Der Kelpie von Loch Ness von abranka ================================================================================ Kapitel 1: Der Kelpie von Loch Ness ----------------------------------- Seamus Finnigan mochte seinen Job im Zaubereiministerium. Er arbeitete im Amt für Desinformation. Dieses griff beispielsweise ein, wenn ein Hippogreif seinem Halter entwischte oder sein Desillusionszauber abgelaufen war und dieser Zwischenfall vor der Muggelöffentlichkeit vertuscht werden musste. Die Mitarbeiter des Amtes für Desinformation taten das durch Erinnerungslöschungen oder -verfälschungen, aber oft genug auch über geschickt platzierte Artikel und vermeintliche Enthüllungen in der Muggelpresse. Das DA war einerseits der Abteilung zur Führung und Aufsicht magischer Geschöpfe untergeordnet, arbeitete aber andererseits sehr eng mit dem Komitee für muggelgerechte Entschuldigungen zusammen, das wiederum zur Abteilung für magische Unfälle und Katastrophen gehörte. Da sich die Aufgabengebiete oft genug überschnitten, war Zusammenarbeit eine gute Sache. Seamus mochte es, die Kollegen vom KmE regelmäßig zu treffen. Besonders mit Theodor Nott, einem ehemaligem Slytherin, verstand er sich recht gut und auch dieser freute sich regelmäßig, wenn er mit dem ehemaligen Gryffindor des AD zu tun hatte. Aber am meisten jedoch mochte Seamus es, sich interessante und durch und durch logische Erklärungen für Muggel auszudenken. Er war schließlich mit diesen Erklärungen groß geworden – und hatte dahinter immer irgendwelche Verschwörungen vermutet. Seine Mutter war eine Hexe und hatte es geschafft, vor ihrem Mann – und Seamus' Vater – recht lange zu verbergen, dass sie eine Hexe war und ihr gemeinsamer Sohn ein Zauberer. Somit hatte Seamus sich also einige angeblich logische Erklärungen für alle möglichen Dinge angehört und immer gedacht, dass das doch gar nicht wirklich passen konnte. Dann kam der Brief aus Hogwarts und seine Mutter konnte ihm nicht länger einreden, dass irgendwelche komischen Dinge nur durch Zufall in seiner Gegenwart passierten. Mittlerweile hatte er ihr verziehen. Eigentlich hatte er ihr in dem Moment verziehen, als sie das erste Mal die Winkelgasse betreten hatten und er die magische Welt endlich hatte kennenlernen dürfen. „Hey, Seamus“, rief ihm Davidia Twycross, seine Büronachbarin, fröhlich zu. „Träumst du wieder?“ „Ein bisschen.“ Seamus grinste die ältere Hexe breit an. „Was gibt es?“ „Dein Liebling ist wieder aktiv.“ Davidia warf ihm eine Pergamentrolle zu. Sie blinzelte ihn vergnügt über die bunte Brille an, die sie nicht jünger, sondern eher etwas schräger wirken ließ. „Nessie.“ Sein Grinsen wurde noch breiter. Einer der Standardbeobachter der McDuddle-Familie, die das Monster von Loch Ness beobachteten, hatte einen kurzen Zweizeiler geschickt, dass Nessie wieder aktiv war und eine neue Publicity-Aktion voraussichtlich bevorstand. „Vielleicht sollte ich dieses Mal dorthin fahren. Ich meine... Andreas McDuddle freut sich sicher, mal wieder jemanden von uns zu sehen.“ „Davon ist auszugehen. Es war schon über zwei Jahre lang niemand mehr da. Und vielleicht hat er ja auch endlich einen Nachfolger gefunden. Andreas ist immerhin schon 180 Jahre alt. Da sein Sohn bedauerlicherweise in der Dunklen Zeit umgekommen ist, hat er ja keinen Erben mehr...“ Davidia sagte damit nichts anderes, als dass Voldemort und seine Todesser den Sohn von McDuddle umgebracht hatten. Die Dunkle Zeit war noch immer die Umschreibung für seine Schreckensherrschaft. „Gut, dann kündige ich mich mal an.“ Seamus grinste, schnappte sich einen leeren Bogen Pergament und schrieb einen freundlichen Brief. Dann machte er sich auf den Weg in die ministeriumseigene Eulerei, um von dort eine Expresseule in die schottischen Highlands zu schicken. Er würde mittels Flohpulver in den geheimen Kamin in Urquhart Castle ankommen. Urquhart Castle war die Ruine, die am Westufer des Lochs nahe der Muggelstadt Drumnadrochit, dem Zentrum des muggeligen Nessie-Tourismus, lag. Die Ruine des Schlosses war so verhext, dass es einen geheimen Bereich für Zauberer gab, in dem sie geschützt und vor Muggelaugen verborgen ankommen konnten. Seamus stieg hustend aus dem Kamin. Jetzt wusste er wieder, warum er sonst lieber darauf verzichtete, Flohpulver zu verwenden. Er schnaubte noch einmal etwas Asche aus und machte sich dann auf den Weg zum See hinunter. Er hatte einen Fußweg von etwa fünf Meilen vor sich, bis er die – vor den Muggeln geheime – Beobachtungsstation der McDuddles erreichte. Die Station lag direkt am Seeufer und war durch einen magischen Zauber getarnt – ähnlich wie die Hogwarts Schule für Hexerei und Zauberei, die Seamus sieben Jahre lang besucht hatte. „Hallo?“, rief er, während er sich der Hütte näherte. Die Tür öffnete sich, aber niemand erschien, um ihn zu begrüßen. Seamus zuckte mit den Schultern und trat ein. Innen war die Hütte weitaus größer, als sie von außen gewirkt hatte. Er stand in einer Diele, in der mehrere Regenumhänge, Gummistiefel und Schirme in einer Ecke standen. „Hier hinten!“, rief eine Stimme aus dem benachbarten Zimmer. Seamus hängte seinen Umhang auf und machte sich auf den Weg, den Urheber der Stimme zu finden. „Hallo, ich bin...“ Er war um die Ecke in ein Büro gebogen, nun jedoch stockte er und starrte sein Gegenüber ungläubig an. Vor ihm saß Cho Chang, ebenfalls eine ehemalige Hogwarts-Schülerin, die einen Jahrgang über ihm gewesen war. „Hi Seamus.“ Cho grinste ihn an und fügte dann ein trockenes: „Überraschung!“ hinzu. „Äh... Was machst...“, setzte er an, doch sie unterbrach ihn direkt. „...du hier? Ich bin die Nachfolgerin von Andreas McDuddle. Er hat Hände ringend nach jemandem gesucht und da ich mich nach der Schule immer mit fantastischen Tierwesen befasst habe, dachte ich, ich spreche ihn mal an. Wir haben zwei Jahre eng zusammengearbeitet und danach war er sich sicher, dass ich hier zurechtkommen würde und er sich endlich in den Ruhestand verabschieden dürfte.“ Sie lächelte noch immer „Also hast du die Nachricht geschrieben?“ „Ganz genau. Ich hatte leider keine Zeit, euch über diesen Wechsel zu informieren. Ich bin die meiste Zeit des Tages draußen unterwegs.“ Jetzt wurde ihr Lächeln etwas entschuldigend. „Oh, ich verstehe...“ Seamus ließ sich auf einen freien Stuhl fallen. „Ich gebe zu, ich bin etwas baff.“ „Das sieht man. Möchtest du einen Kaffee auf den Schock?“ „Nur zu gerne.“ Dankbar lächelte Seamus sie an. Während sie aus der Küche frischen Kaffee holte, sah er sich um. Das kleine Büro besaß einen großen Schreibtisch und ein noch größeres Regal, das mit Massen von Büchern und Pergamentrollen vollgestopft war. Aufgeschlagen auf dem Schreibtisch lag ein Buch, in das Ausschnitte aus Muggelzeitungen eingeklebt worden waren, die von Nessie-Sichtungen berichteten. Cho brachte den Kaffee und deutete dann auf das Buch. „Ich schlage nach, was Nessie sich die letzten Male hat einfallen lassen. Sie hat sich zuletzt immer im Sommer gezeigt. Daher ist es eher ungewöhnlich, jetzt schon Aktivität festzustellen. Immerhin haben wir erst Januar und sie sollte eigentlich noch Winterschlaf halten. Eventuell werden die Muggel eine Sichtung um diese Zeit nicht so leicht als Sommerlochartikel abzutun. Möglicherweise wird dieses Mal wirklich ein Muggel neugierig.“ Sie schnitt eine Grimasse. „Deswegen habe ich euch Bescheid gegeben.“ „Wie überwacht ihr Nessies Aktivität?“ „Ich. Nur ich überwache sie momentan. Ich bräuchte eventuell noch einen Partner, aber um das Problem wollte ich mich im Laufe der Zeit kümmern. Also, es gibt einen großen Überwachungszauber auf dem See. Dieser muss mehrmals im Jahr erneuert und wieder verstärkt werden. Dadurch werden die Bewegungen von Kelpies beobachtet und ich bekomme hier in meiner Kristallkugel“ – sie deutete auf die große Kugel, die Seamus gedanklich als Briefbeschwerer abgetan hatte – „ein entsprechendes Signal. Ich versuche mir dann ein möglichst genaues Bild davon zu machen. Daneben überwache ich natürlich den See. Entweder vom Ufer aus oder hin und wieder fahre ich mit dem Ruderboot raus. Doch natürlich muss man vorsichtig sein. Nessie ist immer noch ein Kelpie – und Kelpies mögen es, Menschen zu fressen. Auch wenn Nessie sich hier seit etlichen Jahrzehnten mit Fischen und anderen Tieren begnügen muss.“ Seamus war erstaunt, was hier eigentlich alles getan werden musste. Er hatte sich keinerlei Gedanken darüber gemacht, wie man Nessie eigentlich beobachtete und überwachte – und was das genau beinhaltete. Cho wollte noch etwas sagen, doch in diesem Augenblick gab die Kristallkugel ein schrilles Kreischen von sich. Sofort griff sie nach der Kugel und sah hinein. Dann runzelte sie die Stirn. „Was ist?“, fragte Seamus und stand unwillkürlich auf. „Das hier ist offenbar eine Aktivität von Nessie.“ Cho schaute ihn an. „Die vorherigen Aktivitäten waren viel kleiner. Und wenn ich mich nicht vollkommen irre, haben wir hier gerade ein Signal von zwei Kelpies.“ „Zwei?“ Verwirrung lag in Seamus' Stimme. „Oh ja. Und das ist nicht gut. Hier gibt es nur einen großen Kelpie. Und Kelpies mögen keine Gesellschaft. Ausschließlich zur Paarung finden sich zwei Kelpies für sehr kurze Zeit zusammen. Wenn die Jungtiere geboren werden, werden sie auch sofort von der Mutter verjagt und müssen sich ein eigenes Revier suchen. Wir haben hier einen Eindringling.“ „Und das bedeutet...“ „Dass Nessie aus dem Winterschlaf aufgewacht ist, um den Eindringling zu verjagen. Ich habe bisher nur über Revierkämpfe von Kelpies gelesen und möchte wirklich keinen in Loch Ness erleben.“ Cho war unübersehbar besorgt. „Komm, wir rudern auf den See raus.“ „Rudern?“, quietschte Seamus. „Ja. Damit haben wir eine Chance sie anzulocken.“ „Anlocken???“ Jetzt überschlug sich Seamus' Stimme. „Sicher. Wie sollen wir denn sonst den Eindringling einfangen?“ Cho schüttelte den Kopf. „Komm, du bekommst einen wasserdichten Umhang und Gummistiefel von mir. Du wirst sie brauchen.“ Seamus war äußerst unwohl dabei, als sie nach draußen zu dem Bootsanleger neben der Hütte gingen. „Können wir denn nicht am Ufer bleiben?“ „Nein. Von dort aus werden wir nicht nah genug an den Eindringling herankommen, um ihn einzufangen“, erklärte Cho und ein leicht genervter Unterton lag in ihrer Stimme. „Hör zu, wenn du Angst hast, dann bleib hier und ich kümmere mich alleine darum.“ „Nein, nein, natürlich helfe ich dir“, wiegelte Seamus sofort ab. „Gut. Kennst du den Platzierungszauber?“, erkundigte sich Cho und packte sechs Halfter in das Boot. „Ja. Den haben wir ja im sechsten Jahr gelernt.“ „Gut. Du wirst ihn brauchen. Die einzige Möglichkeit, einen Kelpie zu überwältigen, ist, ihm mit einem Platzierungszauber ein Halfter anzulegen.“ Sie hob eines der Halfter hoch. Es sah aus, als wenn es für eines der Hochlandponys gedacht wäre. „Ist das nicht zu klein?“ „Nein, das dehnt sich magisch aus. Darüber brauchst du dir keine Gedanken zu machen.“ Cho sprang in das Boot und Seamus kletterte langsam hinterher. Dann machten sie das Boot los und legten ab. Schweigend ruderten sie eine Weile Seite an Seite und Seamus brauchte eine Weile, um sich an Chos energischen Rhythmus anzupassen. Komisch, in der Schule hatte er sie trotz ihrer Leistungen als Sucherin für das Quidditch-Team von Ravenclaw immer eher als Prinzessin betrachtet. Jetzt zeigte sich aber deutlich, dass sie anpacken konnte und offenbar keinerlei Angst davor hatte, sich die Hände schmutzig zu machen. Das beeindruckte ihn. Außerdem schien sie ihm Gegensatz zu ihm eine Ahnung zu haben, was sie tat. „Äh, wie locken wir die Kelpies eigentlich an?“, fragte er schließlich und versuchte dabei zu verbergen, dass er ganz schön keuchte. „Oh, das brauchen wir nicht. Sie spüren, dass sich ihnen Beute nähert.“ „Na großartig, ich wollte schon immer mal Beute sein“, murmelte er leise. Sie waren jetzt etwa fünfzig Meter auf den See hinausgerudert. Cho zog ihr Ruder in das Boot hinein und gab Seamus ein Zeichen, ihr das nachzutun. Dann warteten sie. Keine zehn Minuten später durchbrach ein Kopf neben ihnen die Wasseroberfläche. Eine gewaltige Seeschlange blickte auf sie herab. „Hi Nessie“, sagte Cho gelassen und blickte dem Ungeheuer entgegen. Sie hob ein Halfter hoch. „Du möchtest doch nicht, dass ich es dir wieder anlegen muss, oder?“ Eine blubbernde Stimme antworte: „Ich könnte dir die Tiefen des Sees zeigen, schönes Mädchen, und die Geheimnisse der Kelpies.“ Sie klang einschmeichelnd und weich. Es lag ein Singsang in ihr, der Seamus durch und durch ging. Ihm wurde auf einmal klar, dass er nicht wusste, ob er dieser Stimme würde widerstehen können,wenn sie ihn direkt ansprach. Ein kalter Schauer lief ihm über den Rücken. „Och, Nessie. Ich bitte dich. Das hast du schon einige Male versucht und ich wollte bislang nie mit dir kommen. Ich schmecke nicht.“ Cho lächelte. Nessie senkte den riesigen Kopf, bis er auf ihrer Augenhöhe war und gab singend zurück: „Irgendwann wirst du mit mir kommen, Mädchen.“ „Das hast du zu Andreas 150 Jahre lang gesagt und er ist nie mit dir gegangen. Warum sollte ich es tun?“ „Weil du neugierig bist.“ So etwas wie ein Lächeln glitt über Nessies Gesicht, dann schaute sie Seamus direkt an. Die grünen Augen schienen direkt in sein Innerstes zu sehen. „Lass ihn in Frieden. Wir wollen nur den Eindringling. Dann kannst du wieder schlafen gehen“, sagte Cho scharf. Abrupt riss die Seeschlange den Kopf wieder empor. „Entfernt es oder ich töte es.“ „Ich weiß. Wir wollen es entfernen. Wir möchten nicht, dass du kämpfen musst.“ Nessie legte den Kopf schräg. „Dafür würde ich dich vielleicht sogar länger am Leben lassen, ehe ich dich fresse.“ Cho schnaubte ungehalten. „Ich glaube kaum, dass ich das als Belohnung betrachten würde.“ Nessie gab ein blubberndes Lachen von sich. „Ihr bekommt die Chance, es vor mir zu fangen. Ihr habt Zeit, bis die Sonne das Wasser rot färbt. Dann hole ich es mir.“ Damit tauchte die Seeschlange wieder ab. Seamus lehnte sich auf dem heftig schaukelnden Boot zurück und spürte, dass er nass geschwitzt war. „Oh Mann...“, murmelte er leise. Cho lächelte ihn aufmunternd an. „Das lief erstaunlich gut. Nessie hat Respekt vor dem Halfter und weiß, dass wir gut darin sind, es ihr anzulegen. Ansonsten hätte sie noch länger mit uns gespielt. Außerdem scheint sie noch müde zu sein. Sonst hätte sie uns niemals gut drei Stunden Zeit gegeben. Kelpies sind zumindest bei der Verteidigung ihres Reviers sehr ungeduldig.“ „Und offenbar ziemlich eindrucksvoll, sonst würden wir ja nicht versuchen, den Eindringling zu fangen.“ „Genau.“ Cho nickte. „Es wäre sehr wahrscheinlich, dass die Muggel etwas davon mitbekommen – und das wollen wir natürlich nicht.“ Seamus neigte leicht den Kopf. „Und jetzt?“ „Wir warten. Nessie zieht sich an ihren Schlafplatz zurück. Das ist eine Höhle unten am jenseitigen Ufer in den Felsen. Der andere Kelpie wird uns aufspüren. Vermutlich hat er Hunger, wenn er es bis hierher geschafft hat.“ „Juhu...“, murmelte Seamus leise. Die Sonne sank langsam und die von Nessie gegebene Frist neigte sich dem Ende zu, als endlich Bewegung in das Wasser kam und diese nicht von Wasservögeln oder Fischen stammte. „Es kommt“, flüsterte Cho leise. Seamus nickte angespannt. Ihm war kalt und er hatte Angst. Zumindest eins hatte er jetzt dazu gelernt: Von Kelpies würde er sich künftig fern halten. Und er würde niemals jemanden unterschätzen, der mit Kelpies zu tun hatte. Außerdem fand er den Dienst im Ministerium garantiert nie wieder langweilig. Das hier draußen war ihm viel zu nervenaufreibend. Neben ihnen bildete sich eine große Welle, dann schob sich langsam ein Pferdekopf durch die Wasseroberfläche. Glitzernde Wassertropfen perlten von dunkelgrünem Fell und einer binsenartigen braun-grünen Mähne herab. Kalte Augen musterten sie, während der Kopf immer weiter vor ihnen in die Höhe ragte, der wuchtige Hals und der einladende Rücken enthüllt wurden. „Hallo“, grüßte Cho den fremden Kelpie respektvoll und zugleich aufmerksam. „Ein Sturm zieht auf“, gab das Kelpie singend zurück. „Ich kann euch in Sicherheit bringen.“ Es bot seinen Rücken einladend an. Seamus war fast augenblicklich versucht, aus dem Boot zu klettern. Krampfhaft hielt er sich fest und erinnerte sich daran, dass Kelpies nicht nett waren. „Der Himmel ist klar“, erwiderte Cho trocken. „Da musst du dir schon etwas Besseres einfallen lassen.“ Irritiert blickte der Kelpie zum Himmel empor und brummte: „Verdammt.“ Cho seufzte leise und wirkte den Platzierungszauber, der das magische Halfter über den Kopf des Kelpies zu. Dieser wieherte panisch auf, doch als sie ihm befahl, ruhig zu sein, gab er artig nach. „Was hat dich hierher gebracht?“, fragte sie. „Ein haariger Mann hat mich gefunden. Ich war in einem anderen See und dort gab es einen Kranken, der mich verhauen hat. Er wollte mich dort nicht haben. Der Mann hat mich verletzt am Ufer gefunden und hierher gebracht. Er sagte, hier wäre ich sicher und es gäbe eine neue Mutter für mich.“ Abscheu blitzte in dem Pferdegesicht auf. „Kelpies brauchen keine Mütter nach der Geburt. Kelpies überleben alleine.“ „Hagrid“, entfuhr es Seamus leise. Cho sah ihn an. „Oh, das klingt ganz nach Hagrid. Nach dem, was Harry und Ron immer erzählt haben, kümmert sich Hagrid gerne um alle möglichen gefährlichen Tierwesen...“ „Und er käme vermutlich auf die Idee, ein zweites Kelpie im Loch Ness auszusetzen...“ Cho schaute den Kelpie an und begriff. „Insbesondere ein Baby.“ „Ein Baby?“, krächzte Seamus und schaute die große Gestalt an. „Ein Baby“, bekräftigte Cho. „Und zwar ein Baby, das uns jetzt zum Ufer folgt und dort in der nächsten halben Stunden von ein paar Kollegen der Tierwesenabteilung abgeholt wird, damit es ein eigenes Loch bekommt.“ „Ein eigener See?“, flötete das Kelpie-Baby glücklich. „Ein eigener See, wenn du brav bist“, bejahte Cho und zupfte sanft den an den Zügeln. Als das Kelpie-Baby endlich abgeholt war, war es an der Zeit, dass sich Seamus verabschiedete. Da nichts geschehen war, was irgendein Muggel mitbekommen hätte, musste er auch keine Vertuschung organisieren. Allerdings hatte Cho sich entschlossen, Kontakt zu Hagrid aufzunehmen und ihn zu fragen, ob er wirklich das Kelpie-Baby in Loch Ness ausgesetzt hatte. Wenn ja, so würde sie ihm einige Dinge über Kelpies erzählen. Jetzt jedoch begleitete Cho Seamus erst einmal zu Urquhart Castle. „Äh, also, wenn du Lust hast... Ich würde gerne mal mit dir einen Kaffee oder ein Butterbier trinken gehen. Ich wäre nur dankbar, wenn das nicht in einem Boot oder in der Nähe eines Kelpies stattfinden würde“, sagte er und seine Ohren liefen rot an. „Ich finde, das klingt gut.“ Cho grinste breit. „Erwarte meine Eule.“ „Das werde ich.“ Seamus berührte kurz ihre Hand und nahm dann das Flohpulver, um nach Londen zurückzukehren. Von Kelpies hatte er ganz definitiv erst einmal genug. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)