Ich warte auf dich von NovemberGirl ================================================================================ Kapitel 2: Smaragdgrüne Augen ----------------------------- Am nächsten Morgen stand ich unausgeschlafen und müde auf. Im Unterricht fielen mir meine Augen immer wieder zu. Ich glaube, es war Mathe und ging um Ebenen im Koordinatensystem, aber Mathe war ja schon immer Zauberei für mich gewesen. Ich würde noch mehr nachholen müssen als sonst schon. Plötzlich landete ein Zettel vor meiner Nase. Alles klar bei dir? konnte ich in Melody's Schrift darauf erkennen. Melody war meine beste Freundin. Na, klar. Nur müde. antwortete ich ihr und schob den Zettel zurück. Dabei lächelte ich sie an. Nach ein paar Minuten kam der Zettel zurück. Gehen wir nachher in die Stadt? Ich grinste. Gerne schrieb ich darunter. Dann versuchte ich mich die restliche Stunde auf den Unterricht zu konzentrieren. Aber meine Laune war gestiegen und für ein paar Stunden konnte ich die Vorfälle in der Nacht vergessen. Als ich mittags meine Sachen von der letzten Schulstunde zusammenpackte, war mein größtes Problem mein knurrender Magen. Ich wartete bis auch Melody ihre Sachen gepackt hatte und fluchtartig verließen wir das Schulgelände. Es wurde ein lustiger Mittag. Wie sehr hatte ich shoppen mit Melody vermisst und während wir von Laden zu Laden spazierten, lachten wir über alles was uns in den Sinn kam. Es wurde ein schöner Mittag. Die Herbstsonne wärmte und noch einmal und wir genossen die Freiheit weit weg von Verpflichtungen und Schule. Erst als es kälter wurde und der Abend näher rückte, machten wir uns auf den Heimweg. Während der Busfahrt, dachte ich an die Geschehnisse des Tages. Aber ich hatte ein unwohles Gefühl dabei. Ich wusste, dass mir irgendetwas entgangen war. Aber vor lauter shoppen war es mir nicht aufgefallen. Es war als würde ich in Melody's Nähe alles vergessen, was mit dem Blutmond zu tun hatte. Wie hatte ich diese seltsame Person heute Nacht vergessen können? Immer wenn ich an ihn dachte, schob sich sofort Melody's Bild davor und ich vergaß woran ich gedacht hatte. Ich rieb mir die Augen. Kein Wunder, ich war müde. Ich beschloss mich morgen früh wieder um den Grünäugigen zu kümmern. Die restliche fahrt las ich und hörte Musik. Ich versank so sehr in einem Dämmerzustand, dass ich fast meinen Ausstieg verpasste. Meine Wohnung lag im Dunkeln. Inzwischen war die Sonne untergegangen und die ersten Sterne schon sichtbar. Und auch der Mond war rund im Nord-Osten zu sehen. Ich lächelte. Er sah wirklich aus wie aus Käse. Strahlend weiß schaute er herunter, er hatte gar nichts bedrohliches mehr an sich. Wie hatte ich jemals denken können, dass der Mond böse sei. Als ich meine Wohnungstüre auf schloss, begrüßte mich die Stille. Alles war wie immer. Ich gähnte und schmiss meine Tasche in irgendeine Ecke im Flur. Meine dünne Jacke landete daneben. Ich holte mein Handy und schaute aufs Display. Ich hatte eine neue Nachricht. Meine Mama wollte, dass ich am Wochenende mal wieder zu Besuch kam. Ich antwortete ihr kurz und versicherte, dass ich kommen würde. Seit ich alleine lebte, hatte ich nur noch wenig Kontakt zu meiner Familie oder allgemein zu Bekannten von mir. Die Uhr zeigte 22:47. Jetzt war es wirklich Zeit schlafen zu gehen. Ich legte mein Handy weg und ging ins Bad. Zu müde und zu faul das Licht an zumachen, ließ ich es aus. Das Licht der Straßenlaterne vor dem kleinen Badezimmerfenster reichte mir vollkommen aus. Ich genoss es, als das warme Wasser über meine Hände lief. Langsam breitete sich in mir eine wohlige Wärme aus. Ich schloss für einen Moment meine Augen. Als ich sie wieder öffnete und in den Spiegel schaute, wurde mir eiskalt. Die Augen, die mir entgegen schauten waren nicht die meinen. Sie waren grün. So grün wie Smaragde. Ich schrie auf und stolperte rückwärts. Das Blut rauschte in meinen Ohren und mein Herz setzte aus. Wie in Trance tastete ich nach dem Lichtschalter. Panische Angst machte sich in mir breit. Dann ging das Licht an und alles war vorbei. Das Bad sah aus wie immer und aus dem Spiegel schaute mir nur ein blasses, ängstliches Mädchen entgegen. Die blasse Haut wurde von schwarzen Haaren umrahmt. Das war eindeutig ich. Aber meine Haut war blasser als sonst und der Blick in meinen Augen machte mir noch mehr Angst. Obwohl ich das gefühlt hatte, meine Beine würden mich nicht mehr tragen können, machte ich einen Schritt hinter den anderen und verließ rückwärts das Bad. Erst als ich den Spiegel nicht mehr sehen konnte von meinem Blickwinkel aus, konnte ich mich umdrehen. Panisch rannte ich in den Flur. Wo hatte ich nur mein Handy abgelegt? Ich bereute, dass ich vorher so in Gedanken gewesen war und es nur irgendwo abgelegt hatte. Ich fand es in der Küche. Verwundert hob ich es vom Tisch auf. Wann hatte ich es in die Küche gelegt? Irgendwas stimmte hier gewaltig nicht. Zitternd schaltete ich das Display an und tippte Melody's Nummer ein. Ein verschlafenes „Was gibt’s?“ kam mir aus dem Lautsprecher entgegen. „Melody! Ich...“ Weiter konnte ich nicht mehr reden. Die Tränen schossen mir in die Augen und meine Stimme versagte. Unfähig zu stehen setzte ich mich auf den Stuhl neben mir. „Sophie, liebes! Was ist denn los? Was ist mit dir?“ Melody's Stimme war ruhig und beruhigend. Ich schluckte und wischte mir die Tränen weg. Doch ohne Besserung. Die Tränen liefen mir immer noch meine Wangen entlang. „Diese Augen... Ich hab sie schon wieder gesehen. Sie verfolgen mich. Jemand verfolgt mich.“ Ich erzählte ihr die ganze Geschichte. Angefangen bei dem Blutmond bis hin zu der Begegnung im Spiegel. Als ich geendet hatte, wurde es still. Dann hörte ich plötzlich Melody's Lachen. „Ach Sophie. Werde nicht gleich panisch. Das war doch nur ein Traum. Du bist eingeschlafen und hast Seltsames geträumt. Leg dich wieder hin und glaub mir, das war alles nur ein Traum.“ Auf einmal kamen mir ihre Worte sehr logisch vor. Ich musste eine sehr ausgeprägte Fantasie haben. Wie hatte ich nur so reagieren können. Es war nur ein Traum. „Du hast recht. Tut mir Leid, dass ich dich geweckt habe.“ „Na, siehst du. Und jetzt geh schlafen. Bis morgen.“ „Bis morgen.“ Ich lächelte, obwohl ich wusste, dass Melody mich nicht sehen konnte. Dann legte ich auf und schaute mich um. Nichts Seltsames war zu sehen. Alles war wie immer. Wie hatte ich mich nur täuschen lassen können. Ich schleppte mich zum Bett und wenige Minuten später war ich eingeschlafen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)