Im Zeichen des Rukh von Erenya ================================================================================ Prolog: Die Pfütze ------------------ Schwarze Flecken... vielleicht eine Sonnenfinsternis. Nein, eine Sonnenfinsternis war nicht fleckig. Genauso wenig wie Jesus eine weiße Kufiya trug, die von seiner Dornenkrone gehalten wurden... Seltsam, oder? Schwarze Flecken... Ist schwarz besser als grün? Wie komme ich auf grün? Ich hole tief Luft und stoße sie, so gut es eben geht, aus. Da hat mich doch beinahe eine Pfütze ertränkt, wie erbärmlich. War das vor oder nach den schwarzen Flecken gewesen? War danach dieser Jesus mit Kufiya da gewesen? Gott mein Kopf fühlt sich so breiig an. Immerhin ich bin nicht in der Pfütze ertrunken. Ich liege hier, auf dem Boden, umgeben von Regalen und Licht und einem blauen, freundlich lächelnden Kopf. Alltägliches ebe- Moment! Pausetaste, bitte! Ein Kopf, blau? Lächelnd? Erde an Hirn! Was ist daran bitte alltäglich? Ich blinzle und registriere erst jetzt, dass ich an einem Ort bin, der mir vollkommen unbekannt ist. Also nicht so bekannt, wie der wo ich herkomme. Keine Ahnung wie ich hier gelandet bin. Vielleicht bin ich doch in der Pfütze ertrunken... Peinlich wenn dem so ist. Dann stehe ich sicher am nächsten Tag in der Zeitung. Zeitung? Äh... Dieser lächelnde Kopf ist wirklich riesig. Ist das normal? Und warum ist er so blau? Halt, halt... Bleib beim Thema. Also wo war ich? Genau der riesige lächelnde Kop- Nein, nein... Warum ist dieser Kopf nur so auffällig? Ich merke, dass ich ihn anstarre, nachdenklich. Er hat immerhin keine schwarze Flecken, nur schwarze Haare. Was waren das nur für schwarze Flecken? Und warum ist dieser Kopf so riesig? Wie groß ist dann erst der Körper? Ich versuche vorbei an den weißen, formlosen Etwasen zu sehen und sehe... Nichts. Moment, da stimmt doch etwas nicht. Selbst ich habe in Biologie nicht so sehr geschlafen. Ein Kopf braucht einen Körper, außer man ist der kopflose Reiter. Und dieser Kopf sieht nicht wie der des kopflosen Reiters aus. Ich bin verwirrt und verwundert. Wie kann dieser Kopf lächeln, ohne Körper, und blinzeln Moment, der Kopf hat geblinzelt! Wie geht das? Das geht doch nur mit einem Körper. Als wolle ich mir das beweisen, versuche ich an mir runter zu sehen und... sehe nichts. Naja fast nichts. Da ist schon etwas. So ein wenig unförmige Masse, die denen der Etwase gleicht. Hatte ich nicht mal so etwas wie einen Körper? Wo war er hin? Meine Brüste, mein Hals, mein Bauch, meine Beine. Wo? Angestrengt verdrehe ich mich und versuche an mir runter zu sehen und doch noch Stummel oder Anzeichen eines ehemaligen Körpers zu entdecken, doch nichts. Sind dann Köpfe doch so normal? Also körperlose Köpfe? Wahrscheinlich. Ernst sehe ich den Kopf an. Aus meiner Sicht ernst, wenn ich aussehe wie die restlichen Etwase, wird er das nicht merken. Zumindest lächelt er weiter. „Und du bist?“, versuche ich fragend hervor zu quetschen. Doch nichts, kein Laut, kein Stimmchen... Oh Mist, haben diese Etwase etwa nicht einmal Stimmbänder? Schande! Wie soll man da ordentlich kommunizieren, he? „Ugo.“ Ich blinzele, oder hoffe zumindest, dass ich das tue, als der Kopf mich ansieht und zu antworten scheint. Ugo? War das eine Lautmalerei so wie 'Ka Bara Bara' oder war das ein Name? Wie kann ich ihn nur fragen, wenn ich keine Stimme habe? Ich gestehe, ich bin nicht gut in Zeichensprache, dafür liebe ich meine Worte viel zu sehr. Argh, Mist. „Das ist mein Name. Ugo.“ Oh Gott, hat er meinen monotonen Ausdruck verstanden? Ein Glück. Moment... wie kann er mich verstehen? Unheimlich. Ich schleiche näher zu ihm ran und bemühe mich mit dieser unförmigen Masse, die man Körper schimpfen soll, einen Arm zu bilden. Ich glaube es klappt. „Es freut mich auch dich kennenzulernen.“ Er versteht mich! Ja! Er versteht mich. Traumhaft. Okay, was kommt als nächstes? Ach ja, die Frage nach dem, wo ich gerade eigentlich bin. Ich drehe mich im Kreis. Sieht aus wie eine Bibliothek. Allerdings nicht wie die meiner ehemaligen Uni. Sicher dauert es eine halbe Ewigkeit die Bücher hier zu lesen. Gut in meiner jetzigen Form, zwei halbe Ewigkeiten. Das macht also eine ganze Ewigkeit. „Du bist im heiligen Palast.“ Ich bin immer noch davon fasziniert das der Ugo-Kopf mich versteht. Wie macht er das? Nicht einmal ich verstehe die anderen Etwase und das obwohl ich gerade ein Etwas bin. Aber gut, ich habe eine Antwort auf meine Frage. Im heiligen Palast also. Wo auch immer das sein soll. Geographisch bin ich sowieso eine Niete. Wobei mich die leise Ahnung beschleicht, ich meine nachdem ich keinen Körper habe, sollte das offensichtlich sein, dass es nicht gerade um die Ecke meiner Heimatstadt liegt oder ein neues Fast Food Restaurant ist. Nachdenklich krieche ich hin und her. Wie also komme ich hier her? Nawwww wenn ich mich nur erinnern könnte. Aber da ist nichts außer Jesus mit Kufiya, schwarze Flecken und die Pfütze. Die war mit Sicherheit kein Portal. Hoffe ich. Sonst mache ich in Zukunft einen großen Bogen um Pfützen. Natürlich nur wenn ich irgendwie zurück nach Hause komme. „Worüber denkst du so angestrengt nach?“, möchte Ugo freundlich wissen. Vielleicht kann er mir ja helfen. Wäre zumindest praktisch. Sofort beginne ich, irgendwie meine Masse zu bewegen und meine Geschichte zu erzählen, während mir im Kopf die Worte zur Benutzung bereit liegen. Meine Bewegungen sind hektisch, aber hey, das wird man mir wohl verzeihen, immerhin passiert einem so etwas nicht jeden Tag. Ugo scheint mir schweigend zuzuhören, versinkt ebenfalls in Gedanken und schließt die Augen. Was ihm wohl gerade durch den Kopf geht. Okay, in Anbetracht der Tatsache, dass er nur ein Kopf ist... klingt das seltsam. Sehr seltsam. Aber gut, vielleicht hat er ja eine Idee. Mir fällt zumindest nichts ein. Meine Hoffnungen ruhen nun also ganz allein auf diesen gigantischen Schädel. „Das ist in der Tat seltsam. Und dann landest du hier bei mir...“ Immerhin sind wir uns in dem Punkt einig. Das es seltsam ist. Sofort mache ich klar, dass das nicht akzeptabel ist. Das ich zurück will, irgendwie und frage mich gleichzeitig, ob Ugo das überhaupt bewerkstelligen kann. Und ob ich meinen Körper dann wieder zurück bekomme. Nicht das ich sonderlich scharf darauf bin wieder diesen Körper zu haben, aber etwas förmigeres, wäre doch schon schick. „Du möchtest also nicht hier bleiben?“ Sofort drehe ich mich im Kreis als würde ich den Kopf schütteln, Gott dieser massige Körper ist wirklich schwer zu bedienen. Das kann ich sicher nicht ewig mitmachen. Ich will meinen Körper zurück, oder zumindest einen Körper. Schließlich bin ich ein Gewohnheitstier und mir fällt es schwer mich an etwas zu gewöhnen, das dauert lange. Eine halbe Ewigkeit. Oder in diesem Körper eine ganze Ewigkeit. Das haben wir ja schon festgestellt. Erneut scheint Ugo nachzudenken. „Du bist sicher nicht in der Pfütze ertrunken?“, fragte er nach. Wahrscheinlich nur um sicher zu gehen. Aber ich bin mir sicher, nicht in der Pfütze ertrunken zu sein. Zumindest hoffe ich das. Dieses Mal hebe und senke ich meinen Körper, als wollte ich nicken. Ugo versteht mich. Weiterhin gestikuliere ich mit allem was ich an Möglichkeiten habe. Der Tod ist für mich einfach keine Option. Nicht bei meinen neun Katzenleben, von denen ich noch fünf übrig habe. Außer das beinahe ertrinken in einer Pfütze zählt dazu, dann sind es nur noch vier. So ernst ich kann sehe ich Ugo an. Zurück, ich will zurück. Ugo bemerkt, wie ernst mir das ganze ist. Sein Kopf rollt, dank der Etwase ein wenig nach vorne. Oder rollt er von alleine und die Etwas halten ihn nur fest? Wahrscheinlich will er ein Nicken symbolisieren. „Dann solltest du gehen.“ Die Etwase drehen Ugo in eine Richtung, in der sich eine Tür befindet. Moment! Wo kommt die gerade her? War die schon immer da? Warum interessiert mich das eigentlich? Das ist eine Tür. Wenn er mich gehen lässt, kann es nur bedeuten, dass diese Tür zurück nach Hause führt. Glücklich darüber zurück zu gehen, wahrscheinlich wache ich dann in meinem Bett auf und merke, dass alles, inklusive der Pfütze, nur ein Traum war, krieche ich auf die Tür zu und höre wie sie aufgeht. Ein letztes Mal wende ich mich Ugo zu und versuche zu winken. Soviel Zeit und Dankbarkeit soll sein, selbst wenn ich im Bett aufwache. Meine Eltern haben bei der Erziehung ja nicht vollständig versagt. Mit aller Macht winke ich Ugo also zu, bevor ich durch die Tür krieche. Ein starker Wind weht mir durch meine offenen, dunkelblonden Haare, die mir meine Sicht verdecken. Ich hebe meine Hände und streiche sie mir hinters Ohr, auch wenn sie kurze Zeit später wieder vor meinen Augen hängen. Moment... Hände? Ich blinzel und starre mit freudiger Fassungslosigkeit auf meinen Körper. Ich habe Hände. Gut nicht dass das neu wäre, aber nach der kurzen Zeit als unförmiger Klops ist das doch schon eine nette Wendung. Begeistert taste ich an meinen Körper hinab. Moment... das sind meine Haare, meine Brüste, meine Hände... verdammt wo ist mein Bauch. Vorsichtig taste ich weiter ab, während mir der Wind um die Ohren pfeift. Mein Bauch ist flacher, ebenso mein Po und meine Hüfte! Wo ist mein Fett hin? Nicht das mich diese Entwicklung jetzt entsetzt. Ich wollte schon immer ein paar Kilo abnehmen, aber das. Wow. Dagegen ist Heidi Klums Nothing-you-can-eat Kur echt ein Witz. Mit einem Grinsen denke ich an unsere Magermodels, als mir plötzlich klar wird, dass ich keinen Grund zum Grinsen habe. Wo bin ich eigentlich? Und warum denke ich erst jetzt an diese Frage? Ich meine, so windig ist es bei uns nicht, glaube ich zumindest. Ich streiche mir also die Haare aus dem Gesicht und sehe unter mir nichts außer weites Blau. Blau, so wie Himmel. Da der Wind mir aber von unten entgegen rauscht, gehe ich nicht davon aus, dass es sich bei diesem Blau um Himmel handelt. Das Blau des Himmels wäre sowieso viel schöner gewesen und hätte nicht so einen leichten Grünstich wie... In mir zieht sich alles zusammen. Langsam dämmert es, was dieses Blau ist. Es kann ja nur eines sein, wenn es nicht der Himmel ist. „WASSER!“, schreie ich panisch und überlege nach einer Möglichkeit dem feuchten Nass zu entfliehen, als ich auch schon auf der Wassermasse aufkomme und von dem Druck in die Tiefe gezerrt werde. Verdammt ich kann nicht schwimmen. Ich hab nicht einmal das Seepferdchen. Für gewöhnlich meide ich Wassermassen die tiefer als eine Pfütze sind. Welch Ironie, dass mich heute schon eine Pfütze beinahe ertränkt hätte. Und da das nicht geklappt hat, fahren die Wassergötter nun die großen Geschütze auf. Hektisch übe ich Bewegungen aus, die mich eigentlich an die Oberfläche bringen sollen. Mein Fett hätte mir jetzt geholfen, der Volksmund sagt ja, fett schwimmt. Kurz verfluche ich die Tatsache, dass ich den Schwimmunterricht hin und wieder erfolgreich geschwänzt und mich im Abitur sogar gut davor gedrückt habe. Mit viel Mühe und Kraft schaffe ich es immer wieder, durch die Oberfläche zu dringen, nur um wieder unterzugehen und den Kampf von neuem zu beginnen. Ich hab nicht einmal die Zeit um Hilfe zu schreien. Ich strample, trete, fluche, ja zum fluchen darüber dass es ausgerechnet Wasser sein muss habe ich Zeit, und hoffe, dass ein Wunder mich errettet. Bis... Etwas meine Handgelenk packt und mich an die Oberfläche zieht. Sicher und mit der Gewissheit, dass ich nicht erneut untergehen werde. Keuchend und schwer atmend, nehme ich nur eines wahr... Dieser Mann, der mich gerettet hat, ist nicht Nick von meiner Arbeitsstelle. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)