Kleiner Grauer Falter von Schneefeuer1117 (Eine Geschichte vom Lieben und Leben) ================================================================================ Kapitel 1: Kleiner Grauer Falter -------------------------------- Kleiner Grauer Falter – Eine Geschichte vom Lieben und Leben Die nervösen Hände umklammerten die ausgefransten Enden des grauen Schals, den er trotz der Hitze trug und der sehr eng um den dicken Hals gelegt war. Unruhig schaute er auf und ein flehentliches Funkeln lag in seinen Augen, traf auf die unerbittlichen Kristalle des Messias und etwas in ihm zuckte zusammen – aber William blieb standhaft. „Bitte, Jake“, hörte er sich leise doch mit einer Ernsthaftigkeit sagen, die man ihm kaum zutrauen mochte, klein und unscheinbar wie er war, „kannst du .. kannst du den doofen Hut nicht einfach überreden?“ „Du bist echt blöd. Der ist magisch – den musst du selbst überreden.“ William zuckte zusammen und nestelte noch hektischer an dem bemitleidenswerten Stück Stoff. „A-Aber …“ „Jetzt hör doch mal auf damit! Du kommst schon nach Slytherin!“ „… Hmhm.“ Die Augenbrauen des Jungen zogen sich zusammen und er holte tief Luft, ehe er dem Messias wieder ernst in die Augen schaute. „Natürlich! Das verspreche ich dir.“ Kleiner Grauer Falter, du meidest den Tag Scheinbar magst du das Sonnenlicht nicht. Kleiner Grauer Falter, und trotzdem fliegst du Wenn es dunkel wird immer zum Licht. Suchend umkreist du meiner Kerze Schein, der dir ein Verlangen ist Die Flamme gleißt so, dass du sehnsuchtsvoll ergeben ihr bist Und ringsum alles vergisst „Hmmm. Was haben wir denn da? Das Herz eines wahren Kämpfers, wie schön. Ich hatte heute erst zwei Gryffindor, ich denke, sie werden sich sehr freuen…“ „Nein, das geht nicht!“ „Wie?“ „Ich habe es ihm versprochen!“ „Hmmm. Ich verstehe, ich verstehe. Man gibt keine Versprechen, die man nicht halten kann, Junge. Aber bei dem Loyalitätsgedanken … vielleicht wärest du auch ein guter Hufflepuff, wohl war, viel mehr als ein Ravenclaw, wirklich, dort hast du nicht viel zu suchen, dein Streben nach Weisheit und Wissen ist ungefähr so ausgeprägt wie …“ „Bitte, ich kann nicht in eines dieser Häuser gehen! … … Was auch immer Loya…Loya…. Ich kann … ich muss …“ „Slytherin mein Junge? Eine denkbar schlechte Wahl für einen so netten Burschen wie dich. Nicht, dass Slytherins allesamt böse Menschen wären, aber sie haben alle eine gewisse…“ „Bitte!“ „… Nun, den Ehrgeiz scheinst du zu haben. Und zumindest einen wahren Freund hast du bereits jetzt schon unter ihnen, wie?“ „Er ist viel mehr als das! Er ist … Er ist …“ „Ach, bei Merlins Unterhose, ich werde doch nicht weiter so tun, als sei es meine Entscheidung! Immerhin würfel ich auch nur! Los, Junge, geh schon nach SLYTHERIN.“ „DANKE!“ „Aber denk daran“, flüsterte der Hut, als der Schulleiter ihn sachte anhob, „es war ganz allein deine Entscheidung.“ William nickte eifrig, stolperte beinahe, als er vom Schemel aufsprang und auf die Reihen der Schlangen zulief und fiel lachend auf den freien Platz neben dem Messias, der ihm gönnerhaft die Schulter tätschelte und seinen Freunden mit „William, der kleine Schotte, ihr wisst schon“ vorstellte und alle nickten brav. Er hatte also von ihm erzählt, wie schön! Der kleine Schotte strahlte an diesem Abend heller als das Licht des Messias neben ihm und es würde ein Licht sein, an dem sich viele verbrennen sollten. Kleiner grauer Falter, ist was dich umtreibt Gar der Wunsch, etwas and’res zu sein? Hättest du viel lieber ein bunteres Kleid, Wärst gern Schmetterling im Sonnenschein? Aurora griff nach den Muffin, der auf seinen Bett lag und mit gerunzelter Stirn beobachtete er, wie sie ihn vorsichtig verspeiste und ihm danach ein Lächeln schenkte. „Er schmeckt total gut.“ „Jah“, bestätigte William schwach, „aber er war nicht für dich. Ich habe die für Jake gebacken.“ Unbewusst harsch langte er nach den anderen drei Muffins, die noch in der Schachtel lagen und schob sie hinter seinen Rücken. Auroras Lächeln verblasste. „Will …“, setzte sie an, schwieg jedoch sofort wieder und schlug die Beine übereinander. „Sag mal .. dann bist du nur hier, um sie mir zu zeigen? Das ist schon ein wenig grausam, weißt du? So leckere Muffins sollte man nicht mitbringen und dann sagen, dass sie für jemand anderen sind.“ Hörte William die versteckte Kritik? Wusste er, worauf seine Freundin hinaus wollte? Wenn ja, dann überhörte er sie. Gab vor, es nicht zu wissen. Spielte – wie so oft – den Ahnungslosen und schlug lediglich gescholten den Blick nieder. „Tut mir leid, es kommt nicht wieder vor.“ Sprich: er würde ihr nie wieder Muffins mitbringen. Auch, wenn Aurora es so sicherlich nicht gemeint hatte. „Ich … wollte mit dir reden.“ Aurora stand auf und setzte sich neben ihren Sandkastenfreund, die roten Haare nervös hinter ihre Ohren schiebend. William rutschte ein Stück beiseite, damit sie beide Platz auf seinem Bett hatten und nickte zustimmend. Er würde zuhören. „Das … mit Jake … das … Er mag dich nicht wirklich, weißt du? Er nutzt dich nur aus.“ … … „Ich wusste nicht, wie … also … ich wollte dich nicht verletzen.“ … … „Will?“ … …. „So sag doch was …“ „Ich glaube, du solltest jetzt gehen, Aurora.“ Erschrocken wich sie vor ihrem Freund zurück, der sich von ihr abgewandt hatte. „Wirklich. Geh einfach, okay? Wir sehen uns morgen im Unterricht.“ Sichtbar überfordert mit der Situation griff sie nach seiner Hand, doch er zog sie zurück und als er aufschaute, funkelten die grünen Augen angriffslustig. Niemand beleidigte den Messias! Auch nicht Aurora Tanner, seine beste und eigentlich einzig wahre Freundin. Erst recht sie nicht. Sie wusste, was Jake ihm bedeutete, wie viel er für ihn opferte, aufgab, hergab. Wie sehr und aufrichtig er ihn liebte, wie stark die Freundschaft für den Älteren war, wie sehr er zu ihm aufsah, ihn vergötterte – gerade sie musste wissen, dass es kein gutes Ende nahm, der Motte ihr Licht zu nehmen und sie alleine im Dunkel irren zu lassen. „Geh.“ Weder Aurora noch William wussten, dass er in diesem Moment eine Entscheidung getroffen hatte. Eine Entscheidung, die für den Messias ausfiel, aber gegen seine beste Freundin. Lebst du den Traum nur im Geheimen, hier im Schutze der Dunkelheit? Hältst du im Zaum nur deinen Kummer, all die Schmach und den Neid? Tröstest du dein Herzeleid? Ein Keuchen. Ein dumpfer Laut. Ein unterdrückter Schmerzensschrei. „Sag das nochmal!“ „L-Lutsch d-den Schwanz d-deines H-Herrchens, S-Schoßhund!! Argh, VERDAMMT, was ist nur verkehrt mit dir?! L-Lass mich gefälligst … Du brichst mir noch … Aru ...“ William ließ von dem anderen Jungen ab, den er bisher nur vom Quidditch kannte und dessen Treiberfähigkeiten bisher nicht der Rede wert gewesen waren. Er hatte schon mitbekommen, dass Jake weder Gallagher, noch Hawkins besonders leiden konnte, aber dass sie solche miesen Trolle waren …! William ballte die Hände zu Fäusten und war bereit, seinen Messias zu verteidigen, bis aufs Blut, wenn es sein musste! Gallagher hielt sich den ausgekugelten Arm und zischte verhalten, schien jedoch nicht aufgeben zu wollen – Hawkins legte ihm eine Hand auf die gesunde Schulter und murmelte irgendwas. Wiederwillig ließ Gallagher sich von seinem Freund wegziehen und spuckte William noch einmal vor die Füße, die Lippen zu einem Grinsen verzogen. „Grüß deinen Stecher von mir, MacLachmal! Das nächste Mal reiße ich ihm den Arsch auf!“ Was war nur mit diesem Jungen los? Wütend kämpfte William gegen die Tränen an, die in ihm aufstiegen. Was hatten alle nur gegen Jake? Was war nur verkehrt daran, ihn zu mögen und wieso begriff niemand, wie wundervoll er war? Schnell verschwand William in der nächstbesten Nische und presste sich so stark in sie, das er beinahe mit der Wand verschmolz. Der große Ritter, der vor ihm stand, warf ihm mit kreischender Rüstung einen Blick zu, ignorierte ihn dann jedoch und ließ ihn vor sich hin schluchzen. War es denn so falsch, ihn zu lieben? Es war nichts verkehrt daran. Das wusste William einfach. Für ihn war es das Richtigste und Wichtigste auf der Welt. Es gab nichts, was ihn von dem Gedanken abbringen konnte, Jake ein guter und aufrichtiger Freund zu sein, der beste, den er je haben würde. Fest schlang er die Arme um die an den Körper gezogenen Beine und bettete das Kinn auf seinen Knien. Es war kein Neid und keine Gier, die William an Jake banden. Es war nicht der Wunsch, genauso zu sein wie er, ihm nachzueifern und irgendwann einmal genauso großartig zu sein. Es war auch nicht der Wunsch nach Anerkennung oder Gegenliebe – es war einfach der Gedanke an die totale Aufopferung. Er mochte diesen Mann. Er war seine Lebensaufgabe – Jake war der König, er war sein Ritter. Jake war Artus, er war Lanzelot. Es gab kein Vertun. Und wenn niemand es jemals begreifen würde … selbst wenn er der einzige war, der es verstehen würde … selbst wenn Jake ihn tatsächlich nur ausnutzte und jeder es sah, nur er selbst nicht … William hatte einen Schwur gegeben. Und er hatte nicht vor, seinen Schwur zu brechen. Er hatte Jake versprochen, nach Slytherin zu kommen, um auf ihn aufzupassen. Und genau das würde er auch tun. Ist es die Liebe, nach der du dich sehnst? Quält dich die Sehnsucht, dass du fast verbrennst? Willst du in seligem Schmerze verglüh’n? Soll dein Herz goldene Funken versprüh’n? Willst du im strahlenden Licht neu erblüh’n? Eine Hand schob sich in sein Sichtfeld und erschrocken blickte William auf. Die Kristalle seines Messias blitzten ihn wissend an und nach einem schrecklichen Moment, der vor Schamgefühl und Selbsthass erfüllt war, griff William nach der ihm dargebotenen Hand. Mit einem kräftigen Ruck zog Jake den massigen Jungen auf die Beine und schüttelte den Kopf. „Was war los?“, verlangte er zu wissen und William sagte ihm immer alles, was er wissen wollte. „Ich habe dich verteidigt.“ „Denkst du, das kann ich nicht selbst?“ Etwas in Will zuckte zusammen und er fühlte sich wieder klein und zehnjährig und suchte nach dem grauen Schal, den Jake ihm einst geschenkt hatte – aber natürlich war er längst der silber-grünen Krawatte gewichen und so blieben die Hände auf halbem Weg in der Luft hängen und verschränkten sich schließlich unsicher. Der Blick aus grünen Augen jedoch war ernst. „Doch“, behauptete Will beinahe trotzig. „Und was machst du überhaupt da in dieser Ecke? Heulen wie ein Trollbaby?“ „… Du lenkst ab. Du hast Kopfweh.“ „… … Das tut nichts zur Sache, du Dummkopf.“ „Doch.“ Abermals Trotz, nun gespickt mit aufrichtiger Sorge und Will rappelte sich auf – seine Augen trafen sich auf gleicher Höhe mit Jakes und plötzlich schien die Motte ihrem Schatten entwachsen und sich zu Höherem aufschwingend. „Du gehst jetzt ins Bett und ich hole dir Tee.“ Ein genervtes Schnalzen war die Antwort, doch ehe Jake verneinen konnte, legte ihm William die schwere Hand auf die Schulter. „Du gehst jetzt ins Bett und ich hole dir Tee. Mit Chili.“ Und dem Mittel, das Will immer für Jake aufbewahrte und heimlich in dessen Tee streute – der Messias mit Kopfweh war unausstehlich und nur halb so anbetungswürdig, wie gewöhnlich. Ein so großer Mann, niedergestreckt vom eigenen Gewissen? Oder von der Last, die er auf seinen Schulter trug? Nicht alleine. William bemerkte gerade rechtzeitig, dass Jake ins Straucheln kam, als sie schon einige Schritte gegangen waren und legte ihm einen Arm um die Schultern, schlug einen anderen Weg ein und brachte ihn in seinem schwachen Zustand von allen anderen ungesehen zurück in den Schlafsaal. Jake war der König, er war sein Ritter. Und er würde die schwere Last mit ihm gemeinsam tragen. Mit Stolz bis zum Ende. Kleiner grauer Falter, du meidest den Tag Scheinbar magst du das Sonnenlicht nicht Kleiner grauer Falter, und trotzdem fliegst du Wenn es dunkel wird immer zum Licht Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)