An deiner Seite von kateling ================================================================================ Kapitel 21: Kapitel 20 ---------------------- Kapitel 20: Raphaels Sicht Mein Blick wandert zum gefühlt tausendsten Mal zur Uhr. Ein Uhr siebenundfünfzig. Mit drohen immer wieder die Augen zu zufallen. Ich bin todmüde. Allerdings bin ich da wohl der einzige, wenn ich mich hier so umsehe. Mila liegt lachend auf dem Boden neben dem Spielbrett und bekommt kaum noch Luft, während mein Bruder und Boris durchs Wohnzimmer taumeln und sich streiten wessen pantomimische Darstellung von Exorzismus jetzt die bessere ist. Olivia hat ihre Schüchternheit inzwischen vollkommen abgelegt – was vermutlich an der Alkoholmenge liegt – und lässt sich von Alia frisieren. Mein Blick schweift über den kleinen Tisch und die Menge an leeren Flaschen. Gut, dass ich nicht mitgetrunken habe. Ich hatte schon genug bevor ich überhaupt herkam. Und zwar mehr als ein paar Schluck wie ich Daniel erzählt habe. Dafür bin ich allerdings gut weggekommen. Nur ein leichtes, allerdings beständiges Bauchgrimmen. Aber damit komme ich klar. Ich seufze leise auf und lehne den Kopf gegen die Polster. Ich habe Mila überhaupt nicht verdient… aber ich muss mir eingestehen, dass ich mich nicht einfach von ihr trennen kann. Nicht wenn sie so verständnisvoll, liebevoll und zärtlich ist. Das Beste was mir je passiert ist. Am besten höre ich auf mir so viele Gedanken zu machen. Müde fahre ich mir übers Gesicht und schließe die Augen. Sollen die ruhig ohne mich weiter spielen. Zu früh gefreut. Kaum bin ich etwas weggedämmert plumpst etwas Schweres gegen meine Brust. Erschrocken zucke ich zusammen und reise die Augen auf. Mila hängt schief auf meinem Schoß und grinst mich verklärt an. „Ischt mein Süscher müde?“ nuschelt sie und vergräbt eine Hand in meinem Haar. Ich lehne mich in die Berührung. Beobachte sie eindringlich. Sie kuschelt sich noch näher an mich und dann fallen ihr die Augen zu. „Mila? Sollten wir nicht ins Bett gehen?“ frage ich vorsichtig. „Nö! Viel bequemer hier!“ Sie drückt einen Kuss gegen meine Brust. Ich verdrehe die Augen und habe sie von meinem Schoß. Oder besser ich versuche es. Sie klammert sich an meinen Hals. „Will auf dir schlafen…“ Süß ist sie ja schon. Aber auf Dauer wird mir das zu ungemütlich. „Kannst du. Aber bitte in deinem Bett und nachdem du Zähne geputzt hast!“ seufze ich. Sie bewegt sich immer noch nicht. Also hebe ich sie kurz entschlossen auf meine Arme und stehe mit ihr auf. Mila jauchzt kurz erschrocken auf und klammert sich nach fester an mich. Ich trage sie ins Bad und setze sie auf dem Toilettendeckel ab. Etwas enttäuscht sieht Mila mich an. Ich öffne ihre Hälfte des Spiegelschranks und nehme die beiden Zahnbürsten heraus. Ich habe hier inzwischen die wichtigsten Hygieneartikel und ein paar Kleider in Milas Schrank. Ebenso wie sie Sachen bei mir in der Wohnung hat. Irgendwie schaffe ich es Mila bettfertig zu machen. „So und jetzt ab ins Bett mit dir!“ Sie sitzt nur noch im T-Shirt und Unterhose vor mit. Die Arme nach mir ausgestreckt. „Trag mich!“ Ich seufze leise, kann ihrem Hundeblick aber nicht widerstehen. Ich nehme sie auf die Arme. Sofort kuschelt sie sich an mich und lässt mich auch nicht los, als ich sie im Bett ablege. Gut, dass auch ich meine Hose im Bad schon ausgezogen habe. Wir kuscheln uns unter die Decke und ich lösche das Licht. Mila schlingt sich um mich und vergräbt ihr Gesicht an meiner Halsbeuge. „Isch hab disch lieb Süscher!“ Ich erstarre. Dann atme ich tief durch. Ich muss aufhören jedes Mal zu erschrecken, wenn jemand so etwas zu mir sagt. „Ich hab dich auch lieb!“ erwidere ich schließlich doch noch. Aber Mila hört mich nicht mehr. Sie ist bereits eingeschlafen. Ich vergrabe mein Gesicht in ihrem Haar und schließe die Auen. Langsam drifte auch ich in den Schlaf. Ich sitze zusammengekauert in der Ecke meines Zimmers. Zwischen Wand und dem wackeligen Holzverschlag den mein Vater als Schrank bezeichnet. Es ist eiskalt. Meine Finger sind taub und fest um meinen Körper geschlungen. Ich kann meine Rippen durch das dünne, abgenutzte T-Shirt spüren. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal etwas zu essen bekommen habe. Mein Magen zieht sich schmerzhaft zusammen. Ich atme dagegen an. Bin es inzwischen gewohnt. Falls man sich irgendwie an das nagende Hungergefühl gewöhnen kann. „Komm sofort her du kleiner Scheißer!“ Die laute Stimme klingt schon wieder wütend. Ich habe doch überhaupt nichts getan. Trotzdem rapple ich mich etwas mühsam auf und humple aus meinem Zimmer. Der große blaue Fleck an meiner Hüfte macht das Laufen nicht gerade einfacher. „Habe ich etwas von trödeln gesagt?“ Bevor ich etwas erwidern kann werde ich gegen die Wand geschleudert. Ich wimmere auf, traue mich nicht aufzustehen. „Antworte!“ Ich zucke zusammen. „Nein, Vater!“ Irgendwie schaffe ich es trotz der Schmerzen auf die Beine kommen. Stur starre ich auf das versiffte Hemd meines Erzeugers. Er stinkt nach Alkohol und abgestandenem Zigarettenrauch. „Wo ist mein Bier?“ Der Unterton in seiner Stimme lässt mich total verkrampfen. Er ist auf Entzug! „Du hast es versoffen!“ Den Schlag in meinen Magen habe ich erwartet, trotzdem ändert das nichts an dem stechenden Schmerz. „Nicht so unhöflich Junge!“ Ich hebe langsam den Kopf, sehe ihm direkt in die Augen. „Ich hab dein Scheiß Bier nicht!“ Ein weiterer Schlag… Ein Schrei? Mein eigener? Wo bin ich? Schweratmend sehe ich mich in dem dunklen Zimmer um. Helle Möbel, Schrank, Bücherregal, Schreibtisch… Langsam registriere ich dass jemand neben mir im Bett liegt. Mila. Es war nur ein Alptraum. Mit zitternden Fingern fahre ich mir durch das schweißnasse Haar. Das alles ist längst Vergangenheit… Alles bis auf die Bauchschmerzen. Ich schlinge beide Arme um meinen Bauch. Verdammter Whiskey. Ich wusste ja, dass das so enden würde. Vorsichtig rutsche ich ein wenig von Mila weg und schwinge die Beine aus dem Bett. Jetzt kann ich eh nicht mehr schlafen. „Raphael? Was ist los?“ Milas verschlafene Stimme hinter mir. Das abweisende `Nichts´ liegt mir auf der Zunge, aber ich schlucke es herunter. „Bauchschmerzen, nicht so schlimm!“ Ich höre es rascheln. „Wenn du deswegen nicht schlafen kannst sind sie schlimm!“ Schlanke Arme legen sich von hinten um meinen Hals. Geweckt hat mich der Alptraum. Nur will ich darüber jetzt noch weniger reden. „Ich mache dir einen Vorschlag… Geh dich umziehen und etwas frisch machen, du bist total verschwitzt. Ich mach dir währenddessen eine Wärmflasche und dann lass uns kuscheln und über Gott und die Welt reden. Die ganze Nacht wenn du willst.“ Sie küsst mich sanft auf den Nacken. In diesem Moment bin ich unheimlich froh, dass ich Mila habe. „Das hört sich gut an!“ murmele ich und lehne mich gegen sie. Allerdings nicht für lange. Mila klettert aus dem Bett und sieht mich verschlafen an. „Na los, Süßer zieh dir was anderes an. Und in fünf Minuten treffen wir uns wieder hier!“ Mit einem Lächeln verlässt sie das Zimmer. Ich betrachte ihre schlanken Beine, den leichten Hüftschwung… Leise seufzend nehme ich mir ein frisches T-Shirt aus Milas Schrank und tappe ins Badezimmer. Ich will mir gerade das verschwitzte Shirt ausziehen, als mein Blick in den Spiegel fällt. Scheiße. Ich bin leichenblass, meine Augen sind trüb und meine Haare sind schweißnass. Schnell drehe ich mit noch immer leicht zitternden Fingern den Schlüssel im Schloss herum. So soll mich keiner sehen… Ich lehne mich gegen das Holz der Tür, meine Knie geben nach. Langsam lasse ich mich daran herabgleiten. Hört der ganze Mist denn nie auf? Warum geht mir das nach all den Jahren immer noch so verdammt nahe? Ich atme tief durch und fahre mir durch die Haare. Verdammt. Mit der flachen Hand schlage ich auf den Boden. Die Fließen unter mir sind eiskalt. „Raphael, alles okay da drinnen?“ Bei Milas leiser Frage zucke ich zusammen. Keine Ahnung wie lange ich schon hier sitze. „Ja…“ erwidere ich und rapple mich auf die Beine. „Geh schon mal ins Bett, ich komme gleich!“ Ein kurzer Moment, dann höre ich ihre Schritte. Ich ziehe mir das inzwischen klamme T-Shirt aus und trete ans Waschbecken. Allerdings vermeide ich einen weiteren Blick in den Spiegel. Ich wasche mich flüchtig, ziehe mir das frische T-Shirt über und atme noch einmal tief durch. Zurück in Milas Zimmer brennt nur das Nachtlicht. Sie sitzt an der Bettkante. Ihr Blick liegt sofort auf mir. „Hey…“ Ich setze mich neben sie. „Du brauchst gar nicht fragen… Es ist nicht alles in Ordnung!“ „Willst du darüber reden?“ Ihre kleine Hand greift nach meiner. Ich atme tief durch. „Nein, nicht heute.“ Mila sagt nichts dazu, sitzt einfach nur still neben mir. Ich bekomme ein schlechtes Gewissen. „Ich kann einfach noch nicht…“ Vielleicht werde ich das nie können… Mila dreht sich zu mir, legt einen Finger auf meine Lippen. „Shhh. Es ist okay! Such dir einfach ein Thema aus.“ Jetzt sitze ich schweigend da und denke nach. Meine Hände sind eiskalt. „Erzählst du mir etwas von dir?“ frage ich schließlich zaghaft. Mila zieht mich ins Bett und kuschelt sich an mich. „Was möchtest du denn wissen?“ „Wie hast du Alina kennen gelernt?“ Ich lege mich bequem hin und ziehe die Decke etwas hoch. „Mmh, da muss ich aber etwas ausholen… Anfang der zwölften Klasse war ich mit Jasper zusammen. Ein Junge aus meiner Nachbarschaft. Der perfekte Schwiegersohn wie man so schön sagt. Naja so perfekt war er dann doch nicht. Er hat mich mit meiner damals besten Freundin Jaqueline betrogen. Ich habe die beiden kurz vorm Abi erwischt. War eine scheiß Zeit. Ich wollte nicht mal zum Abiball. Meine Schwester hat mich schließlich überredet. Und da habe ich dann Alina kennen gelernt. Naja eigentlich kannten wir uns schon vorher. Wir waren zusammen im Schwimmverein aber immer nur gute Bekannte vielleicht. Alina ist zwei Jahre älter als ich. Sie hat damals ihre Ausbildung zur Fotografin gemacht. Und Fotos auf unserem Abiball. Jasper hat ein paar blöde Bemerkungen gemacht und mich zum heulen gebracht. Alina hat mich getröstet. Und seitdem sind wir beste Freundinnen.“ Ich spüre, wie sie sich in meinen Armen anspannt während sie erzählt. „So ein Arschloch hat dich nicht verdient!“ Sage ich leise. Mila dreht den Kopf und sieht mir fest in die Augen. „Ich bin ein gutmütiger Mensch und ich verzeihe vieles. Aber wenn du fremdgehst oder mich verarscht, dann ist es vorbei mit uns!“ Ernst erwidere ich ihren Blick. „Ich verspreche dir, dass das niemals passieren wird!“ Dann weiche ich ihrem Blick aus. „Vielleicht glaubst du es mir nicht, aber… Du bist meine erste Freundin. Und die dritte Frau, mit der ich etwas… Längeres habe.“ Gestehe ich. „Du musst mir nichts über deine Verflossenen erzählen!“ Ihrer Stimme ist anzuhören, dass das Thema nicht so wirklich ihres ist. Trotzdem habe ich das Bedürfnis ihr klarzumachen wie wichtig sie mir ist. „Hör mir bitte zu…“ Sie nickt schließlich leicht. „Ich habe mich noch nie gerne berühren lassen… Die erste Frau war auf der Uni. Es ging nur um Sex. Wir haben uns drei Mal getroffen, dann haben wir es beendet. Sie wollte sich nicht von mir fesseln lassen. Die Zweite… Wir haben einen Vertrag aufgesetzt…“ „Du stehst auf Bdsm?“ fragt sie entsetzt dazwischen. „Nein!“ Ich atme tief durch. „Ich brauche die Kontrolle… ja. Damals noch mehr als heute. Handfesseln haben mir das ermöglicht.“ Vielleicht stehe ich ein wenig auf Bondage, aber auf den Rest auf keinen Fall. „Wenn wir Sex haben… würdest du mich da auch gerne fesseln?“ Ich weiche ihrem Blick aus. Aber ich habe das Gespräch ja selbst angefangen. „Im großen und ganzen nein. Bei dir habe ich die Sicherheit, dass du wirklich nur das tust, was ich auch will. Nur manchmal… da wünsche ich mir diese Art von Kontrolle…“ Dann wenn bestimmte Erinnerungen hoch kommen. „Von welcher Art Fesseln reden wir?“ Milas Stimme klingt zögerlich. Sie liegt absolut still neben mir. „Nur die Handgelenke zusammen und vielleicht über dem Kopf am Bett fest…“ Ich habe Angst, dass sie jetzt aufsteht und geht. „Damit ich dich nicht anfassen kann?“ „Ja!“ antworte ich erstickt. „Wenn es nicht… ich bin bereit es zu versuchen…“ Ich reiße überrascht die Augen auf, sehe ihr ins Gesicht. Sie meint es tatsächlich ernst. „Danke!“ flüstere ich leise. Dann ist es einige Zeit still. „Diese zweite Frau… War das diese Samira Leher?“ Ich starre an die Decke und nicke dann. „Sie war ein Fehler… Diese Beziehung… Allerdings habe ich etwas gebraucht um zu erkennen, dass sie mir nicht das gibt was ich brauche. Sie hat mir nicht geben können was du mir gibst!“ Mila stützt sich auf und beugt sich über mich. „Was gebe ich dir denn?“ fragt sie leise und sieht mich sanft an. Ich schlinge ihr die Arme um den Hals und ziehe sie zu einem Kuss herunter. „Alles was ich brauche, Mila!“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)