Wahre Liebe von steffinudel ================================================================================ Kapitel 29: Kapitel 29 ---------------------- Kapitel 29 Dicke Schneeflocken wirbelten vor dem Fenster durch die Luft. Der Garten war unter einer weißen Schneedecke verschwunden. Einige Vögel hüpften zwischen den Ästen eines kahlen Apfelbaums hin und her. Ein paar andere saßen dick aufgeplustert auf dem Baum gegenüber und beobachteten das muntere Spiel. Plötzlich huschte ein Eichhörnchen über den weiß eingeschneiten Rasen es hinterließ niedliche kleine Tapser im Schnee. So plötzlich wie es gekommen war, war das Tier auch schon wieder in einem Busch verschwunden. Das Gesicht auf die Hände gestützt saß Anne am Schreibtisch und beobachtet das Schauspiel. Gerade hatte sie wieder einmal versucht ihre Gedanken zu Papier zu bringen. Doch dann waren, wie so oft, ihre Gedanken abgeschweifte. Sie dachte an Gilbert und ein Lächeln huschte über ihr Gesicht. Seit drei Monaten waren sie verheiratet und Anne genoss jede Minute mit ihm. Manchmal bedauerte sie es nur, dass Gilbert soviel arbeiten musste. Im Krankenhaus war immer eine Menge los und an manchen Tagen war eine Schicht von 12 Stunden keine Seltenheit. Sie seufzte und wand sich wieder dem Papier zu. Jede Minute, die er nicht bei ihr war, vermisste sie Gilbert. Doch sie wusste, wie sehr er seine Arbeit liebte und wenn es darum ging jemanden zu heilen oder ihm gar das Leben zu retten, war er mit ganzem Herzen bei der Sache. Dies war ja auch eine seiner Eigenschaften, die Anne so sehr an ihm liebte. In ihren Augen war er der beste Arzt, den es geben konnte. Flink huschte ihre Feder wieder über das Papier, sie wollte ihre Gedanken festhalten, bevor sie wieder entschwanden. Rusty lag auf einem weichen Kissen neben dem Kamin und schlief wohlig. Der Kater hatte sich indem kleinen Häuschen am Stadtrand von Halifax hervorragend eingelebt. Er hatte sein Revier abgesteckt und bereits in der Nachbarschaft einen Rivalen entdeckt. Einen großen rot getigerten, mit dem er regelmäßig heftige Kämpfe austrug. Doch jetzt war es selbst Rusty draußen zu kalt und er lag lieber drinnen neben dem Feuer und wärmte sein Fell. Anne hatte sich noch nicht so gut eingelebt, wie der große Kater. Natürlich war sie glücklich mit Gilbert, doch durch seine Arbeit war er oft fort. Daher fühlte Anne sich manchmal recht einsam in ihrem kleinen Häuschen. Ihre Nachbarinnen waren alle älter als Anne. Sie waren zwar nett, doch eine verwandte Seele war nicht unter ihnen. Noch dazu war Halifax anders, als Hopetown. Bisher war Anne es gewohnt gewesen, dass sie es nicht weit bis zum Wald oder den Wiesen hatte. Schon immer hatte sie gerne Streifzüge durch die Natur unternommen, wenn ihr der Sinn danach stand. Doch hier in Halifax war dies nicht so einfach. Obwohl sie am Stadtrand lebten, musste man dennoch ein Gutes Stück zu Fuß zurücklegen, bis man Wälder und Wiesen erreichte. Alles in allem bemühte Anne sich einzuleben und Gilbert gegenüber erwähnte sie ihre Einsamkeit nie. Sie wollte ihn glücklich machen und Anne wusste, er arbeitete gerne im Krankenhaus. Seufzend setzte sie sich neben Rusty und strich ihm über das Fell. Sofort fing der Kater zu schnurren an. „Ich werde mich schon noch einleben, nicht wahr Rusty?“ Rusty maunzte und schloss wieder die Augen. Es war schon spät, als Gilbert nach Hause kam. Anne sah von ihrem Buch auf und lächelte ihn an. „Hallo, Gil! Wie war dein Tag?“ Er küsste sie rasch und Anne merkte sofort, dass er ein wenig betrübt war. „Was ist?“ Fragte sie besorgt. „Es war ein schrecklicher Tag, Anne.“ Er setzte sich neben sie auf das Sofa und nahm ihre Hand. Anne sah ihn fragend an. „Ich konnte dem kleinen Mädchen einfach nicht helfen.“ Sprach er weiter. Anne wusste, von wem er sprach. Seit einigen Tagen bereits kämpfte man im Krankenhaus von Halifax um das Leben eines fünfjährigen Mädchens, das schwer an Scharlach erkrankt war. „Wir haben den Kampf heute verloren, Anne.“ Erklärte Gilbert mit tonloser Stimme. Sofort legte Anne den Arm um ihn. Oh wie schrecklich musste es sein, ein kleines Mädchen zu verlieren? Alles zu tun und doch nicht helfen zu können? „Gil, es tut mir leid. Willst du darüber reden?“ Versuchte sie ihm über diese schwierige Situation zu helfen. Stumm schüttelte Gilbert den Kopf. Er wollte nicht mehr darüber nachdenken, dass hatte er bereits den ganzen Tag getan. Jetzt war er bei Anne, seiner wundervollen Anne, und bei ihr wollte er Trost und Ablenkung finden: „Wie war dein Tag?“ fragte er deshalb. „Nun ja, heute Mittag habe ich mal wieder versucht zu schreiben. Aber irgendwie bleibt es immer nur bei dem Versuch, es kommt nichts gescheites dabei raus…“ Seufzte Anne mit einem schwachen Lächeln auf dem Gesicht. „Lies es mir doch mal vor“, sagte Gilbert und blickte in ihre Augen. Annes Herz begann zu pochen: „Oh, nein. Du wirst mich bestimmt nur auslachen.“ Wehrte sie ab. „Ich werde dich ganz bestimmt nicht auslachen. Bitte Anne, lies es mir vor.“ Für einen Moment schwieg sie. Sollte sie ihm wirklich eines ihrer Gedichte vorlesen? Was wenn es ihm nicht gefallen würde? Konnte sie mit seiner Kritik fertig werden? Bestimmt wurde sie mit seiner Kritik jedoch besser fertig, als mit jeder anderen. Von einem völlig Fremden zu hören, dass ihre Schreiberei schrecklich war, war bestimmt tausendmal schlimmer. „Also gut“, sagte sie schließlich. „Aber du darfst wirklich nicht lachen. Versprich es.“ „Ok, ich verspreche es.“ Um sein Versprechen zu besiegeln, küsste er sie. Anne stand auf und holte einige der Blätter, die auf ihrem Schreibtisch lagen. Dann setze sie sich wieder zu Gilbert. Der streckte sich auf dem Sofa aus und legte seinen Kopf in Annes Schoß. Er schloss die Augen und wartete darauf, dass Anne begann. Nervös zupfte sie an ihrer Haarsträhnen. Sie schluckte nochmals und begann dann zu lesen. Ihre helle, klare Stimme erfüllte den Raum. Es war ein Gedicht über den Winter und den Eindruck den er auf Anne machte. Als sie geendet hatte, herrschte Stille in dem kleinen Raum. Anne glaubte schon, Gilbert wäre eingeschlafen, als er plötzlich seine Augen öffnete und sie ansah. Seine haselnussbraunen Augen schimmerten im Schein des Kaminfeuers. „Anne, das war wunderschön. Ich finde du solltest unbedingt etwas von Deinen Arbeiten einschicken.“ „Wirklich?“ fragte Anne unsicher. Sie konnte nicht glauben, was sie da hörte. Ihr Gedicht hatte ihm gefallen. War das alles vielleicht nur ein Traum? „Natürlich“, jetzt strahlte er sie an und setzte sich auf. „Du hast Talent zum Schreiben, meine Anne.“ Er nahm ihr Gesicht zwischen seine Hände und jetzt lächelte auch Anne. „Danke, Gil.“ Flüsterte sie und küsste ihn. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)