Tessaiga no sentaku von Mimiteh ("Tessaigas Wahl") ================================================================================ Kapitel 2: Sesshômaru --------------------- InuYasha verengte die Augen, als er stehen blieb. Nur zu gut erkannte Kagome, dass er witterte. „Was?“, fragte sie mit ein wenig bebender Stimme. InuYashas Antwort war ein unterschwelliges Knurren. „Irgendein dämlicher Oni. Bärenverwandt würde ich sagen.“ Kagome tat unwillkürlich einen Schritt zurück. „Ich habe keine Waffe, InuYasha“, bemerkte sie leise. Der Hanyô wandte sich zu ihr um, eine seiner Hände legt sich auf ihre Schulter. „Habe ich dich jemals nicht beschützt?“, wollte er wissen. Kagome schüttelte rasch den Kopf. Man konnte ihm ja einiges vorwerfen, aber nicht, dass er sie nicht aus jeder Gefahr geholt hätte, in die sie im Laufe ihrer Abenteuer geraten war. Im Zweifelsfalle war er immer da gewesen, auch völlig egal, wie schwer verletzt er selber war. Da brach der Oni bereits aus dem Wald. Seine gelb leuchtenden, pupillenlosen Augen richteten sich sofort auf InuYasha. Er stieß ein dröhnendes Lachen aus. „Ein halbdämonischer Trottel… na das sollte einfach werden, ihm sein Püppchen abzunehmen…“, grollte der großgeratene Bär. InuYasha knurrte. Ohne lange zu taxieren sprang er ab, seine rechte Klaue beschrieb einen großen Bogen: „Sankontessô!“ Der Bär riss noch das Maul auf, dann zerfiel er in vier handliche Stücke. InuYasha kam kopfschüttelnd wieder auf dem Boden auf und klopfte sich die Hände aneinander ab. „Immer diese Großkotze“, knurrte er vor sich hin, ehe er wortlos seinen Weg fortsetzte. Kagome rannte ein Stück, um ihn wieder einzuholen. „Hey, warte doch auf mich!“, rief sie. Tatsächlich verlangsamte der Hanyô seine Schritte, bis sie aufgeschlossen war. Kagome lachte leise. „Na so was, mich einfach stehen lassen. Weißt du, an wen du mich gerade erinnerst?“ Da keine Erwiderung kam, gab sie die Antwort selbst. „An Sesshômaru. Das ist doch sonst sein Metier, nicht auf andere zu warten.“ Zu ihrer grenzenlosen Überraschung reagierte InuYasha nicht auf die Stichelei. Kein bissiger Kommentar? Auch wenn sie Frieden geschlossen haben, er lässt doch sonst keinen Spruch aus… Kagome schüttelte leicht den Kopf. InuYasha hatte sich in den vergangenen drei Jahren offenbar sehr verändert. Ob ihr das gefallen sollte, wusste sie aber noch nicht so recht. ___ Am Abend schlugen sie das Lager an einem lichten Waldrand auf. Kagome bemühte sich, ein kleines Feuer zu entzünden und nach ein paar Versuchen gelang es ihr tatsächlich. Dann setzte sie sich neben InuYasha. „Sag mal… was meinst du, wie weit die beiden weg sind?“ „Sango und Miroku? Keine Ahnung. Was sie sagten hört sich aber nach ziemlich weit an. Wir werden noch ein paar Tage unterwegs sein.“ Einen Moment lang sagte keiner von beiden etwas, dann rückte Kagome ein wenig näher an den Hanyô heran und bettete den Kopf auf seine Schulter. „Ich bin froh, wieder hier zu sein. Meine Familie… ich werde sie sehr vermissen. Aber hier zu sein, bei dir, das… ist mir wichtiger. Die Jahre der Trennung haben mir das deutlich klar gemacht.“ InuYasha lächelte ein wenig. „Das freut mich sehr, Kagome. Ich… ich habe immer gehofft, dass du eines Tages zurückkehren würdest“, erwiderte er mit erstaunlich sanfter Stimme und hob eine Hand um sie behutsam durch ihre Haare gleiten zu lassen. In ihrem Nacken angekommen verharrte er und löste sich ein wenig von ihr um sich zu ihr umzudrehen. Dann neigte er leicht den Kopf. Kagome spürte einen leichten Schauer, als sein Atem ihre Wange berührte. Seit wann übernahm er denn bei so etwas die Initiative? Aber sie ließ es sich nur zu gerne gefallen, dass er sie zu sich zog und seine Lippen auf ihre legte. Langsam schloss sie die Augen, schmiegte sich enger an ihn. InuYasha nahm das als Erlaubnis, forscher zu werden. Langsam drückte er sie rücklings auf den Boden, legte sich neben sie, was ihn aber nicht daran hinderte, mit der Hand erst unter ihre Strickjacke, dann auch unter das Shirt zu fahren. Hat er das vor, was ich glaube? Es sind Jahre vergangen, wir sind wohl beide erwachsener geworden. Aber… nach allem was geschehen ist, geht mir das eindeutig zu schnell… Als er sich gerade erneut über sie beugte, schob sie ihn sanft aber bestimmt von sich. „Nicht, InuYasha. Noch nicht. Ich mache mir viel zu viele Gedanken um jetzt an so etwas zu denken…“, brachte sie leise hervor, ihre Wangen waren gerötet, aber sie blieb standhaft, bis InuYasha sich wegschieben ließ und ruckartig aufstand. „Schon verstanden. Verzeih, Kagome…“, murmelte er, ehe er sich entfernte und aus dem Stand auf den nächsten Baum setzte um sich auf einem dicken Ast niederzulassen. Kagome blickte ihm blinzelnd nach, während sie sich auf die Seite rollte. Ist er jetzt beleidigt? „Was tust du denn da oben?“, rief sie ihm hinterher. „Na was wohl? Wache halten“, gab er zurück und in seiner Stimme lag ein leichtes Knurren. Kagome runzelte etwas die Stirn. Ja, der war beleidigt. Aber warum? Machte er sich etwa keine Sorgen um Sango und Miroku? In diesem Moment musste sie hartnäckig gähnen. Erst jetzt wurde ihr bewusst, wie müde sie war. Immerhin war sie zum ersten Mal seit Jahren wieder Stunden am Stück durch die Gegend gewandert. Sie beschloss, sich morgen weiter Gedanken über InuYasha zu machen. Egal wie er drauf war, sie hatte sich immer darauf verlassen können, dass er über sie wachte. Das hatte er schon von Anfang an getan. Also bettete sie den Kopf auf die Hände und schloss die Augen. Sekunden später war sie weggedämmert. ___ Am nächsten Morgen brachen sie früh auf. Ab und an witternd hielt InuYasha eine schnurgerade Spur Richtung Westen ein, so früh am Tag konnte Kagome das gut erkennen, weil sie mit der Sonne im Rücken liefen. Irgendwann gegen Mittag spürte Kagome, dass der Durst langsam unerträglich wurde. Sie hatte zuletzt gestern Abend, kurz bevor sie ihr Lager aufschlugen, etwas getrunken und langsam wurde ihr die Kehle rau. „Kannst du irgendwo Wasser riechen?“, wollte sie wissen, die ersten Worte seit einiger Zeit, die sie mit InuYasha wechselte. Er benahm sich immer seltsamer und seit sie ihn am Abend zurückgewiesen hatte, schien er seine Gekränktheit noch immer nicht ganz abgelegt zu haben. Auch jetzt antwortete er einsilbig. „Dort.“ Dabei nickte er hinter eine Hügelgruppe, die sich nicht weit entfernt erhob. Als Kagome die Richtung wechselte, machte er aber keine Anstalten, ihr zu folgen. „Geh nur“, forderte er sie auf, als sie sich fragend nach ihm umblickte. Kopfschüttelnd setzte Kagome ihren Weg fort. Was sollte das denn bitte? Was hatte er jetzt davon, auf sie zu warten, anstatt sie einfach zu begleiten? Aber bitte, wenn der Herr so wollte. Sie brauchte nicht lange, bis zu dem kleinen Bachlauf, den InuYasha gewittert hatte und nachdem sie sich kurz umgesehen hatte, kniete sie sich an der Böschung hin und begann mit der Hand Wasser zu schöpfen. Wie sie es aus dieser Epoche gewohnt war, schmeckte es klar und rein. Doch plötzlich ließ ein unbestimmtes Gefühl sie innehalten. Langsam hob sie den Blick – und erkannte etwas Weißes im Blattwerk eines nahen Baumes. „Sieh an, du bist also wieder da“, erklang eine neutrale Stimme und Kagome unterdrückte gerade noch ein Zusammenzucken. Etwas Wasser rann auf ihren Rock und hinterließ einen dunklen Fleck, aber das merkte sie nicht einmal. Sie kannte diese Stimme von früher. Und sie war mit etwas gemischten Erinnerungen verbunden. „Sesshômaru?!“ Jetzt hatte sie den silberhaarigen InuYôkai auch erkannt. Er stand aufrecht und reglos auf einem Ast des Baumes und sah emotionslos zu ihr herunter, gab natürlich keine Replik. Aber anscheinend hatte sie seinerzeit doch so viel Eindruck bei ihm hinterlassen, dass er sich an sie erinnerte. Kurz musterte sie ihn. Er trug die übliche Kleidung, aber etwas störte sie. An seiner linken Hüfte sah sie wie gewohnt zwei Schwerter in dem bunten Schleifentuch stecken. Tenseiga und Bakusaiga. Aber auf der rechten Seite hing ebenfalls etwas in dem Stoffband. Es war anscheinend eine dritte Waffe, allerdings komplett in einen weißen Stoff gehüllt, in dem Kagome die gleiche Seide vermutete, aus der auch sein Gewand bestand. Nur an einer kleinen Stelle war die Umhüllung verrutscht und sie konnte das Schwert sehen. Augenblicklich erkannte sie die abgewetzte Griffumwicklung. Ihre Augen weiteten sich. Tessaiga! Ihr war bisher gar nicht aufgefallen, dass InuYasha es nicht mehr trug. „Wo hast du es her?“, fragte sie hitzig. Die Hände hatte sie unwillkürlich zu Fäusten geballt. Sesshômaru tat erst gar nicht so, als habe er nicht verstanden, wovon sie redete. „Ich habe es ihm abgenommen“, erwiderte er stoisch gelassen und verzog dabei keine Miene. Kagome stieß die Luft aus. „Du hast doch Bakusaiga! Ich dachte, ihr habt euren Streit endlich beigelegt.“ Da setzte Sesshômaru elegant von seinem Ast herab und blieb nur ein paar Schritte von ihr entfernt, am anderen Bachufer stehen. „Das haben wir auch“, bemerkte er schlicht. Kagome runzelte die Stirn, kam aber zu keiner Erwiderung, denn Sesshômaru sprach noch weiter. Und diesmal glaubte sie zugleich in seinen Augen einen Funken Bedauern ausmachen zu können: „InuYasha ist tot.“ Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)