Salvation von AbaddonCornix (Ren Jinguji) ================================================================================ Kapitel 1: Salvation -------------------- „Weiter, weiter ins Verderben – wir müssen leben, bis wir sterben.“ - Rammstein(Dalai Lama) Wie mich das alles ankotzte. Ich war nie ein richtig guter Party-Typ gewesen. Ein bisschen Flirten, ein bisschen trinken, aber keines von beiden brachte ich zu Ende und ich hatte auch kein geringstes Interesse daran, das zu ändern. Für mich war von allem ein bisschen immer genug gewesen. Schließlich gab es zu viele unnötige Dinge, die ich im Überfluss hatte. Meine Freunde sahen das allerdings anders. Wenn die drei Party machten, dann machten sie Party. Komasaufen, Sex, Drogen, Gewalt – alles was zu einer guten Feier gehört. Ohne mich hätten sie sich den ganzen Spaß überhaupt nicht erlauben können – sie waren nicht arm, aber der, der diese Partynächte bezahlte, war ich. Naja, so war das nicht ganz richtig. Eigentlich bezahlten meine beiden Brüder – vor allen Dingen mein ältester – Seiichiro – die ganzen Nächte. Schließlich war es seine Kreditkarte, die ich dafür verwendete. Ob ich seine Erlaubnis hatte? Nein, allerdings hatte er es mir auch nicht verboten. Meine Brüder waren sowieso eher feindselig mir gegenüber, da meine Mutter bei meiner Geburt starb. Unsere Mutter. Deshalb waren sie der Meinung, dass ich daran Schuld tragen würde. Man sollte meinen, dass man das nach sechzehn Jahren langsam vergessen sollte, doch leider sehe ich meiner Mutter verdammt ähnlich, weshalb ich sie ständig daran erinnere. So war ich für meine Brüder, so wie für meinen Vater immer der Sündenbock. Und was wäre ein Sündenbock, wenn er nicht paar kleine Sünden anrichten würde? Auch in dieser Nacht feierten wir wieder ausgiebig und endeten wie immer alle sturzbetrunken an Kenjis Auto. Naja – fast alle. Ich war nicht einmal halb so besoffen wie die anderen drei. Diese Tatsache machte wieder klar, wer wohl heute wieder fahren musste. Meistens war ich derjenige, der uns nach Hause fuhr. Oder in den nächsten Club. Nein, ich hatte keinen Führerschein. Nur einen leichtsinnigen Bruder, der eines seiner Autos mit Schlüssel stecken auf unserem großen Gelände des Öfteren unbeaufsichtigt ließ. Ich hatte nur Übung. Diese Nacht sollte allerdings anders werden, als die vergangenen. Nachdem wir auch den letzten von uns ins Auto gezwängt hatten und der mir leider viel zu bekannte Männergesang losging, startete ich den modernen Wagen und gab ordentlich Gas. Mein Fahrstil war zwar aggressiv, aber nicht gefährlich. Zumindest nicht, solange ich meine Nerven noch hatte. Zu meinem Bedauern waren meine Freunde dieses Mal extrem nervig. Wahrscheinlich hatten sie wieder Pillen geschluckt oder so. Auf jeden Fall konnte besonders Kenji, der neben mir saß, sich kaum zurückhalten. „Reeeeen, mein Guter, fahr‘ doch nicht so schnell, da wird einem ja ganz komischelig..oder so..:“ – sein neu erfundenes Wort hatte er mit einer Geste untermauert, die wahrscheinlich für ein Schwindelgefühl sprechen sollte. Ihn vorerst ignorierend, fuhr ich unbeiirt weiter, bis auch schließlich die hinteren beiden gefallen am Plaudern fanden und mir Kiro unbedingt etwas erzählen musste. „Ren, weissu, du bist ein echt guter Freund und es is‘ echt geil, dass du so viel Kohle und so hast – ich bin froh jemanden wie dich zu haben. Bitte werd‘ niemals pleite, ja? Sonst könnten wir jaa gar nich‘ mehr so’n luschtiges Zeuch wie das hier machen.“ Ich wusste, wie meine sogenannten Freunde über mich dachten. Wie gesagt, ich war derjenige, der immer zahlt und deswegen mochten sie mich. Aus einem anderen Grund würden sie mit mir doch kein einziges Wort reden. Aber wenn das der Preis war, nicht immer allein zu sein, nahm ich ihn in Kauf. Auch wenn es nur ein bisschen Bekanntschaft war. Wie bereits erwähnt, für mich war von allem ein bisschen immer genug gewesen. Die Straßen waren nass vom Regen, der gerade anfing, als wir das Auto erreicht hatten. Tropfen klatschten wie kleine harte Steine gegen die Scheibe und die ständig hin- und herschwingenden Scheibenwischer waren nicht gerade balsam für meine Nerven, als wir auch noch an einer roten Ampel halten mussten. Schnell merkte ich, dass es nicht nur bei einem Gespräch bleiben würde, als der bisher Ruhigste von ihnen, Yukio, seine Arme von hinten um meinen Hals schlang, dann seine Hände langsam runtergleiten ließ und anfing, mir mein schwarzes Hemd aufzuknöpfen. „Yukio, lass das, ich muss fahren.“, forderte ich gereizt, da inzwischen auch die Ampel wieder auf grün geschaltet war und ich schleunigst diese Horrorfahrt beenden wollte. Dazu kam, dass auch ich langsam spürte, wie der Alkohol meine Konzentration sinken ließ und ich somit bald nicht mehr der zuverlässigste Fahrer sein würde. Wie erwartet ließ sich Yukio davon aber jedoch nicht abhalten und führte sein Werk fort, legte seine kalten Hände auf meinen nun leicht freigelegten Oberkörper und vergrub seine Fingerkuppen unsanft in meiner gespannt Haut. „Yukio, mach Ren nicht zu geil, nicht, dass der beim Fahren noch nen Steifen kriegt.“ – anstatt diese blöde Bemerkung von sich zu geben, hätte Kenji ihn viel lieber aufhalten sollen. Auch Kiro gab seinen Senf dazu. „Kenji, du musst Yukio doch verstehen, wäre Ren ne heiße Schnecke, würd‘ ich ihn auch flachlegen.“ „Leute, könntet ihr mal bitte euer Maul halten und euch am besten nicht bewegen?!“, ein Ausruf, der unvermeidbar war, da ich wirklich an der Grenze meiner Nerven war. Am liebsten hätte ich einfach irgendwo angehalten, wäre ausgestiegen und hätte sie sich selbst überlassen, aber wenn sie mich verpfeifen würden, bekäme ich große Probleme. Deswegen sah ich davon ab. Offensichtlich hatte ich mit meiner letzten Beschleunigung übertrieben, denn als ich in den Rückspiegel schaute, konnte ich einen Polizeiwagen hinter uns erkennen. Verdammt. Ich musste mir schleunigst etwas einfallen lassen. Natürlich fuhr ich, so wie gefordert, rechts an die Seite und hielt an. Meine Kollegen fragten mich zwar, was das sollte, weil sie den Polizeiwagen nicht einmal bemerkt hatten, aber ich verzichtete auf eine Antwort, da sie sowieso nicht angekommen wäre. Wenn ich mich nicht ganz dumm anstellte, würde ich die Sache schnell hinter mich bringen können. „Guten Abend, junger Mann. Ganz schön schnell unterwegs. Ihre Papiere hätte ich gern mal – und dann machen wir mal einen kleinen Alkoholtest.“ Scheiße. Was jetzt? Egal, was ich machte, ich konnte nur erwischt werden. Widerwillig kramte ich Kenjis Papiere aus dem Handschuhfach, während die drei wieder nur ihr bekanntes Lied lallten und somit dem Polizisten eigentlich nur seine Vermutung bestätigten. „Bitte…“ – nachdem ich ihm die Papiere überreicht hatte und er sicher im nächsten Moment merken würde, dass dies nicht meine, sondern Kenjis Unterlagen waren, entschied ich mich dazu, sofort zu handeln. Noch bevor irgendeine Reaktion des Beamten möglich gewesen wäre, trat ich voller Wucht aufs Gas und fuhr los. Keine Ahnung, was mich auf einmal zu dieser Verzweiflungstat brachte, aber ich hatte eine panische Angst davor, dass einer meiner Brüder von meinen nächtlichen Aktionen erfahren würden. Von meinem Vater ganz zu schweigen. Mit sechzehn hatte ich noch nichts zu melden. Pausenlos gab ich Gas, übersah eine rote Ampel nach der anderen – ganz zur Belustigung meiner Mitfahrer – und konnte die Sirene des Wagens, der uns nun verfolgte deutlich hören. Entgegen meiner Hoffnung, dass eine solch kritische Lage die drei etwas beruhigen würde, wurden sie nur noch unerträglicher und lenkten mich mit ihrem ständigen Begrabsche komplett von der Straße ab. Besonders Yukio schien dadurch besonders viel Mut zu haben und legte seinen Kopf leicht in meinen Nacken, während seine Hände sich ihre Bahn zu meiner Taille suchten. Ich spürte sein schwarzes, kurzes Haar und seinen Atem an meinem Hals. „Lass‘ das endlich!“ – ich untermauerte meine Aufforderung mit einem leichten Schlag mit meiner Rechten nach hinten, dabei zog ich den Wagen ein wenig zu sehr nach links und verfehlte nur knapp die Fahrradständer auf dem Gehweg. Trotz allem wurde mein Fordern ignoriert. Ein Blick auf die Tankanzeige offenbarte mir, dass dieses Spielchen wohl bald ein Ende haben wird – dieser Vollidiot hatte schon wieder nicht getankt. Bald werden wir anhalten müssen, die Polizei wird uns mitnehmen, sie werden unsere Identität herausfinden und – nein! Nein, so weit durfte ich es nicht kommen lassen. Meine Brüder sollten mir mein Leben nicht mehr zur Hölle machen können. Heftiger Regen peitschte gegen die Scheiben und auch meine Mitfahrer wurden immer unruhiger. Kenji sah aus, als ob er kurz davor war, sich zu übergeben und Kiro war noch lauter als die drei eben zusammen waren. Auch Yukio hatte sein Vorhaben noch nicht aufgegeben und kam mir immer näher. Die Sicherheitsgurte hatten sie schon lange abgelegt. Ich musste das selbst beenden. Solange ich noch konnte. Die Erlösung schien so nah und grausam zugleich. Wenn ich dieser Straße bis zum Ende folgen würde, kämen wir an einem Parkhaus an. Dort war die Rettung. Ab jetzt verzichtete ich darauf etwas zu sagen, weder gegen die drei noch zu irgendjemand anderen, sondern stellte einfach nur die Anlage laut. Kenji hatte seine gebrannte CD noch drin. Momentan lief ein Lied von Rammstein. Zwei Minuten später fuhr ich mit Vollgas gegen die Wand des Parkhauses. Ein lauter Knall, sprühende Funken, heißer Rauch – gerettet! Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)