind wirr, dadurch wirkt er sehr jung. Ich küsse ihn sanft auf die Schläfe. Meine Finger fahren über seinen Nacken, kraulen leicht durch sein Haar. „Raphael… Aufwachen, Süßer!“ Kaum habe ich das letzte Wort ausgesprochen beiße ich mir auf die Unterlippe. Süßer? Warum ist mir das rausgerutscht. Obwohl süß ist er ja schon irgendwie. So wie er sich tiefer in sein Kissenvergräbt und leise grummelt. „Komm schon Süßer! Aufwachen!“ flüstere ich direkt in sein Ohr. Er presst die Augen fest zusammen, bevor er sie langsam öffnet. „Süßer? Wirklich?“ Seine Stimme ist rau und er klingt total verschlafen. Ups! Ich merke wie ich knallrot anlaufe und weich seinem Blick aus. „Tschuldigung. Ich werde es nicht mehr sagen!“ nuschle ich etwas beschämt. „Schon okay. Hier kannst du es sagen!“ Überrascht sehe ich zu ihm. Er hat die Augen wieder geschlossen. „Hier in deiner Wohnung oder hier in deinem Bett?“ harke ich nach. Ich hätte nie gedacht, dass Raphael es zulassen würde. Egal wo. „Hier im Privaten!“ antwortet er schließlich. Oh… jetzt bin ich überrascht. Aber richtig. Ich hätte nie gedacht, dass er der Typ für Spitznamen ist. „Okay Süßer!“ grinse ich auf ihn hinunter. „Übertreib nicht!“ grummelt Raphael und ich kann ein leises kichern nicht unterdrücken. „Werde ich nicht. Süßer!“ Ich kann einfach nicht anders als ihn ein wenig zu necken. Inzwischen grinse ich bis zu den Ohren. „Hast du mich nur geweckt um mich zu ärgern? Rübchen?“ „Hey, nicht beleidigend werden!“ Ich schubse ihn gegen die Schulter. Sanft wohlgemerkt. „Ich mag deine Haare.“ Antwortete er lediglich. Das war also gar keine Beleidigung? „Danke!“ Ich streiche ihm über die Wange. „Und nein. Ich habe dich nicht nur geweckt um dich zu ärgern. Dein Wecker hat geklingelt.“ Raphael reißt die Augen auf und setzt sich auf. „Warum sagst du das nicht gleich?“ Er fährt sich mit beiden Händen durch das Haar. „Ich muss um halb sieben in der Firma sein!“ Also hat er einen Termin. Ich lege meine Hand in seinen Nacken und küsse ihn. „Kein Problem. Du machst dich fertig und ich kümmere mich ums Frühstück!“ Damit stehe ich vom Bett auf und hole mir meine inzwischen trockenen Kleider. „Mila… mach dir nicht zu viel Mühe. Ich krieg morgens nicht viel runter!“ Kurz sehe ich zu Raphael. Er sammelt gerade seine Kleidung zusammen, dann verschwindet er im Bad. Ich seufze leise und tappe dann in die Küche. Ich koche Wasser und gieße Tee auf. Wie bekomme ich Raphael dazu ordentlich zu frühstücken? Wahrscheinlich gar nicht… Ich weiß ja nicht mal warum er so Probleme hat. Kurzentschlossen mache ich einfach zwei Marmeladenbrote. Meines esse ich gleich während ich auf Raphael warte. Es ist kurz vor sechs als Raphael sich zu mir an den Tisch setzt. Er mustert das Brot nur, während er beide Hände um die Teetasse legt. „Warum musst du so früh in die Firma?“ fange ich das Gespräch schließlich an. Raphaels Augen sehen mich an. Er hat sich ordentlich rasiert, das blonde Haar aus dem Gesicht gekämmt. Heute trägt er einen dunkelblauen Anzug und eine gestreifte Krawatte. „Ich habe mir das Wochenende und den Montag freigenommen. Jetzt muss ich zusehen, dass ich das wichtigste erledigt bekomme!“ Er hat sich frei genommen? „Wegen der Verhandlung deines Vaters?“ frage ich vorsichtig. „Ja. Ich kann mich kaum konzentrieren, schlafe schlecht und bin mit den Gedanken nicht bei der Sache. Es ist besser so, als wenn ich irgendeinen schwerwiegenden Fehler begehe. Das ist das Schwein von Vater nicht wert!“ Ich höre die unterdrückte Wut in der Stimme. „Hast du vielleicht morgen und Sonntag Zeit für mich?“ Ich sehe ihn mit großen Augen an. Sprachlos. „Schau nicht so! Letzte Nacht habe ich gut geschlafen und das liegt an dir! Ich möchte mit dir zusammen sein, weil es mir gut tut.“ Er zuckt mit den Schultern und lächelt mich schief an. Ich erwidere es. „Ich muss Alina anrufen, wir haben eigentlich eine Verabredung für morgen Abend. Aber das habe ich gleich geklärt!“ Ich stehe auf und bin noch vor seinem „Du musst nicht…“ aus dem Zimmer. Ich zücke mein Handy. „Verdammt Mila! Es ist sechs Uhr!“ Alinas verschlafene Stimme dringt mir entgegen. „Entschuldige es ist aber wichtig!“ Ich versuche zerknirscht zu klingen. „Können wir das gemeinsame Kochen morgen Abend verschieben? Vielleicht auf heute?“ Mit angehaltenem Atem warte ich auf ihre Antwort. „Ist es wegen Raphael? Warum springst du immer gleich wenn er hier schreit? Wie lange seid ihr jetzt zusammen? Vier Wochen? Und er war immer noch nicht zum Essen bei und…“ Sie redet sich immer weiter in Rage. „Ich habe ihn noch gar nicht gefragt!“ unterbreche ich sie. „Dann frag ihn jetzt! Wenn er heute Abend mit uns zusammen isst, dann nehme ich alles zurück.“ „Okay ich frag ihn!“ erkläre ich nach kurzem zögern. Ich gehe zurück und sehe Raphael direkt an. „Kommst du heute Abend mit zu mir und Alina? Wir wollen zusammen essen!“ Lange sieht er mich einfach nur an, dann nickt er. Ich lächle ihn an. „Iss etwas!“ Dann gehe ich wieder ins Wohnzimmer. „Er kommt!“ erkläre ich Alina. „Sehr schön. Ach ja. Boris ist heute auch da. Kommst du vor der Uni noch mal her?“ Ich bejahe die Frage. „Gut, dann reden wir da über das Essen. Bis dann!“ Ich verabschiede mich ebenfalls und gehe zu Raphael. Er hat gerade einmal in sein Brot gebissen. „Also du hast mich das ganze Wochenende für dich!“ Raphael nickt nur und steht dann auf. „Gut. Pack Wechselklamotten und deinen Ausweis ein, wir bleiben nicht in der Stadt.“ Perplex sehe ich ihn an. „Wo geht es hin?“ „In mein Ferienhaus! Und jetzt hol deine Sachen. Ich muss los!“ Schnell sammle ich alles ein und schnappe mir auch sein Brot vom Tisch. Vielleicht bekomme ich ihn ja noch dazu den Rest auch zu essen. Fünf Minuten später sitze ich neben Raphael in seinem Wagen. Er dreht gerade den Schlüssel herum und der Motor erwacht schnurrend zum Leben. „Stopp! Einmal abbeißen bitte!“ Ich halte ihm das Brot hin. Raphael seufzt leise. „Hätte ich mir ja denken können.“ Trotzdem beißt er hinein und schluckt dann hart. Dann fährt er aus der Tiefgarage und ordnet sich in den Verkehr ein. An jeder roten Ampel halte ich ihm das Brot hin. Jedes Mal sieht er mich genervt an, widerspricht aber nicht. „Komm das letzte Stück!“ Er schluckt und lehnt sich dann zu mir herüber. „Wann soll ich heute Abend hier sein?“ Wir stehen vor meinem Haus. Raphael hat den Motor abgestellt. „Um sieben!“ Er sieht kurz auf die Mittelkonsole. „Das schaffe ich nicht. Ist halb acht auch in Ordnung?“ Ich ziehe seinen Kopf am Kinn etwas zu mir und küsse ihn sanft. „Ja, bis heute Abend!“ Raphael legt eine Hand in meinen Nacken und küsst mich ausgiebig. Nach einer gefühlten Ewigkeit löst er sich von mir und lässt mich schweratmend zurück. „Bis heute Abend, Rübchen.“ Ich verdrehe die Augen und steige aus. Bevor ich die Tür schließe beuge ich mich noch einmal hinunter. „Süßer… falls irgendetwas ist… ruf mich an!“ Ohne auf seine Reaktion zu warten, schlage ich die Tür zu und steige zu unserer Wohnung hoch. „Musstest du wirklich um sechs Uhr anrufen?“ Alina empfängt mich im Pyjama und mit einer Kaffeetasse in der Hand. So viel zum Thema rein schleichen. Naja ich habs probiert. „Raphael musste früh zur Arbeit… und ganz ehrlich? Ich wollte so schnell wie möglich eine Antwort.“ Setze ich nach als ich ihren Blick sehe. Typisch Skepsis. „Warum? Raphael Bräuer ist ein erwachsener Mann! Und du läufst ihm ständig nach!“ Ich kicke meine Schuhe von den Füßen und schiebe meine beste Freundin in die Küche. „Alina hör mir zu!“ Eindringlich sehe ich sei an. „Raphael soll am Montag vor Gericht gegen seinen Vater aussagen.“ Kläre ich sie knapp auf. „Ach ja. Er sagt es belastet ihn und du springst sofort um ihm alles recht zu machen. So kenne ich dich gar nicht!“ Was zum Henker ist los mit ihr? Warum reagiert sie dermaßen? „Was ist los mit dir? Er ist mein Freund! Natürlich unterstütze ich ihn!“ Verwirrt sehe ich sie an. „Das ist los!“ Alina knallt die heutige Zeitung vor mir auf den Tisch. Meine Augen fliegen über die Titelseite und bleien an einer Überschrift hängen. » Raphael Bräuers Ex-Freundin packt aus Samira Leher spricht über das Zusammenleben mit dem Millionär « „Ich dachte diese Zeitung ist seriös!“ seufze ich. „Lies einfach!“ drängt Alina mich. Ich verdrehe die Augen. Ich glaube nicht, dass in diesem Interview auch nur irgendetwas Sinnvolles steht. Trotzdem ziehen die Worte mich magisch an. Ich kann nicht widerstehen. » Samira: Was für ein Mensch Raphael ist? er ist besessen von seiner Arbeit und eiskalt. Reporter: Was meinen sie mit eiskalt? Samira: Dieser Mann ist zu keinerlei Gefühlen fähig. Außer Sex gab es nichts was uns verbunden hat. Ich habe ihn geliebt und ihm war es einfach egal! Reporter: Das war sicherlich nicht einfach für Sie! Samira: Nein. Das war es nicht. Einmal da hat er mich von sich gestoßen. So hart, dass ich gestürzt bin und mir den Arm gebrochen habe…« „Den Scheiß glaubst du doch nicht ernsthaft?!“ Ich breche schon nach dem ersten Abschnitt ab. Was für Lügen. Diese Frau… Raphael ist alles andere als eiskalt. „Er hat sie verletzt! Und das was sie über den Sex erzählt…“ Alina ist fuchsteufelswild. Soweit war ich gar nicht gekommen. „Du hast Raphael doch erlebt. Seine Panickattacke. Welche Kraft er entwickelt hat. Er wollte diese Heuchlerin sicherlich nicht absichtlich verletzen. Er hat nun mal Probleme mit Berührungen. Aber deswegen ist er noch lange nicht gewalttätig. Für mich heißt das nur, dass ich etwas behutsamer mit ihm bin, als vielleicht bei anderen. Das ist kein Drama.“ Dann verstumme ich und fahre mir über das Gesicht. „Ja Raphael ist nicht einfach. Sicherlich ist er alles andere als das. Aber das heißt nicht dass wir aufgeben.“ Alina ist verwirrt. „Warum kämpfst du so sehr um eine Sexbeziehung?“ „Weil es keine Sexbeziehung ist!“ schreie ich sie fast schon an. Wie kann sie diese Frage wagen. „Dann lies!“ Sei drückt mir die Zeitung an die Brust. Nein das werde ich nicht. Was da drin steht ist doch alles Lüge. Oder? Verdammt! Ich will wissen, was da steht. Auch wenn das der größte Mist sein sollte. „Lies und sag mir, dass diese Frau wirklich nur Mist erzählt! Dass er dich nicht so behandelt!“ Auf einmal wird mir klar, dass Alina weniger Probleme mit Raphael hat als mir der Vorstellung er könnte mich irgendwie verletzen. „Ist ja gut. Ich machs ja!“ » Raphael Bräuers Ex-Freundin packt aus Samira Leher spricht über das Zusammenleben mit dem Millionär Reporter: Sie haben sich also entschlossen über die Beziehung zu sprechen, die sie mit Raphael Bräuer hatten? Samira: Ja. Raphael Bräuer ist ein kontrollsüchtiges Schwein. Ich will alle Frauen davor warnen etwas mit ihm anzufangen. Reporter: Dann erzählen Sie uns doch was für ein Mensch er ist… Samira: Was für ein Mensch Raphael ist? er ist besessen von seiner Arbeit und eiskalt. Reporter: Was meinen sie mit eiskalt? Samira: Dieser Mann ist zu keinerlei Gefühlen fähig. Außer Sex gab es nichts was uns verbunden hat. Ich habe ihn geliebt und ihm war es einfach egal! Reporter: Das war sicherlich nicht einfach für Sie! Samira: Nein. Das war es nicht. Einmal da hat er mich von sich gestoßen. So hart, dass ich gestürzt bin und mir den Arm gebrochen habe. Er hat mich nicht ins Krankenhaus gefahren, sondern er ist einfach abgehauen…« Bis da war ich ja schon ungefähr gekommen gewesen. Ich seufze leise und sehe dann Alina an. „Ja Raphael arbeitet viel und er hat panische Angst an bestimmten Stellen berührt zu werden. Das hast du ja erlebt! Und was unsere Beziehung angeht… es ist mehr als nur Sex!“ Dann lese ich weiter. » Reporter: Wie lange waren sie zusammen? Samira: Vier Monate! Er hat mich vom ersten Moment an fasziniert. Reporter: Wie sind die Treffen zwischen ihnen abgelaufen? Samira: Er hat angerufen. Seine Nummer war immer unterdrückt. Wir waren immer in einem Hotel oder bei mir. Niemals bei ihm. Es ist als ob er mich bewusst von sich ferngehalten hätte…« Wow. Das ist ein ziemlicher Unterschied zu dem was ich und Raphael haben. „Alina. Ich habe Raphaels private Handynummer und ich war bisher öfter bei ihm, als er bei mir. Die Beziehung zwischen mir und Raphael hat absolut nichts mit dem zu tun, was diese Tusse da beschreibt!“ erkläre ich. „Wirklich?“ fragt meine beste Freundin leise nach. „Wirklich!“ erwidere ich fest. Sie nickt langsam. „Okay, ich glaube dir!“ Erleichtert fahre ich mir durch die Haare. Gott sei Dank! Ich hätte nur ungerne zwischen Raphael und Alina stehen wollen. Apropos Raphael. Ich sollte ihn vielleicht anrufen. Ich wühle mein Handy aus der Handtasche und wähle Raphaels Nummer. Nach dem dritten Klingeln geht er ran. „Welchen Artikel hast du gelesen?“ Keine Begrüßung. Einfach nur diese Frage. Entsetzt schaue ich auf die Zeitung. „Es gibt mehrere?!“ flüstere ich. Am anderen Ende der Leitung ist es einen Moment still. „Drei!“ erwidert Raphael dann. Ich höre an seiner Stimme, dass er mit sich kämpft. „Das Interview mit deiner Ex. Worüber sind die anderen beiden?“ Ich habe Angst vor seiner Antwort und trotzdem muss ich fragen. Ich muss es wissen. „Fotos von gestern Abend. Sie haben uns scheinbar beim heimlaufen entdeckt. Jetzt spekulieren sie wer du bist!“ Raphael klingt angespannt. So, als hätte er Angst vor meiner Reaktion. „Das war ja zu erwarten. Eigentlich ist es ja erstaunlich, dass es so lange gedauert hat bis die ersten Bilder aufgetaucht sind.“ Und er hat mich ja gewarnt, dass früher oder später die Presse auf mich aufmerksam werden würde. „Du bist nicht sauer?“ fragt er zögerlich. Meine Augen werden groß. „Nein, natürlich nicht! Ich bin deine Freundin! Natürlich bleibt das der Presse nicht ewig verborgen. Und das soll es auch gar nicht.“ Ich gehe in mein Zimmer und schließe die Tür hinter mir. Auch wenn Alina meine beste Freundin ist muss sie ja nicht alles hören. „Du würdest zu mir stehen?“ Wie bitte? Ich erstarre. Hat er das gerade wirklich gefragt? „Was steht in dem dritten Artikel?“ Das ist die einzige halbwegs logische Erklärung. Raphaels Unsicherheit muss doch irgendwo begründet sein. „Das ist nicht wichtig!“ murmelt Raphael. „Doch das ist es!“ erwidere ich ruhig. Es belastet ihn. also… „Mila bitte lass es gut sein. Es hat nichts mit dir zu tun!“ Was redet er da für einen Mist? Alles was ihn betrifft hat auch etwas mit mir zu tun! „Raphael jetzt hör mir mal zu! Du hast jetzt zwei Möglichkeiten!“ Ich atme tief durch. „Entweder du sagst mir jetzt was los ist oder ich kaufe mir auf dem Weg zur Uni sämtliche Zeitungen bis ich weiß, was dir zu schaffen macht!“ Ich halte die Luft an und warte auf Raphaels Reaktion. „Scheiße Mila, ich…“ Er atmet schwer. Ein dumpfes Geräusch und das Rascheln von Papier. Hat er sich an seinen Schreibtisch gesetzt? Verdammt! Ich wünschte wir wären im gleichen Raum und würden das hier jetzt nicht am Telefon klären. Ich kann ihn schon kaum einschätzen, wenn er direkt vor mir steht. „Es geht um Spekulationen über den Mord an meinem Lehrer. Sie schreiben…“ Raphael schluckt schwer. Ich warte einfach, lasse ihm Zeit. „Die vermuten, dass nicht mein Vater, sondern ich…“ Oh Gott. Kein Wunder, dass Raphael so durch den Wind ist. „Hast du irgendetwas mit diesem Mord zu tun?“ frage ich vorsichtig. Dabei bin ich mir bewusst, dass ich ihn damit noch mehr verunsichere. „Nein, Mila…nein!“ Er klingt ängstlich, fast schon panisch. „Dann glaube ich dir Raphael! Also mach dir keine Gedanken über mich. Ich werde dich nicht im Stich lassen. Verstanden?“ Ich gebe mir Mühe meine eigene Unsicherheit aus meiner Stimme zu verdrängen. „Danke Mila!“ erleichtert atmet er durch. Dann ist er kurz weg. Ich höre jemanden im Hintergrund reden. „Entschuldige, ich muss wieder an die Arbeit. Ich versuche heute Abend pünktlich zu sein!“ Raphael klingt etwas gehetzt. Wir verabschieden uns und dann lege ich auf. Kapitel 18: Kapitel 17: ----------------------- nach ewig langer Zeit auch mal wieder... viel spaß beim lesen und ich freue mich auf eure Meinungen. lg kateling Kapitel 17: Raphaels Sicht. Ich telefoniere gerade mit Mila. Eigentlich habe ich sie ja erst vor einer Stunde vor ihrer Wohnung abgesetzt. Aber es tut gut ihre Stimme zu hören und ihr Vertrauen. Denn ich muss ehrlich zugeben, dass die Artikel mir zusetzen. Dabei sind die Fotos von gestern noch das harmloseste. Mila hat auch vollkommen ruhig reagiert. Auch auf das Interview und sie glaubt mir auch bezüglich des Mordes. „Herr Bräuer, die Polizei möchte Sie sprechen!“ Mitten aus dem Gespräch gerissen sehe ich zu Frau Dreher. Sie steht in der Tür und beobachtet mich eindringlich. Verdammt, was wollen die jetzt noch von mir? Die haben meine Aussage doch bereits. Schnell verabschiede ich mich von Mila, schiebe meine Arbeit vor. Ich will sie nicht beunruhigen. „Schick sie rein!“ seufze ich. Eine andere Wahl habe ich wohl nicht. Die beiden Beamten, die mein Büro betreten kenne ich nicht. Langsam erhebe ich mich. „Guten Tag Herr Bräuer. Ich bin Detektiv Jones und das ist mein Kollege Schmidt.“ Stellt der Ältere vor und zeigt seine Dienstmarke. Ich nicke nur knapp und setze mich dann wieder. Jones tut es mir gleich, während sein jüngerer Kollege unsicher hinter ihm stehen bleibt. Unangenehm hängt das Schweigen zwischen uns. „Was wollen sie von mir?“ frage ich schließlich reserviert. Sie gehen mir auf die Nerven. Entweder sie rücken endlich mit der Sprache heraus oder sie verschwinden. Es wartet noch ein ganzer Haufen Arbeit auf mich. „Es sind Gerüchte aufgekommen…“ beginnt Jones. Fest beiße ich die Zähne zusammen. Wirklcih? Sie sind wegen Gerüchten hier? „Natürlich. Wann gibt es denn mal keine Gerüchte?“ Ich lehne mich zurück und fixiere die beiden. „Über Sie gibt es genug Gerüchte… Aber nicht über sie als Mörder…“ Das… Was für Vollidioten haben die da hergeschickt?! Abrupt stehe ich auf und drehe mich um. Am liebsten würde ich diesen… Argh… eine verpassen. Vorallem diesem Jones. „Alles weitere besprechen sie bitte mit meinem Anwalt!“ knurre ich durch die Zähne. „Herr Bräuer, bitte entschuldigen sie meinen Kollegen. Wir möchten sie nicht belästigen, aber wir haben anonyme Hinweise erhalten, denen wir nun nachgehen müssen.“ Schmidt klingt irgendwie unterwürfig. So als schleime er sich ein. aber immer noch besser als sein Kollege. Zumindest scheint er etwas Respekt zu besitzen. „Was wollen sie wissen?“ frage ich nachdem ich tief durchgeatmet habe ruhig. „Erzählen Sie uns, was in jener Nacht geschehen ist!“ Als hätte ich das nicht bereits tausend Mal getan! Warum lesen die nicht einfach meine Aussage? Das ist immer noch wirr. Ich kann mich nur verschwommen an alles erinnern. Daran hat sich in den letzten zehn Jahren auch ncihts geändert. „An dem Abend stand Samuel Berger vor unserer Wohnungstür. Mein Englischlehrer. Er wollte mit meinem Vater reden. Alleine. Ich bin in mein Zimmer gegangen. Worum es ging… Keine Ahnung. Als ich lautes Rumpeln aus dem Wohnzimmer hörte bin ich rüber. Die beiden haben sich geprügelt. Oder eher hat mein Vater Herr Berger verprügelt. Ich wollte die beiden auseinander bringen…“ Ich verstumme. In Gedanken bin ich wieder dort. In meinem stickigen Zimmer, in dem nicht mehr steht als ein zerschlissener Kleiderschrank und ein Bett. In dem Zimmer, das winzig klein und erdrückend ist. Und leer. Keine Poster, keine Bilder. Nichts persönliches. So ist es noch immer. Ich habe wenige persönliche Dinge. Es gibt nicht viel das ich aufhebe, weil es mir wichtig ist. es füllt nicht mal einen Schuhkarton. „Was ist dann passiert?“ fragt Schmidt irgendwie unbeteiligt. So als spreche ich gerade über das Wetter und nicht über ein Gewaltverbrechen. „Ich weiß es nicht. Das nächste woran ich mich erinnere ist, dass ich alleine, mit höllischen Kopfschmerzen in dem verwüsteten Wohnzimmer aufgewacht bin.“ Ab da ist alles nur noch verschwommen. Ich weiß nicht wie oft sie mich bereits nach der Uhrzeit gefragt haben… ICh kann mich einfach nicht erinnern. Und so geht es mir mit fast allen Details… „Ich bin zur Polizei. Der Beamte hat mir nicht geglaubt. Er war der Meinung ich erfinde das nur oder habe es mir eingebildet. Er hat mich wegen einer Platzwunde, die ich bis dahin gar nicht bemerkt hatte ins Krankenhaus gefahren und das ganze als Bandenkriminalität abgelegt.“ Ich drehe mich langsam zu ihnen um. Starre auf einen imaginären Punkt über Jones Schulter. „Aberdas habe ich ihren Kollegen bereits mehrfach gesagt.“ Damit ist das Ganze jetzt hoffentlich erledigt. „Ja. Uns interessiert jetzt allerdings was danch war. Sie haben um ein Uhr in der Nacht mit dem Polizisten Mertens das Revier verlassen. Samuel Berger starb zwischen vier und fünf Uhr morgens. Wo waren Sie zu diesem Zeitpunkt?“ Ich fokusiere meinen Blick direkt auf Schmidt. „Sie wollen wissen ob ich ein Alibi habe?“ Jetzt nach über zehn Jahren? „Ich war im Krankenhaus. Sie haben mich aufgrund der schweren Gehirnerschütterung vierundzwanzig Stunden zur Überwachung da behalten.“ Erkläre ich leise. Mein Vater war stinksauer gewese, als ich zurück in die Wohnung kam. Er hat mich verprügelt. So heftig wie noch nie… ich bin noch am gleichen Tag abgehauen. Zu Danny und Edgar Wegner. Ich hatte die Hoffnung, dass meine Mutter mich vielleicht nicht vergessen hat… Ich wusste nicht einmal, dass sie da bereits tot war. „Okay. Wir werden die Krankenakte anfordern. Verlassen sie bitte bis zur Verhandlung am Montag die Stadt nicht. Auf Wiedersehen!“ Sprachlos sehe ich ihnen nach wie sie mein Büro verlassen. Haben sie mir jetzt wirklich cerboten die Stadt zu verlassen? Das ist doch die Höhe! Bin ich jetzt verdächtig? Dabei habe ich mich wirklich auf den Wochenendtrip mit Mila gefreut. Keine Arbeit, keine nervenden Reporter und eine Frau, die mir wirklcih wichtig ist. warum läuft eigentlich nie etwas nach Plan? Schwerfällig lasse ich mich in meinen Schreibtischstuhl fallen. Ich fühle mich einfach nur Müde. Obwohl ich letzte Nacht verhältnismäßig lange und vor allem gut geschlafen habe. Mein Blick wandert zur Uhr. Kurz vor zehn. Mila ist jetzt in der Uni, da brauch ich sie nicht anrufen. Aber genau jetzt würde ich gerne ihre Stimme hören. Verfluchter Mist aber auch. Warum mussten diese Polizisten ausgerechnet heute auftauchen mit ihrem Verdacht? Hasst mich die Welt so sehr? Warum passeirt immer dann so etwas, wenn ich mich mal gut fühle? Das erste Mal in meinem Leben fühle ich mich wirklich wohl in der Gesellschaft eines anderen Menschen. Mila ist die erste Frau mit der ich eine zumindest annähernd normale Beziehung führe. Erst die Sache mit dem Mord und Samuel Berger und meinem Arsch von Vater. Alleine der Gedanke das ich den Mann am Montag im Gericht nach fast zwölf Jahren wieder sehen werde dreht mir den Magen um. das letzte Mal lag ich blutend wor ihm. Wenn das alles wäre käme ich damit klar. Was ich mehr als alles andere hasse ist die Aufmerksamkeit der Presse. Nicht umsonst versuche ich mein Privatleben unter Verschluss zu halten. Was mich zu heute Morgen zurück bringt. Schon der Auflauf von Reportern vor dem Gebäude hätte mich eigentlich zum Umdrehen bewegen sollen. Aber ich habe die Vorzeichen für diesen beschissenen Tag einfach ignoriert. Jetzt bleibt meine Arbeit weiterhin liegen. Denn diese Aasgeier der Presse und ihre nervigen Artikel haben mir zwei respektlose Polizisten, ein zeitraubendes Verfahren gegen meine Exfreundin –immerhin hat sie eine Verschwiegenheitserklärung unterschrieben- einen Haufen Papierkram und eine Pressekonferenz eingebracht. Erschöpft fahre ich mir durch die Haare. Das wird ncoh ein langer Tag. Seufzend wende ich mcih meiner Arbeit zu. Ich weiß nicht wie lange ich Unterlagen lese und Zahlen prüfe. Irgendwann reißt mich ein leises Klopfen aus den Zahlen. „Herein!“ Frau Dreher betritt mein Büro mit einem Tablett in den Händen. „Es sit bereits halb zwei. In einer halben Stunde ist die Pressekonferenz und sie sollten vorher noch etwas essen!“ Ich hasse es, wenn die Stimme dieser Frau so sanft klingt. Es fühlt sich an, als wäre ich ein verdammtes Kind. „Danke, aber…“ Bevor ich meine Bedenken aussprechen kann hat sie bereits die Papiere zur Seite geschoben und das Tablett abgestellt. Mien Blick schweift über das belegte Brot, die Apfelschnitzen und die Tasse Tee. Zielstrebig greife ich nach dem Tee. Auf den Rest kann ich gut und gerne verzichten. Stress und Appetit gehören bei mir alles andere als zusammen. Frau Dreher hat mein Büro wieder verlassen als ich aufsehe. Seufzend greife ich nach dem Brot und beiße zumindest einmal hinein. Für Mila. Ihr sccheint es wichtig zu sein, dass ich halbwegs regelmäßig und genug esse. Okay es ist wichtig. Meine Ärztin hält mir bei jedem Besuch einen Vortrag wie wichtig die Ernährung gerade für mich ist. Die wissen nur alle nicht, wie schwer es ist gegen seinen eigenen Körper zu kämpfen. Ich beiße noch einmal in das Brot, esse ein Stück Apfel und trinke den Tee. Mehr ist echt nicht drin. Ich suche die notwendigen Papiere zusammen und streiche mir die Haare aus der Stirn. Ich atme tief durch und verlasse dann mein Büro. Auf in den Kampf. Fast zwei Stunden später ist die Pressekonferenz immer noch nicht beendet. Ich habe meine Arme bewusst locker auf den Tisch gelegt. Mein Psychologe erklärt mir regelmäßig welche Wirkung Körpersprache hat. Naja ich versuche zumindest offener zu wirken. Auch wenn ich die Arme am liebsten um meinen Oberkörper schlingen und mich in irgendeiner stillen Ecke verkriechen würde. Nur leider habe ich diese Option gerade nicht. Die Pressekonferenz hat eigentlich harmlos begonnen. Die Fragen waren mehr au fdie Firma ausgerichtet und nicht weiter dramatisch. Dann hat irgendeiner nach dem Mord gefragt. Ich habe keine der Fragen selbst beantwortet, sondern alles meinem Pressesprecher überlassen. Ansonsten wäre ich mit Sicherheit schon bei der zweiten Frage aus der Haut gefahren. Aber der Mann macht das echt gut. Ruhig, souverän und ohne die Grenzen, die ich im gesteckt habe zu überschreiten. „Herr Bräuer, was sagen sie zu dem Interview mit Samira Leher?“ Ich zucke unmerklich zusammen und fixiere dann den jungen Mann mit Hornbrille und Igelfrisur der die Frage gestellt hat. Ich spüre den musternden Blick meines Pressesprechers. Er wartet ob ich diese Frage selbst beantwortetn werde oder er übernehmen soll. „Wenn Frau Leher der Meinung ist ihr Privatleben in der Öffentlichkeit auszubreiten ist das ihr überlassen. Allerdingswird sie auch die Konsequenzen tragen müssen wenn sie es mit dem meinigen tut.“ Dabei lasse ich es einfach stehen. Ich werde diesen Aasgeiern sicherlich nicht noch mehr privates erzählen, wo Samira das ja schon erledigt hat. „Was sagt ihre Freundin dazu?“ Ich erstarre. Eigentlich habe ich mit dieser Frage gerechnet. Trotzdem bin ich unvorbereitet. „Sie beziehen sich auf die Fotos vom gestrigen Abend?“ springt mein Pressesprecher ein, da ich nicht so recht weiß was ich sagen soll. „Ist Herr Bräuer in der letzten Zeit mit einer anderen Frau gesehen worden?“ ätzt der Reporter. „Ist er jemals mit einer anderen Frau gesehen worden?“ wirft ein anderer dazwischen. Es stimmt. Ich habe mich nie mit einer Frau in der Öffentlichkeit vertraut gezeigt. Es gab nie irgendwelche Gerüchte über Beziehungen. Bisher hatte ich aber auch hauptsächlich One-Night-Stands und diese Frauen kannten großteils nicht einmal meinen Namen. Mit Mila hat es ja genau so angefangen. Aber jetzt ist das anders. Ich habe ihr gesagt, dass ich eine echte Beziehung mit ihr möchte. Eine normale Beziehung. Soweit ich es eben kann. Sollte ich es dann nicht auch zeigen? Mila hat gesagt sie steht zu mir egal was passiert. Dabei kennt sie meine Dämonen doch nicht einmal. Ich muss meine Hand zwingen ruhig zu halten und nicht zu meinem Bauch zu wandern. Irgendwann muss ich mit ihr darüber reden. Ich muss über meinen Schatten springen. Es ist vielleicht ein Anfang das erste Mal wirklich zu einer Beziehung zu stehen. Ich atme tief durch. „Was die Frau von gestern Abend betrifft… Ja sie ist meine Freundin.“ In dem Moment in dem ich das ausspreche kommt mir der Gedanke, dass das eventuell ein Fehler war. Mit dieser Aussage habe ich mich… unsere Beziehung diesen Aasgeiern zum Fressen vorgeworfen. Der Todesstoß. Meine Fäuste verkrampfen sich bis meine Knöchel weiß werden. Ich weiß doch überhaupt nicht wie es mit uns weiter geht. Aber das ist nach dieser Aktion gerade sehr unwahrscheinlich. Wenn unsere ja noch junge Beziehung den Spießrutenlauf mir der Presse übersteht… dann wird sie vermutlich an meiner Vergangenheit zerbrechen. Keiner wird bleiben wollen, wenn sie es wüssten. Nicht einmal Danny weiß alles. Ich habe mit niemandem darüber gesprochen und ich werde auch mit niemandem darüber sprechen. Niemals. Es darf keiner erfahren. Ich atme tief durch. Ich muss hier weg, bevor ich noch mehr sage oder einfach zusammenklappe. Die Gedanken rasen durch meinen Kopf. Ich gebe meinem Pressesprecher ein Zeichen und kaum hat er die Konferenz beendet springe ich auf und verlasse fluchtartig den Raum. Ohne nach links und rechts zu schauen stürme ich in mein Büro, schließe die Tür ab und bleibe Mitten im Raum stehen. Scheiße! Warum läuft bei mir eigentlich nie etwas normal? Meine Knie geben nach. Ich sacke einfach zu Boden, umklammere zitternd meine Knie. Warum soll ich es überhaupt versuchen? Ich zerstöre doch eh nur alles. Und ich werde auch diese Beziehung zu Mila früher oder später zerstören. Zu ihrem Besten sofort. Jetzt ist es für sie noch leichter. Für sie vielleicht… Kapitel 19: Kapitel 18: ----------------------- So hier geht es weiter, mal aus einer komplett anderen Sicht ;) Lasst mir doch eure Meinung da und viel Spaß beim Lesen. lg kateling Kapitel 18: Dannys Sicht: Ich räume gerade meinen Schreibtisch auf, als mein Telefon klingelt. Mit zusammengekniffenen Augen starre ich das schwarze Teil an. Ich habe Feierabend. Wer auch immer das ist kann bis Montag warten. Also ignoriere ich das nerv tötende Klingeln und fahre den Computer herunter. Doch wer auch immer etwas von mir will ist ziemlich hartnäckig. Kaum ist der Anruf auf den AB weitergeleitet worden fängt das Telefon von neuem zu klingeln an. Eigentlich bin ich ja schon raus aus dem Büro… Zumindest stehe ich an der Tür. Aber ein seltsames Gefühl lässt mich zurück zum Schreibtisch gehen und den Hörer abnehmen. „Dänel Inc. Grafikabteilung Daniel…“ Weiter komme ich nicht. „Danny! Gut, dass ich sie noch erwische… Ich dachte schon ich müsse ihren Vater…“ Ich brauche einen Moment bis ich die Stimme erkannt habe. „Frau Dreher?!“ unterbreche ich die Sekretärin/ Assistentin meines Bruders. „JA. Sie müssen vorbeikommen, bitte. Ich weiß nicht was ich tun soll!“ Die sonst so ruhige Frau überschlägt sich beinahe vor Aufregung. Das letzte Mal, dass sie mich so angerufen hat, da hatte Raphael die endgültige Diagnose erhalten und danach sein halbes Büro verwüstet. „Erzählen Sie mir was passiert ist!“ verlange ich ruhig aber innerlich total aufgewühlt. So kontrolliert und desinteressiert wie Raphael oft wirkt ist er gar nicht. Er ist nur ein verflucht guter Schauspieler. Und leider merke ich meistens erst, dass etwas nicht stimmt, wenn es zu spät ist. „Nach der Pressekonferenz hat er sich in seinem Büro eingeschlossen. Er reagiert weder auf Klopfen noch Anrufe. Und es ist absolut still.“ Ich kneife die Augen zusammen. Das ist jetzt nichts so Außergewöhnliches… „Herr Bräuer hat zwei Termine einfach ausfallen lassen und heute Morgen hat er gesagt, dass er um halb sieben Feierabend macht!“ Ein Blick auf meine Uhr. Fünf vor Sieben. Okay, das ist wirklich ungewöhnlich. Raphael lässt nie einfach so einen Termin ausfallen. Und wenn es wirklich einmal vorkommt, dass er sagt wann er Feierabend macht, dann ist er auch pünktlich weg. Ich sollte vielleicht mal vorbeifahren… das kann nur gründlich in die Hose gehen. Mein Bruder reagiert nicht immer gut, wenn ich in seine Privatsphäre eindringe. Oder irgendjemand anderes. Ach scheiß drauf! Raphael ist mein Bruder, natürlich werde ich vorbeifahren. „Ich bin in zehn Minuten da!“ Und schon bin ich auf dem Weg zu meinem Auto. Eine viertel Stunde später klopfe ich an Raphaels Bürotür. „Raph, mach die Tür auf!“ Keine Reaktion. Ich wechsle einen Blick mit Frau Dreher. „Raphael! Entweder du machst jetzt die Tür auf oder ich tret sie ein.“ Es dauert einen Moment, dann höre ich das Klicken des Schlosses. Langsam schwingt die Tür auf. „Das ist eine Sicherheitstür. Die kannst du nicht eintreten!“ nuschelt Raphael mir entgegen. Mit offenem Mund starre ich ihn an. Was zum Teufel ist denn mit dem los? Seine Haare stehen in alle Richtungen ab. Sein Hemd hängt halb aus der Hose. Aber das schlimmste sind seine Augen. Trüb verhangen und voller Schmerz. Etwas unsicher auf den Beinen dreht er sich um und tappt zu der Sitzgruppe hinüber. Zögernd folge ich meinem großen Bruder. Schwerfällig lässt er sich auf den Boden fallen, mit dem Rücken zur Couch. „Warum funktioniert das eigentlich nie bei mir? Kannst du mir das mal erklären?“ Ich gehe neben ihm in die Hocke. „Raphael, wovon redest du?“ Ich versuche ihn zu verstehen. „Raphael hält mir sein Handy hin. Mit großen Augen starre ich auf das Foto. Mila und Raphael am Strand. Das war im Urlaub… Sind die beiden schon so lange…? „Habt ihr Schluss gemacht?“ frage ich vorsichtig. Raphael greift nach der Flasche auf dem Tisch vor uns. ich sehe ihn entsetzt an. Hochprozentiges? Das verträgt er doch gar nicht. „Noch nicht!“ murmelt er und nimmt einen Schluck bevor ich ihm die Flasche abnehmen kann. Verdammt die ist ja halb leer. „Raphael sag mal spinnst du? Woher hast du das Zeug überhaupt?“ In den letzten zwei Jahren hat er meines Wissens nach nicht einmal Bier angerührt, geschweige denn 43%igen Whiskey. „Geschäftspartner stehen da drauf!“ War ja klar. Diese seltsamen Geschäftspraktiken habe ich noch nie verstanden. Deswegen ist auch Raphael der mit der eigenen Firma und nicht ich. „Und was heißt ihr habt `noch nicht´ Schluss gemacht?“ harke ich nach. „Weil kein Weg daran vorbei führt. Ich bin nicht der Mann für eine Beziehung.“ Das ist doch überhaupt nicht wahr! Bevor ich allerdings etwas sagen kann… „Ich hatte eine beschissene Kindheit… Vertrauen ist mir ein Fremdwort. Ich kann Mila ja nicht einmal von den letzten zwei Jahren erzählen. Sie gibt sich solche Mühe… und ich kann ihr nichts zurückgeben… und jetzt wo die Presse von uns weiß… Mila wird viel aufgeben müssen und das will ich nicht. Das bin ich nicht wert!“ Er vergräbt das Gesicht in seinen Armen. „Ich bin das egoistische Arschloch in dieser Beziehung. Sie tut mir gut. Aber ich ziehe sie nur mit hinunter. Ruiniere ihr Leben!“ Entsetzt sehe ich ihn an. Raphael macht sich selbst nieder. Warum? Jede Frau die ich kenne würde ihn mit offenen Armen nehmen. „Raphael, das ist doch nicht wahr. Du bist…“ „Reich? Gutaussehend? Ein Promi?“ unterbricht er mich hart. „Weißt du DAS sind die Gründe warum Frauen mit mir ausgehen! Die würden sofort die Beine in die Hand nehmen wenn sie mich kennen würden.“ Seine hellen Augen versuchen mich zu fixieren. Wie viel hat er getrunken? „Wenn sie von meiner Berührungsangst und den Panikattacken wüssten. Wenn sie meine Ernährungsliste sehen würden. Wenn sie meine Narben kennen würden, meine Art und…“ Er muss aufhören sich selbst zu zerfleischen. „Sag mir ins Gesicht, dass Mila nichts von den Panickattacken und der Berührungsangst weiß! Ihr habt doch sicherlich schon miteinander geschlafen?!“ Er weicht meinem Blick aus. „Sie weiß nicht warum!“ Ich fahre mir durchs Haar. „Das weiß ich auch nicht! Und glaub mir! Mila ist die Art Frau, die auf eine Antwort warten kann, bis du dazu bereit bist. Das gilt auch für das andere.“ Raphael zuckt zusammen. „Hör mir zu Bruder! So glücklich wie auf diesem Foto habe ich dich noch nie gesehen. Wirf es nicht einfach weg bevor du es nicht ernsthaft versucht hast!“ versuche ich ihm eindringlich klar zu machen. „Ich will sie nicht verletzen!“ Auf einmal wirkt er so jung. „Aber du kannst ihr die Entscheidung auch nicht einfach abnehmen!“ erwidere ich. Darauf sitzen wir lange schweigend nebeneinander. Plötzlich versucht Raphael schwankend auf die Beine zu kommen. „Wo willst du hin?“ Ich bekomme ihn am Hosenbund zu greifen. Rapple mich selbst schnell auf. „Zu Mila!“ „So?“ Vielsagend mustere ich ihn. Raphael ist derangiert und wirkt vollkommen erledigt auf mich. „Wir sind für halb acht verabredet.“ Nuschelt er und greift nach seiner Jacke. Halb acht ist bereits vorbei. „Raphael du bist betrunken!“ Seine hellblauen Augen fixieren mich eindringlich. „Gut so! Dann schaff ich es vielleicht endlich ihr alles zu erzählen!“ Damit macht er sich auf den Weg zur Tür und den Flur hinunter. Frau Dreher sieht ihm entsetzt nach. „Könnten Sie vielleicht noch etwas Ordnung machen? Ich fahre ihn nach Hause.“ Sie nickt nur sprachlos. Schnell laufe ich Raphael nach. Er ist schon fast am Aufzug als ich ihn einhole. In der Tiefgarage steuert Raphael zielstrebig meinen Wagen an. Gott sei Dank auf der Beifahrerseite. Mit der Hand auf dem Türgriff sieht er mich an. „Fährst du mich zu Mila?“ fragt er verwaschen. Ich zögere einen Moment und nicke dann. Wenn ich nein sage findet Raphael einen anderen Weg. Und so wie er momentan drauf ist kann ich ihn nicht auf die Welt loslassen. Ich schließe den Wagen auf und setze mich ans Steuer. Raphael zögert noch. „Jetzt komm schon, Raph! Ich fahr dich ja zu Mila! Aber dazu musst du einsteigen!“ Ich habe mich rüber gelehnt und die Beifahrertür geöffnet. Raphael steigt ein. Die Fahrt über starrt er schweigend auf seine Hände. Ich mustere ihn immer wieder. Um ehrlich zu sein hätte man mir noch vor vier Wochen gesagt, dass meinem Bruder eine Frau dermaßen an die Nieren gehen kann hätte ich gelacht… Raphael war nie – und ist es eigentlich noch immer nicht – der Typ, der eine ernsthafte Beziehung führen würde. Dazu steht er sich ja selbst viel zu sehr im Weg wie man ja sieht. Er ist betrunken… Was zum Teufel mache ich hier eigentlich. Raphael gehört nach Hause ins Bett, damit er seinen Rausch ausschläft! „Raph… Eine Frage…“ Ich kneife die Augenbrauen zusammen und sehe starr nach vorne. „Wie viel hast du getrunken?“ Es ist so ein plötzlicher Gedanke. „Zwei, drei Schluck!“ murmelt mein lieber Bruder. Nur irgendwie kann ich das nicht glauben. Nicht so wie er sich benimmt. Obwohl es erklären würde, warum er nur angeheitert ist. Hätte er mehr getrunken, müsste er sich jetzt mit ziemlicher Wahrscheinlichkeit übergeben. „Du bist einfach nichts gewöhnt!“ seufze ich leise und kann mir doch ein Grinsen nicht verkneifen. „Ich darf ja eigentlich auch nicht!“ So schnell ist mein Grinsen auch wieder verflogen. Das ist auch wieder wahr. Bis vor zwei Jahren waren wir hin und wieder zusammen feiern und da hat er mich regelmäßig unter den Tisch getrunken. „Es ist ja so… Ich bin zwar angetrunken, aber ich stehe noch auf meinen eigenen Beinen. Chili knockt mich schneller aus!“ Mit großen Augen starre ich ihn an. War das ein Witz? Von Raphael? Meinem kontrollierten, sonst so humorlosen Bruder? „Jetzt schau nicht so Daniel! Ich kann noch klar denken. Die Gedanken schaffen es halt ausnahmsweise auch durch meinen Mund!“ Jetzt kann ich nicht mehr. Prustend lenke ich den Wagen an den Fahrbahnrand, blicke zu Raph. Seine blonden Haare sind verwuschelt, die obersten Knöpfe seines Hemdes geöffnet und das leichte Grinsen auf seinen Lippen bringt seine Augen zum Leuchten. „Vielleicht sollte ich dir öfter mal ein Glas Alkohol geben?!“ Doch Raphael verzieht darauf gequält das Gesicht und schüttelt den Kopf. „Bitte nicht. In ein paar Stunden bereue ich es, weil mein Magen da nicht mitmacht!“ Schützend legt er beide Hände auf seinen Bauch. „Warum hast du es dann getan?“ frage ich vorsichtig. Immerhin scheinen ihm die Konsequenzen ja bewusst zu sein. „Manchmal brauch auch ich so etwas!“ nuschelt er und ich weiß was er damit meint und im Leben nicht aussprechen würde. „Verstehe ich…“ Ich atme tief durch und ordne mich wieder in den Verkehr ein. „Aber lass es nicht zur Gewohnheit werden. Kläre das mit Mila!“ Raphael fährt sich mit der Hand durchs Haar. „Jetzt sind wir wieder beim Anfang unseres Gesprächs!“ „…und bei dem Grund für das Ganze.“ Damit parke ich den Wagen vor Milas Haus. Raphael zögert. „Na los. Ich komme noch mit rein, damit du nicht auf falsche Gedanken kommst.“ Ich steige aus und warte eigentlich auf Widerworte von Raphael, doch… „Danke Danny!“ Ich schlucke schwer und starre auf seinen Rücken, als er vor geht. Kapitel 20: Kapitel 19: ----------------------- Diesmal war ich schneller ;p Viel Spaß beim lesen. lg kateling Kapitel 19: Wo zum Teufel steckt Raphael bloß? Inzwischen ist acht Uhr durch und er immer noch nicht hier. Auf meine SMS antwortet er nicht und ans Handy geht er auch nicht. Ich habe es sogar zwei Mal probiert. Langsam mache ich mir ernsthafte Sorgen. Alina sieht mich schon ganz komisch an. Okay… ich laufe auch schon die letzte viertel Stunde unruhig in der Küche auf und ab. Boris dagegen futtert fröhlich vor sich hin, beobachtet uns aber aufmerksam. Ich glaube er versteht nicht so ganz was hier vorgeht. Er hat aber auch nicht viel mit Raphael zu tun. Was wenn Raphael etwas passiert ist? Bis auf das erste Date wo er mich so lange hat warten lassen war er immer pünktlich oder hat sich zumindest gemeldet. Warum heute nicht? Das Klingeln lässt mich zur Tür sprinten. Ohne einen Gedanken daran zu verschwenden, dass wir ja eigentlich eine Freisprechanlage haben laufe ich in Socken durch das Treppenhaus und reiße die Haustüre auf. „Gott sei Dank!“ Ohne abzubremsen werfe ich mich einfach in Raphaels Arme. Er stolpert einen Schritt zurück und fängt sich dann, legt die Hände auf meinen Rücken. Ich hauche ihm einen Kuss auf die Lippen und schmecke… Alkohol?! Ich löse mich ein wenig von Raphael und mustere ihn genau. Er wirkt ein wenig… desolat. Wenn ich es mal freundlich ausdrücke. Sein Anzug ist zerknittert, er trägt keine Krawatte und sein Hemd hat einen Fleck, der definitiv nicht von seinem Mittagessen stammt. Meine Finger fahren durch seine eh schon wirren Haare. „Hast du getrunken?“ Raphael weicht meinem Blick aus. „Nicht viel!“ nuschelt er. „Mein lieber Bruder verträgt nur einfach nichts!“ Erschrocken sehe ich über die Schulter meines Freundes und direkt in Dannys Gesicht. Er grinst mich an. „Hi, Mila!“ Immer noch perplex sehe ich ihn an, dann wieder zu Raphael. „Ist irgendetwas passiert?“ Das ist für mich die einzig sinnvolle Erklärung für das hier. „Nichts Dramatisches. Ich wollte Raphael nur nicht so fahren lassen. Ich mach mich dann auch wieder vom Acker und…“ „Bleib doch zum Essen!“ Die Worte sind raus bevor ich ernsthaft darüber nachgedacht habe. Mir fällt auf, dass Danny zuerst seinen Bruder ansieht. So als müsse er erst seine Zustimmung abwarten. „Was gibt´s denn?“ fragt er dann auf Raphaels leichtes Nicken zögerlich. „Gemüsepfanne mit Rosmarinkartoffeln und verschiedenen Dips.“ „Kein Fleisch?“ Will er sofort wissen. Ich zucke mit den Achseln und zeige mit dem Kinn auf Raphael. „Wofür, wenn er es nicht verträgt?“ Sofort bemerke ich meinen Fehler. Raphael dreht schuldbewusst den Kopf weg. Aber egal was ich jetzt sage würde das Ganze nicht besser machen. Also sehe ich stattdessen abwartend Danny an. „So und jetzt zu dir… Erzählst du mir was los ist?“ Ich sehe Raphael eindringlich an. Er zieht die Schultern ein wenig hoch. „Können wir unter vier Augen reden?“ Ich kneife die Augen zusammen. „Jetzt?“ „Ja… bevor ich es mir wieder anders überlege.“ Nuschelt er. Danny zögert kurz und geht dann an uns vorbei zur Treppe. „Ich geh vor. Welcher Stock?“ fragt er leise. „Die Tür ist offen. Nicht zu verfehlen.“ Raphael sieht seinem Bruder nach bis er außer Hörweite ist. „Also, was ist los?“ Raphael seufzt und löst sich von mir. „Ich will ehrlich zu dir sein… ich bin sicherlich nicht einfach…“ Er schluckt schwer. Ich sehe seine Hände zittern. „Du weißt nicht warum ich diese… Panickattacken habe, warum ich diesen Ernährungsplan habe… Wie willst du eine Entscheidung treffen, wenn du mich gar nicht richtig kennst… ich will dich nicht verletzen…“ Raphael redet ohne wirklich Luft zu holen. Ich umfasse seine linke Hand, drücke sie fest. „Wir sind gerade mal vier Wochen zusammen. Es ist nur normal, dass wir noch nicht alles voneinander wissen! Und ich will nicht, dass du dich zu etwas zwingst wozu du noch nicht bereit bist. Natürlich bin ich neugierig, aber du hast mir gesagt, dass wir irgendwann darüber reden. So lange kann ich warten!“ Raphael starrt auf unsere verschlungenen Hände, dann legt er meine ganz vorsichtig auf seinen Bauch. Genau dort wo die Narbe ist. „Magenkarzinom. Sie haben einen Teil meines Magens rausgenommen… Nach der OP war das mit den Panickattacken besonders schlimm. Sie haben mich dazu gezwungen die Wunde versorgen zu lassen…Bis Danny einen riesen Aufstand gemacht hat…“ Ein schwaches Lächeln huscht über seinen Lippen. Ich kann ihn nur entsetzt anschauen. „Als wir uns kennen gelernt haben… Da im Urlaub… Das war direkt nach der letzten Chemo… Ich habe Probleme damit mein Gewicht zu halten und vertrage vieles nicht…“ Er wird immer leiser und schaut mich unter gesenkten Lidern heraus vorsichtig an. Sprachlos sehe ich zu ihm auf. Er hat oder hatte Krebs?! „Was.. was sagen die Ärzte?“ Meine Stimme ist leise und piepsig. „Warum regst du dich nicht auf, dass ich es dir jetzt erst sage?“ Ich lege meine freie Hand an seine Wange. „Weil es nicht wichtig ist wann du es mir sagst. Es ist nur wichtig dass du es mir sagst. Das hier…“ Ich streiche mit dem Daumen über die Narbe. „…ist etwas sehr privates! Danke, dass du es mir erzählt hast!“ Er zieht mich nahe an sich. „Die Prognosen sind gut!“ Ich schmiege mich an ihn. Erleichtert. Zumindest besteht aktuell keine Gefahr. „Das Café wo wir uns wieder getroffen haben gehört meinen Eltern. Und du warst mein erster und einziger One-Night-Stand.“ Raphael blickt mich schief an. „Was wird das?“ Ich zucke mit den Schultern. „Ich dachte ich erzähle dir auch etwas von mir…“ Das war natürlich total unpassend. Das was ich gesagt habe steht in keinerlei Vergleich zu dem von ihm. Doch zu meiner Überraschung lächelt Raphael mich schüchtern an. „Du bist schon der Knaller!“ Kopfschüttelnd wird sein Lächeln zu einem breiten Grinsen. „Willst du über noch etwas reden?“ frage ich schließlich. „Die Panickattacken…“ kommt sehr sehr zögerlich. Das Thema fällt ihm sichtlich noch schwerer. „Darüber reden wir ein anderes Mal. Das ist okay!“ Raphael schließt den Mund wieder und nickt dankbar. Dafür braucht er noch etwas Zeit, das sehe ich ihm an. „Ich will das hier mit uns beiden!“ Ich lächle ihn an. „Du auch?“ Er küsst mich einfach. „Ich habe der Presse gesagt, dass wir zusammen sind. Also nicht deinen Namen, aber…“ Er beißt sich etwa unsicher auf die Unterlippe. „Gut. Da die Öffentlichkeit jetzt ja Bescheid weiß, kannst du ja Sonntag mit zum Familienessen kommen!“ erkläre ich schulterzuckend. Ich finde es wirklich nicht schlimm. Ich meine, er steht zu unserer Beziehung. Aber ein bisschen ärgern muss ich ihn dann doch… Mama hat mich vorhin angerufen, aber ich habe ihr für diese Woche abgesagt. Wegen Raphael. Er hat momentan ganz andere Sachen um die Ohren. Jetzt wirkt er ein wenig blass. „Können wir auch nächste Woche? Wenn das Montag rum ist?“ Shit. Ich dachte nicht, dass meine Ankündigung ihm so zusetzen würde. „Natürlich Raphael. Das war nur ein Witz. Wir gehen, wenn es uns beiden passt!“ Erleichtert atmet er tief durch. „Lass uns hoch gehen! Sonst bleibt nichts mehr für uns übrig, weil mein Bruder uns alles wegfuttert.“ Ich lache leise und ziehe Raphael an der Hand hinter mir her. Als wir die Küche betreten sehen Alina, Boris und Danny uns sofort an. „Guten Abend!“ grüßt Raphael und ich habe das Gefühl es ist in die Rolle des Geschäftsmann geschlüpft. Ich bedeute ihm sich zu setzen und fülle dann seinen Teller. Ich beobachte Raphael wie er zögerlich einen Bissen nimmt, während die anderen drei ihr Gespräch wieder aufnehmen. Alinas Blick fliegt zwischen Danny und Raphael hin und her. Oh Mist. Ich habe ihr nie erzählt, dass mein Raphael und der Raphael aus dem Urlaub ein und derselbe sind. Da kommt noch ein anstrengendes Gespräch auf mich zu. Ich weiche ihren fragenden Blicken aus. Schon heftig, dass sie Raphael nicht wieder erkannt hat. Ja okay, er hat sich verändert. Er hat zugenommen, längere Haare… Aber normalerweise hat Alina ein gutes Gedächtnis für Gesichter. Auch wenn sie ihn nur kurz gesehen hat. „Wir haben uns gedacht wir könnten doch einen Spieleabend machen?!“ erklärt Boris und sieht mich und Raphael abwartend an. Er zögert kurz und nickt dann. „Klar, warum nicht!“ Gebe ich daraufhin meinen Senf dazu. Kaum hat Raphael sein Besteck weg gelegt springt Alina auf. „So Jungs, ihr geht schon mal ins Wohnzimmer und sucht ein Spiel aus. Wir räumen schnell die Küche auf.“ Damit scheucht sie die drei Männer aus der Küche und schließt hinter ihnen die Tür. „Mila, dein Freund ist dieser Arsch aus dem Urlaub?!“ Sie sieht mich total entsetzt an. Ich seufze leise. Jetzt geht es los. „Raphael ist kein Arsch.“ Entgeistert sieht sie mich an. „Das ist das einzige was du dazu zu sagen hast? Du hast mich angelogen!“ Ich hebe beide Hände und schüttle den Kopf. „Ich habe dir nicht alles erzählt, ja. Aber ich habe dich nicht angelogen. Hör zu! Ich hab nichts gesagt, weil du ihn damals so unsympathisch fandest. Ich dachte ich sehe ihn nie wieder und…“ „Ich wusste doch, dass du damals was mit jemandem hattest!“ Warum klingt sie jetzt so triumphierend? „Alina!“ Boris streckt den Kopf durch die Tür. „Wir sind soweit, wo bleibt ihr?“ Alina nickt ihm zu. „Ist gut. Wir kommen auch gleich.“ Er geht wieder ins Wohnzimmer. Alina stellt die letzten Teller in die Spülmaschine. „Solange du glücklich mit ihm bist, komme ich mit Raphael klar.“ Ich verdrehe die Augen. „Danke.“ Damit schnappe ich mir eine Flasche Wasser und das geschnittene Obst, das eigentlich als Nachtisch dienen sollte. Zusammen betreten wir das Wohnzimmer. Die Jungs haben drei Spiele aus unserer Sammlung geholt. „Au ja. Activity haben wir schon ewig nicht mehr gespielt!“ Damit stürzt Alina sich auf den entsprechenden Karton. „Wie machen wir die Teams? Es geht ja nicht auf!“ merkt Boris an. „Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich meine Freundin mitgebracht…“ grinst Danny. „Olivia wohnt doch nicht weit von hier. Warum rufst du sie nicht an, vielleicht hat sie ja Lust noch vorbeizukommen!“ mischt sich Raphael nun erstaunlich ruhig in das Gespräch ein. Nachdem wir unsere Überraschung verdaut haben stimmen wir seiner Idee zu. Danny verschwindet kurz um zu telefonieren. Ich setze mich neben meinen Freund aufs Sofa und stelle das Obst ab. Dann kommt Danny zurück. „Sie ist in zehn Minuten da!“ Er beginnt das Spielfeld aufzubauen. Plötzlich stürmt Alina aus dem Zimmer und kommt kurz darauf mit einer Flasche Schnaps und sechs Gläschen. „Wir machen die Sache etwas interessanter.“ Sie stellt jedem ein Schnapsgläschen hin und beginnt einzuschenken. „Für mich nicht!“ Raphael hält die Hand über sein Glas. „Ach komm schon, nur ein Glas!“ versucht meine beste Freundin ihn zu überreden. „Nein Danke. Ich hatte heute schon genug!“ Boris und Alinas entsetzter Blick auf Raphaels Antwort lässt mich leise auflachen. „Lass einfach gut sein Alina! Wenn er nichts will, dann will er nichts!“ Bevor wir weiter darüber diskutieren können klingelt es an der Tür. Danny geht aufmachen und kommt kurz darauf mit einer etwas pummeligen jungen Frau zurück. Sie trägt schlichte Jeans und einen dunkelblauen Pullover. Ihr braunes Haar hat sie zu einem etwas unordentlichen Pferdeschwanz gebunden und sie sieht sich unsicher im Wohnzimmer um. „Also das ist meine Freundin Olivia. Olivia, das ist mein Bruder Raphael!“ Danny zeigt auf ihn. ich sehe Raphael überrascht an. Er trifft die Freundin seines Bruders heute das erste Mal? „Seine Freundin Mila ist die rothaarige hier. Ihre beste Freundin Alina und Alinas Freund Boris.“ „Hallo…“ sagt Olivia schüchtern und ich habe den Eindruck als wolle sie sich am liebsten hinter Danny verstecken. Doch Alina scheint das zu ignorieren. Sie drückt Olivia einfach ein Glas Schnaps in die Hand und hebt ihr eigenes zum Prost. „Auf einen lustigen Abend!“ Kapitel 21: Kapitel 20 ---------------------- Kapitel 20: Raphaels Sicht Mein Blick wandert zum gefühlt tausendsten Mal zur Uhr. Ein Uhr siebenundfünfzig. Mit drohen immer wieder die Augen zu zufallen. Ich bin todmüde. Allerdings bin ich da wohl der einzige, wenn ich mich hier so umsehe. Mila liegt lachend auf dem Boden neben dem Spielbrett und bekommt kaum noch Luft, während mein Bruder und Boris durchs Wohnzimmer taumeln und sich streiten wessen pantomimische Darstellung von Exorzismus jetzt die bessere ist. Olivia hat ihre Schüchternheit inzwischen vollkommen abgelegt – was vermutlich an der Alkoholmenge liegt – und lässt sich von Alia frisieren. Mein Blick schweift über den kleinen Tisch und die Menge an leeren Flaschen. Gut, dass ich nicht mitgetrunken habe. Ich hatte schon genug bevor ich überhaupt herkam. Und zwar mehr als ein paar Schluck wie ich Daniel erzählt habe. Dafür bin ich allerdings gut weggekommen. Nur ein leichtes, allerdings beständiges Bauchgrimmen. Aber damit komme ich klar. Ich seufze leise auf und lehne den Kopf gegen die Polster. Ich habe Mila überhaupt nicht verdient… aber ich muss mir eingestehen, dass ich mich nicht einfach von ihr trennen kann. Nicht wenn sie so verständnisvoll, liebevoll und zärtlich ist. Das Beste was mir je passiert ist. Am besten höre ich auf mir so viele Gedanken zu machen. Müde fahre ich mir übers Gesicht und schließe die Augen. Sollen die ruhig ohne mich weiter spielen. Zu früh gefreut. Kaum bin ich etwas weggedämmert plumpst etwas Schweres gegen meine Brust. Erschrocken zucke ich zusammen und reise die Augen auf. Mila hängt schief auf meinem Schoß und grinst mich verklärt an. „Ischt mein Süscher müde?“ nuschelt sie und vergräbt eine Hand in meinem Haar. Ich lehne mich in die Berührung. Beobachte sie eindringlich. Sie kuschelt sich noch näher an mich und dann fallen ihr die Augen zu. „Mila? Sollten wir nicht ins Bett gehen?“ frage ich vorsichtig. „Nö! Viel bequemer hier!“ Sie drückt einen Kuss gegen meine Brust. Ich verdrehe die Augen und habe sie von meinem Schoß. Oder besser ich versuche es. Sie klammert sich an meinen Hals. „Will auf dir schlafen…“ Süß ist sie ja schon. Aber auf Dauer wird mir das zu ungemütlich. „Kannst du. Aber bitte in deinem Bett und nachdem du Zähne geputzt hast!“ seufze ich. Sie bewegt sich immer noch nicht. Also hebe ich sie kurz entschlossen auf meine Arme und stehe mit ihr auf. Mila jauchzt kurz erschrocken auf und klammert sich nach fester an mich. Ich trage sie ins Bad und setze sie auf dem Toilettendeckel ab. Etwas enttäuscht sieht Mila mich an. Ich öffne ihre Hälfte des Spiegelschranks und nehme die beiden Zahnbürsten heraus. Ich habe hier inzwischen die wichtigsten Hygieneartikel und ein paar Kleider in Milas Schrank. Ebenso wie sie Sachen bei mir in der Wohnung hat. Irgendwie schaffe ich es Mila bettfertig zu machen. „So und jetzt ab ins Bett mit dir!“ Sie sitzt nur noch im T-Shirt und Unterhose vor mit. Die Arme nach mir ausgestreckt. „Trag mich!“ Ich seufze leise, kann ihrem Hundeblick aber nicht widerstehen. Ich nehme sie auf die Arme. Sofort kuschelt sie sich an mich und lässt mich auch nicht los, als ich sie im Bett ablege. Gut, dass auch ich meine Hose im Bad schon ausgezogen habe. Wir kuscheln uns unter die Decke und ich lösche das Licht. Mila schlingt sich um mich und vergräbt ihr Gesicht an meiner Halsbeuge. „Isch hab disch lieb Süscher!“ Ich erstarre. Dann atme ich tief durch. Ich muss aufhören jedes Mal zu erschrecken, wenn jemand so etwas zu mir sagt. „Ich hab dich auch lieb!“ erwidere ich schließlich doch noch. Aber Mila hört mich nicht mehr. Sie ist bereits eingeschlafen. Ich vergrabe mein Gesicht in ihrem Haar und schließe die Auen. Langsam drifte auch ich in den Schlaf. Ich sitze zusammengekauert in der Ecke meines Zimmers. Zwischen Wand und dem wackeligen Holzverschlag den mein Vater als Schrank bezeichnet. Es ist eiskalt. Meine Finger sind taub und fest um meinen Körper geschlungen. Ich kann meine Rippen durch das dünne, abgenutzte T-Shirt spüren. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal etwas zu essen bekommen habe. Mein Magen zieht sich schmerzhaft zusammen. Ich atme dagegen an. Bin es inzwischen gewohnt. Falls man sich irgendwie an das nagende Hungergefühl gewöhnen kann. „Komm sofort her du kleiner Scheißer!“ Die laute Stimme klingt schon wieder wütend. Ich habe doch überhaupt nichts getan. Trotzdem rapple ich mich etwas mühsam auf und humple aus meinem Zimmer. Der große blaue Fleck an meiner Hüfte macht das Laufen nicht gerade einfacher. „Habe ich etwas von trödeln gesagt?“ Bevor ich etwas erwidern kann werde ich gegen die Wand geschleudert. Ich wimmere auf, traue mich nicht aufzustehen. „Antworte!“ Ich zucke zusammen. „Nein, Vater!“ Irgendwie schaffe ich es trotz der Schmerzen auf die Beine kommen. Stur starre ich auf das versiffte Hemd meines Erzeugers. Er stinkt nach Alkohol und abgestandenem Zigarettenrauch. „Wo ist mein Bier?“ Der Unterton in seiner Stimme lässt mich total verkrampfen. Er ist auf Entzug! „Du hast es versoffen!“ Den Schlag in meinen Magen habe ich erwartet, trotzdem ändert das nichts an dem stechenden Schmerz. „Nicht so unhöflich Junge!“ Ich hebe langsam den Kopf, sehe ihm direkt in die Augen. „Ich hab dein Scheiß Bier nicht!“ Ein weiterer Schlag… Ein Schrei? Mein eigener? Wo bin ich? Schweratmend sehe ich mich in dem dunklen Zimmer um. Helle Möbel, Schrank, Bücherregal, Schreibtisch… Langsam registriere ich dass jemand neben mir im Bett liegt. Mila. Es war nur ein Alptraum. Mit zitternden Fingern fahre ich mir durch das schweißnasse Haar. Das alles ist längst Vergangenheit… Alles bis auf die Bauchschmerzen. Ich schlinge beide Arme um meinen Bauch. Verdammter Whiskey. Ich wusste ja, dass das so enden würde. Vorsichtig rutsche ich ein wenig von Mila weg und schwinge die Beine aus dem Bett. Jetzt kann ich eh nicht mehr schlafen. „Raphael? Was ist los?“ Milas verschlafene Stimme hinter mir. Das abweisende `Nichts´ liegt mir auf der Zunge, aber ich schlucke es herunter. „Bauchschmerzen, nicht so schlimm!“ Ich höre es rascheln. „Wenn du deswegen nicht schlafen kannst sind sie schlimm!“ Schlanke Arme legen sich von hinten um meinen Hals. Geweckt hat mich der Alptraum. Nur will ich darüber jetzt noch weniger reden. „Ich mache dir einen Vorschlag… Geh dich umziehen und etwas frisch machen, du bist total verschwitzt. Ich mach dir währenddessen eine Wärmflasche und dann lass uns kuscheln und über Gott und die Welt reden. Die ganze Nacht wenn du willst.“ Sie küsst mich sanft auf den Nacken. In diesem Moment bin ich unheimlich froh, dass ich Mila habe. „Das hört sich gut an!“ murmele ich und lehne mich gegen sie. Allerdings nicht für lange. Mila klettert aus dem Bett und sieht mich verschlafen an. „Na los, Süßer zieh dir was anderes an. Und in fünf Minuten treffen wir uns wieder hier!“ Mit einem Lächeln verlässt sie das Zimmer. Ich betrachte ihre schlanken Beine, den leichten Hüftschwung… Leise seufzend nehme ich mir ein frisches T-Shirt aus Milas Schrank und tappe ins Badezimmer. Ich will mir gerade das verschwitzte Shirt ausziehen, als mein Blick in den Spiegel fällt. Scheiße. Ich bin leichenblass, meine Augen sind trüb und meine Haare sind schweißnass. Schnell drehe ich mit noch immer leicht zitternden Fingern den Schlüssel im Schloss herum. So soll mich keiner sehen… Ich lehne mich gegen das Holz der Tür, meine Knie geben nach. Langsam lasse ich mich daran herabgleiten. Hört der ganze Mist denn nie auf? Warum geht mir das nach all den Jahren immer noch so verdammt nahe? Ich atme tief durch und fahre mir durch die Haare. Verdammt. Mit der flachen Hand schlage ich auf den Boden. Die Fließen unter mir sind eiskalt. „Raphael, alles okay da drinnen?“ Bei Milas leiser Frage zucke ich zusammen. Keine Ahnung wie lange ich schon hier sitze. „Ja…“ erwidere ich und rapple mich auf die Beine. „Geh schon mal ins Bett, ich komme gleich!“ Ein kurzer Moment, dann höre ich ihre Schritte. Ich ziehe mir das inzwischen klamme T-Shirt aus und trete ans Waschbecken. Allerdings vermeide ich einen weiteren Blick in den Spiegel. Ich wasche mich flüchtig, ziehe mir das frische T-Shirt über und atme noch einmal tief durch. Zurück in Milas Zimmer brennt nur das Nachtlicht. Sie sitzt an der Bettkante. Ihr Blick liegt sofort auf mir. „Hey…“ Ich setze mich neben sie. „Du brauchst gar nicht fragen… Es ist nicht alles in Ordnung!“ „Willst du darüber reden?“ Ihre kleine Hand greift nach meiner. Ich atme tief durch. „Nein, nicht heute.“ Mila sagt nichts dazu, sitzt einfach nur still neben mir. Ich bekomme ein schlechtes Gewissen. „Ich kann einfach noch nicht…“ Vielleicht werde ich das nie können… Mila dreht sich zu mir, legt einen Finger auf meine Lippen. „Shhh. Es ist okay! Such dir einfach ein Thema aus.“ Jetzt sitze ich schweigend da und denke nach. Meine Hände sind eiskalt. „Erzählst du mir etwas von dir?“ frage ich schließlich zaghaft. Mila zieht mich ins Bett und kuschelt sich an mich. „Was möchtest du denn wissen?“ „Wie hast du Alina kennen gelernt?“ Ich lege mich bequem hin und ziehe die Decke etwas hoch. „Mmh, da muss ich aber etwas ausholen… Anfang der zwölften Klasse war ich mit Jasper zusammen. Ein Junge aus meiner Nachbarschaft. Der perfekte Schwiegersohn wie man so schön sagt. Naja so perfekt war er dann doch nicht. Er hat mich mit meiner damals besten Freundin Jaqueline betrogen. Ich habe die beiden kurz vorm Abi erwischt. War eine scheiß Zeit. Ich wollte nicht mal zum Abiball. Meine Schwester hat mich schließlich überredet. Und da habe ich dann Alina kennen gelernt. Naja eigentlich kannten wir uns schon vorher. Wir waren zusammen im Schwimmverein aber immer nur gute Bekannte vielleicht. Alina ist zwei Jahre älter als ich. Sie hat damals ihre Ausbildung zur Fotografin gemacht. Und Fotos auf unserem Abiball. Jasper hat ein paar blöde Bemerkungen gemacht und mich zum heulen gebracht. Alina hat mich getröstet. Und seitdem sind wir beste Freundinnen.“ Ich spüre, wie sie sich in meinen Armen anspannt während sie erzählt. „So ein Arschloch hat dich nicht verdient!“ Sage ich leise. Mila dreht den Kopf und sieht mir fest in die Augen. „Ich bin ein gutmütiger Mensch und ich verzeihe vieles. Aber wenn du fremdgehst oder mich verarscht, dann ist es vorbei mit uns!“ Ernst erwidere ich ihren Blick. „Ich verspreche dir, dass das niemals passieren wird!“ Dann weiche ich ihrem Blick aus. „Vielleicht glaubst du es mir nicht, aber… Du bist meine erste Freundin. Und die dritte Frau, mit der ich etwas… Längeres habe.“ Gestehe ich. „Du musst mir nichts über deine Verflossenen erzählen!“ Ihrer Stimme ist anzuhören, dass das Thema nicht so wirklich ihres ist. Trotzdem habe ich das Bedürfnis ihr klarzumachen wie wichtig sie mir ist. „Hör mir bitte zu…“ Sie nickt schließlich leicht. „Ich habe mich noch nie gerne berühren lassen… Die erste Frau war auf der Uni. Es ging nur um Sex. Wir haben uns drei Mal getroffen, dann haben wir es beendet. Sie wollte sich nicht von mir fesseln lassen. Die Zweite… Wir haben einen Vertrag aufgesetzt…“ „Du stehst auf Bdsm?“ fragt sie entsetzt dazwischen. „Nein!“ Ich atme tief durch. „Ich brauche die Kontrolle… ja. Damals noch mehr als heute. Handfesseln haben mir das ermöglicht.“ Vielleicht stehe ich ein wenig auf Bondage, aber auf den Rest auf keinen Fall. „Wenn wir Sex haben… würdest du mich da auch gerne fesseln?“ Ich weiche ihrem Blick aus. Aber ich habe das Gespräch ja selbst angefangen. „Im großen und ganzen nein. Bei dir habe ich die Sicherheit, dass du wirklich nur das tust, was ich auch will. Nur manchmal… da wünsche ich mir diese Art von Kontrolle…“ Dann wenn bestimmte Erinnerungen hoch kommen. „Von welcher Art Fesseln reden wir?“ Milas Stimme klingt zögerlich. Sie liegt absolut still neben mir. „Nur die Handgelenke zusammen und vielleicht über dem Kopf am Bett fest…“ Ich habe Angst, dass sie jetzt aufsteht und geht. „Damit ich dich nicht anfassen kann?“ „Ja!“ antworte ich erstickt. „Wenn es nicht… ich bin bereit es zu versuchen…“ Ich reiße überrascht die Augen auf, sehe ihr ins Gesicht. Sie meint es tatsächlich ernst. „Danke!“ flüstere ich leise. Dann ist es einige Zeit still. „Diese zweite Frau… War das diese Samira Leher?“ Ich starre an die Decke und nicke dann. „Sie war ein Fehler… Diese Beziehung… Allerdings habe ich etwas gebraucht um zu erkennen, dass sie mir nicht das gibt was ich brauche. Sie hat mir nicht geben können was du mir gibst!“ Mila stützt sich auf und beugt sich über mich. „Was gebe ich dir denn?“ fragt sie leise und sieht mich sanft an. Ich schlinge ihr die Arme um den Hals und ziehe sie zu einem Kuss herunter. „Alles was ich brauche, Mila!“ Kapitel 22: Kapitel 21 ---------------------- Kapitel 21: „Alles was ich brauche Mila!“ Jetzt im hellen Tageslicht kommen mir Raphaels Worte unwirklich vor. Es war das letzte was er gesagt hat, bevor wir eng aneinander gekuschelt eingeschlafen sind. Momentan fehlt es der Vertrautheit der letzten Nacht total. Raphael steht am Wohnzimmerfenster seiner Wohnung. Die Hände tief in den Taschen seiner Jeans vergraben und die hellen Augen auf die Stadt gerichtet. Vor einer halben Stunde hat er einen Anruf bekommen, seitdem ist er kaum noch ansprechbar. Er reagiert nicht auf mich. Dabei war der ganzen Morgen doch so gut gelaufen. Wir haben alle gemeinsam gefrühstückt und sind dann her gefahren. Wir haben die Zeit bis zu diesem Anruf mit kuscheln auf dem Sofa verbracht. Und jetzt ist er wieder so distanziert. Verdammt. Ich muss etwas tun. Raphael so zu sehen tut mir in der Seele weh. Vorsichtig nähere ich mich ihm von hinten und schlinge meine Arme um seine Hüften. „Hey, Süßer, was ist denn los?“ frage ich zaghaft, streiche über seinen Bauch. Er atmet zittrig durch. Antwortet aber nicht. „Du kannst immer mit mir reden, das weißt du oder?“ Er dreht sich in meinen Armen und schiebt mich ein wenig von sich. „Gibst du mir noch eine halbe Stunde? Ich muss mir über etwas klar werden!“ Seine Augen sehen durch mich hindurch. Irgendetwas liegt in seiner Stimme. Ich hebe meine Hand und streiche ihm über die Wange. „Natürlich!“ Raphael geht zur Tür. „Ich bin im Fitnessraum!“ Ich folge ihm bis zu seinem Schlafzimmer. „Ihr habt in diesem Haus einen Fitnessraum?“ Er zieht sich Shorts und ein Tanktop über. „Im Erdgeschoss, direkt neben dem Schwimmbad!“ nuschelt er. „Okay. Ich bin hier, wenn du mich brauchst!“ Dann lasse ich Raphael an mir vorbei gehen, sehe seinem angespannten Rücken nach. Was ist nur los? Als Raphael eineinhalb Stunden später immer noch nicht wieder hochgekommen ist entschließe ich mich ihn suchen zu gehen. Ich nehme eine Flasche Wasser und Raphaels Schlüssel aus der Schale neben dem Fahrstuhl. Zwar braucht man für den Aufzug einen Code, aber besser ich nehme sie mal mit. Im Eingangsbereich steige ich aus dem Aufzug und sehe mich unsicher um. Ich habe keinen Plan wohin ich muss… „Hallo schöne Frau, kann ich ihnen zufällig helfen?“ Ich drehe mich um und sehe mich einem jungen Kerl gegenüber. Er trägt zerrissene Jeans, ein viel zu weites Karohemd und hat lange Haare. „Ich bin auf der Suche nach dem Fitnessraum!“ Er grinst mich breit an. „Da kann ich ihnen helfen, kommen sie!“ Er geht vorneweg zu einer Tür. Auf dem Tastenfeld daneben gibt er einen Code ein. Ich muss Raphael mal dringend nach den Codes fragen, selbst wenn ich nur Brötchen holen gehen sollte bin ich ausgeschlossen. „Hereinspaziert die Dame!“ reißt der Fremde mich aus den Gedanken. Ich nicke ihm kurz zu und betrete dann den Raum. Er ist riesig. Mindestens doppelt so groß wie das Studio, das ich ein paar Wochen besucht habe bis ich festgestellt habe, dass das nichts für mich ist. „Danke fürs herbringen!“ Dabei sehe ich mich bereits nach Raphael um. Allerdings kann ich ihn zwischen den teuren Geräten nicht entdecken. „Soll ich ihnen noch die Geräte erklären?“ Der Kerl legt einen Arm um meine Schultern. Ich winde mich heraus und sehe ihn abwehrend an. „Ich bin auf der Suche nach meinem Freund!“ Ich sehe wie er sofort das Interesse an mir verliert. „Gut, dann brauchen sie mich ja nicht mehr!“ Und damit ist er auch schon verschwunden. Unsicher gehe ich tiefer in den Raum. Irgendwie ist das ziemlich gruselig. So alleine hier unten. Ganz hinten ist ein mit Matten ausgelegter Ring. Daneben hängen einige Boxsäcke von der Decke. Und dann entdecke ich Raphael. Schweißgebadet prügelt er auf einen davon ein. „Raphael?“ Er reagiert nicht. So wie er momentan drauf ist sollte ich mich ihm nicht nähern. Ich setze mich auf eines der Geräte und warte. Nach einer guten halben Stunde lässt Raphael schweratmend die Arme hängen und starrt ins Leere. Ich stehe auf und sehe ihn einfach nur an. Seine schlanke Gestalt, sein blondes Haar, das nass so viel dunkler wirkt. Irgendwann dreht er sich um, seine hellen Augen finden mich. „Wie lange sitzt du schon da?“ fragt er erschöpft. „Eine Weile! Geht es dir besser?“ Ich lege den Kopf schief und versuche und versuche in seinem Gesicht zu lesen. Er zuckt nur mit den Schultern, greift nach einem Handtuch neben sich und rubbelt sich über das Haar. Ich habe das dunkle Gefühl, er will immer noch nicht reden. Es bringt doch nichts das alles in sich hineinzufressen. Aber Raphael zum Reden zu bringen ist sicherlich auch nicht die beste Idee. Also unterdrücke ich einen Seufzer und beschließe nicht weiter nachzubohren. Ich werde warten bis er bereit ist mit mir zu reden. „Was machen wir heute?“ frage ich also. Verwirrt legen sich seine hellen Augen auf mich. „Hmm?“ „Du hast etwas davon gesagt, dass wir nicht in der Stadt bleiben?!“ erinner ich ihn. „Geht nicht. Die Polizei war gestern bei mir im Büro, sie haben mir verboten die Stadt zu verlassen.“ Müde lehnt sich Raphael an die Wand. „Warum das? Sollten die Ermittlungen nicht abgeschlossen sein, wenn der Prozessbeginn bereits festgelegt ist?“ frage ich verwirrt. Er seufzt leise. „Ja, nur habe ich das Gefühl irgendjemand versucht den Prozess zu boykottieren. Keine Ahnung, ich werde mich jedenfalls daran halten.“ Genau das scheint das Thema zu sein, das Raphael so unbedingt meiden will. Er wendet sich von mir ab und geht Richtung Ausgang. Ich folge ihm. Hat das Telefonat etwas mit dem Prozess zu tun? Ich muss aufhören mich sowas zu fragen. Wenn Raphael reden will, dann wird er es schon tun. „Wir können auch hier in der Stadt etwas unternehmen.“ Ergreife ich im Aufzug schließlich wieder das Wort. „Worauf hast du Lust?“ Immerhin schafft Raphael ein schwaches Lächeln. „Es ist Kunsthandwerkermarkt?!“ Das ist das erste was mir einfällt. Eine dreiviertel Stunde später steigen wir in der Innenstadt aus Raphaels Wagen. Ein wenig besorgt greife ich nach der Hand meines Freundes. Während er duschen war habe ich Mittagessen gemacht. Von dem Raphael kaum etwas angerührt hat. Langsam schlendern wir an den kleinen Ständen vorbei. Ich betrachte die Kunstgegenstände, während Raphael eher mich ansieht. „Hältst du nach irgendetwas bestimmtem Ausschau?“ fragt er mich schließlich. Noch immer hat er seine Finger mit meinen verschränkt. Ich schüttle den Kopf. „Nein, eigentlich nicht. Aber manchmal kann man hier ganz schöne Dinge entdecken… oder seltsame!“ füge ich hinzu als ich einen Esoterikstand entdecke. Nichts gegen Esoterik, aber die Frau dort sieht schon sehr … gewöhnungsbedürftig aus. „Komm mal mit!“ Raphael zieht mich zu einem Stand an dem es Schmuck zu erwerben gibt. „Das ist schon ein Klischee, das weißt du?“ frage ich neckend. Raphael grinst kurz. „Wer sagt denn, dass ich dir Schmuck kaufen will?“ erwidert er. „Für wen suchst du denn etwas? Kann ich helfen?“ Ich lasse meinen Blick über die Auslage schweifen und bleibe an einem kleinen silbernen Engelsflügel hängen. „Der ist schön!“ Der Standbetreiber lächelt uns an. „Auf Wunsch graviere ich ihnen die Anhänger auch gerne!“ Raphael registriert das mit einem Nicken und beantwortet dann meine Frage. „Für meine Stiefschwestern. Zwei zehnjährige Mädchen. Sie haben in zwei Wochen Geburtstag.“ Mit dieser Information lasse ich meinen Blick erneut über die Auslage schweifen. Ich erinnere mich dunkel daran irgendwo gelesen zu haben, dass Edgar Wegner neben Danny noch Zwillinge hat. Sie müssen also Halbgeschwister sein. Danny und die Mädchen. „Wie findest du die Schmetterlinge?“ Ich deute auf zwei identische filigrane Schmetterlinge. Der einzige Unterschied ist die Farbe der in die Flügel eingesetzt ist. Einer in Gelb, der andere in blau. Raphael folgt meinem Finger und lächelt kurz. „Die sind perfekt!“ Dann bittet er den Verkäufer noch die Anhänger zu gravieren. Auf den blauen ein I und auf den anderen ein A. „Wie heißen deine Schwestern?“ frage ich neugierig, als er bezahlt hat. „Annabell und Isabell. Bei Gelegenheit stell ich sie dir vor.“ Dann nimmt er das kleine Tütchen entgegen, macht einen Schritt und zögert dann. „Ich glaube ich erfülle das Klischee doch!“ Ernst sieht er mich an. „Raphael du brauchst mir keinen Schmuck kaufen.“ Ich verdrehe die Augen. „Ich will aber, also geh mal ein paar Stände weiter und lass dich überraschen!“ Ich seufze leise, gehorche aber. Irgendwie ist das ja schon süß von ihm. Also schlendere ich zu einem Stand, der nach Kräutern und frischem Brot duftet. Ein älteres Paar steht dahinter und lächelt mich freundlich an. „Hier riecht es unheimlich gut.“ Erkläre ich fröhlich und lächle breit zurück. „Möchten sie probieren?“ Der Mann hält mir ein Holzbrett entgegen auf dem kleine Butterbrote angerichtet sind. „Danke! Ich greife nach einem und beiße hinein. „Mmhhhh, das ist unglaublich lecker!“ Ich schlucke. „Ich nehme ein kleines Brot, bitte.“ Der Mann packt mir einen Leib ein. Währenddessen sehe ich mir den Stand genauer an. „Ich habe hier verschiedene Kräutermischungen anzubieten. Diese hier passt zum Beispiel gut zu Fisch und diese hier…“ schaltet sich jetzt auch die Frau ein. „Danke, aber mein Freund ist ziemlich empfindlich. Er verträgt vieles nicht.“ Mein Blick bleibt an kleinen Metalldosen am oberen Standende hängen. „Haben sie auch Tee?“ Die Frau nickt. „Für sie oder ihren Freund?“ Wie? Verwirrt sehe ich sie an. „Tee kann ich ihnen beliebig mischen. Wenn sie das möchten.“ Ich zögere kurz. „Dann für meinen Freund!“ „Okay, beschreiben sie mir ihn und seine Probleme.“ Kurz sehe ich mich nach Raphael um. Er steht noch immer an dem Schmuckstand. „Naja er ist stressanfällig, obwohl das stimmt eigentlich nicht. Er hat nur viel Stress… Momentan mehr als sonst. Sein Magen ist ziemlich empfindlich und neigt zu Krämpfen. Und er hat Probleme damit sein Gewicht zu halten.“ Das trifft es eigentlich ganz gut… denke ich. „Schafgarbe und Fenchel würde ich für den Magen empfehlen. Dazu Koriander. Zur Entspannung ein Bad mit Hopfen oder Massageöl mit Melisse. Wenn das etwas für sie ist.“ Fügt sie schließlich hinzu, als ich nicht antworte. Ich überlege kurz. Das mit dem Bad ist eher nichts für ihn. Massageöl wollte ich sowieso besorgen, also warum nicht gleich hier. „Der Tee klingt gut, das mit dem Massageöl auch. Aber Raphael ist nicht der Typ, der gerne badet!“ Ich zücke meinen Geldbeutel und zahle. Zwei starke Arme legen sich von hinten um meine Taille. „Hey! Was hast du gekauft?“ Raphael lugt zu der Tüte, die ich gerade entgegen nehme. „Brot und Tee. Und du?“ Er grinst schwach. „Das zeige ich dir später!“ Jetzt bin ich aber verdammt neugierig. „Ach komm schon… Verrate es mir!“ bettle ich und drehe mich zu ihm um. Raphael wirkt noch immer angespannt aber in seinen hellen Augen liegt zumindest ein kleiner Funken Schalk. „Nein, das wäre doch langweilig!“ Am liebsten würde ich ihm gegen die Schulter boxen. Aber ich lasse es sein, fahre stattdessen mit der Hand durch sein blondes Haar. Ich ziehe seinen Kopf zu mir und lege meinen Mund an sein Ohr. „Du bist schon ganz schön fies!“ flüstere ich. Er lacht. Ein echtes Lachen. Und das entschädigt mich dafür, dass er mir nicht verraten will was er gekauft hat. Ich löse mich von ihm und Raphael fasst wieder nach meiner Hand und verschränkt seine Finger mit meinen. Gemeinsam schlendern wir weiter. Kapitel 23: Kapitel 22 ---------------------- Ich weiß dass schon lange nichts mehr von mir zu hören war... Deswegen ohne große Vorreden und Ausflüchte: Viel Spaß beim lesen und vielleicht lasst ihr mir eure Meinung da. Lg kateling Kapitel 22: Das restliche Wochenende verbringen wir die meiste Zeit bei Raphael zu Hause. Raphael tut so, als wäre alles in Ordnung, aber erwische ihn immer wieder dabei wie er mit angespanntem Gesichtsausdruck ins Leere starrt. Und mir fällt auf, dass er seit Samstagmorgen nicht mehr ordentlich gegessen hat. Am Abend sogar gar nichts. Als ich gefragt habe ob wir etwas essen wollen hat er die Frage ignoriert und stattdessen das Tütchen vom Markt geholt. Meine Neugier war stärker als der Hunger. Danach habe ich doch ein Brot gegessen und sind auf dem Sofa eingeschlafen. Ich sehe zu Raphael, der blass und mit angezogenen Beinen am Küchentisch sitzt und wieder mal ins Leere starrt. Ich greife nach dem Anhänger, den ich um den Hals trage. Der kleine silberne Engelsflügel. Ich drehe ihn zwischen den Fingern, fahre über die filigrane Gravur. »Hold me tight« und darunter ein verschlungenes R. »Halt mich fest« Auf mein vorsichtiges Nachfragen wie genau er das gemeint hat habe ich keine Antwort bekommen. Ja ich weiß auch, dass ich das als seine Freundin eventuell wissen sollt, aber irgendetwas hab ich das Gefühl, da steckt mehr dahinter als das offensichtliche. Darüber kann ich später auch noch philosophieren. Jetzt sollte ich Raphael zum Reden bringen. Dieses ewige vor sich hin brüten scheint ihm alles andere als gut zu tun. Ich trete hinter ihn, lege die Arme um seinen Hals. Meine Finger streichen sanft über seine Brust. „Was ist los mit dir?“ Raphael spannt sich an. „Nichts, es geht mir gut!“ blockt er ab. Ich sehe wie er eine Hand auf magenhöhe gegen seinen Bauch drückt. „Dann kannst du auch etwas essen?“ provoziere ich. Ich rechne mit jeder Reaktion von ihm, aber nicht mit dem was dann passiert. Raphael springt auf. Leichenblass, eine Hand auf den Mund gepresst und stürmt aus dem Raum. Perplex sehe ich ihm nach. Als ich mich endlich wieder gefangen habe laufe ich direkt zum Bad. Die Tür ist zu. „Raphael?“ frage ich zögernd. „Verschwinde! Lass mich zufrieden!“ Das klingt verzweifelt. Ich zögere kurz und öffne dann die Tür. Raphael hockt neben der Toilette an die Wand gelehnt. Beide Arme vor dem Bauch, die Augen geschlossen und schwer atmend. Soviel zum Thema es geht ihm gut. Ich knie mich neben ihn, streiche ihm das blonde Haar aus der Stirn. „Süßer…“ flüstere ich tröstend. „Ist schon gut. Es geht wieder…“ Er will sich aufrappeln, sackt aber mit schmerzverzerrtem Gesicht zurück und krümmt sich. „Hast du gebrochen?“ frage ich sanft, reibe über seine Schultern. „Mir kommt’s allein bei dem Gedanken an Essen hoch.“ Murmelt er. Also werde ich es vorerst nicht mehr erwähnen. „Ich bring dich ins Bett. Mit Wärmflasche und Tee und dann erzählst du mir endlich was dir so auf den Magen schlägt!“ Er beißt sich auf die Unterlippe und weicht meinem Blick aus. „Mila…ich…“ Er schluckt schwer. „Nichts Mila!“ fauche ich und gehe auf Abstand. Ich kann Raphael nicht sagen was ich sagen muss, wenn ich ihm so nahe bin. „Seit diesem Anruf gestern, bist du nicht du selbst. Du starrst ständig ins Leere, ist kaum… Raphael so geht das nicht weiter. Wenn du nicht mit mir reden willst…Okay! Damit komme ich klar. Dann ruf Danny an, deinen Psychologen oder wen auch immer!“ Unruhig gehe ich auf und ab. „Aber bitte hör auf das alles in dich rein zu fressen. Es macht dich nur kaputt!“ Seine Hand auf meinem Bein lässt mich inne halten. Seine hellen Augen liegen auf mir. „Setz dich!“ Irritiert sehe ich ihn an. „Was?“ Will er jetzt etwa hier…? „Setz dich!“ wiederholt er seinen knappen Befehl. Ich gehorche. Setze mich neben ihn, ohne ihn allerdings zu berühren. „Der Staatsanwalt hat angerufen…“ Raphael atmet zittrig durch. „…schon zu Beginn der Verhandlungen hatte er gewisse Vermutungen…“ Seine Finger beben als er sich durchs Haar fährt. „Welche Vermutungen?“ frage ich vorsichtig nach, halte die Luft an. „Häusliche Gewalt!“ Raphaels Stimme ist tonlos. Ich kann ihn nur entsetzt ansehen. „Mein Vater ist Gangmitglied. Gewalt stand bei ihm an der Tagesordnung. Seine schlechten Launen hat er mit belieben an mir ausgelassen. Jede Begegnung zwischen ihm und mir endete mit blauen Flecken und gebrochenen Knochen. Als ich älter wurde habe ich versucht ihm aus dem Weg zu gehen. Das letzte Mal, dass er mich erwischt hat war in der Mordnacht. Danach bin ich abgehauen.“ Mein Herz zieht sich bei jedem Wort mehr zusammen. Sprachlos kann ich ihn nur anstarren. „Sie haben mein Alibi für diese Nacht überprüft… in meiner Krankenakte steht mehr als nur die Gehirnerschütterung jener Nacht. Der Staatsanwalt will, dass ich vor Gericht von seiner Gewalttätigkeit erzähle.“ Er starrt starr an die Wand. „Ist es das, was du Freitag noch erzählen wolltest? Wegen der Panikattacken?“ Raphael nickt knapp. Ich fahre mir mit beiden Händen durch die Haare. „Scheiße Raphael…“ Er erwidert meinen Blick erschöpft. „Du musst dazu nichts sagen! Das was mich mehr beschäftigt ist die Frage ob ich in diese Richtung aussagen will… Wenn ich das tue wird mein halbes Leben an die Öffentlichkeit gezerrt.“ Ich beiße mir auf die Unterlippe. Ich bin geschockt. „Willst du aussagen, also wenn es anders ginge?“ frage ich. Versuche irgendwie bei dem aktuellen Problem zu helfen, auch weil ich keine Ahnung habe was ich zu dem was er gerade erzählt hat sagen soll. „Vielleicht. Keine Ahnung!“ Er fährt mit beiden Händen übers Gesicht. „Ich halte seit acht Jahren, seit ich die Firma habe mein Privatleben aus der Öffentlichkeit heraus. Und jetzt bricht alles über mich herein.“ Seine Hände zittern, seine Stimme bebt. „Scheiße. Ich habe es ja nicht mal geschafft Edgar, Danny oder dem Jugendamt davon zu erzählen. „Wie kam es dann dazu, dass Edgar Wegner das Sorgerecht für dich bekommen hat?“ frage ich das erstbeste was mir in den Kopf kommt. Und bereue es fast im selben Moment. So helfe ich Raphael überhaupt nicht. „Keine Ahnung. Ich stand am nächsten Tag mit einer heftigen Gehirnerschütterung und einem Haufen blauer Flecken vor seiner Tür. Nur mit einem alten Zeitungsartikel von ihm und meiner Mutter in der Hand. Ich wusste nicht mal, dass sie tot war. Edgar hat mich rein gelassen, mich in einem Zimmer untergebracht und mir versprochen, dass ich bleiben kann, wenn ich das will. Ich… das alles ist total verschwommen. Erinnern kann ich mich kaum. Aber irgendetwas muss ich zu ihm gesagt haben… er hat das Sorgerecht für mich beantragt. Und ich denke er hat meinem Vater einen Haufen Geld dafür gegeben. Wahrscheinlich hat er mir damit das Leben gerettet…“ Ich greife nach Raphaels kalter Hand, verschlinge seine Finger mit meinen. „Damals hätte ich alles dafür gegeben, wenn irgendjemand diesen Arsch in den Knast gebracht hätte. Da draußen gibt es Leute, die unter meinem Vater leiden. Keine Ahnung ob er diesen Mord wirklich begangen hat oder ein anderes Gangmitglied. Aber ich weiß was er mir angetan hat. Ich war… bin sicher nicht der einzige.“ Ich bin Dannys Vater unglaublich dankbar für das was er getan hat. Er hat Raphael eine Chance gegeben. „Raphael… egal wie du dich entscheidest…Ich stehe hinter dir!“ Er nickt und sieht mich dann direkt an. „Was würdest du tun?“ „Raphael… ich weiß nicht… das ist nicht einfach…“ stottere ich. „Das weiß ich. Sag mir einfach aus dem Bauch heraus. Wenn du die Möglichkeit hättest ihn in den Knast zu bringen, würdest du es tun?“ ich hebe meine Hand, lege sie an Raphaels Wange. Er lehnt sich in die Berührung. „Ja, ich würde es tun!“ flüstere ich, rutsche näher zu Raphael. „Ich kann diese Entscheidung nicht für dich treffen. Das musst du selbst. Wenn du aussagst kannst du vielleicht mit der ganzen Sache abschließen. Dann ist es endgültig vorbei. Wenn du es nicht in aller Öffentlichkeit tun willst, dann rede mit dem Staatsanwalt. Da lässt sich doch bestimmt etwas machen.“ Einen Moment ist es absolut still. Raphael sieht durch mich hindurch. Dann rappelt er sich umständlich auf. „Ich muss telefonieren!“ nuschelt er. An der Tür dreht er sich noch einmal um und sieht mir direkt in die Augen. „Danke Mila!“ Dann ist er verschwunden. Ich sitze noch einen Moment auf dem kühlen Fliesen bevor ich mich ebenfalls erhebe. Erst jetzt setzten sich Raphaels Worte bei mir richtig. Sein Vater hat ihn geschlagen. Jahrelang. Bei dem Gedanken wird mir ganz schlecht. Wie kann ein Vater das seinem Kind antun? Langsam gehe ich in die Küche und stelle Wasser auf. Ich hole den Tee, den ich gestern auf dem Markt gekauft habe aus dem Schrank und hänge den Filter schon mal in die Kanne. Dann öffne ich den Kühlschrank, vielleicht bekomme ich Raphael ja jetzt dazu wenigstens eine Kleinigkeit zu essen. Nur was soll ich ihm vorsetzen? Ich seufze leise und fahre mir durchs Haar. „Nimm einfach das!“ Ein Arm schlingt sich um meine Taille und der zweite greift an mir vorbei zum Gefrierfach und holt eine Packung heraus. Aufbackbare Laugenstangen. Dass Raphael sowas überhaupt im Haus hat. Ich drehe mich in seinem Arm so, dass ich ihn ansehen kann. Er ist immer noch blass, die Augen trüb. Aber auf seinen Lippen liegt ein schwaches Lächeln. „Was hat der Staatsanwalt gesagt?“ Raphael schaltet den Backofen an und öffnet die Packung. Mein Blick fällt auf die Wärmflasche, die er schienbar mitgebracht und neben dem Wasserkocher abgelegt hat. „Ich werde aussagen. Unter Ausschluss der Presse!“ Seine Stimme klingt beherrscht, aber ich vermute, dass es in ihm ganz anders aussieht. Ich gieße den Tee auf und fülle die Wärmflasche. „Wie geht es dir jetzt?“ Ich reiche Raphael die Wärmflasche nachdem er den Backofen geschlossen hat. Er legt sie sich auf den Bauch und verschränkt die Arme davor. Leicht zuckt er mit den Schultern. „Ich bin ruhiger.“ Ich umarme Raphael. Er küsst mich zart und lehnt seine Stirn an meine. Ich hebe meine Hand und kraule ihm den Nacken. Ich weiß nicht wie lange wir so da stehen. Erst der Wecker lässt uns aufsehen. Raphael holt die Laugenstangen aus dem Ofen und ich nehme den Tee. „Bett oder Couch?“ frage ich. „Bett!“ Kurz darauf liegen wir auf Raphaels Bett. Ich habe meinen Kopf auf seiner Schulter abgelegt und eine Hand unterhalb der Wärmflasche auf seinem Bauch. Ganz leicht streichen meine Finger unter der Decke über seine angespannte Muskulatur. „Hier!“ Raphael hält mir eine Laugenstange hin und nimmt sich selbst eine. „Hast du doch Hunger?“ frage ich neckisch. Doch er schüttelt den Kopf. „Nein. Aber du gibst doch nicht eher Ruhe bis ich etwas gegessen habe.“ Seine freie Hand fährt durch mein offenes Haar. Dass er das Wochenende viel zu wenig gegessen hat erwähne ich jetzt mal nicht. Stattdessen kuschle ich mich näher an ihn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)