Flaschendrehen von TravelFeet (und ähnliche Dummheiten) ================================================================================ Kapitel 1: ----------- Sie waren alle bei Eric zu Hause. Die Flasche drehte sich immer noch. Drehte und drehte und drehte. Die Wodkaflasche, die dort in der Mitte ihres Sitzkreises vor sich hin kreiselte, hatten sie kurz vorher geleert. Es war nicht die erste gewesen. Liam spürte wie ihn der Alkohol wärmte und benebelte. Den Anderen schien er bereits ähnlich zu Kopf gestiegen zu sein. Müde rieb er sich mit dem Unterarm über die Augen und lies den Blick über seine besten Freunde schweifen. Jana (23), Eric (29), Pia (25), Ben (27) und Svea (26) und er selbst Liam (24).. Ben kam aus Schottland, aber sein Deutsch war spitze...bis auf den üblen Akzent. Jana die Friseurin, die inzwischen für jeden Schnitt wenigstens 5 Euro verlangte. Eric, der Polizist, der gerade mit der Schnapsflasche in der Hand irgendwie so gar kein tolles Vorbild war. Pia, die Bürokauffrau, die so ungefähr jedem Büroklischee entsprach, das man sich vorstellen konnte. Svea, die Computerspezialistin...klein und verrückt und ein Genie. Er selbst war der einzige in der Runde, der sein Leben mit einem Kellner und einem Barkeeperjob mehr oder weniger bestritt und die Miete jedes Mal kaum bezahlen konnte. Als Pia ihm mit einem ihrer spitzen, roten Nägel in die Rippen piekste, schreckte Liam ruckartig aus seinen Gedanken hoch: „Was ist denn?“, brummelte er und fuhr sich mit den Fingern durch die wuscheligen, nussbraunen Haare. „Na die Flasche zeigt auf Svea und du bist mit Fragen dran.“, säuselte Pia und zwinkerte ihm zu. „Ah. Alles klar.“, er wandte sich Svea zu, „Wahrheit oder Pflicht?“ „Wahrheit!“, kam es prompt zurück. „Wie langweilig. Immer das selbe!“, stöhnte Ben auf, doch Svea blieb bei ihrer Entscheidung. Liam zuckte mit den Schultern: „Warte ich muss kurz überlegen....“ „Nichts fieses bitte.“, grinste sie. Liam drehte nachdenklich an der leeren Flasche herum und sah schließlich auf: „Was war dein schlechtestes Date?“ „Oh das ist einfach...“, Svea lachte kurz auf, „das war mein Blind Date, das ich letztes Jahr vor Weihnachten hatte. Der Typ war über 40 und wollte von Anfang an nur über meine Füße sprechen und-“ „STOP! Mehr Infos brauchen wir nicht, da bekomm ich Gänsehaut!“, lachte Jana und griff nach der Flasche um sie erneut zu drehen. „AH Liam! Komm schon nimm Pflicht. Das hat bis jetzt noch keiner..!“ Er seufzte leise und nahm noch einen Schluck aus der Bierflasche neben sich: „Na gut wenns denn sein muss....Pflicht!“ „Aaaalsooo...“, Janas grinsen wurde immer breiter, „Versprich mir, dass du dich nicht drückst!“ „Versprochen.“, nuschelte er und zupfte ein paar Fussel aus dem Teppichboden. „Wartet mal, lasst uns erst eine kurze Pause machen und noch einmal darauf anstoßen, dass ich ab heute 3 Wochen Urlaub habe!“, unterbrach Svea und öffnete die alte Whiskyflasche, die hinter ihr auf dem gläsernen Couchtisch gestanden hatte. „Schon wieder?“, Eric wirkte skeptisch. Doch 5 Minuten später verzogen sie bereits alle das Gesicht. „Man der brennt.“, keuchte Ben. „Ich dachte ihr Schotten trinkt das zum Frühstück.“, Eric stieß ihn leicht an. „Haha ..witzig.“, Ben deutete auf die Flasche: „Was muss Liam denn jetzt machen?! 20 Liegestützen?“ „Nein. Besser.“, versprach Jana, „Ich drehe die Flasche jetzt nochmal und Liam muss die Person küssen auf die die Flasche gleich zeigt. Auf den Mund und richtig. Und nicht nur eine Sekunde lang.“ „Bringen wirs hinter uns....“, murmelte Liam und kippte noch ein Glas Whisky runter, um sich Mut zu machen. Die Flasche blieb stehen und zeigte auf...... ihn selbst. Alle brachen in Gelächter aus. „Oh tja dann ist wohl der nächste dran!“, Liam war erleichtert. Wobei Pia bestimmt eine gute Küsserin war...mit den weichen großen Lippen. Sie hätte es werden müssen. Mit ihr wäre es vielleicht ganz okay gewesen. „Nein! Quatsch. Wir drehen nochmal. So kommst du mir nicht davon!“ Bevor er widersprechen konnte, drehte der Flaschenhals sich bereits wieder, wurde langsamer und langsamer und kam endlich zum Stehen. Jana versuchte nicht loszuprusten. „Niemals!“, protestierte Eric. „Auf keinen Fall!“, bestätigte Liam. Die Flasche zeigte direkt und ohne jeden Zweifel auf den Polizisten, der Liam gegenüber saß. Da waren ganze 3 Frauen in der Runde und die Flasche blieb ausgerechnet bei seinem besten Freund stehen. Liam wurde beinahe schlecht. „Küüüsseeeen!Jetzt!“, befahl Jana fröhlich und Liam griff intuitiv erneut nach der Whiskyflasche. Kapitel 2: ----------- Der Raum schien sich zu drehen. Liam krallte die Finger in den Teppich, um wieder etwas Halt zu bekommen. „Du hast versprochen, dass du es tust, egal was es sein würde!“, protestierte Jana. „Und was wenn ich nicht damit einverstanden bin?“, lenkte Eric ein, doch keiner schenkte ihm Beachtung. Liam zögerte noch kurz, stand dann unbeholfen auf und setzte sich schließlich etwas unbeholfen vor seinen besten Freund. „Tut mir leid..“, nuschelte er. „Bringen wir es hinter uns..“, erwiderte Eric. Liam beugte sich vor und gab ihm einen flüchtigen Schmatzer auf die Lippen. Svea lachte schrill auf: „Was bitte schön war das denn? Wie Armselig! Das zählt nicht!“ „Nein das zählt wirklich nicht!“, kam ihr auch Jana zu Hilfe und sogar Ben und Pia nickten und begannen anfeuernd zu klatschen. „Mach einfach die Augen zu und stell dir vor es wäre Pia“, hauchte Eric ihm so leise ins Ohr, dass niemand sonst es hören konnte. Liam spürte wie ihm immer schlechter wurde. Ob das nun am starken Alkohol oder an der Aufregung lag, konnte er beim besten Willen nicht benennen. Wahrscheinlich lag es ohnehin an beidem gleichermaßen. Als er der Aufforderung folgte und die Augen schloss, hörte er Pia leise kichern. Das half. Für diesen Moment schaffte er es alles auszublenden. Trotzdem war er wie versteinert. Mit geschlossenen Augen saß er vor dem Anderen und konnte es einfach nicht. Sein ganzer Körper schien wie paralysiert. Gerade als er die Augen wieder öffnen wollte, spürte er wie ihn eine große Hand am Hinterkopf packte, nach vorne zog und wie Eric ihn küsste. „Hey gilt es wenn Eric hilft?!“, entfuhr es Jana, doch die anderen prusteten nur los vor Lachen, während Ben so ungefähr sieben Mal „Holy Crap!“, stöhnte. Liams Kopf schien zu explodieren. Vom vielen Alkohol war ihm ohnehin schon warm gewesen und schwindelig...aber jetzt.... Es fühlte sich an, als würde sich jedes einzelne Härchen auf seinem Körper aufrichten und zwischen seinen Beinen begann es beunruhigend zu pochen.... „Lass mich los!“, hastig drückte er Eric von sich weg und ihre Lippen trennten sich wieder. „Hehe das reicht auch...Man dass du das echt getan hast“, Svea hielt sich den Bauch vor Lachen. „Unser neues Traumpaar.“, grinste Pia. Sie spielten noch ein paar Runden weiter. Dann mussten sie nach und nach alle gehen. Erst ging Ben, weil er in 3 Stunden schon wieder im Büro sein musste. Dann Svea und Pia...und schließlich war Liam mit Eric allein. „Ist es immer noch in Ordnung wenn ich hier übernachte?“ „Wieso sollte es nicht?“ Liam zuckte als Antwort nur unsicher mit den Schultern und verschwand ins Bad. Als er wieder raus kam, fand er Eric in der Küche wieder: „Du machst noch was zu essen?“ „Hast du keinen Hunger?“, erwiderte Eric und zog den Teller mit der aufgewärmten Pizza aus dem Ofen. Doofe Frage. Er starb fast vor Hunger. In seinem Zustand war man auch nicht mehr besonders wählerisch. 5 Minuten später tranken sie die letzten zwei Biere und machten sich über die ziemlich schlechte aber ausreichend fettige Pizza her. „Warte du hast da was...“, murmelte Eric, beugte sich über den Couchtisch rüber und strich mit dem Daumen über Liams Mundwinkel. Liams Bier fiel mit einem dumpfen Geräusch auf den Teppichboden und rollte unter den Sessel hinter ihm. „Hör auf mich so anzusehen...“ „Ich glaub ich bin total dicht...“, lachte Eric. „Nie...nie wieder Whisky...“, stimmte Liam zu. „Nur noch ein letztes Mal?“, Eric hob den Scotch hoch. Er nickte: "Ein letztes Mal." Am nächsten Morgen... Liam blinzelte ins grelle Sonnenlicht. Wie spät es wohl war? Einen Moment lang wusste er nicht wo er war. Achja bei seinem besten Kumpel.. Pia, Jana, Svea, Ben...alle waren da gewesen... Aber was hatten sie gemacht? Achja Flaschendrehen...und dann? Totaler Blackout... „Scheiße...“, stöhnte er und rieb sich über die hämmernde Stirn. Seine Zunge fühlte sich ganz pelzig an. Endlich schienen seine Augen den Raum scharf zu stellen. Er lag in Erics Bett und auf dem Boden glänzten diverse leere und halbleere Flaschen.. Was war nur nach dem Flaschendrehen gewesen? Liam hätte sich ohrfeigen können. Wie konnte man nur so viel Scheiß trinken. Eigentlich kannte er seine Grenzen doch. Warte.... STOPP! Erst Minuten später schlug ihm die Erkenntnis wie eine Faust ins Gesicht. Wieso war er in Erics Bett?! Er hatte hier schon oft übernachtet, immerhin war Eric sein bester Freund. Aber sonst immer auf der Couch. Sei Kopf pochte wie verrückt. Schlaftrunken sah er sich um. Ah da war sein Hemd... es hing zerknittert über der Nachttischlampe.. gleich neben Erics nacktem Oberkörp-..... Panisch krabbelte Liam so schnell es ging rückwärts wie eine Krabbe von Eric weg. Was zur Hölle war letzte Nacht noch passiert?! Bruchstückhaft kamen die Erinnerungen wieder... sie hatten irgendwas gegessen...Pizza...dann noch was getrunken und dann.....und dann?! Was war dann gewesen?! „Oh hey Lee, du bist schon wach?“, brummte Eric, setzte sich langsam auf, streckte sich und fuhr sich durch die Haare. „Eric ….ich muss was wissen.....wir haben doch nich...?!“ „Was meinst du?“ „Na meine....meine ...Klamotten sind ...über der Lampe.,..auf dem Fensterbrett.....Eric haben wir....? hast du mich...? Ach scheiße!“ Eric sah ihn immer noch fragend an. „Sag mir einfach ob da was....was war ...was ...also ich meine...“ „Du meinst ob wir.....Um Gottes Willen nein !... du bist singend und dich ausziehend durch die Wohnung gelaufen und dann in mein Bett gekippt. Sonst war nichts. Erinnerst du dich gar nicht mehr?“ Liam war so erleichtert, dass er sich wieder auf den Rücken fallen lies: „Boah nie wieder was trinken...“ „Ja das war definitiv...zu viel... ein Glück hab ich heute meinen freien Tag...“, stöhnte Eric und sah flüchtig zu seinem Waffenholster und der Dienstmarke rüber. Später... Liam knöpfte sich gerade noch den letzten Hemdknopf zu, sah auf sein Handy und wandte sich zum gehen, als er noch kurz von Eric festgehalten wurde: „Und du erinnerst dich wirklich an nichts mehr Lee?“ „Alles ein einziger Brei...ich muss unbedingt nach Hause...Tabletten einschmeißen...3 Liter Wasser trinken und mich direkt wieder hinlegen....heute Abend muss ich auch noch Teller waschen und mittelmäßige Mai Tais servieren....“ „Haha, mein Beileid! Na gut. Man sieht sich, oder?“ „Klar.“, lächelte Liam und verließ Erics Wohnung. Kapitel 3: ----------- Als Liam gegangen war, lies Eric sich wieder aufs Bett fallen und starrte an die Decke. Aus der Wohnung über ihm schallte wieder viel zu laute Schlagermusik.“ Müde presste er beide Handflächen auf sein Gesicht und schlug dann mit einer auf die Matratze neben sich. „Verdammte scheiße...ich wünschte ich hätte auch einen Filmriss...“, nuschelte er frustriert. Es war nicht nichts passiert. Im Gegensatz zu Liam konnte er sich an alles erinnern. Er hatte alles ganz bewusst wahrgenommen, nur eben einfach keine Kontrolle mehr über seinen Körper gehabt...und über seine Handlungen. „Verdammte Scheiße...“, fluchte er nochmal und warf eines der Kissen aus dem Bett raus, woraufhin die kleine schmale Vase von der Kommode kippte. 50 Euro kippten runter und zersplitterten auf dem Boden. Eric sah alles noch genau vor sich. Liam hatte sich nicht singend und herumlaufend ausgezogen. Nein, er selbst war es gewesen. Er hatte ihn ausgezogen. Hatte ihm fahrig das lästige Hemd aufgeknöpft. Hatte seinen Freund an den Hüften gepackt und ihn aufs Bett geworfen. Eric konnte nicht vergessen, wie Liam da vor ihm lag. Mit leicht geöffneten Lippen....halbnackt, zerzauste Haare, rote Wangen … total betrunken...erwartungsvoll....und das auf seinem Bett. Er hatte sich anfangs gewehrt... irgendwann hatte er nachgegeben... Eric rappelte sich hoch und stand aus dem Bett auf, sein Blick fiel in den Mülleimer auf das benutzte Kondom. Liams Haut war so weich gewesen unter seinen Lippen. Weicher als er es erwartet hatte. Auf einmal sah er ihn mit ganz anderen Augen. Das durfte einfach nicht sein. Es war der scheiß Schnaps gewesen, das Bier, der Whisky...eine verdammte Mischung... die Uhrzeit und der Alkohol. Trotzdem wurde er hart bei der Erinnerung an gestern Nacht. Nur gut, dass Liam sich nicht erinnerte. Aber wie sollte er bloß mit dieser Erinnerung umgehen. Mit diesen merkwürdigen scheiß Gefühlen. Klar, er war total breit gewesen....aber konnte man nur durch Alkohol so ein Verlangen auf jemanden bekommen obwohl man eigentlich überhaupt nicht auf Männer stand? Niemand dürfte es erfahren. Und erst recht keiner ihrer Freunde und ganz besonders nicht Liam. Was Liam wohl dazu gesagt hätte, wenn er sich noch erinnern könnte? Nachdenklich sah er zu wie die zwei Aspirin sprudelnd im Wasser versanken und wieder nach oben trieben. In diesem Moment klingelte sein Handy. Liam? Nein...Arbeit... Scheiße. Mürrisch nahm er den Anruf an: „Ja?...ja...natürlich....ja....ich bin in 20 Minuten auf dem Präsidium...“ Seufzend zog er sich das Schulter-Holster über. Noch nie war einer seiner freien Tage wirklich und wahrhaftig frei gewesen. Wenigstens würden die Ermittlungen ihn ablenken. Bevor er losging trank er das Glas Wasser mit einem Zug leer. Derweil.... „Hast du gesehen, wie Eric Liam ans ich gezogen hat? Man ich hab Gänsehaut bekommen bei dem Kuss...“, seufzte Svea und rührte verträumt in ihrem Milchkaffee herum. „Ich weiß, dass die beiden total hetero sind aber stell dir mal vor, die wären ein Paar....dann...könnten wir Ihnen auch besser das mit uns verraten...“, flüsterte Pia, strich Svea übers Gesicht und gab ihr einen sanften Kuss auf die Wange. „Mehr..“; hauchte Svea, griff nach Pias Bluse und ihre Lippen verschmolzen in einem sehnsüchtigen Kuss. Als Pia sich wieder aufrichtete wippten ihre kleinen Brüste leicht. „Ziehst du eigentlich nie einen BH an?“, schmunzelte Svea. Pia grinste erst, dann wurde ihr Gesicht aber ernst: „Süße...Wir sollten es ihnen auch so endlich sagen....wir sehen uns viel zu selten...und wenn die anderen dabei sind, ist es anstrengend so zu tun, als wären wir nur Freundinnen...“ „Ich weiß...aber auf deiner Arbeit würde das nicht gut ankommen..“ „Da muss es ja keiner wissen...aber wenigstens unsere besten Freunde...“ „Ben, Liam und Eric würden sich nur drüber lustig machen und Jana fänd es sicher auch scheiße... sie denkt sie wüsste alles von mir. Außerdem ...nur weil sie drauf steht zu zugucken wie zwei eigentlich heterosexuelle Männer sich küssen und demütigen lassen, heißt das noch lange nicht, dass sie das mit uns auch so geil finden würde....“ „Hast ja recht....es würde wahrscheinlich für eine komische Stimmung sorgen oder?“ „Wahrscheinlich...“, Svea nahm noch einen großen Schluck Milchkaffee, „sehen wir uns heute Abend wie verabredet im Kino?“ „na klar....“, zwinkerte Pia, zog ihren Mantel zusammen und machte sich auf den Weg ins Büro.. Am Abend... Liam zog sich immer noch viel zu müde für die Arbeit um. Eric hatte ihn angelogen. Einfach so. Mitten ins Gesicht... Liams Erinnerungen waren als er zu Hause angekommen war, nach und nach zurück gekommen. Na klar wollte Eric das nicht wahrhaben. Eigentlich war er ihm für die Lüge sogar dankbar. So hatten sie nicht über die unangenehme Situation reden müssen. Aber man, wie hatte es erst so weit kommen können?! Liam wünschte sich so sehr den Blackout zurück. Doch die Erinnerungsfetzen hatten sich bereits in sein Gehirn eingebrannt. Er spürte wieder wie der Whisky im Hals brannte. Spürte wieder Erics kräftige Hände an seinen Hüften und wie der andere ihn aufs Bett geschmissen hatte. Regelrecht übereinander hergefallen waren sie. „Scheiße...“... Aber sie waren total betrunken und nicht sie selbst gewesen. Irgendwie mussten sie das einfach nur wieder vergessen und dann würde alles wieder wie vorher sein. Und das musste es auch. Denn immerhin waren sie schon so viele Jahre die besten Freunde. Das dürfte niemals kaputt gehen durch eine ungewollte, durch Alkohol ausgelöste, Dummheit. Als er sich gerade die Krawatte umbinden wollte, bemerkte er den Knutschfleck an seinem Hals.... Auch das noch..... Zur selben Zeit... Eric lies die Wagentür hinter sich zuschlagen, packte den Cheeseburger aus, den er sich auf dem Weg zum Präsidium in einem American Diner geholt hatte und biss herzhaft hinein. Ein Burger machte einfach alles besser. Trotzdem hatte er die ganze Autofahrt über an Liam denken müssen und an letzte Nacht. Man. Eine Katastrophe war das. Liam war immerhin wie ein Bruder für ihn. Immer schon gewesen. Und jetzt so etwas... Er biss noch ein zweites Mal in den Burger bis Fiona ihn am Empfang dafür strafend ansah. Er zuckte nur mit den breiten Schultern und ging mit vollem Mund weiter. Selbst diese Prinzipienreiterin konnte ihm heute nichts mehr anhaben. Der Tag war eh im Eimer und da würde er sich jetzt ja wohl wenigstens ein bisschen mit Käse überbackenes Fleisch im knusprigen Brötchen gönnen dürfen. Das war das Mindeste. Bei seiner Quote waren die Kollegen sowieso auf ihn angewiesen und wenn ein Burger gut für seine Ermittlungen und seine Konzentration war? Na und? Der Zweck heiligt die Mittel. Aber so ganz reichte das noch nicht. Er würde sich jemandem anvertrauen müssen. Es ging nicht anders. Es beschäftigte ihn einfach zu sehr. Aber wem konnte er so vertrauen. Wer würde nicht reden? Sein Blick fiel so streng und kalt auf Tina, dass diese unwillkürlich zusammenzuckte und sich beinahe an ihrem Donut verschluckt hätte: „Äh i-ist was Eric?“, stammelte sie. Tina war kugelrund, super freundlich, hatte immer einen Dutt und war die gute Seele hier. Niemand würde es vermuten, wenn man die beiden nebeneinander sah, aber sie waren schon oft ein gutes Team gewesen und er hatte sie schon immer in Schutz genommen. Sie kannten sich seit dem Kindergarten. Während er allerdings eine Karriere in der Mordkommission anstrebte, wuselte sie immer mit Kaffee und Donuts im Gepäck durch die Abteilungen und verschwand dann stundenlang im Kühlraum oder dem Sektionssaal. Eric fand es lustig wie oft die Leute Tina unterschätzten, nur weil sie dick war und aussah wie die freundliche Nachbarin von nebenan, die gern backt. Sie war zur besten Gerichtsmedizinerin geworden, die er je hatte kennenlernen dürfen und für ihn war sie die Königin der Rechtsmedizin. Doch heute ging es nicht um Forensik. Heute ging es um sein Privatleben. „Tina wir müssen reden...“ „Die Ergebnisse hat das Labor leider noch nicht zurück geschickt...“, brachte sie entschuldigend hervor und zog ihre etwas zu kurze Bluse immer wieder runter während sie zu ihm hoch starrte. Eric musste immer wieder schmunzeln, weil er sie um knapp 35cm überragte. „Das mein ich nicht....kannst du etwas für dich behalten...?“ Sie sah sich kurz um, der Pausenraum war leer: „Du kennst mich doch...“ Eric zog einen Stuhl heran und setzte sich verkehrt herum darauf, damit er sich auf der Lehne abstützen konnte: „Was würdest du sagen wenn ich....aus versehen mit einem anderen Mann, der mir auch noch freundschaftlich sehr nah steht, intim geworden wäre?..“ Tina sah ihn aus großen, braunen Augen an, wie ein Reh im Scheinwerferlicht: „Eric, was meinst du mit intim...?“ „Oh man Tina... wir hatten etwas....intensiveren ...Kontakt...“ „Ich versteh nicht ganz...“ „Gott verdammt Tina ich hab ihn gefickt! Wir hatten Sex. Habens getan, es getrieben, wie die Wilden gevögelt...was ist denn daran jetzt so unklar?!“ „Ist ja gut ist ja gut!!“, Tina war puterrot angelaufen wie eine Tomate und hob abwehrend die Hände. „Es tut mir leid...die ganze Sache ist ….ziemlich...naja sagen wir mal...sie ist ziemlich belastend für mich...“ „Bist du dir sicher, dass es ein Mann war?“ „Ein guter Kumpel...“ „Und du bist dir sicher, dass das wirklich passiert ist?“, sie reichte ihm einen Donut mit Zuckerglasur, doch er lehnte stumm ab. „Ja Tina ich merk das für gewöhnlich wenn ich ihn wo reinsteck-“ „Um Himmelswillen hör auf so bildlich zu sprechen.“ „Ich steh doch gar nicht auf Kerle Tina....ich mach mir Sorgen, dass unsere Freundschaft jetzt im Arsch ist...“ Sie musste auf einmal breit grinsen. „Verkneif dir den Spruch...“, drohte er ernst. Hätte aber auch fast gegrinst. „Das wird schon wieder. Ihr seit doch beide erwachsene Männer...du musst mit deinem Freund darüber sprechen...es klarstellen...“ „Ich muss weiter....bitte behalts für dich, ja?“ „Natürlich...“, versprach Tina und sah Eric dann mit traurigem Blick nach. Das hieß wohl, dass er für immer unerreichbar für sie sein würde. Wenn er nur wüsste, wie lange sie schon in ihn verliebt war. Scheiße er sah so verdammt sexy aus in seiner Uniform... oder bei den Schießübungen wenn seine Muskeln sich anspannten....sein ernster Gesichtsausdruck... seine großen Hände... Er war ja immer schon irgendwie unerreichbar gewesen....wenn er jetzt auch noch auf den Geschmack nach Männern kommen sollte, wäre es wohl endgültig vorbei mit den Hoffnungen.... Sie seufzte und stieß die schwere Stahltür des Kühlraumes auf. Stille umfing sie. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)