Blind Date von May_Be ================================================================================ Kapitel 10: Der Beginn einer Freundschaft ----------------------------------------- Itoe erwachte mit starken Kopfschmerzen und einigen Erinnerungslücken. Der gestrige Abend hatte einen schrecklichen Verlauf genommen. Den Streit mit Kira hatte sie noch vage in Erinnerung, aber was danach geschah, wusste sie nicht mehr. Itoe setzte sich mit einem gequälten Stöhnen auf und hielt sich den Kopf. Das dumpfe Pochen machte es unmöglich, klar zu denken. Sie brauchte jetzt unbedingt eine kalte Dusche und einen Kaffee. Itoe stand vorsichtig vom Bett auf und knöpfte sich ihr Hemd auf. Sie war wohl in ihren Klamotten eingeschlafen. Sie streifte sich Hemd von den Schultern und ließ es zu Boden fallen. Sie fühlte sich immer noch ziemlich betrunken, ihre Bewegungen waren träge, ihre Wahrnehmung langsam. Während sie durchs Zimmer auf die Tür zuging, knöpfte sie sich bereits die Jeans auf. Grade als sie die Tür öffnen wollte, wurde diese von außen aufgeschlossen und zu ihrer Überraschung stand Ren mit einem Kaffee in der Hand vor ihr. Itoe stieg die Röte ins Gesicht, als er seinen Blick kurz über sie gleiten ließ. Sie stand nur in ihrem BH und der aufgeknöpften Jeans vor ihm. „Ren, was tust du denn hier?!“ Itoe verdeckte ihren Oberkörper mit den Armen, während er sich, ebenso verlegen, mit der freien Hand durchs Haar fuhr. Sein Blick fixierte irgendeinen unbestimmten Punkt in der Luft. „Ähm, ich wohne hier“, sagte er und wagte einen Blick in ihre Augen, die vor Staunen noch größer geworden waren. „Du bist bei mir zu Hause“, erklärte er. Itoes Gehirn ratterte, versuchte sich verzweifelt zu erinnern, was gestern alles geschehen war, wie sie hierher gekommen war. „Wieso bin ich bei dir? Wie sind wir überhaupt hierher gekommen? - Ich... kann mich gar nicht erinnern“, gab sie beschämt zu und senkte den Blick. Ren lächelte mitfühlend. „Ich habe Kaffee gemacht. Möchtest du? Dann können wir reden.“ Itoe nickte. „Ich zieh mir nur mein Hemd wieder an, ok?“ Ren nahm das nickend zur Kenntnis und ließ sie allein. Wie konnte das sein, dass sie bei ihm zu Hause war? Was war gestern alles passiert, nachdem Kira sie allein gelassen hatte? - Kira. Der Streit mit ihm machte ihr zu schaffen. Es hätte alles gar nicht so weit kommen müssen, aber... er hatte sie betrogen. Konnte man das überhaupt so nennen? Ja, das konnte man. Schließlich waren sie zusammen, oder nicht? Aus welchen Gründen auch immer, letztendlich waren sie ein Paar. Ein Ehepaar. Aber jetzt... Jetzt war alles aus, endgültig. Sie hatten schreckliche Dinge zueinander gesagt. Gott, und was für Dinge! Itoe wusste nicht mehr den genauen Wortlaut, aber der Sinn jener Worte und der bittere Nachgeschmack hafteten immer noch in ihrem Bewusstsein. Was Kira über Miro gesagt hatte, wollte sie einfach nicht glauben. Miro war niemand, der wahllos mit vielen Frauen schlief und viel Alkohol konsumierte. Sie erinnerte sich daran, dass sie ihn nie hatte alkoholische Getränke trinken sehen. Und was Sex anging, er hatte nicht ein einziges Mal versucht, mit ihr zu schlafen. Itoe schob das ganze zum Teil auf seine Krankheit, aber sie konnte sich nicht vorstellen, dass Miro ein gänzlich anderer Mensch war als der, den sie kennengelernt hatte. Dennoch musste sie sich eingestehen, dass sie tatsächlich nicht alles über ihn wusste. Dass er zum Beispiel ganze 5 Clubs besaß und somit ziemlich viel Geld hatte, hatte sie erst von Kira erfahren. Itoe seufzte resigniert, schnappte sich ihr Hemd und zog es sich an. Sie wusste einfach nicht, was sie von Kiras Behauptungen über seinen Bruder halten sollte. Um sich auf andere Gedanken zu bringen, widmete sie ihre Aufmerksamkeit dem Schlafzimmer, das beim näheren Betrachten gar nicht wie ihr eigenes aussah. Das Zimmer war viel größer und geräumiger. Auf der Wand über dem Bett hing ein riesiges Bild von einer traumhaften Landschaft irgendwo in den Bergen. Links vom Bett stand ein großer Kleiderschrank mit einem Spiegel auf den Schiebetüren. Itoe warf einen Blick auf ihr Spiegelbild und war erstaunt, dass sie gar nicht so fertig aussah, wie sie sich tatsächlich fühlte. Nachdem sie einen ersten Eindruck von Rens Zimmer gewonnen hatte, trat sie in den Flur. Von hier aus konnte sie direkt in das Wohnzimmer blicken, wo sie Ren auf dem Sofa entdeckte. Itoe atmete tief durch, da sie sich an die peinliche Situation von vorhin erinnerte. Mit rotem Kopf und klopfendem Herzen betrat sie das Wohnzimmer. Obwohl ihre Schritte leise waren, wandte Ren augenblicklich seinen Kopf in ihre Richtung. Itoe spürte, wie ihr die Hitze erneut in den Kopf schoss, und auch Ren sah etwas verlegen drein. „Setz dich“, meinte er zu ihr und wies auf den Platz neben sich auf dem Sofa. Seine Stimme klang sanft und seine Art wirkte beruhigend auf sie, sodass Itoe sich in kürzester Zeit entspannte. Ren reichte ihr den Kaffee, den sie dankend annahm. Sie schwiegen sich eine Weile lang an, bis Ren endlich das Wort ergriff. „Wie geht's dir?“ Itoe trank einen Schluck von dem starken Kaffee, bevor sie ihm eine Antwort gab. "Nicht so gut", gestand sie, „ich habe Kopfschmerzen... aber da bin ich wohl selbst Schuld.“ Ren schenkte ihr ein mitfühlendes Lächeln. „Du sahst auch gestern nicht so gut aus, als ich dich gefunden hab.“ Itoe runzelte überrascht ihre Stirn. „Wo hast du mich denn gefunden?“ „In Kiras Büro. Du lagst auf dem Boden, hast geschlafen. Man, du hast mir echt einen Schrecken eingejagt.“ Itoe sah ihn schuldbewusst an. „Entschuldige“, murmelte sie kleinlaut. „Ich hatte gedacht, dass Kira bei dir wäre. Hatte euch nämlich gesehen, wie ihr nach oben gegangen seid.“ Itoe erinnerte sich vage daran. Manche Erinnerungsfetzen waren etwas verschwommen. Dann weiteten sich ihre Augen und ihr wurde ziemlich unbehaglich zumute. „Hast du gesehen, wie ich...“ Ihr kamen die Worte einfach nicht über die Lippen, doch das mussten sie auch gar nicht, denn Ren hatte augenblicklich verstanden auf was sie hinaus wollte. „Du meinst, ob ich dich und Yagami gesehen habe? - Ja.“ Ren trank in Ruhe seinen Kaffee, als würden sie über das Wetter plaudern. Itoe wollte gerne etwas von seiner Ruhe abhaben. Sie biss sich schmerzvoll auf die Unterlippe. Das war verdammt peinlich, dass sie am liebsten im Boden versinken wollte. Was dachte Ren jetzt bloß von ihr? „Ich schäme mich so", murmelte Itoe, stellte ihre Tasse auf dem kleinen Tisch ab und erhob sich langsam. „Ich gehe jetzt lieber.“ Das ganze war mehr als unangenehm für sie. Vor allem weil Ren einer von Kiras engsten Freunden war. Ren sah zu ihr auf. „Du musst nicht gehen, Itoe Ich wollte selbst mit dir reden. Oder besser gesagt, mich entschuldigen.“ Itoes fragender Blick ließ ihn tatsächlich verlegen erscheinen. „Ich glaube, du hast einen falschen Eindruck von mir bekommen.“ Seine Worte verstärkten nur noch mehr ihren fragenden Gesichtsausdruck. Sie sollte von ihm einen falschen Eindruck bekommen haben? War sie im falschen Film? Eher war sie diejenige, die sich bei ihm entschuldigen sollte, für dieses unreife Verhalten gestern. Ren fuhr fort. „Ich hatte gestern zu dir gemeint, dass ich dich nur wegen Kira in den Club mitgenommen habe. Das ist ehrlich gesagt auch die Wahrheit gewesen. Aber das ändert nichts daran, dass du für mich mittlerweile auch zu meinen Freunden zählst.“ Damit hätte Itoe jetzt gar nicht gerechnet. War das wirklich sein Ernst? Ihr Herz schlug Purzelbäume, denn nach Freundschaft hatte sie sich ihr Leben lang gesehnt. Und sie nahm jedes Stückchen Glück an, das sie in diesem Zusammenhang bekam. Innerlich ermahnte sie sich jedoch, sie sollte sich nicht zu früh freuen. Denn es gab da noch diese eine Sache, die zwischen ihr und Yagami vorgefallen ist. Warum sollte Ren sie als Freundin haben wollen? War er nicht eher auf Kiras Seite? Wollte er ihr denn keinen Vortrag halten? Itoe war hin und her gerissen zwischen ihrer Freude, dass Ren sie zu seinen Freunden zählte, und ihrem Misstrauen, weil das ganze zu schön war, um wahr zu sein. „Meinst du das wirklich ernst?“, fragte sie direkt und musterte Ren eingehend. „Ich meine, du bist einer von Kiras besten Freunden und ich... ich habe...“ „Das, was zwischen dir und Kira, oder dir und Yagami, vorgefallen ist, ändert nichts daran, dass ich dich zu meinen Freunden zähle. Findest du das etwa so verkehrt?“ Itoe schien einen Augenblick darüber nachzudenken. Ren war von Anfang an nett zu ihr gewesen, er war ganz anders als Katsuya, der sie die ganze Zeit nur misstrauisch ansah, und auch anders als Jiro, der keine Gelegenheit ausließ, um mit ihr zu flirten, auch wenn es nur scherzhaft gemeint und ziemlich harmlos war. Aber Ren, ja, er war anders. Er war wie ein großer Bruder für sie. „Außerdem gebe ich mir auch ein wenig selbst die Schuld dafür, dass das zwischen dir und Yagami überhaupt passiert ist. Ich sollte auf dich aufpassen, aber dann habe ich dich mit meinen Worten verletzt und wollte dir bisschen Zeit geben. Dabei hätte ich dir folgen sollen, um wenigstens in deiner Nähe zu sein. Yagami ist zwar harmlos, aber du hast es ihm anscheinend angetan, dass er sich nicht beherrschen konnte.“ Rens reumütiges Geständnis brachte Itoe völlig durcheinander. „Was redest du denn da?! Ich bin selbst schuld daran, bitte entschuldige!“ Sie verbeugte sich tief, soweit es ihr die sitzende Position möglich machte. Es beschämte sie, dass Ren sie in Schutz nahm, und einen Teil der Schuld auf sich lud. Ren packte sie sachte an den Schulter und richtete Itoe auf, damit sie sich nicht mehr verbeugte. „Das reicht jetzt“, sagte er lächelnd, als sie ihn unsicher ansah. „Du akzeptierst doch meine Freundschaft?“ Es war wie eine Frage formuliert, doch sie hörte seiner Stimme an, dass er keine Widerrede duldete. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)