Du warst das Lied, welches im Hintergrund spielte von Elenya (One-Shot-Sammlung) ================================================================================ Zwischenspiel [Alt] ------------------- Seine Herrin lebte und war glücklich. Mr. Mew war zufrieden. Er hatte einmal das seltene Glück erlebt, sich für kurze Zeit bewegen zu können. Eingeschränkt und nur in Kämpfen gegen scheußliche Monster in einer Art skurriler Zwischenwelt und nur auf das Kommando seiner Herrin hin. Mit dem einzigen Ziel und Zweck ihr zu helfen. Aber nichtsdestoweniger war er lebendig gewesen. Welches närrische Plüschtier wagte auch nur von so einer Chance zu träumen? Es war nicht richtig zu sagen, dass er nicht gern seine Lebendigkeit genutzt hätte, um außerhalb von Kämpfen Zeit mit ihr zu verbringen. Er mochte ihr Lachen, er hätte sie gern zum Lachen gebracht. Diesen seltsamen rothaarigen Jungen, den sie als Partner auf ihrem Weg zurück ins Leben auserwählt hatte ebenfalls. Er hätte sie gern glücklicher gemacht, in dieser trostlosen Zeit. Aber das waren gefährliche Gedanken gewesen. Mr. Mew wusste genau, was er war. Er wollte auch nie mehr sein. Er erinnerte sich noch genau, wie seine Herrin ihn erschaffen hatte. Es war ein regnerischer Freitag. Sie hat allerdings mehr gestrahlt, als die Sonne es hätte können. So stolz war sie auf ihn gewesen, auch wenn seine Nähte ziemlich schief waren und sie ihn im Laufe der Jahre oft nachbessern musste. Das machte ihm gar nichts. Es freute ihn immer, wenn sie sich dafür Zeit nahm und sich bemühte, ihn so ordentlich wie möglich aussehen zu lassen. Er erinnerte sich auch an den Tag, an dem sie ihre beste Freundin kennenlernte. Wie diese ihn prüfend angeschaut und das Mädchen gefragt hatte, ob er selbstgemacht war. Die Angesprochene hatte nur schüchtern genickt und ihre spätere beste Freundin fing an zu schnattern, dass sie auch gern nähen könnte und so viele Ideen hätte, aber nichts klappte und sie sich doch zusammentun könnten und sicherlich gute Freunde werden würden. Seine Herrin hatte ihn ganz aufgeregt zu fest gedrückt, sodass ihm die Luft weggeblieben wäre, wenn er geatmet hätte. Von da an hat sie sich immer wieder mit der anderen getroffen und nahm ihn wie selbstverstädnlich immer mit. Mr. Mew konnte sich an viele lustige Abende mit ihr und anderen Plüschtieren erinnern, an Abenteuer im Freien, an gemütliche Nächte bei der Nähmaschine und traurige, an denen sie bitterlich weinte und er ihr Trost spendete. So hoffte er zumindest. Was ziemlich verwegen von ihm war. Er erinnerte sich ebenfalls an den Tag, an dem seine Herrin starb. Sie hatte sich mit ihrer besten Freundin gestritten und war mit ihm aus dem Haus gerannt, ohne das Gespräch zu beenden. Ohne ihr zuzuhören. Ohne auf ihre Umgebung zu achten. Mr. Mew konnte das Auto kommen sehen. Er wusste, Menschen waren so empfindliche und zerbrechliche Wesen. Soweit er das verstand, konnte man sie nur schwer flicken. Also hatte er sie warnen wollen. Wenn er dazu fähig gewesen wär, hätte er sie aufgehalten. So ein unvernünftiger Gedanke. Schließlich war er nur ein Plüschtier und nichts auf der Welt würde das ändern. Leider war er nicht einmal imstande gewesen, den Aufprall zu lindern. Es ging auch alles zu schnell. Ein Hupen, das Quietschen der Bremsen, ihr Schrei, der Aufprall, ein Reißen und das Brechem ihrer Knochen, ein zweiter dumpfer Aufprall auf dem kalten Boden. Ein weiterer Schrei von ihrer besten Freundin, die ihr aus dem Haus nachgerannt war. Dann war alles vorbei. Mr. Mew konnte keine Bewegung mehr von seiner Herrin ausmachen, nur ihr warmes Blut, was sich langsam in seinen Stoff sog. Dass er auch gerissen war, störte ihn nicht. Wenn er doch nur hätte helfen können. Das war riskant von ihm. Ein Plüschtier begehrte nichts und besaß weder Wünsche noch Anforderungen. Alles was ein Plüschtier ausmachte, war zu sein. Es war falsch von ihm, mehr oder anders sein zu wollen. Er wusste, dass ihm das nur Kummer bescheren würde. Aber Mr. Mew war sich sicher, wenn ihm in seinem Dasein soetwas Menschliches wie Wünschen zustünde; wenn er das durfte - falls das wirklich in Ordnung sein sollte - dann würde er seinen einzigen Wunsch dafür nutzen, dass sie noch lebte. Nie mehr würde er auch nur wagen daran zu denken, etwas zu ersehnen. Er würde sogar seine eigene Existenz dafür eintauschen. Es wäre ihm garantiert nicht gestattet sich etwas ohne Gegenleistung zu wünschen. Doch sein Selbst war alles, war er bieten konnte. Er war kein Mensch; er atmete nicht einmal. Was für unbekömmliche Gedanken für ein Plüschtier das waren. Als nächstes erinnerte er sich daran, wie er mit seiner Herrin in einem kaltweißen Raum war, in dem ein großer Mann mit langen schwarzen Haaren etwas von einer zweiten Chance und einem Pfand erklärt hatte. Sie akzeptierte die Bedingungen zu einer Art Test und im nächsten Moment sah sie wie ihre beste Freundin aus. Mr. Mew fühlte sich selbst ebenfalls anders. Außerdem wusste er sofort genau, was er zu tun hatte, als sie in einen Kampf verwickelt wurden. Da er nun aktiv etwas beitragen konnte, würde er alles geben, damit sie wieder leben könnte. War es also wirklich so töricht von ihm gewesen, Wünsche und Hoffnungen zu besitzen? Als seine Herrin wieder am Leben war, erlaubte sich Mr. Mew ein letztes Mal menschlich, nämlich verwirrt zu sein, da seine Existenz nicht verwirkt war. Vielleicht hatte man ihm auch ein eine zweite Chance, ein Leben geschenkt. Er war wieder vollkommen bewegungsunfähig und seine Herrin quicklebendig in ihrem eigenen Körper. Sie waren beide wieder sie selbst. Er war dankbar dafür. Außerdem freute er sich, weiterhin Zeit mit ihr verbringen zu können. Sie nahm ihn sogar wieder öfter mit aus dem Haus. Er durfte dabei sein, als sie ihre neuen Freunde das erste Mal wieder traf und jedes Mal danach. Sie waren auch alle freundlich zu ihm und er gewann sie lieb. Keiner lachte über ihn, wie es einige ihrer früheren Freunde getan hatten. Der große Blonde war erstaunlicherweise immer ganz vorsichtig mit ihm, als könnte er so leicht kaputt gehen wie die Menschen. Das kleine blonde Mädchen war zärtlich und lieb wie seine Herrin und umarmte ihn oft und nicht so ungestüm wie deren beste Freundin. Selbst der rothaarige Junge, mit dem sie zusammen gekämpft hatten, ging immer respektvoll mit ihm um. Manchmal nannte er ihn "Piggy". Das machte ihm allerdings nichts aus. Neben seiner Herrin, war er der einzige, der darauf bedacht war, ihn möglichst wie ein lebendiges Geschöpf zu behandeln. Mr. Mew war auch dafür dankbar und rechnete ihm das hoch an. Nun erwartete ein Plüschtier normalerweise keine Veränderungen, es gab für sie nur ein Heute. Aber Mr. Mew wusste, dass Menschen sehr unstete Wesen waren und da er selbst Veränderungen durchlaufen hatte, war er auf mehr gefasst. Es wunderte ihn also nicht, dass seine Herrin nach einer Weile genauso gern mit dem rothaarigen Jungen kuschelte wie mit ihm. Vielleicht sogar noch lieber. Zeit verging und es wandelten sich noch so einige andere Dinge. Seine Herrin und ihre Freunde wurden erwachsen und sie musste immer wieder Macken an ihm ausbessern. Doch eine Sache blieb immer gleich. Er durfte an ihrer Seite bleiben; ihr beim Nähen zusehen oder das Bett von ihr und ihrem rothaarigen Partner hüten, den er irgendwann als neuen Meister neben ihr akzeptiert hatte. Manchmal streichelte er ihm sanft über den Kopf oder richtete ihn am Morgen auf dem Bett, wenn sie es vergessen hatte. Das alles freute Mr. Mew und irgendwann wurde er das Gefühl nicht mehr los, dass das immer so bleiben würde. Seine Herrin lebte ihr Leben und liebte ihn nach all der Zeit immer noch, wie er war, zerschlissen und zerliebt. Als ganz normales Plüschtier. Er würde sich nie etwas anderes wünschen. Mr. Mew war glücklich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)