Acapulco von ellenchain (Drugs everywhere) ================================================================================ Kapitel 2: ----------- Langsam ging es in den Flieger und die Flugzeit von mehreren Stunden verbrachten wir drei mehr schlecht als recht. Wir sollten sofort bei Ankunft von einem schwarzhaarigen Mann abgeholt werden. Der würde uns zum Chefchen führen. Dort bekämen wir sofort die Ware, müssten sie einbunkern und den nächsten Flug zurücknehmen. Es gab keinen gebuchten Rückflug, was mich noch unsicherer machte. Aber was sollte schon schiefgehen? Die größte Hürde sah ich eh in den Sicherheitskontrollen. Schlimmer als Knast würde es wohl nicht werden.   Angekommen, dauerte es ewig, bis unsere Koffer kamen. Es war sowieso Sturmgepäck, aber es sollte wie ein Touristenausflug aussehen. Deswegen waren wir auch alle drei sehr legere gekleidet. Marik gefiel das gar nicht. Beim Ankunftsareal stand dann ein schwarzhaariger Mann mit Bolero an der Tür. Ein seltsames Mal zierte seine Wange. Er hielt ein Schild "Lion" in der Hand. Clever. »Hallo! Da sind wir. Ich bin Yami und du bist?«, fragte ich sofort, als ich mich der genannten Person näherte. Dieser warf mir nur einen bösen Blick zu und knurrte ein Aha. Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, schleppte er sich mit uns durch die Menschenmassen auf die Straße, wo wir in einen schwarzen Van stiegen. »Man sagt niemals den Namen... «, klärte mich Marik auf dem Weg zum Anwesen auf und verdrehte die Augen über meinen Anfängerfehler. Bakura formte seine Lippen nur zu einer strengen Linie und stierte aus dem Fenster. Es war bereits dunkel geworden, der rot-rosane Sonnenuntergang spiegelte sich in den Glasscheiben der Häuser wider und bildete eine Wahnsinnsatmosphäre. Sehnsuchtsvoll sah auch ich aus dem Fenster. Die Fahrt hätte ewig dauern können. Sogar Marik lehnte sich an Bakura an. Der verzog zwar weiterhin keine Miene, schien die Nähe aber trotzdem zu genießen. Ein kleines Grinsen formte sich auf meinen Lippen. Schon süß die beiden. Wahrscheinlich ist das ein offizielles Zeichen, dass sie zusammen waren. Nach rund 20 Minuten erreichten wir einen weniger schönen Stadtteil. Er erinnerte mich an Alt Domino City. Heruntergekommen, verarmt und verdreckt. Hier traf sich die unterste Unterschicht in Stripclubs und Zuhälterbunkern. Hier lagen Leichen auf der Straße und es interessierte niemanden. Selbst die Polizei schien seit Jahren keinen Fuß mehr hineingesetzt zu haben. Nur Ruinen an Häusern schwangen an uns vorbei, während wir durch die schlecht geteerten Straßen fuhren. Der unbekannte Fahrer wechselte kein Wort mit uns, blieb stumm bis zur letzten Sekunde, in der wir eine alte Villa anfuhren. Leichtes Staunen entwich meinen Augen, als ich die verschnörkelten Ornamente sah. »So ein schönes Haus ....«, entwich es mir. Oder musste es zumindest mal gewesen sein. Unser Fahrer, wie zu erwarten, stieg nur schweigend aus und öffnete unsere Türen. Die Koffer blieben in der Lobby stehen, während wir den zerstörten Marmorboden entlang gingen. Ein langer Gang, ziemlich dunkel. Weit entfernt hörte man ein paar Schüsse. »Mokuba Kaiba erwartet euch bereits. Seid ruhig und hört euch an, was er zu sagen hat«, ertönte es dann doch aus dem Mund des Schwarzhaarigen. Eine raue und dunkle Stimme. Mein Herz pochte immer lauter. Gleich wäre es soweit. Nervös stierte ich auf das Gesichtszeichen des Fahrers, welcher noch wartend mit uns vor der Tür stand. Groß war er und gut gebaut. Wahrscheinlich ein Bodyguard oder was ähnliches. Er trug nur eine kleine 9mm Waffe um seinen Gürtel, den Blick stets auf uns haftend. Ich lächelte zögerlich zu ihm, doch er erwiderte nur einen kühlen Blick. Sofort verschlug es auch mir die Freude aus dem Gesicht, als die Tür sich öffnete. Niemand wollte zuerst eintreten, bis Bakura mit einem genervten Seufzen hineinging und wir scheu folgten. An einem großen Tisch stand ein kleiner Mann mit langen schwarzen Haaren. Seine Weste tunkte sein Auftreten in eine legere und lockere Art und Weise. Jedoch vermittelte sein Blick alles andere als Entspannung. Vor ihm stand eine riesige Tüte mit kleineren darin. Gefüllt mit dem weißen Feestaub der Hölle. »Da seid ihr ja endlich. Wie war der Flug?«, grinste er auf einmal breit und öffnete kurz seine Arme, als würde er uns herzlich Willkommen heißen. Doch dieses Lächeln war kränklicher umwoben als eins von Melvin. Niemand vermochte zu antworten, bis Marik dann hörbar schluckte und das Wort ergriff. »War ganz okay. Also ist das der Stoff, den wir zu Lion bringen sollen?« Ungeduldig und etwas zittrig, wackelte er mit seinem Bein und schlang die Arme um sich. Der Blick nervös auf Mokuba gerichtet. »... Ihr habt es wohl eilig, meine Herrschaften. Aber ja: Hier ist eure Ware.« Sachte schob er das Paket mit Heroin zu uns. Es war gewaltig viel. Verdammt viel. Wie sollten Marik und ich das alles schlucken? ... Verdammt, wenn die Päckchen reißen würden, wären wir tot. Und zwar auf der Stelle. »Kommen wir nun zum geschäftlichen Teil ...«, sagte Mokuba recht deutlich und ging um den Tisch rum, um sich auf unsere Seite zu gesellen. Hinter uns versammelten sich einige große Männer mit Waffen. Sie versperrten uns den Ausgang. Mokuba hingegen genoss es sehr deutlich die Überhand zu haben. Mein Herz klopfte wie verrückt in meinen Ohren. Ich schielte zu Bakura und zu Marik, welche ebenfalls etwas panisch in die Gesichter der Männer blickten. »Geschäftlich? Wurden wir das nicht bereits?«, spottete Bakura in einem leichten sarkastischen Unterton, sichtlich angespannt über die Tatsache, dass er keinerlei Waffen bei sich trug. Hat Melvin uns etwa tatsächlich in eine Falle geschickt? Oder wusste er selbst nichts darüber? »Na, na. Ihr könnt hier nicht einfach reinspazieren und euch eurer Zeug abholen und wieder gehen. So läuft das nicht.« Dabei drehte er ein paar Runden um den Tisch, seelenruhig mit den Händen in der Hosentasche. »Meine Männer wollten euch das reine Heroin bringen und was ist? Sie wurden auf dem Weg zum Flughafen in eurer Stadt erschossen.« »... das soll vorkommen, dass Leute bei uns erschossen werden«, platzte Marik sofort raus, wurde jedoch direkt in den direkten Griff von Bakura gebracht. Mokuba lächelte nur schwach. »Seltsamerweise von Waffen, die eurer Herr vertickt. Ich würde ja nur ungern behaupten, dass es sich hierbei um Zufall handelte. Gott sei Dank konnten die Koffer mit meinem Stoff noch gerettet werden und wurden wieder hierher befördert. Lion ist ziemlich drauf reingefallen, als ich ihm erzählte, dass er doch mal Leute zu mir schicken sollte, wo ich doch einen Privatjet habe. Tja, was soll ich sagen? Das ist meine kleine Rache an ihn. Wie kann man auch nur so besessen nach Heroin und Geld sein?« Sofort entwich ihm ein dreckiges Lachen. Es schallte durch die leeren Wände des Raumes, welche kahl und weiß wie ein Gefängnis um uns herum wirkten. Mein Blutdruck stieg, ich spürte das Adrenalin in meinen Adern. Die legen uns jetzt um? Es war also eine Falle? Die überlassen uns den Stoff nicht? Instinktiv sah ich mir die fiesen Gesichter der Männer an, welche mit den Waffen auf uns zeigten, nur darauf wartend, schießen zu können. Dann sah ich unseren Fahrer. Er sah selber irritiert aus, wechselte ebenso nervöse Blicke durch die Runde. War das also auch nicht mit ihm abgesprochen? War er vielleicht eine Rettung? Er hätte den Van, er könnte uns wieder zum Flughafen fahren! ... Aber wie sollten wir entkommen? Bakura war völlig unbewaffnet, Marik und ich keine Gegner. Wir rückten immer näher aneinander. »Bakura... Mach doch was...!«, wimmerte Marik leise in sein Ohr und sah sich zitternd um. Mokuba blieb weiterhin belustigt ruhig. »Und? Habt ihr Angst zu sterben? Wenn das also die Männer von Lion sind, die sich um sein Geschäft in Alt Domino City kümmern, wundert mich gar nichts mehr.« »Was weißt du schon? Dein Bruder war derjenige, der den Laden auf Vordermann gebracht hat, nicht du«, raunte Bakura mit bissiger Zunge und sah Mokuba finster an. In diesem Moment verließ das Lächeln sein Gesicht und die Ernsthaftigkeit spiegelte sich wider. Mit nur einer Handbewegung zog er ein Colt und schoss Bakura in den Unterschenkel. Der Knall hallte sofort schmerzend nach und zertrümmerte für einen Augenblick unsere Trommelfelder. Bakura schrie auf, brach zu Boden und hielt sich das bereits blutende Bein. Kompletter Durchschuss. »Nicht so frech.« Mokuba ließ den Colt wieder verschwinden. Marik hyperventilierte, kniete sich zu Bakura und tätschelte ihn an verschiedenen Stellen; bemüht ihm in irgendeiner Art und Weise zu helfen. Der biss nur die Zähne zusammen und wankte auf und ab. Sein Atem löste in mir langsam wieder die Starre, in der ich mich befand. Mein Blick fiel unterbewusst auf unseren Fahrer. Ich sah ihn flehend an, etwas zu tun. Zwar erwiderte er meinen Blick mit einem genauso ratlosem Gesichtsausdruck, tat aber nichts. Mit wimmernder Stimme und bereits am Heulen, hörte man Marik vom Boden aus zu Mokuba sprechen. »Was willst du von uns?! Lass uns gehen! Wenn du was mit Lion zu klären hast, dann kläre es doch mit ihm! Wenn du uns umlegst, wird Lion das weniger interessieren!« Mokuba sagte nichts. Er grinste nur. Er stierte uns regelrecht an, in dem Wissen, dass er uns nur etwas zappeln ließe, um uns in Kürze umzubringen. »Ich will nichts von euch. Ihr habt einfach nur das Pech in genau dem falschen Moment am falschen Ort zu sein. Sorry, Jungs.«   Es hagelte auf uns herab. Wie ein Meer aus Kugeln streifte an unseren Köpfen vorbei. Der leblose Raum hellte auf einmal auf, die Wände verfärbten sich rot und Mokuba lag sofort auf dem Boden. Die Schüsse, die ich nicht mehr vernahm, welche nur noch an mir vorbeizischten, kamen von draußen. Sie fielen auf die Männer, auf die Möblierung. Bakura zerrte Marik und mich auf den Boden, drückte uns regelrecht nieder. Alles, was ich hörte, waren entfernte Schreie. Ein Piepsen durchzog meine Ohren. Tinitus von den Schüssen. Bakura am bluten, Marik mit blutverschmiert. Und ich? Ich sah verloren an mir runter, tastete wie beschränkt meine Arme und Beine ab. Nichts. Nur fremdes Blut. Da sah ich den Fahrer. Er hielt sich die Schulter und saß hinter einer Pflanze im Türrahmen, die 9 mm fest umschlungen. Er blutete.   Mit einem Mal hörten die Schüsse auf. Zumindest zersplitterte nichts mehr, niemand fiel mehr zu Boden. Nur noch vereinzelte Männer feuerten zurück; einige schliefen Mokuba zur Seite. Er schien tot. Durchlöchert von mehreren Kugeln. »Weg hier!«, schrie Bakura, schnappte Mariks Hand und schob mich vor sich. Holprig lief ich geduckt zur Tür, nach meinem wiederkehrenden Gehör lauschend. Doch ich blieb stehen. Drehte mich um. Das Heroin. Es lag noch da. Auf dem Tisch. Wir müssen es doch holen! Ich wollte schon wieder losrennen, Bakura und Marik völlig aus den Augen verloren, da zog mich eine Hand wieder runter, als ein erneuter Kugelhagel in das Zimmer flog. Mein Gesicht kam unsanft auf einem Bein auf. Wie aus einer Starre erwacht sah ich auf und erkannte sofort das gelbe Mal im Gesicht unseres Fahrers. »Bist du verrückt so dumm dazustehen?!«, rügte er mich durch seine Zähne, hatte mich mit der blutigen Hand runtergezogen, die er langsam von meinem Arm nahm. »Du... bist... angeschossen ...«, bemerkte ich sehr schlau, fast wieder von den Schüssen taub werdend. »Halb so wild. Verschwinde jetzt! Das sieht nach Bullen aus...« Er hustete. »Polizei?! Aber wieso jetzt?« »Uns ist vorhin ein schwarzes Auto gefolgt... Ich dachte, es wäre Zufall gewesen. War es wohl nicht.« Dabei lächelte der Schwarzhaarige über seinen eigenen Fehler und hustete erneut. Sein energisches Nicken deutete mir erneut an zu verschwinden. »A-Aber das... Das Heroin...«, stotterte ich vor mich hin. Bakura und Marik waren fort. Ich hatte es vermasselt. Jetzt würden die Bullen kommen. Und hier gab es die Todesstrafe. Außergerichtlich versteht sich. »Vergiss das scheiß Heroin, man! Verpiss dich!« Der Fahrer wurde lauter und drückte mich fast gegen meinen Willen weg. In dem Moment hörten die Schüsse erneut auf. Nein! Einmal will ich es richtig machen und jetzt war der Moment! Ich fasste meinen Mut zusammen, rannte gebeugt zum Tisch, griff nach der Tüte. Einige kleine Tüten fielen raus, aber ich konnte den Hauptteil mitnehmen. Bereits auf dem Rückweg zur Tür hörte ich Schritte schwerer Stiefel und Waffenknacken. Die Beamten waren bereits im Raum. Ohne weiter auf die Schritte zu achten, die ich tat, rannte ich weiter. Mit nur einem halben Blick sah ich den Fahrer, wie er sich langsam aufrappelte. Er würde es nicht schaffen. Niemals. Die Polizei würde ihn kriegen und-   »Scheiße, mach endlich!«, schrie Bakura vom Gang aus, mir deutlich machend, dass ich mich beeilen sollte. Schnell fasste ich nach dem Fahrer. »Hast du die Schlüssel für den Van?!« Er sah mich perplex an, atmete angestrengt, nickte jedoch nach einigen Sekunden des Nachdenkens. »Gut!« Ohne weitere Erklärungen schleifte ich ihn mit mir. Er folgte schnell, begriff, dass ich ihn für den Van brauchte. Komplett nervös rüttelte er mit den Schlüsseln am Van, öffnete ihn, stieg auf den Fahrersitz. Bakura und Marik zögerten, als ich ohne nachzudenken auch einstieg. »Na, kommt schon! Er wird uns fahren!«, schrie ich, die anderen reinwinkend. Da die Polizei uns bereits im Nacken saß, die Geschäftsleute von Kaiba noch in Bereitschaft standen, das Anwesen zu verteidigen, sprangen Bakura und Marik dann doch rein. Mit quietschenden Reifen setzte der Fahrer das Auto in Bewegung und fuhr die holprige Straße erneut entlang, sodass die Achsen nur so hochsprangen. »F-Fahr ja vorsichtig!«, kreischte Marik, als er einmal so weit nach oben geschleudert wurde, dass er sich den Kopf an der Decke stieß. »Ich fahre, so gut ich kann!«, schrie der Fahrer zurück und bog auf die Hauptstraße. Im Verkehr der Nacht hatten wir den Vorteil, dass alle Katzen grau waren. Die Polizei schien uns eh nicht zu verfolgen. Gott sei Dank ... Die Anspannung lag noch in der Luft. Bakura raunte immer mal wieder auf, schwieg dann aber in Mariks Armen, bis er einschlief. Ich drehte mich kurz zu den beiden auf der Ladefläche um. »Wie geht es ihm...?«, fragte ich Marik, der mit blassem Gesicht noch immer zittrig über das weiße Haar strich. »E-Er schläft... Weiß nicht ...« Mein Blick fiel auf sein verletztes Bein. Es blutete nicht mehr stark; Mariks Schal tat das Nötigste. Seufzend fuhr ich wieder mit dem Kopf nach vorne. Neugierig sah ich zum Fahrer. »Und dir? Was ist mit deinem Arm?« Erst antwortete er nicht. Stur sah er auf die Straße und fuhr so gut er kann durch die Straßen Acapulcos. »... Es geht schon. Nur ein Streifschuss.« Trotzdem sah man ihm die Schmerzen an. »W-Wenn ich mal fahren soll, sag Bescheid-« »Nein.« Sofort zuckte ich zusammen. Das Nein kam wie aus der Pistole geschossen. »Du kennst die Straßen nicht«, revidierte er sofort seine harsche Antwort. »Wo fahren wir überhaupt hin?«, ertönte es von hinten. Marik lugte kurz nach vorne. »In ein Motel am Stadtrand. Heute geht kein Flieger mehr ...« Er seufzte. Seine Augen fielen immer wieder zu. Ich sah mir schon einmal die Schaltung des Wagens an, um einzugreifen, wenn es nötig wurde. Marik schwieg wieder und setzt sich zurück zu Bakura. »Darf man... eigentlich deinen Namen wissen?«, fragte ich scheu, drückte etwas Stoff auf die Schulterwunde. »Nein.« Wieder diese forsche Antwort. Er schien sich nicht gerne mit mir zu unterhalten. Oder der Vorfall lag noch zu tief in den Knochen. Ich musste zugeben, dass ich nur ein Gespräch suchte, um mich abzulenken. Denn je näher wir dem Stadtrand kamen, desto mehr dachte ich über das Ereignis nach. Viel zu schnell fielen die Schüsse. Viel zu Laut war die Geräuschkulisse. Viel zu viele Tote lagen auf einmal auf dem Boden. Ich hatte schon so oft Menschen kommen und gehen sehen, aber dies... war so nah. Und so plötzlich.   Nach einer knappen Stunde Autofahrt erreichten wir ein altes, heruntergekommenes Motel. Die Neonschrift blinkte wie in schlechten Filmen. Der Fahrer hielt den Van vorm Eingang und stieg mit den Worten aus, wir sollten noch warten. Ein ungutes Gefühl stieg in mir hoch, als er alleine hineinging. Der prüfende Blick aus dem Auto verriet mir jedoch nicht, ob es eine weitere Falle war oder nur Vorsorge, die unser Fahrer da betrieb. Schlussendlich kam er nach einigen Minuten wieder zurück und klimperte mit den Schlüsseln. Vorsichtig half ich Bakura und Marik aus dem Van, während der Fahrer schon vorging. »Wo sind wir... ?«, raunte Bakura auf und sah sich verschlafen um. Die Augenringe reichten ihm bis unter die Nase. Auch Marik sah erschöpft durch die Gegend. »In einem Motel. Wir werden die Nacht hier verbringen.« Bakura nickte nur stumm und trabte dann neben uns her, bis wir die Tür zum Zimmer erreichten. Unser Fahrer schloss die halb zerbrochene Holztür auf und betrat einen dunklen Raum. Vorsichtig folgten wir ihm und erhellten erst die Sicht, als die Tür wieder ins Schloss gefallen war. Kahl, ungemütlich und nicht für längere Aufenthalte gedacht. Die Wände waren gelblich gehalten, ob vom Rauch oder der Farbe war unklar. Ein Bett mit nur einer versifften Matratze schmückte die Mitte des quadratischen Raumes. Direkt daneben, völlig schmucklos, zwei Schränkchen mit zerbrochenen Lampen. Kein Schreibtisch, kein Fernseher, nur ein Stuhl in einer Ecke. An seinen Holzstäben befanden sich vereinzelte Absplitterungen; vermutlich von mehreren Fesselaktionen und Folterungen entstanden. Mir schauderte es. Instinktiv trat ich hinter unseren Fahrer, als würde gleich jemand aus dem ebenso heruntergekommenen Badezimmer springen. Marik setzte Bakura auf der Matratze ab, legte das Bein hoch und schob die Hose höher. »Ohje... das ist ganz blau geworden...« Ich ging ins Badezimmer und suchte nach einem Handtuch, fand natürlich keins. Ich zog meinen Cardigan aus und befeuchtete stattdessen diesen, drückte ihn großzügig aus und kam zu Bakura ans Bett. Vorsichtig tupfte ich das geronnene Blut ab. »Das sieht ... Entzündet aus...«, murmelte ich und wechselte Blicke mit Bakura. Dieser sah nur stumm auf die Wunde und quetschte einzelne Brummlaute aus den Zähnen. Da stand unser Fahrer hinter mir. »Wenn es so weiter geht, wird er es verlieren.« Ich fuhr herum und schüttelte den Kopf. »Wie kannst du eine solche Diagnose stellen?!« »Niemals würde Bakura ein Bein verlieren!«, kreischte auch Marik los und schlang sich um Bakuras Hals. Dieser nickte schon wieder weg, bekam aber langsam wieder Farbe im Gesicht. Ich tupfte noch wie apathisch Bakuras Wunde ab, wickelte dann den Cardigan rum und seufzte. Unser Fahrer setzte sich nach den keifenden Worten in die Ecke des Raumes und ließ den Kopf gegen die Wand fallen. Vorsichtig schloss er die Augen und hielt sich die Schulter. »Wer bist du eigentlich?« Ich sah ihn vom Bett aus interessiert an. Er war nicht wie die anderen. Er zeigte auch nicht so viel Loyalität wie die Bodyguards, welche das Anwesen beschützten. Ganz im Gegenteil: er wollte auch fliehen. Er ist geflohen. »Ich bin nur ein Fahrer. Und Mechaniker.« Ohne die Augen zu öffnen, kramte er aus seinem Bolero ein Etui, aus dem er einen Joint zog und ihn ohne mit der Wimper zu zucken anzündete. Mit einem großzügigen Zug, pustete er bereits den Rauch aus. Sofort reichte er ihn zu uns, jedoch nicht gewillt wieder aufzustehen. Langsam stand ich auf und nahm den Stängel entgegen, sah ihn aber fragend an. »Gib das deinem Freund. Das wird die Schmerzen etwas reduzieren.« Ich fackelte nicht lange und brachte das gut riechende Gras zu Bakura. Doch der wollte nicht, schüttelte nur den Kopf und lehnte sich weiter zu Marik. »Willst du also lieber leiden?«, ertönte es genervt vom Fahrer. Auch ich seufzte laut auf und nahm selbst einen Zug. Schlagartig wurde mir schwindelig. Es beruhigte und tat gut. Auch wenn die Angst tief saß, jeden Augenblick wieder in die Mangel genommen zu werden. Marik nahm mir den Joint ab, zog einmal daran, pustete aus und nickte. »Gutes Zeug hast du da, Fahrer.« Sofort nahm er noch einen tiefen Zug, beugte sich dann zu Bakura über und küsste ihn feste auf die Lippen, den Rauch dabei sichtlich ausatmend, sodass der Weißhaarige gezwungen war zumindest einen Teil davon einzuatmen. Ein kleines Husten entwich ihm, nahm sofort danach genervt den ganzen Joint und zog daran. »Zufrieden?« Sofort wieder zu Marik nickend, reichte er ihn mir weiter. »... zufrieden.« Ich nickte daraufhin nur schwach, zog noch einmal, stand dann auf und setzte mich neben den Fahrer. Marik pellte sich aus seiner Jacke und legte sie über sich und Bakura. Vorsichtig kuschelten sie eine Weile, bis ich ruhiges Atmen vernahm. Gemütlich rauchte der Fahrer weiter den Joint, bis er mir den Rest gab, sodass ich nach zwei Zügen das Papier in das Holz drückte, auf dem wir saßen. Erst nach einigen Sekunden der Stille, in denen ich fast schon entspannt den Atmungen der beiden lauschte, brach ich sie. »... Du schienst auch überrascht von dem Vorfall gewesen zu sein.« Langsam und sichtlich entspannter als vorher öffnete der Mann neben mir seine Augen. Das gelbe Mal deutlich in mein Auge stechend. »Mokuba hatte das alleine geplant. Wieso sollte er auch seinen Mechaniker darüber informieren?« »Also bist du mehr so wie wir... untere Aushilfen.« »Hey... Ohne Mechaniker keine Mechanik, klar?« Aber ich wusste genau, dass es stimmte. Er schien so wie wir ein Fisch im großen Gewässer zu sein, welcher nach Bedarf benutzt und eingesetzt wurde. Würde er kaputt gehen, wäre er ganz leicht zu ersetzen. Ich musste tatsächlich lächeln, als ich an diese Metapher denken musste. Wie schnell das Leben eines einzelnen, als wäre es nichts wert, ausgetauscht wurde. Unweigerlich kam mir die Schießerei in den Kopf. Wie schnell könnte es auch auf diese Weise enden. Mokuba war sicherlich tot. Die Anzahl der Schüsse in seiner Brust waren fast unzählbar gewesen. Mein Blick wanderte wieder zum Schwarzhaarigen. »Du hast mir das Leben gerettet. Hast mich runtergezogen. Dabei spiele ich doch für's andere Team.« Seine stahlblauen Augen trafen erneut meine. Zum ersten Mal erahnte ich Emotionen in ihnen. Einen Ausdruck, den ich zwar noch nicht zu deuten wusste, aber erkannte. »Wir spielen alle für das selbe Team. Ihr seid doch auch aus den Slums.« Ich nickte langsam. »Du auch?« Auch er nickte. Eine kurze Phase der Trauer durchzog den Raum. Es musste nichts gesagt werden, nichts erklärt werden, es war einfach Fakt, dass wir alle eine ähnliche Geschichte durchlebt hatten. Waren es die Drogen, der Krieg oder doch die eigenen Eltern, die selbst nicht aus den dreckigen Geschäften gekommen sind. »Du sprichst gutes Japanisch. Kommst du also auch aus Japan?«, fragte ich neugierig, seine aufgelockerte Stimmung ausnutzend. »Ja. Ich komme aus Alt Domino City, so wie ihr.« »Huh? Und wie bist du hierher gekommen?« Er schwieg. Deutete dann mit dem Finger auf sein Gesicht. Langsam fuhr er das Mal ab. »Verbrecher, die von der Polizei gezeichnet sind, haben es nicht unbedingt leicht. In egal welcher Szene. Du bist registriert, sie finden dich schneller. Ich hab keinen Job gefunden. Kaiba hat mir dann diesen Mechanikerjob angeboten.« Ich konnte meinen Blick fast nicht abwenden. Ein Verbrechermal? Wie in Trance streckte ich meine Hand aus und fuhr an seiner Wange entlang. Der Blick, der mir entgegen gebracht wurde, sah mich mit einem Hauch Entsetzen an. Doch der dazugehörige Körper unternahm keinerlei Anstalten meine Hand zu entfernen. »Das ist ja... richtig eingebrannt...« »Feinste Mikrochips.« »Aua ...« Der Fahrer nickte. »Dabei habe ich nur jemandem das Motorrad gestohlen.« Langsam legte ich meine Hand zurück in den Schoß und räusperte mich. »Du hast nur ein Motorrad gestohlen und sie brandmarken dich derart?« »So ist das eben.« Er seufzte langgezogen. »Und du? Weswegen bist du hier?« Er interessierte sich für mich? Er stellte mir tatsächlich eine Frage und suchte ein Gespräch? Sicherlich die Auswirkungen des Joints, von dem er großzügig gezogen hatte. Eine Weile lang überlegte ich, sah dann traurig lächelnd auf den Boden. »Meine Eltern... waren schon in Alt Domino. Na ja. Und ich hab auch nicht wirklich die Kurve gekriegt. Dann hat mir Lion das Angebot gemacht, für ihn zu arbeiten. Im nachhinein-« »... bereust du es?«, fiel er mir todernst ins Wort. Etwas überrascht sah ich in seine Augen, nickte dann stumm. »Ich auch.« Wieder schwiegen wir. Das Gespräch nahm einen unangenehmen Verlauf. Bis sein Blick auf meine hochtoupierten Haare fiel. »Ich mag sie.« Er deutete grinsend auf meine abstehenden Strähnen. Zum ersten Mal lächelte er. Und es war... verzaubernd schön. »Meine Haare?«, kicherte ich und fasste sie kurz an, »Haha... Danke, da bist du im Grunde der erste, der das zu mir sagt...« »Ist ausgefallen, aber schön.«   Unsere Blicke trafen sich abermals. Diese blauen Augen, die wie ein Ozean auf mich herabrieselten, verrieten nicht ein Stück aus seiner Seele, während ich das Gefühl hatte, er könnte mich wie ein Buch lesen. »Darf ich wirklich nicht deinen Namen erfahren...?«, fragte ich kleinlaut und etwas sehnsüchtig. Er schien zu überlegen. Wog ab. Seufzte dann laut auf und hielt mir die Hand hin. »Yusei.« Strahlend ergriff ich die nette Geste und drückte sie feste. »Yami! Freut mich... äh«, ich stutzte, »... den Umständen entsprechend.«   Es vergingen noch einige Minuten, in denen wir uns unterhielten. Leise und darauf bedacht, dass wir Bakura und Marik nicht wecken würden. Die Nacht verblieb ausgesprochen ruhig. Irgendwann musste ich herzhaft Gähnen, gefolgt von Yusei. »Vielleicht sollten wir auch etwas schlafen?«, schlug ich vor, doch mein Nebenmann schüttelte nur den Kopf. »Viel zu gefährlich. Ich bleibe wach.« »Nein, nein, nein, du bist verletzt! Wenn, dann bleibe ich wach.« Wieder einmal lächelte er mich an. »Du bist viel zu lieb für diesen Job. Man merkt, dass du ihn noch nicht so lange machst.« Auch das ließ mich freudig in sein Gesicht strahlen. »Ich nehme das ... als ein Kompliment.« »Nein, ernsthaft. Du machst den Job wirklich noch nicht lange, oder? Die Aktion mit dem Heroin war viel zu gefährlich. du hättest sie liegen lassen sollen.« Ich seufzte fast schon weinerlich, durchscheinend, dass ich das selbst schon realisiert hatte. »Hast du ... sie dann eigentlich noch?« Yuseis Blick wurde sofort finsterer. Sein Lächeln verschwand und er musterte meine Hose. Vorsichtig nickte ich und zog die Tüte aus einer Hosentasche. »Ja ... auch wenn ich etwas verloren habe.« »Wie hattet ihr vor, das Zeug zu transportieren? Immerhin ... wollt ihr morgen wieder nach Hause fliegen, oder?« Ich zuckte mit den Schultern. »Unser Chef meinte, ihr würdet uns das mitteilen. Durch sein Schoßhündchen haben wir erfahren, dass es wohl aufs Schlucken hinausläuft.« Sein Gesichtsaudruck verblasste schlagartig. »Ihr wolltet diese Menge an Heroin schlucken?« »Was andere würde uns nicht übrig bleiben, oder?« Kopfschüttelnd rückte er von mir weg und fasste sich an die Stirn. »Verrückt!« »Allerdings ... «, stimmte ich ihm zu und seufzte abermals. Die Müdigkeit machte sich unerträglich breit. Ich ließ die Tüte in meinen Schoß sinken und lehnte mich schlussendlich an Yuseis Schulter, schreckte aber sofort hoch. »Oh, Gott, sorry! Tat das weh?!« Ebenfalls erschrocken, schüttelte er sofort den Kopf. »Die andere Schulter ist die Verletzte.« Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, ließ ich den Kopf wieder fallen und schloss die Augen. Yusei unternahm nichts, mit loszuwerden. Ganz im Gegenteil meinte ich, seine Wange auf meinen Haaren gespürt zu haben. Meine Glieder schmerzten. Und nach all der Aufregung, spürte ich einige Prellungen und Schnitte in der Haut. Mein Schmerzzentrum begann wieder zu arbeiten. Dabei hatte es mich, zusammen mit Marik, noch am wenigstens getroffen. Meine Gedanken schweiften ab. Irgendwann schlief ich tatsächlich ein. Obwohl ich Yusei versprochen hatte, wach zu bleiben.     »Verdammt, wach auf!«, schrie eine schrille Stimme in mein Ohr. »W-Was...?«, murmelte ich im Schlaf und rieb die Augen. Marik stand in seiner Jacke vor mir und rüttelte mich. »Steh jetzt auf, die Bullen sind gleich hier!« »Die Bullen?!« In dem Moment läuteten alle Alarmglocken bei mir und ich hüpfte, etwas zu schnell für meinen Kreislauf, auf. Ich hatte seit über 18 Stunden nichts mehr gegessen. Nach dem kurzen Sternchen sehen, vernahm ich Bakura und Yusei, wie sie über der Matratze hingen und die Tüten bearbeiteten. »Was macht ihr da?« Mein Blick fiel aus dem Fenster, wo es noch beängstigend ruhig war. »Woher wisst ihr, dass die Polizei gleich kommt?!« »Der Mann an der Rezeption ist mein Kumpel. Er hat mir den Fahndungsbericht durchgegeben. Sie haben die Spur aufgenommen«, erklärte Yusei, sichtlich ermüdet durch den fehlenden Schlaf und mangelndem Blut. »Wir müssen uns beeilen, dass ihr noch rechtzeitig in den Flieger kommt!« Schnell checkte ich den Raum ab und sah Mariks Tasche, die er Gott sei Dank nicht verloren hatte. An Pässe hatte ich nun wirklich nicht mehr gedacht. »O-Okay... Dann, äh-« In der Hektik vernahm ich dann die Arbeit, die Bakura tätigte: Er füllte das weiße Pulver in Kondome und knotete sie zu. Eins nach dem anderen, bis es 7 an der Zahl waren. »Moment, ihr wollt ... Kondome schlucken?«, fasste ich die Situation nach meinem eigenen Belangen zusammen und fasste mir verwirrt an die Stirn. »Die Tüten sind alle bei der Schießerei gerissen. Das ist der einzige Weg, das Zeug noch irgendwie heile zu Melvin zu bringen«, erklärte Bakura und hielt mir zwei Kondome hin. »Niemals schlucke ich das!« Ehe ich es gesagt hatte, nahm Marik ein Kondom und schluckte es runter. Mit offen stehendem Mund sah ich zu, wie auch das zweite Kondom in Marik verschwand. »Aber... bist du... was, wenn-«, stammelte ich vor mich hin. Bakura ließ nicht locker. »Du hast noch an das Heroin gedacht, hast dein Leben dafür aufs Spiel gesetzt! Und jetzt willst du es einfach hier lassen? Du hast ja wohl den Arsch offen!« In dem Moment sah ich Yusei, wie er die Kondome anfasste. »Das sind viel zu viele für euch zwei«, bemerkte er in Gedanken verloren. »Deswegen schlucke ich auch welche.« Bakura nahm sich schließlich auch ein Kondom und steckte es sich in den Mund. »Ihr seid... so verrückt ... « Die Situation war verrückt. Und aus verrückten Situationen entstehen verrückte Ideen. Schlussendlich nahm ich dann mit viel Überwindung auch ein Kondom in meine Hand und steckte es in meinem Mund. Ich konnte nicht schlucken. Es ging nicht runter. Die Angst, ich würde es zerbrechen oder reißen lassen, war viel zu groß. Bakura bekam dies wohl mit, steckte mir nur grob zwei Finger in den Rachen, während er mit der anderen Hand die Nase zuhielt und drückte das Kondom runter. Ich röchelte schlagartig, überreizte völlig meinen Hals und hatte das Gefühl mich sofort übergeben zu müssen. Doch stattdessen flutschte das gummiartige Ding meine Kehle runter und hinterließ einen unangenehmen Geschmack. Ich schüttelte mich sofort. Die innere Panik versuchte ich zu unterdrücken. »Ihr habt noch 3 vor euch ... Wie wollt ihr das machen?«, fragte Yusei völlig überfordert von der Tatsache, dass wir uns Heroin gefüllte Kondome einverleibten. »Yami noch einen und ich noch einen... Und... den dritten... « Dabei sah Bakura zu Marik, der nur die Schultern zuckte und auch das dritte Kondom ohne Probleme den Rachen runterschlang. Angewidert nahm ich das zweite Kondom und schob es bereits tief in meinen Rachen, sodass ich nur noch wie ein Vogel das Stück Wahnsinn runtergurgeln musste. In der Zwischenzeit war auch das letzte Kondom in Bakura verschwunden. Yusei blieb beeindruckt. »Und jetzt schnell weg hier!« Wie auf glühenden Kohlen schnappten wir unsere Sachen, stürmten aus dem Zimmer und hörten bereits weit in der Ferne die Sirenen der mexikanischen Polizei. Yusei drückte so schnell er konnte auf das Gaspedal des Vans. Wir fuhren auf die Hauptstraße zurück. Der Tag hatte bereits angebrochen und die Sonne hauchte die Stadt wieder einmal in ein wundervolles Licht, was selbst die einzelnen Ruinen am Straßenrand auf eine verrückte Art und Weise schön aussehen ließ. »Verdammt ...«, raunte Yusei auf einmal auf, als er zwar die Sirenen nicht mehr vernahm, aber dafür ein weiterer schwarzer Van, der uns fast im Kofferraum hing. »Wer ist das?«, fragte ich sofort und beobachtete die Fahrweise im Seitenspiegel. »Kaibas Leute. Verlangen wohl den Stoff zurück.« »Shit!«, raunte Bakura auf und versuchte aus dem kleinen Vanfenster etwas zu erkennen. »Verdammt, fahr schneller!« »Ich kann nicht schneller mit dieser Kiste fahren!«, schrie Yusei, der Panik nahe, zurück und drückte weiter auf das Gaspedal, obwohl die Karosserie nicht schneller fahren wollte. Nervös wechselte ich die Blicke zwischen Van hinter uns und Autos vor uns. Man bemerkte sofort, dass Yusei zwar panisch am lenken war, aber trotzdem erfahren genug, um keinen Unfall zu bauen. Mit fast 60 Sachen fuhr er um Kurven und musste sogar einmal einlenken, um nicht mit dem Van auf die Seite zu fallen. Das gegnerische Auto hinter uns blieb hartnäckig. »Verdammt!« Bakura versteckte sich hinter dem Fenster, als er einen der Insassen eine Waffe herausholen sah. »Die schießen gleich!« Marik kreischte auch als erster, als die Schüsse fielen. Instinktiv beugten wir uns vor, als könne uns das zumindest von Kopfschüssen beschützen. Das Metall des Vans hielt die meisten Schüsse zurück, bis dann die ersten durchkamen. »Ich versuche sie abzuhängen!« Mit einer plötzlichen Seitwärtsbewegung lenkte er den Transporter in eine kleine Lücke zwischen zwei Autos, welche bereits anfingen abzubremsen; wahrscheinlich aus Angst vor den Schüssen, die fielen. Hastig bog er in eine kleine Straße ein, die nicht wirklich geteert war, sondern nur aus Kies bestand. Yusei nahm den Fuß nicht vom Gas, egal wie holprig der Van hoch und runter schaukelte. Das Auto hinter uns nahm nach einigen Problemen mit dem Verkehr wieder die Verfolgung auf. Doch das kostete Zeit und gab uns einen wertvollen Vorsprung. »Ich werde gleich dort hinten den Van parken und wir laufen zu Fuß weiter«, knirschte Yusei durch die Zähne. »Bist du verrückt? Bakura hat eine Schusswunde am Bein, wie soll er laufen?«, keifte Marik nach vorne, sichtlich überfordert von der Situation. »Geht schon ...« Mit einer sanften Handberührung mahnte er Marik zur Stille. »Ihr lauft einfach. Ich komme nach oder eben nicht.« »Niemals!« Der Blonde ließ nicht locker, schlang die Arme um Bakuras Hals und drückte sich an ihn. »Niemals würde ich dich zurücklassen! Du bist doch verrückt!« Ich konnte meinen Blick fast nicht von den beiden abwenden, die in einem romantischen Kuss versanken. Trotzdem sah ich wieder auf die Straße und schluckte einen Kloß runter. Zwar wusste ich tief in mir drin, dass es Schwierigkeiten geben würde, aber doch nicht solche. »Wir sind gleich da, macht euch bereit«, warnte uns Yusei vor, sich schon abschnallend. »... Du kommst mit uns?« Sehnsüchtig beobachtete ich Yuseis Profil. »Was soll ich sonst machen? Hier bleiben? Die jagen mir eine Kugel in den Kopf.« »Aber du bist doch einer von denen, wieso sollten sie das tun?!« Der Van wurde langsamer. Vorsichtig erhaschte ich einen Blick in den Seitenspiegel, in dem ich noch kein gegnerisches Fahrzeug vernahm. »Ich bin mit euch mit. Kaiba denkt sicherlich, ich schlage mich auf eure Seite«, murmelte er angestrengt, als er den Van nur schlampig auf dem Bürgersteig parkte, »... was ich im Grunde ja auch tue ...« Hastig öffneten wir die Türen, sprangen raus und liefen so schnell es ging hinter Häuser. Kleine Gasse folgten und boten uns den Vorteil, sich zu verstecken. Immer wieder blickte ich nach hinten und sah Bakura hinterher humpeln. Die Schmerzen mussten unvorstellbar gewesen sein, wenn sogar der Killer ein verkrampftes Gesicht zog. Marik blieb stets bei ihm und stützte ihn, damit er nicht fiel. Yusei rannte vor. Mit seinen langen Beinen konnte ich kaum mithalten und sprintete schon fast hinter ihm her, ohne ihn auch nur etwas einzuholen. Schon extrem außer Atem, seufzte ich glücklich auf, als Yusei an Gleisen anhielt. »Hier entlang führen die Gleise! Wenn wir es bis zum Bahnhof schaffen, können wir mit dem Zug zum Flughafen!« Langsam kamen dann auch Bakura und Marik an. »Mit dem Zug? Meinst du, das ist sicher?« »Die Züge hier kommen und fahren, wann sie wollen. Uns dann zu verfolgen, würde zu lange dauern. Bis dahin sind wir am Flughafen.« Ohne ein weiteres Wort zu verlieren, lief Yusei wieder los. Was für eine Kondition hatte dieser Mann? Erstaunt über die Tatsache, dass selbst Bakura und Marik noch relativ fit aussahen, ächzte ich los. Ich war so unsportlich!   Nach wenigen Minuten erreichten wir tatsächlich einen kleinen Bahnhof, wo auch schon ein Zug bereitstand. Hastig sprang Yusei hinein und half uns auf den Zug zu steigen. Bakura mussten wir beim Anfahren noch hineinzerren. Völlig außer Atem saßen wir dann im Gang. »Hat einer von euch überhaupt ein Ticket?«, fragte ich kleinlaut, wohl wissend, dass niemand eins hatte. »Wen interessiert das? Wir sind auf der Flucht vor Psychopaten!«, keifte mich Marik hysterisch an und seufzte abermals. »Wir können froh sein, dass wir noch leben... und hoffentlich bald wieder nach Domino City kommen...« Schweigend beobachtete ich, wie Bakura seinen Arm um Marik legte und ihn an sich drückte. Sofort schloss dieser seine Augen und sie ruhten für eine Weile. In diesem Moment wünschte ich mir auch etwas Liebe. In all den Jahren habe ich mich mit den schnellen Nummern zufriedengegeben, die Mahaad mit mir durchzog. Es reichte schon irgendwie. Aber jetzt, wo wir dem Todes Messers Schneide gerade so entkommen waren, wünschte ich mir auch jemanden, mit dem ich das Leid teilen konnte. Einfach jemanden, in dessen Arme ich mich verkriechen konnte. Der nicht fragte, wieso ich das tat oder mich auslachte. Sondern, der mir einfach etwas Zuneigung schenkte, dass ich mich besser fühlte. Seufzend stiert ich auf den verdreckten Boden, auf dem wir saßen. Selbst auf zu Hause freute ich mich nicht. In mir waren zwei Kondome voller Heroin. Ich fühlte mich einfach grausig. Yusei starrte ebenfalls stumm aus dem Fenster der gegenüberliegenden Tür. Sein Blick sah müde und verspannt aus. »Yusei ...«, sprach ich ihn vorsichtig an und legte eine Hand auf seine gesunde Schulter, »ohne dich wären wir schon längst tot. Wie können wir dir dafür danken?« Sein Kopf schwenkte nur kurzweilig zu mir herüber, rollte jedoch wieder zurück. Ein dumpfes Murmeln ließ auf eine Antwort schließen, die ich jedoch nicht ganz verstand. Es hörte sich nach einfach weg an. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)