An deiner Seite von kateling ================================================================================ Kapitel 7: Kapitel 6: --------------------- Kapitel 6: Am Morgen wache ich auf, weil mir einfach nur viel zu warm ist. Ein warmer Körper liegt hinter mir, die Arme um mich geschlungen und die Beine mit meinen verhakt. Ich sehe mich in dem fremden Zimmer um. Helle Wände, dunkle Möbel. Raphaels Schlafzimmer. Es ist noch dunkel draußen. 5:55 steht in großen roten Ziffern auf dem Digitalwecker. Viel zu früh zum aufstehen. Ich strecke einen Fuß unter der Decke hervor. So ist es besser. Raphael murmelt etwas unverständliches und vergräbt seine Nase in meinem Nacken. Ich dämmere wieder weg. Als ich das nächste Mal aufwache liege ich alleine in dem riesigen Bett. Ich strecke mich erst einmal ausgiebig. Ich fühle mich ein wenig wund, aber befriedigt. Raphael war ziemlich… fordernd. Wo steckt der eigentlich? Um ehrlich zu sein würde es mich nicht wundern, wenn er nicht mehr im Haus ist. Ich drehe mich um und entdecke einen weißen Zettel auf der dunklen Bettwäsche. »Bin auf Arbeit. Frühstück steht auf dem Tisch. Ruf dir ein Taxi, wenn du fertig bist!« Ich weiß nicht so wirklich was ich von der Nachricht halten soll. Irgendwie habe ich ein Déjà-vu. Nur dass Raphael diesmal nichts davon geschrieben hat, dass wir das Ganze auf sich belassen sollen. Aber was solls. Momentan kann ich daran eh nichts ändern. Also mache ich mich stattdessen auf die Suche nach dem Badezimmer. Der Raum ist weiß gefliest mit dunkelblauen Farbakzenten. Fasziniert werde ich von der Badewanne angezogen. Sie ist so riesig, dass man bequem zu zweit darin Platz hätte. Ob Raphael vielleicht irgendwann… Ich schiebe den Gedanken zur Seite und stelle mich stattdessen unter die Regendusche. Blind greife ich nach dem Duschgel. Raphaels Geruch steigt mir in die Nase. Es ist seines. Wessen auch sonst?! Es sieht ja nicht so aus, als hätte er Mitbewohner. Frisch geduscht betrete ich die offene Küche. Auf dem Tisch stehen ein Korb frischer Brötchen, eine Teekanne und verschiedene Aufstriche und Beläge. Marmelade, Wurst… Ich nähere mich dem einzigen Teller auf dem Tisch. Quer über dem Teller liegt ein weißer Briefumschlag. In Raphaels klarer Handschrift steht mein Name und darunter »Aufwandsentschädigung«. Mit hochgezogener Braue öffne ich den Umschlag. Darin ist ein hunderter. Wut steigt in mir auf. Das ist jetzt nicht sein ernst, oder? Aufwandsentschädigung? Welcher Aufwand? Das ist jetzt nicht wirklich für… Ich feure den Brief auf den Tisch. Ich lasse mich bestimmt nicht wie eine Nutte behandeln. Das… „Argh!“ Wütend schlage ich mit der flachen Hand auf das Holz und stürme aus der Wohnung. Ich werde nur kurz von dem Sicherheitsbeamten am Ausgang aufgehalten, dann bin ich draußen. Es ist schweinekalt. Erst jetzt merke ich, dass ich meine Jacke in Raphaels Wohnung vergessen habe. Verdammter Mist! Jetzt muss ich diesen Arsch noch einmal treffen. Immerhin habe ich meine Handtasche mitgenommen, der Akku meines Handys ist allerdings leer. Na super! Ich schlinge meine Arme um den Körper und stapfe zur nächsten U-Bahnstation. Wie konnte ich nur so blöd sein und mich auf Raphael einlassen? Zwei Mal! Ziemlich durchgefroren komme ich zurück in unsere Wohnung. Alina erwartet mich mit in die Hüften gestemmten Händen. „Wo warst du die ganze Nacht?“ Ich versuche ihrem strengen Blick zu entkommen. Verlorene Liebesmüh. Alina kann ich nichts vormachen. „Sag jetzt nicht du warst bei einem Mann?!“ Ihre Augen werden groß. Verdammter Mist. Jetzt muss ich ihr alles erzählen. „Ich ziehe mich um und du kochst Tee. Dann können wir reden.“ Seufze ich und stapfe in mein Zimmer. Dort zerre ich als erstes den Nachttisch auf und greife nach dem Urlaubsfoto. Ich nehme die oberen Kanten. Zerreiß es! Meine innere Stimme… Aber ich kann nicht. Wie hypnotisiert bleibt mein Blick an Raphaels Gesicht hängen. Er lächelt. Hat er letzte Nacht überhaupt gelächelt? Nicht soweit ich mich erinnern kann. Ich sollte vielleicht nicht den einzigen Beweis, dass dieser Arsch lächeln kann, zerstören. Aber mit unserer Beziehung… So kann man das nicht mal nennen… Egal was ich mit Raphael hatte… Es ist vorbei! Ein letztes Mal betrachte ich das Foto und stopfe es dann ganz unten in die Schublade meines Schreibtischs zu den ganzen anderen Fotos, die ich besitze. In Jogginghose und Schlabberpulli lasse ich mich wenig später auf unsere grüne Couch fallen. Alina sitzt auf dem Sessel mir gegenüber und wippt mit dem rechten Fuß. „Na los erzähl!“ Ich fahre mir seufzend durch die Haare. „Er ist ein Arsch. Wir hatten einen One-Night-Stand vor ein paar Monaten und haben uns vor kurzem wieder getroffen. Gestern hat er mich zum Essen eingeladen. Wir haben kaum geredet, sind dann im Bett gelandet. Und heute Morgen legt er mir einen Umschlag hin auf dem »Aufwandsentschädigung« steht und hundert Euro drin sind. Ich weiß ja nicht was er sich dabei gedacht hat! Aber ich bin keine Nutte, die er für Sex bezahlt!“ Schwer atmend breche ich ab und sehe Alina wütend an. Meine Gefühle spiegeln sich in ihrem Gesicht. Sie hat die schwarzen Brauen zusammengezogen und die Lippen fest zusammengepresst. Ihre dunklen Augen funkeln. „Da kann ich dir nur zustimmen! Was für ein Arsch! Sag mir wo er wohnt! Dem muss mal jemand den Kopf waschen!“ Meine Augen weiten sich entsetzt, als Alina aufspringt. Das meint sie doch nicht ernst oder? Sie will Raphael die Hölle heiß machen? Überhaupt… wenn ich ihr sage, dass Raphael… dass ich mit ihm geschlafen habe… Gott, sie würde mich für verrückt erklären. Nach unserem Urlaub hat sie sich ziemlich über Raphaels Verhalten aufgeregt. Wenn ich ihr jetzt erzähle, dass ich trotz seiner arschigen Art mit ihm geschlafen habe… dann liefert sie mich in die nächste Klapse ein. Nein! Das darf ich ihr nicht erzählen! „Alina, lass gut sein. das bringt doch nichts! Ich werde das ganze einfach hinter mir lassen. Kein Drama!“ Dabei versuche ich nicht loszuheulen. Ich bin verletzt. Das merke ich erst jetzt richtig. Raphael hat mich mit dieser Aktion wirklich getroffen. „Kein Drama? Sag mal, was ist los mit dir? Ich sehe doch, dass er dich verletzt hat und du willst es einfach auf sich beruhen lassen?“ Alina setzt sich neben mich und schaut mich an. Ihr Blick scheint mich zu durchbohren. „Das bringt doch alles nichts!“ murmele ich leise und vergrabe den Kopf in meinen Armen. „Natürlich bringt das etwas! Wenn du ihn einfach so davon kommen lässt, hat er doch gewonnen!“ Das ist Alinas Denkweise, nicht meine. „Und was stellst du dir vor?“ hake ich trotzdem nach. Alinas Rachepläne sind immer sehr kreativ. Jetzt zuckt sie mit den Achseln und grinst mich an. „Wir können eine Nachricht auf seinen Wagen schreiben…“ schlägt sie vor. „Damir wir im Gefängnis landen?!“ erwidere ich. „Dann schwärzen wir ihn eben bei seinem Chef an!“ kommt ihre nächste Idee wie aus der Pistole geschossen. „Er ist der Chef!“ seufze ich. „Nicht dein Ernst!“ Alina macht große Augen. „Wen hast du dir denn da angelacht?“ Ich beiße mir auf die Lippen. Genau diese Frage habe ich gefürchtet. „Einen reichen, arroganten Geschäftsmann, der immer genau das bekommt was er will.“ antworte ich ausweichend und weiß doch ganz genau, dass Alina das nicht reichen wird. „Und sein Name?“ fragt die und verschränkt die Arme vor der Brust. „Damit du ihm vor seiner Wohnung auflauern und ihn verprügeln kannst? Vergiss es!“ Ich schüttle den Kopf. „Ich hatte da eher an kompromittierende Fotos gedacht, die wir an die Regenbogenpresse verkaufen könnten.“ Das entlockt mir ein leichtes Lächeln. „Du würdest dien Image der seriösen Fotografin für mich opfern?“ Alina nickt heftig und schlingt beide Arme um mich. „Natürlich! Du bist meine beste Freundin!“ Ich schmiege mich an ihren schlanken Körper. „Verrätst du mir jetzt seinen Namen?“ Ich schüttle entscheiden den Kopf. „Nein! Ich kann es nicht verantworten, dass du wegen mir deine Karriere ruinierst! Du bist meine beste Freundin!“ Still sitzen wir aneinander gekuschelt auf dem Sofa. „Wie läuft es eigentlich mit dir und Boris?“ Ich sehe Alinas Gesicht aufleuchten. Sie hat Boris vor zwei Wochen kennengelernt. Auf der Hochzeit seiner Schwester, dort war Alina als Fotografin engagiert. Seit dem hatten die beiden schon zwei Dates und soweit ich weiß haben sie sich gestern zum Mittagessen getroffen. „Total toll! Wir haben so viele Gemeinsamkeiten und er ist zuvorkommend und total charmant. Und gestern zum Abschied da hat er mich geküsst. Es war einfach nur wow!“ Aufmerksam höre ich ihr zu. Was für ein Unterschied zu mir und Raphael! Wir haben kaum geredet und sind dafür im Bett gelandet. Ehrlich gesagt beneide ich Alina dafür. Sie hat einfach mehr Glück mit den Kerlen. Bei mir dagegen läuft es immer nur schief. Mein erster Freund in der neunten Klasse wollte über mich nur an meine damals beste Freundin Jaqueline herankommen. Drei Jahre später war da Jasper, der mich zwei Wochen vor dem Abitur mit Jaqueline betrogen hat. Ich habe die beiden auf der Mädchentoilette erwischt. Damals war ich ganz schön fertig, die Prüfungen sind einfach so an mir vorbeigerauscht. Zum Glück haben meine Noten nicht allzu sehr darunter gelitten. Danach habe ich mir eine WG in der Stadt gesucht um aus der kleinen Vorstadt in der ich aufgewachsen bin herauszukommen und die Erinnerungen hinter mir zu lassen. So habe ich Alina kennen gelernt. Das ist jetzt zwei Jahre her und ich habe mir schon wieder den falschen Kerl ausgesucht. „Du musst ihn mir unbedingt mal vorstellen!“ sage ich zu Alina. Sie nickt begeistert. Wenn sie so begeistert ist, würde keiner darauf kommen, dass sie schon dreiundzwanzig ist. sie wirkt immer mehr wie ein Kind, das einen riesigen Berg Süßigkeiten vor sich hat. „Ich frage ihn gleich heute Abend, ob er Lust hat nächste Woche zum Essen zu kommen. Wir zwei könnten zusammen kochen!“ „Trefft ihr euch heute Abend?“ hake ich nach. Alina nickt. „Ja, Boris hat mich zu sich nach Hause eingeladen. Das erste Mal!“ Ich freue mich ja so!“ Den Nachmittag verbringen wir vor Alinas Kleiderschrank mit der Frage was sie am besten anziehen soll. Dass unsere Ansichten da Himmelweit auseinander gehen, macht das Ganze nicht gerade einfach. Schließlich einigen wir uns auf eine graue Jeans, rotes Top mit Spitze und eine schwarze Strickjacke. Ich verabschiede Alina an der Tür und stehe dann alleine in unserer Wohnung. Sofort ist meine Wut auf Raphael zurück. Ich suche mein Handy, dessen Akku noch immer leer ist. ich hole mein Ladekabel und stecke es an. Jetzt heißt es erst einmal warten bis es genug Saft zum anschalten hat. Endlich funktioniert es. Zwei entgangene Anrufe und acht neue SMS. Die Anrufe und vier SMS sind von Alina, die mich letzte Nacht scheinbar vermisst hat. Eine SMS ist von Zac, der wissen will wie das Abendessen war. Ich antworte kurz, dass es geschmeckt hat und ich mich gefreut habe meinen `Bekannten´ wieder zu treffen. Dabei habe ich ein verdammt schlechtes Gewissen. Ich scrolle weiter zu nächsten SMS. Sie ist von Tony und geht über Mamas Geburtstagsgeschenk. Die letzten beiden SMS sind von Leuten aus der Uni. Nichts von Raphael. Seufzend starre ich auf mein Handy. Ich kann mich nicht mal bei ihm melden, da seine Nummer bei dem Anruf unterdrückt war. Schöner Mist. Meine Jacke sehe ich dann wahrscheinlich erst in drei Monaten wieder. Dann ist es fast Sommer und ich brauche sie nicht mehr. Die Haustürklingel reißt mich aus den Gedanken. Wer das wohl ist? Ich nehme im Flur den Hörer der Gegensprechanlage ab. „Hallo?“ „Guten Abend. Ich habe ein Päckchen für Mila Schlee abzugeben!“ Ein Päckchen? Für mich? Um diese Uhrzeit? Die Post kommt doch nicht Samstag kurz nach neunzehn Uhr?! „Warten sie einen Moment. Ich komme runter!“ Damit hänge ich auf und bin schon auf dem Weg die Treppe hinunter. Unten vor der Haustüre steht eine Frau in einem langen blauen Mantel und hohen Schuhen. Irgendwie kommt sie mir bekannt vor. „Guten Abend Frau Schlee.“ Ich sehe von ihr zu dem großen Päckchen unter ihrem Arm. Sie bemerkt seinen Blick und reicht mir das Päckchen. „Herr Bräuer lässt ausrichten, das nächste Mal vergessen sie ihre Sachen bitte nicht bei ihm!“ Damit nickt sie mir zu und geht zu einem grauen Kombi und fährt davon. Ich stehe noch immer perplex in der Tür. War das wirklich diese Frau Dreher aus Raphaels Firma. Raphaels Nachricht ist doch wirklich die Höhe. `Das nächste Mal vergesse ich doch bitte nichts bei ihm´. Wütend stapfe ich wieder nach oben und reiße den Karton auf. Darin sauber zusammengelegt liegt meine Jacke. Kein Brief, keine Nachricht. Nichts. Raphael hat das bestimmt nicht gemacht. Er hat es ja nicht mal für nötig gehalten mir eine Nachricht zu schreiben oder es selbst vorbei zu bringen. Nein er hat es einfach seiner Mitarbeiterin überlassen. Ganz ehrlichfrage ich mich langsam, was Raphael für ein Mensch ist. eigentlich weiß ich ja nichts über ihn. aber das lässt sich ja wohl ändern. In meinem Zimmer setze ich mich an den Schreibtisch und klappe meinen Laptop auf. Ich tippe `Raphael Bräuer´ in die Suchmaschine ein. Tausende von Treffern blinken mir entgegen. Ich öffne die erste beliebige Seite. Ein recht neuer Artikel. Erst drei Monate alt. »Raphael Bräuer: Seine erste Pressekonferenz seit eineinhalb Jahren. Nach eineinhalb Jahren zeigt sich der Besitzer von Bräuer Electronics wieder in der Öffentlichkeit. Auf die Frage was er in dieser Zeit getan habe, meinte er nur privates solle privat bleiben und wandte sich dann der Vorstellung seines neusten Betriebssystems zu…« Der Test des Artikels geht nur über technisches Zeug und Verkaufszahlen. Ich scrolle weiter durch die Treffer und öffne eine weitere Seite. »Raphael Bräuer geboren am 2. November 1990, wurde mit vierzehn Jahren von dem Banker Edgar Wegner adoptiert. Edgar Wegner war mit Larissa Bräuer bis zu deren Tod liiert und übernahm zehn Jahre später die Verantwortung für deren unehelichen Sohn. Raphael Bräuer ist hochintelligent, schloss bereits mit sechzehn die Schule mit dem Abitur ab und studierte dann Wirtschaft und Informatik. Mit achtzehn Jahren gründete er 2008 Bräuer Electronics und ist inzwischen national und international erfolgreich.« So viel mehr an Informationen ist über Raphael nicht zu finden. Ein paar Fotographien von ihm und Geschäftspartnern. Ansonsten nichts. Raphael scheint sein Privatleben gut unter Verschluss zu halten. Ich habe zwei Mal mit ihm geschlafen und weiß kaum mehr als im Internet zu lesen ist. Danny hat damals bei unserer ersten Begegnung gesagt Raphael wäre lange krank gewesen. Hatte er sich deshalb so lange aus der Öffentlichkeit zurückgezogen? Und dann sind da noch die Narben, die ich nicht zuordnen kann. Und gestern Nacht… da wollte Raphael nicht angefasst werden. Lag es an mir oder an etwas anderem? Eigentlich stelle ich hier nur gerade fest, dass ich nichts über den Mann weiß mit dem ich da geschlafen habe. Das ist doch mal eine Spitzen Nachricht. Resigniert klappe ich meinen Laptop zu und werfe mich aufs Bett. Zuviele Grübeleien bringen mir eh nichts. Also kann ich es genauso gut auch sein lassen. Und was Raphael anbelangt… wenn ich ihn das nächste Mal sehe geige ich ihm meine Meinung und danach ist das Ganze für mich gegessen. Guter Plan oder? Wenn das nur auch so leicht umzusetzen wäre… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)