Tessaiga no sentaku von Mimiteh ("Tessaigas Wahl") ================================================================================ Kapitel 5: Enthüllung oder: Ein neues Team ------------------------------------------ Fast wäre der Schmied vor Schreck von seiner Kuh gepurzelt, aber er fing sich gerade noch und sprang einigermaßen gefasst zu Boden. „Sesshômaru-sama…“, stotterte er, ehe er im nächsten Moment schon wieder vergessen zu haben schien, dass der InuYôkai anwesend war. Stattdessen wackelte er auf Kagome – oder besser, auf Tessaiga – zu und streckte auffordernd die Hand aus. „Gib mir das Schwert!“ Kagome erstarrte. Tessaiga war InuYashas ureigenes Schwert gewesen. Von Anfang an für ihn gemacht. Zu Beginn, als er es noch nicht wirklich pfleglich zu behandeln wusste, hatte Tôtôsai schon einmal gedroht, Tessaiga zu zerstören, weil es keinen rechtmäßigen Meister hatte. Hatte er das etwa jetzt vor? Unwillkürlich presste sie das Schwert fester gegen ihre Brust. „Tôtôsai, bitte. Lass es ganz. Es… es soll wenigstens ein Andenken sein“, sagte sie leise. Tôtôsai rollte mit den riesigen Augen. „Wer spricht von nicht ganz lassen? Ich will gucken, was kaputt ist! So heftig hat sein Bannkreis noch nie reagiert, nicht einmal ganz am Anfang, als er noch nicht richtig justiert war. Und jetzt gib‘ schon!“ Der alte Schmied griff nach dem unteren Ende von Tessaigas Scheide und zerrte daran. Kagome legte verwirrt die Stirn in Falten. „Es ist nicht kaputt. Der Bannkreis hat sich ganz zu Recht aktiviert“, bemerkte sie unentschlossen. Tôtôsai hielt inne, ohne die Hand zu senken. „Aber so heftig“, wandte er unbeugsam ein. Da trat Sesshômaru wieder einen Schritt näher. „Yukio“, konstatierte er knapp und Tôtôsai zuckte noch heftiger zusammen, als bei der ‚Begrüßung‘ zuvor. Beinahe hätte der alte Schmied das Gleichgewicht verloren und so ließ er Tessaiga los und ruderte mit den Armen um wieder festen Stand zu bekommen. „Yu-yukio?“, keuchte er dabei. Sesshômaru ließ sich dazu herab, zu nicken, während Kagome die Welt nicht mehr verstand. Yukio war ein Name, das war ihr klar. Meinte Sesshômaru damit etwa diesen Täuschungs-Dämon, der ihr vorgegaukelt hatte, InuYasha zu sein? Kannte er den? Es sah ganz so aus. Und auch Tôtôsai schien der Name ganz offensichtlich nicht fremd zu sein. Da mischte sich plötzlich eine weitere Stimme in das Gespräch mit ein: „Das schwarze Schaf der Familie, jaja….“ Es war Myôga. Weil die einzige Reaktion auf sein Auftauchen aber ein fragender Blick seitens Kagome war, fuhr der Flohdämon in ihre Richtung fort: „Yukio ist ein… nun ja, nicht ganz Cousin von Sesshômaru-sama, aber so etwas Ähnliches.“ „Dann ist der Kerl ein Inu gewesen?“, wollte Kagome wissen, die langsam zu verstehen glaubte. „Hai, Kagome-sama. Und er ist für diese Familie das, was Shunran für die Panther ist“, erwiderte der Flohgeist und wechselte von Tôtôsais Kopf zu Kagomes Schulter über. Die glaubte zu verstehen. Shunran, die Jüngste der Panthergeschwister, war Illusionsmagierin. Genau das schien Yukio auch gewesen zu sein. Und leider ein nur zu guter. „Yukio gehörte zu einem Familienzweig der vor einigen Generationen bereits abgestoßen worden ist. Aber er war dreist genug, immer wieder angekrochen zu kommen. Er ist selbstverliebt, einfallsreich und sehr hartnäckig“, erklärte Myôga von dort aus weiter. „War“, mischte Sesshômaru sich wieder ein und zeigt mit einer leichten Handbewegung auf das, was von seinem ungeliebten Familienmitglied übriggeblieben war. „Oh…äh, gut. War, Sesshômaru-sama. Jedenfalls hat Yukio nach dem Tode Oyakata-samas versucht, sich bei Sesshômaru-sama einzuschleimen, indem er sich auf die Fahnen schreibt, InuYasha-sama das Leben schwer zu machen. Allerdings ist er nie wirklich dazu gekommen, weil er ganz genau wusste, dass er Sesshômaru-sama selbst besser nicht unter die Augen tritt, ehe er irgendetwas Großes vollbracht hat. Und…äh….“ Myôga verstummte mit einem kurzen Seitenblick zu dem weißhaarigen InuYôkai. Kagome nickte leicht. Sie hatte verstanden. Dadurch, dass Sesshômaru selbst immer hinter InuYasha her gewesen war, hatte er diesen ungewollt vor Yukio beschützt. Sie seufzte tief. „Schön und gut, aber diesmal hat dieser Yukio sein Ziel erreicht. Er hat mich mehr als einen Tag lang zum Narren gehalten. Und…“, sie schluckte, ehe sie weitersprechen konnte, „…wenn ich es richtig interpretiere… dann hat er InuYasha getötet.“ Im nächsten Moment segelte Myôga ohnmächtig von ihrer Schulter. Kagome konnte ihn gerade noch auffangen, aber sie konnte ihn verstehen. Am liebsten hätte sich sie sich einfach fallen gelassen und wäre so lange liegen geblieben, bis sich das alles hier als schrecklicher Albtraum heraus stellte. „Tot?“, krähte Tôtôsai dazwischen. Der Schmied stand plötzlich wieder ganz aufrecht da. „Schwachsinn, tot. Tessaigas Meister lebt und da das Hundebaby Tessaigas Meister ist – ob es mir gefällt oder nicht – lebt auch das Hundebaby noch. Ist doch logisch, oder?“ Im nächsten Moment kam Tôtôsai in das ebenso seltene wie zweifelhafte Vergnügen, nicht nur in Kagomes, sondern auch in Sesshômarus Augen Fassungslosigkeit zu lesen. „Wage es nicht, zu lügen, Tôtôsai!“, drohte der InuYôkai, aber ausnahmsweise blieb Tôtôsai standhaft. „Wenn ich doch sage, dass das Hundebaby noch lebt“, murrte er beleidigt, ehe er sich umdrehte und so schnell auf seiner Kuh war, wie man es von ihm nicht erwartete. Gleich darauf war Mô-Mô im gleichen Lichtblitz, in dem sie gekommen war, auch schon wieder verschwunden. Zurück blieben die anderen drei. „Aber wenn du seinen Leichnam doch gesehen hast…“, wisperte Kagome, ganz als traute sie sich nicht, ihre erleichterte Stimme lauter werden zu lassen. Sie konnte es noch immer kaum glauben, was Tôtôsai da gesagt hatte. Sesshômaru zeigte keinerlei Reaktion, seine Miene war wieder ausdruckslos. Dafür ruderte Myôga, der inzwischen wieder wach war, mit seinen Ärmchen. „Dann gibt es nur eine Möglichkeit“, rief er aufgeregt. Sesshômaru richtete seinen goldenen Blick auf den Flohgeist, der noch immer auf Kagomes Handfläche stand. „Lebensverbindende Illusion“, konstatierte er. Der alte Berater seines Vaters nickte heftig. „Dann muss InuYasha von Yukio angegriffen worden sein und dem Bann erlegen sein. Yukio streifte sich seine Identität über, nahm sein Aussehen an sich und ließ ihn liegen. So fandet Ihr, Sesshômaru-sama die leblose Hülle.“ Sesshômaru wirkte nachdenklich. „Tenseiga“, wandte er ein. Für einen Moment schien Myôga überrascht, dann fing er sich wieder. „Ein seelenloser Körper ist wie ein Untoter. Zu mindestens behandelt ihn Tenseiga so, wenn ich mich recht erinnere, was Tôtôsai einst Eurem Vater erklärte. Wird ein Unterweltwesen von Tenseiga zerstört, verfliegt sein Antlitz, es kehrt in die Unterwelt zurück und bekommt dort einen neuen Körper. So muss es auch mit InuYasha-samas Hülle gewesen sein.“ Kagome zog scharf die Luft ein. „Dann ist InuYasha in der Unterwelt?“ Zu ihrer Erleichterung schüttelte Myôga heftig den Kopf. „Wie soll er denn da hinkommen. Nein, sein Körper gehört auf diese Erde, dementsprechend wird er auch hier bleiben, selbst wenn Tenseiga ihn zerschlagen hat. Aber Tenseiga hat auch die Macht, die Seele in den Körper zurückzugeleiten. Da zu diesem Zeitpunkt aber Yukio noch Gebrauch davon machte, war InuYasha-samas Seele für Tenseiga nicht zu erreichen. Jetzt wo Yukio tot und die Illusion gelöst ist… da wird sich seine Seele wohl einen Leihkörper gesucht haben. Jemanden, der dem Tode nahe stand und dessen eigene Seele dadurch leicht zu verdrängen war. Der Leihkörper weiß nicht, was ihm da innewohnt, aber er erhält die Seele“, erklärte er rasch. Kagome blinzelte ein wenig. „Ist es schlimm, dass mir das alles im Moment ein bisschen zu schnell geht?“, fragte sie niemand bestimmten. Erst musste sie mit ansehen, dass ihr sämtliche Felle davonschwammen und jetzt… jetzt könnte sie InuYasha vielleicht zurückgewinnen? Aber… „Wie können wir ihn dann finden?“ „Tessaiga wird es können“, stellte Sesshômaru klar, ehe er sich umdrehte und wortlos verschwand. Kagome sah ihm kurz hinterher, musterte dann das Schwert, das sie in Händen hielt. Da stand sie nun alleine da. Eine einzelne Träne rann über ihre Wange. Es lag jetzt an ihr, InuYasha zu retten. An ihr und Tessaiga. Vielleicht war das der eigentliche Grund, warum der Brunnen sich noch einmal geöffnet hatte. Weil InuYasha sie brauchte. Myôga plapperte derweil weiter vor sich hin, anscheinend nur um keine Stille aufkommen zu lassen: „Yukio ist übrigens ein Meister der Bannkreise gewesen. Er wusste Bannkreise richtig im Krieg einzusetzen. Bannkreiskuppeln, die alles zerstören, was in ihnen war, Bannkreise, die Teile des Schlachtfeldes verschwinden ließen und das über Tage, um dann auf einmal zu enthüllen, dass er noch eine ganze Menge Krieger in Petto hatte. Solche Bannkreise ließen sich nur erkennen, weil sie durch die ihnen innewohnende Magie außen wie innen von einer Aschebahn umzogen waren.“ „Aschebahn?“, echote Kagome und hob ruckartig den Kopf. Kann das sein? Ist das Verschwinden des Dorfes nur eine Finte gewesen? Alles Teil dieses infamen Plans? Sind die anderen etwa noch am Leben? Sie wagte es nicht zu hoffen, so hartnäckig diese Ahnung sich aufdrängte. Stattdessen schüttelte sie ein wenig den Kopf. Es war zu abwegig. Sie blickte auf ihre Handfläche. „Bleibst du bei mir, Myôga? Dann bin ich wenigstens nicht ganz allein.“ „Aber gerne doch, Kagome-sama“, antwortete der Flohgeist und nickte bekräftigend. Doch etwas beruhigt setzte Kagome sich in Bewegung. Myôga war so ziemlich der ungeeignetste Beschützer den es gab, aber es tat gut, einen Bekannten bei sich zu wissen. Ohne ihren Schritt zu unterbrechen, sah sie zum Himmel auf. „Ach, InuYasha. Es ist beinahe zum Lachen. Damals warst du für mich da, noch ehe du es wolltest und ehe ich mich darauf verlassen habe. Jetzt liegt es an Tessaiga und mir, ob ich dir beweisen kann, dass auch ich für dich da bin. Aber alles ist besser, als wenn du tatsächlich tot wärst. Ich verspreche, ich werde alles in meiner Macht stehende tun, deine Seele zu finden und wiederzuerwecken, egal wie lange es dauern mag. Hauptsache, du bleibst bis dahin am Leben.“ „So schnell bringt das Halbblut keiner um.“ Kagome wirbelte herum, erkannte Sesshômaru auf der Hügelkuppe stehen. Täuschte sie sich, oder klang Genugtuung aus der Stimme des InuYôkai? Und überhaupt… warum war er zurückgekehrt? Im nächsten Augenblick erkannte sie eine zweite Gestalt, hinter dem Weißhaarigen, eine zweiköpfige Gestalt. Der Drache… AhUhn? Kagome verstand die Welt nicht mehr, zumal Sesshômaru nun zu ihr hinab kam. AhUhn folgte ihm auf dem Fuße, hinterher taumelte ein etwas geplätteter Jaken, der sicher gerade wieder als Fußabtreter hatte herhalten dürfen. Neben Kagome blieb Sesshômaru stehen. „Steig‘ auf!“, befahl er neutral. Kagome sah ihn erstaunt an, sah aber davon ab, zu fragen, was das sollte. Eine Antwort hätte sie vermutlich sowieso nicht bekommen. Stattdessen trat sie etwas zögerlich an den zweiköpfigen Drachen heran. Vorsichtig strich ihre Hand über den schuppigen Hals, ehe sie nach dem Sattel griff und sich auf den Rücken des Tiers zog. Tessaiga noch immer fest in der Hand, blickte sie wieder zu Sesshômaru. Warum bei allen Göttern kam er auf die Idee, ihr zu helfen? Denn dass er sie offensichtlich begleiten wollte, InuYasha zu suchen, war offensichtlich. Die Frage schien ihr ins Gesicht geschrieben zu sein, denn ehe sie etwas sagen konnte, antwortete Sesshômaru bereits: „Rin ist unter dem Bannkreis gefangen. Und es gibt nur eine Waffe, die stark genug ist, einen solchen Bannkreis zu zerstören.“ Kagome lächelte unwillkürlich ein wenig. Klar, dass er Tessaiga meinte. Und Tessaiga konnte nur von InuYasha geführt werden. Also mussten sie InuYasha finden. Das hast du dir ja schön ausgedacht, Sesshômaru. Du schaffst es auch immer wieder, eigennützige Argumente für uneigennützige Handlungen zu finden… Dennoch war es ein beruhigendes Gefühl, einen Begleiter mehr gewonnen zu haben. Danke für deine Hilfe… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)