The Angel who kills von abgemeldet (Azrael Chronicles) ================================================================================ Kapitel 5: Contradictory Behavior --------------------------------- Azrael's Blick wanderte von dem Mann, der vor ihm am Boden lag, nach oben und folgte dem Lauf seiner Waffe, ehe er sie sinken ließ, und einen missbilligenden Laut von sich gab. Im Türrahmen stand Yong Tae und hielt eine Pfanne in der Hand, während er erschrocken auf den Mann herab blickte, bevor sein Blick den von Azrael suchte, der sich aufrichtete und seine Waffe wieder einsteckte. „Hab ich nicht gesagt, du sollst draußen warten?“ Der Junge ließ die Pfanne fallen, die scheppernd auf dem Boden aufschlug, während er zitternd ausatmete. „Hab ich doch.“ Er sah, wie der Junge 'draußen wartete', schwieg jedoch weiterhin. In der Stille, die zwischen ihnen herrschte, sah er sich im Wohnzimmer um, und stieg über den Mann hinweg, bevor er den Weg zur Kommode einschlug, die neben dem alten und etwas verschlissenen Sofa stand, und den Reisepass an sich nahm, der darauf lag. „Ich dachte, du könntest Hilfe gebrauchen.“ Er bahnte sich seinen Weg zurück zu Yong Tae und schwieg immer noch. Er wusste, dass Schweigen die meisten Menschen dazu brachte, sich unwohl zu fühlen, oder einfach drauf los zu reden. Im besten Falle beides, was ihm schon öfter die ein oder andere nützliche Information gebracht hatte. Bei dem Jüngeren schien das auch nicht anders zu sein. Das schloss Azrael daraus, dass dieser unruhig von einem Bein auf das andere trat, ehe er auch schon begann zu reden. Er erzählte, dass er Schritte im Treppenhaus gehört und sich im oberen Geschoss auf der Treppe versteckt hatte. Als er dann den dritten Mann die Wohnung betreten und ein Messer ziehen sah, habe er sich Sorgen gemacht und sei ihm gefolgt. Als er dann gesehen hatte, dass der Mann sich Azrael von hinten genähert habe, hatte er sich das Erstbeste von dem Chaos am Küchenboden gegriffen und damit zugeschlagen. Er schwieg weiterhin nach dieser Erzählung, weshalb der Jüngere wieder anfing seine Hände zu kneten, und unruhig durch die Gegend zu blicken. „Die einzige Sorge, die du dir wegen mir machen solltest ist, dass ich dich nicht töte.“, brach er nach ein paar weiteren Minuten das Schweigen und nickte in Richtung Schlafzimmer. „Pack ein paar Sachen.“ Ohne eine Antwort des Jungen abzuwarten, setzte er sich wieder in Bewegung und kämmte systematisch jeden Raum in der Wohnung ab, und sammelte die Mikrokameras ein, die er dort verteilt hatte, ehe er sie in die Innentasche seiner Jacke schob. Es war nicht unbedingt notwendig, die Kameras wieder einzusammeln, da er bezweifelte, dass die Polizei daraus einen Schluss ziehen konnte, aber er war noch nie ein Fan davon, Beweismittel zurückzulassen, die nichts eindeutiges mit ihm zu tun hatten. Gerade als er die letzte Kamera, über der Haustüre, in die Innentasche seiner Jacke geschoben hatte, hörte er Schritte und hielt den Atem an, bevor er vorsichtig in den Hausflur spähte und sich dann zum Treppengeländer schlich, über das er hinunter blickte. „Gott sei Dank sind sie da! Die Schüsse kamen von oben.“, hörte er eine Frau sagen, und erhaschte einen kurzen Blick auf uniformierte Gestalten, weshalb er sich in die Wohnung zurück zog und die Wohnungstüre leise anlehnte. Als er sich umdrehte, stand Yong Tae, bepackt mit einer kleinen Reisetasche, vor ihm und gab einen erschrockenen Laut von sich, als Azrael ihn packte und vor sich her ins Badezimmer schob, wo er die Tür verriegelte. Auf die Frage des Jungen, was los sei, gab er lediglich einen verstimmten Laut von sich, bevor er ein „Polizei!“, hinterher schob. Yong Tae wich zum erneuten Male an diesem Tag sämtliche Farbe aus dem Gesicht, während er ihn einfach nur anstarrte, ehe die Aussage auch sein Sprachzentrum erreicht zu haben schien. „Oh mein Gott! Wie soll ich drei Tote in meiner Wohnung erklären?“, stieß er panisch aus, während Azrael das Badezimmerfenster öffnete und nach unten spähte. Ohne auch nur die Spur eines Menschen oder eines Tieres, lag die Seitenstraße ruhig und bewegungslos da. „Zwei Tote. Und ich würde mir eher Sorgen darüber machen, wie du ihnen versicherst, dass du nicht 'Azrael' bist.“, kommentierte er die Sorgen des Jungen. „Oh mein Gott! Warum bin ich überhaupt mitgekommen?“ Das fragte er sich bei genauerer Betrachtung auch, sagte jedoch nichts dazu, während er seine Beine aus dem Fenster schwang und auf die Plattform der Feuerleiter stieg. Er musste nicht einmal etwas sagen, damit Yong Tae ihm folgte, was er in ihrer momentanen Situation als Pluspunkt wertete. Natürlich hätte er auch einfach in der Wohnung bleiben und ihre 'Besucher' ausschalten können. Im Anbetracht der Tatsache jedoch, dass der Junge dabei war, hielt er seine Chancen, sich frei zu bewegen jedoch für äußerst gering. Er hatte schon immer die absurdesten Möglichkeiten mit einberechnet, und im Moment erschien es ihm als äußerst wahrscheinlich, dass eventuell noch einige Nachbarn aus reiner Neugierde in der Wohnung auftauchen könnten. Und das wiederum verstieß gegen den Grundsatz, keine Unschuldigen zu töten, wenn er diese Leute ebenfalls aus dem Weg räumen musste. So gesehen blieb ihm nichts anderes übrig, als den Rückzug anzutreten. So leise wie möglich schlichen sie die Feuerleiter nach unten und blieben stehen, als diese zu Ende war, obwohl es noch gute sechs Meter in die Tiefe zum Gehweg ging. „Und jetzt?“ Ohne zu antworten setzte er an, und sprang, wo er auf den Füßen auf dem Gehweg landete und sich mit den Händen auf dem dreckigen Asphalt abstützte, ehe er aufstand, seine Hände an seiner Jeans abwischte und dann nach oben sah. „Spring.“ Eine Weile geschah nichts. Eine Weile, in der Yong Tae ihn anstarrte, ehe er ihm den Vogel zeigte. „Im Gegensatz zu dir bin ich ein Mensch und keiner der 'Fantastic 4'!“ Azrael wusste nicht wovon der Junge sprach, aber er vermutete, dass dieses 'Fantastic 4' etwas mit Superhelden zu tun hatte, so wie so ziemlich alles Andere, das der Junge las oder sich ansah, was ihn zu dem Schluss kommen ließ, dass der Jüngere ihn als eine Art Superheld darstellte, oder eben das Gegenteil davon. Er selbst war sich nur zu gut bewusst, dass er ebenso verletzlich und sterblich war wie jeder andere Mensch. Er wusste es einfach nur gut zu umgehen, auch wenn er wusste, dass das nicht immer funktionieren würde. Ein Murren verließ seine Lippen, während er seine Waffe zog und auf den Jungen zielte, während er diese entsicherte. „Spring oder stirb.“ Das Entsetzen und die Angst in Yong Tae's Gesicht ließen ihn kalt, während er immer noch auf dessen Kopf zielte. Als der Junge sich auch nach fast einer Minute nicht bewegte, sondern ihn nur ansah wie das Kaninchen die Schlange, schnaubte er kurz und bewegte seine Hand leicht während er den Abzug betätigte. Die Kugel flog knapp am Kopf des Jungen vorbei, und dieser verlor den Halt und stürzte samt seiner Reisetasche nach unten, wo kurz ein Knacken zu vernehmen war, ehe er sich die Schulter hielt. Azrael's Blick wanderte nach oben und er schätzte kurz die Zeitspanne ein, in der den Polizisten klar werden würde, dass sie über die Feuerleiter entkommen waren. Seinen Berechnungen zufolge hatte er keine Zeit den Wagen zu holen und den Jungen aufzugabeln, weshalb er die paar Meter überwand und sich die Reisetasche sowie den Kragen des Jüngeren packte, und diesen auf die Beine zog. Er vermutete, dass Yong Tae das Gesicht vor Schmerz verzog, da er sich immer noch die linke Schulter hielt, knallte ihm aber trotzdem die Reisetasche entgegen, ehe er sich zum gehen umwandte. Als er hinter sich die Schritte des Jüngeren hörte, die ihm folgten, entspannte er sich etwas und blieb an der Häuserecke stehen, wo er um die Ecke spähte und missbilligend das Gesicht verzog. Vor der Eingangstür des Wohnhauses parkten fünf Streifenwagen, und fast genauso viele Polizisten drückten sich auf dem Gehsteig herum, was ihn dazu veranlasste, sich wieder zurück zu ziehen. „Und jetzt?“, kam es gepresst von Yong Tae, und er sah diesen kurz aus dem Augenwinkel an. Er lehnte sich an die Wand, während er seine Waffen zog und überlegte. Yong Tae hier zurückzulassen, wäre eine schlechte Idee, da dieser sein Gesicht kannte und bestimmt jede Möglichkeit nutzen würde, um aus den Fängen der Organisation zu entfliehen. Die Polizisten auszuschalten wäre eine Möglichkeit, aber auf der anderen Seite war die Straße gut beleuchtet und die Wahrscheinlichkeit, dass jemand sein Gesicht sehen könnte, ziemlich hoch. Zumal er dann immer noch den Jungen im Schlepptau hätte, und den würde man auf jeden Fall erkennen. Er machte sich keine Sorgen darüber, dass man den Jungen und ihn verfolgen oder aufspüren konnte, aber darüber, dass man bestimmt zuerst seine Eltern in Augenschein nahm, was nichts anderes bedeuten würde, als dass die Organisation trotzdem in Schwierigkeiten wäre. „Oh nein! Du willst doch nicht...“, fing der Junge an, weshalb er ihm einen Blick zuwarf, der ihn verstummen ließ. Azrael stieß sich von der Wand ab und ging in die Richtung, aus der sie gekommen waren. An der entgegengesetzten Häuserecke blieb er stehen und lugte ebenfalls um die Ecke, bevor ein kühles Lächeln seine Lippen in Beschlag nahm. Der Hof des Mehrmietshauses lag verlassen da, und lediglich ein paar Kleiderstücke und Laken an Wäscheleinen flatterten leicht, weshalb er sich um die Ecke schob und registrierte, dass Yong Tae ihm folgte. Seine Bewegungen waren schnell und präzise, als er sich durch die Laken schob und der Junge ihn schon bald aus den Augen verloren hatte. „Wo bist du?“, hörte er den Jüngeren zischen und seine Mundwinkel zuckten amüsiert, als er sich an den Laken vorbei zur Hauswand bewegte und dort stehen blieb. „Halt! Wer da?“ Yong Tae blieb wie erstarrt stehen, die Reisetasche an die Brust gepresst, während sein Kopf sich langsam drehte und er den uniformierten Polizisten anstarrte, der eine Taschenlampe sowie eine Waffe auf ihn gerichtet hatte. Er schob seine rechte Waffe zurück in das Holster und setzte sich in Bewegung. Die Augen des Jungen weiteten sich, als er ihn über der Schulter des Polizisten entdeckte und sein Mund öffnete sich, ehe er ein „Vorsicht!“, ausstieß. Es kam zu spät. Noch bevor der Polizist sich umdrehen konnte, packte Azrael seinen Hals und drehte sich, wobei er den Kopf des Polizisten über seine Schulter zog und mit einem Ruck nach unten, ehe das geräuschvolle Knacken des Genicks ertönte und er den Mann los ließ, bevor er dem Jungen einen Blick schenkte und zufrieden dessen Zittern registrierte. Ihm war klar, dass der Junge nicht ihn, sondern den Polizisten warnen wollte, was ihn einerseits belustigte und ihm auf der anderen Seite den naiven Charakter von Yong Tae bestätigte. Er antwortete nicht auf die unausgesprochene Frage, die in den Augen des Jungen stand, und ihn fragte warum er den Mann getötet hatte, anstatt ihn zu umgehen. Wenn Yong Tae dachte, es würde ihn oder Andere retten, wenn er sie vor ihm warnte, irrte er sich. Der Jüngere senkte den Blick und drückte die Reisetasche noch fester an sich, ehe er ihm zögerlich folgte, nachdem er sich wieder in Bewegung gesetzt hatte und mit sicheren Schritten den Hinterhof überquerte. Auf der anderen Seite sah Azrael um die Ecke und war zufrieden, als er niemanden auf der Seitenstraße ausmachen konnte, weshalb er sich auf den Gehweg schob und auch seine linke Waffe zurück in ihr Holster steckte, ehe er die Autoschlüssel aus der hinteren Hosentasche fischte und den Wagen öffnete. „Glaubst du nicht, dass der dritte Typ dein Gesicht beschreiben kann?“, kam die zögerliche Frage, nachdem Yong Tae sich auf den Beifahrersitz gesetzt und sich angeschnallt hatte. „Doch.“, antwortete er wahrheitsgemäß, allerdings machte er sich darüber keine Sorgen. Sein Arm wanderte nach hinten und er fischte ein kleines Netbook aus dem Fußraum der hinteren Sitze hervor, das er aufklappte und darauf wartete, dass es sich hoch fuhr, während er sich eine Zigarette ansteckte und sich entspannt im Sitz zurück lehnte. „Und wenn er ein Phantombild von dir anfertigt? Man wird dich überall erkennen!“ Azrael wusste nicht wirklich, was er von dem Jüngeren und dessen Verhalten denken sollte. Normalerweise war er gut darin, Menschen einzuschätzen und ihre Handlungen vorherzusagen, aber bei Yong Tae war er sich nicht immer sicher. Der Junge hatte offensichtlich Angst vor ihm und wollte ihm und der Organisation entfliehen, genauso wie er versucht hatte, den Polizisten vor dem nahenden Unglück zu warnen. Auf der anderen Seite lief er zu ihm, wenn er Angst hatte und machte sich offensichtlich Sorgen darüber, dass sein Gesicht bekannt wurde. Für ihn passten beide Verhaltensmuster nicht zusammen und er verstand nicht, wie ein Mensch zu solchen gegensätzlichen Handlungen fähig war. Nachdem das Netbook hochgefahren war, startete er den Motor und schaltete die Scheinwerfer ein, ehe er das Gaspedal betätigte und an der Einmündung zur Hauptstraße stehen blieb und den Blinker setzte. Einige Autos fuhren vorbei und es hatte für Beobachter vermutlich den Anschein, als würde er warten, bis diese vorbei gefahren waren, damit er sich auf die Straße schlängeln konnte, aber in Wahrheit zählte er die Leute auf dem Gehsteig vor dem Wohnhaus. „Alle da.“, sagte er eher zu sich selbst als zu seinem Mitfahrer und bog auf die Hauptstraße ab, bevor er auf seinem Netbook die Entertaste drückte. Ein lauter Knall ertönte, gefolgt von herumfliegenden Mauerstückchen, Fensterrahmen und Glassplittern, die auf die Straße regneten. Der Junge drehte sich erschrocken um, und Azrael blickte in den Rückspiegel, wo er hohe Flammen aus Yong Tae's Wohnung in den Himmel recken sah, ehe er seinen Blick zufrieden auf die Straße lenkte und das Netbook zuklappte. Der Junge drehte sich ruckartig um und starrte ebenfalls auf die Straße, bevor er sich genauso ruckartig zu ihm drehte. „Du hast meine Wohnung in die Luft gejagt!“ Es war eher eine Feststellung als eine Frage oder eine Unterstellung, was Azrael dazu veranlasste, mit den Schultern zu zucken und an seiner Zigarette zu ziehen. „Ich bezweifle, dass mein Gesicht demnächst bekannt wird.“, kommentierte er emotionslos, während er an der nächsten Kreuzung auf die größte Hauptstraße von Seoul abbog und die Anlage anschaltete, aus der die Band '3OH!3' ertönte. Sein Auge zuckte gefährlich, als Yong Tae nach dem Lautstärkeregler griff und die Musik leiser drehte. „Und die Nachbarn?“ „Waren alle unten.“ „Sicher?!“ „Hab sie abgezählt!“ Kurz herrschte bis auf die leise Musik Stille im Wagen, ehe sich der Junge räusperte und sich über die Stirn rieb. „Du...“, fing der Junge an, bevor er einen Fluch ausstieß, dessen Inhalt Azrael ihm nicht zugetraut hätte, einfach weil der Junge nicht der Typ für Fäkalsprache war. Aber man konnte sich immer einmal irren. „Wie lang bespannst du mich schon?“ Und wieder war einer der Momente gekommen, in denen Yong Tae vergaß, mit wem er sprach, oder aber es geschickt verdrängte. Hatte er vorhin noch vor Angst gezittert, nachdem er dem Polizisten das Genick gebrochen hatte, so redete er nun mit ihm, als wäre er einer seiner Kommilitonen. Er selbst würde es nicht unbedingt 'bespannen' nennen, was er tat, sondern viel eher gründliche Recherche. Zwar hatte er die Wohnung des Jungen mit Kameras ausgestattet gehabt, aber das diente lediglich dazu, unerwünschte Besucher frühzeitig zu erkennen, als irgendwelche schmutzigen Details herauszufinden. Die Frage mit dem Klopapier war allerdings immer noch nicht geklärt, und auch wenn es ihn nun wirklich nichts anging und von Klopapier vermutlich keine große Gefahr für die Organisation ausging, fragte er sich doch, warum man soviel davon brauchen könnte. Zuerst hatte er angenommen, dass es etwas mit Yong Tae's Obsession zu diesen japanischen Sängern zu tun haben könnte, allerdings hatte er diesen Gedanken ziemlich schnell verworfen, da weder neben dem Bett noch im Wohnzimmer Klopapier aufgetaucht war. „Ich hab schon besseres gesehen, als ein Muttermal auf dem Arsch von irgendwem.“, kommentierte er trocken und verzog das Gesicht, als Yong Tae mal wieder in einer Tonlage quietschte, die für Frauen reserviert war. Geschickt blendete Azrael den Redeschwall mit ab und an hineingeworfenen Fragen aus, die von Yong Tae's Seite auf ihn einprasselten und manövrierte den Wagen durch den nächtlichen Verkehr im Partyviertel Seouls. So sehr er die Gegend und seine Wohnung auch mochte, nachts durfte man es hier wirklich nicht eilig haben, um von A nach B zu kommen, so oft wie man im Stau steckte, weil wieder irgendein Betrunkener auf der Straße eingeschlafen war. „Hörst du mir eigentlich zu?“, kam es vom Beifahrersitz und er antwortete mit einer trockenen Verneinung, ehe er den Wagen in die Tiefgarage lenkte, als sie endlich sein Wohnhaus erreicht hatten. Nachdem er den Wagen abgestellt hatte und sie ausgestiegen waren, schien Yong Tae mit einem Blick auf die Waffen auch wieder einzufallen, mit wem er es zu tun hatte, und er wurde wieder ruhig, während er ihm so unauffällig wie möglich folgte. In der Wohnung angekommen, zog Azrael seine Lederjacke aus und warf sie achtlos auf das Sofa, bevor er den Weg zu seinem Schlafzimmer einschlug. „Und...jetzt?“ „Schlaf!“, kam es leicht genervt über seine Lippen, bevor er sein Schlafzimmer erreichte und die Tür hinter sich zuknallte. Es war nicht so, als ob er wirklich von Yong Tae genervt gewesen wäre, aber er litt seit geraumer Zeit, in der er den Jungen im Auge behielt, unter einem Schlafdefizit, dass selbst für seine Umstände außergewöhnlich war. Mit fahrigen Bewegungen zog er die Waffen aus den Holstern und warf sie auf die freie Bettseite, bevor die Holster auf dem Stuhl neben dem Kleiderschrank landeten. Nachdem er sich aus seiner Kleidung geschält und in Jogginghose und ein weites Shirt geschlüpft war, ließ er sich in sein Bett gleiten und schaltete das Licht aus. Nach ein paar Minuten setzte er sich wieder ruckartig auf und fuhr sich mit einer Hand über das Gesicht, während er leise vor sich hin fluchte und die Beine über den Bettrand schwang, ehe er aufstand. Er öffnete die Türe und glitt auf den Flur, wo er sich geräuschlos in Richtung Wohnzimmer begab. Es war nicht seine Absicht, sich geräuschlos zu bewegen, sondern eher eine Gewohnheit durch jahrelanges und hartes Training, die sich nur umgehen ließ, wenn er sich darauf konzentrierte. In der Öffnung vom Flur zum Wohnzimmer blieb er stehen und hob eine Augenbraue, während er Yong Tae betrachtete, der in Embryostellung, ohne Kissen und Decke auf dem kalten Ledersofa lag und vor sich hin zitterte. Es war nicht kalt, weder draußen noch in der Wohnung, aber wenn man sich nicht bewegte, war das natürlich etwas anderes. Wieder setzte er sich in Bewegung und blieb vor dem Sofa stehen, ehe er ein „Hey!“, von sich gab und die Zähne aufeinander biss, als Yong Tae mit einem Schrei hoch fuhr und ihn durch die Dunkelheit anstarrte, oder es vermutlich eher versuchte. „Willst du mich umbringen?“, japste der Junge und Azrael beschloss, auf diese Frage nicht zu antworten. „Dein Zähneklappern nervt.“ Der Junge murmelte eine Entschuldigung, während Azrael sich wieder umdrehte und in Richtung Schlafzimmer ging. Im Flur drehte er sich wieder zu dem Jungen um, der immer noch auf dem Sofa saß und die Arme um sich geschlungen hatte, was ihn zu einem leicht genervten „Komm in die Gänge!“, animierte. Durch seinen Job war er es gewohnt, im Dunkeln umher zu schleichen, weshalb sich seine Augen an die ständige Dunkelheit gewöhnt hatten und er eine gute Nachtsicht besaß, was es ihm ermöglichte einen Blick auf Yong Tae's dämlichen Gesichtsausdruck zu werfen, was er mit einem Augenrollen kommentierte. Obwohl der Junge offensichtlich verwirrt war, stand er auf und folgte ihm, wobei er zuerst mit dem Knie gegen den Couchtisch stieß und dann mit der Hüfte gegen den Fernsehschrank lief, was ihn zu leisem Jammern veranlasste. Azrael sagte nichts dazu und ging stattdessen wieder in sein Schlafzimmer, wo er sich wieder ins Bett legte und sich die Decke bis zum Kinn nach oben zog. Er hörte Schritte, aber diese hätte er nicht hören müssen, denn das Geräusch, als Yong Tae sich seinen Fuß am Türrahmen stieß, war Warnung genug. „Tür zu!“ Der Junge folgte brav dem Befehl und blieb dann unschlüssig stehen, weshalb Azrael seine Augen wieder öffnete und das Nachttischlicht anschaltete, da er vermutete, dass der Junge absolut nicht sah, wo er hin lief. Yong Tae blinzelte kurz aufgrund der plötzlichen Helligkeit und sah sich dann mit großen Augen in dem Raum um, der wie der Rest der Wohnung absolut in weiß gehalten war. Neben der Tür stand eine weiße Kommode, deren Oberfläche absolut leer war. An der daneben liegenden Wand stand zuerst der Nachttisch und dann das große weiße Doppelbett, auf dessen anderer Seite sich ebenfalls ein Nachttisch mit der gleichen Lampe befand, deren Lampenschirm mit Kristallen verziert war, die im Licht funkelten und Lichtpunkte an die Wände und die Decke warfen. An der nächsten Wand befand sich das Fenster, das fast die ganze Wand einnahm und der Stuhl, über dem die Holster und Azrael's Kleidungsstücke lagen. Die letzte Wand war vollkommen von einem riesigen und ebenfalls weißen Kleiderschrank eingenommen und der Boden war mit einem weichen Teppich in derselben Farbe ausgestattet. Er wartete ruhig, bis der Junge mit dem Bestaunen seines Schlafzimmers fertig war und ihn ansah, weshalb er auf die andere Bettseite deutete, die noch nie benutzt worden war. „Wenn du dich breit machst, lernst du mich kennen.“ Man konnte das als Drohung auslegen, oder aber als Einladung, dass der Junge sich endlich ins Bett bewegen sollte. Dieser schien sich für die zweite Möglichkeit zu entscheiden und schlüpfte vorsichtig unter die Decke. „Ich kann auch...im Gästezimmer schlafen.“, kam der leise Einwand und Azrael gab ein rigoroses „Nein!“, von sich. Natürlich konnte Yong Tae im Gästezimmer schlafen, und dort würde er ihn auch hin verfrachten, aber zuerst musste das Zimmer einmal begehbar sein. Im Moment häuften sich dort die Akten seiner abgeschlossenen Fälle, die er noch nicht zu seinem Boss gebracht hatte, diverse Kartons mit Waffen, Überwachungsgeräten und ein paar Sprengstoffen, Weihnachtsgeschenke die er vom Boss bekommen hatte und was sich sonst noch so in einem Gästezimmer anhäufte, das nie benutzt wurde. Nachdem Yong Tae lag, schaltete er das Licht wieder aus. Gerade als er in eine bequeme Position gerückt war, räusperte sich der Junge. „Ich lieg auf irgendwas Hartem.“ Azrael brummte und schaltete das Licht wieder ein, ehe er sich zu dem Jüngeren umdrehte und seine Waffen unter ihm hervorzog, nachdem dieser sich leicht aufgerichtet hatte. „Du nimmst die Dinger mit ins Bett?!“. Er sah den Jungen trocken an, nachdem er die Waffen unter sein Kopfkissen geschoben hatte, und hob schlussendlich eine Augenbraue. „Du nimmst immer noch Mr. Bär mit ins Bett.“, konterte er ebenso trocken wegen der Tatsache, dass er sehr wohl wusste das Yong Tae ohne seinen Kuschelbären nicht einschlafen konnte, und amüsierte sich heimlich über die Röte, die Yong Tae ins Gesicht schoss, ehe er das Licht wieder löschte. Er spürte wie Yong Tae sich noch etwas bewegte, um offenbar eine bequeme Schlafposition zu finden, ehe dieser still liegen blieb und anscheinend auch schnell eingeschlafen war, da er dessen ruhigen Atem hören konnte, bevor er ebenfalls einschlief. 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