Eine Hand wäscht die andere... von Gaomee ================================================================================ Kapitel 14: Betrug & Almosen ---------------------------- Die Fotos lagen auf dem Beifahrersitz, starrten ihn geradezu an. Neji wusste noch, dass sie ihn einmal nach der Liebhaberklausel gefragt hatte. Daher war er nicht überrascht; es störte ihn auch nicht. Das einzige was ihn wirklich ärgerte war, dass sein Onkel ihre Privatsphäre derartig verletzt hatte. Dafür gab es wirklich keine Entschuldigung. Keine Familienehre war es wert jemanden so zu behandeln. Ganz davon zu schweigen, dass Tenten von ehelichen Rechtswegen alle Erlaubnis hatte sich einen Liebhaber zu nehmen. Es war sogar vertraglich festgelegt! Aber selbst wenn er seinem Onkel davon erzählte, würde dieser keine Ruhe geben. Auch wenn sein Onkel die Heirat nicht annulieren lassen könnte, würde er trotzdem einen Weg finden seiner Tenten das Leben schwer zu machen. Nejis Gedanken umkreisten noch stets dasselbe Dilemma als er in seiner Auffahrt parkte. Er musste sich etwas einfallen lassen, um Tenten vor dem Einfluss seines Onkels zu schützen. Entschlossen steckte er die Fotos ein, sodass Tenten sie nicht zu Gesicht bekommen würde. Obwohl prinzipiell sehr ästhetisch, wären die weichen, schattierten Kurven ihres Körpers ein schrecklicher Anblick für sie. Zu Hause lag Tenten noch immer schlafend auf der Couch, wo er sie zurückgelassen hatte. Ihr ruhiger Atem ging stetig und friedvoll. Ihre Kleidung verbarg ihre dunkle Haut, den winzigen Bauchnabel, die muskulösen Beine. Angesehen des Zustands ihrer Hand würde sie wohl heute nicht zur Arbeit gehen; daher hinterließ er eine Nachricht im Büro. Er dachte noch nicht einmal darüber nach, was sein Anruf so früh morgens für die Klatschmühle bedeuten würde. Ermattet ließ er sich neben ihrem Kopf auf dem Sofa nieder. Das letzte was er spürte bevor die Müdigkeit ihn übermannte war ihre Wange an seinem Bein. *** Als Tenten aufwachte, lag ihr Kopf auf dem Oberschenkel des schlafenden Neji. Sie hatte ein vages Gefühl, dass er viel zu früh heute Morgen eine Mitteilung auf dem Anrufbeantworter der Stationssekretärin hinterlassen hatte, was sehr viel Sinn machte. Obwohl einen Haufen Papierarbeit mit links abzuarbeiten schwierig genug sein würde, um sie von ihrer derzeitigen Misere abzulenken. Still beschloss sie, dass sie heute doch ins Büro gehen würde. Seine sonst so kalte, abweisende Aura ignorierend, schmiegte sie sich an den rauen Stoff seiner Jeans. Wenn er schlief, gab es diese Aura eigentlich gar nicht, stellte sie fest und bettete den Kopf näher an seinen Torso, der selbst durch den Stoff des Hemdes Wärme absonderte. Aber dann hörte sie den Wecker oben im Schlafzimmer klingeln. Bald müsste sie auf der Arbeit sein. Sie seufzte. Der Rest des Morgens verlief wesentlich stressiger als ihr friedvolles Aufwachen. Da sie schlecht mit einer Hand fahren konnte, hatte Neji beschlossen sie mit ins Büro zu nehmen. So saßen sie nebeneinander im Wagen auf dem Weg zur Arbeit. Nejis Haar war noch nass vom Duschen, denn er hatte heute morgen Tenten viel zur Hand gehen müssen. Im Eiltempo hatten sie sich fertig gemacht. Er wirkte sehr müde, dabei hatte der Tag gerade erst angefangen. „Es muss keine Uni sein”, versicherte sie noch einmal. “Meinetwegen bleib ich den Rest meines Lebens Straßenpolizist. Das ist schon mehr als-...“ „Egal was, egal wo“, gab Neji schließlich von sich und es klang so endgültig, dass Tenten gar nicht wusste, was wie erwidern sollte. Sie musste aber auch gar nichts erwidern, denn im nächsten Augenblick parkte Neji bereits und stieg aus. Tenten tat es ihm gleich und ging dann still an seiner Seite zum Polizeigebäude. Ihr war klar, dass er das Thema nicht weiter besprechen wollte. Aber der Weg zur Station verlief nicht ohne Zwischenfälle: „Schön, dass ihr’s jetzt öffentlich macht.“ Die Stimme klang beleidigt und zischend. Sie war so verzerrt, dass Tenten sie erst wieder erkannte als sie den Kopf wandte und sah wem sie gehörte. „Kakashi?“, fragte sie ungläubig. Es war das erste Mal, dass jemand sah wie sie zusammen ankamen. Normalerweise waren sie immer extra früh aufgestanden und spät wieder gegangen, damit es niemandem auffiel. Nur heute Morgen war ihnen das natürlich nicht gelungen. Ihr war bewusst, dass Kakashi fortwährend versucht hatte sie zu erreichen. So heiß sie auch in der Regel auf ihn war, hatte Tenten ihn in der letzten Zeit einfach nicht vermisst. Nicht einen Gedanken hatte sie an ihn verschwendet. „Das habt ihr schön eingefädelt. Habt ihm erzählt, dass er selbst die Nacktfotos geschossen hat, was?“ Er trat unruhig von einem Bein auf das andere, aber es wirkte nicht nervös. Es wirkte eher als wolle er Neji gleich eine herunterhauen. Kakashi war ein hochgewachsener Mann, aber von der Statur her schlanker als Neji. „Warum hast du ihn nicht aufgehalten, Tenten?“, fragte er seine ehemalige Geliebte anklagend. Kakashi wandte sich mit eindringlichen Augen an sie, lehnte sich zu ihr, seine Stimme wurde sanfter, doch sie wusste leider nicht, wovon er sprach. „Mit dem Geld hättest du bei mir bleiben können. Für immer, dich scheiden lassen. Du musst nicht bei ihm bleiben!“ Tenten wusste nicht, weshalb Kakashi offensichtlich von ihr und Neji wusste, doch ihre Hand fuhr automatisch zu dem Ring, den sie in ihrem Ausschnitt spüren konnte und seine Worte berührten einen verborgenen Teil ihres Herzens. „Wovon sprichst du?“, fragte sie verwirrt und beinah ängstlich zugleich. „Ich habe es nicht gemacht, um dir zu schaden. Das musst du mir glauben, aber dieses Monstrum ist nicht der Richtige für dich. Ich bin der Richtige für dich.“ Er nickte mit dem Kopf als könne er sie so dazu bewegen dasselbe zu tun und ihm zuzustimmen. Als Tentens Blick nur weiter verwirrt blieb, wandte sich ihr Liebhaber an Neji. „Sie will mich. Sie schläft fast jeden Tag mit mir. Die letzten paar Monate. Sogar zwei Mal hintereinander. Du kannst mir nicht das Wasser reichen! Letztes Jahr schon hatte sie die Schnauze voll von dir. Da ist sie zu mir gekommen!“ Kakashi plusterte sich auf, ließ sich nicht davon stören, dass Neji es ihm nicht nachtat und trat immer näher an seinen Rivalen heran. Eine Prügelei. Das war ja was ganz Neues. Zwischen zwei Kerlen und einer Frau. „Phantastisch“, seufzte Tenten sarkastisch und stellte sich vor ihren Mann. Es war nicht mehr als eine Geste, denn die beiden großen Männer hätten sich auch leicht über Tentens Kopf hinweg prügeln können. „Jetzt erklär mir ‘mal einer, was hier eigentlich los ist“, verlangte sie mehr erbost als durcheinander. Es war kurz still, doch auf Nejis ehrliche Ader war Verlass: „Dein Liebhaber hat Nacktfotos von dir an meinen Onkel weitergegeben“, erklärte er, umschritt sie und Kakashi, und ließ die beiden das unter sich ausmachen. Weshalb er es gesagt hatte, konnte Neji sich selbst nicht erklären. Er hatte es ihr eigentlich nicht sagen wollen. Tenten wandte sich in Rage an Kakashi. „Du hast was getan?“ Sie wollte es aus seinem eigenen Munde hören. Doch er war nicht gewillt ihre Frage zu beantworten. Stattdessen leckte er sich über die Lippen. Mittlerweile wirkte er doch nervös. Er war so selbstabsorbiert, dass der Verband ihm gar nicht auffiel. Als sie so darüber nachdachte, rasten Tentens Gedanken. ‘Ach so’, dachte sie. ‘Das Klicken, immer dieses Herumsuchen in der Schublade …’ Ihr ging ein Licht auf. Mehrere Empfindungen rangen um die Vorherrschaft in ihr, doch schließlich siegte der Ekel. Einer ihrer Hauptgedanken war: Hiaschi hatte ihren nackten Körper betrachtet. Das war für sie das Schlimmste und jetzt machten auch alle Bemerkungen Kakashis von vorher Sinn. Obwohl ‘Sinn’ vielleicht etwas zu viel gesagt war. Wie konnte er sich einbilden, dass sie mit dem Kerl zusammensein wollte, der Nacktfotos von ihr verkauft hatte? „Auch, wenn ich das erwartete Geld doch nicht gekriegt habe...”, begann er dreisterweise. Seine Nervosität war einer eigentümlichen Nüchternheit gewichen. “...bin ich bereit dir eine zweite Chance zu geben. Du könntest zu mir ziehen und-“ Tenten war so angewidert, dass sie gar nicht wusste, was sie lieber tun würde. Ihm ins Gesicht spucken oder ihm die Visage polieren. Sie konnte nicht fassen, dass er es war, der ihr gerade eine zweite Chance anbot. Da sie beinah Polizistin im Dienst war und direkt auf dem Parkplatz einer Polizeistation stand, entschied sie sich für einen groben Stoß vor die Brust und ein tief geherrschtes „Pack mich nie wieder an”. Das erschien ihr jedoch nicht hart genug. “Sprich nie mehr mit mir“ folgte daher. Ihr Blick war vernichtend. Dann konnte Kakashi nur noch ihren Rücken sehen. Tenten rannte das kurze Stück zur Station, wo ihr Gatte bereits auf sie wartete. „Danke“, keuchte sie, auch wenn sie fast sicher war, dass er sich keinen Reim darauf machen konnte, weshalb sie sich bei ihm bedankte. Schweigend traten sie durch die Tür. *** Den ganzen Tag über konnte Tenten an nichts anderes denken als dass ihr Antagonist sie nackt gesehen hatte. Es war ein verrückter Tag. Zum Glück war es auf der Station ruhig, doch das beruhigte Tentens aufgewühltes Innerste nicht im geringsten. Ganz im Gegenteil. Weil so wenig zu tun war lagen viele neugierige Blicke auf ihr und ihrem Verband. Das änderte sich erst nachdem sie Naruto gebeten hatte allen klar zu machen, dass heute kein Tag war an dem sie es dulden würde, wenn sich wieder alle um ihren Tisch gruppieren würden. So ließ man sie in der Mittagspause glücklicherweise in Ruhe. Nur Naruto brachte ihr fürsorglich einen Eistee. “Du brauchst mir gar nichts zu erzählen”, schnitt er ihren aufkeimenden Protest ab. “Aber wenn irgendwas ist, du weißt wo du mich findest.” Er drückte ihr noch kurz die Schulter. Tenten raffte sich im Gegenzug dazu auf ihm ein Lächeln zu schenken. Trotz der Wärme, die ihr Freund ihr entgegenbrachte, fühlte sie sich übel verletzt. Wenn sie ihre Kleidung für jemanden auszog, dann nur für diese Person, und nur weil sie es wollte. Der heftiger Wunsch Hiaschi einen Kinnhaken zu geben keimte in ihr auf. Erst als Neji sie am Ende des Tages nach Hause fuhr wunderte es Tenten, dass es sie nicht störte, dass Neji sie womöglich ebenfalls nackt gesehen hatte. Der Gedanke beschäftigte sie noch eine ganze Weile an dem Abend. Sie warf ihm einen subtilen Seitenblick im Auto zu. Doch er sah aus wie immer, darauf konzentriert die richtige Abfahrt zu ihrem Viertel zu nehmen. Sie hatte ihn gebeten heute zu ihr zu fahren. So gern sie bei ihm blieb, wollte sie ein bisschen in ihrer eigenen Wohnung sein. Kakashi hatte nicht versucht sie auf der Arbeit zu belästigen und wartete auch nicht vor ihrer Haustür auf sie, doch das hielt ihn nicht davon ab sie den ganzen Abend lang mit Telefonanrufen zu belästigen. Immer hinterließ er irgendwelche seltsamen Nachrichten auf ihrem Anrufbeantworter, in denen er über Dinge wie Leidenschaft und unbändiges Verlangen sprach. Offenbar sollten er und Tenten, seiner Meinung nach, diese für einander empfinden. Allerdings musste Tenten sich nicht allein über diese Anrufe lustig machen. Neji blieb an diesem Abend bei ihr. Als er vor ihrem Apartmenthaus gehalten hatte, war sie erst nicht ausgestiegen. Es war das erste Mal, dass sie wieder in ihren eigenen vier Wänden wohnen würde. „Soll ich … mit hoch …?“, hatte er sich mit tiefer Stimme erkundigt. Kurzerhand hatte sie genickt. Es war ganz einfach gewesen. *** Sie waren auf der Futon, dem Couchersatz, eingeschlafen. Tenten legte bereits neue Kleidung von ehemaligen Freunden für ihn heraus und machte Eistee als sie endlich dazu kam ihre Post zu öffnen. Ein bisschen wunderte sie der Brief, dessen Absender die Uni zu sein schien, die sie letztes Jahr abgelehnt hatte. Hoffnung war nicht etwas, das es bis in ihr Bewusstsein schaffte. Ganz im Gegenteil ging sie davon aus, dass etwas total Banales in dem Brief stehen würde und hätte ihn beinah nicht geöffnet. Zum Glück tat sie es doch. Erst konnte sie es nicht fassen. Ein Fehler. Letztes Jahr hatte es einen Fehler mit den Briefen gegeben. Die Zustellungssoftware hatte einen Defekt und es war erst dieses Jahr aufgefallen als die neuen Briefe zugestellt werden mussten. Es war ein Deus Ex Machina. Da wurde Tenten von einer so tiefen Freude übermannt, dass ihr Tränen in den Augen standen. Es fühlte sich so an als wollte das Universum ihr eine Chance geben. Nach anfänglicher Verwunderung freute sie sich also ausgiebig, sprang sogar in ihrer winzigen Küche umher und konnte es kaum glauben. Als sie gerade Neji aufwecken wollte, um ihm von der guten Neuigkeit zu berichten, stutzte sie … Kaum zu glauben. Es war ja auch kaum zu glauben. Sie schlug den Brief noch einmal auf. „Entschuldigen Sie, es gab eine Verwechslung bei der Zustellung...“, las sie die erste Zeile murmelnd vor. Tentens Zahnräder arbeiteten, während sie Nejis friedlich schlafende Gesicht nicht aus den Augen ließ. Sie konnte nicht den Finger darauf legen, doch irgendetwas störte sie. Hatte er …? Sie rüttelte ihn grob an der Schulter. „Was hat das zu bedeuten?“, fragte sie, besorgt sie könne Recht haben. Er blickte sie nur mit seinem ehrlichen, leeren Blick an. Seine hellen grauen Augen waren nicht schuldbewusst. Trotzdem erwiderte er nichts. Sie fuchtelte mit dem Brief vor seiner Nase herum. Noch immer keine Reaktion seinerseits. Warum zur Hölle sagte er denn nichts? „Ich kann es allein schaffen von einer guten Uni angenommen zu werden”, begann sie, obwohl das ihres Wissens nach nicht der Fall war. “Ich brauche nicht dich, um irgendwen zu bestechen“, stellte sie klar, doch noch immer folgte keine Antwort. „Ich habe gesagt, dass ich mir eine andere Uni suchen werde. Es tut mir auch sehr Leid, dass ich dich so sehr in Anspruch …“ Ihre Stimme kippte kurz. „...in Anspruch genommen habe, aber ich will mit meinen eigenen Noten in eine Uni kommen. Du...“ Hier deutete sie mit einem strikten Finger auf seine Brust „...bist nur, wirklich nur für das Geld da.“ Ein erstickter Laut entfloh ihrer Kehle. Als er noch immer nicht antwortete, sondern sie nur aus seinen emotionslosen Augen anstarrte, setzte sie noch hinterher: „Verstanden?“ Er nickte nicht. Da wies sie ihm die Tür. Er ging. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)