Terrified von VelvetBlossom ================================================================================ Kapitel 10: Light 'em up ------------------------ Er würde vermutlich nie der Sesshafteste werden, schon weil es ihm oftmals vorkam, als würde er nicht in das helle fröhliche Konoha passen, dass seine Freundin, sein bester Freund und all die anderen sich aufbauten. Allerdings blieb er selten lang weg. Das höchste der Gefühle war bisher ein Monat, das geringste einige Tage. Er informierte sie, wenn er vorhatte zu gehen und sie nahm es hin, auch wenn es sie jedes Mal ein wenig verletzte. Auf einer der kürzeren Touren hatte er das erste Mal den neuen Alptraum. Nicht mehr der, in dem er seine Eltern, seinen Bruder oder all die anderen tot sah. Mit denen konnte er umgehen, zumindest so lang Sakura in Reichweite war. Mittlerweile kannte sie seine Phasen und fragte selten bis nie. Der neue Traum allerdings war anders. Die meiste Zeit fiel es ihm schwer, sich zu erinnern. Das Wenige, an das er sich erinnern konnte, waren sinnlos, aber schrecklich. Blut, Schreie, Tränen. Zu viele Gesichter. Viel zu viele Leichen. Er erzählte Sakura nichts. Sie hatte genug zu tun, einen Krankenhaus-Flügel einzurichten und mit ihm den Hausbau zu organisieren. Sie hielt es für die üblichen Alpträume und zögerte nicht, wenn er die Arme um sie schlang. Somit blieb es dabei, dass er bei ihr Trost suchte und sie ihm eben den bereitwillig spendete. Am schlimmsten waren die Träume, wenn er nicht daheim war, sondern unterwegs, egal ob er irgendwo seine Matte aufschlug, oder ob er in einem Gasthof unterkam. Ohne den prompten Beistand ging es ihm schlechter. Er war intelligent genug, die Verbindung zu sehen und machte sich nichts vor, aber er konnte trotzdem nicht ewig bleiben. Die Träume würden vorüber gehen, waren sicherlich nur eine Spiegelung von irgendwas, das ihn belastete, der Umzug oder seine Ruhelosigkeit. Nach besonders heftigen Episoden, wie sie sie nannte, war das einzige, dass ihm Ruhe verschaffen konnte, wenn er ihr so nah kommen konnte, wie nur möglich. Das waren die Träume, von denen er Ausschnitte behielt. In denen er Gesichter erkannte, wusste, dass er diese Personen gekannt hatte, vielleicht nicht er selber, sondern eine andere Version von ihm selber. Er erinnerte sich an den unverwechselbaren Blick einer Person, die betrogen worden war, an Verzweiflung und an das Flehen, aber er wusste nicht, wessen Erinnerung das war und er wollte es nicht erfahren. Sie stellte keine Fragen. Sie erwiderte seine Avancen ohne zu zögern, ohne neugierige Blicke. Sie protestierte nicht und bei einigen Gelegenheiten fragte er sich, ob sie sich nicht benutzt fühlen musste, weil er sie wirklich benutzte. Die Nächte nach diesen Grübeleien waren schlimmer als andere, weil zu seiner eigenen Schuld noch die Schuld des Anderen kam, derer dieser sich bewusst war und von der er wusste, dass sie ihn gelähmt hatte. Es war ein elender Teufelskreis aus Wut auf sich selber und die andere Existenz, aus Schuldgefühlen und blinder Panik, in der nur Sakura dazu in der Lage war, den Zyklus zurück zu drehen und ihn wieder in den Schlaf zu lullen. … Der erste Jahrestag kam kurz nach dem Umzug in das gemeinsame Haus und bestand aus wenig mehr, als einem ruhigen Freitag. Sie hatte sich das Wochenende frei genommen und er hatte versprochen, da zu bleiben. Die Alpträume waren häufiger gekommen und so langsam begann die Haruno, sich Gedanken zu machen. Sie kannte seine Phasen, kannte die Episoden, in denen die schrecklichen Träume ihn plagten, aber entweder dauerten sie wenige Tage, oder sie kamen mal eine Nacht, überfielen ihn und sorgten dafür, dass er den darauffolgenden Tag beinahe unbrauchbar war, in ihrer Nähe blieb, als fürchte er, ihre Existenz würde gebremst, wenn sie verschwand. Sie hatte selbst Alpträume, ab und an, vor allem wenn er nicht daheim war, sondern sie allein in dem großen, leeren Haus war. Aber es war kein Vergleich zu dem nächtlichen Grauen, dass ihn zu erwarten schien, sobald er die Augen schloss und sich zum Schlafen hinlegte. Leider war der Jahrestag keine Ausnahme. Sie war erst wenige Stunden am Schlafen, nachdem sie lange aufgeblieben waren und die Sonne war noch nicht annähernd aufgegangen, als sie von der Veränderung in seinem Chakra wach wurde. Sie hatte es nicht geschafft, sich zu rühren, ihn auch nur in den Arm nehmen konnte, weil sie wusste, was ihn geweckt hatte und ihn genug aufgewühlt hatte, dass sein Chakra, sonst ruhig und entspannt in ihrer Gegenwart drohte überzuschwappen wie ein zu volles Glas in einer Kinderhand. Vorher hatte er sie auf den Rücken gedreht, war über ihr und hatte sie geküsst. Es war keine gute Nacht, wie sie bedrückt feststellen musste, kaum dass seine Hand unter ihr Shirt verschwand und bereits ungeduldig an eben dem Stück Stoff zerrte. Alles andere als eine Gute Nacht… Als es vorbei war, lag sein Gesicht in ihrer Halsbeuge und sein Atem traf ihre Haut und jagte ihr einen Schauer über den Rücken. Er brauchte Hilfe. Das wusste sie ebenso gut wie er. Es würde niemals aufhören, wenn er sich nicht irgendwem anvertraute. Sie würde nicht drauf bestehen, dass er ihr alles sagte, wenn er ihr nichts sagen wollte, musste er nicht. Aber irgendwer musste mit ihm reden. Ihre Finger lagen in seinen schweißnassen Haaren, von blinder Panik und dem Über-sie-herfallen feuchter als üblich und fuhren über seine Kopfhaut, beruhigend. Sie spürte, wie er sich bewegte und einen Moment war sie in Sorge, dass er eine weitere Runde starten würde. Zur Erleichterung der Medic schlang er nur seinen Arm anders um ihre Mitte, vergrub sein Gesicht mehr an ihrem Hals als an ihrer Schulter und atmete tief ein. Ihre Beine waren noch um seine Hüfte geschlungen, hielten ihn so nah bei ihr wie es ging und ihre Hände strichen weiterhin sanft, beruhigend, schützend über seinen Kopf, seinen Nacken, seine Schultern. "Was siehst du?", murmelte sie nach einer Weile, in der er nichts sagte, er nur weiter gegen ihren Hals atmete und augenblicklich spürte sie, wie sein Atem kurz ungleichmäßig wurde. Er war wach, das wusste die Rosahaarige spätestens jetzt. "Deine Träume werden häufiger, Sasuke-kun." "Glaubst du, das weiß ich nicht?", kam es scharf von dem Uchiha, während er seinen Arm fester um ihre Mitte schlang. "Ich erinnere mich nicht." Einen Moment lang musterte Sakura die Schläfe ihres Freundes. Er weigerte sich, ihr in die Augen zu sehen. Passierte selten, aber es war sicher, dass er sie belog. "Du musst dich an irgendwas erinnern. Du bist so…" Kurz fehlten ihr die Worte und sie atmete kurz tief ein, ihre Oberweite leicht an seinen Oberkörper drückend. "…angespannt. Panisch. Verwirrt." "Ich erinnere mich an nichts.", beharrte der Schwarzhaarige und spürte, wie ihre kleineren, kühleren Hände ihn sanft an seinen Schultern von sich schoben. Er kam der stummen Bitte nach, erhob sich weit genug, dass sie ihn ansehen konnte, auch wenn er wusste, dass sie die Lüge sehen konnte. "Warum lügst du mich an? Du musst darüber reden!" Einige Augenblicke musterte er sie, schweigend, als würde er über die Idee, sich mit jemandem über die Schreckensvisionen, die er nächtlich erlebte, zu unterhalten. Dann war sein Arm unter ihr verschwunden und er löste ihr rechtes Bein von seiner Mitte, um sich aus ihr zu lösen. Sie war verletzt, das konnte er sehen, er verletzte sie. Aber er löste sich dennoch von ihr, griff seine Shorts und zog die an. Grüne Augen folgten seinen Bewegungen zum Schrank, beobachteten wie er eine weite Hose und ein ärmelloses Shirt griff und in beides hinein schlüpfte. Er wich ihr aus, würde zum Training gehen, um den Kopf frei zu bekommen. Nachdem sie den ursprünglich freien Kopf wieder mit den Alpträumen gefüllt hatte. Kurz überfiel sie ein Gefühl von Schuld, ehe aus der Schuld Wut auf den Uchiha wurde, der ohne ein weiteres Wort aus dem Raum verschwand. Praktisch kochend vor Wut und Verwirrung stieg sie aus dem Bett, griff sich das Shirt, dass er am Abend beiseite gepfeffert hatte und ihre Unterwäsche und schlüpfte hinein, während sie ihm in den Flur folgte und die Treppen hinunter. Sie war rasend, das musste er merken, denn als ihre rechte Faust auf ihn zu sauste, war er schnell beiseitegetreten und ihr Schlag ging ins Leere. "Leg dich wieder schlafen." Seine Ruhe brachte sie nur mehr in Rage. Ein weiterer Schlag verfehlte sein Ziel und nach dem Dritten griff er ihre dominante Rechte und drehte sie ihr auf den Rücken, kaum dass er hinter ihr zum Stehen kam. Sie zitterte vor Wut. "Was ist dein Plan?! Einfach abhauen?! Weil du nicht drüber reden willst, was dich so durcheinander bringt?!", kam es harsch von ihr und er runzelte sachte die Stirn. Diese Frau war wirklich manchmal unberechenbar. Allerdings war er da niemand, der sich beschweren durfte. "Ich erinnere-" "Lüg mich nicht an!", unterbrach die Haruno ihn scharf und warf ihm über ihre Schulter einen wütenden Blick zu. Natürlich konnte sie in ihm lesen. Sie waren bereits ein Jahr zusammen… "Ich erinnere mich nicht an alles. Bruchstücke.", schnaubte er und spürte, wie ihre wütende Haltung ein Stück weit entspannt wurde. "Was für Bruchstücke?" Sie war noch nicht wieder komplett ruhig. Und er wusste, dass ein einziges falsches Wort darin enden würde, dass sie ihm entweder auf die Füße trat, oder sie ihn über sich drüber warf und in die Kommode ein Stück links von ihnen. Hoffentlich blieb es bei ersterem. "Nicht genug. Aber offensichtlich von einem Krieg." "Dem Vierten?", hakte sie nach und schielte weiterhin zu ihm. Der Uchiha merkte deutlich, dass sie ihn am Reden halten wollte. Sollte sie ruhig. "Nein. Ein anderer.", erklärte er und seufzte kurz tief, als sie den Mund öffnete, um ihn zu erinnern, dass er den davor nicht wirklich erlebt haben könne. "Das weiß ich. Es ist ein Alptraum, Sakura. Nicht mehr. Du weißt genauso gut wie ich, dass nicht jeder Alptraum einem seine Fehler vorführt.", Er drückte ihr einen kurzen Kuss auf die Schläfe. Offenkundig entspannte sich die Medic weiter. "Warum bist du dann so wenn du aufwachst?" "Weil ich kurzzeitig nicht Realität und Traum unterscheiden kann." Es machte Sinn, auch wenn er wusste, dass das nicht die ganze Wahrheit war, es war nicht ganz gelogen. Aber er wusste, dass sie die Situation aus ihren Alpträumen auch kannte. Er merkte durchaus, dass sie dann das ein oder andere Mal vor ihm zurück zuckte oder sogar lieber aufstand, wenn sie meinte, er schliefe. "Bist du dir sicher, Sasuke-kun?" Sie war vorsichtig, wollte ihn offenkundig nicht verschrecken. Aber das würde sie nicht schaffen. Ihre Worte waren ihm persönlich weniger lieb als ihre Fäuste, aber das war ja doch erträglich. "Ja. Es ist nur ein Traum." Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)