Finsterer Seelenmond mit Sahnehaube von CreamOverMoon (oder: Der dunkle Lord und die süße Schnitte) ================================================================================ Kapitel 10: Kapitel 10 – Guten morgen liebe Sorgen, seid ihr auch noch immer da? (CreamOverMoon) ------------------------------------------------------------------------------------------------ 10 – Guten morgen liebe Sorgen, seid ihr auch noch immer da? Erschrocken fuhr Kagomes Körper in die Höhe und sogleich verfluchte sie sich. Rasende Kopfschmerzen breiteten sich in ihrem Schädel aus wie siedende Lava. Was war passiert? Wo war sie? Nur schemenhaft konnte sie den Boden ausmachen. Sie saß in aufgewühlter Erde und ihre Schuluniform war vollkommen verdreckt. Der Geruch von verbranntem Gras biss in ihrer Nase und mit einem Stöhnen hielt sie sich den Kopf. War sie etwa ohnmächtig geworden? Fieberhaft versuchte sie sich zu erinnern, was passiert war. Dunkel formte sich ein Bild in ihren verworrenen Gedanken. Grün... ein Wald! Ja, sie war in einem Wald gewesen. Moment. Inuyashas Wald? Aber sicher, Kikyo war doch auch dort gewesen! Kikyo... langsam aber sicher machte sich Entsetzen in ihr breit und sie weitete die Augen, als die Erinnerung sie mit voller unbarmherziger Wucht traf. Nur ein Name zuckte durch ihr Gehirn. „Sesshoumaru?“ fragte sie leise und blinzelte abermals. Ihre Augen waren so schwer, als hätte sie sie tagelang nicht benutzt. Nur langsam nahm Ihre Umgebung Gestalt an als sie langsam den Kopf drehte und ihren Blick in alle Richtungen schweifen ließ. Unweit von ihr stand er; sein silbriges Haar glänze im Mondschein des untergehenden Mondes und wogte sanft durch den Wind. Mondschein? Kagome sog scharf die Luft ein. Es war also schon Nacht, sie musste sehr lange ohne Bewusstsein gewesen sein. Und er war die ganze Zeit bei ihr geblieben? Er, der große Herr des Westens? Kagome musste träumen, ja, genau. So musste es sein! Vorsichtig schüttelte sie ihr Haupt und schon schoss umgehend eine neue Welle des Schmerzes durch ihren Kopf wie ein Blitz. Die junge Miko stöhnte schmerzerfüllt auf. „Kagome!!!“, schrie eine allzu bekannte Stimme in die Stille und sofort setzten sich die ganzen schemenhaften Gestalten um sie herum in Bewegung. Nur eine blieb starr wie eine Salzsäule und beobachtete das ganze Szenario aus kühlen Augen. Kagome war verwirrt. Sie träumte doch nicht? All ihre Freunde waren hier und Sesshoumaru? Und sie bekriegten sich nicht? Was zur Hölle war hier nur los?! Stoff raschelte als sich Inuyasha direkt neben ihr nieder ließ und sie aus großen Augen ansah. „Inu... Inuyasha, was ist passiert? Wo bin ich? Wo sind...“, stammelte Kagome. Ihre Kehle fühlte sich an wie ein Reibeisen und sie musste mehrmals schlucken, bevor sie weiter sprechen konnte. „Sango, Miroku und Shippo? Was ist denn nur geschehen?“, fragte sie weiter. Besorgt ruhten goldene Augen auf ihr und sie meinte so etwas wie große Erleichterung darin erkennen zu können. Sammelten sich dort etwa Tränen in den Augenwinkeln? Verwirrt starrte sie den Hanyou an, der mit offenem Mund vor ihr saß und sie von oben bis unten mit ungläubigem Blick begutachtete. Sie kam sich vor wie eine Ming-Vase in einem Museum, die von den Besuchern studiert und bewundert wurde. Sie kam sich fast nackt vor. Kagome wollte den schon den Mund aufmachen und den Hanyou anherrschen, das bitte bleiben zu lassen, doch Inuyasha kam ihr zuvor. „Geht es dir auch gut? Tut dir irgendetwas weh?“, fragte er hastig mit sehr besorgter Stimme und ergriff sie stürmisch an den Schultern, um sie wenig sanft zu schütteln. Dass der Hund auch immer so unsensibel war! „Inuyasha, bitte, langsam, nicht so heftig! Ich habe furchtbare Kopfschmerzen!“, meckerte die Schwarzhaarige und fragte sich abermals, was ihren Freund so aufgeregt haben mochte. „Kagome-chan!“ Sangos Stimme war mehr ein Zittern und vollkommen verdutzt sah Kagome dicke Tränen auf den Wangen der Jägerin. Ihre Augen waren gerötet und geschwollen. Warum hatte sie denn so sehr geweint? Bevor die Miko fragen konnte fiel ihr ihre beste Freundin schon um den Hals und drückte sie fest an sich. „Oh bei den Kamis, Kagome-chan, ich dachte ich würde dich nie wieder sehen!“, schluchzte Sango und ein heftiges Beben ging durch ihren Körper. Schon klammerte auch Shippo an ihr und heulte wie ein Schlosshund. „Ka...hicks, Kago... hicks, Kagome-chaahaaahaaan!“, heulte der kleine Fuchs und brachte vor lauter Schluchzern kaum ein Wort mehr heraus. Sanft strich sie ihm über den roten Schopf und wuschelte durch die Haare. „Was ist denn nur los mit euch allen? Mir geht es doch gut, von diesen fürchterlichen Kopfschmerzen einmal abgesehen!“, fragte Kagome mit großen braunen Rehaugen in die Runde. „Kagome-sama, ihr könnt euch an nichts erinnern?“ Miroku sah sie durchdringend an. Stumm schüttelte Angesprochene ihren Kopf und fluchte abermals innerlich auf. Sie musste dringend zu ihrem Rucksack – wenn sie sich recht erinnerte, musste sie noch Kopfschmerztabletten in der vorderen Tasche haben. Der Mönch holte tief Luft und schloss kurz die Augen bevor ruhig anfing zu sprechen. Es schien, als würde er jedes Wort mit Bedacht wählen, während alle anderen besorgt zu der Miko sahen und darauf warteten, wie sie die Neuigkeit verdauen würde. „Kagome-sama... ihr wart tot.“ So, jetzt war es raus. „Eh?!“ Kagome stutzte. Was war das denn nun für ein Blödsinn, tot? Sie? Also bitte. „Na, so ein Blödsinn! Ich bin doch nicht...“, setzte sie an und stockte plötzlich. „Sesshoumaru, der Pfeil“, hauchte sie fassungslos. „Ist er, hat er ihn getroffen?“. Alarmiert ging ein Ruck durch ihren Körper und die junge Frau sprang auf, wollte schon zu Sesshoumaru laufen, als Inuyasha sie am Ärmel zurück hielt. „Was -“ „Bleib hier, er ist gefährlich!“, zischte der Inuhanyou und sah sie eindringlich an. Die Worte von Schicksal gingen ihm nicht aus dem Kopf. Er hatte genau gesehen, wie sie zu seinem verhassten Halbbruder geschielt hatte, als sie von dem mächtigsten Beschützer auf Erden sprach. Pah, als wäre dieser aufgeblasene arrogante Pfau ein Beschützer! Er, Inuyasha, hatte das Beschützerschwert, er musste also der Beschützer sein! „Nun sei aber nicht albern!“ konterte Kagome und schüttelte ihn ab um kopfschüttelnd loszumarschieren. Sicher, Sesshoumaru war ein mächtiger Dämon, ein Daiyoukai, aber er hatte schon so oft Gelegenheit ihr etwas anzutun, er würde sie nicht angreifen, bestimmt nicht! Entschlossen ging sie auf die hochgewachsene Gestalt zu und wunderte sich ob ihrer plötzlichen Sicherheit, dass er ihr wirklich nichts antun würde. Seltsam... zuckte es kurz durch ihre Gedanken. Seit wann hatte sie so ein Vertrauen in den Dämon? Ein guter Beobachter würde sicher bemerken, dass Sesshoumaru das ganze Schauspiel tatsächlich interessiert musterte. Doch die Anwesenden kannten ihn zu wenig, um diesen Hauch von Interesse in seinen Augen, der ihn verriet, wirklich zu erkennen. Nun, die Miko war mutig, das musste er ihr lassen. Belustigt verfolgte er, wie sie sich dem Rudelführer widersetzte und seinen nutzlosen Halbbruder abschüttelte. „Kagome, so warte doch!“ Inuyasha hetzte ihr hinterher. Sango, die Shippo auf dem Arm hatte, ging zögerlich einen Schritt nach vorne, doch Miroku hielt sie zurück und schüttelte auf einen Seitenblick hin nur leicht den Kopf. Konzentriert beobachtete er, was nun passieren würde. Auch der Mönch hatte die leisen Worte der Göttin gehört. Was sie wohl zu bedeuten hatten? Den größten Beschützer auf Erden... meinte sie wirklich den Inudaiyoukai damit? Miroku konnte sich keinen Reim darauf machen, es war seltsam. Inuyasha hatte das Beschützerschwert Tessaiga, wieso also war nicht er der Beschützer, den Schicksal für die junge Miko auserkoren hatte, sollte es tatsächlich Sesshoumaru-sama sein? Der Mönch wollte es nicht glauben. Aber er war sich sicher, dass all dies einen Grund haben musste. Immerhin hatte es Schicksal selbst in die Wege geleitet! Ob sie Naraku nur gemeinsam besiegen konnten? Aber wie sollten Sie den Herrn des Westens dazu bewegen mit ihnen zu kämpfen, ihnen zur Seite zu stehen? Seine Gedanken rasten. Irgendwann musste er mit den Anderen darüber sprechen, vielleicht hatten Sango oder Kagome eine Idee, was sich Schicksal dabei gedacht hatte. Kagome war noch nicht ganz bei Sesshoumaru angekommen, als der Hanyou sie abermals grob am Ärmel packte. Mit einem „Huch“ wirbelte sie herum. „Inuyasha!“, zischte sie bedrohlich. „Du solltest nicht zu ihm da! Er hat dich entführt!“, platzte es wütend aus dem Halbdämon heraus. „Bitte was?! Nun hört aber auf mit dem Blödsinn und lass mich los!“, herrschte sie. „Nein!“ So ein Sturkopf! „Inuyasha...“, säuselte die Schwarzhaarige und ein flüchtiges Lächeln umspielte ihre vollen Lippen. Sofort wurden seine Augen groß und seine Ohren klappten nach hinten ab, dennoch ließ er sie nicht los. „Kagome, bitte... nein, so hör mir doch zu-“ „Inuyasha, SITZ!“ WUMMS Eine fein geschwungene Augenbraue wanderte unter den weißen Pony von Sesshoumaru. Nun, sein Halbbruder war eben schwach und kein Rudelführer. Offensichtlich hatte diese Miko das Sagen. Der Hanyou lag in der vom heftigen Aufschlag verursachten Kuhle, zuckte mit den Ohren und stammelte etwas Unverständliches in den Boden. Mit einem Schnauben drehte Kagome sich um und ging zielstrebig auf den Herren des Westens zu. Desinteressiert folgten dessen goldene Augen ihren Bewegungen. Sie kam ihm näher. Zu nahe. Eine Brise wehte ihren betörenden Duft in Richtung seiner Nase, als sie kaum mehr einem Meter vor ihm zum Stehen kam. Unwillkürlich drang ein tiefes, leises Knurren aus seiner Kehle als sein inneres Biest regelrecht zu brüllen begannt. Diese verdammte Kami, was hatte sie mir ihm gemacht!? Erschrocken wich Kagome einen Schritt zurück. „Äh, ahm. Also...“, stammelte sie. Herrgott, wieso brachte sie keinen vernünftigen Satz raus? Aus großen Augen sah sie in das ebene Gesicht von Sesshoumaru. Die Sonne ging mittlerweile in seinem Rücken auf und beleuchtete die hoch gewachsene Gestalt von hinten. Seine Augen waren eiskalt und so wunderschön, strahlten regelrecht aus dem im Schatten liegenden Gesicht. Ohne es zu wollen, wanderte ihr Blick seine Konturen ab, besah sich jedes Detail im Gesicht des Dämons. Die fein geschwungenen Male, das seidene Haar. Ob es sich wohl so weich anfühlte, wie es aussah? Von ihrer schier endlosen Neugier gedrängt tat sie unbewusst einen Schritt nach vorne und hob ihre rechte Hand. Sesshoumarus Augen verengten sich zu Schlitzen. Sie würde doch wohl nicht... „Wage es.“ Ein gefährlich leises Flüstern drang durch seine Lippen und kurz blitzten seine messerscharfen Reißzähne hervor. In diesem Moment kam Kagome wieder zur Besinnung und zog ihre Hand hastig zurück. Ihr Herz schlug ihr bis zum Hals und sie konnte das Blut in ihren Ohren rauschen hören. Es kochte regelrecht. Was bei den Kamis... wollte sie eben tatsächlich...?! Entsetzt schlug sie sich die Hand vor den Mund. „Ich, ich...“ stotterte die nun sehr verunsicherte Miko. Er würde ihr doch nichts tun, oder doch? Ihr Herz und ihr Bauchgefühl sagten nein. Doch ihr Kopf drängte sie zur Rationalität. Himmel, er war ein Dämon! Stumm wartete Sesshoumaru ab und so langsam verebbte seine lang eingeübte Geduld im Nichts. Aus jedem anderen verdammten Menschen hätte er schon längst Kleinholz gemacht! Sie hatte ihn tatsächlich berühren wollte, hatte es gewagt ihre Hand zu heben und ihm nahe zu kommen! Wieso verflucht nochmal tat er nichts? Es war, als könne er sich nicht bewegen, als müsste er starr dastehen und es über sich ergehen lassen. Genauso wie diesen betörenden Duft, der ihn schier in den Wahnsinn trieb. Seit wann reagierte er so auf den Geruch einer Menschenfrau? Diese Kagome... Innerlich brodelte es in ihm. Er hatte schon wieder ihren Namen gedacht! „Sesshoumaru-sama, geht es dir gut?“, fragte die Schwarzhaarige leise und tatsächlich sah sie ihn besorgt an. Endlich hatte sie ihr Anliegen vorgebracht. Sein Blick wurde noch kühler, wenn es denn überhaupt noch möglich war. Glaubte sie denn, ein solch lächerlicher Pfeil einer toten Priesterin würde ihn verletzen können? Wer war er, sein zurückgebliebener Halbbruder? Mit einem leisen Schnauben drehte der Daiyoukai sich um und schritt anmutig von dannen. Verdutzt blickte Kagome ihm nach. Dass er all seine innere Willenskraft aufbringen musste, um sich von ihr abzuwenden, entging den Anwesenden. Da stand sie nun und sah dem Dämonenfürsten hinterher. Er hatte sie einfach stehen lassen! Ohne ein Wort! Dieser aufgeblasene, arrogante, selbstverherrlichende, narzisstische... pah! Wütend drehte sich Kagome um und stampfte zu Sango und Miroku zurück. Als sie an Inuyasha vorbei rauschte konnte sie nur ein Nuscheln vernehmen. „Schieehscht du, ich habsch dir ja gesagt...“ „SITZ! SITZ! SITZ!“ hallte es durch die Stille und mit jedem Krachen zuckten die Köpfe ihrer Freunde mitleidig zusammen indes Inuyasha schon fast einen Vulkankrater sein eigen nennen konnte. Im nächsten Moment tat es Kagome schon wieder leid. Sie hatte ihre Wut an dem Hanyou ausgelassen. Dennoch. Irgendwie hatte Inuyasha das verdient. All die Treffen mit Kikyo! Jedes Mal musste Kagome darunter leiden, jedes Mal ein Stich in ihrem Herzen und ein Stückchen mehr, das brach. Und nun hatte diese Leiche sie hintergangen und sogar auf Sesshoumaru geschossen! Ein ärgerliches Schnauben drang aus ihrem Mund. Wieso machte sie sich plötzlich solche Sorgen um den Daiyoukai? Er konnte weiß Gott selbst auf sich aufpassen! Sango und Miroku seufzten und Shippo war einfach nur durcheinander. Seine Kagome war wieder da, wieder am Leben! Aber warum wollte sie unbedingt zu diesem Sesshoumaru? Der war doch so gefährlich und hatte schon so oft versucht sie alle umzubringen! Ob sie wohl einen Schlag auf den Kopf abgekommen hat? Irgendwie hat ihr der Tod wohl nicht gut getan. Der kleine Fuchs verstand das alles nicht. Diese komische Frau mit den vielen Augen war schon gruselig genug. Hoffentlich ging der Daiyoukai nun wieder seiner eigenen Wege. Wenig später saß die kleine Gruppe am Waldrand um ein kleines Lagerfeuer, nur Inuyasha hatte sich auf einen Ast zurückgezogen und starrte gedankenverloren in die Weite. Er schien nicht sehr gut mit Kikyos Verrat zurecht zu kommen. Versonnen musterte sie den Inuhanyou. Irgendwie tat er ihr schon leid. Auf der anderen Seite machte sich ein Fünkchen Schadenfreude in ihr breit. So sehr sie auch mit ihrem besten Freund litt, endlich sollte Kikyo kein Thema mehr sein! Kagome schüttelte kurz den Kopf, um diese bösen Gedanken abzuwerfen und besah sich hungrig das Essen. Shippo hatte mit Kirara Pilze und Kräuter gesammelt und nun brodelte ein duftender Eintopf im Topf über dem Feuer. Kagome lief das Wasser im Mund zusammen. Es schien ihr, als hätte sie seit Tagen nichts mehr gegessen, so ausgehungert war sie. Auffordernd sah sie in die Runde. „Dann erzählt doch mal, was hier los war. Ich blicke überhaupt nicht mehr durch! Ich muss ja mindestens fast einen ganzen Tag lang ohnmächtig gewesen sein. Und wo sind wir überhaupt?“ Beklommen tauschen die Anwesenden stumme Blicke aus. Schließlich räusperte sich Miroku und begann zu erzählen. Wie er plötzlich im Wald alleine war, das ganze Dorf leer vorgefunden hatte und sie, Sango und Inuyasha schließlich in Inuyashas Wald in der Nähe des Knochenfresserbrunnens ausfindig machen konnte. Die folgenden Geschehnisse brachte er nur stockend über die Lippen. Als er von Kaedes Tod und Kikyos Verrat erzählte, rannten stumme Tränen über die Wangen der Miko. Die alte Kaede! Was sollten sie nur ohne sie machen? Sie wusste doch immer irgendeinen Rat! Kaede war wie die Großmutter, die sie nie gehabt hatte. Kagome weinte hemmungslos um Kaede. „Wir... wir müssen zurück. Sie muss ein ordentliches Begräbnis erhalten...“, schniefte sie. Wenn sie auch sonst nichts mehr für die Alte tun konnte, so wollte sie sie wenigstens zu ihrer letzten Ruhestätte begleiten und sich gebührend und mit aller Ehre verabschieden. Die Gruppe legte eine kurze Schweigeminute im stillen Einverständnis ein und ein jeder starrte gedankenverloren in die züngelnden Flammen. Miroku holte tief Luft und fuhr fort mit den Erzählungen. Ein um das andere Mal konnte Kagome nur ungläubig den Kopf schütteln. Sie war tatsächlich tot gewesen? Und Sesshoumaru hatte sie einfach mitgenommen? Bei den Kamis, warum? Sicher, er war der einzige, der die Macht hatte, durch Tenseiga Tote wieder zu erwecken. Aber warum sie? Da erinnerte sie sich an die Giftmischer... der Dämon hatte sie schon einmal gerettet. Die Erinnerung war dunkel und sie hatte sie schon fast verdrängt. Es war schrecklich gewesen als der stinkende, wieder erweckte Krieger sich an ihr vergehen wollte. Sie verdankte Sesshoumaru ihre Unschuld und ihr Leben! Schon damals hatte sie sich gefragt, was wohl in dem großen Dämon vorgegangen war. Und nun hatte er sich wieder um ihre Sicherheit gesorgt. Kagome war total verwirrt. Schon vorhin hatte er eine so unnatürliche Anziehungskraft auf sie gehabt, noch jetzt schalt sie sich für ihre Dummheit, sich ihm so ohne weiteres zu nähern. Sogleich kochte auch wieder die Wut in ihr auf, als sie daran dachte, wie er sie hatte stehen lassen, ohne ein Wort, eine Geste, irgendwas! Kagome schnaubte verärgert und Miroku hielt inne und sah sie abwartend an. „Ach, nichts. Erzähl weiter!“, erwiderte die junge Miko zerknirscht. Miroku runzelte kurz die Stirn, hakte jedoch nicht weiter nach. Als der Mönch zu dem Punkt der Erzählungen kam, an dem Totosai entführt worden war, sog Kagome entsetzt die Luft ein. „Um Himmels Willen, wir müssen ihm helfen, ihn befreien! Er ist nur wegen mir von Naraku entführt worden!“ rief sie entsetzt. „Ja, du hast Recht, Kagome-chan.“ erwiderte Sango.“ Aber nun hör dir die Geschichte zu Ende an!“ Kagome nickte und Miroku fuhr fort. Wenig später saß die junge Miko allein am Flusslauf, unweit ihres Lagers, ließ die Füße im kühlen Nass baumeln und besah sich nachdenklich ihr verschwommenes Spiegelbild im Wasser. Sie brauchte ein wenig Zeit für sich, um das alles sacken zu lassen. Das war ja unglaublich! Das Schicksal selbst hatte sich eingemischt! Das Schicksal... Ihr Daseinszweck war es also das Juwel zurück zu holen, Naraku zu besiegen und dann das Juwel zu vernichten. So etwas hatte sie ja schon gedacht. Es war ja auch schon sehr seltsam gewesen, dass sie damals mit ihrem Pfeil genau das winzig kleine Juwel in der riesigen Krähe getroffen hatte. Bestimmt hatte Schicksal schon damals ihre Fäden gesponnen. Ach was... wahrscheinlich schon, als sie an ihrem Geburtstag in den Brunnen fiel und hier gelandet war. Denn offenbar war sie die einzige in allen Zeiten und Welten, die das Juwel spüren und läutern konnte. Kikyo war tot und nun sogar eine Marionette der Gegenseite. Was Naraku wohl mit ihr anstellte, wie er es wohl geschafft hatte, sie unter seine Kontrolle zu bringen? Schicksal musste einen derben Humor haben. Kagomes Gedanken wirbelten so sehr durcheinander, dass sie das ganz in der Nähe befindliche Youki gar nicht spürte. Es war nur ganz schwach wahrnehmbar. Immerhin war er, dieser große Sesshoumaru, in der Lage, sein Youki fast vollständig zu unterdrücken. Seit geraumer Zeit ruhten seine goldenen Augen auf der zierlichen Gestalt. Beobachtete sie geduldig, prägte sich alle Einzelheiten ein. Ihren Duft hatte er schon detailliert abgespeichert, er würde ihn unter abertausenden wieder erkennen. Zu seinem Leidwesen. Er wusste nicht warum und er konnte es kaum beherrschen. Das machte ihn so wütend! Er hätte nie gedacht, dass ein Geruch ihn so aus der Fassung bringen würde, dass er um seine Selbstbeherrschung regelrecht ringen musste. Fast eintausend Jahre hatte er sich diese antrainiert. Immer war er ruhig, gelassen und rational. Und dann kam diese Frau daher und machte ihn schier wahnsinnig! Er hatte sehr lange darüber sinniert, was er nun tun sollte. Eines hatte er bislang festgestellt. Er hielt es kaum aus, wenn sie nicht in der Nähe war und er sie nicht riechen konnte. Ständig umkreisten dann Sorgen seinen Verstand und er hielt es keine fünf Minuten aus, nicht zu wissen, wo sie war, was sie tat und ob sie wohlauf war. Er war so zornig über diesen Umstand! Am liebsten hätte er sie einfach aus dem Weg geräumt, ein Problem weniger. Aber selbst das schaffte der große Herr des Westens nicht. Er brachte es nicht über sich. Schon hundert Mal hatte er die Möglichkeit gehabt. Auch jetzt, just in diesem Augenblick. Nur wenige Meter trennten ihn von seinem Opfer, aber es war, als wäre auf dem Ast, auf dem er saß, festgewachsen, sobald er Mordgedanken zuließ. Daher gab es für ihn nur eine einzige Möglichkeit, dieses Problem zu lösen. So wenig es ihm auch gefiel. Diese nervende Menschenfrau musste ihn begleiten, in seiner Nähe bleiben, sonst würde der Daiyoukai keine Ruhe mehr finden. Lautlos ließ er sich von dem Ast gleiten und landete federweich im Moos, kaum drei Meter von Kagome entfernt. Ein spitze Schrei ließ die Vögel aufstoben und vor lauter Schreck rutschte Kagome beim Aufstehen an den glitschigen Steinen ab und landete, selbstverständlich Kopf voraus, im Wasser. Prustend und spuckend tauchte sie auf und holte tief Luft. Mit einer wütenden Handbewegung fegte sie ihre nassen Haare aus dem Gesicht und funkelte Sesshoumaru böse an. „Sag mal, hast du sie noch alle?!“, spie sie ihm giftig entgegen und ballte dabei ihre Hände zu Fäusten. Sesshoumarus Augenbrauen wanderten beide gefährlich in die Höhe als er seine Lippen zu einem Knurren verzog. Sie wagte es so mit ihm zu sprechen? So sprach keiner mit diesem Sesshoumaru! Mit einem geschmeidigen Sprung landete er direkt vor ihr im Wasser, packte sie am Kragen und hob sie in die Höhe. Seine scharfen Krallen streifen ihre weiche, empfindliche Haut am Hals. Eindringlich sah er in ihre Augen. Kagomes Herz hämmerte gegen ihren Brustkorb, so sehr, dass sie befürchtete, es würde gleich davon springen. Vollkommen wehrlos baumelte sie vor Sesshoumaru in der Luft und konnte mit Entsetzen ausmachen, dass sich die fein geschwungenen Male veränderten und seine goldenen Augen sich ganz langsam rot färbten. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)