Closed Barrier Murder von UrrSharrador (Ein Shikamaru Nara-Krimi) ================================================================================ Kapitel 1: Invitation/Irritation -------------------------------- Regel 8: Das Problem des Verbrechens muss […] durch strikt naturalistische Wege gelöst werden. Andere Methoden zur Erlangung der Wahrheit […] sind tabu. Regel 14: Die Form des Mordes, und die Wege, dies zu ermitteln, müssen rational und wissenschaftlich sein. - S. S. Van Dine, aus den 20 goldenen Regeln für das Schreiben von Detektivgeschichten Mendokusai. Zum Glück sind wir alle Shinobi. - Shikamaru Nara Er hatte gewusst, dass diese Sache lästig werden würde. Schon als er sich desinteressiert die Missionsbeschreibung durchgelesen hatte, hatte er es gewusst. Und natürlich war es tatsächlich höllisch mühselig geworden – wenn auch auf eine ganz andere Art, als er erwartet hatte. Nicht nur die Mission an sich nervte ihn, sondern auch die Aussicht, dabei eine ganz bestimmte Person zu treffen. Es kam ihm selbst schon merkwürdig vor, wie oft sie sich über den Weg liefen, wann immer er für Konohas außenpolitische Beziehungen herhalten musste. Niemand hatte Shikamaru gesagt, dass sie dabei sein würde, aber er hatte es angenommen. Wenn sich Hokage und Kazekage trafen, um einem kleinen Küstenlandstrich zwischen ihren Reichen zur Unabhängigkeit zu verhelfen, dann war natürlich auch Temari mit von der Partie. Es könnte eigentlich ein hübscher, gemütlicher Ausflug sein, hinge nicht mehr davon ab, als einem Durchschnittsbürger des Reichs des Feuers bewusst war. Selbst die Landschaft im künftigen Reich der Riffe hatte etwas Malerisches, Angenehmes – zumindest bis Shikamaru, Tsunade und der Anbu-Leibwächter spätnachmittags das Ziel ihrer Reise erreichten. Das Haus stand nämlich auf der Spitze einer Steilklippe, an der sich tosend die Wellen brachen. Shikamaru fragte sich, ob er nachts überhaupt würde schlafen können. Aber vielleicht verbot Tsunade das ja sogar. Das Empfangskomitee bestand – neben einem älteren Mann und einer jungen Frau mit Schürze – ausgerechnet aus den Suna-nin. Kankurou begrüßte Tsunade mit fast schon militärischer Korrektheit, aber Temari schenkte Shikamaru nur ein überhebliches Lächeln. „Ihr seid spät dran. War da jemand zu faul, um aus seinem Bett zu klettern?“ „Nerv nicht“, brummte er und wich ihrem Blick aus. „Es gibt nichts daran auszusetzen, ein Bett einem Stelldichein mit euch vorzuziehen.“ „Also gibst du es zu?“, fragte Temari mit blitzenden Augen. „Demnach sind die anderen schon alle versammelt?“, fragte Tsunade. „Fast. Wir warten noch auf Feudallord Kawarami“, sagte Kankurou und wies auf die beiden Nicht-Ninjas neben ihm. „Darf ich vorstellen: der Verwalter dieses Anwesens, der sich freundlicherweise dazu bereiterklärt hat, uns für die Dauer der Zeremonie aufzunehmen.“ Der alte Mann verbeugte sich förmlich. „Ihr könnt mich einfach Taa nennen. Es ist mir eine Ehre.“ Er trug gewöhnliche, farblose Kleidung, hatte farblose Augen und einen weißen Bart, der wie Eiszapfen von seinen Backen hing. „Das ist Aya. Solltet Ihr während Eures Aufenthaltes irgendetwas benötigen, zögert nicht, sie anzusprechen.“ „Auch mir ist es eine große Ehre.“ Die Dienerin verbeugte sich ebenfalls. Sie war vielleicht zwanzig, hatte orangerotes, hochgestecktes Haar und eine derart gerade Haltung, dass Shikamaru allein beim Gedanken daran jeder Muskel im Leib wehtat. „Folgt uns doch bitte hinein.“ Der alte Taa machte eine einladende Bewegung und öffnete die Tür. „Taa ist ein ziemlich seltsamer Name, oder?“, murmelte Shikamaru Temari zu, als sie sich hintereinander durch den Türsturz bückten. Kankurou blieb mit den Gastgebern draußen, um auf die weiteren Gäste zu warten. „Aber einfacher zu merken“, erklärte sie belustigt. „Die Leute in diesem Gebiet sind etwas eigen. Offenbar heißt er in Wirklichkeit Taruniarumaruto.“ „Autsch.“ Das Anwesen war nicht allzu luxuriös, aber annehmbar für die Gründung eines neuen Reiches. Es bestand fast völlig aus Holz; lange, geschliffene Balken umrahmten ein gutes Dutzend an Gästezimmern, wie Shikamaru aus der Missionsbeschreibung wusste. Der Eingangsbereich mündete in einen ebenfalls mit hellem Holz vertäfelten Empfangssaal, wo eine festlich geschmückte Tafel darauf wartete, mit Köstlichkeiten gekrönt zu werden. Zwei hölzerne Treppen führten seitlich auf eine Galerie im ersten Stock, von der weitere Gänge und Türen abzweigten. Weiche, rote dunkle Teppiche verzierten sie auf ungewöhnliche Weise. Und irgendwo hinter der Tafel, am Ende eines verschlungenen Flurs, musste die Küche sein, denn Shikamaru wehte ein Duft in die Nase, der seinen Magen zum Knurren brachte. „Sogar zu faul gewesen, dir ein Lunchpaket zu schnüren?“, neckte ihn Temari. Shikamaru seufzte. Die Frau war einfach nur lästig. Vier Plätze an dem langen Tisch waren besetzt. Auf der rechten Seite, ziemlich am Tischende, saß Gaara in seiner weißblauen Kazekage-Kleidung, der die Neuankömmlinge mit seinem ruhigen, immer noch ein wenig verstörend wirkenden Blick musterte. Der junge Mann links, in der Mitte der Tafel, musste der Feudallord in spe sein – der Sohn des Feudallords in spe, berichtigte Shikamaru sich in Gedanken. Der dritte und jüngste, um noch genauer zu sein. Shikamaru hatte schon ab und zu mit Feudallords zu tun gehabt, meist mit dem aus ihrem eigenen Reich. Die meisten waren entweder zum Zerbrechen schmächtig oder fettleibig und oft wirkten sie nicht besonders hell im Kopf. Dieser hier war jung und kräftig, schlank ja, aber nicht dürr. Und er strahlte Ruhe und Vernunft und ein gewisses Charisma aus. Vielleicht war das der Grund, weshalb sein Vater ihm das Unterzeichnen des Vertrags überließ, und nicht seine sprichwörtliche Angst vor Attentaten. „Hokage-sama“, sagte er und stand lächelnd vom Tisch auf. „Oder Tsunade-hime? Wie wollt Ihr lieber genannt werden?“ Er kannte sich also ein wenig in seinen Nachbarländern aus, der Gute. Sein Haar war stumpf und braun, aber ordentlich gekämmt. Um seinen sandgelben Mantel wand sich eine rubinrote Schärpe. Einen der markanten Hüte, wie sie Feudallords gern trugen, sah Shikamaru nirgends. „Hokage reicht“, sagte Tsunade und begrüßte ihn mit einem Kopfnicken. „Ihr seid dann also …“ „Oniyakushi Tarou. Dritter Sohn von Lord Oniyakushi Teito. Aber Tarou reicht.“ „Sehr erfreut.“ Tsunade wandte sich Gaara zu. „Ich hoffe, Ihr hattet auch eine angenehme Reise hierher, Kazekage?“ Gaara nickte, die Augen musterten sie stoisch. „Dieser Landstrich hat lange keine gröberen Krisen mehr gesehen. Es ist recht friedlich hier.“ „Wie es auch sein sollte“, erklärte der Feudallordssohn. „Und diesen Frieden wünschen wir zu erhalten. Deshalb sind wir hier.“ Plötzlich schien ihm etwas einzufallen, und er verbeugte sich tief. „Ich danke Euch beiden vielmals!“, rief er inbrünstig aus. „Ohne die Hilfe der Reiche des Windes und des Feuers wäre unsere Abspaltung niemals gelungen!“ Gaara antwortete gar nicht, Tsunade schenkte ihm immerhin ein schmales Lächeln. „Keine Ursache. Aber noch ist der Vertrag nicht unterschrieben.“ Selbst Shikamaru wusste jedoch, dass Kawarami, dem Feudallord des Reichs der Flüsse, nichts andere übrig blieb, als diesen Teil seines Herrschaftsbereichs aufzugeben. Die großen Reiche, die sein kleines Land begrenzten, hatten beide Druck gemacht, um dem Reich der Riffe zur Unabhängigkeit zu verhelfen. „Selbstverständlich!“, rief Tarou, als wäre ihm gerade ein schwerer Fehler unterlaufen. „Wir begeben uns weiterhin in Eure Obhut. Es ist eine große Erleichterung, Euch hier zu haben. Vor allem in Begleitung von so berühmten Shinobi.“ Damit meinte er wohl weniger Shikamaru und den Anbu Oushi, den er unmöglich kennen konnte, sondern vielmehr die Tatsache, dass überhaupt ein berüchtigter Anbu mit einer der typischen Katzenmasken die Hokage begleitete. „Denkt Ihr denn, der Aufwand ist nötig?“, fragte Shikamaru. Es war einer der Ninjas, die Tarou begleiteten, der antwortete. „Es halten sich hartnäckig die Gerüchte, dass Feudallord Kawarami die Abmachung immer noch irgendwie kippen will. Wir müssen sehr wachsam sein.“ Ein Räuspern unterbrach das Gespräch. Taa, der Mann mit dem Eiszapfenbart, betrat den Empfangssaal und kündigte das Eintreffen der letzten Gäste an. Die Leibgarde des Feudallords bestand ebenfalls aus zwei Shinobi. Das Reich des Flusses hatte nur wenige von ihnen zu bieten, wie Shikamaru wusste. Ihre Kleidung war schwarz mit weißen, welligen Streifen; ihre Stirnbänder zierte ebenfalls eine Welle. Allein daran, wie sie sich bewegten, erkannte man, dass sie nicht sehr gut ausgebildet waren. Lord Kawarami trug einen dieser lächerlichen Hüte, und darunter ein verkniffenes, faltiges Gesicht zur Schau. Er war ein kleiner Mann mit viel zu langen Armen, die ständig in Bewegung waren, als wüsste er nicht, wohin damit. Seine wässrigen Augen musterten die Versammelten. „Was für ein Aufgebot an Shinobi. Sogar ein Anbu aus Konoha. Ihr scheint mir nicht zu trauen“, stellte er mit kratziger Stimme anstelle einer Begrüßung fest. „Wir sind nur hier, um für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen“, sagte Temari. „Es könnte jemand von außen versuchen, die Zeremonie zu stören.“ „Ja, ja“, meinte Kawarami ungeduldig und winkte ab. Taa hüstelte. „Da nun alle versammelt sind, erlaubt mir noch einmal, unsere Gäste aufs Herzlichste zu begrüßen. Fühlt Euch wie zuhause, nehmt Platz. Wir werden das Essen auftragen.“ „Erst errichten wir die Barriere“, bestimmte Gaara. Tsunade nickte und gab Oushi ein Zeichen. Der Anbu folgte dem Kazekage nach draußen, außerdem stand die Kunoichi auf, die noch mit Tarou hier war, und einer der Ninjas des Flusslords begleitete sie ebenfalls. „Gaara wird selbst an der Barriere mitwirken?“, fragte Shikamaru erstaunt. „Er hat dafür geübt“, meinte Temari nur. „Es war abgemacht, dass die einzelnen Vertreter nur je zwei Leibwachen mitnehmen. Da Kankurou und ich mitkommen sollten, blieb ihm nichts anderes übrig. Aber das Jutsu ist nicht extra schwierig; Gaara wird nur ein wenig Chakra in die Schriftzeichen der anderen leiten und die Sache hat sich. Lust, es mitanzusehen?“ Shikamaru zuckte mit den Schultern. Lust hatte er keine, aber er wollte auch nicht unbedingt hier herumstehen, bis sie fertig waren. Tsunade kam hier schon zurecht. Als sie das Haus verließen, sahen sie Oushi, Gaara, die Riff-Kunoichi und den Wellen-Shinobi rund um die Holzbaut stehen. Sie malten mit Tinte Schriftzeichen auf den Felsen, rammten einen Kunai in deren Mitte, versahen ihn mit einem bemalten Stück Papier und formten Siegel. Von einem Wurfmesser zum nächsten sprangen Funken, bis ein zuckender, roter Lichtbogen sie alle verband. Die Ninjas änderten ihre Fingerzeichen, und die roten Linien wuchsen in die Höhe, schufen einen himmelhohen, durchscheinend roten Quader, der das Haus von der Außenwelt abschirmte. Und das war es auch schon. Die Barriere würde aufrecht bleiben, bis die vier sie gemeinsam wieder auflösten – mit anderen Worten, bis morgen früh. „Wie geht es eigentlich eurem blonden Chaoten, diesem … Naruto?“, fragte Temari, als sie zurück zum Haus gingen. Der Abend war hereingebrochen; die Barriere hielt zwar den Wind vom Ozean fern, aber es war dennoch empfindlich kühl. „Wieso interessiert dich das?“ „Mich interessiert’s gar nicht“, schnaubte sie. „Aber Gaara. Ich weiß, dass er mich später fragen wird, also frage ich dich.“ „Wie lästig.“ Shikamaru blinzelte in den roten Himmel. Die Barriere ließ den Sonnenuntergang noch intensiver, fast falsch wirken. „Naruto geht’s soweit gut. Er hat’s nur wieder mit dem Training übertrieben. Sein Chakra – sein eigenes – war quasi auf dem Nullpunkt, aber sie behandeln ihn gerade im Krankenhaus.“ „Hört sich aber nicht nach gut an“, meinte sie. „Ach was.“ Shikamaru winkte ab. „Naruto kriegt so schnell nichts klein. Gib ihm zwei Tage, und er geht allen dort wieder mächtig auf die Nerven.“ Endlich war es Zeit, mit dem Abendessen zu beginnen. Ihrem Rang entsprechend nahmen sie Platz. Die Lords saßen einander gegenüber in der Mitte der Tafeln, neben ihnen ihre Leibwächter. Die beiden Kage als Beobachter saßen weiter am Rand, die anderen Shinobi füllten die leeren Plätze auf, bis alle zwölf Kissen besetzt waren. Der Gastgeber saß am Kopfende der Tafel, seine Dienerin schwirrte in die Küche und brachte Teller mit Fischsuppe, Makrelen, Hummer, Muscheln und allerlei anderem Meeresgetier, dazu cremige, grüne Soßen und Früchte. Endlich konnte Shikamaru seinen Hunger stillen. Die Hokage hatte die ganze Reise über gehetzt. Während sie aßen, flammten überall am Tisch Gespräche auf. Die hohen Würdenträger waren ins Politische vertieft. Oniyakushi Tarou gab sich in Gegenwart des anderen Fürsten sogar ziemlich gelassen. Shikamaru saß neben dem Shinobi-Leibwächter dieses dritten feudalen Sohnes, ihnen gegenüber Temari und einer der Fluss-Ninjas. Letzterer schien keinen Appetit zu haben, er stocherte nur in seinem Essen herum. „Iss doch, es stammt alles aus der Gegend“, forderte der Riff-Shinobi ihn auf – zumindest würde er ein Riff-Shinobi sein, sobald die Unterzeichnung über die Bühne gegangen war. Momentan gehörte er noch zum Flussreich wie sein Gegenüber, auch wenn in sein Stirnband, das seine kurzen braunen Haare wirr abstehen ließ, bereits das Symbol von etwas eingraviert war, das mit viel Fantasie wie ein Stein aussah, der aus Ozeanwellen ragte. „Und eben das beunruhigt mich.“ Der Fluss-Shinobi besah brummend die Garnele zwischen seinen Stäbchen. „Es wird schon nicht vergiftet sein“, meinte Temari. „Wäre doch dumm von den Oniyakushis, euch vor der Zeremonie umzubringen, oder?“ „Man weiß nie, was in deren Köpfen vorgeht“, knurrte der Mann und funkelte den Riff-Ninja an. „Und viele Gifte können nur Medic-Ninjas identifizieren. Und wir haben keinen Medic-Ninja dabei. Ich habe mir viel Theoretisches über alle möglichen Medizin-Jutsus beigebracht, aber ich habe einfach kein Talent dazu. Und das ist ein Problem.“ „Wieso? Nach dem Essen wird unterzeichnet, dann ist die Sache über die Bühne. Wir schlafen hier und morgen früh gehen wir unserer Wege“, sagte der Riff-Shinobi. „Wir können uns hier entspannen und sogar ein paar Freunde finden, meint ihr nicht? Mein Name ist übrigens Yorino.“ Der Fluss-Ninja machte keine Anstalten, sich vorzustellen. Müsste Shikamaru sich einen Namen für ihn aussuchen, wäre wohl Graumähne treffend. Sein Haar war so lang, dass es ihm bis zur Hüfte reichte, und von einem fahlen Grauton. Die Augen waren schwarz, aber wachsam und misstrauisch. „Und wer sagt, dass in der Nacht nicht irgendwas passiert?“ „Außer dass wir uns gegenseitig aus dem Schlaf schnarchen?“, mischte sich Oniyakushi Tarou lächelnd ein, der das Interesse an den politischen Gesprächen der Kage verloren zu haben schien. „Ich kenne da jemanden, den das nicht stören wird“, meinte Temari trocken mit bezeichnendem Blick auf Shikamaru. Der seufzte. „Keine Sorge.“ Das Dienstmädchen ersetzte einen leeren Teller durch einen neuen mit eisgekühlten Muscheln und schien ihr Geplänkel zu ernst zu nehmen. „Das Haus sieht zwar nicht so aus, aber die Wände sind ziemlich dick. Es kommen auf jeden Fall weniger Geräusche durch als bei solchen aus Papier.“ Sie schenkte den Ninjas ein schüchternes Lächeln und ging zurück in die Küche. Graumähne blickte ihr hinterher. Die Diskussion war verglommen. „Yorino“, brummte Graumähne nach einer schweigenden Weile. „Ich hab von dir gehört. Du bist einer der Besten im Flussreich.“ „Im Riffreich“, korrigierte Yorino ihn. „Und der persönliche Leibwächter von Oniyakushi Tarou, oder?“, fuhr Graumähne unbeeindruckt fort. „Genau.“ „Seid ihr nicht beide seine Leibwächter?“, fragte Temari verwundert. „Du und die Kunoichi?“ Sie deutete auf das Mädchen, das zwischen Tsunade und Tarou saß und interessiert ihrem Gespräch lauschte. „Heute schon.“ Yorino lächelte. „Sie hat bisher nur Missionen für Oniyakushi Teito erledigt, Tarous Vater, und zwar außerhalb des Landes. Tarou und ich waren in den letzten Jahren auch auf vielen diplomatischen Reisen für ihn. Wir haben nur von ihr gehört, aber wir haben sie sozusagen erst gestern kennengelernt.“ „Eine Frage“, sagte Shikamaru zu Yorino. „Warum Riffe?“ Der Ninja lächelte. „Bis du nicht an den Rand der Klippe getreten und hast aufs Meer hinausgesehen?“ „Nur auf den weiter entfernten Teil.“ Sich ein wenig umzusehen gebot die Wachsamkeit, allerdings war er nicht bis ganz an die Kante gegangen. „Dann hättest du deine Antwort gehabt. Direkt unter den Steilklippen gibt es einige herrliche Riffe. Mit herrlichen Fischen. Es stand sogar zur Diskussion, ob unser Symbol nicht ein Fisch sein sollte, aber Lord Oniyakushi war dagegen“, sagte Yorino verschwörerisch. „Er meinte, wenn Nuriko und ich hier mit Fischen auf den Stirnbändern auftauchen würden, könnte uns keiner mehr ernst nehmen.“ Shikamaru nickte und lehnte sich zurück, um zu Nuriko – er musste die Kunoichi, die an Feudalsohn Tarous anderer Seite saß, meinen – zu spähen. Sie schien sich zu amüsieren, wie sie so mit Tsunade und Gaara sprach. Sie hatte glattes, schwarzes Haar, lang bis auf den Rücken, und ein freundliches Gesicht. Er hatte schon vorher bemerkt, dass sie nicht älter als sechzehn oder siebzehn sein konnte. Er wandte sich wieder den anderen zu – und blickte direkt in Temaris unverschämtes Grinsen. „Na?“, fragte sie. „Gefällt sie dir?“ „Warum habe ich nur gewusst, dass diese Frage kommen wird?“, seufzte Shikamaru genervt. „Eine Frage verdient eine Antwort.“ „Mendokusai. Ich habe mich nur gefragt, wie jemand, der so jung ist, schon so wichtige Aufträge übernehmen darf.“ „Sie ist wirklich ein Naturtalent“, nickte Yorino. „Die wahrscheinlich fähigste Kunoichi, die das Land der Riffe – und der Flüsse“, ergänzte er mit einem Seitenblick auf den ungerührten Graumähne, „je hervorgebracht hat. Sie ist sechzehn, aber so exzellent in Taijutsu und Ninjutsu, dass sie es sicher bald in die Leibgarde von Lord Teito persönlich schafft.“ Tarou winkte dem alten Taa zu, um ihn zu bitten, die Nachspeise aufzutragen. Er rief die Dienerin – Aya, wenn Shikamaru ihren Namen richtig im Kopf hatte – und ließ sie Pudding, Götterspeise, süßen Kuchen und eine weitere Partie Früchte bringen. „Und da ist neulich ein Platz freigeworden, oder?“, nahm Graumähne das Gespräch wieder auf, nachdem Aya fort war. „Hab ich gehört. Teito will immer genau neun Leibwächter.“ Yorino machte den Mund auf, um zu antworten, aber sein Herr machte eine abrupte Geste. „Das waren genug Staatsgeheimnisse für heute, Yorino.“ Der Ninja sah ihn mit hochgezogenen Augenbrauen an, zuckte dann aber entschuldigend die Achseln. „Jetzt seid ihr dran. Ich kenne eure Namen immer noch nicht.“ Nachdem Shikamaru und Temari sich vorgestellt hatten, druckste Graumähne noch ein wenig herum. Er schien Yorino wirklich nicht zu trauen. „Kumui“, sagte er schließlich. „Und ich bin auch einer der Besten, die das Flussreich zu bieten hat.“ „Ich bin gerade froh, dass ein gewisser blonder Idiot flachliegt und ein gewisser anderer Idiot seine überschüssige Kraft auf einer Mission verpulvert“, stellt Shikamaru fest. „Die beiden hätten einen nach dem anderen von euch zum Kampf herausgefordert.“ „Es ist leider eine Tatsache“, sagte der feudale Sohn plötzlich laut. Er hatte sich wieder dem Gespräch der Kage zugewandt. „Wenn der Vogel nur einen Tag früher eingetroffen wäre, hättet Ihr unserem Antrag auf Unabhängigkeit sicher nicht zugestimmt!“ „Überschätzt Euch nicht“, knarzte Lord Kawaramis Stimme. „Als ob wir nur wegen ein paar Aufrührer ein Bündnis mit einem so großen Reich bräuchten.“ „Habt Ihr das gehört?“, rief Tarou und deutete auf das eingefallene Gesicht des Feudallords. „Sie bezeichnen uns als Aufrührer! Vergesst besser nicht, was Ihr heute noch tun müsst, Kawarami! Das Reich der Blitze ist weit weg, aber Konoha und Suna sind heute Gäste auf unserem Boden!“ „Beruhigt Euch“, sagte Gaara mit monotoner Stimme. „Drohungen sind überflüssig. Die Zeremonie wird ordnungsgemäß ablaufen. Niemand hat hier irgendjemandem etwas vorzuwerfen.“ Obwohl Shikamaru Politik nur mäßig interessierte, gehörte dieses Gespräch sehr wohl zu seiner Mission, und er hatte einen konkreten Verdacht, worum es ging. Offenbar hatte Kawarami sich bis zuletzt geweigert, dem Riff-Land die Unabhängigkeit zu gewähren, und sogar beim Reich der Blitze um Unterstützung angesucht. Jedoch war die Zusicherung des Raikage zu spät gekommen, und Kawarami hatte bereits einwilligen müssen. Die Küchlein und der Pudding neigten sich dem Ende zu. Shikamaru hatte von dem Süßzeug ohnehin nur wenig angerührt, und das nicht, weil er Grubenheber Karies fürchtete. Zu viel Süße fühlte sich immer an, als würde es seine Zunge betäuben. Yorino versuchte noch einmal, Kumui Graumähne in ein lockeres Gespräch zu verwickeln, während Temari Shikamaru über Neuigkeiten aus Konoha ausfragte. Er spürte allerdings, wie die allgemeine Anspannung wuchs. Der Zeitpunkt war fast gekommen. Ein wenig mulmig fühlte selbst er sich jetzt – und hätte er mehr Zucker genommen, wäre ihm garantiert übel. Nach und nach erstarben die Gespräche bei Tisch. Nun stand das eigentliche Ereignis an, das, obwohl jenes nicht sehr groß war, zur Gründung eines neuen, unabhängigen Feudalreiches führen würde. Irgendwann stand Lord Kawarami demonstrativ auf. „Bringen wir es hinter uns“, sagte er rau. Tarou nickte, und er und die beiden Kage erhoben sich ebenfalls. Die Zeremonie würde in einem großen, leeren Raum im Erdgeschoss stattfinden. Auf dem Weg dorthin sahen sie erstmals den Koch, einen beleibten Mann mit papierner Mütze und schmalen Augen. Er beobachtete sie stumm, seiner Pflichten offenbar enthoben. Man hörte das Geräusch von Händen, die in der Küche das Geschirr wuschen – vermutlich Aya, denn Taa, der Hausherr, öffnete schwungvoll die Doppelflügeltür vor ihnen und hieß sie eintreten. Das Licht in dem Raum war schummrig; nur einige Kerzen brannten an den Holzsäulen in Glasschalen. Ein niedriges Podest war der einzige Einrichtungsgegenstand. Darauf hatte Tarou, offenbar schon im Vorhinein, eine Schriftrolle aufgerollt, die Einzelheiten des Vertrags für alle lesbar. Tsunade gab Oushi ein Zeichen. Der Anbu trat zur Schriftrolle und untersuchte sie fachkundig. Als er nickte, traten die Feudallords näher. Nun wurde es heikel. Konnten sie hier drin nicht für besseres Licht sorgen? In den dunklen Ecken des Raumes konnte sich wer weiß was verstecken. Angestrengt besah Shikamaru die Umgebung. „Habt ihr das Haus eigentlich durchsucht, bevor ihr die Barriere errichtet habt?“, flüsterte er Temari zu. „Klar. Für wen hältst du uns? Hier ist absolut niemand außer uns zwölf, dem Hausherrn, der Dienerin und dem Koch.“ Als Erstes trat Tarou selbst feierlich zu der Schriftrolle, flankiert von seinen Riff-Shinobi, die ernste Mienen aufgesetzt hatten. Der Sohn des neuen Feudallords unterzeichnete schwungvoll und flink. Sie traten zurück, und Lord Kawarami näherte sich dem Podest. Shikamaru unterzog den anderen Ninja, Kumuis Waffenbruder, einer genaueren Untersuchung. Streng genommen konnte er auch eine Frau sein; das war seinem Gesicht schwer zu entnehmen. Es war fein geschnitten und von kurzen, brünetten Haaren eingerahmt. Über die Wangen zogen sich symmetrische Wellentätowierungen. Oushi schlich mittlerweile im hinteren Bereich des Raumes herum, Kankurou bewachte die große Tür, die Taa hinter ihnen geschlossen hatte. Selbst Temari war angespannt; eine ihrer Hände ruhte auf dem gewaltigen Fächer, den sie nur zum Essen abgelegt hatte. Gaara musterte alle Anwesenden wechselweise und mit stoischer Ruhe, der Sandkürbis an seinem Rücken ein Mahnmal für alle, die von seinen Fähigkeiten wussten. Lord Kawarami kniete vor dem Podest, seine Ninjas flankierten ihn, jeder mit einer Hand auf dem kurzen Schwert im Gürtel. Der Lord mit dem zerknautschten Gesicht streckte seine Hand nach dem Pinsel aus, der daneben bereitlag, tauchte ihn in das Tintenfass. Shikamarus Augen huschten schneller im Raum hin und her. Von wo konnte eine Gefahr kommen? Er vertraute den Suna-nins soweit, dass sie alle Fallen in diesem Haus aufgespürt hätten, und die Barriere war von allen vier Fraktionen gemeinsam gewebt worden. Wenn sie jemand durchbräche, würden das alle vier Ninjas spüren. Was konnte also schiefgehen? Eine mechanische Falle vielleicht? Etwas mit dem Podest, das nur sichtbar wurde, wenn eine gewisse Menge Tinte die Schriftrolle bedeckte? Das wäre das Einzige, das sie nicht im Vorfeld überprüfen könnten – aber war so etwas realistisch? Die paar Bissen Nachspeise in Shikamarus Magen sandten nun doch ein leises Gefühl der Übelkeit seine Speiseröhre hoch. Dieser Moment war wichtig; es ging um die Zukunft eines ganzen Landstrichs, der mit der ziemlich martialischen und unkoordinierten Politik des Flussreiches nicht mehr einverstanden war. Lord Kawarami führte den Pinsel folternd langsam zu der Schriftrolle. Für einige Sekunden hörte man nur das sanfte Wischen der Borsten auf dem Papier. Dann stand der Name des Lords auf dem Vertrag, und Shikamaru spürte förmlich die Erleichterung in diesem Raum. Als Nächstes unterzeichneten die beiden Kage als Zeugen. Als Gaara sich über das Podest beugte, ertönte von draußen plötzlich ein dumpfes Klirren. Alle Anwesenden zuckten zusammen, Blicke schnellten zur Tür, und Shikamaru zwang sich mit aller Macht, nicht von Gaara wegzusehen. Jemand musste auch das Podest im Auge behalten. Eine Minute harrten sie aus, Gaara mit dem Pinsel in der Hand. Kein Geräusch folgte dem ersten, kein Wort. „Von wegen, man hört kaum etwas durch die Wände“, murmelte Temari. Die anderen wandten langsam wieder ihre Aufmerksamkeit der Rolle zu, in der Gaara eben seinen Namen verewigt hatte. Er reichte Tsunade den Pinsel, diese tauchte ihn erneut ein und vollendete die Zeremonie als Repräsentantin des Feudallords des Feuerreiches. „Gut. Vielen Dank“, sagte Tarou, dessen Vater sich nun wirklich Lord nennen durfe, öffnete die verschränkten Arme und nahm die Schriftrolle an sich. Die feierliche Stimmung verpuffte, als Kankurou die Doppelflügeltür öffnete und ihnen der alte Taa mit hochrotem Gesicht förmlich entgegenflog. „Ich bitte vielmals um Verzeihung!“, rief er. „Meine dumme Dienerin hat ein paar Teller fallen lassen, obwohl ich sie angewiesen habe, leise zu sein und Eure Zeremonie nicht zu stören! Ich habe meine Pflichten als Gastgeber schändlich vernachlässigt!“ „Es ist doch nichts passiert“, meinte Tsunade milde. „Wir haben uns ein wenig erschrocken, aber die Zeremonie ist ordentlich über die Bühne gegangen.“ Taa warf Tarou einen raschen Blick zu. „Das heißt …“ „Ja“, lächelte dieser und hob bedeutsam die Schriftrolle. „Euer Anwesen steht nun offiziell auf dem Boden des Riffreiches.“ Taa lächelte glücklich, und Shikamaru sah die Dienerin mit verweinten Augen aus der Küche lugen, geduckt, als erwartete sie Schläge. Und der ganze Stress nur wegen ein paar Scherben.   Das Essen und die folgende Anspannung hatten Shikamaru noch müder werden lassen. Gemeinsam mit Tsunade und Oushi bezog er ein sporadisch eingerichtetes Zimmer im Erdgeschoss – wobei sporadisch bedeutete, dass nicht mehr als drei Futons und ein Wandschrank auf sie warteten. Shikamaru wäre auch auf dem blanken Holzboden eingeschlafen – dachte er zumindest. Oushi entschuldigte sich förmlich bei der Hokage, seine Katzenmaske immer noch aufgesetzt, und ging auf einen letzten Rundgang. Vielleicht würde er auch gar nicht schlafen, obwohl nun eigentlich nichts mehr schiefgehen konnte. Das Reich der Riffe hatte seine Freiheit, alle Unterschriften waren auf dem Papier gelandet, und morgen nach einem Frühstück würde es für alle wieder in die Heimat gehen. Tsunade blätterte vor ihrer eigenen Schlafstatt einige Dokumente durch, die sie mit auf die Reise genommen hatte. Gähnend streckte sich Shikamaru samt seiner Kleidung auf dem Futon aus und starrte zur Decke. Und konnte nicht einschlafen. Obwohl er sich so müde fühlte wie seit langem nicht mehr, fehlte das klitzekleine Zünglein an der Waage, um ihn in den Schlaf der Gerechten sinken zu lassen. Das musste an den seltsamen grünen Blättern liegen, mit denen der Fisch gewürzt gewesen war. Er hatte einmal irgendwo gelesen, dass sie eine belebende Wirkung hatten. Mist. Seufzend stand er wieder auf. „Ich gehe ein wenig frische Luft schnappen. Kommen Sie alleine zurecht?“, fragte er Tsunade. Diese las die Zeile fertig, dann nickte sie. „Lass dir ruhig Zeit. Und wirf am besten ein Auge auf die anderen. Man kann nie wissen.“ Womit sie vermutlich die alle anderen meinte. Ihm blieb auch nichts erspart. Die Tafel im Empfangssaal war abgedeckt worden. Kankurou hatte die Dienerin aufgehalten und sprach leise mit ihr. Shikamaru blickte hinauf zur Galerie. Dort standen irgendwo Yorino und Nuriko Wache. Tarou hatte als neuer offizieller Vertreter dieses Landes das größte Gästezimmer erhalten. Er wollte allein gelassen werden, um einen Brief an seinen Vater zu schreiben, den ein Falke überbringen sollte, ehe sie morgen wieder aufbrachen. Gaara und seine Geschwister waren ebenfalls im oberen Stockwerk untergebracht, Lord Kawarami samt seiner Wachen im Erdgeschosse, dem Zimmer der Konoha-nins gegenüber. Die Diener schliefen neben der Küche; Taa hatte ein bescheidenes Zimmer im ersten Stock über dem Eingangsbereich gewählt. Shikamaru streckte sich gähnend und wandte sich der Eingangstür zu. Draußen war eine laue Nacht angebrochen, fast wärmer als der Abend. Sofort stach einem die rostrote Barriere in die Augen, die der ganzen Umgebung eine unheimliche Note verlieh. Der Felsboden klang laut unter seinen Absätzen, aber Shikamaru hatte auch nicht vor zu schleichen. Er blickte in den Himmel. Direkt über ihm war er pechschwarz, das Leuchten der Barriere verschluckte die Sterne. Der Mond war da und fast voll – und er war blutrot durch das Jutsu zu sehen. „Bist du unter die Nachtschwärmer gegangen?“ Wie fand sie ihn nur ständig? Temari folgte seinem Blick und legte den Kopf in den Nacken. „Beunruhigend, nicht? Dieser Mond.“ „Gibt Schlimmeres“, meinte er geistlos und musterte sie von der Seite. Auch sie trug noch dieselbe Kleidung, den schwarzen Einteiler, der entfernt an einen Iromuji erinnerte. Ihr Haar war mit schwarzen Bändern in die üblichen vier Zöpfe geteilt. „Bist du mit Starren fertig?“, fragte sie spöttisch. „Mit Starren nicht. Mit Mustern schon.“ „Du bist unverbesserlich.“ „Und du bist so lästig wie eh und je.“ Plötzlich lachte sie tonlos. „Hat dir schon mal jemand gesagt, dass du meckerst?“ Er seufzte. „Ständig, wieso?“ „Nicht, was du meinst. Du meckerst, wenn du meckerst. Wenn du genervt bist, klingt deine Stimme richtig witzig.“ Wieder seufzte er, noch schwerer. „Womit habe ich diese Frau verdient?“, fragte er irgendein höheres Wesen, welches auch immer sich geruhte, ihm zuzuhören. „Da, schon wieder!“, grinste sie fies. „Solltest du nicht lieber drinnen deinen Kazekage beschützen?“ „Solltest du nicht deine Hokage beschützen?“ Punkt für sie. Als er gerade wieder mit den Augen rollte, erblickte er einen Schatten auf dem Hausdach – und sie im selben Moment wie er. „Hast du das auch gesehen?“, fragte sie. „Klar“, meinte er gähnend. „Das wird Oushi sein. Er wollte noch ein paar Runden drehen. Vermutlich sieht man die Gegend von dort oben besser ein.“ Temari sah ihn nachdenklich an. „Kennst du diesen Oushi?“ „Bis vor heute nicht.“ Er war ein Anbu, den Tsunade speziell dieser Mission zugeteilt hatte. Oushi war nur sein Deckname dieser Tage. „Für meinen Geschmack sind hier zu viele Teams, die sich eigentlich gar nicht kennen“, meinte sie. Shikamaru zuckte mit den Schultern. „Es ist auch keine richtige Mission, bei der es ums Kämpfen und um Teamwork geht. Mehr eine Einschüchterungstaktik, damit dieser Flusslord tut, was er soll. Was auch passiert ist. Mach dir keine Sorgen.“ Temaris Blick war immer noch nachdenklich, als sie hineingingen. Als sich Shikamaru dieses Mal auf seinen Futon warf, schlief er beinahe sofort ein. Nur um wenige Stunden später durch einen schrillen Schrei wieder hochgeschreckt zu werden. Für einen Moment tanzten bunte Flecken vor seinen Augen und ihn schwindelte, als er aufsprang. Was war geschehen? Oushi war noch nicht wieder zurück – oder war er schon wieder fort? Tsunade pinselte eben etwas auf ein Schriftstück und sah ihn alarmiert an. Fast gleichzeitig sprangen sie auf und stürmten aus ihrem Zimmer. Der Schrei war gedämpft gewesen, wie durch mehrere Wände hindurch, und es war eine hohe Frauenstimme gewesen. Wieder nur ein falscher Alarm? Irgendwie glaubte Shikamaru nicht daran. Ein dumpfes Pochen wurde hörbar. Kumuis graue Mähne wehte hinter ihm her, als er aus dem Erdgeschoss direkt auf die Galerie sprang. Shikamaru und Tsunade folgten ihm auf demselben Weg. Immer noch klopfte sein Herz wie verrückt von der unsanften Art, aus dem Schlaf gerissen zu werden. Er sah Kankurou und Temari in dem Flur im ersten Stock stehen, vor einer offenen Tür. Irgendjemand schluchzte zittrig, so leise, dass es kaum zu hören war. Shikamaru erkannte das Zimmer als jenes, das Tarou am Abend bezogen hatte. Er drängte sich an Kumui vorbei, um den Raum einsehen zu können. Tarous Leibwächter standen in dem Zimmer, das nur wenig mehr Einrichtung als das der Konoha-nins aufzuweisen hatte. Nuriko, die Kunoichi, hämmerte mit zusammengebissenen Zähnen gegen die Wand, wieder und wieder, und murmelte einen Fluch wie ein Mantra. Yorino starrte, kreideblich und reglos, in den hinteren Teil des Raumes, und als Shikamaru seinem Blick folgte, weigerte er sich zu glauben, was er sah. Vor allem, weil es verdammt noch mal keinen Sinn ergab! Hinter einem kleinen Tischchen lag, zur Seite gefallen und mit totem Blick, eine Fläschchen Sake neben sich ausgeschüttet, Oniyakushi Tarou, der dritte Sohn des neuen Feudallords des ebenso neuen Reichs der Riffe. Der Mann, der vor wenigen Stunden seine Aufgabe hier erfüllt und die Unabhängigkeitsverhandlungen zu einem Abschluss gebracht hatte. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)