Ich warte auf dich von NovemberGirl ================================================================================ Kapitel 12: Berührung --------------------- Mein Weg wurde vom schwachem Licht von Neonröhren erhellt. Die Schatten an den Wänden sahen dadurch noch gruseliger aus. Kalt war es, denn ich zitterte, aber vielleicht kam das auch nur von meiner Angst. Meine Fingerknöchel waren weiß, so fest hielt ich den Dolch. Vor mir lag ein Gang und vom Ende kamen wieder diese Schreie. Mein Herz klopfte zu schnell. Ich muss umdrehen. Ich sollte hier nicht sein, sagte ich mir. Ich drehte mich um, bereit zum Gehen. Aber ich konnte nicht. Der Raum ganz hinten zog mich fast schon an. Also schloss ich kurz meine Augen, drehte mich wieder um und lief gerade aus auf den Lichtschein zu, der von dort kam. Der Raum in den ich kam war größer als erwartet. Die Wände waren mit Vorgängen zugehängt, die die Kälte abschirmten und der Boden war aus Holz. Auch das Licht war angenehmer als in den Gängen davor. Warmes weißes Licht erhellte den ganzen Raum. Und in diesem Licht wirbelte ein großer, hagerer Kerl herum und zerschlug mit einem langen Stock Projektionen von Yeosin. Fasziniert von diesem Bild, wusste ich nicht ob ich erleichtert sein sollte keine echten Yeosin zu treffen oder mistrauisch diesem Typ gegenüber. Geübt schwang er den geraden Holzstock in seinen Händen und tötete jeden Gegner bevor dieser ihn erreichte. Das Kreischen der Projektionen jagte mir jedes mal eine Gänsehaut über den Rücken. Als der letzte Gegner zu Licht zerfiel ließ der seine Waffe sinken und blieb stehen. Einen kurzen Moment stand er nur so da und schaute die Wand an. Dann strich er sich eine seiner dunkel lila Haarsträhnen aus dem Gesicht und drehte seinen Kopf. “Hat dir meine Vorstellung gefallen?“, fragte er mich direkt und schaute in meine Augen. Ich erschrak. Ich hatte nicht gedacht, dass er mich gesehen hatte wie ich da halb im Eingang stand. Er lachte als von mir keine Reaktion kam und kam auf mich zu. Mir fiel auf, dass seine Haarfarbe perfekt zu seinen eisblauen Augen passte. “Hey, ich bin Lio. Und du?“ fragte er und streckte mir seine Hand entgegen. Zögerlich ergriff ich sie. Mehr als ein “Sophie“ bekam ich nicht heraus. Dieser Typ brachte mich komplett aus meiner Bahn. Erwartungsvoll schaute er mich an. “Was?“ fragte ich. “Willst du mich mit dem Dolch wirklich bedrohen?“ Ich wurde rot und ließ meine Hand sinken. Da hatte ich wirklich vergessen, dass ich den Dolch immer noch in der Hand hielt. Ein genuscheltes „Tschuldigung“ war das einzige was ich rausbekam. Vorsichtig legte ich den Dolch auf den Boden neben die Türe. Er lachte. „Dann bist du also die Neue. Die Schülerin von Sebastian.“ Erstaunt schaute ich ihn an. „Woher weist du das?“ „Ich kann Gedanken lesen.“ „Was?!“ Er lachte, als er meinen erschrockenen Blick sah. „Nein, keine Sorge. Lucas hat mich geschickt, ich soll euch begleiten, damit ihr sicherer seid.“ Ich wusste nicht, ob ich erleichtert sein sollte, dass er wirklich keine Gedanken lesen konnte, oder beunruhigt, dass ich die nächsten Tage mit zwei Jungs reisen würde und dieser Lio mich irgendwie ziemlich aus der Bahn werfen konnte. „Kannst du kämpfen?“ Ich schüttelte den Kopf. „Dann wird’s aber Zeit. Hat Sebastian dir nichts beigebracht?“ Er schob mich sanft in den Raum und drückte mir den Holzstab in die Hand. „Zeig mal was du drauf hast.“ Unbeholfen hob ich den Stab mit beiden Händen und schwang ihn auf meine Gegner zu mit dem Ziel mich nicht selbst zu treffen. Lio lachte wieder und lief auf mich zu. „So wird das nichts! Streck den Stock nicht von dir als wäre er eine giftige Schlange. Und arbeite eher mit dem Körper als mit dem Holz. Dann bist du schneller und tust dir nicht weh. Warte, ich helf dir.“ Er stellte sich hinter mich und fasste um mich herum an meine Handgelenke. Ich spürte ihn an meinem Rücken und meine Handgelenke brannten. Vorsichtig führte er meinen Körper, bewegte den Holzstab und erklärte mir wie ich meine Beine hinstellen sollte. Aber mein größtes Problem war, dass mein Herz drohte zu zu explodieren, so schnell schlug es. Ich spürte seinen Atem, ich spürte ihn, ich spürte wie das Blut in mir kochte. Sanft hielt er meine Hände fest und doch würde ich den Seinen niemals entkommen so entschlossen war sein Griff. Wie er mich so festhielt war ich eingeschlossen, umgeben nur von ihm, gehalten falls ich fallen würde. Seine Stimme war so weit weg, ich konnte nicht verstehen was er sagte, doch es waren zärtliche Worte, die er zu mir sagte, während sein Atem meinen Hals berührte und meine Wange von seinen Haarspitzen gekitzelt wurde. „Hallo?“ Eine Hand wedelte vor meinem Gesicht. „Lebst du noch oder hat dich mein Charme umgebracht?“ Auf einen Schlag war alles weg und ich stand wieder in der Realität. „Ach Quatsch!“ schnaubte ich empört und stieß seine Hände weg. Ich war enttäuscht und verletzt. „Ich geh wieder ins Bett, gute Nacht.“ Mit diesen Worten drückte ich ihm den Stab in die Hand und drehte mich um zum gehen. Wieder schlossen sich sie kräftigen Arme um meinen Körper. „Sei nicht wütend, das steht dir nicht.“ „Lass mich los!“, kreischte ich und versuchte mich aus der Umarmung zu befreien. Vor Wut siegen mir die Tränen in die Augen. „Beruhig dich Sophie.“, sagte Lio mit ruhiger Stimme. Mit beiden Händen hielt er mich fest, als er mich zu sich umdrehte. Mit seinen Fingern strich er die Tränen von meinen Augen. „Lächel! Ich hab doch gesagt, dass dir das viel besser steht.“ „Lass mich los!“ „Nein, weil dann würde ich dich verlieren.“ Bevor ich reagieren konnte, griff er mir unter das Kinn und hob meinen Kopf an. Feuer strömte durch meinen Körper, als seine Lippen meine berührten. Mit wurde kalt und heiß gleichzeitig und obwohl mein Kopf mir eindeutig zu verstehen gab, dass ich aufhören sollte, genoss ich den Kuss. So schnell wie es begonnen hatte, endete es auch. Als ich meine Augen öffnete, sah ich blaues Eis. Lio lächelte. „ich will, dass du mir gehörst und darum kämpfe ich auch.“ Dann ließ er mich los. „Komm, ich bring dich zu deinem Zimmer. Bald wird es hell und wenn wir morgen weiter fahren solltest du geschlafen haben.“ Der Mond schien durch das Fenster. Meine Sachen lagen noch genau so da, wie ich sie liegen gelassen hatte. „Schlaf gut.“ sagte Lio, als ich leise die Türe schloss. Ich schmiss mich aufs Bett, unfähig zu denken. Was war geschehen? Noch bevor ich eine Antwort fand schlief ich ein. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)