TMNT 2003 von Pamuya_ (Meine Fortsetzung zur Serie) ================================================================================ Kapitel 36: Erlösende Tränen ---------------------------- „Einst sagte ein weiser Mann: Eine Sekunde Wut kann mehr zerstören, als du in einem Jahr Arbeit aufbauen kannst. Ich aber sage: Wenn du deinen Zorn einsperrst, so zerstört du mit der Zeit dich selbst. Mag auch nur für einem kurzen Moment die Wut bewusst etwas entweichen können, so ist dies für jeden das Beste.“ – Usagi Die ersten Sonnenstrahlen haben bereits das Land berührt und ein leichter Wind durchstreift die Felder, als Usagi die Schiebetür von seinem kleinen Haus öffnet und mit einem leichten Gähnen und Strecken den Tag begrüßt. Blinzend hebt er seinen Kopf dem Himmel entgegen und atmet die frische Luft ein. Doch als er seinen Blick wendet, entdeckt er nicht weit von ihm Alex, die ebenfalls in die Ferne sieht. Noch hat sie den Samurai nicht bemerkt, doch schon wird sie von dem Verblüfften angesprochen: „Ohayô gozaimasu Alexandra-san. Wie lange bist du schon hier?“ Alex dreht sich langsam zu dem Fragenden um und antwortet mit einer bedrückten Stimme: „Guten Morgen Usagi. Ich bin schon eine Weile hier. Ich konnte einfach nicht mehr schlafen.“ Mit diesem Worten wendet sie sich wieder von ihm ab und betrachtet wieder die Landschaft, welches sich direkt von dem Grundstück erstreckt. Dass Alex nicht wirklich gut auf der dünnen Schlafmatte schlafen konnte, will sie ihm nicht sagen. Das empfindet sie nicht nur als unhöflich, sondern auch als undankbar, weswegen sie das einfach für sich behält. Außerdem wurde sie in der Nacht zusätzlich von ihren Gedanken geplagt, die in ihrem Kopf scheinbar Achterbahn gefahren waren und auch jetzt ist es nicht viel anders. So vieles gibt es, was sie nicht versteht und dies hat sie nun stundenlang beschäftigt. Auch in diesem Moment ist für Alex so vieles unklar und besonders ihre Gefühle und ihre Ängste scheinen ein Netz aus Verwirrung gesponnen zu haben, die sie nur noch entwirren will. Doch es will ihr einfach nicht gelingen und das lässt sie wieder verzweifeln. Usagi spricht sie schließlich mit einem gewissen Abstand darauf an, dass Alex sich einfach Zeit lassen und nichts überstürzen soll. Schließlich sei sie hierhergekommen um ihren inneren Frieden zu finden. Die Mutantin seufzt und nickt. So folgt sie ihrem Gastgeber ins Haus, wo schon eine Mahlzeit auf sie wartet. In Laufe des Tages zeigt Usagi Alex seine Welt, von dem sie schon am Tag zuvor etwas gesehen hat. Das Haus und das zusätzliche Grundstück gehören dem Samuraihasen und sind zusammen ein Geschenk des Fürsten Noriyuki. Es liegt etwas abgeschieden von dem Dorf und bietet Usagi viele Möglichkeiten sich frei zu bewegen und für sich zu trainieren. „Wer ist dieser Noriyuki?“ fragt Alex während seiner Erzählung. Usagi grinst und deutet mit dem Finger auf weitentferntes Grundstück mit einer großen Residenz: „Er ist der Fürst dieses Landes und der Erbe eines großen Samurai-Clans. Er ist für sein Alter ein sehr junger Herrscher, aber er regiert gerecht und weise.“ „Ich verstehe. Das ist also sein Reich. … Dann gehörst du wohl auch zu seinem Clan?“ versucht die Mutantin dies Alles zu verstehen, doch der Angesprochene schüttelt bei der letzten Aussage den Kopf: „Nein, ich hatte es damals abgelehnt, da ich meinem verstorben Herrn, Fürst Mifune, immer noch treu ergeben bin. Das gilt bis zu meinem Tod. Dennoch bin ich mit Fürst Noriyuki befreundet und ein Vertrauter. Braucht er Hilfe, so zögere ich nicht ihm zu unterstützen. So wie es auch bei dir und unseren Freunden ist.“ Nach seinen letzten Worten wendet Alex beschämt ihren Kopf zur Seite. Es ist, als wenn ihr jemand die Kehle zuschnüren würde, als sie an die Turtles denkt. Der Samurai sieht sie eine Weile schweigend an. Er wartet anscheinend darauf, dass sein Schützling etwas sagt. Doch als nach einer Weile nichts aus dem Mund der Mutantin kommt, bittet er sie ihm zu erzählen, warum sie die vier so abweist: „Haben sie dich auf irgendeiner Art und Weise verletzt? Oder was bedrückt dich so sehr, dass du nicht mit ihnen gehen wolltest? Das kann nicht nur allein an diese Iris liegen, so sehr du die Berührungen unserer Freunde gemieden hast.“ „Nein, das haben sie nicht und ich kann es dir auch nicht sagen. So sehr ich auch darüber nachgegrübelt habe, ich kann es mir selbst nicht erklären. Ich weiß ja, dass sie meine Freunde sind und ich weiß auch, dass sie alles versucht haben um mir zu helfen und dennoch konnte ich ihre Berührungen irgendwie nicht ertragen. Irgendetwas in mir sagte, dass ich es nicht zulassen darf.“ Usagi hört Alex aufmerksam zu. Er versucht zu verstehen, was sie damit sagen will und er spürt, wie sehr sie sich mit diesen Gedanken quält. Für ihn ist klar, dass ihre Probleme nicht mit Logik bewältigt werden können. Doch er sieht auch, dass Xantor nur der Auslöser für ihre jetzige Situation war. Diese innere Sperre, unter dem sie nun leidet, hatte sie sich all die Jahre selbst aufgebaut. Sie diente für jeden unsichtbar als Schutz. Doch durch das Alex innere Welt in sich zusammengebrochen ist, steht diese zerbröckelte Mauer im Weg und um diese zu überwinden, wird nicht einfach werden. Feststeht, dass Alex kämpfen und an sich arbeiten muss, wenn sie alles hinter sich lassen und sich wieder frei fühlen möchte. Davon ist der Samurai überzeugt. Somit will er versuchen seinen Gast einen Weg zu zeigen, mit dem Alex etwas anfangen kann. Doch zu allererst muss sie seiner Meinung nach, die angestaute Wut loswerden, die er bereits schon eine Weile in ihrer Gegenwart gespürt hat. Für Usagi scheint Alex eine aggressive Aura auszustrahlen, die sich aber selbst irgendwie unter Kontrolle hält. Dabei ist es für ihn schwer feststellbar, wem dieser Zorn gilt. Eines weiß er jedoch: Es ist für ihn eine eigenartige Energie, die scheinbar unter Druck steht. Wie beim geschlossenen Kessel, bei der der Dampf kaum mehr entweichen kann und bei der es nur eine Frage der Zeit ist, bis es zu einem Knall kommt. Äußerlich betrachtet, macht die Mutantin auf Außenstehende kaum den Anschein dafür. Zu sehr hält sie sich selbst unter Kontrolle. Würde man nicht so wie der Samurai darauf trainiert sein, so würde man dies erst recht spät wahrnehmen. Doch Usagi entgeht dies nicht und er weiß, dass jeglicher anderer Schritt überflüssig ist, wenn nicht zu allererst dieses Problem aus der Welt geschaffen ist. Um Alex dies zu zeigen, überlegt er sich eine Übung, bei der sie ihren gesamten angestauten Zorn aus sich herauskatapultieren soll. Dafür wandert er mit ihr am späten Nachmittag einen Pfad entlang, bis sie an einem See kommen. Kaum, dass sie dort eingetroffen sind, schlendert er sogleich zum Ufer und betrachtet die Umgebung. Alex gesellt sich leicht zögernd zu ihm und kaum, dass sie neben ihm steht, nimmt der Samuraihase einen flachen Stein in die Hand und lässt diesen mit einer schwungvollen Armbewegung auf dem Wasser springen. „Es ist schön hier Usagi, aber ich frage mich, was wir hier machen.“ bricht die Mutantin das Schweigen. Der Angesprochene antwortet jedoch nicht. Stattdessen greift er nach zwei weiteren Steinen, wobei er einen Alex in die Hand drückt. Den anderen lässt er wie den ersten zuvor auf der Wasseroberfläche seine ringförmigen Spuren hinterlassen. Geduldig wartet sie noch einen Moment ab, um eine Antwort zu bekommen, doch es kommt danach nichts. Erst nach ein paar gefühlten Minuten öffnet der Samurai seinen Mund. Jedoch geht er nicht auf Alex Frage ein, sondern spricht in Rätseln: „Das Leben, Alexandra-san, ist wie das Wasser. Mal ist es ruhig, und ein anderes Mal ist es wild. Jede Entscheidung, die wir treffen, ist wie ein Blatt, welches Spuren hinterlässt und unser Leben beeinflusst. Doch sie lassen sich treiben und verschwinden manchmal wieder. Siehst du?“ Bei seiner Frage deutet er auf ein kleines, grünes Blatt, welches im sanften Wind bis zur Wasseroberfläche segelt. Kaum, dass es diese berührt, bilden sich schon kleine Ringe, die sich bereits in wenige Sekunden ausbreiten und das Wasser leicht in Bewegung setzen. Skeptisch und fragend sieht die Mutantin ihren Begleiter an. Sie fragt sich, wie er nun auf diesen Vergleich kommt und warum er nicht auf ihre Frage eingeht. Als sie ihn darauf anspricht, zeigt er auf einen weiteren flachen Stein, welches sich in seiner Hand befindet und meint: „Doch manche Erlebnisse, Entscheidungen oder Gefühle sind wie schwere Steine, die deutlichere Spuren hinterlassen. Sie können nicht so einfach von Wind der Zeit weggetragen werden, wie es bei einem Blatt der Fall ist. Sie sinken ein und lassen sich nicht einfach so ignorieren, oder vertreiben. Somit haben sie auch noch später starke Auswirkungen auf das Leben.“ „Was meinst du damit Usagi? Ich verstehe das nicht?“ unterbricht Alex ihn, aber er deutet mit seiner Hand auf ihren Stein, welchen sie immer noch fest im Griff hat, und fügt hinzu: „Schlimmer jedoch ist es, wenn versucht wird diese unangenehmen Tatsachen zu vergessen. Schließlich sind sie noch weiterhin da, auch wenn sie durch die eigene Hand versteckt werden.“ Nur ein fragendes „Was?“ kommt aus ihrem Mund und Alex spürt förmlich, dass sie langsam ungeduldig wird. Sie will sich nicht länger ignorieren lassen, weswegen sie sich nun direkt vor Usagi hinstellt und ihm erneut ihre Frage stellt: „Jetzt hör endlich auf in Rätseln zu sprechen und beantworte mir endlich meine Fragen: Was tun wir hier und was soll das alles?“ Wenig von Alex Reaktion überrascht, bleibt er standhaft und stellt eine Gegenfrage, die seine Begleitung ein weiteres Mal verwirrt: „Siehst du nicht selbst? Oder anders gesagt: Spürst du diesen Groll nicht, der tief in dir schlummert und immer wieder zaghaft zum Vorschein kommt? Du magst es vielleicht bis jetzt immer geschafft haben, dies zu unterdrücken, doch ich sehe es deutlich vor mir.“ „Ich bin nicht zornig. Warum sollte ich und wie kommst du darauf?“ meint die Mutantin. Sie findet das schon langsam lächerlich, doch Usagi beharrt weiterhin darauf: „Weil du dies nicht nur ausstrahlst, du bekämpfst es krampfhaft und wenn du es nicht bald loslässt, wirst du irgendwann daran zu Grunde gehen. Sag mir, wem gilt dein Zorn?“ Ein weiteres Mal beteuert Alex, dass sie auf niemanden zornig ist. Sie versteht nicht, wie er darauf kommt. Doch Usagi sieht dies nicht so. Anstatt aber nur mit Worten weiter darauf einzugehen, fordert er die Mutantin nun auf, den Stein auf dem Wasser hüpfen zu lassen. Ohne jegliches Verständnis, was das für einen Sinn haben soll, versucht sie es. Es will ihr aber nicht so gelingen wie dem Samurai. Egal wie sehr sie es versucht, der Stein sinkt sofort ab. Auch wenn es Alex nicht wahrhaben will, so steigt ihre Ungeduld, die sie schon beim Gespräch gespürt hat, weiter an. Mit einem festeren Griff wagt sie es erneut, scheitert jedoch wieder und diesmal kann sie sich nicht mehr unter Kontrolle halten. Wütend stampft sie auf und schimpft: „Das hat doch alles keinen Sinn!“ Usagi jedoch bleibt ganz ruhig und reicht ihr einen weiteren flachen Stein. Diesmal jedoch stellt er sich hinter sie, berührt sie an der rechten Hand und linken Schulter und führt sie. Alex ist zunächst zu perplex. Es geht für sie auch viel zu schnell, weswegen sie einfach nur mitmacht, anstatt zurückzuweichen. Als sie dann aber sieht, wie sie es gemeinsam mit dem Samuraihasen drei Sprünge auf der Wasseroberfläche schafft, sieht sie diesen nur verwirrt an. „Es hat einen Sinn Alexandra-san. Deine Wut blockiert dich. Du hast gesehen, dass du es mit mir gemeinsam kannst. Wollen wir nun sehen, ob du bereit bist, es allein zu meistern. Versuch es noch einmal, doch diesmal gehe in dich und sage mir, wem dein Zorn gilt.“ Ein weiteres Mal reicht Usagi ihr einen flachen Stein und tritt ein paar Schritte zurück. Alex wiederum nickt nur. Zwar begreift sie immer noch nicht so ganz, was das Alles soll, aber sie versucht es. So atmet sie tief durch und sieht auf das Wasser. Wie bei einer Vision glaubt sie ein Gesicht darin zu erkennen und dieses Gesicht zeigt Iris. Die Mutantin geht in Stellung, holt aus und sagt dabei mit fester Stimme: „Ich bin wütend auf Iris. Sie war einst meine Freundin. Ich habe ihr vertraut, doch sie hat mich im Stich gelassen, mich bedroht und mich verletzt. Das verzeihe ich ihr nie!“ Mit den letzten Worten schleudert sie den Stein von sich und wie zuvor springt dieser ein paar Mal auf der Wasseroberfläche auf, bis er schließlich in die Tiefe versinkt. Unglaubwürdig sieht Alex diesem noch eine Weile nach und bemerkt schließlich, wie Usagi sich ihr etwas nähert. Als sie ihr Gesicht zu ihm wendet, nickt dieser ihr freundlich zu und meint: „Gut gemacht. Der erste Schritt ist getan, doch ich spüre, dass noch mehr in dir verborgen ist. Lass es ans Tagelicht kommen und du wirst sehen, du wirst dich etwas besser fühlen.“ Ohne auf eine Antwort zu warten, überreicht er ihr den nächsten Stein, welchen Alex ein weiteres Mal auf der Wasseroberfläche springen lässt und dies geschieht so lange, bis die Mutantin ihre letzten Worte gesprochen hat: „Ich bin wütend auf Dr. Carter. Wegen solchen geld- und machtgierigen Menschen habe ich alles verloren, woran ich solange gearbeitet habe: Mein Labor, mein Zuhause, meine Arbeit, alles ist weg und das nur wegen diesem Schweinehund! … Ich bin wütend auf meine Eltern: Auf meinem Vater, der nie eine Tochter haben wollte! Auf meine Mutter, die mich nur für ihre Zwecke benutze! Nie habe ich die Liebe erhalten, nach dem ich mich so sehnte! Nie war ich gut genug für sie und selbst seit meinem Verschwinden zeigen sie nur Missachtung und Hass! … Ich bin wütend auf all jene die mir mein ganzes Leben Steine in den Weg gelegt haben, mich gedemütigt und verprügelt haben! … Und ich bin wütend auf mich, weil ich einfach schwach bin.“ Alex letzten Worte klangen gebrochen und es dauerte nicht lang, bis sie schon in Tränen ausbricht. Mit dem letzten Stein, den sie von sich geworfen hat, hat sie sich nun endgültig geöffnet und dies gilt viel mehr für sie selbst als für den Samuraihasen. Wie bei einem Wasserfall rinnen der Mutantin die Tränen über die Wangen. Jahrelang hat sie dem standhalten und diese zurückhalten können. Doch ihr wird nun bewusst, dass sie erst, seitdem sie ihre Freunde kennt, etwas mit ihr passierte. Bereits bei den Brüdern zeigte sie die ersten Tränen, aber nun, wo dieser verzweifelte Schmerz noch einmal ganz bewusst aufgegriffen und ausgesprochen wurde, kann sie wieder weinen. Ohne auf irgendjemand achten zu müssen, lässt Alex einfach los und lässt es einfach geschehen. Sie braucht es, sie braucht diese Tränen, die ihr nach und nach immer mehr wie eine Erlösung vorkommen. Wie ein starker Regen schwämmt dieser ihren Frust und ihren Zorn von ihrer Seele. Es tut einfach gut. Auch wenn ihr bewusst ist, dass sich so die Vergangenheit nicht ändern lässt, so ist doch der Schmerz etwas milder. Etwas im Abseits stehend wartet Usagi auf dem richtigen Moment. Erst als sein Schützling beginnt, sich wieder zu fangen, legt er vorsichtig eine Hand auf ihre rechte Schulter. Alex zuckt dennoch zusammen und schüttelt den Kopf. Mit ihrem Blick signalisiert sie ihm, dass sie auch jetzt noch keine Berührungen ertragen kann. Dies gilt, egal von wem sie kommt und obwohl sie es bereits einmal zugelassen hat. „Ich verstehe und es ist gut so. Wenn du Zeit brauchst, werde ich sie dir geben. Die erste große Hürde haben wir nun bewältigt und die Nächste wird auch bald geschafft sein. Doch zunächst lassen wird das fürs Erste auf sich beruhen. Am besten gehen wir zurück. Für heute ist es genug.“ meint Usagi lächelnd und deutet ihr mit einer leichten Handbewegung in die Richtung, aus der sie beide vor ein paar Stunden gekommen waren. Alex wischt sich die letzte Träne aus dem Gesicht und folgt schließlich dem Samurai hinterher. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)