Josephine Klick - Allein unter Cops von Peggy_Padouk ================================================================================ Kapitel 31: ------------ „Fritz!“ Jemand rief meinen Namen. Josephine? War sie es? Ich war nicht so schwer verletzt, dass ich halluzinierte, oder? Mein Kopf dröhnte und ich hatte mir etliche Blessuren eingefangen, als diese Feiglinge mich verprügelten. Die Mistkerle waren geflohen, sobald Hannes sie vor dem SEK warnte. Wieder rief jemand meinen Namen und dieses Mal war ich mir sicher, dass es Josephine war. Was zur Hölle machte sie hier in der Lagerhalle? Sie sollte draußen in Sicherheit sein. Ich hatte das Mikrophone angestellt, damit sie sich nicht einmischt und wusste, dass sie mit Hannes Recht hat. Diese Frau tat wirklich nie was man ihr sagte. Bei dem Gedanken daran hätte ich beinahe gelacht. Sie musste kurz vor dem ersten Schuss losgerannt sein. Anders hätte sie nicht so schnell hier sein können. War dieser Falk Altenburg überhaupt zu irgendwas zu gebrauchen? Er sollte sie doch aus der Gefahrenzone raushalten, verdammt. Ich wollte zu ihr hinsehen, aber mein Kopf fühlte sich so schwer an. Ich lag noch immer am Boden und versuchte meine Kraft zu sammeln. Die Weste fühlte sich zu eng an. Ich brauchte Sauerstoff. Ich wusste, dass ich dankbar sein sollte. Sie hatte mir das Leben gerettet. Langsam nahm ich einen tiefen Atemzug. Dabei überkam mich ein starker Hustenreiz. Meine Unterarme zitterten als ich mit ihnen meinen Brustkorb vom Boden abstützte um besser atmen zu können. Meine Brust schmerzte, aber die Weste hatte das schlimmste verhindert, als Hannes auf mich geschossen hatte. Fast hätte mich dieser Mistkerl erwischt. Mich erschreckte es noch immer wie eiskalt er war, als er auf den jungen Studenten ohne zu zögern geschossen hatte. Es gab keine Chance ihn aufzuhalten. Hannes wusste nicht, dass ich einen Schutz trug, was mir einen Vorteil verschaffte und mit der zusätzlichen Waffe war ich in der Lage ihn außer Gefecht zu setzen. Ich verdankte Josephine mein Leben. Wenn sie nicht auf die Weste und die Waffe bestanden hätte, wäre ich jetzt tot. Ich biss meine Zähne zusammen und richtete meinen Blick auf. Josephine stand einige Meter von mir entfernt und starrte mich an. Sie war wirklich hier. Diese verrückte Frau war tatsächlich in die Lagerhalle gestürmt. Ich dachte an die gefährliche Situation wenige Sekunden zuvor. Mir wurde schlecht bei dem Gedanken, dass Josephine zu diesem Zeitpunkt schon hätte hier sein können. Allein die Vorstellung daran ließ mich fast durchdrehen und zugleich wütend werden. Ich sah sie mit verengten Augen an. „Was machst du hier, verflucht noch mal?“ Sie erwiderte nichts, starrte mich wortlos an. Ich richtete mich langsam auf. Die Wut in mir verflog, als ich sie genauer ansah. Ihr standen Tränen in den Augen und ihre Hände zitterten. So zerbrechlich hatte ich Josephine noch nie erlebt. Nicht einmal nachdem sie entführt wurde und im Fluss beinahe ertrunken wäre. Auch da war sie stark geblieben. Es schnürte mir die Kehle zu, sie so aufgelöst zu sehen. „Josephine“, sagte ich zögernd. Hatte sie sich solche Sorgen um mich gemacht? Der Gedanke berührte mich. Ich erinnerte mich, wie sie mich heute unverhofft umarmt hatte, erinnerte mich an mein rasendes Herz und spürte wie heftig es wieder schlug, sobald ich daran dachte. Sie gab mir Kraft und Hoffnung. Auf der anderen Seite verwirrte sie mich aber auch von Tag zu Tag mehr. In einem Moment verstand ich sie und im nächsten hatte ich keine Ahnung mehr was vor sich ging. Sie gewährte mir einen Blick in ihre Welt und verschloss sich in der nächsten Sekunde. War ich zu ungeduldig? Brauchte sie wirklich nur mehr Zeit oder versuchte ich mir das einzureden? Ich hatte ihr oft genug gezeigt, wie ich empfand. Was brauchte sie noch? Große Worte? Dafür war ich nicht der Typ. Ich würde eher einen Drachen bezwingen. Aber wie ich Josephine kannte, würde sie ihn schon gezähmt haben und auf ihm reiten, bevor ich überhaupt die Chance hätte sie zu retten. So war sie halt. Ich dachte daran wie ich sie geküsst hatte. Sie hätte doch nicht so darauf reagiert, wenn ich ihr egal wäre. Wie deutlich musste ich werden, dass sie mich verstand? Hatte sie so eine Angst davor? Ich sah sie besorgt an, als ihr ganzer Körper zitterte und wieder Tränen über ihre Wangen liefen. Sah man so jemanden an, der einfach nur ein Kollege war? Egal, ich wollte zu ihr und sie in die Arme nehmen. Ich wollte sie trösten, ihr sagen, dass alles in Ordnung ist, dass ich bei ihr bin. „Josephine.“ Ich ging auf sie zu. Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und sah mich sanft an. Ihr Lächeln berührte mich tief. Diese Frau wusste nicht, wie tief sie sich in mein Herz gegraben hatte. Ich sollte es ihr sagen. Ihr Lächeln gefror im nächsten Moment und sie rannte auf mich zu. Ihre Augen waren geweitet. Sie rammte mich und ich hörte Schüsse. Ich strauchelte einige Schritte mit ihr, kämpfte um mein Gleichgewicht, während ich hörte, wie das SEK die Lagerhalle stürmte. Ich war alarmiert und mein Kopf fuhr rum. Als ich Hannes erblickte, zog ich Josephine schützend an mich. Seine Waffe fiel zu Boden und er taumelte benommen. Dann brach er zusammen. In dem Moment wurde mir klar, dass ich nicht nur den Schuss von Josephine gehört hatte. Sie stöhnte auf und wurde plötzlich schwer in meinen Armen. Mein Kopf schnellte zu ihr, als sie drohte meinen Armen zu entgleiten. Sie sank kraftlos zu Boden und ich hatte Mühe sie zu halten. Erst da realisierte ich, was gerade passiert war. Sie blickte mich schmerzverzerrt an. „Josephine“, keuchte ich atemlos. Ich kniete neben ihr. Ihr Körper verkrampfte sich, als sie gegen den Schmerz ankämpfte. Sie hatte ihre Augen fest geschlossen und biss ihre Zähne zusammen. Ich starrte sie an, konnte nicht glauben, was gerade passiert war. Sie atmete stockend, krallte sich mit ihren Händen in ihrem T-Shirt fest. Ich suchte die Wunde. Der untere Teil von ihrem Shirt war von Blut durchtränkt. Vorsichtig zog ich es ein Stück hoch. Ich musste schlucken, als das Blut pulsierend aus der Schussverletzung floss. „Scheiße“, fluchte ich, als ich mich über sie beugte. Ich musste die Blutung stoppen. Ich zog meine Jacke aus und knüllte sie zusammen um sie auf die Wunde zu pressen. Ihr Bauch spannte sich an und sie stöhnte auf, als ich meine Jacke auf die Schussverletzung presste. Ich hasste es ihr wehzutun. Aber ich hatte keine Wahl. Sie würde verbluten, noch bevor die Sanitäter hier waren. „Tut mir leid“, sagte ich leise. Meine Stimme drohte zu versage. „Die Blutung...“ Sie nickte schwach, aber lächelte. „Ich weiß...“ Meine Jacke saugte immer mehr Blut auf. Der Stoff war durchtränkt und meine Hände färbten sich rot. „Warum hört der Scheiß nicht auf zu bluten?“, fluchte ich leise und erhöhte den Druck. Sie verzog ihr Gesicht vor Schmerzen. Meine Hände zitterten und mein Herz schlug wie verrückt, als ich Josephine ansah. Dieser Mistkerl hatte sie voll erwischt. „Jetzt sind wir quitt.“ Ihre Stimme war schwach, aber ich war mir sicher mich nicht verhört zu haben. Ich sah sie ungläubig an. Was erzählte sie da nur? „Ich bin so froh, dass ich rechtzeitig da war.“ Sie umfing langsam mein Handgelenk, als sie stockend ausatmete. „Erzähl nicht so einen Schwachsinn“, fauchte ich. Sie war verflucht noch mal angeschossen worden. Wie konnte man darüber froh sein? Mir tat mein schroffer Ton im nächsten Moment schon wieder leid. Wir sollten nicht streiten. Aber ich verstand einfach nicht, warum sie das getan hatte. Sie hatte mir eine kugelsichere Weste gegeben, sich aber ohne eigenen Schutz vor mich geworfen und die Kugel abgefangen. Warum tat sie das? Es gab doch einen Grund, warum ich diesen Einsatz machen wollte. Ich hatte keine Kontrolle über die Situation und fühlte mich so hilflos. Bei der Entführung von Josephine wusste ich, was ich tun musste um sie zu retten. Jetzt konnte ich nur hoffen, dass die Sanitäter bald kamen. Meine Hände waren blutverschmiert, als ich auf die Wunde blickte. Josephines Atem wurde immer flacher. Wo blieb dieser verfluchte Arzt? „Hey, Josephine! Nicht einschlafen!“ Sie sah müde aus. Aber sie durfte jetzt nicht ihr Bewusstsein verlieren. „Bleib wach!“ Josephine lächelte während sie schwach nickte. Ich hörte Schritte hinter mir und drehte mich um. Die Uniform kannte ich. Es war ein Kollege vom SEK. Er sichtete den Bereich und sprach in seinen Funk. Danach kam er auf uns zu. „Wir brauchen einen Arzt“, rief ich ihm zu. „Habe ich gemeldet. Sobald die Kollegen alle Bereiche gesichert haben, holen wir die Sanitäter.“ Ich glaubte nicht richtig zu hören. War der Typ blind? Sah er nicht die Blutlache? Sah er nicht das blasse Gesicht von Josephine? Wir hatten keine Zeit dafür! „Wir brauchen SOFORT einen Arzt“, sagte ich mit Nachdruck. Er sah zu Josephine bevor er erneut eine Meldung machte. „Die Kollegen bringen jemanden her“, bestätigte er mir. Ich drehte mich wieder um. Die Augen von Josephine waren geschlossen. „Josephine!“ Sie stöhnte leise und öffnete langsam wieder ihre Augen. Der Griff um mein Handgelenk verstärkte sich. Ich musste schlucken. „Josephine, die Ärzte sind gleich da. Hörst du?“ Ich versuchte sie beruhigend anzulächeln. Ihre Nägel krallten sich in meine Haut, als wenn sie nicht wollte, dass ich ging. „Ich bin hier“, flüsterte ich ihr mit heiserer Stimme zu. Sie lächelte noch immer. „Tut mir leid wegen der Jacke.” Ihre Stimme war kaum mehr als ein Flüstern und sie atmete schwer. „Ich kauf dir eine Neue...“ „Du solltest jetzt nicht reden, Josephine”, mahnte ich sie sanft. Sie musste sich ihre Kraft besser einteilen. Ich wurde ungeduldig. Wo blieben die verdammten Sanitäter? Ihr Atem war viel zu flach und ihre Lippen zitterten. Ich musste sie irgendwie wach halten. „Du wirst noch deine Kraft brauchen, wenn du den Anschiss vom Chef kriegst. Hörst du, Bielefeld? Denke nicht, dass du dich davor drücken kannst. Du wirst ihm erklären müssen, warum du dich eingemischt und dir die Kugel eingefangen hast.“ Sie atmete kraftlos. „Hannes wollte mich beseitigen, nicht dich, Fritz.” „Und es ist meine Aufgabe dich in solchen Fällen zu beschützen. Verstehst du Bielefeld? Ich beschütze dich und nicht andersrum.” Ihre Daumen strichen über mein Handgelenk, als sie mich entschuldigend ansah. Ihr Gesicht wirkte fahl, ihre Augen leer. Und ihr flacher Atem machte mir wirklich Sorgen. „Ich bin müde“, sagte sie leise und senkte ihre Lider. Im selben Moment hörte ich zu meiner Erleichterung die Kollegen vom SEK mit den Sanitätern kommen. Mein Blick blieb aber bei Josephine. „Wir fahren dich jetzt ins Krankenhaus. Da kannst du dich ausruhen und schlafen“, sagte ich beruhigend. Jetzt würde man ihr helfen. Ich würde bald wieder ihr Lachen hören, würde bald wieder die starke Frau sehen, die sie war. Sie öffnete kurz ihre Augen und sah mich an. Ich konnte den Ansatz eines Lächelns erkennen. Dann schloss sie wieder ihre Augen. Ihr Gesicht erschlaffte und ihre Hände ließen mein Handgelenk los. Mein Herz setzte einen Moment aus, als ich erkannte, dass sie kaum noch atmete. “Josephine“, flüsterte ich. Sie reagierte nicht. “Josephine”, rief ich lauter. Wieder reagierte sie nicht. Im nächsten Augenblick drückte mich jemand beiseite. Es waren die Sanitäter. Mein Kopf setzte aus. Die Stimmen verschwammen zu einem ohrenbetäubenden Dröhnen. `Beatmung. Sie muss beatmet werden´, drangen die Worte an mein Ohr. Es war wie in einem Film, der in Zeitlupe lief. Josephines regungsloser Körper wurde auf eine Trage gehoben und die Maske zur Beatmung wurde auf ihren Mund gelegt. Dann trugen die Sanitäter sie raus. Jemand redete auf mich ein. Ich verstand ihn nicht. Was wollte der Typ von mir? Warum half er nicht Josephine? „Geht es Ihnen gut?“, wiederholte er seine Frage. Ich sah ihn nicht an, blickte Josephine hinterher. „Sie müssen sich behandelnd lassen“, redete er weiter auf mich ein. Als er sich näherte und meine Wunde am Kopf versorgen wollte, drückte ich ihn von mir weg. Meine eigenen Schmerzen waren vergessen. Ich wollte bei Josephine sein. „Mir geht es gut!“ Ich stand auf und folgte den anderen Sanitätern. „Sie haben eine Platzwunde!“ „Ich bin nicht verletzt“, erwiderte ich und ging mit etwas wackeligen Beinen weiter. Ich musste zu ihr. Vorm Krankenwagen hielt mich eine junge Frau auf und versperrte mir den Weg. „Sie können hier nicht rein.“ Ich sah sie ungläubig an. „Sie ist meine Partnerin!“ Ich hatte nicht vorgehabt sie anzuschreien, aber ich konnte mich im Moment nicht kontrollieren. Es machte mich noch rasender als sie mich ruhig und mitfühlend ansah. „Die Patientin ist in einem kritischen Zustand. Sie muss unterwegs behandelt werden.“ Ich spannte meine Kieferknochen an und formte meine Hände zu Fäusten um diese kleine Person nicht einfach beiseite zu schieben und in den Krankenwagen zu steigen. In diesem Moment wurden die Türen des Krankenwagens geschlossen und er fuhr mit Blaulicht los. Ich konnte nur hinterher sehen. „Kommen Sie bei uns mit.“ Ich sah wieder die Sanitäterin an. „Wir behandeln Sie unterwegs und bringen Sie zu Ihrer Partnerin.“ Mir blieb nichts andere übrig als wortlos ihr in den Krankenwagen zu folgen. *** „Sie müssen mir doch sagen können, wie es ihr geht!“ Ich war aufgebracht. Die Schwester sagte mir ständig, dass sie keinen aktuellen Stand hatte. Aber irgendeiner musste den doch haben. „Herr Munro, die Ärzte operieren Ihre Kollegin noch. Es wird sich jemand bei Ihnen melden, sobald die OP beendet ist.“ Ich atmete frustriert aus. Mich beschlich das Gefühl, dass mir alle aus dem Weg gingen. Auf der Fahrt zum Krankenhaus kümmerte die Sanitäterin sich um meine Wunde am Kopf. In der Notaufnahme angekommen, bekam ich weitere medizinische Behandlung. Josephine war von der Notaufnahme direkt in einen Operationssaal gebracht worden. Mich hatte man nach meiner Behandlung einige Minuten in einem Zimmer warten lassen, ohne mir irgendwelche Informationen zum Zustand von Josephine zu geben. Ich marschierte zum Empfang um Antworten zu bekommen, aber man hatte mich nur auf eine andere Station gebracht. Dort sollte ich in einem kleineren Aufenthaltsraum warten. Ich war komplett alleine und das machte mich irre. „Ich muss wissen, wie es ihr geht!“ Ich versuchte etwas ruhiger zu werden. Die Krankenschwester war die erste Person, die nach mir sah. Ich stürzte mich also gleich mit Fragen auf sie. Sie blickte mich mitfühlend an. „Bitte!“ Eine Weile sah sie mich schweigen an. „Ich kann nichts versprechen Herr Munro, aber ich versuche eine der OP-Schwestern zu fragen. Ob ich eine Auskunft kriege, liegt aber nicht in meiner Hand.“ „Danke!“ Sie verließ das Zimmer und ich war wieder alleine mit meinen Gedanken und Ängsten. Josephine musste wieder gesund werden. Es war eine Schusswunde. Wie schwer konnte die sein? Ich wusste nicht, ob wichtige Organe getroffen waren und dieses Unwissen machte mich verrückt. An meiner Kleidung klebte überall das Blut von Josephine und ich bekam einfach die Bilder nicht aus meinem Kopf. Ich hatte Josephine das letzte Mal am Krankenwagen vor der Lagerhalle gesehen. Seitdem versuchte ich irgendwelche Informationen zu kriegen – bisher aber ohne Erfolg. Ich wanderte im Zimmer unruhig umher. Die Tür ging auf und ich drehte mich um, ich erwartete die Krankenschwester. „Fritz! Ich habe dich überall gesucht.“ Alex kam auf mich zu. Er blickte mich an und verzog sein Gesicht, als er meine Kleidung betrachtete. Ihm musste klar sein, dass es nicht mein Blut war. „Weiß du schon was von Josephine?“ Ich schüttelte den Kopf. „Die OP läuft noch.“ „Scheiße.“ Alex wirkte nachdenklich und blickte zur Seite. „Wir müssen Viktor verständigen. Er wird wohl die Kontaktdaten von Josephines Vater haben.” Er hatte Recht. Wir mussten ihre Familie informieren. Aber der Gedanke hinterließ einen bitteren Nachgeschmack. Wir setzten und sonst nur mit Familie in Verbindung, wenn jemand gestorben war. Ich war unfähig Josephine zu beschützen. Ich hatte die Gefahr in der Lagerhalle unterschätzt, hatte geglaubt Hannes ausgeschaltet zu haben. Es war meine Schuld, dass es zu diesem Zwischenfall gekommen war. Wir konnte ich Viktor anrufen oder ihrem Vater gegenübertreten? Ich vergrub mein Gesicht in meine Hände und versuchte meine Gedanken zu sortieren. Noch nie hatte mich in meinem Leben etwas so aus der Bahn geworfen. „Fritz?“ Ich sah Alex an. Ich konnte die Besorgnis in seinen Augen sehen. „Alles klar?“ „Geht schon.“ Ich sah, dass er meinen Worten nicht glaubte. Wie konnte er auch. Er kannte mich seit Jahren. Wir waren ein eingespieltes Team und beste Freunde. Er wusste, was mir Josephine bedeutete. Schon vor ihrer Entführung hatte er mir gesagt, wie gefährlich es war sich auf eine Kollegin einzulassen. Aber was sollte ich machen? Ich hatte versucht meine Gefühle zu kontrollieren. Aber nachdem ich Josephine aus dem Fluss gerettet hatte, war es mir nicht länger möglich gewesen, sie einfach nur als Kollegin zu sehen. Sie war für mich viel mehr. „Ich ruf Viktor an.“ Ich sah Alex an, als er sein Handy in die Hand nahm. „Sollten wir nicht das Ergebnis der Operation abwarten?“ „Du hast recht“, stimmte er zu. „Wir sollten noch ein wenig warten. Es ist eh mitten in der Nacht. Wir wecken ihn so oder so.“ In dem Raum breitete sich eine unangenehme Stille aus. Es lag etwas Unausgesprochenes zwischen uns und ich vermutete zu wissen was es war. „Du hast noch nicht gefragt, was eigentlich passiert ist.“ Alex spannte sich bei meinen Worten an. „Weil ich es weiß!“ Ich sah ihn überrascht an. „Ich dachte wir sind Partner“, sagte er und ich hörte die Enttäuschung in seiner Stimme. „Wir sind Partner“, versicherte ich ihm. „Alter, warum hast du mir dann nichts gesagt? Es sollte nur ein Treffen sein um Informationen zu bekommen. In einem Moment ist Funkstille und im nächsten höre ich Schüsse. Weiß du, welche Sorgen ich mir gemacht habe? Da muss erst ein Herr Altenburg kommen und mir erzählen, dass von Anfang an der Verdacht bestand, dass Hannes korrupt ist.“ Ich verstand ihn. Als ich von Josephine davon erfahren hatte, war ich auch sauer. Aber ich hatte zumindest vorm Einsatz von diesem Verdacht erfahren und konnte mich auf eventuelle Zwischenfälle einstellen. Alex war ahnungslos. Er ist mein Partner. Ich hätte ihn informieren müssen. „Tut mir leid!“ Es war nur alles so schnell gegangen. Kaum hatte ich vom Korruptionsverdacht erfahren, waren Hannes und Christopher auch schon auf dem Revier. Ich hatte die Gelegenheit verpasst ihn mit ins Boot zu nehmen. „Ist ja nicht zu ändern. Herr Altenburg hat uns von dem Verdacht berichtet und was bis zum Schusswechsel in der Halle vorgefallen ist.“ „Woher wusste der Altenburg, was los ist?“ „Du hattest das zweite Mikrophone noch an.“ Bei seinem Name spannte sich mein ganzer Körper an. Hatte er den Vorfall mitbekommen und nichts unternommen, um Josephine da rauszuhalten? In mir baute sich unsagbare Wut auf. Und er hatte sich als Josephines Partner bezeichnet? Ich ballte meine Fäuste. „Er hat mir über Funk mitgeteilt, dass Josephine gerade im Begriff ist zur Halle zu rennen”, sagte Alex. „Das war aber noch vor den Schüssen.“ „Warum hatte er sie nicht aufgehalten?“ Alex verzog das Gesicht, als er mir antwortete. „Sie hat ihn mit ihren Handschellen ans Lenkrad angekettet.“ „Sie hat was?“ Ich konnte nicht glauben was ich hörte. Dann machte ich mir klar, dass es sich hier um Josephine handelte. Diese Frau... Sie war einfach unmöglich. Ich hatte noch nie in meinem Leben jemanden kennengelernt, der so stur war wie sie. Er hatte also versucht sie aufzuhalten? Es verringerte nicht sonderlich meine Wut auf ihn. Warum hatte er SIE nicht angekettet? Ein Mann sollte zu seinen Versprechen stehen. „Er hatte mir gesagt, dass ich sie aufhalten soll. Ich bin natürlich mit Christopher sofort hinterher, aber der SEK hat uns aufgehalten. Dann fielen die Schüsse. Kurz darauf hat der SEK die Halle gestürmt. Es ging alles so schnell. Der Krankenwagen stand an einem anderen Ausgang. Wir haben nach euch gesucht. Aber ihr wart schon weg. Danach haben wir versucht die anderen Typen zu kriegen.“ „Habt ihr sie erwischt?“ „Zwei davon. Aber den anderen kriegen wir auch noch. Da arbeiten so viele Kollegen daran – auch Christopher, dass ich dachte, dass ich vielleicht hier gerade mehr gebraucht werde.“ Ich war dankbar, dass er hier war. Endlich konnte ich mit jemandem reden und mich ein wenig ablenken bis wir endlich Infos zu Josephines Zustand bekamen. Die Kollegen würden sich darum kümmern. Mir war der Fall im Moment egal. Hannes war tot und Josephine schwebte vielleicht in Lebensgefahr. Ich musste hier bleiben, wollte der Erste sein den sie sah, wenn sie aufwachte. Ich wollte ihr ein Vortrag halten, wie idiotisch ihr Verhalten war. Im selben Moment wollte ich sie aber auch umarmen, ihr danken, dass sie überlebt hatte. An einen anderen Ausgang durfte ich gar nicht erst denken. Das würde ich nicht überstehen. „Ich hatte den beiden gesagt, dass es eine Falle sein könnte“, fluchte ich vor mich hin, als ich weiter über den Vorfall nachdachte. Ich war erleichtert, dass der Chef zugestimmt hatte mich in den Einsatz zu schicken. Aber was hatte es gebracht? Alex sah mich nachdenklich an. „Hast du deswegen so vehement darauf bestanden, den Einsatz zu machen? Ich schüttelte meinen Kopf. „Zu dem Zeitpunkt wusste ich davon noch nichts.“ „Wann haben sie es dir gesagt?“ „Direkt bevor ich verkabelt wurde. Josephine hatte mir vorher das Mikrophone, eine Pistole und eine kugelsichere Weste gegeben.“ „Du wusstest von dem Verdacht und wolltest trotzdem den Einsatz machen?“ Ich nickte, zögerte ihm den Grund zu nennen. Aber es war mein bester Freund. Er würde den Grund wohl ahnen. „Ich wollte nicht, dass Josephine in die Schussbahn gerät bei einem späteren Alleingang.“ Ich hörte Alex frustriert stöhnen. „Das hat wohl nicht geklappt.“ Bei dem Gedanken an Josephine zog sich meine Brust zusammen. „Was ist mit dem Studenten?“, fragte ich Alex. Ich erwartete, dass der anwesende Arzt nur noch den Tot hatte feststellen können. „Ich habe probiert Hannes aufzuhalten, aber er hat einfach zu schnell geschossen.“ „Der Junge lebt!“, sagte Alex. „Wirklich?“, fragte ich überrascht. Wie konnte das sein? Ich hatte doch gesehen, wie Hannes ihn getroffen und er regungslos auf dem Boden gelegen hatte. „Beim Sturz ist er wohl mit dem Kopf aufgeschlagen und hat sein Bewusstsein verloren. Er hat viel Blut verloren. Aber die Chancen stehen gut, dass er durchkommt.“ Damit hatten wir den Studenten als Zeugen und vielleicht auch das junge Mädchen. Aber was nützte mir ein geklärter Fall. Ich wollte endlich wissen, wie es Josephine geht. Hatte die Krankenschwester nicht gesagt, sie würde versuchen Informationen zu bekommen? Wie lange konnte das schon dauern? Hatte sie nur versucht aus diesem Zimmer zu kommen? Die Tür ging auf und ich drehte mich ruckartig um. Mein Körper spannte sich an. War die Operation beendet? Wie war sie ausgegangen? Aber ich sah keinen Arzt und auch keine Krankenschwester. Herr Altenburg trat stattdessen in den Raum. Es machte mich wütend ihn zu sehen. „Wie geht es ihr?“, fragte er. Er klang besorgt. Er hatte kein Recht besorgt zu klingen. Immerhin war er Schuld, dass sie es geschafft hatte in die Lagerhalle zu gelangen. Ich ging auf ihn zu. Ich hörte Alex meinen Namen rufen, aber da hatte ich den Mistkerl schon erreicht und verpasste ihm eine. Er sah den Schlag kommen und es irritierte mich für einen Moment, dass er nicht auswich und meine Faust mit voller Wucht in seinem Gesicht begrüßte. Er strauchelte, ging aber nicht zu Boden. Ich atmete schwer als ich versuchte meine Wut zu kontrollieren. Alex hatte mich erreicht und hielt mich zurück. „Sie sind ein elender Lügner“, brüllte ich ihn an. „Fritz!“, mahnte mich Alex. „Beruhig dich. Das bringt niemanden weiter. Denk an deine Probezeit!“ Ich ließ mich von Alex einige Schritte zurückdrängen, auch wenn ich Lust hatte dem Altenburg noch ein weiteres Mal eine runter zu hauen. Alex hatte meine Wut auf den Idioten durch die Erklärung mit den Handschellen zwar etwas verringert, trotzdem fiel es mir schwer ruhig zu bleiben. Er hatte so viel Zeit mit ihr verbracht. Er musste doch wissen, wie Josephine tickte. Er hätte nicht so nachlässig sein dürfen. Es hatte mich immer gewurmt die beiden miteinander zu sehen. Sie hatte sich in seiner Nähe wohlgefühlt. Ein weitere Grund, warum ich ihn nicht leiden konnte. Karin hatte mal zu Ewald gesagt, dass sie fand, dass Josephine und er ein schönes Paar wären. Ich fand das nicht. Josephine passt nicht zu diesem gestriegelten Lackaffen, genauso wenig wie zu dem Förster. Aber wenn ich jetzt daran dachte, dass sie gerade um ihr Leben kämpfte, zählte das alles nicht mehr. Josephine sollte nur wieder gesund werden. Ich würde alles akzeptieren, wenn sie mich nur wieder gesund und glücklich anlächelte. Herr Altenburg stand mir schweigend gegenüber. „Sie sollten sie beschützen!“, fuhr ich ihn an. Er nickte. „Ich weiß. Ich werde das nie wieder gut machen können.“ Sein Gesichtsausdruck verwirrte mich. Es war das erste Mal, dass ich ihn so menschlich erlebte. Keine Arroganz, keinen Hochmut. War es das, was Josephine immer in ihm gesehen hatte? Er nahm die volle Schuld auf sich ohne sich zu rechtfertigen. Ich hatte das nicht erwartet und es brachte mich aus der Fassung. Ich wusste, dass ich meine Wut an ihm ausließ. Ich hatte mindestens genauso viel Schuld daran wie er. Es war vermutlich auch die Wut auf mich selbst, die ich auf ihn projizierte. Ich hätte sicherstellen müssen, dass keine Gefahr droht, als sie in die Lagerhalle gekommen war. Aber ich hatte nur Josephine gesehen. Der Wunsch sie in meine Arme zu schließen hatte mich unvorsichtig werden lassen und ich hatte sie damit in Gefahr gebracht. Das würde ich mir nie verzeihen können. „Wie geht es ihr?“, fragte er ein weiteres Mal. „Wir wissen es nicht. Sie wird noch operiert”, antwortete Alex. Er nickte knapp. Ich hörte wie er `Scheiße´ murmelte. Sein Handy klingelte. Er zog es aus seiner Hosentasche. „Altenburg“, nahm er das Telefonat an. Er hörte eine Weile zu bis er barsch antwortete: „Ich kann jetzt nicht weg... Die Männer können verflucht noch mal 48 Stunden festgehalten werden. Ich werde beim Haftrichter nicht lange brauchen. Es reicht, wenn ich morgen die Genehmigung für die Untersuchungshaft hole... Dann machen Sie diese Befragungen verflucht noch mal selber! Wir haben hier Zeugen, die noch nicht befragt werden können und eine Kollegin die in Lebensgefahr schwebt wegen dieses Einsatzes... Ja, genau! Benutzen Sie Ihren Verstand! Sie haben genügend Aufzeichnungen von mir... Ja, ich melde mich sobald ich kann.” Er legte auf und sah mich an. „Wir brauchen von Ihnen in den nächsten Tagen einen Bericht. Ich kann das Ganze ein wenig hinauszögern, damit sie hier bleiben können. Aber vergessen Sie es bitte nicht.“ Ich nickte ihm zu. Ich war froh, dass ich ohne Diskussionen hier bleiben konnte. Die Tür ging auf und die Krankenschwester kam zusammen mit einem Arzt in den Raum. Alle Muskeln und Nerven spannten sich an. Er nickte der Schwester kurz zu und sie verließ das Zimmer. „Herr Munro?“, fragte der Arzt. „Das bin ich.“ Ich ging auf ihn zu. „Die Patientin ist jetzt stabil“, sagte er einführend und mich durchströmte Erleichterung. Josephine hatte die Operation überstanden. Sie würde also bald wieder gesund werden? „Sie wird gerade für die Intensivstation vorbereitet?“ „Intensivstation?“, fragte ich alarmiert. „Warum nicht die Wachstation?“ „Frau Klick ist in einem sehr kritischen Zustand hier eingeliefert worden. Die Kugel hat einige Organe getroffen. Wir konnten Ihrer Kollegin die Kugel entfernen und gehen davon aus, dass wir alle Verletzungen entsprechend versorgt haben, aber wir müssen sie unbedingt über Nacht beobachten. Sie hatte Atemaussetzer während der Operation.“ Sie hatte Atemaussetzer? Meinte er damit etwa einen Atemstillstand? Mein Brustkorb verkrampfte sich bei diesem Gedanken „Wenn alles gut verheilt, kann sie in wenigen Tagen verlegt werden“, sagte der Arzt weiter. „Kann man zu ihr?“, fragte Herr Altenburg. Der Arzt schüttelte seinen Kopf. „Nein, momentan noch nicht. Vielleicht in einigen Stunden. Aber es ist schon sehr spät, vielleicht sollten Sie Morgen früh-“ „Auf keinen Fall“, unterbrach ich ihn. Ich würde nicht einfach nach Hause fahren, mich schlafen legen, am nächsten Morgen frühstücken und mich dann wieder auf den Weg machen, als wenn es ein normaler Tag wäre. Es ging hier um Josephine. Ich wollte zu ihr. Es war mir egal, wie lange ich warten musste. Aber ich wollte sobald es möglich war zu ihr. Der Arzt stimmte schließlich zu. Josephine durfte Besuch empfangen, sobald alles für sie auf der Intensivstation eingerichtet war. Er verabschiedete sich mit dem Hinweis, dass eine Schwester mich holen würde, sobald ich zu Josephine durfte. Wir einigten uns, darauf das nur ich nach Josephine sehen würde. Herr Altenburg erklärte sich bereit auf den Besuch zu verzichten und sich wieder der Fallklärung zu widmen. Aber ich sollte ihm Bescheid geben, sobald es Neuigkeiten gab. Bevor er sich verabschiedete sprach Alex ihn noch auf meine Probezeit und den Fausthieb an. “Es war ein Fausthieb unter Männern, nicht unter Polizisten. Das sollte also die Probezeit nicht wirklich beeinflussen“, hatte er geantwortet und dann das Zimmer verlassen. Mich überraschte seine Reaktion und ich blickte ihm nachdenklich hinterher. Vielleicht war er doch nicht das Arschloch für das ich ihn bisher gehalten habe. *** Alex war kurz nach Herrn Altenburg verschwunden. Er hatte sich meine Wohnungsschlüssel geholt, damit er mir neue Sachen bringen konnte. Ich war dankbar für die frische, saubere Kleidung. Sie ließ den schrecklichen Moment in der Lagerhalle ein wenig verblassen. Alex hatte auch Viktor verständigt. Er würde erst am nächsten Morgen Josephines Vater anrufen. Es würde niemanden was bringen, wenn er übermüdet und aufgebracht von Bielefeld mit dem Auto nach Berlin kommen würde. „Sie können jetzt zu ihr“, sagte die Schwester, als sie endlich in den Wartebereich kam. Ich folgte ihr. Meine Wartezeit hatte sich um einige Zeit verzögert. Ich war unendlich erschöpft, aber der Gedanke Josephine gleich zu sehen hielt mich wach. Die Krankenschwester führte mich durch schwach beleuchtete Gänge, bis wir schließlich das Zimmer von Josephine erreicht hatten. Mein Herz raste und mein Atem ging unruhig, bevor wir die Tür zu ihrem Krankenzimmer öffneten. Als wir das Zimmer betraten, war auch hier das Licht abgedunkelt. Ein ständiges, regelmäßiges Piepen drang durch den Raum. Es musste das EKG Gerät sein, dass den Herzschlag von Josephine aufzeichnete. Meine Augen suchten nach ihr. Sie lag mitten im Raum in einem Krankenbett und es standen zahlreiche Gerätschaften um sie herum. Überall waren Schläuche mit ihr verbunden. Sie hing an einem Tropf und Sauerstoff wurde ihr durch eine Nasensonde zugeführt. Der Anblick ließ mich erschaudern. Ich hatte niemals erwartet Josephine in so einem Zustand sehen zu müssen. „Josephine“, flüsterte ich vor mich hin. Ich ging auf ihr Krankenbett zu. Im Hintergrund ging die Tür mit einem Klacken zu. Die Schwester musste das Zimmer verlassen haben. Ich sah mich jedoch nicht um. Ich nahm mir einen der Stühle und schob ihn ans Bett. Ich setzte mich hin und nahm vorsichtig ihre Hand in meine. Am Handrücken war eine Kanüle befestigt, die mit dem Tropf verbunden war. Bekam sie dadurch ihre Schmerzmittel? „Hey“, sagte ich leise während ich über ihre Hand strich. Ihre Haut war kalt. Ihre Augen waren geschlossen und sie schlief. Sie atmete schwach, aber regelmäßig. „Du hast uns alle ganz schön erschreckt.“ Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Konnte sie mich überhaut hören? Es gab so viel was ich loswerden wollte, aber jetzt war nicht der richtige Zeitpunkt. Sie brauchte Ruhe. Also saß ich nur da, hielt ihre Hand in meiner und sah sie an. Ihre blonden Locken breiteten sich über das gesamte Kopfkissen aus, sie hatte den Kopf zur Seite geneigt. Ich wollte ihre strahlend blauen Augen sehen, die Funken sprühen konnten, wenn sie sauer war und mal wieder endlos diskutierte. Und ich wollte ihr Lächeln sehen mit den Grübchen, die sich dann immer auf ihren Wangen bildeten. Aber am meisten wollte ich sie einfach nur glücklich sehen. Ich stöhnte innerlich. Glücklich sein - konnte sie das nicht mit mir? Ich glaubte heute etwas in ihren Augen gesehen zu haben. Etwas, dass vorher noch nicht dagewesen war. Ich hatte Angst, dass ich mir wieder nur etwas einbildete. Vielleicht hatte sich nichts an ihrer Meinung geändert. Aber ich würde mich nicht länger aufdrängen. Sie sollte ihre Entscheidung treffen und ich würde sie dieses Mal akzeptieren. Selbst wenn sie sich nicht für mich entschied, würde ich zumindest als Kollege an ihrer Seite bleiben. Ich betrachtete weiter ihr Gesicht, als ich mit meiner freien Hand ihr eine lockere Strähne aus dem Gesicht strich und sie ihr vorsichtig hinter ihr Ohr klemmte. „Du musst bald wieder gesund werden, Josephine.“ Meine Hand ruhte noch eine Weile auf ihrem Haar. Die ganze Anspannung fiel ganz langsam von mir ab und das regelmäßige Piepen des EKG’s ließ meine Augen schwer werden. Ich konnte mich nicht länger wachhalten. Aber ich wollte ihre Hand nicht loslassen. Also legte ich meinen Arm auf die Matratze und bettete meinen Kopf darauf. `Nur fünf Minuten´, dachte ich und schloss meine Augen. Ich würde ein wenig Energie sammeln. Ich hatte nur noch ein paar Stunden mit ihr alleine. Bald war es Morgen und alle würden ankommen und wissen wollen wie es ihr geht. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)