Tessaiga no sentaku von Mimiteh ("Tessaigas Wahl") ================================================================================ Kapitel 1: Wiederkehr mit Schrecken ----------------------------------- Was wäre wenn… Kagomes Gefühle nach drei Jahren Trennung den Brunnen wieder geöffnet hätte, aber doch alles ganz anders wäre? Was wäre wenn… InuYasha sie nicht abholen käme? Absurd, oder? Schließlich hätte ihre Witterung ihn ans andere Ende der Welt gelockt. Aber was wäre wenn… er nicht in der Lage gewesen wäre, sie zu wittern? Nicht in der Lage, ihr entgegenzugehen? Was wäre wenn… das alles viel, viel komplizierter wäre? Dem sollte man doch mal auf den Grund gehen… Schon als Kagome das so vertraute, unendliche Blau um sie herum ausmachte, begann ihr Herz laut zu klopfen. Für einen Augenblick schien sie in der Unendlichkeit zu schweben, doch dann berührten ihre Füße den Boden und Kagome federte in den Knien ein, als sie auf dem Grund des Brunnens aufkam. Sie richtete sich auf und griff nach einer der grünen Ranken, die in den Brunnenschacht hinunterwucherten. Geschickt hangelte sie sich nach oben und stellte dabei mit einem Schmunzeln fest, dass sie diese Kletterei nicht verlernt hatte. Oben angekommen zog sie sich auf den Brunnenrand und blieb dort sitzen. Den Kopf in den Nacken gelegt, schloss sie die Augen und atmete tief durch. Der Wind zauste ihre dunklen Haare und das helle Sonnenlicht zauberte einen bläulichen Schimmer hinein. Über ihr wölbte sich der Himmel azurblau und rein und das leise Blätterrauschen des nahen Waldes drang an ihre Ohren. Ich bin wieder da… Kagome wusste nicht, wie lange sie dort so gesessen hatte, aber als sie die Augen wieder aufschlug, war sie noch immer allein. Unwillkürlich runzelte sie ein wenig die Stirn. Wenn sie ehrlich war, hätte sie sich das anders vorgestellt. „InuYasha…“, der Name ihres geliebten Hanyô floss über ihre Lippen, sacht, fast tonlos. Wo war er nur? Hatte er sie nicht gewittert? Aber Kaedes Dorf war doch gar nicht so weit entfernt. War er nicht mehr dort? Oder rechnete er nach so langer Zeit etwa nicht mehr mit ihrer Rückkehr? Im selben Moment wehte eine leichte Brise ihr etwas ins Gesicht. Automatisch wischte sie es beiseite – und wunderte sich gleich darauf, warum ihre Fingerkuppe sich leicht dunkel gefärbt hatte. Asche? Sie runzelte etwas die Stirn, als sich unwillkürlich eine kalte Furcht um ihren Brustkorb legte wie ein eiserner Ring. Rasch sprang sie auf und rannte los. Was war in Kaedes Dorf geschehen? Als sie den Waldgürtel durchquert hatte, stützte sie die Arme in die Seiten und versuchte wieder zu Atem zu kommen. Ihre Ausdauer hatte nachgelassen, eindeutig. Aber als sie aufsah, blieb ihr die Luft aus anderem Grunde weg. Wo sich sonst die Felder, Wege und Hütten des Dorfes erstreckten, war gähnende Leere. Kagomes Hände verkrampften sich. Was ist hier geschehen? Hatte der Brunnen sie in eine falsche Zeit teleportiert? Nein, der Brunnenschacht war schließlich dagewesen. Wie käme er dahin, wenn das Dorf noch gar nicht existierte? Aber dennoch konnte sie kein einziges Häuschen, keinen Halm ausfindig machen, der auf das Dorf hingewiesen hätte. Sie presste die Lippen aufeinander, als sie Verzweiflung in sich aufsteigen spürte. Eine Hand zur Faust geballt, streckte sie sich ruckartig. Es gab nur eine Möglichkeit, herauszufinden, ob sie am richtigen Ort und in der richtigen Zeit gelandet war. Ohne lange nachzudenken rannte sie erneut los, hinein in den Wald, dorthin, wo das Dickicht immer undurchdringlicher wurde, bis es sie zwang langsamer zu werden und sich durch Gebüsch und Schlingpflanzen zu arbeiten. Da war er. Goshinboku. Und noch ehe sie ganz heran war, erfassten Kagomes Augen zielsicher die Kuhle in dem uralten Holz, die davon zeugte, dass an dieser Stelle einst InuYashas gebannter Körper gehangen hatte. Ich bin richtig… Ihre Lungen verkrampften sich zu einem Schluchzen, sie spürte die Tränen in den Augen brennen. Im Zeitlupentempo kam sie näher, doch ihr Schuh verfing sich in einer Dornenranke und sie stolperte, konnte sich gerade noch an Goshinbokus Stamm abfangen. Ihre Hände waren genau in der so bedeutsamen Kerbe zu liegen gekommen. Mutlos ließ sie sich nach vorne sinken, drückte sich an die raue Borke, schlang die Arme um den Stamm und schluckte schwer. Die Tränen rannen haltlos über ihre Wangen. „Was… was ist nur geschehen…“, schluchzte sie leise. „InuYasha…“ Da hörte sie plötzlich ein Rascheln im Gebüsch, wirbelte herum – und hielt inne, als sie merkte, dass sie die Hand erhoben hatte um unwillkürlich nach einem nicht vorhandenen Bogen zu greifen. Ihre Augen weiteten sich, als sie erkannte, wer da auf die kleine Lichtung am Fuße des alten Baumes gesprungen war. Trotz der Tränenschleier, die ihre Sicht verschwimmen ließen, hätte sie keines zweiten Blickes bedurft. Sie öffnete die Lippen, wollte seinen Namen aussprechen, aber ihre Stimme versagte. Stumm sah sie der so bekannten, rotgekleideten Gestalt entgegen, die sich nun langsam näherte, reglos spürte sie, wie sich seine Hand an ihre Wange legte. „Kagome…“, hauchte er leise und Kagome konnte nicht anders, als den Kopf in seine Hand zu schmiegen und einfach dazustehen. Ihr Herz hüpfte vor lauter Erleichterung. Er lebte. Er war da. Aber… „Was ist mit dem Dorf geschehen?“, brachte sie nach einem Moment hervor. InuYasha senkte den Blick, seine Hundeohren hingen niedergeschlagen zur Seite. „Es… gab einen schrecklichen Angriff. Ich war auf der Jagd, ich konnte nichts tun. Als ich wiederkam, war von der Siedlung schon nichts mehr übrig…“ Kagome schloss mutlos die Augen. Das war nun also ihre Rückkehr? Das Dorf nicht mehr da, die Freunde… „Und die anderen?“, wollte sie in einem Anflug von Hoffnung wissen. „Sango und Miroku sind seit Tagen auf einem Auftrag. Aber die anderen…“, er ließ den Satz unbeendet, ehe er sie mit einem Ruck an sich zog. Kagome schmiegte sich haltsuchend an ihn, genoss die Nähe und Wärme während sie versuchte, die erneut aufsteigenden Tränen zurückzuhalten. Kaede. Kohaku. All die Dorfbewohner. Sie alle sollten nicht mehr am Leben sein? Ihr Herz wollte das noch nicht so recht wahrhaben, schmerzhaft krampfte es sich in ihrer Brust zusammen. Sie schluckte das Entsetzen herunter und fasste nach einem Entschluss. „Sango und Miroku… wir müssen sie suchen. Sie müssen doch Bescheid wissen, was hier…“, sie konnte nicht aussprechen, ihre Stimme versagte. InuYasha schien sie dennoch zu verstehen. Seine Arme schlossen sich enger um sie. „Was immer du willst, Kagome. Es … tut mir Leid, dass ich dir so einen Empfang bereiten musste…“, murmelte er leise. Für einen kleinen Moment wunderte Kagome sich über seine Wortwahl. Was sollte er denn für all das können? Aber sie verwarf es wieder. Sicher war er selbst noch durcheinander. Langsam hob sie den Kopf, suchte seinen Blick, fand die goldenen Iriden unter halb geschlossenen Wimpern. Rasch streckte sie sich und gab ihm einen leichten Kuss auf die Wange. „Schon gut, InuYasha. Lass uns gehen…“, murmelte sie noch etwas erstickt, während sie sich von ihm löste und bereits in Bewegung setzte. Sie wusste genau, dass sie die Tränen nicht länger würde zurückhalten können, wenn sie jetzt nicht aufbrachen. Sie musste etwas tun. Und wenn dieses Tun nur daraus bestand, wenigstens Sango und Miroku zu suchen. Sie spürte, dass InuYasha neben sie kam und nach ihrer Hand griff. Ein kurzer Seitenblick enthüllte ihr sein ernstes Gesicht. Anscheinend hatten die Jahre der Trennung ihn reifen lassen. Oder sind noch andere schreckliche Dinge geschehen? Sie wollte lieber gar nicht darüber nachdenken… Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)