Exules von sama (Die Verbannten) ================================================================================ Kapitel 6: Guiding light. ------------------------- „Argh“, stöhnte die Blonde, als ihr wiederholt Weihwasser entgegen gespritzt wurde. Wieder und wieder ging die Prozedur von Neuem los und der Folterknecht vor ihr hatte damit kein Problem sie leiden zu sehen. Er trug einen Schutzanzug, sodass er nach belieben das Weihwasser um sich werfen konnte. Hauptsache Ino starb nicht. Nur Schmerz. Nur Folter. Nur Strafe, weil sie die Fee Sakura verloren hatte und nicht wie gewünscht zu ihrem Meister Orochimaru gebracht hatte. Es war nicht ihre Schuld. Kabuto, Orochimarus rechte Hand, hatte sie an dem Tag, als diese neue Schülerin an der Schule ankam, in der Mittagspause abgepasst. Bis sie die Haruno wieder aufgespürt hatte, war sie bereits im Haus des Hexenmeisters. Wieder spritzte der Folterknecht ihr Weihwasser ins Gesicht und auf ihren Körper, sodass sie sich unter Schmerzen wand. Ihre Handgelenke waren von den schweren Eisenfesseln aufgeschürft, ihre Schultergelenke fühlten sich an, als würden sie jeden Moment auskugeln, weil man sie an den Armen aufgehängt hatte, und jeder Zentimeter ihrer Haut warf Brandblasen. Eine einzelne Träne lief Ino aus dem Augenwinkel. Warum hatte man sie an dieses Monster verkauft? Sie rannte. Der Geruch von toter Asche und kaltem Rauch hing in der Luft. Es war ein Spiel. Sie sollte versuchen wegzulaufen. Ihre Lungen brannten. Ihre Augen brannten. Ihre Füße brannten. Alles brannte. Nur ihr Herz nicht. Das war ausgebrannt. Tot. Vernichtet. In Scherben. Warum rannte sie also überhaupt? War es nicht einfacher jetzt und hier zu sterben? Sich einfach fangen und töten zu lassen? Ja. Warum ließ sie es dann nicht zu? Weil sie Rache nehmen würde.. Schreiend wachte Sakura auf und setzte sich panisch atmend auf. Unkoordiniert drehte sie ihren Kopf, um zu erkennen wo sie war und als sie endlich begriff, dass sie in ihrem Bett im Herrenhaus war, beruhigte sie sich ein wenig. Sie zog ihre Knie an ihre Brust und legte dann die Stirn darauf. Langsam normalisierte sich ihr Atem wieder und Sakura legte sich zurück in ihre Kissen. „Was war das denn?“, flüsterte sie leise zu sich und fuhr sich dann einmal über das Gesicht. Ein Albtraum? Vielleicht. Warum aber haben sich dann all diese Gefühle so echt angefühlt? Diese Verzweiflung, dieser Zorn. Sakura drehte sich zur Seite und sah aus dem Fenster in die sternlose Nacht hinaus. Der Himmel war wolkenverhangen und schwarz. Pechschwarz. Langsam dämmerte Sakura wieder weg. „Hier schau mal Sakura, hier ist noch ein Buch, was dich interessieren könnte“, flötete Tenten fröhlich und legte einen dicken Wälzer neben der Rosahaarigen auf den Schreibtisch. Die beiden hatten sich nun bereits seit Tagen in der Bibliothek im ersten Stock eingenistet und durchforsteten sämtliche Regale, um mehr Informationen über die Exules zu bekommen. Zumindest tat das Sakura, die mittlerweile sehr interessiert an dieser neuen, ihr noch unbekannten Welt war. Tenten las ihre Bücher, welche sie für ihr Selbststudium brauchte. Hin und wieder besuchte Naruto sie und brachte Tee und etwas zu Essen, erzählte oder Erklärte Dinge, zu denen Sakura fragen hatte. Auch Yahiko kam dann und wann mal vorbei, nur Sasuke blieb den beiden fern. Naruto meinte, er hatte viel zu tun, immerhin war er Gildenführer der Hexen, doch Sakura wusste, tief drin, er ging ihr bewusst aus dem Weg. Weshalb auch immer. Sakura konzentrierte sich wieder auf das Buch vor ihr. Es war eine Art Lexikon, in dem alle möglichen Wesen und Kreaturen aufgelistet waren. Unter anderem Harpyien, Kentauren, Chimären, Drachen, Elfen, Greife, Zwerge, Phönixe und und und.. Es war ein ganzes Sammelsurium an Texten und Beweisstücken. Einige dieser Wesen gab es zwar nicht mehr, doch sehr viele waren noch da draußen. Dort draußen in dieser einen Welt und die Menschheit wusste nichts von ihnen. Wusste weder etwas von diesen magischen Geschöpfen, noch von den Exules. Sakura klappte das Buch zu und lehnte sich zurück. „Was ist?“, fragte plötzliche eine Stimme neben ihr. Ein wenig verschreckt sah sich Sakura um und erkannte Naruto, der gerade ein paar Bücher einsortierte. Oder sie eher per Fingerschnippen dahin lotste wo sie hingehörten. Er sah ein bisschen aus wie ein Dirigent. Sakura lächelte. „Nichts. Ich habe nur gerade festgestellt, dass die Welt sehr viel phantastischer ist, als die Menschheit da draußen glaubt.“ „Die Menschheit da draußen? Hast du akzeptiert ein Exul zu sein?“, fragte der Blonde grinsend nach und zog sich den Stuhl des Schreibtisches daneben heran. Sakura seufzte. „Jein. Ich meine, auf der einen Seite hab ich ja noch gar keine Kräfte, weshalb ich mich ziemlich normal fühle und so gar nicht wie ein Exul. Auf der anderen Seite glaube ich euch auch. Immerhin ist es bisher noch keinem Menschen gelungen, Bücher per Fingerschnippen einzuräumen“, antwortete sie wahrheitsgemäß und fuhr sich dabei durch die Haare. Naruto lachte auf. „Das ist wahr und ich verstehe durchaus deine Gedankengänge, aber frag dich doch mal so: Welcher normale Mensch hat von Geburt aus rosa Haare?“ „Hey!“, empörte sich Sakura und machte eine Schnute, während sie gleichzeitig die Stirn in falten legte. „Du bist doof!“, beschwerte sie sich weiter, was Naruto wieder zum Lachen brachte. Daraufhin streckte die Rosahaarige ihm die Zunge raus. „Sag mal Naruto, kann ich dich was fragen?“, meinte Sakura schließlich, als der Blonde aufgehört hatte zu lachen und aufgestanden war. „Klar“, sagte er und stellte den Stuhl zurück an seinen Platz. „Ich habe vor ein paar Tagen einen eigenartigen Albtraum gehabt. Ich bin vor irgendetwas weggelaufen. Es roch nach Asche und Rauch. Ich fühlte mich verzweifelt und gleichzeitig zornig. All das hat sich so echt angefühlt, als hätte ich das wirklich erlebt. Und da ja bei den Exules so ziemlich alles möglich ist, dachte ich vielleicht, ob das nicht eine Vision oder so was sein könnte.“ Sakura sah den Blonden an, welcher sie mit einem undefinierten Blick musterte. Als er eine Weile nichts sagte, räusperte sich Sakura: „Ach weißt du was, ich glaube, das war einfach nur ein dämlicher Albtraum.“ Sie winkte ab, setzte sich wieder aufrecht auf den Stuhl und begann die Bücher zusammenzusuchen, welche sie bereits durchgelesen hatte. „Es könnte tatsächlich eine Vision gewesen sein. Seltene Fälle unter den Feen hatten solche Begabungen. Da du eine direkte Nachkomme eines Engels bist, könnte es durchaus sein, dass du solche Visionen erhältst. Die Frage bei solchen Dingen ist immer nur, für wen die Vision bestimmt ist.“ Sakura hatte in ihrem Tun innegehalten und sah wieder zu Naruto. „Meinst du wirklich?“ „Ja.“ „Aber ich hab keine Ahnung, für wen und ob es überhaupt eine Vision war.“ Naruto lächelte sanft und wuschelte dann der Rosahaarigen durch die Haare. „Das sehen wir schon.“ Eine Stunde später kam Tenten zurück, die, nachdem sie Sakura das Buch gebracht hatte, wieder verschwunden war, und setzte sich an den Schreibtisch neben dem der Rosahaarigen. „Hey, wo warst du?“, fragte Sakura und sah von ihren Notizen auf. „Ich hatte Unterricht. Ich lerne gerade Teile der Ritualmagie, dass ich dann im Sommer nächstes Jahr in die Evokation einsteigen kann“, antwortete Tenten stolz und grinste dabei wie ein Honigkuchenpferd. „Evo-was?!“, wollte Sakura wissen. Etwas schief sah Tenten sie an. „Was tust du mit diesen Büchern! Du sollst sie lesen! Du müsstest doch jetzt wissen, was Evokation ist.“ „Hey, alles auf einmal kann ich mir auch nicht merken“, verteidigte sich Sakura, doch als die Braunhaarige ihr die Zunge raus streckte und dabei zwinkerte, wusste sie, dass es nicht ernst gemeint war. „Evokation ist die Dritte Stufe von Fünf der Grundausbildung von Hexen und Hexer. Die erste Stufe ist die Verwandlung, die kann ich schon. Erinnerst du dich daran, als ich mich vor deinen Augen in verschiedene Tiere verwandelt habe?“ Sakura grinste. Natürlich konnte sie sich erinnern. Sie hatte gedacht, sie wäre high. „Ja. Ziemlich gut sogar.“ Tenten grinste ebenfalls. „Genau. Das ist Stufe Eins. Verwandlung. Von mir selbst und von Dingen. Stufe Zwei, Ritualmagie, die dann in Stufe Drei, Evokation, angewandt wird. Evokation ist das Beschwören von Dingen und Wesen. Stufe Vier ist dann die Naturmagie und Stufe Fünf die Manipulation von Raum, Zeit und so weiter“, erklärte Tenten, was Sakura eifrig mitschreiben ließ. Seit sie angefangen hatte all diese Bücher und Geschichten durchzugehen, hatte sie sich Notizen über allerlei gemacht. Sie wusste zwar nicht wieso, immerhin würde sie nie eine Klausur darüber schreiben, aber das war wohl noch die Schülerin in ihr. Auf diese Weise konnte sie sich all die Sachen besser merken. „Aha.. Cool.. Dann kannst du also bald Dämonen und so nen Käse heraufbeschwören?“ Tenten lachte. „Ja, wenn alles gut läuft schon. Dann kann ich Dämonen so nen Käse heraufbeschwören“, übernahm die Braunhaarige die Wortwahl von Sakura und lachte wieder, als diese die Augen verdrehte. Die Tage und Wochen vergingen und ehe man sich versah war es bereits Dezember. In der vergangenen Zeit hatten Yahiko und Sasuke einige Dinge erledigt, bevor der Priester im Januar des neuen Jahres zum Priesterorden reisen würde, um dort die Situation vorzutragen. Sie brauchten sich nicht zu eilen, denn erst im März würde Sakura ihre Fähigkeiten erhalten und Orochimaru hatte sich bisher ebenfalls ruhig gehalten. Auch Shikamaru und Hinata hatten keine Neuigkeiten und so beschäftigte sich jeder mit seinen eigenen Dingen. Während sich Yahiko und Sasuke also um die jeweils nächsten Schritte im Plan 'Fee' kümmerten, leisteten Tenten und Naruto der Rosahaarigen größtenteils Gesellschaft. Zwar musste die Braunhaarige ihr Selbststudium vorantreiben und auch Naruto hatte zusammen mit Sasuke einige Dinge zu erledigen, doch das nahm Sakura den beiden nicht übel. Sie mochte die beiden und während deren Abwesenheit lernte sie das dreistöckige Herrenhaus auswendig oder forschte weiter in der Geschichte der Exules. Am Abend des fünften Dezembers saßen alle - nun alle außer Sasuke - im Esszimmer, da der kleine Tisch in der Küche nur für drei Leute ausgelegt war, und aßen gemeinsam. Naruto hatte köstlichen Rinderbraten per Fingerschnippen auf den Tisch gezaubert, sowie gedünstetes Gemüse und Kartoffelbrei. Ausgelassen unterhielten sich die Vier, bis Sakura sich räusperte und ein wenig peinlich berührt auf ihrem Teller herumstocherte. „Hört mal, ich wollte fragen, ob ihr eigentlich Weihnachten feiert?“ Erstaunt über die Frage stellte Naruto sein Glas wieder auf den Tisch. „Öhm.. Eigentlich nicht.“ „Ach so..“, antwortete Sakura daraufhin etwas geknickt und aß still weiter. „Willst du Weihnachten feiern?“, fragte schließlich Yahiko, der sich sehr gut vorstellen konnte, warum Sakura gefragt hatte. Natürlich hatte er mit ihr jedes Jahr Weihnachten gefeiert. Sie sollte ein normales Leben führen und in einem normalen Leben feierte man solche Feste. Sakura stocherte in ihrem Essen herum, antwortete aber nicht auf die Frage. Tenten sah zu Naruto. „Wir könnten ja mal Sasuke fragen. Als ich noch klein war, haben wir das auch immer im Waisenhaus gefeiert. Es war ganz lustig“, meinte sie beschwichtigend, woraufhin Naruto nickte. „Warum nicht. Ich frag ihn mal.“ Sakura sah kurz auf und lächelte dabei, dann sah sie wieder auf ihren Teller und aß weiter. „Weihnachten?“ „Ja.. Es war die Idee von Sakura. Tenten würde sich auch freuen.. und jetzt iss endlich dein Brot!“ Naruto saß auf der Schreibtischkante des Schwarzhaarigen in dessen Zimmer. Seit sich Sakura bei den Schreibtischen in der Bibliothek breit gemacht hatte, hatte sich der Hexenmeister in seinem Zimmer verbarrikadiert und tat hier, was auch immer er tat. Manchmal wusste Naruto gar nicht, was Sasuke den lieben langen Tag machte. Ihm selbst wäre das auf jeden Fall zu langweilig. „Ja ja..“, brummte der Schwarzhaarige nur und nahm eines der Brote in die Hand, die Naruto ihm nach dem Mittagessen gebracht hatte. Sasuke war ihm dankbar, doch hatte er seit Jahrhunderten einfach keinen wirklichen Appetit mehr. Die Asche hatte ihm den Hunger genommen.. „Also, was ist jetzt mit Weihnachten?“, hakte Naruto nach. „Ich überlege es mir.“ „Gut, aber bis spätestens Samstag. Sonntag ist nämlich der erste Advent. Erste Kerze anzünden und so“, meinte Naruto zwinkernd und ließ mit einer Handbewegung den Tee sich selbst einschenken. Dann war er aus der Tür. Sasuke sah zu der Teekanne, welche sich gerade wieder auf das Tablett stellte und schüttelte darauf kaum merklich den Kopf. Das hätte er auch selbst hinbekommen. Mit und ohne Zauberei. Er trank einen Schluck von dem Tee und lehnte sich dann in seinen Schreibtischstuhl zurück. „Weihnachten..“ Sasuke war sich nicht sicher, ob er wirklich ein Fest feiern wollte, welches einer Religion angehörte, welche er auf den Tod nicht ausstehen konnte. Er seufzte, trank einen weiteren Schluck seines Tees und machte sich dann wieder an die Schriftstücke, welche sich bei ihm auf dem Tisch stapelten. Größtenteils waren es Briefe von Hexen und Hexer aus seiner Gilde, die bestimmte Anliegen hatten, vereinzelt waren es aber auch offizielle Dokumente, denn immerhin war er auch Ratsmitglied. Einige Zeit später sah er wieder von den Dokumenten auf und musste feststellen, dass es bereits tiefe Nacht war. Er gähnte und streckte sich dann. Kurz blieb er noch sitzen, dann stand Sasuke auf und sammelte einige der Bücher auf, welche verstreut in seinem Zimmer lagen. Er würde sie vorerst nicht mehr brauchen und wollte sie in die Bibliothek bringen, weshalb er sich auch innerhalb weniger Sekunden dorthin teleportiert hatte. Ein leises Klingeln zeugte von seiner Ankunft, doch dieses Klingeln ging in einem kleinlauten Schluchzen unter, gefolgt von einem undamenhaften Nasenhochziehen. Verwundert, dass er um diese Zeit nicht der Einzige noch wache Bewohner dieses Hauses war, ging Sasuke um eines der Regale herum, auf das gedämpfte Geräusch hinzu. Nur die kleine, spärlich leuchtende Schreibtischlampe war an. Am Tisch selbst saß Sakura über ihren Notizen und den Büchern, die sie sich herausgesucht hatte - und weinte. Etwas unschlüssig stand er nun hinter ihr, doch sie hatte ihn noch nicht bemerkt. Sollte er auf sie zugehen oder so leise wie immer wieder verschwinden? Die letzten Wochen hatte er sich bewusst von ihr ferngehalten, denn weder war er gesellig, noch hatte er groß Zeit sich mit ihr auseinander zu setzten, noch wollte er Gefahr laufen, dass sich Sakura vielleicht an etwas erinnert, was sie bei ihrem Blick in sein Innerstes gesehen hatte. Aber nun saß sie hier. Mitten in der Nacht. Ganz allein - und weinte. Naruto hatte doch gesagt, dass es Sakura gut ging. Das sie den Umstand ein Exul zu sein, gut aufgenommen hatte. Sich gut eingelebt hatte. Warum weinte sie dann? Als sie ein weiteres herzzerreißendes, dennoch unterdrücktes Schluchzen von sich gab, erbarmte sich Sasuke. Er seufzte innerlich und stellte dann seine Bücher auf den Schreibtisch neben ihr ab. Als sie ihn bemerkte, zog sie die Nase hoch, wischte sich fahrig über das Gesicht und setzte sich wieder aufrecht an ihre Notizen. Ihre Haare ließ sie geschickt über die Schulter fallen, sodass Sasuke ein Blick auf ihr Gesicht verwehrt blieb. „Was ist los?“ „Nichts, passt schon“, versuchte Sakura mit starker Stimme abzulenken, doch zum Schluss hin wurde sie brüchig. „Nichts passt“, sagte Sasuke und ließ sich auf dem Schreibtischstuhl nieder. Als Sakura ihm wieder nicht antwortete, legte er seine Hand auf seinen Stapel Bücher und murmelte ein Wort. Brav flogen sie hintereinander an ihre Plätze. Die Rosahaarige sah einem der Bücher hinterher und stand dann ruckartig auf. Grob räumte sie einige Bücher zusammen und brachte sie dann zu dem Regal neben ihr. Ganz altmodisch räumte sie diese dann persönlich per Hand ein. Sasuke beobachtete sie dabei. Wieder zog sie die Nase hoch, dann, als sie gerade das zweite Buch einräumen wollte, brach ein erneutes Schluchzen aus ihr heraus. Sie lehnte ihre Stirn gegen das Bücherregal und klammerte sich mit aller Macht, wie ein Ertrinkender, an die restlichen Bücher, welche sie noch auf dem Arm hatte. „Was ist los?“, fragte Sasuke erneut und dann brach Sakuras Mauer. Sie setzte sich, immer noch das Gesicht dem Regal zugewandt, und weinte ungehemmt. Sasuke seufzte und zauberte eine kleine Katze aus purem dunkelblauen Licht herbei, die er zu Sakura schickte. Schnurrend schmiegte sie sich an das Mädchen. Erstaunt sah die Rosahaarige zu der Zauberei und fuhr der Katze dann über den Kopf. Sie war warm und irgendwie weich. Für einen Moment vergaß sie ihre Sorgen, legte die Bücher beiseite und nahm das magische Geschöpf stattdessen auf den Arm. Ein paar Minuten später zog sie wieder die Nase hoch und sah dann zu Sasuke. „Wie hast du das gemacht?“, fragte sie etwas heiser und sah ihn mit nassen Augen an. „Magie sprengt die Kette der Kausalität. Anstatt Schritt für Schritt dem Ziel näher zu kommen, zaubere ich einfach das Ziel herbei. Dadurch, dass ich die Manipulation beherrsche, kann ich Wesen aus purer Magie erschaffen, ohne erst eine Geburt oder Dergleichen abwarten zu müssen. Zwar werden meine Magiewesen niemals 'richtig' und 'wahrhaftig' sein, aber für einen gewissen Zeitraum existieren sie. Bis sie in ihren Zustand der reinen Magie zurückfallen“, erklärte der Schwarzhaarige ruhig und beobachtete Sakura weiterhin, wie sie die Katze unterm Kinn kraulte. „Warum ist sie dunkelblau?“ „Das ist meine charakteristische Farbe. Wenn du willst, meine Aura. Jeder Mensch besitzt seine eigene Farbe. Ich bin dunkelblau und jede Magie, die ich außerhalb meines Körpers manifestiere, ist es. Bei Naruto ist es orange, bei Tenten ist es schwarz.“ „Und was ist meine?“ „Das zeigt sich noch.“ Wieder sah Sakura auf die kleine, schnurrende Katze in ihren Armen. Sie setzte sie auf dem Boden ab und nachdem Sasuke einmal kurz mit der Hand durch die Luft gefahren war, löste sich das Wesen mit einem leisen Maunzen auf. Die Rosahaarige starrte weiterhin auf die Stelle, an der die Katze eben noch gesessen war und versank wieder in ihren eigenen Gedanken. Geduldig wartete Sasuke, auch wenn er nicht wirklich wusste warum. Eine Weile lang sagte niemand von beiden etwas, dann als Sasuke gerade erneut etwas sagen wollte, begann Sakura zu reden: „Ich habe meine Mutter nie kennen gelernt. Mein Dad ist eigentlich nur mein Stiefvater, weil irgendein Engel mein eigentlicher Vater ist. Meine angeblich beste Freundin war ein genmanipulierter Vampir, der nur auf meine Fähigkeiten aus war. Ich bin dafür die erste Fee seit Jahrtausenden und werde sie wohl auch für immer bleiben. Bis in alle Ewigkeit werde ich also alleine sein, da das Vermischen der Rassen verboten ist. Eigentlich bin ich auch allen ein Dorn im Auge, weil ich eben eine Fee bin, was wahrscheinlich also zu Krieg führen wird. Warum also.. Warum sollte ich dieses Leben weiterleben?“ Wieder begannen Sakura die Tränen zu laufen. Sie sah zu Sasuke, welcher sein Gesicht im Schatten verbarg. Er sagte nichts, stand nur auf und ging. Bevor er aus ihrem Blickfeld verschwand blieb er nochmal stehen und sah über seine Schulter zu der Rosahaarigen. „Man merkt, dass du als Mensch großgezogen wurdest. Wenn du dich einmal umsehen würdest, würdest du bemerken, dass du nicht alleine bist. Selbst Naruto ist es nicht. Du magst die Fähigkeiten eines Exuls haben, aber im Herzen bist du nur ein Mensch. Ihr denkt immer nur an euch. Alles was fremd ist, ist schlecht und falsch. Ihr verurteilt es, ohne auch nur einen Blick darauf zu werfen, ob es nicht vielleicht auch gut sein kann. Das ist es, was ich an euch Menschen so sehr hasse.“ Dann ging er. Zurück blieb die weinende Sakura, welche sich beschämt auf dem Boden zusammenkauerte. Er hatte Recht.. Am nächsten Morgen wachte Sakura in ihrem Bett auf. Verwundert richtete sie sich auf und rieb sich ihre leicht geschwollenen Augen. Wie war sie aus der Bibliothek in ihr Bett gekommen? Ein roter Schimmer legte sich auf ihre Wangen, als sie daran dachte, wer sie wohl am Boden liegend vorgefunden hatte. Als ihr die Worte von Sasuke wieder in den Sinn kamen, schlug sie sich ihre eigenen Hände ins Gesicht. Er hatte so Recht. Sie sah alles nur von ihrem jetzigen Standpunkt aus. Sie war eine Waise, ein Exul, ein Grund weshalb die Welt in Krieg verfallen könnte. Aber sie war eine Fee, eine Lichtgestalt, etwas was die Welt verändern konnte. Sie würde anfangen müssen nicht nur in Büchern die Geschichte der Exul zu recherchieren, sondern selbst Teil der Geschichte werden. Wieder liefen Sakura Tränen über die Wangen. Sie gab sich wieder dem Kummer und der Verzweiflung hin. Nach Außen hin mochte sie es akzeptiert haben ein Exul zu sein, doch tief in ihr drin war sie noch immer nicht dazu bereit. Hatte sie tatsächlich so viel Angst vor dieser phantastischen, anderen Welt? Oder verabscheute sie eher diese Welt? Sakura schluchzte. Sie wusste es nicht. Alles was sie wusste, war, dass nichts, absolut nichts mehr so war wie früher. Sie war eine Waise, ein Exul, ein Grund weshalb die Welt in Krieg verfallen könnte.. Es klopfte leise. Sakura sah auf, wischte sich hastig die Tränen weg - warum eigentlich? Sollte doch jeder sehen, dass sie noch immer nicht akzeptiert hatte ein Exul zu sein! Oder wollte sie doch dazugehören? - und nach einem kleinen Räuspern bat sie die Person in ihr Zimmer. Es war Yahiko. „Schönen Nikolaus!“, kam er lächelnd herein und ging einen Schritt beiseite, damit Sakura freien Blick auf ihre Tür hatte. Ein Stiefel stand davor. Ein Stiefel gefüllt mit Süßigkeiten, Tannenzweigen, Erdnüssen und Mandarinen. Yahiko sah sie väterlich an. „Nachdem du gestern auf dem Boden der Bibliothek eingeschlafen bist und Sasuke mir erzählt hatte, dass dir klar geworden ist, wie viel Neues auf dich zukommt, hat er erlaubt dir Weihnachten zu lassen. Dann hast du wenigstens noch ein bisschen was aus deinem alten Leben“, erklärte er gutgelaunt. Eine Stimme rief ihn und er sah nach draußen. „Warte Naruto, ich komme!“, rief er dem Blonden zu und sah dann nochmal zu seiner Stieftochter. „Also: Schönen Nikolaus.“ Dann war er verschwunden. Sakura wischte sich die neu aufkommenden Tränen weg und schwang ihre Beine aus dem Bett. Etwas schüchtern ging sie auf den Stiefel zu und nahm dann die Tannenzweige heraus. Süßigkeiten, Erdnüsse, Mandarinen. So wie früher. Sakura setzte sich an die Wand in ihrem Zimmer neben der Tür, zog die Beine an, umklammerte den Nikolaus, als wäre er ihr Anker und vergrub dann ihr Gesicht in ihren Knien. „Danke“, flüsterte sie leise. „Wenigstens bis Weihnachten hast du jetzt einen Grund weiterzuleben“, sagte er neben ihr. Bis Sakura aufgeschaut hatte, war er bereits mit einem leisen Klingeln wieder verschwunden. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)