Josephine Klick - Allein unter Cops von Peggy_Padouk ================================================================================ Kapitel 9: ----------- „Hat sie Fieber?“, hörte ich eine Stimme. „Auf jeden Fall erhöhte Temperatur“, erwiderte jemand anderes. „Was hast du denn mit ihr gemacht?“, fragte die erste Stimme. „Ich hab gar nichts gemacht. Sie ist einfach umgefallen.“ Fritz, dachte ich. Die einzige Stimme, die ich auf Anhieb erkannte. Ich stöhnte leise auf, als die Stimmen lauter wurden und das Pochen in meinem Kopf einsetzte. „Sie wacht auf.“ Jetzt erkannte ich auch die Stimme von Karin. Langsam kam ich wieder zu mir. Zusammen mit Waldi und Alex stand sie um mich herum, als ich meine Augen öffnete. Im Hintergrund sah ich Fritz, der mich mit ernstem Blick musterte. Ich starrte zurück und langsam fielen mir wieder Wortfetzen von unserem Gespräch ein. „Wie geht es dir?“, unterbrach Karin meine Gedanken. Ich blinzelte und wandte meinen Blick zu ihr. Meine Kehle fühlte sich trocken an und meine Stimme klang kratzig. „Fantastisch“, antwortete ich mit einem schwachen Lächeln. Ich erntete nur zweifelnde Blicke. „Ich könnte aber etwas Wasser vertragen.“ Es dauerte keine Sekunde bis Fritz reagierte. Ich sah nur seinen Rücken als er `Ich hol was´ rief und aus dem Zimmer verschwand. Karin half mir mich langsam aufzurichten während ich bereits die Umgebung untersuchte. „Wie bin ich hier her gekommen?“, fragte ich sie. „Du bist umgekippt und Fritz hat dich in den Ruheraum gebracht.“ „Du hast uns ziemlich erschreckt, Josephine“, sagte Alex. „Tut mir leid. Die letzten Tage waren vielleicht doch ein bisschen viel“, gestand ich mir ein. Ich drehte mich langsam zur Kante und ließ meine Beine von der Liege baumeln. „Macht euch keine Sorgen. Mir geht´s schon wieder besser“, sagte ich und sah überzeugt meine Kollegen an. Fritz kam wieder in den Raum mit Wasser. Die anderen machten Platz und er stand vor mir. „Hier trink“, sagte er und reichte mir das Glas. Ich nahm einen Schluck und bedankte mich, ohne ihn direkt anzusehen. Die anderen standen immer noch da und sahen mich an. „Leute“, begann ich. „Macht euch keine Sorgen. Mir geht´s wirklich schon viel besser. Es war nur ein kleiner Schwächeanfall. Morgen ruhe ich mich richtig aus und bin dann Donnerstag wieder fit. Lasst mich das noch austrinken, dann bin ich auch schon weg und ruf mir ein Taxi.“ „Du rufst dir kein Taxi“, sagte Fritz bestimmt. Verwundert sah ich ihn an. „Ich fahr dich nach Hause“, war alles was er sagte während er seine Hände vor der Brust verschränkte und sich gegen den Tisch lehnte. Widerstand war zwecklos, das konnte ich in seinen Augen sehen. *** „Und Alex hat nichts dagegen, wenn du einfach sein Auto nimmst?“, fragte ich Fritz als er einstieg. Wie einen schwer Kranken hatte er mich an Arm und Taille festgehalten während er mich zum Auto brachte. Sogar beim Einsteigen war er hilfreich gewesen. „Nein, das ist mit ihm abgesprochen“, sagte er und sah mich noch immer prüfend an. Er wollte sich anschnallen, ließ aber seinen Gurt los und beugte sich zu mir rüber. Erschrocken von seiner Nähe, drückte ich mich tiefer in den Sitz. „Was machst du da?“, fragte ich ihn stockend. Er hielt mitten in seiner Bewegung inne und sah mich an. „Dir helfen dich anzuschnallen?“, antwortete er, als wenn es eine Selbstverständlichkeit wäre. Ich räusperte mich, bevor ich sprechen konnte. „D-Das krieg ich wohl noch alleine hin.“ Wieder traf mich sein prüfender Blick, ohne das er etwas erwiderte. Erst als er sich zurücklehnte und seinen Gurt festzurrte, merkte ich wie schnell mein Puls schlug. Ich vermied den Blickkontakt mit ihm und sah aus dem Fenster als Fritz den Motor anließ und vom Hof fuhr. Seit wann war ich so empfindlich geworden, wenn es um seine Körpernähe ging? *** „Du brauchst mich nicht reinbringen, Fritz.“ Ich versuchte mich von ihm zu lösen, aber er ließ mir keine Wahl. Er hatte einen festen Griff um meinen Oberarm, als er mich ins Haus manövrierte. „Ist Viktor gar nicht da?“, wollte er wissen. Ich war selber erstaunt Viktor nicht Zuhause anzutreffen. Aber er war heute bestimmt wieder wegen des Hengstes nach Potsdam gefahren. Samstag waren zwei Exemplare in die engere Auswahl gekommen. Er wollte jetzt öfter hinfahren, um sich ein besseres Bild von den beiden zu machen. „Offensichtlich nicht“, entgegnete ich. „Aber ich bin mir sicher, dass er bald da sein wird. Du kannst also beruhigt losfahren.“ „Ich werde hier warten.“ Wie bei seinen letzten Entscheidungen ließ er auch hier mir keine Chance selbst darüber zu bestimmen. „Sturkopf“, murmelte ich vor mich hin. Wir waren im Wohnbereich angekommen und dieses Mal ließ er es zu als ich versuchte mich von ihm zu lösen. Er sah mir hinterher, als ich zur Treppe ging. „Wo willst du hin?“, fragte kritisch er. Ich drehte mich zu ihm um und sah ihn verständnislos an. „Darf ich vielleicht alleine aufs Klo oder möchtest du mir dabei Händchen halten?“ Er verschränkte die Arme vor der Brust und räusperte sich unsicher. Fritz mied den Blickkontakt mir mir und fragte nicht mehr weiter. Hatte er jetzt begriffen, dass er mit seiner Fürsorge übertrieb? Seine Hände deuteten an, dass ich seine Genehmigung hatte und alleine weitergehen durfte. Ich rollte meine Augen. Wie gnädig vom Herr, dachte ich. Im Bad machte ich mich etwas frisch und zog mir was Bequemeres an. Als ich in den Wohnbereich zurückkehrte, war niemand da. War Fritz doch gegangen? Hatte ich zulange gebraucht? Es roch nach frischem Tee und ich folgte dem Duft. Als ich in meinem Zimmer stand, sah ich Fritz. Er hatte gerade mein Notizbuch in der Hand und weitere Unterlagen. „Das mit der Privatsphäre hast du anscheinend noch nicht ganz verstanden, oder?“, fragte ich ihn. „Hab anscheinend das gleiche Problem, wie du mit deinen Alleingängen“, konterte er, lächelte aber dabei. „Leg dich hin“, sagte er sanft. „Du musst dich ausruhen.“ Da das eh mein Plan gewesen war, folgte ich den Instruktionen und schlüpfte unter meine Bettdecke. „Dein Tee“, sagte er. „Der wird dir gut tun. Da wirst du schneller schlafen können.“ Er reichte mir die Tasse und ich lächelte ihn dankbar an. Er schwieg und sah mich eine Weile einfach nur an. Ich fühlte mich dadurch etwas unsicher und konzentrierte mich übertrieben auf die warme Flüssigkeit vor mir. „Darf ich mich setzen?“, fragte er und zeigte auf den gemütlichen Schaukelstuhl, der dicht neben meinem Bett stand. Ich nickte. „Fritz... Willst du wirklich warten bis Viktor da ist. Alex wartet doch bestimmt auf sein Auto, oder?“ „Das ist mit Alex geklärt. Er fährt heute mit dem Dienstwagen nach Hause. Der Chef war so frei.“ Er zog seine Lederjacke aus, legte sie über die Lehne vom Stuhl und macht es sich bequem. Fritz begann die Unterlagen in Ruhe zu sichten, sah mich aber wenige Sekunden später an. „Ist das okay, wenn ich mir die Unterlagen mal ansehe?“ Ich sah ihn, über meine Tasse - aus der ich gerade Tee schlürfte - erstaunt an. Er schenkte mir ein schiefes Lächeln. „Ich übe am Thema Privatsphäre.“ Ich schmunzelte und stimmte zu. „Sieh dir ruhig die Unterlagen an. Geht ja immerhin um deinen Fall.“ Eine ganze Weile sagte niemand von uns was. Während er die Unterlagen sichtete und ich meinen Tee genoss, erwischte ich mich immer wieder dabei wie ich ihn beobachtete. Er hat ein schönes Profil, schoss es mir durch den Kopf. Er wirkte konzentriert und ernst, aber auch nachdenklich. Sicherlich hatte es mir Fritz zum Anfang von allen Kollegen am schwersten gemacht, aber mittlerweile war er auch derjenige auf den ich mich am meisten verlassen konnte, der mir das Leben gerettet hat. Ich gestand mir in diesem Moment ein, dass ich ihm vertraute. Zumindest, dass ich es wollte. Und genau dieser Gedanke machte mir Angst. Seit dem Vorfall in Bielefeld hatte ich niemandem mehr vertraut. Ich war so einfach besser gefahren - nur meiner Intuition zu vertrauen und mich ausschließlich auf mich selber zu verlassen. Aber die Mauer, die ich um mich aufgebaut hatte, bekam immer mehr Brüche auch wenn ich mich dafür noch gar nicht bereit fühlte. Wenn ich wieder jemandem vertraute nur um dann erneut enttäuscht zu werden, wüsste ich nicht, ob ich es dieses Mal ohne größere Narben überstehen konnte. Dieser Raum hier war mir bisher immer als Zufluchtsort erschienen. Damit ich allein sein konnte, wie im Wald, wenn ich mit Wotan unterwegs war. Alleine mit meinen Gedanken. Aber genau dieses Alleinsein hatte ich die letzten Tage nicht ertragen können. Der Raum fühlte sich auf einmal kalt und leer an. Ich hatte mich hier nur noch unwohl gefühlt. Fritz und ich sprachen nicht miteinander. Aber ich war nicht alleine und genau das tat so gut. Mein Zimmer fühlte sich wie ein Raum an, in dem ich meine Gedanken loslassen konnte um zu entspannen. Ich wusste nicht, ob es der Tee war oder dieser kribbelnde Stich, der sich neuerdings immer wieder durch meinen Körper zog, aber es war ein warmes Empfinden, dass sich in meine Brust schlich. Ich fühlte mich wohl und genau das machte mich müde. Ich musste ein Gähnen unterdrücken. Als ich wieder zu Fritz blickte, las er noch immer die Unterlagen durch. Sein Gesicht umspielte ein Lächeln und ich sprach seinen Namen aus, bevor ich mir dessen überhaupt bewusst war. „Fritz...“ Er blickte von den Unterlagen zu mir hoch. Ich musste meinen Blick senken. Was wollte ich ihm eigentlich sagen? „Schon gut“, sagte ich und fixierte erneute meine Teetasse. „Möchtest du noch einen?“, fragte er mich und deutete auf die leere Tasse, die ich umklammert hielt. Ich schüttelte meinen Kopf. Er nahm sie mir ab und stellte sie auf den Nachttisch. Ich fühlte mich ein wenig haltlos ohne sie. Um was in den Händen zu haben, griff ich nach der Bettdecke und zog dichter zu mir. Er drehte sich im Stuhl ein wenig zu mir und sah mich an. „Wie lange hast du für die ganzen Unterlagen gebraucht?“ „Samstag Vormittag hab ich mit der Recherche begonnen“, erklärte ich. „Sonntag habe ich aber die meisten Informationen gesammelt. Gestern Abend sind die letzten Informationen dazu gekommen. Ich wollte mir auch noch ein paar Fälle von Waldi geben lassen und mich über das Thema Nebenklage informieren. Es gibt noch so viel Sachen, die ich nicht ganz verstehe.“ „Warum hast du das gemacht?“, fragte er. Ich schluckte und fühlte mich bei diesem Thema unsicher. Während ich darüber nachdeckte blickte ich auf die Bettdecke und stricht sich etliche Male glatt. „Das war doch das Mindeste was ich machen konnte“, gestand ich. „Nach allem was du für mich getan hattest. Ich bin niemand, der dir einfach auf die Schulter klopfen und `Danke´ sagen würde. Ich bin darin nicht so gut.“ Er schwieg eine Weile. „Ich auch nicht“, sagte er dann. Ich blickte zu ihm. Er sah mich verständnisvoll und erleichtert an und ich versuchte über meinen eigenen Schatten zu springen. „Danke, Fritz. Für alles.“ „Danke für das hier“, gab er zurück und deutete auf die Unterlagen vor ihm. Ich drehte meinen Kopf von ihm weg, als ich ein Gähnen nicht länger unterdrücken konnte. Anschließend legte ich mich wieder tiefer ins Bett und zog mir die Bettdecke bis über die Nase. Ich war so unendlich müde. Fitz lächelte mich an. „Schlaf ruhig. Ich habe hier noch ein bisschen Lesestoff zu bewältigen.“ Ich konnte nicht widersprechen und dämmerte bereits nach kurzer Zeit weg. Ich weiß nicht, wie lange ich schlief, wurde aber halbwegs wach als mir jemand über die Haare strich. Im Halbschlaf hörte ich wie wenig später die Tür leise ins Schloss fiel. Langsam öffnete ich meine Augen einen Spalt. Es war dunkel geworden. Ich hörte zwei gedämpfte Stimmen, die sich unterhielten. Es mussten Viktor und Fritz sein. Seine Stimme war beruhigend und ich schlief sofort wieder ein. *** Ich streckte mich in meinem Bett, als ich durch das Sonnenlicht geweckt wurde. Es war früher Morgen, aber ich fühlte mich ausgeschlafen wie schon lange nicht mehr. Eine Weile untere der wärmenden Bettdecke gönnte ich mir noch, bevor ich mich aus dem Bett schwang. Mein Blick wanderte zum Schaukelstuhl. Darauf lagen mein Notizbuch und weitere Zettel ordentlich sortiert. Wie lange war er gestern noch geblieben? Hatte er alles geschafft oder sollte ich ihm die Unterlage mitnehmen? Ich schnappte mir meine Sachen und verschwand für eine lange Dusche im Bad. Meine Muskeln entspannten sich unter dem heiße Wasser. Ich hätte noch Stunden so dastehen können, aber es war Zeit in den Tag zu starten. Ob Viktor noch da war? Mir war heute nicht danach alleine zu frühstücken. Vielleicht gab es Neuigkeiten bezüglich der Hengste. Ich kam aus der Dusche und wickelte mich in ein großes Badehandtuch. Meine Haare knetete ich solange in einem Handtuch, bis sie nicht mehr tropften. Meine Haare ließ ich offen, damit sie besser trocknen konnten. Ich hatte es heute nicht eilig, also brauchte ich den Föhn nicht. Im Flur angekommen drangen Geräusche aus der Küche. Ich hörte Musik, Schritte und klirrendes Geschirr. Bereitete Viktor gerade Frühstück vor? Meinen Magen knurrte bei diesem Gedanken augenblicklich. Ich ging in die Küche, um mir ein Glas Wasser zu holen. „Und Viktor, hast du gestern noch-“ Ich stockte im Türrahmen der Küche und blieb wie angewurzelt stehen. Die Frage war vergessen. Meine Augen weiteten sich als ich erkannte, dass es nicht Viktor war. „Fritz.“ rief ich erschrocken aus. Er stand gerade am Frühstückstisch mit einer Kanne Saft in der Hand, die etwas zu schnell auf dem Tisch landete. Er starrte mich genauso an wie ich ihn. Was machte er hier? Hatte er etwa hier geschlafen? Meine Augen weiteten sich weiter, als mir bewusst wurde, dass ich nur in einem Badehandtuch vor ihm stand. Um Himmelswillen. Mir stieg Hitze ins Gesicht. Ich drehte mich ruckartig um und versuchte mich zu beruhigen. Fritz räusperte sich, bevor ich seine Stimme hörte. „Möchtest du Kaffee oder Tee? Oder reicht dir auch Saft zum Frühstück?“ Mein Rücken war noch zu ihm gewandt, aber ich drehte meinen Kopf in seine Richtung und lächelte ihn etwas unsicher an. „Mir reicht Saft“, ließ ich ihn wissen. Kaffee brauchte ich nicht mehr – ich war jetzt hellwach. „Wo ist Viktor?“, fragte ich und versuchte beiläufig zu klingen, hatte meinen Blick aber wieder von ihm abgewandt. „Brötchen holen“, hörte ich ihn sagen. Betrieb ich wirklich gerade Konversation mit meinem Kollegen während ich halb nackt vor ihm stand? Ich hatte das Gefühl, dass mein Handtuch immer kürzer wurde. Unsicher hielt ich es fest umklammert. „Ich gehe mich dann mal anziehen“, sagte ich und drehte meinen Kopf zu ihm, als er nichts erwiderte. Ich ertappte Fritz, wie er mich musterte. Grinste der Typ etwa? Wenigstens besaß er genügend Anstand seinen Blick zügig zu senken, nachdem ich ihn dabei erwischte. Er räusperte sich, schnappte sich ein Handtuch und war schwer damit beschäftigt seine Hände abzutrocknen. Ein Penny für die Gedanken von diesem Mann, dachte ich, schüttelte den Gedanken aber ab und verschwand aus der Küche. In meinem Zimmer angekommen, zog ich die Tür hinter mir zu und lehnte mich dagegen. Hatte ich IHN beim Fall Römer nicht als verklemmt beschrieben? Warum raste dann mein Herz wie verrückt? Ich brauchte mich doch für nichts schämen. Ich stöhnte vor mich hin. Was war nur los mit mir? Hoffentlich war Viktor bald wieder da. Ich ließ mir Zeit beim Anziehen, damit ich die Küche vor Viktors Rückkehr nicht betreten musste. Als ich seine Stimme hörte, zog ich mir gerade meine Strickjacke über. „Morgen“, sagte ich vorsichtig und betrat die Küche. Viktor lächelte mir zu. „Morgen, Kleine. Na, geht es dir denn heute besser?“ Ich nickte wortlos und setzte mich an den Tisch. „Dein Kollege hat mir von gestern erzählt. Du musst besser auf dich aufpassen, Mädchen.“ Was hatte Fritz Viktor wohl erzählt? Ich nahm die Hand von Viktor und tätschelte sie kurz. „Mach dir keine Sorgen. Mir geht es heute schon viel besser. Ich brauchte einfach nur etwas Schlaf.“ Er betrachtete mich noch eine Weile besorgt, nickte dann aber zustimmend. „Habe deinen Kollegen hier übernachten lassen. Ich war gestern erst sehr spät da. Da konnte ich ihn doch nicht mehr fahren lassen.“ Ich blickte zu Fritz, der gerade ein Schluck Kaffee nahm. „Ja“, sagte ich etwas zögernd. „Wir haben uns heute Morgen schon gesehen.“ Fritz stellte seine Kaffeetasse ab und hielt seine Hand vor seinen Mund, als wenn er sich räuspern wollte, tat es aber nicht. Ich verengte meine Augen. Unterdrückte dieser Typ gerade tatsächlich ein Grinsen? „Möchtest du ein Glas Saft?“, fragte mich Viktor. Ich sah Viktor an und bemühte mich um ein ungezwungenes Lächeln. „Ja, sehr gerne.“ Nachdem Viktor mir einschenkte und sich wieder dem Frühstück zuwandte, blickte ich Fritz böse an. Er ließ sich davon nicht einschüchtern und grünste auf sein Brötchen, während er es mit Butter bestricht. Dieser verfluchte... „Sag mir nächstes Mal einfach Bescheid. Dann komm ich gleich nach Hause, verstanden?“, unterbrach Viktor meine Gedanken. Ich sah ihn wieder an. „Na, ich will doch mal hoffen, dass es kein nächstes Mal geben wird.“ Wir frühstückten in Ruhe. Es war überraschend angenehm mit Fritz. Keine Diskussionen, kein Streit, kein Machtgehabe. Vielleicht war Viktor aber auch der richtige Puffer. Nach dem Frühstück verabschiedete sich Fritz. Er wollte später wiederkommen, aber vorher Alex sein Auto zurückbringen. Heute Nachmittag stand wieder ein Termin beim Psychologen auf seinem Plan. Bis dahin wollte er mit mir zusammen die restlichen Sachverhalte recherchieren. Ich war froh, dass er sich endlich dem Thema ernsthaft annahm. Während Fritz unterwegs war, trocknete ich meine Haare und gönnte Wotan etwas Bewegung. *** „Musst du nicht langsam los? In ´ner halben Stunde hast du deinen Termin beim Psychologen“, erinnerte ich ihn. Es war bereits halb fünf und wir hatten viel Zeit für die Recherche gebraucht. Bei unseren Ermittlungen ging es bisher immer nur darum den Schuldigen ins Gefängnis zu kriegen. Dieses Mal wollten wir jedoch verhindern, dass Gefängnis überhaupt in Erwägung gezogen wurde. Das war für uns beide ein ganz neues Thema. Er maulte ein wenig vor sich rum und stimmte nur widerwillig zu. „Nimm das ernst, Fritz“, ermahnte ich ihn. „Du hast nicht viele Chancen dich zu beweisen.“ Ich stand auf und er folgte mir. Wir waren im Hof angekommen als mein Telefon klingelte. Die Nummer kannte ich nicht. „Hallo?“ „Frau Klick“, klang am anderen Ende eine ernste Stimme. Ich erkannte sie sofort. „Herr Altenburg“, entgegnete ich überrascht. Ich konnte sehen, wie sich die Gesichtszüge von Fritz augenblicklich verhärteten. Mein Blick schweifte über den Hof. Wurden wir noch immer beobachtet? Ich fand die Vorstellung befremdlich. Nicht das ich deswegen noch Paranoia entwickelte. Warum klang er so ernst? Ich merkte wie mich ein leichter Schauer überzog und ich nervös wurde. Wollte er mir was zum Fall mitteilen? Mein Blick schweifte wieder zu Fritz, der mich immer noch mit verengten Augen ansah. „Frau Klick“, wiederholte Herr Altenburg langsam und sachlich. „Frau Bremer ist gerade mit mir im Gespräch.“ Er machte eine kurze Pause und ich musste schlucken. „Sie fragt, ob es möglich wäre mit Ihnen zu reden?“ Frau Bremer wollte mit mir reden? Warum gerade mit mir? Ich deutete Fritz kurz an, dass er einen Moment warten solle und nahm etwas Abstand. Vielleicht war es besser, wenn er davon nichts wusste. Als zwischen uns genügend Abstand war, widmete ich mich wieder dem Telefonat. „Wie meinen Sie das? Sofort?“, fragte ich nach. „Nein, natürlich nicht“, erwiderte er. „Ich würde gerne für morgen einen Termin machen.“ Er machte einen Moment Pause, sprach dann aber etwas leiser weiter. “Ich denke Sie verstehen, wenn ich dabei sein oder zumindest in der Nähe bleiben möchte.” „Ja, natürlich. Das verstehe ich“, stimmte ich zu. „Was sagen Sie?”, fragte er nach. “Wäre so ein Gespräch für Sie in Ordnung?” Ich dachte einen Moment darüber nach. Ich wusste nicht, ob so ein Gespräch helfen konnte oder alles schlimmer machen würde. Aber wenn es helfen konnte, musste ich es versuchen. „Ja, das wäre in Ordnung. Ich kann aber frühestens am späteren Nachmittag. Ich habe morgen Dienst.“ „Das verstehe ich“, stimmte er mir zu. „Wie wäre es, wenn ich Sie zum Dienstende gegen 16:30 abholen würde? Wir fahren dann gemeinsam hin.“ Halb Fünf war zwar nicht meine übliche Zeit um Feierabend zu machen, aber je länger ich darüber nachdachte, umso mehr wollte ich dieses Gespräch. „Ja, das klingt gut. Wir treffen uns am Parkplatz. Ich werde um halb fünf Feierabend machen.“ „Alles klar, ich informiere Frau Bremer. Bis morgen, Frau Klick.“ „Bis Morgen, Herr Altenburg“, verabschiedete ich mich von ihm. Ich legte auf und ging wieder auf Fritz zu, der mich ungeduldig ansah. „Was wollte dieser Vogel denn schon wieder von dir?“ „Herr Altenburg ist kein Vogel“, gab ich zurück. Die ganze entspannte Atmosphäre zwischen Fritz und mir verpuffte in wenigen Sekunden. Er wirkte gereizt und angespannt. „Fritz du musst wirklich deine Abneigung gegen Herrn Altenburg ablegen. Ich glaube wirklich, dass er dir weniger schadet als du sehen willst.“ Ich sah wie seine Lippen sich bewegten. Er wollte noch was hinzufügen, besann sich aber eines Besseren. Er drehte sich um und zog sich seinen Motorradhelm über. Dann stieg er auf seine Maschine und schmiss den Motor an. Dieser heulte zwei, drei Mal auf, als Fritz Gas gab. Er drehte sich noch einmal zu mir um. „Pass auf dich auf, Bielefeld.“ Er wartete nicht darauf, ob ich noch etwas erwiderte. Er fuhr einfach los und ließ mich auf dem Hof zurück. Ich seufzte und ging wieder ins Haus. Die beiden schienen sich ja echt gefressen zu haben. Männer, dachte ich, die soll mal einer verstehen. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)