Acapulco von ellenchain (Drugs everywhere) ================================================================================ Kapitel 3: ----------- Die Zeit verging und ich nickte wohl wieder kurz weg, denn an gewisse Abschnitte konnte ich mich nicht mehr wirklich erinnern. Erst als Yuseis Kopf auf meinen rollte, schreckt ich hoch und weckte ihn damit auch auf. »Sorry... Schlaf weiter«, tätschelte ich seine Wange. »Schon okay. Wir sind eh gleich da...« Müde stand er langsam auf und weckte Bakura und Marik, die noch immer wie erstarrt in der selben Position beieinander verharrt gewesen waren. »Ich weiß nicht, wann der nächste Flug geht. Es kann sein, dass wir warten müssen.« »Egal, sobald wir hinter der Sicherheitsschleuse sind, kann uns nichts mehr passieren.« Ein kurzes Nicken von Bakura kam in meine Richtung. Ich hatte wohl wenigstens einmal eine Situation richtig eingeschätzt. Meine einzige Sorge bestand nur in der Angst, dass wir gar nicht erst durch die Sicherheit kamen. Der Zug hielt und wir stiegen vorsichtig aus. Wir folgten den Menschenmassen, immer den Blick um uns herum, dass uns auch ja keiner folgte. Der Schalter war recht befüllt; zu unserem Glück. Das bedeutete zwar warten, aber selbst wenn Kaibas Männer uns hier im Flughafen suchen würden, konnten wir versteckter unter den Leuten die Tickets kaufen. »Was, wenn Kaiba auch die Fluggesellschaft unter Kontrolle hat?«, flüsterte Marik uns zu, Bakura stets im Griff. »Das glaube ich nicht. Kaiba hat viel seine Finger irgendwo drin, aber nicht in einer internationalen Fluggesellschaft.« Yusei schien zuversichtlich. Trotzdem blieb der Blick angespannt und wanderte immer wieder durch die umherstehenden Menschen. »Und du?« Ich trat an ihn heran. Er war fast einen halben Kopf größer als ich, aber ich war es gewohnt zu den Menschen aufzuschauen. Yusei hingegen erwiderte nur meine Berührung, nicht meinen Blick. Seine Hand wanderte um meine Taille und für einen Moment spürte ich seinen Atem auf meiner Stirn, da er mich näher an sich zog. Ich stockte, spürte mein Herz pochen. Trotzdem wir alle nicht geduscht waren, roch Yusei noch immer süßlich-herb. Ich wollte schon die Arme um ihn legen und die Umarmung erwidern, da zog er meine Jacke über meinen Kopf. In dem Moment bückte sich Bakura und versteckte sein Haar hinter Marik. Yusei sah wie eine Salzsäule aus, während er zum Schalter blickte. Da war wer. Sie hatten wen entdeckt. Wir verharrten eine Weile in unserer Starre, bis die Schlange sich zum Schalter näherte. Mit kleinen Schritten rückten wir nach. Kein Wort wurde gesprochen. Alles, was ich vernahm, war das Gemurmel der anderen Menschen und Yuseis Herz, wie es gegen seine Brust hämmerte. Ich schloss die Augen. Die würden keine Schießerei anfangen. Doch nicht hier... Nach gefühlten Minuten ließ Yusei meine Jacke wieder los und Bakura tauchte auf. »Sie scheinen weg ...«, bemerkte der Weißhaarige und sah sich um. »Gut, dass du den Seestern versteckt hast.« Den Witz fand ich absolut nicht witzig, weil ich genau wusste, dass er meine hochtoupierten Haare meinte. »Du hast Recht. Dich als Opa hätten sie auch nicht erkannt.« Darauf bekam ich nur ein müdes Lächeln. Na, wenigstens konnten wir trotz der angespannten Situation ein bisschen scherzen. Yusei hingegen blieb stumm. Nervös wackelte er mit dem Fuß, als wir die ersten in der Schlange waren. »Yusei ...«, wiederholte ich meine vorherige Frage, die völlig untergegangen war. »Kommst du mit uns mit?« Er schüttelte sofort den Kopf. »Ich kann nicht.« »Wieso nicht? Du kommst doch auch aus Domino Cit-« Er tippte nur auf seine Wange. Die Mikrochips. Ich wurde sofort traurig. »Sie verweigern dir die Einreise?« »Das nicht, aber ... wovon soll ich leben? Ich kenne niemanden dort. Da kann ich auch hier bleiben.« »Du kennst uns!« »Yami«, ertönte es mahnend hinter mir. Ein flüchtiger Blick zu meinem Rücken verriet mir einen bösen Gesichtsausdruck von Bakura. »Er bleibt hier.« Ich presste die Lippen so dicht aufeinander, dass sie ihre Farbe verloren. Yusei war doch kein Haustier, was ich unbedingt mitnehmen will! Er war unser Lebensretter, ohne ihn wären wir längst tot! Ein Schnauben konnte ich mir nicht verkneifen. »Überlege es dir, Yusei. Du kennst uns. Und wenn wir Lion die Geschichte erzählen ... dass du uns gerettet hast, wird er sicher-« »Yami, halt jetzt die Fresse.« Nach Bakuras rauen Worten, verstummte ich. Yuseis Blick blieb unergründlich. Ob er wirklich darüber nachdachte mitzukommen oder es für ihn wirklich entschiedene Sache war, hier zu bleiben, blieb verschleiert. Die Personen am Schalter vor uns gingen schlussendlich und wir rückten nach vorne. Etwas nervös und mit zittrigen Händen, legte Marik unsere Pässe vor. »Hallo, wir ... wir würden gerne wieder nach Hause. Nach Japan. So schnell es geht.« »Also 4 Tickets für den Flug um 13.30 Uhr?«, erfragte die gut riechende und ordentlich gekleidete Frau hinter dem Thesen. »Nein, nur-« »Ja, vier«, fiel ich Marik ins Wort. Yusei sagte nichts. Bakura sah mich brodelnd an und Marik wusste nichts darauf zu antworten. Mein Blick blieb eisern auf der Frau haften. Es war das mindeste, was wir für Yusei tun konnten. Ihn hier raus schaffen. Zwar reiste er, so wie wir, nur von einem Rattenloch ins nächste. Aber bei uns würde man ihn nicht abschlachten wollen. Je weiter weg er von seinem alten Arbeitgeber war, desto besser. Das galt nun nicht mehr nur für uns, sondern auch für ihn. Die Frau tippte dann nickend auf ihrem Rechner rum und drückte uns, nach Vorlage der Kreditkarte, die Tickets in die Hand. »Einen angenehmen Flug. Ihr Gepäck können sie dort hinten am Schalter abgeben.« Wir nickten nur. Natürlich hatten wir kein Gepäck abzugeben. Das stand nämlich noch in Kaibas Anwesen. Mehr oder weniger; die Polizei hatte es sicherlich schon durchgenommen und zerfetzt. Fest umschlang ich die Tickets. »Wir haben noch 3 Stunden. Versuchen wir es, oder?« Bakuras böser Blick haftete auf mich. Marik schien ebenfalls nicht begeistert. Nur Yusei blieb emotionslos neben mir stehen. Innerlich, so schätzte ich, dankbar über meine Entscheidung, ihn mitzunehmen. »Ich hoffe nur, dass uns der Typ mit den coolen Tattoos keinen Ärger macht«, schwank Bakura sarkastisch in die Runde. Ein Augenrollen war meine Antwort. »Wann bitte hat Yusei uns Ärger gemacht? Wohl eher umgekehrt.« »Umgekehrt?« Bakura hob seine Augenbrauen und kam bedrohlich nah auf mich zu. »Entschuldigung, dass ich mich für euch eingesetzt habe und dafür eine Kugel einkassiert habe und jetzt eine solche Last bin!« »Jetzt streitet doch nicht, das ist doch egal, wir sind am Flughafen«, sprang Marik dazwischen und drückte Bakura wieder etwas von mir. »Wir fliegen jetzt nach Hause und dann wird Melvin sich um uns kümmern. Wenn wir ihm erzählen, dass es solche Schwierigkeiten gab und uns eine Falle gestellt wurde, wir aber trotzdem... an das wichtigste gedacht haben, wird er uns sicherlich helfen mit Kaibas Leuten klarzukommen.« Mariks Worte klangen zuversichtlich, ließen in mir aber ein eher ungutes Gefühl hochsteigen. Melvin? Und Helfen? Das waren zwei Worte, die ich niemals in Verbindung bringen würde. Und auf einmal bekam ich das mulmige Gefühl, dass Yusei doch nicht so gut bei uns aufgehoben wäre ... Nach weiteren bösen Blicken zwischen mir und Bakura, setzten wir uns in Bewegung; Richtung Sicherheitsschleuse. Das Herz klopfte wahnsinnig und ich konnte nicht anders, als mich ganz dicht neben Yusei zu stellen. »Was, wenn ... wenn es piepst und sie es checken?«, flüsterte ich ihm zu. Yusei presste nur Luft aus seiner Nase und schwieg. Ein kurzer Schulterzucken verriet mir aber, dass er keine Ahnung hatte. Bakura und Marik gingen wie immer vor. Wie die perfekten Schauspieler lächelten sie die Angestellten hinter dem Band an, legten Armbanduhren und Gürtel in die Schalen und gingen gut gelaunt durch die Piepser. Bakura musste nicht einmal untersucht werden. Er war durch. Marik folgte ebenfalls und piepte nicht. Freudestrahlend ging er kichernd durch und nahm Bakuras Hand. Ein kurzer Kuss ließ viele Angestellte wegsehen. »Geh ruhig vor.« Yusei nahm meine Hand und führte sie vor sich. Ich schenkte ihm nur einen nervösen Blick und schluckte einen Kloß runter. Leider war ich kein so guter Schauspieler und knibbelte an meinen Sachen, als ich mich dem Piepser näherte. »Na, Kleiner? Flugangst? Bist noch hier am Boden, haha«, machte sich ein Kerl auf Englisch über mich lustig. Ich nickte nur höflich. »Ja ... ich bin etwas nervös, entschuldigen Sie.« Sofort zog ich die Luft ein und ging mit schnellen Schritten durch die Kontrolle. Und natürlich piepste es. Es war so absehbar! Ich ließ noch keine Luft entweichen, sah dann nervös um mich, als der Mann, der sich über mich lustig gemacht hatte, auf mich zukam. »Dann dreh dich mal um, Kleiner.« Ich tat, wie mir befohlen und streckte die Arme aus. Unangenehm spürte ich das abtastende Teil. Seine Hände, wie sie auch nah an meinen Schritt gingen. Dann sollte ich mich wieder drehen. Weiter tastete er mich ab, bis er auf meine Schuhe deutete. »Zieh die mal aus und lass die noch einmal durchleuchten.« Schon fast erleichtert, dass es wohl meine Schuhe waren, zog ich sie aus und legte sie aufs Band. Nach erneutem Durchgehen, piepste ich auch nicht mehr. Ein Stein fiel von meinem Herzen. Diese Minute hat mich gefühlte 10 Jahre altern lassen. Bakura und Marik gingen händchenhaltend durch die Duty Free Shops. Ich wartete noch auf Yusei, der ohne Probleme durch die Schranken ging. Doch man merkte sofort, dass die Security ihm auf das Verbrechermal starrte. Wieso musste es auch im Gesicht sein? Er war gezeichnet fürs Leben ... »... wir haben es geschafft«, murmelte ich erleichtert zu Yusei. Er nickte und schenkte mir sogar ein kurzes Lächeln. »Lass uns zum Gate gehen. Dann kann ich mich etwas ausruhen ...« Erst jetzt bemerkte ich Yuseis vorangeschrittenen erschöpften Zustand. »N-Na klar!« Mit schnellen Schritten lief ich hinter Yusei her und setzt mich neben ihn, als wir das Gate erreicht hatten. »Soll ich dir etwas zu trinken holen?« »Schon okay ... ich ... möchte mich nur etwas ausruhen.« Er schloss die Augen und ließ sich etwas im Sitz sinken. Vorsichtig umschloss ich sein Gesicht mit meinen Armen und zog ihn zu mir runter. »Hier ... leg dich auf meinen Schoß. Das ist doch bequemer.« Yusei sagte nichts, sah mich nur von meinen Beinen aus an, schloss dann wieder die Augen und verschränkte die Arme. Nach nur wenigen Minuten wurde sein Kopf schwerer und er rollte in meine Richtung, wo seine Nase in meinen T-Shirtfalten verschwand. Ich konnte mir ein Lächeln nicht verkneifen, als er friedlich vor sich hin schlummerte. Was ein Held, schoss es mir durch den Kopf und streichelte liebevoll seine pechschwarzen Haare. »Und deswegen musste der jetzt mit?«, hörte ich die genervte Stimme von Bakura, wie er sich mit einer Cola uns gegenüber setzte. Marik stand noch mit einer Stange Zigaretten an der Kasse und öffnete schon eine Packung, um sie gleich im abgetrennten Bereich zu rauchen. »Was heißt hier deswegen? Er hat uns das Leben gerettet. Es ist das mindeste, was wir tun können.« »Das mindeste von was? Ihn von einem Drecksloch ins nächste zu bringen? Dir ist schon bewusst, dass er auch bei uns den Henker kennenlernen wird, sobald er auch nur einen Fuß in Melvins Territorium setzt.« Ich schwieg. »Yami, dein gutes Herz in aller Ehre, aber Melvin wird dir nicht auf die Schulter klopfen und damit einverstanden sein, dass du den Drecksjungen von Kaiba zu uns geholt hast. Was, wenn er verwanzt ist? Was, wenn dieses Mal da uns Schwierigkeiten bringt? All das wissen wir nicht und Melvin wird der Letzte sein, der dieses Risiko eingehen möchte.« Meine Zähne knirschten aufeinander. »Es ... es ist die einzige Chance, die er hat. Hier würde er doch zu 100% sterben. Bei uns... gibt es vielleicht einen geringen Prozentsatz, der ihn nicht das Leben kosten wird.« Bakura raunte auf und trank seine Cola. »Du bist so furchtbar, wenn du verknallt bist.« Schlagartig wurde ich rot. »Ich bin nicht verliebt! Also bitte, ich kenne diesen Mann doch kaum!« Er rollte die Augen weitläufig nach oben und trank schweigend seine Cola. Für ihn war das wohl mehr als offensichtlich, dass ich ein kleines Interesse an Yusei hatte. Ich konnte es nicht leugnen. Da war etwas an ihm, was ich sehr mochte. Auch wenn er die meiste Zeit kühl und abweisend war, reizten mich seine Augen und sein Lächeln. Wahrscheinlich gerade weil er sonst so stumm war, machte es mich umso mehr an, wenn er es mal nicht war. Wie apathisch streichelte ich weiter über Yuseis Haare. Er hatte uns das Leben gerettet. Er hatte dieses gutmütige Herz in sich, was auch ich niemals verlieren will. Bakura und Marik zumindest schienen es nur füreinander behalten zu haben. Alle anderen waren ihnen egal.   Nach fast zwei Schachteln Zigaretten von Marik und mehreren Stunden Schlaf von Yusei, durften wir einchecken. Total müde und verpennt, hielt ich Yusei an der Hand und führte ihn mit mir in den Finger, der uns zum Flugzeug bringen sollte. Marik klammerte sich an Bakura, der schon wieder ganz gut zu Fuß war. Gott sei Dank, dachte ich. Denn hätte er sein Bein verloren, würde Melvin ihn auch austauschen. Marik würde definitiv mit ihm gehen. Und ich wäre wieder alleine in diesem Heim, schoss es mir recht egoistisch durch den Kopf. Doch Marik bereitete mir etwas Sorgen. Nicht nur, dass er zwei Schachteln Zigaretten am Stück geraucht hatte, sondern auch, dass seine Gesichtsfarbe immer blasser wurde. Immerhin hatte er drei Kondome geschluckt. Und er war sowieso ein Hungerhaken. Ich konnte nur hoffen, dass sein Magen das packte.   Im Flieger schliefen wir alle. Ruhig und fast unbesorgt. Nach der letzten Nacht waren wir alle heilfroh, dass wir wieder nach Hause durften. Und Yusei durfte sogar mit. Er durfte raus aus dem Höllenloch und zurück in sein Heimatland. Obwohl er immer noch stumm geradeaus schaute, lehnte ich mich an ihn. Wann immer ich ihn berührte, fühlte ich mich sicher. Das lag wohlmöglich auch daran, dass er derjenige war, der uns auch die Sicherheit möglich gemacht hat. Nach mehreren Stunden landete das Flugzeug sanft auf japanischem Boden. Gleichzeitig atmete ich erleichtert aus. Das einzige, was ich jetzt noch mit den unangenehmen Erinnerungen loswerden wollte, waren die zwei Kondome in meinem Magen. Ich konnte es kaum erwarten die Abführtablette zu nehmen. Da wir nicht auf unsere Koffer warten mussten, gingen wir direkt zur Bahn. Yusei sah sich interessiert um und wurde langsamer. »Komm schon ... ich zeige dir die Stadt, wenn wir zu Hause sind... « Ich lächelte ihn an und nahm erneut seine Hand, um ihn mit mir zu ziehen. Er nickte stumm, aber mit einem Lächeln auf den Lippen und folgte wieder mit schnellerem Schritt Marik und Bakura. »Also zu Hause nehmen wir erst mal alle eine Abführtablette. Die braucht eine halbe Stunde, bis sie wirkt und dann sollte eigentlich alles rauskommen«, erklärte Bakura, der sich räuspernd in der Bahn zurücklehnt. Marik lächelte müde und schwach. »Alles in Ordnung mit dir, Marik?«, hakte ich nach und sah ihn mir genauer an. Die Augenringe waren fast schwarz. »Hm ... Ja, klar. Ich bin nur so fertig von der Sache ... Bin froh, wenn ich ins Bett kann.« Ich nickte daraufhin verständnisvoll, lehnte mich auch zurück. »Bakura und du braucht sowieso erst mal ärztliche Versorgung.« »Bei mir geht es schon. Ist nur ein Streifschuss gewesen. Bakuras Wunde ist wichtiger.« »Du brauchst dich nicht immer aus der Rechnung zu nehmen, Yusei. Wir kümmern uns um dich«, lächelte ich ihn an und strich über seinen Arm. In dem Moment hörte man ein sarkastisches Röcheln aus Bakuras Richtung. Mehr als ein müdes Augenverdrehen war bei mir nicht drin. Sollte er sich doch mal zuhören, wenn er mit Marik sprach! Denn die beiden turtelten auch schon wieder. Liebevoll strich Bakura mit seiner Hand über Mariks Wangen und entfernte eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Ein sanftes Lächeln, welches von Marik erwidert wurde, umspielte seine Lippen. Vertraut sahen sie sich in die Augen und hielten die Hand des anderen. Mariks Mund bewegte sich kurz. Seine Lippen formten drei Worte. Und Bakura antwortete mit weiteren drei.   Als wir unser kleines, heruntergekommenes Häuschen sahen, machte sich doch ein vertrautes Gefühl breit. Endlich zu Hause ... Im Nachhinein ist man immer schlauer. Aber wieso sollten wir darauf achten, wer um unser Haus steht, wenn man gewohnt ist, dass jemand dort steht? Melvin Security sah nämlich anders aus, als die Männer, die um die vier Wände standen und uns nickend den Einlass gewährten. Schnell schloss Marik die Tür auf und sprang hastig hinein.   Ein Schlag in die Magengrube ließ ihn sofort zu Boden fallen. »Marik!«, schrie Bakura auf, wollte dem Kerl auch eine reinhauen, wurde jedoch von hinten gepackt und fixiert. So schnell konnten weder ich noch Yusei handeln, da lagen auch uns Fesseln an. Grob wurden wir auf den Boden gedrückt. »Ahh!« Schmerzvoll raunte ich auf, als einer der Kerle mit fast den Arm verdrehte. Auch Yusei keuchte angestrengt, während man ihm in die Wunde einen Stock presste.   »Ihr dachtet wohl ... Ihr könntet einfach so wieder zurück? Ihr denkt wohl, ich bin dumm.« Kaiba. In seiner vollen Person erschien langsam im Flur und sah uns streng an. Sein langer Mantel lag locker auf seinen Schulter, während die Haare wie immer perfekt gestriegelt waren. Niemand von uns vermochte ein Wort zu sagen. »Melvin ist dumm genug, dass er sich auf mich eingelassen hat. Meine Männer angegriffen hat, nur um kostenlos an Stoff zu kommen. Hat euch wohl erzählt, er hätte schon bezahlt, hm? Tja, Melvin sagt eben nicht immer die Wahrheit.« Wieder ertönte dieses Piepsen in meinem Ohr, was immer lauter wurde. Es war wohl das Blut, was wie verrückt durch mein Herz pumpte und mir einen Adrenalinschub nach dem nächsten gab. Erst dann sah ich im Augenwinkel, wie die Kerle an Marik rüttelten. Er wachte nicht auf. »Und du ... um dich kümmere ich mich auch noch, mieser Verräter.« Mit den Worten trat Kaiba weit ausholend in Yuseis Magengrube, sodass er aufschrie und sich vor Schmerzen krümmte. »Nein! Hör auf!«, entwich es mir sofort. Ich wollte zu Yusei robben, wurde aber weiterhin festgehalten und auf den Boden gedrückt. »Schnauze, du verrücktes Haarwesen. Punks wie du sind normalerweise die ersten, die draufgehen. Aber solange du nicht meinen Stoff wieder ausgeschissen hast, will ich dich am leben lassen. Nett von mir, oder?« Mit den Worten ging er langsam wieder zurück in das Wohnzimmer. »Melvin und wie hieß sein Schoßhündchen noch gleich? Ryo? ... Die sind bereits da, wo sie hingehören.« Er lachte kurz hämisch auf. »Die Mülldeponie freut sich, wenn sie die beiden sieht.« »Du Bastard!«, schrie Bakura, sichtlich verzweifelt und sich in den Fesseln windend. »Du mieses Schwein! Und das alles nur für was?! Diesen Rotz?!« Kaiba, sichtlich unbeeindruckt über Bakuras Wutanfall, seufzte gespielt dramatisch und schwenkte die Hand in der Luft. »Frag das doch deinen Boss, wenn du ihn in der Hölle triffst. Er war derjenige, der den Hals nicht voll genug kriegen konnte. Meiner Meinung nach war er selbst süchtig nach der Scheiße.« Mit Schulternzucken deutete er den Wachkerlen an, sie sollen uns mit ins Wohnzimmer schleifen. Und jetzt erst realisierte ich, was genau geschehen war. Blut. Überall. Die Wände voll. Der Boden. Die Möbel. Fast wie gestern Nacht. Nur diesmal war es ein aufgeräumter Tatort. Kaiba hatte Melvin und Ryo wohl ausbluten lassen. Denn so viel Blut; wo sollte es sonst herkommen? »... Mahaad«, murmelte ich, auf dem Wohnzimmerboden krebsend. »Wo ist Mahaad...?«, fragte ich wesentlich lauter und verzweifelter. Wurde er etwa auch...? »Meinst du den Drogenstricher? Der ist abgehauen. Oder sagen wir: Ich hab ihn laufen lassen. Hat sich in die Hose gemacht, als ich Melvin den ersten Finger abgeschnitten habe.« Schüttelte dann nur verständnislos den Kopf und setzte sich auf Melvins Sessel. »Der ist doch keine Gefahr, ich bitte dich.« »Das... Das sind wir alle nicht ...«, wimmerte Yusei auf, der mit den Schmerzen in seiner Schulter kämpfte. Kaiba verdrehte nur die Augen. »Na ja. Das kann man jetzt von zwei Seiten sehen.« Mein Blick wanderte noch einmal zu den anderen. Bakura starrte auf den leblosen Körper von Marik. Das Entsetzten war ihm ins Gesicht geschrieben. »Marik ...«, hörte ich ihn flüstern. Immer wieder murmelte er seinen Namen und versuchte näher an ihn ran zu kommen. Doch nichts regte sich. War er wirklich bewusstlos geworden? Durch einen Schlag, der nicht mal auf den Kopf ging? »Sir, dieser hier wacht nicht auf«, stellte einer von Kaibas Schränken fest. Mit aufeinander gepressten Lippen, hob Kaiba beide Augenbrauen. »Gar nicht? Hat er einen Puls?« Der Mann fühlte. »Ja, aber nur sehr schwach.« »Hm.« Schlussendlich stand der Chef doch auf und ging zu Marik, trat ihn mit dem Schuh auf die Seite und beobachtete ihn eindringlich. Sofort nimmt er ein Messer aus seiner Hose. »Hey!!«, schrie Bakura wie aus der Pistole geschossen los. »Wage es nicht, ihm wehzutun! Hörst du?! Ich leg dich um! Fass ihn nicht an!« Bakuras Schreie völlig ignorierend, hielt Kaiba das Messer an Mariks kleinen Finger und schnitt ihm mit einem Rutsch die Fingerkuppe ab. Mein Atem stockte sofort und ich glaubte mich übergeben zu müssen. Marik jedoch blieb regungslos liegen. »Bist du verrückt?! Scheiße, du Bastard, du verficktes Arschloch, ich werde dich so was von klein hacken!« Bakura kam gar nicht mehr aus dem Fluchen heraus. Kaiba hingeben erhob sich nur ruhig und schüttelte enttäuscht den Kopf. »Der liegt im Koma. Tot ist er zwar noch nicht, immerhin atmet er noch, aber wer keinerlei Schmerzen zeigt, wenn man ihm den Finger abtrennt... « Seufzend ging er zum Fenster und schloss es. »Wahrscheinlich ist da ein kleines Tütchen aufgegangen.« Langsam knirschte er mit den Zähnen, als Bakura nicht aufhörte zu Schreien. »Marik! Marik, wach auf! Wach doch auf!« Wie ein Gebet wiederholte er die Worte immer und immer wieder, bis Kaiba seinen Männern befohl ihn ins Bad zu schleifen. »Holt es aus ihm raus.« Yuseis Augen weiteten sich um das doppelte, ich hielt noch immer die Luft an und zitterte am ganzen Körper. Rausholen? Aus ihm? Wie? Die Drogen? »Schaut nach, ob noch was aus ihm brauchbar ist oder ob alle zerrissen sind.« »Nein! Nein!!« Bakura wurde hysterisch, sah den zwei Männern hinterher, die den leblosen Körper von Marik ins Bad schleiften. »Nein!!« Irgendwann brach seine Stimme und die ersten Tränen fielen über seine Wange. Immer mehr, bis sie von seinem Kinn tropften. Immer wieder versuchte er die vorgebeteten Worte zu wiederholen, brach jedoch sofort weg. Nur leise konnte ich Mariks Namen verstehen, den er vor sich hin wisperte. »Was macht ihr mit ihm?!«, schrie ich dann auch los, versuchte mich zu drehen und zu erkennen, was geschah, doch das Bad lag um die Ecke des Flurs. Nichts gab mir Einsicht in das Tun der Männer. »Sie ... sie schneiden ihm den Bauch auf ...« Yusei schluckte kräftig und sah erst zu mir, dann zu Bakura, der völlig fertig mit dem Gesicht auf dem Boden weinte. Ich hatte ihn noch nie auch nur eine Träne verschütten sehen. Geschweige denn überhaupt jemals einen Killer weinen sehen. »Sie... schneiden ihn auf...?«, wiederholte ich völlig fertig Yuseis Worte. Was geschah denn hier? Man hörte matschige Geräusche. Kaibas Stimme. Die Männer, die ihre Hände immer wieder in den Gedärmen von Marik hatten und nach den Kondomen suchten. Ich nahm all meinen Mut zusammen. Neugierig robbte ich zum Flureingang, streckt den Kopf und erspähte eine Blutlache aus dem Zimmer fließen. In dem Moment warf ein Mann den Darm in den Flur. Sofort schreckte ich zusammen, kniff die Augen zu und rollte mich ein. Nicht kotzen, nicht kotzen, kam es immer wieder in meinen Kopf. Doch nichts half. Ich musste würgen, sobald ich das restliche Blut im Zimmer sah, in dem wir alle lagen, und erbrach Wasser. Wasser und Magensäure. Nicht mehr war mehr in mir drin. Yusei sah mich mitleidig an und versucht zu mir zu kommen, doch der Schrank, der noch auf uns aufpasste, hielt ihn davon ab. »Lass mich ihn wenigstens in den Arm nehmen!«, forderte Yusei und stierte finster zu dem Mann hoch, der nur böse zurücksah. »Nein.« An den Haaren zog er Yusei wieder zurück auf seinen Platz und ließ ihn unachtsam gegen die Wand fallen. »Schnauze jetzt.« Langsam beruhigte ich mich wieder und presste noch Tränen aus meinen Augen. »Bakura ...«, murmelte ich seinen Namen. Noch immer lag sein Gesicht auf dem Boden und er weinte stumme Tränen. »Bakura ... sag doch was ...«, wimmerte ich schlussendlich auch. Er hatte Marik verloren. Wir alle hatten ihn verloren. Sein Gewicht, sein Zigarettenkonsum, so vieles mehr trug dazu bei, dass es ihm nicht gut ging. Und der Schlag in die Magengrube gab ihm wohl den Rest. Nach einigen Sekunden blickte Bakura dann doch auf. Seine Augen waren glasig und rot, aus seiner Nase lief etwas Sekret. Er starrte mich mit einem hoffnungslosen Blick an. Langsam schüttelte er den Kopf. »Funktionieren eure Beine noch?«, waren die letzten Worte, die ich von ihm hörte. Yusei nickte stumm. »Ja ... ich denke schon... «, antwortete ich und schob die Augenbrauen zusammen. Aber was würde uns das bringen? Sobald wir auch nur aufstehen würden, wären wir tot! Bakura nickte. Kaibas Schrank sah nur missmutig zu ihm runter. »Was bringt's dir, Albino, hm? Dein Bein jedenfalls sieht nicht so brauchbar aus.« Langsam richtete er sich auf und spuckte dem Mann vor die Füße. Ein angriffslustiger Blick zollte dem Schrank genug Aufmerksamkeit, dass er auf Bakura losging. Dieser warf sich so gut er konnte gegen ihn und biss sich in seinem Hals fest. Blut schoss hinaus. Mit einem Ruck riss er ihm komplette Sehnen und Venen heraus, biss sofort noch einmal rein, während der Mann anfing zu schreien. Ich brauchte einen Bruchteil von einer Sekunde, um zu verstehen, was Bakura damit erreichen wollte. Fliehen. Wir sollten fliehen. Yusei verstand dann auch meine Gestik, als ich mich auf die Beine hievte und folgte mir. Ein letzter Blick, als wir die Tür erreichten, zeigte mir, wie Kaiba in das Wohnzimmer stürmte und Bakura in den Kopf schoss.   Schnell drehte ich mich um. Der Moment, wie sein Körper auf den Boden fiel, war wie beim zu lange in die Sonne sehen noch vor meiner Netzhaut.   Er hat uns geholfen. Oder sich selbst. Ohne Marik ... wohl auch kein Bakura. Jegliches Leben war aus seinen Augen entwichen. Was auch immer zwischen den beiden immer gelaufen war, es war nicht nur Sex. Es war Liebe. Eine sehr Tiefe. Und es ließ mich bei dem Gedanken selber weinen. Ich hätte ihnen das Glück der Erde gewünscht. Hätten sie sich doch in New Domino City kennen gelernt. Marik wäre Kindergärtner gewesen. Er liebte Kinder über alles. Und Bakura vielleicht Abteilungsleiter bei einer Bank. Sie hätten sich irgendwann eine Wohnung genommen und ein Kind adoptiert, was Marik immer haben wollte. Wieso ist es nicht so gelaufen? Wieso mussten sie beide auf diesem Drogentrip sterben? Unmenschlich abgeschlachtet wie Vieh ...?   Yusei schnitt mir mit einem Glassplitter das Kabelband durch, ich danach ihm. Die paar Schnitte mehr in meiner Hand taten schon gar nicht mehr weh. Das Adrenalin pumpte noch immer durch meinen Körper. Was, wenn die Kondome auch in mir aufplatzen würden? Zusammen liefen wir ziellos durch die Stadt, bis wir ein Abwasserkanal erreichten. Den größten der Stadt. Hektisch liefen wir den glitschigen Pfad runter und hockten uns auf eine trockene Stelle unter einem Rohr. Bemüht um einen flachen Atem, sprachen wir kein Wort. Nur meine zittrige Hand suchte verlangend nach Yuseis. Sein fester Griff tat gut. Er gab mir etwas Kraft. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)