Yggdrasils Essenzen von Silwyna (Vier Jahre nach den Ereignissen von "Broken Soul") ================================================================================ Kapitel 21: Kulturschock und Drohungen -------------------------------------- 21. Kapitel – Kulturschock und Drohungen     Schnee wehte Loki um die Nase, doch er fror nicht. Wie bei seinem letzten  Besuch in Jotunheim, war es düster, kalt und ungastlich. Es schien als wolle diese Welt jeden dazu bringen, sofort wieder zu gehen! Das konnte sich Loki aber jetzt nicht leisten, er musste weiter vorankommen. Immer weiter kämpfte er sich über glatte Felsen, verschneite Pfade und vorbei an den Ruinen, Boten aus der Blütezeit der Frostriesen. „Stehen bleiben, du Winzling!“, grollte es rechts von Loki und aus dem Schatten einer Säule trat eine Gestalt hervor, die er als Kind gelernt hatte zu fürchten. Der Mann maß gute dreieinhalb Meter und galt damit noch als kleiner Vertreter seiner Spezies. Wie alle männlichen Eisriesen hatte auch er einen kahlrasierten Kopf, Kopfhaar hatten nur Frauen, und trug eine leichte Rüstung, jedoch keine Oberbekleidung. Die Muster seiner  Haut, die feinen aber tiefen Linien, waren gut zu sehen. Er hatte kantige Züge, markant aber nicht abstoßend und sein Blick glitt kalt-musternd über Loki. „Was sucht ein Ase hier? Als das letzte Mal einer von euch herkam, gab es fast Krieg!“, der Eisriese hatte eine Stimme, wie polterndes Geröll. „Ich bin kein Ase!“, konterte Loki harsch und gab seine wahre Erscheinung preis. Sein Gegenüber staunte nicht schlecht, als er eine kleinere Ausgabe seiner eigenen Art vor sich stehen sah. Er schwieg und sah verdutzt auf Loki herab, nur um schließlich in schallendes Gelächter auszubrechen. „Na du bist ja ‘n putziges Kerlchen! Siehst um‘ Kopf aus wie ein Weibsbild…hihiii….“, dann stoppte er abrupt, als ihm ein Gedanke kam. Es gab nur einen kleinen Eisriesen in den neun Welten und der hatte vor einigen Jahren versucht, die alle zu töten. „DU!“, raunte der Eisriese unvermittelt und klang wieder bedrohlich, während Loki genervt seufzte. „Ja, ich! Können wir das Gedöns von wegen >Du wolltest uns alle umbringen!< einfach überspringen? Ich muss zu eurem König…“ „Den hast du damals mal einfach so in Stücke zersprengt!“ „Irgendjemand muss hier doch das sagen haben!?“ „Unsere Regentin…“, brummte der Eisriese unwillig und Loki machte eine auffordernde Geste in Richtung des Ungetüms aus Stein und Eis, in dem er vor vielen Jahren mit Laufey verhandelt hatte. Wenn er Glück hatte, konnte ihm das mit der Regentin, wer auch immer das sein sollte, auch gelingen. „Wollen wir?“, Loki klang leicht genervt und die Wache gab ein missmutigen Laut von sich. „Hätte Anweisung, die glatt hier zu töten! Warum sollte ich dich zur Regentin lassen?“ „Sagen wir mal, ich habe sehr überzeugende Argumente für sie und fände sie heraus, dass du ihr das vorenthalten hast, wärst du schneller tot, als ich >Ups!< sagen könnte!“ Loki hatte nur leise gesprochen, sein Begleiter hatte es jedoch sehr wohl gehört wie auch die im Subtext eingeflochtene Drohung. Als sie sich dem Palast näherten, wo auch einst die Urne aufbewahrt worden war, trafen sie auf immer mehr Eisriesen die Loki, der wieder seine übliche Erscheinung hatte, missbilligende bis hasserfüllte Blicke zuwarfen. Er war alles andere als willkommen in dieser Welt. >Blöde Idee, ich gehe wieder…..Halt die Klappe, innere Stimme!<, schalt Loki sich in Gedanken und setzte eine betont amüsierte Miene auf, damit er seine Unsicherheit besser verbergen konnte. Im Inneren der Burg wurde Loki überrascht, positiv überrascht! Hier drin herrschte Ordnung! Von dem Chaos an Geröll und Eisbrocken war nichts mehr zu sehen. Die Fenster waren mit dünnem Eis verschlossen, wie Glasscheiben, die Gänge waren sauber und die Steinwände neu gestrichen worden. Spiegel holten Mondlicht als Lichtquelle herein, die einzige Möglichkeit, Räume zu beleuchten. Eisriesen machten nie Feuer! „Du wartest hier!“, forderte sein Begleiter ihn auf und verschwand in einem Vorraum zum Thronsaal. Zumindest war es der Thronsaal gewesen, als Loki zum letzten Mal hier gewesen war. >Wer auch immer diese Regentin ist, sie hat einiges umgekrempelt!<, dachte er sich, während er wartete. Es fühlte sich wie Stunden an, die er im Gang aushaarte, wo vorbeigehende Wachen ihn misstrauisch beäugten um anschließend gedämpft miteinander zu reden, wahrscheinlich über ihn. „Komm mit!“, brummte seine neuste Bekanntschaft, als er zurückkehrte und deutete auf die  Tür, aus der er soeben gekommen war. Der Thronsaal war ebenso verändert, wie der Rest des Schlosses. Ein dünner, grüner Teppich führte von der Tür zum Thron, der nun mit der Sitzfläche zur Tür und nicht mehr seitlich stand. Zahlreiche Kronleuchter hingen von der Decke, spiegelten aber auch nur Mondlicht. Auf dem Thron saß sie. Die Regentin! Zum ersten Mal bekam Loki eine Eisriesin zu Gesicht. Die Frau auf dem Thron maß knapp vier Meter und war genauso leicht bekleidet wie alle ihrer Art, doch war ihr Oberkörper bedeckt. Sie trug keine Krone, bloß einen dünnen, feinen Stirnreif in ihrem langen, schwarzen Haar. Ihre Augen waren von einem lebhaften, tiefen Grün, wie seine eigenen! Loki kam ein Gedanke, den er niemals erwartet hätte im Bezug auf einen Eisriesen zu bekommen: Sie war schön! Wie alle Eisriesen hatte sie ausgeprägte Wangenknochen, doch sie fügten sich harmonisch in ihre sonst feinen Gesichtszüge ein, mit ihrem leicht schräg stehenden Augen, den vollen  Lippen und der kecken  Stupsnase. Die Männer mussten ihr scharenweise zu Füßen liegen. So auch Loki, wenn auch nicht ganz freiwillig, denn sein Begleiter stieß ihm von hinten in die Kniekehle. „Vor der Regentin hat man sich zu verneigen, auch als Verräter und Mörder!“, knurrte er und Loki sank unwillkürlich auf die Knie. „Verzeihung…“, brachte er hervor und hielt den Blick höflich gesenkt. „… der letzte der auf diesem Thron saß hielt nicht so viel von Manieren und hatte nebenbei bemerkt auch keine!“ Loki hatte erwartet, die Regentin würde erzürnt über seine Aussage sein, doch hörte er von ihrer Seite ein amüsiertes Glucksen. „Recht hat er!“, sagte sie zu dem anderen Eisriesen und gab ihm ein Zeichen, sich zu entfernen. Als Loki den Blick hob, sah er wie Trauer mit einem Mal ihr Gesicht zierte. „Du hast sein Gesicht!“, sagte sie so leise, dass er es kaum hörte. Wessen Gesicht? Laufeys? Loki erinnerte sich nur allzu gut an das Gesicht seines Erzeugers, nie würde ihm für diese Kreatur das Wort „Vater“ über die Lippen kommen. Die Fragen waren wohl in leuchtenden Buchstaben auf seine Stirn gemalt, denn sie klärte ihn auf: „Ich meine nicht Laufey, mein Junge! Mein Gemahl war ein Tyrann aus dem Norden. Meines Vaters Erscheinung hast du geerbt!“ Gemahl! Die Regentin war Laufeys Frau gewesen und demnach… „Ihr seid…“, brachte Loki so heraus, doch er war außerstande den Satz zu beenden. Sie war die Frau gewesen, die ihn auf die Welt gebracht hatte. „Ja, ich bin deine Mutter, Loki. Doch keine Sorge, ich will nicht dass du mich so nennst, ich weiß, dass Frigga für alle Zeiten diesen Platz in deinem Herzen haben wird und das ist gut so!“ Loki hatte sich oft gefragt, wer seine leibliche Mutter war, ob sie oder Laufey ihn zum Sterben ausgesetzt hatte und wenn sie es nicht gewesen war, warum sie ihm nicht geholfen hatte. „Du fragst dich sicher, wie es kommt, dass ich so einen widerlichen Bastard geheiratet habe, oder? Nun, als ich ihn heiratete, war er ganz anders gewesen. Ein schöner, stattlicher Krieger aus den nördlichen Provinzen war er gewesen, als er um meine Hand anhielt. Mein Vater, Artaxes, war damals König der Eisriesen und wir ein starkes, ehrenvolles Volk. Du siehst deinem Großvater so ähnlich, abgesehen von der Größe, es tut beinahe schon weh dich anzusehen. Er war auch magisch begabt, musst du wissen. Er hat damals die Urne geschaffen, die unserer Welt die Kraft gab. … Er hätte es niemals zugelassen, dass Laufey dich verstößt, er hat jeden akzeptiert auch wenn er oder sie körperlich etwas benachteiligt war!“ Bei dem letzten Satz verzog sich Lokis Gesicht leicht verärgert und die Regentin fügte hastig hinzu: „Aus der Sicht der Riesen bist du es, verzeih‘ wenn es dich beleidigte!“ „Schon in Ordnung, ich bin Spott bezüglich meiner Person gewohnt. Die Freunde meines Bruders waren nicht immer die meinen!“, gab Loki zurück und besann sich letztendlich eines besseren. Er war nicht hier um einen Streit mit seiner Mutter… Erzeugerin vom imaginären Zaun zu brechen, sondern für Jane und das Wohl aller Völker Yggdrasils. Die Frau nickte verständnisvoll und erhob sich von ihrem Thron. „Was ist also der Grund für dein Erscheinen, mein Sohn? Sicherlich nicht, um über die Vergangenheit zu sprechen!“ „Gewiss nicht, auch wenn ich diesbezüglich Fragen hätte…“, gestand sich Loki ein und sah, wie die Regentin ihn abwartend ansah. „Die Situation im Weltengefüge dürfte auch an Jotunheim nicht vorbeigegangen sein, nehme ich an…“, fuhr er fort und seine Gespächspartnerin nickte. „Oh nein, ist sie nicht! Vor ein paar Tagen erhielten wir von Surt, Malbeth und diesem Fremdling, Thanos, ein Angebot sich ihrer Streitmacht anzuschließen und gegen euch alle in den Krieg zu ziehen…“ Lokis Augen weiteten sich erstaunt. Dieses Detail war nicht bis nach Asgard vorgedrungen! Kam er am Ende schon zu spät und seine Mutter –in Gedanken bekam das Wort von Loki einen ironischen Klang- stand ihm als Feindin gegenüber? „…den Boten haben wir gehörig das Fürchten gelehrt! Ich war zwar gegen ein Exempel solch blutiger Art, doch meine Berater meinten, es sei besser!“ „So steht das Volk der Eisriesen nicht auf Thanos‘ Seite?“, erkundigte sich Loki, erlaubte den kleinen Funken Hoffnung in sich jedoch noch nicht, sich auszubreiten. „Gewiss nicht!“, wiederholte sich Lokis Worten von zuvor. „Wo kämen wir denn da hin, wenn sich die Eisriesen und die Feuerriesen auf eine Seite stellten?“ „Irgendwas in Richtung von Ragnarök nehme ich an!“, schlug Loki vor und bekam tatsächlich ein Grinsen von der Regentin zu sehen. Es traf ihn wie einer von Thors Fausthieben, als er sein eigenes Lächeln in ihren Zügen zu erkennen glaubte. „Schlägt Odin also vor, dass wir an der Seite der Asen kämpfen?“, erkundigte sie sich skeptisch und Loki gab ihr im Stillen Recht. Asen und Eisriesen konnten sich seit Jahrhunderten nicht riechen, diese Zusammenarbeit wäre schwer, vor allem nach den letzten Kriegen, aber er hatte ja einige Trümpfe in der Hand. „Nicht bloß mit den Asen, die Vanen und die Lichtelfen kämpfen ebenfalls auf unserer Seite, ebenso wie die Drachen, die über die neun Welten wachen!“ „Die Drachen?“ „Allerdings! Sie beschützen Midgard, das beim letzten Krieg stark geschwächt wurde!“ Die Regentin schürzte nachdenklich die Lippen. Aus ihrer Sicht waren die Streitmächte von Yggdrasil, wenn auch nicht so erbarmungslos und grausam, im Vorteil vor allem wegen der Drachen und weil sie alle in Eintracht kämpften. „Das klingt fast schon verlockend, aber was habe ich davon, dass mein Volk mit euch kämpft? Außer Verluste durch Tote?“ Das war das Stichwort für Loki, nun würde er seinen Joker zeigen. Der stolze Blick der Regentin wich einer Maske aus Überraschung als Loki die Urne heraufbeschwor und sie ihr zu Füßen legte. „Odin nahm sie euch, ich bringe sie zurück! Mit wurde eine zweite Chance geschenkt, nun sollt Ihr eine erhalten. Nutzt sie!“ „Du… du bringst uns das…“, die Riesin nach Worten als sie das Relikt aus alten Zeiten vor sich sah. Jenes Objekt, das einst ihr Vater geschaffen hatte, dem Loki so ähnelte! „Ich werde mich mit den Weisen beraten! Allein kann ich so etwas nicht für mein Volk entscheiden, doch…“, sie musterte ihren Sohn eingehend. „… das ist nicht das einzige, was du von mir wissen willst, nicht wahr?“ Irgendwie fühlte sich Loki unter ihrem Blick ertappt, wie früher bei Frigga, wenn sie ihn durchschaut hatte.     „Wir sind am Arsch!“, brummte Surt missmutig, als die drei Weltenfresser zu einer weiteren Besprechung zusammensaßen. So falsch lag er damit nicht. Ihr Ultimatum konnten sie nicht mehr durchdrücken, die Geiseln waren befreit worden. Einzig der Umstand, dass Thors Weib dabei umgekommen war, tröstete etwas darüber hinweg. Vielleicht war der Donnergott nun so  gebrochen, dass er ihnen nicht mehr so im Weg stehen würde? „Sind wir nicht!“, grollte Thanos, der wie immer auf und ab ging. Doch auch er konnte sich nicht rausreden, sie waren gescheitert! Erneut! Die Wut darüber fraß sich wie Säure in Thanos‘ Fleisch. Am liebsten hätte er sich abreagiert… bei ihr, aber dazu hatte er keine Zeit. Noch nicht! Jetzt galt es, einen neuen Plan zu entwickeln. „Wie lange dauert es, bis der Rest von unseren Leuten hier ist?“, erkundigte er sich bei Malbeth, der die Raumschiffe verwaltete. „Gut vier Tage, mindestens!“, antwortete der Dunkelelf und sah zu seinem Kollegen. „Soll ich sie herrufen?“ Nun, da die Geiseln fort waren, zeigte sich Malbeth kooperativer, weil Elrien nicht mehr in der Nähe war. Ein ungeübter Beobachter hätte behaupten können, er wäre verliebt in sie gewesen. Doch es war bloß Respekt, gepaart mit leichten Neid über ihr Glück –Liebe und eine Familie-, was der Dunkelelf  für sie empfand. „Ja, ruf sie! Danach hilf mir mit der Kommunikation, ich will mit Odin reden…“ Reden! Normalerweise schickte Thanos lediglich eine Botschaft. Was hatte er sich nun wieder ausgedacht? Kurze Zeit später waren er und Malbeth in dem Raum, von wo aus auch die Botschaft mit Jane und Darcy übertragen worden war. Der Elf beschwor das Fenster herauf und suchte Odins Präsenz in Asgard. „Ist er allein?“, erkundigte sich Thanos, was der Elf bejahte. „Gut, schick mich hin!“ Der Chitauriherrscher verspürte einen Ruck, als sich seine Seele von seinem Körper trennte und durch das All flog! Innerlich lachte Thanos auf, als er sah, wie der Allvater bei seinem Erscheinen kurz zusammenschreckte. „Hallo Odin!“, grüßte er höhnisch. „Wie geht es deinem Sohn?“ „Einer trauert um seine Frau und wird bald auf Rache sinnen. Was der andere macht weiß ich nicht, aber es wird wohl helfen, dich ein für alle Mal zu erledigen!“, gab der König Asgards kühl zurück. Bei Lokis Tätigkeiten hatte er bloß ins Blaue geblufft. Wie nahe er damit an der Wahrheit lag, erfuhr er nie! „Fleißig, fleißig!“, foppte Thanos und grinste. „Was willst du?“, fragte sein Gegenüber ungeduldig. „Du hast keine Geiseln mehr, eine neue Drohung kannst du dir demnach sparen!“ „Ach kann ich das?“ Thanos zog ein süffisantes Grinsen auf. „Eine riesige Armada von Raumschiffen mit Verbündeten aus allen Winkeln des Universums ist auf dem Weg hierher. Willst du mal raten, was passiert, wenn du die von mir bereits gestellten Forderungen nicht erfüllst, bevor sie hier sind?“ Odins Miene bewegte sich keinen Millimeter doch er schrie innerlich laut auf. >Ruhig bleiben!<, mahnte er sich in Gedanken. „Vermutlich wird kein Stein auf dem anderen bleiben!?“ „Fast, mein Guter! Kein Staubkorn wird mehr am anderen haften in diesem lächerlichen Weltengefüge, das ihr >Yggdrasil< schimpft. Willst du das riskieren?“ Odin schnaubte verächtlich, im Bestreben, Gelassenheit vorzutäuschen. „Wir haben dich schon einmal aus diesen Welten vertrieben, wir können es wieder tun!“ „Sag nicht, ich hätte dich nicht gewarnt!“, war das letzte, was Thanos zu Odinsagte, bevor er verschwand.     Cara verstand die Welt nicht mehr! Erst reiste sie ins Schloss zum König, wo sie zum ersten Mal Loki traf und sich ihre Tante so komisch verhielt. Dann waren sie zu einem komischen Wald gegangen und plötzlich waren nicht nur Tante Jane und ihre Darcy fort, sondern Thor und Loki gleich mit. Und jetzt waren sie in Asgard, wo Damions Opa, Odin lebte. Erynor hatte sie dorthin gebracht und war sofort zu Thor gegangen. Kurz darauf war Damion zu seinem Vater geschickt worden, doch seit gut einer Stunde kam er nicht wieder. „Was ist denn bloß los?“, fragte sie Darcy, die sie gerade bei Erynor geholt hatte und in deren Arme sie sogleich geeilt war. „Wir…mussten fort!“, umschrieb die junge Frau, das ganze Chaos recht kinderfreundlich. „Wohin?“ „Zu…“ „Haben euch die bösen Leute mitgenommen, die Mama wehgetan hatten?“, fragte Cara mit nassen Äuglein. „Wie kommst du denn  darauf?“, erkundigte sich Darcy, verblüfft wie nahe das Kind an die Tatsachen kam und setzte sich, mit Cara auf dem Schoß, hin. „Ich hab was Komisches geträumt!“, gab das Kind mit weinerlicher Stimme zu. „Immer wieder! Da waren so gruselige Leute, die brannten…und du hast geschrien und ganz böse Sachen zu denen gesagt… die haben dir und Jane wehgetan!“ Darcys Augen weiteten sich entsetzt, je mehr das Kind sagte. Wie konnte  ein vierjähriges Mädchen so etwas sehen? Zwar war Cara zur Hälfte eine Elfe, doch Nessanië war nicht aus einer Familie von Sehern gekommen. Apropos Nessanië… „Wie kommst du darauf, dass es dieselben waren, die deiner Mama wehgetan haben?“ „Ich hab das mit Mama auch mal  geträumt und… Erynor hat mir gesagt, wie sie aussgeseh’n hat…“, die Kleine hob die Schultern als würde das alles erklären. >Mit Erynor muss ich ohnehin ein paar Wörtchen reden!<, dachte sich Darcy und schloss  ihre Nichte fester in die Arme. Auch sie selbst suchte Trost. Ihre beste Freundin war gestorben! Fort… Sie würde sie vielleicht nie wieder sehen, wenn Lokis Mission fehlschlug... und ihn womöglich auch nicht. Wie viele geliebte Menschen musste sie noch verlieren? Darcy hatte nicht einmal mitbekommen, dass ihr Tränen übers Gesicht liefen, bis eine kleine Kinderhand diese weg wischte. „Nich‘ traurig sein, Darcy…“, sagte Cara mit einem Optimismus, den bloß ein Kind besitzen konnte. Darcy schüttelte den Kopf, als wolle sie einen Tagtraum loswerden und setzte ein Lächeln auf, das falscher nicht hätte sein können, doch dem Kind fiel es nicht auf. „Komm…“, sagte sie und erhob sich, mit Cara auf dem Arm. „… wir schauen mal  nach Damion!“ Sie fanden den Jungen bei seinem Vater, in dem Saal wo Janes Körper lag. Damion weinte bitterlich in den Armen Thors, der zwar sein bestes gab, den Jungen zu beruhigen, doch ebenfalls der Trauer erlag.  „Jane schläft nicht nur, oder?“, fragte Cara ihre Tante und auch bei ihr bahnte sich eine neue Tränenflut an. „Nein…“, gestand Darcy und auch ihre Augen wurden wieder feucht. Der Anblick ihrer besten Freundin, fast schon Schwester, wie sie aufgebahrt und leblos vor ihr lag, ließ das Herz der sonst frechen jungen Frau splittern. Thors raue Stimme holte sie in die Gegenwart. „Sie sieht so friedlich aus, dass man es glauben könnte, oder?“, fragte er und nun bemerkte auch sein kleiner Sohn den „Besuch“. „Mama ist tot!“, brach es aus Damion heraus, als er Cara sah. Die hingegen war ganz traurig über den Kummer ihres besten Freundes und auch den Verlust der Frau, die ihr wie eine liebe Tante war, während Darcy die Rolle der Mutter in ihrem Herzen innehatte. Thor zuckte zusammen, als Darcy ihn sachte an der Schulter berührte. „Vertrau ihm!“, sagte sie. Cara hatte sich durch reichlich Gestrampel aus dem Griff ihrer Tante befreit und hielt nun eine Hand von Damion. So konnte sich Darcy problemlos neben Thor setzen. „Es schmerzt so sehr, sie vor mir zu sehen und sie doch nicht bei mir zu wissen!“, sagte er betrübt. „Ich weiß!“, antwortete Darcy und legte ihren Kopf auf Thors Schulter. „Geht mir genauso!“  Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)