Piraterie für Quereinsteiger von Kochanie ================================================================================ Kapitel 2: ----------- All meine Sinne schlagen Alarm, als Law mich erneut mit diesem eisigen Blick fixiert. Ich blecke die Zähne und meine Krallen bohren sich in die Erde, dann setze ich zum Sprung an. Die Möglichkeit, mich zuerst anzugreifen, gönne ich ihm nicht, er jedoch gönnt mir keinen Treffer. Wie zuvor schon verschwindet er in dem Augenblick, als meine Tatzen ihn hätten treffen müssen und mir entfährt ein Knurren. Als ich mich zu ihm umdrehe, kreuzen sich gerade sein und Maris Schwerter. Meine Schwester ist überaus flink, das scheint er nicht erwartet zu haben. Dennoch macht es nicht den Anschein, als stecke er in der Klemme. Als ich zu ihnen laufen will, versperrt mir etwas Großes, Orangefarbenes den Weg und ich blicke auf. Den Bären habe ich völlig vergessen! Als ich in sein pelziges Gesichtchen sehe, klopft mein Herz vor Begeisterung, während meine Instinkte schreien, dass jetzt keine Zeit dafür ist, von niedlichen Dingen zu schwärmen. Ich mache einen Satz nach hinten, nur um mich kräftig vom Boden abzustoßen und den Bären zu erwischen. Anstatt auszuweichen, holt er aus und kontert. Der Schlag wirft mich zurück, aber ich lande sanft, wenn auch mit schmerzendem Schädel, auf den Pfoten. 'Verdammt! Lass dich nicht von seinem niedlichen Aussehen ablenken!', ermahne ich mich gedanklich. Erneut höre ich das Klirren von Schwertern. Ich muss mich beeilen und ihr helfen. Zwischen dem Bären im Strampler und mir entflammt ein Kampf, in dem ich mich durch gut gezielte Konter und Ausweichmanöver über Wasser halte. Er ist definitiv stärker, als ich gedacht habe. Anstatt Law Ratschläge zu erteilen, sollte ich sie besser erstmal selbst befolgen und meinen Gegner nicht unterschätzen. Das ist eine von Vaters obersten Regeln. Durch meine Schnelligkeit gelingt mir ein Treffer und der Bär wird zu Boden geworfen. Ich höre ein lautes Platschen, dann treffen mich einige Schlammtropfen. Dahin ist die Bluse, die ich mir erst vor Kurzem gegönnt habe. "Ist dir eigentlich klar, dass meine Bluse weiß ist? Das krieg ich doch nie wieder raus!", jammer und schimpfe ich zugleich mit dem Dickerchen, das ausgerechnet in einer Schlammpfütze landen muss. Er richtet sich auf und schaut auf mein nun braun gesprenkeltes Fell. "Entschuldige", sagt er, wie ich meine, irgendwie verlegen. Das darf doch nicht wahr sein, es müsste verboten werden, gegen so ein süßes Fellknäuel zu kämpfen. Kurz kämpfe ich wieder mit Begeisterung, beherrsche mich aber. Ein Lächeln kann ich mir trotzdem nicht verkneifen. "Du Dummchen." Ich war es doch, die ihn auf die Erde befördert hat. Es ist bloß die Frau in mir, die um das weiße Oberteil trauert, dessen Stoff so angenehm weich ist. Ohne weiteres Zögern beginnen wir wieder, uns anzugreifen. Wenngleich wir erst kurz kämpfen, habe ich das Gefühl, dass keiner von uns vieren gerade sein volles Potential nutzt. Sind wir so schwach, dass sie sich uns einfach anpassen ...? Gerade habe ich es geschafft, meinen Gegner abermals auf den Boden zu befördern, als ich weit entfernt Stimmen wahrnehme. Ich halte inne und lasse meinen Blick schweifen; gerade noch müssen hier Passanten gewesen sein, da bin ich sicher. Jetzt ist niemand mehr in Sichtweite. Wir haben uns aber auch einen wunderbaren Ort für diese Meinungsverschiedenheit ausgesucht. Wieder höre ich, wie jemand etwas ruft. Als ich die Stimmen ein weiteres Mal höre, bin ich sicher, Befehle an Soldaten verstanden zu haben. Demnach muss es die Marine sein, die sich uns nähert. Der Bär scheint nun ebenfalls etwas zu hören, denn er richtet sich auf und lauscht für einen Augenblick. "Die Marine", fauche ich und Mari und Law unterbrechen den Kampf. Pünktchen schnauft amüsiert, als gefiele ihm der Umstand, dass sich das Gesetz auf uns zu bewegt. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass sie gegenüber Teufelskraft-Nutzern bevorzugt misstrauisch sind, daher nehme ich meine menschliche Gestalt wieder an, ehe der Trupp in Sichtweite ist. Es wäre ein Risiko, das wir nicht gebrauchen können. Sobald ich wieder auf zwei Beinen stehe, wird mir mein Katana zugeworfen. Law macht keine Anstalten zu fliehen, eher sieht man etwas wie Vorfreude in seinen Augen aufblitzen. Der Kerl ist doch verrückt. Chirurg des Todes ... allmählich glaube ich, dass der Name gut gewählt ist. Etwa fünfzig Soldaten marschieren auf uns zu und gehen zum Rennen über, als sie uns sehen. Ob sie uns für unschuldige Opfer dieses bösen, bösen Piraten halten? "Das ist Trafalgar Law!", höre ich sie rufen und die Waffen werden gezogen. Im nächsten Augenblick stehen sie vor uns, angeführt von einem Käpt'n der Marine. Sein dunkles Haar ist von grauen Strähnen durchzogen und man sieht ihm an, dass er etliche Schlachtfelder gesehen haben muss. Sein Blick ist hart, jeder Muskel seines Gesichts angespannt. "Du bist hiermit festgenommen, Trafalgar Law! Du tätest besser daran, keinen Widerstand zu leisten." Seine Stimme klingt bedrohlich und ich muss mir einen Augenblick lang vorstellen, wie gruselig es wohl wäre, ihn als Großvater zu haben. Dieses Mal habe ich das Lächeln auf dem Gesicht des Piraten erwartet. Entweder scheut er keine Kämpfe oder er sorgt gern für Aufsehen. "Ich denke nicht, dass ich mitkommen werde", entgegnet er ruhig. Das reicht dem Marinekäpt'n offenbar und er zieht ein breites Schwert, um den Kampf zu beginnen. Ehrgeizig sieht er aus, wir sollten uns besser zurückziehen. Ich erwarte, dass Law sein Schwert hebt, um den kommenden Angriff zu parieren, aber stattdessen hebt er die linke Hand vor das Gesicht, legt den Ring- und kleinen Finger an und murmelt: "Shambles." Im nächsten Augenblick steht dort, wo eben noch die Ruhe selbst stand, ein ahnungsloser Soldat der Marine. Kurz bevor ihn das Schwert seines Vorgesetzten trifft, scheint er zu realisieren, was passiert ist. Law steht gelassen zwischen den übrigen Soldaten, die erschrocken von ihm weichen, als sie ihn bemerken. Ihr Mitstreiter liegt mit einer schweren Wunde am Boden, es wird durcheinander gebrüllt. Mari zieht an meiner Bluse und wir laufen los, so schnell uns unsere Beine tragen können, hinaus aus der kleinen Stadt. "Mann, das war ... erschreckend!", lache ich erleichtert, noch während wir rennen, als mir klar wird, dass wir es unversehrt da raus geschafft haben. Die Marine hat uns keine Aufmerksamkeit geschenkt und unser Piraten-Freund ist beschäftigt. "Du meinst den Bären? Ja!", nickt sie energisch und ich muss wieder lachen. "Er muss völlig verrückt sein, ihn in seiner Mannschaft zu haben!" "Und ich dachte immer, die durchgeknallten Typen tummeln sich auf der Grand Line, aber dieser Law toppt alles. Ein Bär! Er hat einen Bären in seiner Mannschaft!" Ich kann mich immer noch nicht beruhigen, der Schock sitzt zu tief. Ein Bär! "Nun komm doch mal wieder runter, Mari!", meint Jen, als wir endlich schnaufend zum Stehen kommen. "Es ist doch nur ein Bär." "Nur ein Bär? Das ist nur das schlimmste Monstrum der ganzen Welt, inklusive Grand Line und Neue Welt!" "Noch 'ne Nummer größer hast du's wohl nicht, oder?", entgegnet meine Schwester kopfschüttelnd. "Aber was machen wir jetzt? Direkt zur Ruine?" "Klar doch", antworte ich und greife in meine Jacke, um die Karte herauszuholen. Hm, ich hatte sie doch in die linke Innentasche gesteckt. Oder doch rechts? Natürlich bemerkt Jen mein hektisches Herumkramen. "Mari, was ist?" "Die Karte …" "Du willst mir jetzt doch nicht sagen, dass du die Karte - für die wir unser ganzes Geld ausgegeben haben! - verloren hast?" "Ich fürchte …", beginne ich, als mir ein Gedanke kommt, "Trafalgar Law! Er muss mir die Karte abgenommen haben!" "Das ist jetzt nicht dein Ernst!" In Jens Stimme ist schon ein leicht hysterischer Unterton zu hören. Ich balle meine Fäuste. "Ich bring ihn um! Dieser Mistkerl!" Jen starrt mich weiter fassungslos an. "Aber … aber wie hat er das gemacht? Er ist dir doch nie nahe genug gekommen, um in deine Jacke zu fassen." "Regel 13", antworte ich zähneknirschend und spiele damit auf die Ausbildung bei unserem Vater an. Jen überlegt kurz, bevor sie rezitiert: "Vermeide Kämpfe mit Teufelskraft-Nutzern. Ist das nicht möglich, rechne mit praktisch allem." "Ganz genau." Ich schlage mit der Faust gegen einen Baum, um meiner Wut Luft zu machen. "Hast du auch diese durchsichtige Kuppel bemerkt, die plötzlich um uns herum war, als du ihn angesprungen hast? Ich wette, die hat etwas mit seiner Teufelskraft zu tun." "Und nun?", fragt meine kleine Schwester. "Gehen wir zur Ruine. Sie ist im Nordosten der Insel, eigentlich müssten wir sie leicht finden. Und dort legen wir uns auf die Lauer. So versessen, wie Law auf die Karte war, kann nur bedeuten, dass er das Schwert ebenfalls haben will. Also wird er früher oder später dort auftauchen.Wenn wir ihm die Karte nicht sofort abnehmen können, folgen wir ihm einfach und warten auf eine Gelegenheit." Gesagt, getan. Mithilfe des Kompasses – und wahrscheinlich mehr Glück als Verstand – finden wir die Ruine. Es ist bestimmt mindestens 500 Jahre her, dass dieses Gemäuer bewohnt wurde. Wobei ich eher vermute, dass es eher eine Art Tempel gewesen war. In der Mitte des riesigen Komplexes erhebt sich ein Kuppelbau, der an allen Seiten von kleineren Gebäuden eingesäumt ist. Wobei 'kleiner' relativ ist – in jedes der Nebengebäude passt unser Elternhaus mindestens dreimal. Irgendwo dort drin ist Kikoku. Doch ohne die Karte haben wir keine Chance, es zu finden. In andächtigem Schweigen umrunden wir die Ruine und suchen den Eingang. Plötzlich berührt mich Jen am Ellenbogen und zeigt zur Seite. Wir weichen noch tiefer ins Unterholz zurück und schleichen weiter. Meine Schwester übernimmt die Führung, da sie, dank ihrer Teufelskraft, instinktiv den geräuschärmsten Weg einschlägt. Ich bemühe mich, meine Füße auf exakt dieselben Stellen zu setzen. Auf diese Weise umrunden wir den Komplex, bis wir das Eingangstor erreichen. Zumindest hat es die Architektur eines Tores, aber irgendwie fehlt da, naja, der Eingang. Aber ich sehe auch die Bestätigung für unsere Vorsicht: Pünktchen und sein Bär sind schon da. Warum muss es ausgerechnet ein Bär sein? Jen tippt mir auf die Schulter und deutet nach links. Dort sind zwei weitere Männer, die ähnliche Overalls wie der Bär tragen. Anscheinend ebenfalls Mitglieder von Laws Crew. "Was machen wir jetzt?", flüstere ich. Jen zuckt nur mit den Schultern, bedeutet mir aber, dass ich hier auf sie warten soll. Sie scheint augenblicklich mit der Umgebung zu verschmelzen, zumindest kann ich sie nicht mehr sehen, während sie sich, wie ich annehme, noch weiter an unsere neuen Freunden heranschleicht. Dass wir noch versteckt herum schleichen und Law bereits nach dem Eingang sucht, kann sich zu einem erheblichen Nachteil entwickeln, sollten wir versäumen, wie man die alten Gemäuer betreten kann. Ich würde es ja vorziehen, wenn er sich einfach selbst einen Eingang schafft, aber es wäre schade um dieses historische Gut. So leise wie möglich pirsche ich mich an, bis ich deutlich verstehen kann, was sie sagen. Der Bär hält die Karte und versucht, den beschriebenen Mechanismus zu verstehen, der den Eingang freilegen soll. Hätten wir doch nur mehr Zeit gehabt, uns die Zeichnung anzusehen! Aber so abgelenkt, wie sie gerade sind, ist das meine Chance, an die Karte zu kommen. Als alle vier damit beschäftigt sind, die Wand vor sich mit den Augen abzusuchen, nehme ich, für einen kräftigen Sprung, meine menschlich-animalische Form an und presche vor, den Blick auf den alten Fetzen in der weißen Pranke fixiert. Als würde er mir einen Gefallen tun wollen, dreht sich der Bär in meine Richtung, wohl um auszumachen, wen oder was er da gehört hat. Er entdeckt mich zu spät und ich schaffe es, ihm die Karte abzunehmen. Auf meinen Pfoten landend, nehme ich Abstand von den Männern und richte mich auf, meine tierischen Züge verschwinden lassend. Auf mich gerichtet sind nun vier Augenpaare, von denen mich eines gerade erdrosselt. "Ich schätze, dieses Mal ist keine Zeit zum Plaudern, aber ich wünsche euch viel Erfolg bei der Suche nach dem Eingang!", schmunzle ich, was ich mir nicht nehmen lassen kann. Dann laufe ich los, zurück dorthin, wo Mari auf mich warten sollte. Natürlich nicht ohne Verfolger, aber meine Schwester hat die Szene mit angesehen und läuft los, sobald ich sie erreiche. "Wohin?", fragt sie mit einem Blick nach hinten und ich deute nach rechts, wo ich zuvor eine Niesche an der Mauer entdeckt habe. Schaffen wir es ungesehen dort hinein, laufen sie vielleicht an uns vorbei. Wenn der Geruchssinn des Bären zu wünschen übrig lässt jedenfalls ... Aber Law und seine Männer sind schneller als erwartet und schließlich holen sie auf. Ich höre, wie jemand ein Schwert zieht und springe instinktiv zur Seite. Mari tut es mir gleich. Dass wir so bald nochmal gegen ihn kämpfen würden, habe ich nicht vermutet. Weglaufen macht so aber auch keinen Sinn. "Du kannst einem wirklich auf den Keks gehen, Pünktchen!", blaffe ich ihn an, als habe er mir mein Spielzeug weggenommen. "Gleichfalls", entgegnet er knapp. Bevor ich wirklich einen Streit mit ihm beginnen kann, passiert das Unerwartete: Der Boden unter unseren Füßen beginnt zu beben, beinahe verliere ich das Gleichgewicht. Ein donnernder Laut ist zu hören, dann tut sich unter uns ein Loch auf und verschlingt uns. Lange fallen wir jedoch nicht und wir landen überraschend weich. Mir schlägt das Herz vor Schreck bis zum Hals und es dauert einen Augenblick, bis meine Augen sich an die Dunkelheit gewöhnt haben und ich wieder sehen kann. Trotz des Loches über uns dringt nur sehr wenig Tageslicht bis nach hier unten. Meine Schwester hält sich den Kopf, dann fängt sie an, panisch um sich zu tasten. "Jen?" "Ich bin hier." Vorsichtig berühre ich ihre Schulter, während ihre Hand weiter den vermeindlichen Boden abtastet. Plötzlich ertönt ein wütendes Brummen unter uns und ich schrecke auf. "Was glaubt ihr, auf wem ihr da sitzt?", herrscht uns eine Stimme an und ich begreife, wieso wir so weich gelandet sind. Mari scheint im selben Moment noch etwas anderes zu realisieren: Wir sitzen, oder liegen viel eher, nicht nur zum Teil auf Law und den anderen zwei Männern, sondern auch ... "Der Bär!", schreit sie panisch auf und steht in nicht mal einer Sekunde aufrecht, bevor sie noch immer hysterisch schreiend und völlig blind drauf los rennt. Es muss pures Glück sein, denn nur haarscharf läuft sie an einer alten Fackel vorbei, die aus einer Halterung an der Wand in einen der beiden Gänge ragt, die vor uns liegen. Eilig folge ich ihr, bevor Law auf die Beine kommt und erneut mit einer Verfolgung beginnt. Oder meine Schwester gegen eine Wand rennt und ich sie tragen muss. Unser Vorteil sind meine Augen, die uns nun sicher und schnell durch die Gänge manövrieren können. Aber erst einmal muss sie aufhören, so zu schreien, ansonsten sind wir für jeden hier leicht zu orten. "Mari!", rufe ich laufend, als ich sie einhole. "Beruhig dich!" "Aber wir lagen -" "Ich weiß!" "Und ich hab sein Fell-" "Ich weiß!" "Und er hätte uns -" Sie reißt die Hände vor den Mund und kneift die Augen zu. Ist ihr klar, dass sie blind durch alte, unterirdische Gemäuer läuft? Ob sie daraus lernt, wenn ich es einfach darauf ankommen lasse? Ich packe ihr Handgelenk und biege mit ihr bei der nächsten Gelegenheit in einen schmalen Gang ein, wo wir nach ein paar Metern stehen bleiben. Eine schnelle Lagebesprechung ist trotzdem erst wenig später möglich, als meine Schwester sich endlich beruhigt hat. Vor uns liegen nun drei Wege, wenn wir diesen Gang verlassen, und ich kann weder Schritte noch Stimmen in der Nähe ausmachen, also verschnaufen wir kurz. "Wieso hat er denn auch einen Bären in seiner Crew, das ist doch nicht normal!", meckert sie, ihre Brust hebt und senkt sich ob der Aufregung immer noch heftig. "Und ich habe ihn angefasst, nein, ich habe auf ihm gesessen! Wie auf dem Präsentierteller! Uah!" Sie schüttelt sich und reibt sich über die Oberarme. "Beruhig dich, Pelzling scheint kein Ungeheuer zu sein", grinse ich. Mari ist das egal. Er ist ein Bär, das reicht völlig aus, um in Panik zu verfallen. "Jetzt sehen wir uns erstmal die Karte an und suchen nach dem richtigen Weg." Mit 'wir' meine ich mich, denn ohne jegliche Fackel wird sie hier kaum etwas erkennen können. "Hast du Zündhölzer dabei?", frage ich und ziehe den alten Fetzen in meiner Hand glatt, als ich bemerke dass er wesentlich kleiner ist, als ich ihn in Erinnerung habe. Tatsächlich, ich halte bloß die rechte Hälfte der Karte in der Hand. Sie muss zerrissen sein ... Unschuldig sehe ich Mari an, obwohl sie meine Mimik nicht sehen kann. Sie sucht in ihrem Rucksack nach den Zündhölzern, nehme ich an. "Also, weißt du, wo wir lang müssen? Ich will nicht darauf warten, dass er uns einholt." Mit 'er' meint sie wohl den Bären. Ich druckse herum. "Jen?!" "Ich ... also die Karte ist ... sie muss in der Mitte gerissen sein, als ich sie Pelzling aus der Tatze reißen wollte", erkläre ich kleinlaut. "Wir haben nur noch die rechte Hälfte ..." Ihre Antwort ist ein entnervtes Schnauben. "Werd nicht gleich wütend. Das Gute ist: Wir haben den Teil, auf dem Kikokus Kammer verzeichnet ist. Das Schlechte allerdings ... auf dem anderen Stück ist die Technik beschrieben, die den Mechanismus in der ganzen Ruine beschreibt. Wenn wir auf verschlossene Türen stoßen, könnte das ein Problem werden." Wieder schnauft meine Schwester. "Rätsel hin oder her, wir müssen uns beeilen. Wir sind doch nicht von den Himmelsinseln gefallen, wir finden schon eine Lösung." Ich nicke und reibe mir über die Oberarme. Es ist kalt und etwas feucht, aber zusammen mit dem Geruch der langsam verwitternden Ruine vermittelt einem das irgendwie das Gefühl von Abenteuer. Vielleicht ist es dieser Gedanke, vielleicht aber auch nur die Kälte, die mir einen Schauer über den Rücken fahren lässt. Abenteuer. Das ist es doch, was wir suchen, weshalb wir hier sind. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)