Mit Zimt und Zucker zum Ziel von KiraNear ================================================================================ Kapitel 1: 1. Gang - Vorspeise ------------------------------ Frisch ausgeruht und ausgeschlafen begann Soma sich ergiebig in alle Richtungen zu strecken, bevor er sich aus seinem gemütlichen Bett schälte. Nach den vielen spannenden Wochen der Herbstwahlen und den darauffolgenden anspruchsvollen Unterrichtseinheiten bemerkte er erst jetzt; wie sehr ihm eine Erholung gefehlt hatte. Nun hatten die Winterferien begonnen, eine kleine Zeit zum Nichtstun und entspannen. Neugierig darüber, wer noch alles im Wohnheim geblieben war, zog er sich um, schlüpfte in seine Schlappen und ging in Richtung des Gemeinschaftsraumes. Da sich die meisten seiner Mitschüler schon vor Beginn der Ferien abgemeldet hatten, rechnete er nicht mit so vielen Menschen. Daher war er auch nicht verwundert, als er neben Frau Daimido nur auf Megumi und Satoshi traf. „Guten Morgen, ihr seid ja auch noch da!“, begrüßte er seine Klassenkameraden und Heimmitbewohner. Diese erwiderten den Gruß; wobei Soma auffiel, dass nicht nur Megumi, sondern auch Satoshi einen gemütlichen Pullover trug. Offenbar war es selbst dem sonst sehr freizügigen Jungen etwas zu kühl für diese Jahreszeit. „Ah, Yukihira, guten Morgen! Schön, dass du dich auch hier blicken lässt. Setz dich ruhig hin, das Frühstück bekommt ihr heute von mir.“ Sie zwinkerte ihn an, was er noch wie vor etwas seltsam fand. Er wurde oft das Gefühl nicht los, dass sie seinen Vater in ihm sehen würde. Nicht, dass er ihre körperliche oder charakterliche Ähnlichkeit abstreiten würde. Dennoch zog er es vor, wenn er wie er selbst und nicht wie eine Kopie seines Vaters behandelt werden würde. „Ich muss allerdings zugeben, dass ich überrascht bin, dich hier überhaupt zu sehen, Yukihira!“, meinte die Heimleiterin, dabei stellte sie sein Tablett mit Tee und einem ausgiebigem Frühstück hin. „Ganz ehrlich, ich habe auch nicht mehr mit dir gerechnet. Jedenfalls nicht mehr bis vor dem Ende der Ferien“, fügte Satoshi hinzu. „Als du vorhin nicht aufgetaucht bist, dachte ich, du bist nach Hause gefahren oder bereist mit deinen alten Herren die kulinarische Welt. So als Vater-Sohn-Duo!“ Soma aß ein wenig Aal mit Reis, dann sah er zu seinem Mitbewohner hoch. „Zuerst hatten wir das ja auch geplant … irgendwie. Aber dann hat er so viele Aufträge von diversen Restaurants, Hotels und Privatpersonen bekommen, dass wir die Pläne leider absagen mussten. Was unseren kleinen Imbiss angeht, da fahre ich erst in ein paar Tagen wieder hin. Seit der Frittier-Rettungsaktion geht es der Straße besser denn je, so dass es gar nicht mehr auffällt, wenn unseres noch ein paar Tage länger geschlossen bleibt.“ Fröhlich rieb er sich die Nase. „Zumindest macht es keinen zu großen Unterschied, natürlich fragen uns unsere Stammgäste trotzdem. Kann ihnen auch keiner verübeln, immerhin ist unser Essen sehr gut!“ Mit einem Grinsen im Gesicht nahm er einen großen Schluck. „Bei dem Können, das du und dein Vater uns gezeigt haben, bezweifle ich das auch nicht. Wirst du dann für die Zeit den Laden ganz alleine schmeißen, oder hast du jemanden, der dir dabei hilft?“, fragte Satoshi neugierig nach. „Ja, ich werde es wieder alleine tun. Früher, als ich noch auf der Mittelschule war, haben nur mein Vater und ich den Imbiss geleitet, oft hatten wir bis zu 200 Kunden am Tag, wenn nicht sogar noch viel mehr. Schon damals ist er für ein paar Tage in eine andere Stadt oder in ein anderes Land gereist, er hat so noch ein wenig mehr Geld in unsere Kassen gebracht. Was auch gar nicht so schlecht war, denn dadurch konnten wir frische und gute Zutaten kaufen, um unseren Kunden die gewohnte Qualität zu liefern. Sehr reich sind wir aber trotzdem nicht – und in der Zeit, in der ich alleine war, wurde es schon gerne mal stressig. Aber ich habe es immer wieder aufs Neue geschafft“, meinte er belustigt. Dann sah er die anderen an.   „Wie kommt es, dass ihr beide noch hier seid? Klar, über dich, Isshiki, weiß ich so gut wie gar nichts. Aber ich dachte die ganze Zeit über, dass du in deine Heimat fahren würdest, Tadokoro! Immerhin bist du doch so beliebt dort.“ Er dachte an die Endrunde der Herbstwahlen und wie sehr Megumi von den Menschen aus ihrer Heimat unterstützt und angefeuert wurde. Von den Leuten, die sich extra auf den langen Weg gemacht hatten, um ihre kleine Megumi bei diesem Wettkampf moralisch zu unterstützen. Hatten sie bei den Vorauswahlen schon sehr viel von ihrer Begeisterung gezeigt, waren sie bei der letzten Runde kaum zu bremsen gewesen. Besonders nicht, als Megumi zur Überraschung aller (inklusive ihr selbst) den vierten Platz belegt hatte. „Es ist ganz genau wie bei dir, Yukihira-kun“, fing Megumi an. Dabei spielte sie mit einem ihrer Zöpfe. „Ich wollte auch erst nach Hause fahren und dort die Ferien verbringen. Allerdings liegt jetzt bis auf meine Mutter und meine Großmutter meine gesamte Familie mit Erkältung im Bett. Da sie nicht wollten, dass ich mich bei ihnen anstecke, bleibe ich stattdessen hier. Ich bin sehr anfällig, was Erkältungen angeht. Nur ein kleines Niesen und schon bin ich mit einem Fuß im Krankenbett.“ „Verstehe. Das ist schon ein wenig schade, dass du deine Leute deswegen nicht sehen kannst. Aber wenn du wirklich so leicht krank wirst, ist es wohl das Beste, wenn ihr euch nicht seht.“ „Das ist jetzt auch nicht so tragisch, immerhin können wir ja über das Telefon miteinander reden. Außerdem habe ich ja immer noch meinen Laptop und Skype, wenn auch nur für meine Mutter. Oma mag diesen neumodischen Kram nicht, wie sie immer sagt. So ganz abgeschnitten von Zuhause werde ich also nicht sein.“ In der Zwischenzeit goss ihnen Frau Daimido neuen Tee in die Tassen und reichte Satoshi seine Nachspeise. „Isshiki, weshalb bist du hier geblieben? Hast du auch kranke Verwandte oder ist es ein anderer Grund?“ „Nein, meinen Eltern geht es gut, die sind gesund. Nur sind sie zuhause vollkommen ausgelastet, weswegen ich die Küche nicht benutzen kann. Das wäre mir allerdings viel zu langweilig, deswegen bleibe ich ebenfalls hier und probiere ein paar neue Rezepte aus. Hier an der Schule geht es ja, ohne dass einem ständig die neugierigen Eltern um einen herumschwirren.“ Er lachte lauft auf, dann fiel ihm etwas ein. „Soweit ich weiß, ist Ibusaki aus ähnlichen Gründen hier geblieben. Wundert mich allerdings, dass er noch nicht hergekommen ist, normalerweise steht er doch sonst recht früh auf …“   Shun zeigte ein gutes Timing: Genau dann, als Satoshi seinen Satz beenden wollte, kam er um die Ecke und setzte sich zu den anderen an den Tisch. Auch er bekam das gleiche Frühstück serviert wie die anderen. „Hallo, Yukihira-kun  und Takokoro-chan! Hätte nicht gedacht, dass ihr beiden auch noch hier seid. Bis jetzt hatte ich geglaubt, ich und Isshiki-senpai wären die einzigen hier im Haus, neben der Leiterin. Ein wenig mehr Gesellschaft zu haben kann einem ja nie schaden.“ Wie auch die anderen ließ er sich sein Frühstück schmecken, ebenso auch die Nachspeise: Obst auf Quark. Gemeinsam mit der Heimleiterin räumten und säuberten sie den Tisch, als Soma eine Idee bekam. Begeistert sah er zu den anderen hinüber. Megumi befürchtete schon das Schlimmste. Mit entschlossenem Blick stützte er sich auf den Tisch ab. „Hey, Leute, ich hatte gerade eine richtig gute Idee! Tadokoro, Isshiki und Ibusaki … wenn ich das richtig verstanden habe, dann habt ihr alle drei in den Ferien nicht sonderlich viel vor, oder?“ Zustimmendes Nicken, welches Somas Grinsen noch größer werden ließ. „Super, dann würde es euch wohl nicht stören, wenn ihr mich in ein paar Tagen zu unserem Imbiss begleiten würdet, oder? Ihr könntet dort mehr als nur uns wenige bekochen und wir sehen auch mal was anderes als die Schule. Nichts gegen sie, Frau Leiterin“, rechtfertigte er sich, doch diese winkte ab. „Du kannst deine neuen Rezepte gerne bei uns ausprobieren, Isshiki! Die Leute, die bei uns oft essen, wären mit Sicherheit genauso neugierig darauf wie ich es bin. Ja, du dürftest es auch nackt tun.“ Isshiki, der gerade nachfragen wollte, senkte die Hand wieder. „Ich hatte schon mal jemanden aus der Schule bei mir im Laden. Zur Hälfte gehört er mir, also ist das kein Problem, wenn ihr mitkommen würdet. Außerdem könnt ihr auch die Spezialitäten der anderen Läden aus unserer Straße probieren. Sie sind richtig gut, werden uns aber nie das Wasser reichen können“. Er klatschte die Hände zusammen und sah einen nach dem anderen an. „Also, wie denkt ihr über diese Idee? Hättet ihr Lust darauf?“ Nachdenklich sahen sich die drei an, sehr abgeneigt schienen sie von dem Vorschlag nicht zu sein. Nach ein paar Minuten Bedenkzeit stimmten sie zu. Soma jubelte laut. „Wie cool, schön, dass ihr mitkommen wollt. Es ist zwar erst in ein paar Tagen, aber es wird bestimmt lustig werden. Dann habt ihr Zeit, euch noch spontan für die Zeit von der Schule abzumelden. Das geht doch jetzt noch, oder?“, sah er fragend zur Leiterin, diese nickte nur. „Dann ist ja alles klar – wir machen das Yukihira unsicher!“ Fröhlich streckte er die Hand aus, die anderen legten ihre Hand drauf. Team Yukihira-for-Winter war geboren.   Leise begann die Heimleiterin zu kichern, die Arme verschränkt hatte sie sich an die Wand gelehnt. „Das hört sich ja wirklich ziemlich aufregend an, was ihr da schönes plant. Doch bevor ihr mir in die Ferne verschwindet, habe ich mit euch noch etwas vor. Isshiki kann sich sicher noch aus seinem ersten Schuljahr daran erinnern.“ Dieser wusste sofort, was die ältere Dame damit meinte. „Sie wollen also wieder einen kleinen Winter-Wettbewerb starten, nicht wahr?“ „Einen Winter-Wettbewerb?“ Ratlos sahen sich die anderen an, waren sie doch in ihrem ersten Schuljahr und konnten nichts mit dem Begriff anfangen. „Jedes Jahr in den Winterferien veranstalte ich einen kleinen Wettbewerb für die Schüler, die aus welchen Gründen auch immer hier geblieben sind. Es gibt dabei immer eine Kleinigkeit zu gewinnen und hinterher das eine oder andere Gericht zum Essen, wie ihr euch wahrscheinlich denken könnt. Letztes Jahr hat Isshiki den ersten Platz erreicht und damit gewonnen. Jetzt möchte ich wissen, wer dieses Mal das Siegertreppchen führen wird. Zumal ich dieses Jahr vier vielversprechende Talente im Haus habe!“ Sie griff in die weitläufige Tasche ihrer Schürze und zog vier zusammengerollte Stücke Papier heraus. Diesen hielt sie den vier Teenagern hin. „Da ich die nächsten Tage meine Zeit mit viel Büroarbeit verbringen muss, möchte ich den Wettbewerb auch heute noch ausrichten und den Sieger feststellen. Isshiki kennt die Regeln bereits vom letzten Mal, aber euch erkläre ich sie mal. Ich gebe ein Thema vor, zu dem ihr dann etwas zubereiten müsst. Dabei gibt es zwei Einschränkungen: Zum einen werden zwei Zutaten vorgeschrieben, die von jedem der Teilnehmer in seinem Gericht verwendet werden muss! Zum anderen gibt es noch diese hier …“ Sie blickte auf die zusammengerollten Zettelchen in ihrer Hand. „Jeder von euch muss eine bestimmte Art von Gericht machen. Welches, das entscheidet das Los und euer Glück. Wie auch schon die Jahre davor ist eine besonders knifflige Herausforderung dabei. Jedoch denke ich mal, dass so gute Köche wie ihr es seid, dürfte das keine große Schwierigkeit sein. Habt ihr noch irgendwelche Fragen oder sind euch die Regeln dieses kleinen Wettbewerbs klar genug?“ Von der Idee größtenteils begeistert, nickten die Jungs eifrig. Nur Megumi schluckte schwer, sie hoffe, dass sie nicht die schwerste Gerichte-Art ziehen würde. „Na, wenn alles klar ist, dann würde ich sagen, dass wir mit der Ziehung beginnen können! Wer von euch will den Anfang machen?   Vorsichtig schlich Megumi ein paar Schritte zurück, sie hatte kein Bedürfnis danach, die knifflige Herausforderung zu ziehen. Oder die erste zu sein. Oder sollte ich es doch versuchen? Was, wenn ich was ganz einfaches ziehe? Unsicher wog sie beide Seiten ab, als Satoshi ihr die Entscheidung abnahm und nach vorne trat. Die Leiterin hielt ihm das kleine Bündel Zettel hin, aus welchem er sich selbstsicher einen herauszog. „Hier steht, ich soll ein Getränk machen … was auch immer für ein Thema es sein wird, es wird sicherlich sehr leicht für mich werden.“ Megumi fand das alles andere als beruhigend. Sie spürte, dass ihr mit dem Getränk eine sehr einfache Kategorie durch die Lappen gegangen war. Leicht biss sie sich auf die Lippen. Dass sie nicht gleich die Chance ergriffen hatte, als sie die Möglichkeit dazu hatte, ärgerte sie nun ein wenig. Nein, das lasse ich nicht noch ein weiteres Mal zu! Die Chancen liegen jetzt zwar bei 2 zu1, aber je länger sie warten würde, desto größer war das Risiko, das schwerste Gericht zu erwischen. Mit zitternder Hand griff Megumi nach dem nächsten Zettel und entfaltete ihn in Zeitlupe. Was sie darauf zu lesen bekam, ließ sie aufatmen. „Ich darf etwas zum Naschen machen“, sagte sie erleichtert. Das klang, wie Satoshis Gericht, in ihren Augen recht simpel. Dass sie das Thema und die Zutaten noch nicht kannte, daran dachte sie in diesem Moment kaum. „Hey, gratuliere, Tadokoro! Da hast du ja echt Schwein gehabt!“ Soma klopfte ihr auf die Schulter, sie bedankte sich leise bei ihm.   „Hey, Yukihira! Sieht so aus, dass es jetzt zwischen uns beiden ist. Einer von uns beiden wird jetzt die Niete ziehen müssen.“ Shun schien das nicht sonderlich zu beeindrucken, blieb seine Stimme so monoton und ruhig, wie sie es immer war. Aber auch Soma ließ sich von dem Gedanken nicht unterkriegen. „Ganz genau: Du oder ich! Einer von uns beiden wird dieses besondere Gericht bekommen. Was auch immer ich ziehen werde, ich werde bereit sein und damit diesen Wettkampf gewinnen!“ Lässig lächelte er in die Runde, auf Shuns Gesicht zeigte sich dagegen keine Regung. Auch nicht, als er sich einen er zwei letzten Zettel griff und ihn öffnete. Er sah lediglich zu Soma hoch. „Sieht so aus, als hätte ich dieses Mal Glück auf meiner Seite, Yukihira-kun“, und hielt einen Zettel hoch, auf welchem Hauptspeise geschrieben stand. Soma lehnte sich entspannt zurück. „Ja, sieht so aus. Aber ich bin mir sicher, dass es etwas ist, dass ich schaffen kann.“ Das mysteriöse Lächeln der Leiterin ignorierend, zog Soma das letzte Zettelchen und las laut vor, was drauf stand: Reis. „Irgendwie passend, dass ausgerechnet du die Spezialsache gezogen hast. Immerhin kochst du auch immer mal wieder so seltsame Dinge zusammen – genau wie dein Vater … Ich schweife ab. Wie du dir sicher denken kannst, sollst du ein Reisgericht machen. Im Gegenzug zu den anderen bist du dafür an keine bestimme Form gebunden. Sprich, du kannst eine Suppe, ein Hauptgericht oder was auch immer machen. Wichtig ist nur, dass der Hauptbestandteil des Gerichtes Reis ist. Und auch die anderen beiden, zu welchen ich jetzt komme.“   Sie räusperte sich und wartete, bis sie wieder die volle Aufmerksamkeit von allen vieren bekam. „Gut, da jetzt alle ihre Gerichtart gezogen haben, kommen wir zu dem Thema des diesjährigen Wettbewerbs: Essen beim gemütlichen Beisammensein. Jetzt haben wir ja Winter, es ist kalt und dunkel da draußen. Deshalb sammeln sich zu der Zeit die Menschen im Warmen und Hellen, verbringen die Zeit gemeinsam. So wie wir fünf eben. Daher möchte ich auch, dass ihr ein Gericht kreiert, dass zu so einer gemütlichen Runde unter uns gut passen könnte. Wie ihr das genau umsetzt, das ist euch überlassen.“ Sie sah in die Runde, doch als keine Fragen oder Bemerkungen kamen, fuhr sie mit den Wettbewerbsregeln fort. „Kommen wir nun zu der zweiten Einschränkung zurück – die Zutaten, die jeder von euch in seinem Gericht verwenden muss. Wie ihr sie verwendet, ist euch ebenfalls überlassen. Hauptsache, sie kommen überhaupt in euren Gerichten vor. Bei den Zutaten handelt es sich um Zucker und Zimt. Diese beiden müsst ihr auf welche Art und Weise auch immer in eurem Essen verarbeiten. Bei der Wahl des Zuckers lasse ich euch freie Hand. Habt ihr dazu irgendwelche Fragen oder ist euch da alles klar?“ Einstimmiges Nicken, Frau Daimido lächelte. „Ich bin beeindruckt von eurem Mut – bin mal gespannt, ob der nachher noch da ist.“ Sie lachte laut auf, was in einem Krächzen endete. „Solltet ihr doch noch Fragen haben, könnt ihr euch jederzeit an mich damit wenden. Für das Aussuchen des Gerichtes sowie der Zubereitung …“ Ein kurzer Blick auf ihre Armbanduhr. „… dafür habt ihr insgesamt drei Stunden Zeit. Yukihira, aufgrund der Schwierigkeit deines Gerichts hast du vier Stunden Zeit.“ „Schon in Ordnung, ich brauche nur drei, wie die anderen auch!“, rief er dazwischen. Skeptisch, aber lächelnd sah sie den Schüler an. „Gut, gut, dann gilt die drei-Stunden-Regel für alle von euch. Es gibt keine Verlängerung. Wenn die drei Stunden vorbei sind, will ich all eure Gerichte auf dem Tisch stehen sehen. Und die drei Stunden beginnen genau … jetzt!“ Kapitel 2: 2. Gang - Hauptspeise -------------------------------- Kaum hatte die Heimleiterin den Startschuss gegeben, hatten sich die vier wieder auf ihre Zimmer verteilt. Die Jungs schienen selbstsicher und überzeugt, selbst Soma schien sich nicht an seinem Gericht zu stören. Im Gegenteil, seine Augen hatten einen fieberhaften Glanz bekommen. Offenbar wusste er schon ganz genau, was er machen würde. Auch den beiden anderen Jungs war offenbar schon die eine oder andere Idee gekommen. Nur bei ihr selbst hakte es noch ein wenig, obwohl ihr Gericht ihr anfangs leicht erschien. So im Nachhinein wäre das Getränk wohl mit Sicherheit das Einfachste gewesen, überlegte sie. Im nächsten Augenblick klatschte sie entschlossen die Hände zusammen. Jetzt hilft es nicht, über verschüttete Milch zu weinen, Megumi! Du hast jetzt dieses Thema bekommen und das ist nun auch nicht so schwer, wie du dir gerade einreden willst! Wenn du dich ein wenig zusammenreißt, dann kannst du es schaffen. So, wie du bereits viele andere Aufgaben und Herausforderungen gemeistert hattest. Sich selbst motiviert, schnappte sie sich den Papierschnipsel und ließ sich auf ihr Bett fallen. Dort dachte sie über die ganze Sache nach. Was kann man im gemütlichen Zusammensein essen? Was würde sich dafür eignen? Auf jeden Fall sollten Zucker und Zimt vom Geschmack her mit dem Essen harmonieren. Da fällt schon einiges weg … Auch sollte es etwas sein, dass nicht klebrig ist oder man ohne großen Aufwand essen kann. Etwas, das gut zum gemütlichen Essen in der Gruppe geeignet ist, ohne, dass man dabei auf irgendeine Art und Weise gestört wird … Diese und andere Gedanken machte sich Megumi, wie immer dachte sie an die Menschen, die ihr Essen in einer solchen potenziellen Situation essen würden. Sie dachte fieberhaft an die Vorgaben der Leiterin, die ihr nun viel weniger einschränkend vorkamen wie in dem Moment, in dem sie sie gehört hatte. Doch ihre Gedanken kreisten, fanden keinen festen Anhaltspunkt. So wird das doch nichts, sagte sie sich in Gedanken und drehte sich zur Seite. Vielleicht sollte ich die ganze Sache von einer ganz anderen Seite angehen, sie aus einem anderen Blickwinkel betrachten!   In dem Wissen, dass sie durch nichts und niemanden gestört werden würde, entspannte sie sich und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Dachte über die Herbstwahlen nach, ihre Heimat und schließlich über sich selbst. So ganz konnte ihr Geist das Thema nicht ruhen lassen: Immer wieder kehrten ihre Gedanken zu dem Thema zurück und umkreisten es wie hungrige Geier ein leckeres Stück Aas. Sie begann, gedanklich bis zehn zu zählen, dabei atmete sie ruhig, fast schon meditativ, tief ein und aus. Eine Entspannungstechnik, die ihr ihre Mutter einst gezeigt hatte. Eine, mit der sie sich beruhigen und ihre Gedanken sortieren konnte. Eine, an die sie sich lange nicht mehr erinnern konnte. Mama … Oma … Ihre Gedanken flogen immer weiter davon, sie erinnerte sich an Momente aus ihrer Vergangenheit. Momente aus längst vergangenen Tagen. Als sie noch jünger war, hatten die drei oft ihre Stunden und Tage miteinander verbracht, besonders in den eisig kalten Wintermonaten. Oft saßen sie dabei zusammen an einem Kotatsu, haben Omas Geschichten gelauscht, Mutters Tee getrunken und … Schlagartig riss Megumi die Augen auf. Erst jetzt wurde ihr bewusst, dass sie ein klein wenig weggedöst war. Kein tiefer Schlaf, dennoch fühlte sie sich ein wenig fitter als vorher. Langsam begann sie sich zu strecken und versuchte ihre Gedankenkette zu rekonstruieren. Sie fand ihren Gedankenfaden und folgte ihm vorsichtig, Stück für Stück, ein weiteres Mal bis zu seinem Ende. Natürlich, dass ich nicht gleich darauf gekommen bin! Oma wäre bestimmt stolz, wenn sie das hören würde! Hastig verließ sie das Bett und eilte in den Flur, den sie wie das Telefon einsam und verlassen vorfand. Perfekt!, dachte sie sich, bevor sie die Nummer ihres Zuhauses wählte. „Mama? Ich bin es, Megumi. Sag mal, hat Oma für einen Moment Zeit? Es gibt da etwas, dass ich sie fragen müsste …“   Etwa zehn Minuten später begab sie sich frohen Mutes in Richtung Heimküche. Glücklicherweise hatte ihre Oma sehr viel Zeit für ihre Enkelin und konnte ihr sowohl all ihre Fragen beantworten, als auch ihr nützliche Tipps geben. Das alles auf ihrem kleinen Notizzettel vermerkt, faltete sie ihn zusammen und nahm ihn mit in die Küche. Wie weit die anderen wohl gekommen sind?, frage sie sich. Umso mehr traf sie der Schlag, als sie die drei seelenruhig beim Kartenspielen traf. „Wie bitte?! Seid ihr drei etwa alle schon fertig geworden?“, stotterte das Mädchen herum. Das Blut war ihr aus dem Gesicht gewichen. Bin ich etwa wirklich so langsam? … Das kann doch nicht sein! Soma legte eine Karte auf den Haufen. „Nein, nein, ich bin noch lange nicht fertig. Es ist nur so, dass mein Reis noch etwa rund eine Stunde im Wasser bleiben muss“, meinte er und deutete auf den Eimer neben der Spüle. „Und wie beide haben noch gar nicht damit angefangen“, fügte Satoshi mit ruhiger Miene hinzu. Dann warf er ebenfalls eine Karte ab. Megumi traf stattdessen der Blitz, noch mehr vor Momente vorher. Dass Soma die Zeit irgendwie noch totschlagen musste, sah sie ja noch ein. Doch dass die beiden anderen anstatt zu kochen lieber Karten spielten, das ging völlig an ihrem Verständnis vorbei. Wie konnten sie nur so seelenruhig bleiben? Hatten sie etwa noch ein Ass im Ärmel? Oder waren sie doch bereits fertig und machten sich einen Spaß daraus, das arme Mädchen zu necken? Megumi konnte sich daraus keinen Reim machen. „Mach dir mal keinen Kopf, du siehst aus, als hätte man dich gerade von der Schule suspendiert“, sagte Satoshi zu ihr. „Es ist nur so, dass sowohl mein Gericht, als auch das von Ibusaki ein weitaus kleinerer Zeitaufwand als der von Yukihira ist, der braucht die vollen drei Stunden. Auch wenn ihm die Leiterin eigentlich vier angeboten hat, bin ich doch froh, dass wir nicht so lange warten müssen. Jedenfalls haben wir zwei noch genug Zeit dafür und wollen es so warm wie möglich bei der Bewertung haben. Damit Yukihira nicht so langweilig beim Warten ist, leisten wir ihm Gesellschaft und vertreiben uns ein wenig mit ihm die Zeit. Es sei denn, du fühlst dich durch unsere Anwesenheit gestört.“ Megumi ruderte wild mit den Händen. „Achwas, auf keinen Fall, ihr stört mich überhaupt nicht! Ihr könnt ruhig sitzen bleiben, wo ihr jetzt seid!“, sagte sie eine Spur zu hektisch. „Na dann, viel Erfolg, Tadokoro-chan!“ „Ja, ich bin auch schon jetzt neugierig, was du machen wirst!“, stimmte Soma zu. Shun nickte lediglich, ließ seinen Blick jedoch nicht von den Karten in seiner Hand. Megumi ballte entschlossen die Faust. „Ich werde mir viel Mühe geben. Und auf euer Essen freue ich mich ebenfalls, also müsst ihr euch auch Mühe geben, versprochen?“ Satoshi lächelte sie so an, dass sie sofort rot im Gesicht anlief. „Natürlich werden wir das, darauf kannst du zählen!“, sagten sie alle drei synchron. Wenn auch mit drei verschiedenen Tonarten. Satoshi auf eine brüderliche Art, Soma grinste dabei und Shun klang so ruhig wie eh und je. „Wäre ja eine wahre Schande, wenn wir als Köche uns bei unseren Gerichten keine Mühe geben würden“, meinte Soma schließlich, bevor er sich wieder in das Kartenspiel vertiefte.   Megumi dagegen wand sich von ihnen ab, sie hatte im Gegensatz zu den Jungs nicht so viel Zeit, die sie jetzt gemütlich verbringen konnte. Noch nicht. Erst musste sie ihr Gericht vorbereiten und machen. Aus ihrer Hosentasche kramte sie den Notizzettel hervor, las ihn sich nochmal durch und holte aus der Vorratskammer alle Zutaten, sie die sie für ihr Gericht benötigte. Zu ihrem Glück war alles bereits vorhanden, besonders die Spezialzutaten gab es in besonders großen Mengen. Über mehrere Anläufe trug sie alles, was sie brauchte, zur Arbeitsfläche und begann, sie alle in eine große Schüssel zu geben. Erst vorsichtig, dann kräftig, knete sie die Zutaten zu einem Teig zusammen. Bis eine geschmeidige, unförmige Kugel war. Sie deckte die Schüssel mit Frischhaltefolie ab und stellte diese in den Kühlschrank. Jetzt heißt es wohl warten, dachte sie sich, als sie sich kräftig unter fließendem Wasser die Hände schrubbte. Kaum hatte sie sie abgetrocknet, setzte sie sich zu den Jungs und spielte nun ebenfalls bei ihrem unterhaltsamen Kartenspiel mit.   Etwas über eine Stunde später klinkte Soma sich aus, sein Reis war nun lange genug im Wasser gelegen. Er begann, das Wasser aus der Reisschüssel zu schütten. Anschließend setzte er einen Topf (Mit einer Prise Salz) zum Kochen auf und gab dem blubbernden Wasser den Reis hinzu. In der Zwischenzeit holte Megumi ihren Teig aus dem Kühlschrank und verteilte großzügig Mehl auf der Arbeitsfläche. Das Nudelholz in Frischhaltefolie gewickelt, rollte sie den Teig stückchenweise zu mehreren runden Plattformen aus. Vorsichtig stach und schnitt Megumi verschiedene Formen aus dem Teig, den übrigen Teig verwendete sie dann weiter. Dies ging so lange, bis nur noch ein minimaler Rest übrig war. Diesen konnte sie unmöglich verarbeiten, also vernaschte sie ihn selbst. Wow, schmeckt der gut“, lobte sie sich selbst und konnte es jetzt noch weniger erwarten, bis sie die fertigen Resultate essen konnte. Nachdem sie den Ofen in der ganzen Zeit hatte vorheizen lassen, belegte sie mehrere Backbleche mit Backpapier und Plätzchen. „Yukihira-kun, brauchst du den Ofen für dein Gericht?“, doch Soma schüttelte mit dem Kopf. Er hatte gerade den Reis zusammen mit ein wenig Zucker in einen weiteren Topf gefüllt, ein süßer Geruch erfüllte den Raum. Sorgfältig verfrachtete Megumi das letzte Blech im Ofen, dann sah sie sich um, wie sich die anderen so machten.   Was sie und Soma kaum bis gar nicht bemerkt hatten, war, dass Satoshi und Shun ebenfalls mit der Zubereitung ihrer Gerichte angefangen hatten. Satoshi goss Cidre zusammen mit ein paar anderen Zutaten in einen Topf; in welchem er alles erhitzte. Shun dagegen mische alles mit einem Mixer zusammen. Verschiedene, lecker riechende Gerüche lagen überall in der Küche und Luft. Und das, was sich hier und da bereits jetzt zeigte, konnte sich sehen lassen. Präzise schnitt Shun den leuchtend roten Apfel in Scheiben und gab diese dem Teig hinzu. Diesen Mix backte er nun in der Pfanne aus, bis die Scheiben auf beiden Seiten eine goldbraune Farbe hatten. Danach legte er einen Teil davon auf einen Teller, garnierte sein Gericht mit Puderzucker, Zimt, Waldbeeren und Minzblättern, bevor er es auf dem Esstisch platzierte.   In der gleichen Zeit hatte Satoshi sein Getränk in Ruhe ziehen lassen, damit die Zutaten ihre vielen Aromen entfalten konnten. Er füllte eine Tasse mit Punsch ab, verzierte diese mit einer kleinen Zimtstange und konnte ebenfalls sein Werk auf den Tisch stellen. Nun war der Raum zum größten Teil nur noch vom Geruch aus Somas Topf gefüllt. Den süßen und leicht angekrusteten Reis gab er sachte auf einen Teller, dann konnte er ebenfalls servieren. Megumi war die letzte. Nachdem ihre Plätzchen recht schnell gebacken waren, konnte sie sie in der Zeit abkühlen lassen. Liebevoll verzierte sie die letzten Paar mit Schokolade, bunten Streuseln und Nüssen. Sie kontrollierte, ob die ersten bereits trocken waren, dann legte sie diese auf einen schönen Teller. Kaum hatte sie ihn auf den Tisch gestellt, begann ein sehr lauter Wecker aus einer Ecke des Raumes zu klingen. Frau Daimido kam herein und schaltete ihn aus. Dann warf sie einen Blick auf den Tisch und nickte zufrieden.   „Wie ich sehe, habe ich mich nicht in euch getäuscht. Ihr habt es alle innerhalb der begrenzten Zeit geschafft. Daran hatte ich auch gar keine Zweifel. Müsste ich jetzt nur allein von der Optik und den Gerüchen ausgehen …“ Sie nahm eine paar tiefe Atemzüge. „Dann wäre ich jetzt schon hellauf begeistert. Jedes Gericht von euch sieht fantastisch aus; und lässt mir gierig das Wasser im Mund zusammenlaufen!“ Unter den neugierigen Blicken ihrer Schützlinge, setzte sich die Heimleiterin an den Tisch und sah alle freundlich, aber bestimmt an. „Dann wollen wir doch mal sehen, ob eure kulinarischen Meisterwerke auch geschmacklich überzeugen und meinen Erwartungen gerecht werden können.“ Kapitel 3: 3. Gang - Nachspeise ------------------------------- Gespannt, aber ruhig sahen die vier die Heimleiterin an, jetzt würde sich entscheiden, wer von ihnen den Winter-Wettbewerb gewinnen würde. Die Leiterin kicherte. „Ihr seid bestimmt genauso gespannt wie ich, nicht wahr? Ich kann es an euren Augen ablesen. Keine Angst, ich werde heute nicht ganz so streng mit euch sein“, zwinkerte sie in Megumis Richtung. „Nur glaubt deswegen bloß nicht, dass ich nicht trotzdem eure Gerichte sehr genau bewerten werde. Ganz so leicht mache ich es nun auch wieder nicht.“ Sie schnappte sich die Tasse und pustete ein wenig hinein. „Gut, dann fange ich hiermit an. Das ist also dein Getränk, Isshiki. Sieht sehr interessant aus und riecht auch gut. Auf jeden Fall sind Äpfel und Nelken drin. Ein winterlicher Punsch ist es also geworden. Dann probieren wir ihn doch mal …“   Sie nahm einen ordentlichen Schluck und riss sofort die Augen auf. Zwar hatte sie sich auf die Süße des Apfels und den Geschmack der Nelken eingestellt, doch dazu gesellte sich ein Geschmack, mit dem sie überhaupt nicht gerechnet hatte. Sie fühlte sich, als wäre sie auf einer Ski-Tour und würde den schönen Tag am Kamin mit einem erfrischenden Punsch ausklingen lassen. Das Feuer knackte im Kamin, und sie spürte, wie die zwei verschiedenen Geschmäcker auf ihrer Zunge harmonierten. „Du hast für diesen Punsch keine Orangen verwendet, nicht wahr? Nein, da ist etwas anderes drin …“ „Da haben Sie vollkommen recht, Frau Daimido, ich habe hier tatsächlich keine Orangen benutzt, sondern Zitronen. Das hier ist ein Zitronen-Apfelpunsch!“ Begeistert sah sie zwischen Satoshi und dem Punsch hin und her. „Ich dachte mir, dass ich einfach einen etwas anderen Punsch als üblich mache, einen, der sowohl von innen wärmt, einen aber auch gleichzeitig mit Energie versorgt. So hat man etwas mehr vom gemütlichen Zusammensein, als wenn man etwas trinkt, das einen erwärmt und müde macht. Davon hat man meiner Meinung nach nicht sehr viel in diesem Moment. Auf Alkohol habe ich komplett verzichtet, zumal die meisten von uns noch minderjährig sind und er bei der Zubereitung nicht verkochen würde. Was den Zimt und den Zucker angeht, beide habe ich beim Mischen und Erhitzen des Punsches hinzugefügt. Die Zitrone und der Apfel heben sich gegenseitig vom Geschmack her auf, ohne sich dabei zu stark zu beeinflussen. Daher ist der Punsch weder zu süß, noch zu sauer, er liegt genau in der Mitte davon.“   „Du setzt die Messlatte für diesen Wettbewerb ganz schön hoch, weißt du das? Dabei bist du der erste, der drangekommen ist. Wird nicht leicht für die anderen werden. Aber gut, vom letztjährigen Sieger kann ich wohl auch nichts anderes erwarten, nicht wahr?“ Sie nahm einen letzten Schluck und schob die Tasse von sich weg. „Dann kommen wir mal zu deinen Punkten. Es war sehr kreativ und es war vom Geschmack her gut ausgewogen. Auch gefällt mir der Gedanke dahinter; dass du dir um das Thema Gedanken gemacht hast. Alles in allem gebe ich dir dafür acht von zehn möglichen Punkten!“ „Hey, das ist ja klasse, gratuliere, Isshiki-senpai!“, sagte Soma beeindruckt. Shun schien es nicht zu interessieren oder zu bekümmern, ganz im Gegensatz zu Megumi, der jetzt schon der Angstschweiß auf der Stirn stand. „Danke, Yukihira! Damit habe ich die gleiche Punktzahl wie im letzten Jahr. Kann man gut oder schlecht sehen … aber ich will mich nicht darüber beschweren. Dein Gericht wird allerdings noch überzeugender und noch umwerfender als meins sein müssen, damit du mich noch schlagen kannst!“ „Glaub mir, es wird einschlagen wie eine Bombe!“, neckte Soma ein wenig zurück. „Gut“, sagte Satoshi, dann richtete er seinen Blick wieder auf das Geschehen. Denn nun war Shuns Gericht an der Reihe.   Ebenfalls gespannt, welches geschmackliche Erlebnis sie dieses Mal erwarten würde, griff sie sich den Teller mit Shuns Essen. Kleine, runde Pfannkuchen, verziert mit einer ordentlichen Schicht Zimt und Puderzucker, Waldbeeren und ein paar Minzblättern. „Das gleiche Lob kann ich dir auch mitgeben, Ibusaki. Die Pfannkuchen sehen einfach, aber gut aus. Sie sind nicht zu weich, aber auch nicht zu trocken oder zu fest. Genau in die Mitte, so wie sie gehören … Auch die Farbe ist gut … wie ich sehe, ist der Zimt Bestandteil der Bestäubung. Bin ich richtig in der Annahme, dass im Teig selbst nur Zucker und kein Zimt enthalten ist?“ „Ganz genau“, sagte er leise und tonlos. „Ich habe mich bewusst dafür entschieden, den Zimt nur auf die Pfannkuchen zu legen. Im Pfannkuchen selbst würde der Geschmack innerhalb des Teiges nur untergehen und sich nicht entfalten können.“ Die Leiterin drückte noch ein wenig mehr auf den Pfannkuchen herum, dann schob sie die Beeren ein wenig zur Seite und schnitt sich mit den Stäbchen ein Stück herunter. Sie wunderte sich noch, dass es im Inneren teilweise fester wurde, dann begann sie zu essen. Und auch dieses Gericht hatte eine positive Überraschung für sie parat. Die festen Stücke in den Pfannkuchen stellten sich als dünne Apfelscheiben heraus, die sowohl fruchtig, als auch von einer halbwegs festen Konsistenz waren. „Wie ich sehe, gefällt Ihnen die kleine Überraschung, die ich in die kleinen Pfannkuchen hinein gebacken habe. Sie sollen den Teig lockerer machen und verhindern, dass er zu trocken wird. Das Risiko ist bei dieser Art von Essen schnell vorhanden und dann ist es aufwendiger beim Essen. Etwas, das meiner Ansicht nach nicht zur einer gemütlichen Grunde in Gesellschaft passt.“ Zufrieden kaute die Leiterin weiter den Pfannkuchen, er hatte ihre Erwartungen genau getroffen. Doch zögerte sie ein wenig. „Mir gefällt der Gedanke, den du bei diesem Gericht hattest. Auch finde ich es bewundernswert, dass du und Isshiki euch beide an westliche Gerichte gewagt habt. Das finde ich schon sehr toll, ja ja. Ebenso finde ich es auch gut, dass du nicht zu viel Zimt verwendet hast, das hätte dem Geschmack mehr geschadet als geholfen. Die Pfannkuchen an sich sind gut, sie sind weder staubtrocken noch hart; noch kauen sie sich nicht wie diese ekligen Billigteile aus den Kombinis ...“ Allein beim Gedanken schüttelte es sie von den Zehen bis zu den Haarspitzen. „Nein, sie sind dir mehr als gut gelungen. Allerdings gibt es eine Kleinigkeit, die mich dann doch ein wenig stört und dafür werde ich dir bei der Bewertung einen Punkt abziehen müssen.“ Überraschte Blicke von allen Seiten. Die Leiterin war doch zufrieden mit dem Gericht gewesen; sie konnten sich nicht vorstellen, was sie daran auszusetzen haben könnte. „Das ist jetzt keine Kritik gegen dich oder gegen deine Idee, im Gegenteil, ich finde sie wie gesagt wundervoll. Nur leider hatte der Apfel zwar genug Feuchtigkeit, aber zu wenig Geschmack. Ob es nun an der Apfelsorte liegt oder ob der Pfannkuchen ein paar Sekunden zu lang in der Pfanne war, das kann ich nicht beurteilen. Dennoch wäre es besser, wenn noch ein wenig vom Eigengeschmack des Apfels vorhanden geblieben wäre, so kommt mir das Gericht dann doch einen Ticken zu blass vor. Es muss ja nicht gleich eine kräftige Sorte wie Granny Smith sein, aber etwas intensiver als die Sorte, die du hierfür verwendet hast. Sonst ist das Gericht wie bereits gesagt wundervoll und ich würde mich freuen, wenn ich es eines Tages wieder essen könnte. Dann aber mit stärkeren Äpfeln!“   Erleichterung machte sich in den Gesichtern der anderen breit, Shun selbst stand nur regungslos auf der Stelle. Es war unmöglich zu sagen, ob und inwieweit ihn die Kritik getroffen hatte oder wie sehr er es sich zu Herzen nahmen. Sanft lächelte die Leiterin ihn an. „Keine Angst, so groß ist die Differenz zwischen dir und deinen Konkurrenten nicht. Denn für dein Gericht vergebe ich sieben von zehn möglichen Punkten!“ Wieder kam es zu Geklatsche und Applaus, man konnte den Hauch eines Lächelns auf Shuns Lippen erkennen. Jedoch nur für ein paar wenige Sekunden. Kaum hatte er sich zu den anderen zurück in die Reihe gestellt, war seine Miene so wie immer.   Frau Daimido fing zu lachen an, lauter und andauernder als beim letzten Mal. „Hab ich es mir doch gleich gedacht, dass es hier ein wahres Fest an Köstlichkeiten geben würde! Hatte mein Gefühl also doch recht. Herrlich!“ Sie schnalzte mit den Lippen. Ihr Blick fiel auf Somas braun-goldenen Haufen. „Ich muss sagen, dass sieht sehr interessant aus, Yukihira! Dass du eine Hauptspeise machen würdest, trotz der Vorgabe, das hätte ich nicht vermutet. Die meisten würden sich wohl für Milchreis oder Reispudding entscheiden.“ Allerdings bist du nicht wie die meisten anderen. Nein, das war schon dein Vater nicht … Sie tauschte die Teller vor sich und betrachtete das fremdartige Gericht von allen Seiten. Ihre Nase gab ihr dann doch mehr Aufschluss darüber, was sie vor sich stehen hatte. „Daher kommt also dieser starke, süße Geruch!“, stellte sie fest und sah sich den Reis noch genauer an. So etwas hatte sie in ihrem Leben noch nie gesehen, doch das war beim Essen der Yukihiras fast immer der Fall. Dann wollen wir doch mal sehen, wie das hier schmeckt …   Kaum hatte sie den ersten Bissen genommen, spürte sie, wie der Geschmack auf eine angenehme Art und Weise auf ihrer Zunge explodierte. Ihre Gedanken fast schon gewaltsam in die Ferne gerückt, versuchte sie diese neue Erfahrung irgendwo einzuordnen – vergeblich. „Dieser fluffig-leichte Reis, der so schrecklich süß und kräftig nach Weihnachten schmeckt … ich weiß nicht, wie ich es beschreiben soll! Trotzdem kann ich nicht aufhören ihn zu essen, dazu ist er viel zu gut. Er macht gleich beim ersten Löffel süchtig!“ Ihre Augen glänzten, als sie den Reis regelrecht in sich hineinschaufelte. Sie konnte einfach nicht genug davon bekommen. Als sie den Teller leer gefuttert hatte, gab sie einen enttäuschten Laut von sich. „Junge, es war wohl weitaus mehr als Zufall, dass genau du Reis als Vorgabe bekommen hast. Das Los war wie für dich gemacht! Sag mir, woher hast du das Rezept dafür? Oder ist dir das vorhin spontan eingefallen?“ Sie sah ihn an, als würde sie jederzeit vor Spannung und Neugierde platzen. Soma lächelte, zog das Tuch von seinem Kopf und band es sorgfältig um seinen Arm fest. „Es ist sehr deutlich zu sehen, dass Ihnen der Reis geschmeckt hat, Frau Daimido!“ Er war mehr als zufrieden und das zeigte er auch. „Was sie da probiert haben, ist afghanischer Reis mit karamellisiertem Zimt und Zucker. Mein Vater hat das Rezept auf einer seiner Dienstreisen in Afghanistan aufgeschnappt und mit nach Hause gebracht. Seitdem machen wir es uns oder den Kunden vom Imbiss. Allerdings meist nur vor oder nach der Winterferienzeit. Ihr habt gesehen, wie zeitintensiv allein diese kleine Menge war. Das ist dann in den beliebten Ferienzeiten, wenn viel mehr Menschen Zeit haben, nicht gerade sehr förderlich. Wenigstens haben unsere Gäste dafür vollstes Verständnis. Als ich dann das Thema zog, wusste ich gleich, dass ich das kochen würde. Weshalb das Handicap dann doch zu einem  Vorteil für mich wurde.“   „Du hast wahrlich meinen vollen Respekt dafür, mein Junge“, sagte sie amüsiert. „Die meisten Schüler hatten ein Problem mit dem Spezialgericht. Letztes Jahr sollte jemand ein Sandwich mit Senf und Karotten als Sonderzutaten machen, der arme Junge ist mir fast schreiend davon gelaufen. Gut, dass ich damit bei dir einen Nerv treffen konnte – wenn auch nicht beabsichtigt.“ Sie blickte zurück auf ihren nahezu blanken Teller, und unterdrückte den Wunsch, den Rest ebenfalls aufzuessen oder sich wenigstens Nachschlag geben zu lassen. Halt dich zurück, meine Liebe, die anderen wollen später ja auch noch davon essen können. Abgesehen davon willst du noch das letzte Gericht probieren. Das geht ja schlecht, wenn du dir vorher den Magen vollhaust. Hach, den Jungen und sein Essen werde ich vermissen, wenn er später seinen Abschluss macht… „Nun, wie du dir bereits denken kannst, hast du mich voll und ganz mit deinem Gericht überzeugt. Der Reis ist gut durch; und die schwere Süße überzeugt, wie auch die Stärke des Zimts. Zwar ist es nicht für jede Art von gemütlichem Beisammensein geeignet, aber bei einem tollen Themenabend mit Freunden könnte ich es mir sehr gut als Hauptspeise vorstellen. Kommen wir nun zu deiner Bewertung. Dein Essen macht es mir echt nicht leicht, damit wieder aufzuhören, sobald ich einmal damit angefangen habe. Es ist mehr als herrlich, aber da dein Essen das Thema nicht ganz zu 100% trifft, werde ich dir ebenfalls einen Punkt abziehen müssen. Gleiches Recht für alle, ich war zu Ibusaki streng, aber fair. Also werde ich es bei dir auch sein. Was im Klartext bedeutet, du bekommst von mir neun Punkte für das Gericht!“   Siegessicher rekte Soma die Faust, die andere gratulierten und freuten sich für ihn. „Ich hab dir ja gesagt, es wird einschlagen wie eine Bombe“, neckte er Satoshi ein weiteres Mal. Dieser legte ihm amüsiert eine Hand auf Somas Schulter, klopfte sie ein wenig. „Ich hätte es eigentlich ahnen müssen, dass du mich schlägst. Allerdings hatte ich dich schon einmal besiegt, also war ich mir sicher, dass es heute genauso ablaufen würde wie damals. Wie sehr man sich doch täuschen kann. Du hast weitaus größere Fortschritte gemacht als vermutet.“ „Aber so gerne ich mich als Sieger bezeichnen würde, so kann ich es noch nicht!“, warf Soma ein und blickte zu seiner Mitschülerin. Welche durch das Ergebnis nun wieder leicht verunsichert wirkte. „Erst muss Tadokoro ihr Gericht präsentieren, sie hat sich extra so viel Mühe gegeben! Alles andere wäre nur unfair ihr gegenüber.“ Dann nickte er ihr aufmunternd zu.   „Ganz genau, ich muss noch das Essen der lieben Tadokoro probieren. Komm ruhig näher, meine Kleine, du musst dich nicht hinter Yukihira verstecken!“ Diese schob sie nach vorne, wo sie nervös von einem Bein aufs andere sprang und ihre Finger verknotete. „Du musst dich wirklich nicht für dein Gericht schämen, Liebes. Es sieht sehr köstlich aus und man kann dein liebevolles Wesen darin wiedererkennen.“ Megumis Gesicht lief rot an, während Frau Daimido zum Kühlschrank ging und seine Fingerspitze voll Ingwerscheiben herausholte. Diese nahm sie mit zu ihrem Platz und aß sie so hastig sie konnte. „So, jetzt ist es wieder fairer für dich geworden, ich hatte immer noch den Geschmack von Yukihiras Reis auf der Zunge. Ingwer ist sehr geeignet dafür, auch wenn es mich jedes Mal davon schüttelt.“ Sie verzog kurz das Gesicht, spülte mit Wasser nach und holte sich den Teller, der mit Megumis Plätzchen belegt war. „Ah, du hast dich also für diese Art von Naschereien entschieden – eine gute Wahl, würde ich sagen!“ Erwartungsvoll nahm sie sich das größte Plätzchen, führte es zu ihrem Mund und biss ein Stück ab. Erst passierte nichts. Dann, mit einem Schlag, breitete sich der schokoladene Geschmack auf ihrer frisch neutralisierten Zunge aus und der Raum um sie herum verschwand.   Mutter, wann können wir endlich wieder was Normales essen? Wann gibt es wieder Reis und wann kommt Vater wieder nach Hause?“ Kalt zog es durch die Ritzen und Löcher des kaputten Hauses. Zwar lebte die Familie in keinem markanten Gebiet, doch auch hier zeigten sich längst die Spuren des Krieges. Hier und da gab es ein paar Erschütterungen, doch die meiste Zeit blieb es gespenstisch still. Es war Stunden her, dass jemand von der Essensversorgung vorbeigekommen war und ihnen etwas brachte. Wenn, dann war es meist nur trockener Zwieback und kaltes Wasser. Doch es war die Menge, die ihnen beim Überleben half, satt wurden sie davon nur selten. Doch wie die meisten Japaner fehlte ihnen nicht einen höhere Menge an Essen. Sie hungerten nach ihrem geliebten Reis, doch dieser war zu dieser Zeit rar und meist nur den Soldaten vorbehalten. „Ich weiß es leider nicht, Fumio, ich kann es dir nicht sagen.“ Dabei küsste sie die kleine Stirn ihrer Tochter und drückte sie an sich. Dass sie jeden Tag mit einer Nachricht vom Tod ihres Mannes rechnete, ließ sie sich so gut es ging nicht anmerken. „Mutter, ich habe Hunger!“, sagte ihre schwache, hungrige Kinderstimme. Doch ihre Mutter konnte ihr nichts anbieten. Die Vorräte waren längst geplündert, geleert und als Zwangsabgabe geendet. Nicht mal ein kleines, trockenes Stückchen Brot konnte sie ihr anbieten. Denn so selten, wie sie mit Nahrung versorgt wurden, hatte kein Essen bei ihnen die Chance, schlecht oder hart zu werden. Sie spürte Fumios kleine Kinderrippen durch ihre enge Kleidung, und auch wenn sie selbst im untergewichtigen Bereich lag, machte sie sich noch mehr Sorgen um ihre Tochter als um sich selbst. „Keine Sorge, mein Kind, ich bin mir sicher, der Soldat kommt bald vorbei und bringt uns eine Kleinigkeit zum Essen …“   In diesem Moment klopfte es wild und ohne Rhythmus an der Tür. „Wer ist da?“, rief die Mutter, schob ihre Tochter unter den Tisch und schlich mit einem Küchenmesser bewaffnet zur Haustüre. Der Soldat, der sonst immer ihr Essen brachte, konnte es nicht sein. Wer war es dann? Etwa die Armee, um sie zu holen? Oder fremde Männer, die sie als Kriegsgefangene an sich reißen würden? „Ich frage ein letztes Mal, wer steht da vor der Tür? Wenn Sie Essen wollen, hier gibt es schon lange keins mehr. Nur zwei arme Gestalten, die selbst nach jedem Krümel greifen, den sie bekommen können!“ Dann ging die Tür auf und bevor sie überhaupt registrieren konnte, wer da vor ihr stand, lief Fumio an ihr vorbei zu der Gestalt. „Vater, Vater, du bist wieder da!“ Glücklich, sie wiederzusehen, nahm er seine beiden Frauen in die Arme und umarmte sie herzlich. Auch ihm entging nicht, wie dürr sie geworden waren. Besorgt drückte er sie fest an sich, fürchtete jedoch, sie würden dabei auseinanderbrechen. Dann löste er sich von ihnen. „Ich bin auch froh, wieder hier zu sein. Leider kann ich nicht lange hier bleiben …“ Es tat ihm in der Seele weh, in die traurigen und enttäuschten Augen seiner Tochter zu sehen. Doch leider lag diese Entscheidung nicht in seiner Hand, er musste sich den Befehlen seiner Vorgesetzten fügen. „Das ist jetzt wichtig, Hauptsache, du bist wieder hier und bist noch gesund und am Leben … wie lange kannst du hier bleiben?“ „Zwei oder drei Tage, aber das erfahre ich noch. Hauptsächlich konnte ich deswegen überhaupt zurückkommen.“ Er zog seinen Rucksack hervor und öffnete ihn. „Wir haben heute ein kleines Lager der Tommys gestürmt und erobert. Dabei konnten wir auch einen kleinen Vorrat sicherstellen. Die Hälfte davon haben sie wohl den deutschen Soldaten geklaut … denkt euch nichts dabei, wir haben die Erlaubnis von oben, sie zu essen und mit unseren Angehörigen zu teilen.“ Er holte mehrere verschiedene Konserven heraus, gab seiner Tochter eine kleine, leicht verbeulte Metalldose. Sie öffnete diese, darin lagen eine Menge Schokoladen-Plätzchen, verziert mit ein paar wenigen bunten Streuseln. „Darf ich ein paar davon probieren?“, fragte Fumio und ihr Vater nickte. Hungrig und neugierig aß sie das Plätzchen. Glücksgefühle überspülten sie, hatte sie doch seit Wochen nichts anderes als trockenen Zwieback von den Soldaten bekommen. „Vielen lieben Dank, Vater!“, sagte sie und umarmte ihn stürmisch.   Tränen liefen ihre Wangen herunter, die Erinnerungen und die Gefühle an diesen Wintertag, als ihr Vater ihr die kleinen Plätzchen gab, überschwemmten sie nun. Lächelnd wischte sie sich die Tränen aus den Augen. „Frau Daimido, ist alles in Ordnung mit Ihnen?“, fragten die Schüler besorgt. Doch sie nickte nur. „Ja, es ist in Ordnung. Ich habe mich nur an etwas aus meiner Kindheit erinnert … aber gut, hier geht es jetzt nicht um mich, sondern um Tadokoro und ihr Gericht. Und ihre Plätzchen werde ich nun bewerten.“ Sie aß noch zwei Stück, ließ sich dabei ein wenig mehr Zeit. „Der Zimt wurde anscheinend in den Teig hineingemischt, das gibt dem Ganzen neben dem Kakao einen angenehmen Geschmack. Auch ist es ein guter Kontrast zu den ganzen süßen Zutaten, die auf und in den Plätzchen drin sind. Sie sind knusprig, nicht zu trocken und sehr, sehr lecker. Da fällt es mir noch schwerer, mit dem Essen aufhören, noch mehr als bei Yukihiras Gericht! Dafür gibt es von mir zehn volle Punkte! Gratulation, Tadokoro, du hast meinen kleinen Wettbewerb gewonnen, ich bin ehrlich, mit dem Verlauf hatte ich nun wirklich nicht gerechnet. Und du bist auch die erste, die seit fünf Jahren die Höchstpunktzahl erreicht hat!“ Lauter Applaus, stolz klopften sie auf Megumis Schulter, welche tomatenrot anlief und sich leise bedankte. Stolz überreichte die Leiterin Megumi ihren Preis, ein kleine Urkunde und einen Großhandelsgutschein, als diese fast vor Freude und Scham in Ohnmacht fiel. Dann sah sie zu den anderen Teilnehmern. „Im Grunde seid ihr alle Gewinner, jeder von euch hat wunderbare Gerichte auf den Tisch gezaubert. Ich bin wirklich stolz auf euch!“ Sie zwinkerte ihnen zu. „Und jetzt, lasst uns essen, bevor es noch zu kalt wird. Das wäre nun wirklich eine Schande!“ Der Einladung gingen nur zu gerne nach und sie erfreuten sich an all dem leckeren Essen, dass sie selbst zu verdanken hatten. Nur die Aussicht, hinterher alles wieder wegzuräumen, gefiel ihnen nicht so ganz. Doch das gehört zum Alltag eines Kochs dazu, auch, wenn es nicht ihre Lieblingsbeschäftigung war. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)