Unter dem Mistelzweig von abranka (RWxSM) ================================================================================ Kapitel 5: V. ------------- „Miss Weasley, Mr. Malfoy, Sie kommen in den äußerst seltenen Genuss einer Wahl: Möchten Sie Ihre Strafarbeiten ab sofort ableisten oder in den Weihnachtsferien?“, sagte die Schulleiterin Professor Minerva McGonagall. Sie trug einen Bademantel mit Schottenkaro über ihrem dunklen Nachthemd und war offenbar sehr wenig begeistert darüber, dass sie mitten in der Nacht geweckt worden war, um sich um zwei umtriebige Schüler zu kümmern. Rose hatte mit einer gewissen Erleichterung festgestellt, dass Izzie und Albus offenbar nicht erwischt worden waren, sonst wären sie sicherlich schon auf die beiden getroffen. „Weihnachten“, entfuhr es Scorpius sofort. Rose schaute ihn mit großen Augen an. Ihr hatte ein „ab sofort“ auf den Lippen gelegen, doch als sie jetzt Scorpius' beinahe verzweifelten Blick sah, nickte sie nur und murmelte: „Weihnachten.“ „Also gut, dann in den Weihnachtsferien.“ Professor McGonagall nickte knapp. „Und falls irgendein Wort über diese Wahlmöglichkeit nach draußen dringen sollte, können Sie gewiss sein, dass sich Ihre Strafarbeiten bis Ostern verlängern werden. Und nun ab in Ihre Betten.“ Sie scheuchte die beiden hinaus. Auf der Schwelle meinte sie noch kurz zu den beiden: „Glückwunsch zu Ihren geschickten Begleitern. Sowohl Professor Jones als auch Mr. Filch hatten keinerlei Erfolg damit, sie aufzustöbern.“ Schweigend verließen Rose und Scorpius das Büro der Schulleiterin. Genauso stumm trennten sich ihre Wege, als Rose zum Gryffindorturm hinauf steigen und Scorpius die Treppen zum Kerker hinunter gehen musste. Sie wechselten nur einen knappen Blick. Mehr blieb nach diesem Abend nicht mehr. Und auf dem Weg in ihr Bett grübelte Rose darüber nach, ob sie wirklich ein stummes und sehr flüchtiges „Danke“ auf Scorpius' Lippen gesehen hatte, als sie mit ihm gemeinsam ihre Weihnachtsferien geopfert hatte. Sie fragte sich außerdem, was zum Merlin sie geritten hatte, das zu tun – und warum da eine latente Panik in seinen grauen Augen gewesen war. Am nächsten Morgen fühlte sich Rose wie gerädert. Izzie war bereits im Schlafsaal gewesen und hatte ihr natürlich sofort erzählt, wie Albus und sie sich erfolgreich vor Professor Jones und Mr. Filch versteckt hatten und schließlich in ihre Schlafsäle geschlichen waren. Dann hatte sie Rose über ihre Strafe ausgefragt und Rose hatte nur „Strafarbeiten in den Weihnachtsferien“ geantwortet. Izzies Empörung über die zerstörten hart erkämpften familienfreien Weihnachtsferien bekam sie schon kaum noch richtig mit, so schnell war sie eingeschlafen. Die Posteulen kamen herein und zum Slytherintisch flog ein großer Uhu, der sonst eher Geschenke brachte. Dieses Mal war es jedoch der gefürchtete rote Brief – ein Heuler. Rose schaute ebenso wie die anderen zu den Slytherins hinüber und sah, wie der Vogel den Heuler vor Scorpius abwarf. Ganz kurz trafen sich ihre Blicke. Die Wangen noch bleicher als sonst und die Ohren leuchtend rot öffnete Scorpius den Heuler und ließ die Schimpftirade über sich ergehen. „Scorpius Hyperion Malfoy, wie kannst du es wagen, Strafarbeiten über die Weihnachtsferien erteilt zu bekommen? Die ganze Familie kommt zusammen und nur du fehlst, weil dein Benehmen wieder einmal mehr als zu wünschen übrig lässt.“ Die Stimme eines Mannes – aller Wahrscheinlichkeit Draco Malfoy – schallte durch die große Halle. In diesem Ton ging es noch eine ganze Weile weiter und Rose sah betreten auf den Tisch. Es war nicht richtig, dass solch eine Zurechtweisung vor der ganzen Schule stattfand. Sie war unendlich dankbar dafür, dass ihre Eltern niemals auf die Idee kommen würden, ihr oder ihrem Bruder einen Heuler zu schicken. Ihr Vater war von seinem eigenen ersten – und einzigen – Heuler seiner Schulzeit beinahe so etwas wie traumatisiert. „Und wehe, ich höre noch einmal davon, dass du dich mit irgendjemandem von dem Weasley-Clan in irgendeiner Hinsicht eingelassen hast!“, donnerte die Stimme zum Abschluss, dann zerfetzte sich der Heuler selbst. „Wow...“, murmelte Izzie leise. „Ich muss Dad sagen, dass er sowas bloß nie mit mir machen soll.“ Rose nickte stumm. Sie verspürte einen äußerst ungewohnten Anflug von Mitgefühl für Scorpius, der mit mittlerweile hochroten Wangen seinen Klassenkameraden wohl eine geschönte Version dessen erzählte, womit er sich die Strafarbeiten verdient hatte. Natürlich hatte Will Wood auch mitbekommen, weshalb Scorpius einen Heuler bekommen hatte. In der Jungenrunde war das wohl recht bald rum gewesen und so war es kein großes Wunder, als er Rose bei einem nachmittäglichen Spaziergang am See darauf ansprach. „Was habt ihr euch bloß dabei gedacht?“, fragte er kopfschüttelnd. Rose hob die Schultern. „Er hat mich herausgefordert und ich konnte nicht nein sagen. Ich kann ihn nicht ausstehen und er mich nicht.“ Sie machte eine kurze Pause. „Wir ärgern uns halt immer. Unsere ganze Hogwartszeit schon.“ Will zog eine Augenbraue hoch. „So, so.“ „Was denn? Da ist doch nichts dabei. Er ist mein Erzfeind.“ Rose blieb stehen und funkelte ihn empört an. „Natürlich.“ Will seufzte und griff nach ihrer Hand. „Es ist nur... ihr habt eine ziemlich enge Beziehung.“ „Wir haben gar keine Beziehung, Will.“ Sie verdrehte die Augen. „Ich kann ihn nicht leiden, er mich nicht und fertig.“ „Und deswegen machst du nachts ein Wettfliegen mit ihm?“ „Nun, mit dir hätte es mehr Spaß gemacht.“ Unwillkürlich musste Rose an diese gewaltige Begeisterung denken, die sich durchströmt hatte, als sie auf dem Besen durch die kalte Luft gerast war. „Lass uns doch heute Nacht...“ „Was? Einmal romantisch über den See fliegen und uns eine Runde Strafarbeiten abholen?“ Will schüttelte den Kopf. „Jones und McGonagall rechnen doch garantiert mit so etwas.“ „Die rechnen immer mit allem.“ Erneut verdrehte Rose die Augen. „Deswegen ist es ja auch aufregend. Es wäre doch komisch, wenn es kein Problem wäre, sich nachts aus dem Schloss zu schleichen, oder?“ „Nun...“ Will schüttelte den Kopf. „Du würdest nicht nachts einen kleinen Besenausflug mit mir machen?“, fragte Rose und spürte, wie sie Enttäuschung überrollte. Sie verstand es nicht. Sicher, sie waren größtenteils brave, gute Schüler, aber warum sollten sie denn nicht auch mal über die Stränge schlagen? Sie waren nur einmal sechzehn. Es wäre eine tolle Geschichte irgendwann sagen zu können: „Und dann sind wir nachts über den See geflogen und als sie uns erwischt haben...“ Sah Will das denn nicht? „Nein, Rose, das würde ich nicht.“ Schon wieder schüttelte Will den Kopf und Rose hatte das Gefühl, dass er das bei jedem Vorschlag machen würde, der die Regeln auch nur ein winziges bisschen verletzte. Er war langweilig. Absolut und total langweilig. Es war verblüffend, wie diese Erkenntnis Rose regelrecht überrollte. Wie betäubt ließ sie sich von Will in Richtung Schloss zurückziehen. Sie wusste, dass sie aus dieser Erkenntnis eine nicht besonders einfache Konsequenz ziehen musste. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)