Diesem Einen will ich #Follow von Virdra-sama (Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?) ================================================================================ Kapitel 108: 108. Wünsche, Träume und Katastrophenalarm ------------------------------------------------------- Endlich! Nach dieser anstrengenden und stressigen Etappe über die verschlungenen, gläsernen Pfade, hatten wir das Labyrinth hinter uns gelassen. Besonders bei mir machte sich ein wenig Erleichterung breit. Nachdem Bofurs kreative Aktion uns eigentlich bis zu dieser Stelle führte, war ich erleichtert zu sehen, dass hinter dem Durchgang keiner der Schausteller auf uns lauerte, welcher möglicherweise über eine versteckte Überwachungskamera die Aktionen des Mützenzwerges mit angesehen hatte. Das wäre wohl das weitaus schlimmste gewesen, was uns in dem Moment hätte passieren können. Schließlich ist Sachbeschädigung kein Kavaliersdelikt. Vor allem bei solchen Spezialanfertigungen. Ich hätte wirklich tief in meine ohnehin finanziell knapp ausgelegte Tasche greifen müssen, um das abzustottern. Und zwar gewaltig. Nicht mal die Zwerge hätten mit allem, was sie sich hier in meiner Welt beschafft hatten, diesen Schaden bezahlen können. Mal von einer Anzeige bei der Polizei abgesehen. Aber wenigstens blieb uns das erspart. Etwas anderes allerdings nicht. Und zwar der Weg nach draußen. Denn wo sich die Herren Zwerge bereits einen Weg zurück ans Tageslicht erhofft hatten, wurden sie ein wenig enttäuscht. Der Grund dafür war auch relativ einfach. Noch waren wir nicht am Ende. Es fehlte ja noch eine kleine Sache, die so ein Spiegelkabinett erst zu dem machte, was es von jeher war. Ein Ort wo man sich in verschiedenen Facetten und Formen erblicken konnte. Und genau diesen Ort hatten wir nun betreten. Das Herzstück der ganzen Attraktion. Den Raum mit den Zerrspiegeln. Gekrümmt, verzogen, gestreckt und ausgedehnt standen sie versetzt in zwei Reihen an den mit roten Samtvorhängen bedeckten Wänden. Die Rahmen waren recht Edel verziert und mit verschiedenen Metallic Lacken bestrichen, um sie zum Glänzen zu bringen. Hin und wieder war auch der ein oder andere dabei, an dem schon recht deutlich den Zahn der Zeit nagte. Folglich blitze hier und da unter der glänzenden, polierten Oberfläche auch mal die Plastikummantelung hervor. Gut, man konnte ja nicht unbedingt den Spiegelsaal aus dem Schloss von Versailles auf einen Jahrmarkt schleppen. Mal davon abgesehen, dass die Franzosen wohl wenig davon begeistert gewesen wären, wenn eine ihrer geliebten Sehenswürdigkeiten irgendwo hin verschwand. Doch trotz der billigen Aufmachung, war jeder Spiegel für sich allein betrachtet einzigartig. Auch die Bilder, welche sie auf den Betrachter zurück warfen waren, ja nach Entfernung und Bewegung immer wieder anders. Der Raum selbst, war ein wenig ausladender gestaltet als die Gänge des Labyrinths. Allerdings auch etwas verwinkelt, sodass man durch einen langen Gang an jedem einzelnen Spiegel vorbei gehen musste. Eigentlich nichts besonderes, wie der vorangegangene Irrgarten auch. Zumindest für uns Frauen, denn sowas gehörte ja schließlich dazu. Den Zwergen hingegen fielen erschrocken die Kinnladen runter und ich hätte schwören können, dass ihnen ihre Augen beinahe aus den Köpfen hüpfen wollten. Was zum Glück jedoch nicht passierte. Das hätte noch gefehlt. Entlaufene Zwergenaugen einzufangen war vermutlich noch schwieriger, wie deren Besitzer im Zaum zu halten. Wenigstens hatte dieser kurze Schock sie zum Anhalten bewogen, sodass ich nicht wieder in die Situation geriet, ihnen hinterher zu rennen. Wie oft das wohl noch an diesem Tag so passieren würde, wollte ich mir in dem Moment noch gar nicht ausmalen. Stattdessen konnte ich mir ein amüsiertes Schmunzeln nicht verkneifen, die Herren mal wieder sprachlos zu sehen. Zumindest so lange bis sich Fili wieder gesammelt hatte und dann verwirrt vor sich hin murmelte: "Bei Durins Bart. Wo sind wir? Was ist dies für ein seltsamer Ort?" "Mir scheint, wir sind in einem Palast der Elben", meinte Bofur fast tonlos und musterte neben den übertrieben protzigen Rahmen auch die Samtvorhänge mit neugierigem Interesse. "Nein, das ist kein Palast. Und schon gar kein Elbenpalast. Das ist der Raum mit den Zerrspiegeln", erwiderte ich gedämpft über ihre Schultern hinweg. Die beiden zuckten urplötzlich zusammen und fuhren erschrocken zu mir herum. Offensichtlich hatten sie mal wieder vergessen, dass sie nicht allein unterwegs waren. "Zwergspiegel?", hakte Kili verblüfft von links nach und blinzelte ungläubig. Ich seufzte kurz und schüttelte anschließend den Kopf. "Nein, Kili. Zerrspiegel. Nicht Zwergspiegel. Auch wenn man vielleicht in irgendeinem von denen wie einer aussehen würde", erklärte ich ihm ruhig woraufhin der dunkelhaarige Bursche nur noch verwirrter drein schaute. Auch sein Bruder und Bofur zogen daraufhin die Augenbrauen nachdenklich und skeptisch zusammen. Ich ahnte schon, was in ihren Köpfen vorging. Sie malten sich bestimmt aus, dass jemand, der sich vor eine der reflektierenden Oberflächen stellte, unwillkürlich schrumpfte und ihm ein langer Bart wuchs. Dementsprechend vielen nach der kurzen Bedenkzeit auch ihre wenig geistreichen Kommentare aus. "Also, ich sehe in jedem Spiegel aus wie ein Zwerg. Oder ist das nur bei Menschen so, dass sie dann zu Zwergen werden? Wenn ja, was würde dann mit uns geschehen? Werden wir zu Hobbits?", fragte der Mützenzwerg verunsichert und tippte sich dabei grübelnd an die Hutkrempe. Kili schluckte heftig und sagte dann mit keuchender halb empörter Stimme: "Ich will aber nicht zu einem Hobbit werden. Ich meine, ich mag Bilbo und er ist gut so wie er ist. Aber ich? Nein. Niemals. Lieber lasse ich mir von Dwalin den Kopf kahl scheren." Ich schnaufte kurz und dachte darüber nach, ob ich es ihnen nochmal ausführlich erklären sollte. Wobei das vermutlich noch peinlicher geworden wäre, denn ich hörte hinter mir Jana und Marina mal wieder belustigt kichern und miteinander tuscheln. Gut, irgendwo war die Vorstellung schon lustig, wenn sich die Zwerge vor einen Spiegel stellen würden, es plötzlich PUFF machte und schließlich ein verwirrt drein schauender Bilbo Beutlin im Raum befand. Für mich auf der anderen Seite aber eher weniger. Wo ich doch wusste, wie die Männer in meine Welt gekommen waren. Oh nein. Bloß kein Spontanauftritt eines Hobbit und erst recht keiner von Gandalf an diesem Tag. Auch wenn ich eventuell mal hier und da einen Rat von dem großen, alten Mann nötig gehabt hätte. Zumindest über die artgerechte Haltung und Pflege von Zwergen. Vielleicht hätte ich ihn dazu befragen sollen, als er vor nicht mal einem Monat auf einen überraschenden Besuch vorbei geschaut hatte. Sicherlich kannte der Zauberer ein paar Tricks, wie ich es vermeiden konnte, dass die Herren sich weiterhin so übermäßig auffällig verhielten. Meine verzweifelten Versuche waren ja unter anderem an deren Dickköpfigkeit gescheitert. Doch wo ich mich daran erinnerte, so hatte auch der Zauberer einst seine liebe Mühe mit ihnen gehabt. Besonders mit einem ganz bestimmten. Doch den hatte er ja irgendwie überreden können den Pfad nach Bruchtal zu nehmen. Wenn auch unfreiwillig. Vielleicht sollte ich es mal auf diese recht unkonventionelle Weise versuchen, die der Zauberer häufig anwandte. Dafür brauchte ich allerdings erst den passenden Spiegel. Aber der würde sich in diesem Raum sicherlich schnell finden lassen. So wandte ich mich ohne ein weiteres Wort von meiner kleinen Gruppe ab, schritt an den Zwergen vorbei und ging ein Stückchen den Gang entlang um mir die Spiegel anzusehen. Etwas verblüfft und sichtlich verstört von meiner spontanen Aktion wollte Bofur mir hinterher hechten, während er rief: "Cuna! Warte! Nicht! Das ist gefährlich. Du könntest zu einem Hobbit werden! Oder Elb. Oder noch schlimmer, einem Troll!" "Genau! Komm zurück! Was sollen wir denn Thorin sagen, wann du dich in einen Troll verwandeln würdest?! Das würde er uns nie vergeben!", keuchte Fili panisch und ehe ich mich versah, waren alle drei an meiner Seite, um mich so schnell wie möglich wieder aus dem Gang heraus zu ziehen. Ich hatte das jedoch kommen sehen und wich ihren Händen so geschickt ich konnte aus. "Nun macht mal halb lang Jungs! Niemand wird hier in irgendetwas verwandelt. Schaut doch einfach mal. Hier guckt mich an", meinte ich mit einem belustigtem Grinsen und deutete genau auf den Spiegel vor dem wir standen. Denn das was ich sah hob auch meine Stimmung deutlich an. Oder viel mehr wie ich MICH darin sah. Der Spiegel war so gekrümmt, dass es den Anschein hatte, als sei mein Kopf um das Hundertfache angeschwollen. Meine Augen, die Nase, der Mund. Einfach alles war unglaublich riesig geworden. Wobei mein Körper im Gegensatz dazu um mehr als die Hälfte geschrumpft war. Meine Füße schienen so klein geworden zu sein, dass man sie kaum mehr erkannte. Ich konnte mein Erscheinungsbild durchaus mit einem mathematischen Kegel vergleichen, den man auf den Kopf gestellt hatte. Die Zwerge waren natürlich vorerst erschrocken zurück gewichen. Jeder natürlich in eine andere Richtung, was dafür sorgte, dass sie alle vor einem anderen Spiegel landeten. Doch vorerst standen die Männer nur mit den Rücken zu diesen und musterten erst einmal meine Wenigkeit. Ihre verwirrten und verängstigten Blicke huschten immer wieder zwischen mir und meinem Ebenbild hin und her. Sie wagten es kaum sich zu rühren. Wohl aus Angst, dass ich mich bald wirklich in diese unförmige Gestallt verwandeln könnte. "Nun schaut doch nicht so, als hätte euch grade ein Bus überrollt. Guckt doch mal. Es passiert rein gar nichts. Ich bin immer noch ich", sagte ich und bewegte mich demonstrativ ein bisschen um ihnen zu zeigen, dass sich mein Spiegelbild noch anderweitig verformen konnte, aber mein Körper immer noch derselbe wie vorher blieb. Es vergingen einige Sekunden, bis den Männern endlich klar wurde, dass ich wohl mit dem was ich sagte durchaus recht hatte. Erst nach dieser für sie weltbewegenden Erkenntnis, atmeten sie beruhigt auf und drehten sich zu den Spiegeln in ihren Rücken um, die sie natürlich erst in diesem Moment bemerkten. Was folgte war natürlich der nächste Schreck. Dieser fiel aber bei weitem nicht so heftig aus wie der, den sie zuvor wegen mir erlitten hatten. Denn nun, da sie mit Sicherheit sagen konnten, dass sie nicht zu irgendeinem seltsamen Monster werden würden, fanden sie langsam Gefallen an dieser eigenartigen Attraktion. Fili war an einen geraten, in dem sein Oberkörper noch normal blieb, er aber im Gegenzug endlos lange Beine bekam. Kili erwischte den, der seine Reflektion extrem zusammen presste und ihn aussehen ließ, als wäre er zwischen irgendetwas Unsichtbarem eingeklemmt. Bofur schoss natürlich mal wieder unbeabsichtigt den Vogel ab. Denn ausgerechnet er war vor den Spiegel gestolpert, in dem sein kompletter Körper in die Breite gezogen wurde. Man hätte mit Fug und Recht behaupten können, sein Bruder Bombur hätte sich als er verkleidet. Sie waren zwar zunächst vollkommen sprachlos von ihren Erscheinungen, doch Marina und Jana kringelten sich im Gegenzug vor Lachen. Nicht nur wegen den albernen Bildern. Nein auch ihre Bewegungen, die daraufhin folgten, waren schon fast Zirkusreif. Sie bogen und krümmten ihre Köper in alle Richtungen. Fili machte sogar einen Handstand um zu sehen, wie sich sein eignes Ich veränderte. Bofur klopfte sich unterdessen ein paar Mal auf den Bauch und meinte schließlich mit einem breiten Lächeln über seine Schulter in Richtung Marina: "Nun bin ich doch ein äußerst stattlicher Mann, nicht wahr?" Diese trat kichernd näher und schüttelte mit Tränen in den Augen den Kopf. "Tu..Tu mir bitte einen gefallen und werde nie so dick. Sonst kommst du nicht mehr durch meine Wohnungstür", gluckste sie, woraufhin Bofur fragend eine Augenbraue hob. "Warum? Was ist falsch daran, wohlgenährt zu sein? Es ist ein Zeichen des Wohlstands. So einen Wanst muss man sich im Leben hart erarbeiten", erwiderte er Schulterzuckend und sah anschließend ratlos zu mir, als sie erneut den Kopf schüttelte und ihn kurz aber zum aller ersten Mal umarmte. Ich zuckte ebenfalls mit den Schultern und versah ihn mit einem unschuldigen Lächeln. Tja so ist das eben Bofur, dachte ich. In meiner Welt waren so wohlgenährte Männer mit weit auslandenden Rettungsringen nun mal nicht mehr so attraktiv, wie in Mittelerde. Gut, vereinzelt gab es sicher Frauen, die hinter solchen Männern her waren. Umgekehrt genauso. Vor allem, weil sie deren gute Küche nicht verschmähen würden. Doch im Durchschnitt tendierten die Meisten doch eher zu einer etwas schmaleren Variante. Klar Bäuchlein durfte jeder haben. Aber nicht so sehr, dass man jemanden eher Überspringen als umrunden konnte. Wobei ich da für meinen Teil ja auch still sein musste. Ich gehörte ja auch nicht zu den Frauen mit Babyspeckröllchen. Ich sah mich selbst immer so als ein Zwischending. Gut, an meinen Schwiegerdrachen reichte ich nicht heran. Aber attraktiv war ich in der Hinsicht nun mal nicht. Und das wollte ich auch nicht sein. Auch wenn ich mich in der Vergangenheit um die ein oder andere Diät bemüht hatte. Alles mehr oder minder erfolglos. Nun ja, ich hatte es mal nach einer ganzen Weile geschafft unter die böse dreistellige Zahl auf der Waage zu rutschen. Das war auch ein beachtlicher Erfolg für mich. Ich tat dies allerdings nicht um der Schönheit willen. Nein, mein Arzt hatte mir der Gesundheit wegen dazu geraten. Nicht ohne Grund. In einer Zeit, wo ich die hunderter Marke dezent überschritten hatte, bekam ich recht häufig Bluthochdruck. Das war nicht gerade angenehm. Auf der einen Seite war man trotz Nichtstun extrem müde, auf der anderen raste das Herz selbst im Ruhezustand, als sei man gerade von Olympia nach Marathon gelaufen. Ein deutliches Warnsignal, welches ich zunächst konsequent ignoriert hatte. Was mir aber erst dann bewusst wurde, als ich während einem Praktikum einfach Ohnmächtig vom Bürostuhl kippte. Erst als meine Kollegen den Notarzt gerufen hatten, war ich wieder zu mir gekommen. Ich erinnerte mich gut, wie mein Verblichener damals in der ambulanten Notaufnahme mit verschränkten Armen und wippenden Fuß auf mich wartete. Noch dazu war mir sein vielsagender Gesichtsausdruck im Gedächtnis geblieben. Denn wenn er eines mit absoluter Perfektion beherrscht hatte, dann war es sein "Wie-oft-haben-wir-darüber-gesprochen-?" -Blick. Den hatte er immer eingesetzt, wenn irgendwas passiert war. Obwohl ich immer zuvor gesagt hatte, dass ich etwas ändern wolle, es aber dann doch nicht getan hatte. Sei es nun aus Bequemlichkeit oder weil ich des Öfteren schlichtweg stinkend faul war. Schließlich hatte ich nach diesem Schlag mein Einsehen gezeigt und mich wirklich bemüht etwas zu tun. Ich hatte weniger gegessen, nicht mehr so viel Junk Food in mich reingestopft, sondern eher mal zu einem Apfel oder einer Banane hin tendiert, war öfter mal spazieren gegangen, hatte den Drahtesel gequält. Alles damit ich nicht wieder irgendwo kollabierte. Die Ergebnisse hatten sich einige Zeit später deutlich gezeigt. Mein Baumumfang war um eine Kleidergröße geschrumpft. Und ich war richtig stolz darauf, wenn die Waage nicht mehr den leidigen Schriftzug "Bitte nicht in Gruppen auf das Gerät stellen" anzeigte. Meine Quälerei und Selbstgeißelung war auch eine ganze Zeit lang gut gegangen. Bis... ja bis zu jenem Einschnitt in meinem Leben, der mich emotional um tausende von Jahren zurück geworfen hatte. Nach dem Tod meines Mannes hatte ich viele Wochen lang den Kummer um seinen Verlust in mich hinein gefressen. Und das Wortwörtlich. Zu dieser Zeit war ich im ortsansässigen Mc Doof Dauergast. Die Angestellten hatten jedes Mal bereits mein übliches Menü bereit gestellt, sobald sie mich von Ferne durch die riesige Glasfront ankommen sahen. Wo ich so darüber nachdachte schämte ich mich ja schon ein bisschen, dass ich mich wieder hatte gehen lassen. Aber die Trauer wog nun mal Schwerer auf meinem Gewissen als die wieder wachsenden Fettpölsterchen. Einige lagen immer noch auf meinen Hüften, als ich mich weiter im Zerrspiegel begutachtete. Bei genauer Betrachtung hatte mein kegelförmiges Ich doch hier und da ein paar Dellen an den Rändern. Aber das ließ sich auf die Schnelle nicht ändern. Nun erwachte allerdings eine neue Frage in meinem Kopf. Diese mochte ich noch weniger als den Gedanken an denjenigen, der mir dabei wieder in den Sinn kam. War Thorin überhaupt zufrieden mit meinem Gewicht oder wären ihm etwas weniger, oder sogar mehr viel lieber? Eine ziemlich dumme Frage, wenn ich es recht bedachte. Es sollte ja eigentlich nicht darum gehen, ob ich für ihn zu einem Püppchen oder einem Walross wurde. Meine Gesundheit sollte bei so etwas eigentlich im Vordergrund stehen und nicht die Interessen eines Mannes oder in diesem Fall Zwerges mir gegenüber. Aber dies war nun mal auch ein Punkt, der mich irgendwo zur Frau machte. Es gab sicherlich kaum ein weibliches Wesen auf dieser großen runden Kugel, die sich darum keine Gedanken machte. Außer Jene, die so selbstbewusst mit sich selbst und der Welt umgingen, dann ich nur neidisch dabei zuschauen konnte. Nun gut, so war es nun einmal. So oder so sollte und wollte ich keinen Gedanken mehr an etwas derartig Dummes verschwenden. Ich sollte im Hier und Jetzt bleiben, dachte ich bei mir und straffte die Schultern, während ich mich von einem abstrusen Spiegelbild abwandte. Ich musste ich bleiben und diesen Tag mit den beiden Damen und den drei bärtigen Männern genießen. So schwer es auch je nachdem noch werden würde. Wobei mir plötzlich auffiel, dass sie alle auf einmal nicht mehr da waren. Ich war so mit Tagträumen und Grübeln beschäftigt gewesen, dass ich nicht bemerkt hatte, wie sie verschwunden waren. Weit konnten sie aber nicht gekommen sein, denn ich hörte hinter der nächsten Ecke das Ganges erneut aufwallendes Gelächter. Ich schüttelte mich kurz und setzte mich zügig in Richtung des Lärms in Bewegung. Als ich rechts um eine Ecke bog, sah ich dann weshalb sie so einen Aufruhr veranstalteten. Die Zwerge hatten sich wie ein anormales Totem vor einem Spiegel aufgestapelt und schnitten allerhand Grimassen. Fili hockte auf Händen und Knien ganz unten und streckte frech die Zunge raus, sein Bruder kniete auf seinem Rücken, hatte seine Haare zu beiden Seiten seines Kopfes fest gepackt und verzog dabei immer wieder auf sonderbare Weise den Mund. Bofur hatte sich auf Kilis Schultern nieder gelassen und zog seine Augen an den Rändern zu Schlitzen. Ihr gemeinsames Spiegelbild sah hingegen eher aus wie ein zusammengestecktes, überdimensionales Gummibärchen. Doch gerade deswegen konnte man nicht umhin sich darüber zu amüsieren. Jana und Marina mussten sich an den Wänden festhalten, da sie aus dem Lachen nicht mehr raus kamen. Der Anblick war aber auch einfach zum Schießen. Nun konnte ich auch nicht mehr an mich halten und stimmte in das Gelächter mit ein. Ich hätte mir zu diesem Zeitpunkt wirklich eine Kamera herbei gewünscht, um den Moment für die Ewigkeit festzuhalten. Leider hatte ich nur mein altes Handy dabei. Und die Bilder, die das zustande brachte waren nicht gerade die Besten. Ich hätte vermutlich auch gar nicht stillhalten können, um das alles auf die Speicherkarte zu bekommen. Dafür schüttelte nicht nur ich mich vor Lachen. Nein, auch das Zwergentotem geriet mit jeder Sekunde mehr und mehr ins Wanken. Und gerade als Bofur versuchte sich auf Kilis Schultern in eine andere Position zu bringen, verlor dieser den Halt und kippte nach hinten über. Dabei riss er den armen Kili unsanft mit sich, der das Knie des Mützenzwergs unsanft ans Kinn bekam. Der plötzliche Gelichgewichtsverlust der beiden anderen Zwerge sorgte Schlussendlich dazu, dass auch Fili unter seinem Bruder und Bofur zusammen brach und mehr schlecht als recht begraben wurde. Natürlich war nun das Gezeter der Herren enorm groß. Sie strampelten und stöhnten wie verrückt um ihre verknoteten Gliedmaßen wieder zu entwirren. Vorerst aber mit wenig Erfolg, was sie noch mehr aufregte. "Mahal! Bofur! Kannst du nicht aufpassen?", knurrte Kili und rieb sich noch am Boden liegend das Kinn. "Kömmtebt ihr lamgscham mal vom mir rumter gehm. Isch krieg scho keine lupft", kam es gepresst von Fili, dessen Gesicht sich im dunklen Teppichboden vergraben hatte. Bofur rieb sich indessen leicht benommen den Hinterkopf und brummte: "Ja, ja... tut mir leid. Aber ich kann erst aufstehen, wenn Kili mal meine Beine loslässt!" So ging das noch eine ganze Weile weiter. Das zwergische Ex-Totem, wälzte sich weiterhin auf dem Boden herum und wir Frauen waren einfach nicht im Stande ihnen zu helfen, weil wir schlichtweg aus dem Lachen nicht mehr heraus kamen. Schließlich rauften wir uns dann doch zusammen und zeigten uns den Herren gegenüber gnädig, indem wir sie wieder entknoteten. Im Anschluss daran kümmerten sich Jana und Marina natürlich im ihre Kerle, während ich Kili beim Richten seiner Kleidung half. "Du bist doch hoffentlich nicht verletzt, oder?", fragte Jana immer noch kichernd aber dennoch besorgt. Fili schüttelte nur seinen blonden Haarschopf und lächelte sie ruhig an. "Nur keine Sorge. Ich habe schon weit schlimmeres durchgestanden", sagte er und legte ihr dabei eine Hand an die Wange. Daraufhin hörte sie auf zu kichern und schenkte ihm ein sanftes Lächeln, wobei sich ihre Wangen leicht röteten. Man konnte ja sagen, was man wollte, aber die beiden waren ein so zuckersüßes Paar, dass man manchmal schon vom Hinsehen Zahnschmerzen bekommen konnte. Besonders, wenn man sich insgeheim dasselbe mit dem eigenen Partner wünschte. So wandte ich mich schnell von den beiden ab und musterte das zweite Pärchen. Marina musterte unterdessen Bofur mit eher fachmännischer Miene. Sie hielt sein Gesicht in den Händen und schaute ihm tief in die Augen. Allerdings nicht aus denselben Gründen, wie es Fili bei Jana tat, sondern vielmehr um zu Prüfen, ob der Gute bei seinem Sturz nicht vielleicht eine leichte Gehirnerschütterung davon getragen hatte. "Und dir geht es wirklich gut? Keine Übelkeit? Kein Schwindel?", fragte sie ihn nun zum x-ten Mal. Dem Zwerg mit der Mütze war dies mehr als nur peinlich. Das konnte man ihm deutlich ansehen. "Ähm... ich... ja... ja es geht mir gut", erwiderte er völlig überrumpelt. Marina legte mit skeptischem Blick den Kopf etwas schief, löste ihre Hände von seinen Wangen und hob eine Hand, wo sie den Zeige und Mittelfinger abspreizte bevor sie fragte: "Wie viele Finger siehst du?" Etwas verwirrt schüttelte Bofur sich kurz und murmelte: "Ich... ich ähm... Fünf." Erschrocken rückte Marina ihm wieder dichter auf den Pelz und untersuchte nochmal seine Augen während sie erneut fragte: "Du bist dir also absolut sicher, dass alles in Ordnung ist?" "Sicher bin ich das. Warum fragst du mich das denn andauernd?", hakte er im Anschluss nach und wich etwas von ihr zurück. "Weil du gesagt hast, dass du fünf Finger siehst. Ich habe dir aber nur zwei gezeigt. Also hast du dir doch was getan", meinte sie entschlossen und kam ihm wieder etwas näher. Bofur rückte unterdessen seine Mütze gerade und schüttelte den Kopf. "Nein hast du nicht", sagte er entschlossen. "Doch habe ich. Genau so habe ich sie dir gezeigt. Siehst du? Es sind zwei", entgegnete sie ihm energisch und wiederholte ihre Geste von vorhin. Dabei streckte sie natürlich den Arm auf gleich Weise mit der Handfläche nach vorne. Bofur nickte eifrig ehe er darauf antwortete: "Ich sehe immer noch fünf." "Aber das ist nicht möglich! Außer in deinem Kopf ist was nicht richtig. Wir sollten da besser mal einen Arzt nachsehen lassen", protestierte die junge Mutter und schien fast schon an Bofurs sturem Verhalten zu verzweifeln. Ich verstand auch erst nur Bahnhof. Denn mir war eigentlich klar, dass in Bofur Kopf alles in Ordnung war. Nun ja zumindest für seine Verhältnisse. Schließlich brachte der Mützenzwerg aber selbst Licht in dieses seltsam dunkle Rätsel. Er schüttelte energisch den Kopf und erwiderte nun reichlich ungeduldig: "Marina. Ich weiß doch was ich sehe. Ich mag nicht der klügste sein, aber zählen kann ich noch. Schau ich beweise dir, dass es ich fünf gesehen habe. Streck deinen Arm noch einmal so aus." Marina sah ihn ziemlich gefrustet und entgeistert an. Sie verstand zunächst gar nicht warum sie das noch einmal tun sollte. Sie glaubte fest daran, dass es wohl besser wäre Bofur zu einem Arzt zu schleifen. Dennoch tat sie es dann einfach um des lieben Friedens willen. Sie wiederholte die Geste nun zum dritten Mal und musterte den Mützenzwerg ernst. Dieser nickte knapp und ergriff wenig später ihr Handgelenk. Dann tippte er mit dem Zeigefinger auf jeden ihrer Finger an der Hand und zählte diese beim Daumen angefangen laut ab. "Eins, zwei, drei, vier, fünf. Siehst du. Es sind fünf. Nicht zwei", erklärte er trotzig woraufhin der jungen Mutter der Mund offen stehen blieb und ihr eine dezente röte in die Wangen stieg. Ich musste den Drang unterdrücken mir vor die Stirn zu schlagen und laut auszurufen: "Füße hoch! Da kommt ein Flachwitz!" Marina war unterdessen so baff, dass sie nur noch leise vor sich in stammelte: "Aber... aber.. aber... Das... Das hab ich so gar nicht gemeint." Bofur grunze daraufhin nur belustigt und fragte: "Wie denn sonst?" "Ich... ich meinte doch die beiden, die ich abgespreizt hatte", nuschelte sie betreten und schüttelte den Kopf. "Dann hättest du das auch so sagen sollen. Du hast mich nur gefragt, wie viele Finger ich sehen würde", meinte er und gluckste leicht, als er die dunkelhaarige Frau in ihrem verdatterten Zustand musterte. Damit war diese sonderbare Debatte dann auch abgeschlossen. Wobei ich nach einem kurzen unruhigen Seufzen doch zugeben musste, dass Bofur eine äußerst clevere, spitzfindige Antwort von sich gegeben hatte. Dabei hatte er zuvor noch erwähnt, dass er nicht wirklich klug sei. Offenbar war es ihm nicht einmal bewusst gewesen, dass er sich in vielen Dingen falsch einschätzte. Gut, eigentlich lag er nicht ganz richtig. Denn soweit eigentlich bekannt war, wurde der Daumen einer Hand nur indirekt zu den Fingern gezählt. Ich beließ es aber bei seiner Antwort, da ich froh war, dass diese Diskussion ihr halbwegs glückliches Ende gefunden hatte. Stattdessen musterte ich Kili noch einmal vorsorglich und fragte: "Bei dir auch alles gut?" Der dunkelhaarige Bursche zuckte nur mit den Schultern und meinte: "Nun, mein Kiefer scheint in Ordnung zu sein. Auch wenn er noch etwas weh tut. Aber sonst geht es mir gut." Nachdem er ausgesprochen hatte nickte ich zufrieden und klopfte ihm kurz auf die Schultern. "Gut, gut. Dann lasst uns mal weiter gehen. Ich will hier nicht übernachten", sagte ich ruhig und schritt an Kili vorbei um endlich mal Richtung Ausgang zu gelangen. Meine kleine Gruppe murmelte zustimmend und so setzten wir gemeinsam unseren Weg fort. Wir blieben höchstens mal stehen, wenn wir an einem sehr kuriosen Spiegel vorbei kamen. Ansonsten wollten wir eigentlich nach der letzten Aktion nur noch zügig raus. Auf dem Weg um die nächste Ecke fragte Bofur mich plötzlich mit gedämpftem Ton: "Sag mal, Cuna." "Mal", erwiderte ich grinsend, als ich ihn unterbrach. "Ähm... nein. Das war es nicht, was ich von dir hören wollte. Ich wollte eigentlich von dir wissen, wie ihr Menschen es geschafft habt, dass diese Spiegel so krumm und gebogen sind", fragte er wobei er aufgrund meines Zwischenrufes kurz schmunzelte. Ich brummte einen Moment nachdenklich und tippte mir mit dem Zeigefinger gegen das Kinn, bevor ich ihm antwortete: " Ja weißt du, die werden so hergestellt. Ist ähnlich wie mit der Glasbläserei. Das solltest du ja kennen, denke ich. Das Glas wird während es noch heiß ist gebogen und verformt und dann wird es beschichtet, sodass ein solcher Spiegel entsteht." Der Mützenzwerg hob beeindruckt eine Augenbraue und murmelte: "So wird das gemacht? Faszinierend, was ihr Menschen alles erschaffen habt. Ich staune immer wieder." "Wundert mich nicht. Wenn man sowas ja nicht kennt. Und es gibt jede Menge Dinge von denen ihr noch rein gar nichts wisst. Aber ich glaube das wird sich bald legen, wenn ihr drei euch eine Weile hier eingelebt habt", erklärte ich ruhig, während wir endlich auf das große leuchtende Schild mit der Aufschrift "AUSGANG" zugingen. Doch bevor es soweit war, dass wir wieder ans Tageslicht treten konnten, erregte ein aller letzter Spiegel unsere Aufmerksamkeit. Einer der nicht so recht in die Ausstattung dieses Raum passen wollte. Er war ziemlich groß und klobig gebaut. Sein Rahmen war gut dreißig Zentimeter dick und bestand aus anthrazitfarbenem Pappmaschee. An seinem rechten Rand befand sich etwas abstehend einer dieser typischen Münzeinwurfschlitze, wie man sie bei allen sinnlos geldfressenden Automaten fand, die einem eigentlich nichts brachten. Außer gegebenenfalls die Erkenntnis Geld verschwendet zu haben. Darüber befand sich ein recht unansehnliches, abgenutztes Messingschild, welches man mit nur einer Schraube an Rahmen befestigt hatte. Darauf standen einige vielsagende Sätze in schwarzer, verschnörkelter Schrift. Darunter befand sich ein runder Aufkleber in Form einer Ein Euro-Münze, sodass selbst ein Nicht-Einheimischer wusste, worauf das klobige Ding hinaus zielen wollte. Trotz dieser offensichtlichen Tatsachen blieben wir alle mehr oder weniger fasziniert davor stehen und lasen die Inschrift. "SPIEGEL DER WÜNSCHE. Wirf eine Glücksmünze ein und erblicke das, was du dir von ganzem Herzen wünschst" Ich schüttelte nur zynisch den Kopf und dachte, ja ja, schon klar. Glücksmünzen einwerfen und Herzenswünsche erfüllen. Die Sendung "Wünsch dir Was" wurde doch bereits Jahre vor meiner Geburt abgesetzt. Und selbst eine Neuauflage, die es mal vor wenigen Jahren gegeben hatte, reichte nicht mal an den Erfolg des Originals heran. Wie sollte es dann so ein billiger Jahrmarkt Nepp tun? Eben. Gar nicht. Die Einzigen, die dadurch vielleicht glücklich wurden und dessen Herzenswünsche dadurch in Erfüllung gingen, waren die der Betreiber. Also reine Zeit und Geldverschwendung. Noch dazu war dies eher ein sehr plumper Abklatsch eines Spiegels, welcher in Büchern und Filmen über einen bestimmten Zauberlehrlings gezeigt und beschrieben wurde. Vielleicht hatten die Eigentümer ja mal einen alten Kinoaufsteller ersteigert und diesen dann umgebaut. So genau konnte ich das nicht sagen. Ich fand es nur armselig. Mit so etwas konnte man allerhöchstens Kinder und Abergläubische locken. Mich allerdings nicht. Ich musste mein Geld beisammen halten. Ich wandte mich alsdann davon ab und wollte schon durch die Öffnung des Ausgangs treten, als ich hinter mir eifriges Gemurmel und Geklimper von Münzen hörte. Ich schaute kurz über die Schulter und wollte schon fragen, ob die anderen denn nun langsam kommen wollten. Stattdessen schloss ich meinen bereits geöffneten Mund wieder und rollte im Anschluss genervt mit den Augen. Natürlich, wie konnte es anders sein. Die Zwerge hatten erneut Gefallen an etwas gefunden. Hätte ich mir auch denken können, als ich schon an Kinder und Abergläubische gedacht hatte. Zwerge waren ja irgendwo beides. Zumindest in gewisser Weise. "Was macht ihr denn da schon wieder für einen Blödsinn? Ich dachte wir wollten hier raus?", fragte ich sie mit genervtem, ungeduldigem Ton und stützte meine Hände in die Hüften. In der Zwischenzeit hatte Fili bereits eine Ein-Euro-Münze in seinem Geldsäckchen gefunden und hob diese triumphierend in die Luft, ehe er mir mit einem breiten Grinsen antwortete: "Ja, wir gehen ja gleich raus. Ich will nur sehen, ob mein größter Wunsch wirklich in Erfüllung gehen wird." Ich verzog nach seiner Aussage nur skeptisch den Mund und hob eine Augenbraue. "Und du denkst wirklich allen Ernstes, dass dieses Ding dir dabei helfen wird?", hakte ich noch einmal nach, woraufhin der blonde Bursche entschlossen nickte. "Einen Versuch können wir ja wagen. Ich denke nicht, dass da etwas schief gehen kann", sagte er zuversichtlich, streckte seine Hand mit dem Euro nach dem Münzschlitz aus und versenkte diese mit einem metallischen klimpern darin. "Na, du wirst sehen, was du davon hast. Ist ja dein Geld", kommentierte ich seine Aktion und blickte in den Spiegel, der wenig später zu einer klaren Glasscheibe wurde. Offenbar hatte das Einwerfen eine Art chemische Reaktion in der Scheibe ausgelöst, wodurch die spiegelnde Oberfläche verschwand und einen Fernsehbildschirm frei gab, der kurz drauf ein sehr bizarres Video abspielte. Wir sahen zunächst irgendein Meer mit weißem Sandstrand und Palmen. Dann tauchte ein typisches Modelpärchen auf, welches Hand in Hand durchs Bild lief. Sich umarmte und küsste. Danach sah man das gleiche Paar in einem Ultra modernen Haushalt mit zwei bis drei Kindern spielen. Zusätzlich hörten wir durch einige versteckte Lausprecher Musik und eine sanfte Frauenstimme, die uns ruhig erklärte, was wir dort sahen. Dir Funktion war wohl für blinde gedacht. Es gab sogar den ein oder anderen Untertitel für Taubstumme. Aber so wirklich spektakulär war das Ganze nicht. Mich erinnerte das eher an eine Fernsehwerbung von irgendeiner Bank. Es hätte nur noch im Abspann das obligatorische "Wir machen den Weg frei" oder "Wir geben Ihrer Zukunft ein Zuhause" samt Sponsoren Logo gefehlt. Nach gut einer Minute war der Spuk wieder vorbei. Die Scheibe wurde wieder zum Spiegel und darin erschien das missmutige Gesicht von Fili. "Was in Durins Namen soll das?! Das habe ich mir gar nicht gewünscht!", polterte er mit hoch rotem Kopf drauf los. "Was hast du dir denn gewünscht?", fragte ihn Jana leicht verunsichert von der Seite und legte ihm eine Hand auf den Arm, sodass er nicht in Versuchung geriet dem Gerät eine reinzuhauen, was er in seiner rage durchaus gern getan hätte. Aber ihre liebevolle Berührung ließ ihn inne halten und betreten den Kopf senken, ehe er sprach. "Weißt du, ich habe mir gewünscht, dich nach diesem Tag bald wiederzusehen. Und diese Bildergeschichten hatte nichts damit zu tun", nuschelte er verlegen. Über das Gesicht der jungen blonden Frau huschte ein sanftes zärtliches Lächeln, als sie dies hörte. "Aber Fili. Dafür brauchst du doch keinen Spiegel, der die seine Wünsche erfüllt. Das kannst du doch auch so haben. Du musst nur fragen. Außerdem kannst du mich jederzeit anrufen. Das weißt du doch", meinte sie und drückte ihm daraufhin ein flüchtiges Küsschen auf die Wange. Das entlockte seiner betrübten Miene wieder ein sanftes Lächeln und er nickte zustimmend. "Du hast recht. Das war wirklich dumm von mir", sagte er und schlang ihr einen Arm um die Hüften. Ich atmete unterdessen tief durch und schüttelte nur den Kopf. "So, können wir dann jetzt gehen, bitte?", fragte ich erneut und ruckte mit dem Kopf zum Ausgang. Doch meine deutliche Aufforderung wurde von Bofur unterbrochen, welcher sich nun ebenfalls an dem Gerät versuchen wollte. Ohne zu zögern warf er die Münze ein und erneut setzte sich der Mechanismus in Gang. Die Spiegel wurde zur Scheibe und das Theater mit dem Video ging von vorne los. Also etwas Abwechslung hätten die Herrschaften ja doch mit reinbringen können, dachte ich so bei mir, während Bofur sich nun seinerseits aufregte. "Was soll das? Wieso sehe ich dieselben Bilder wie Fili? Wollen die uns zum Narren halten?", fauchte er das Spiegelpärchen gefrustet an, welches wieder am Strand entlang ging. "Vielleicht ist der Spiegel ja kaputt", erwiderte Kili, welcher es sich nicht nehmen ließ plötzlich mehrfach mit der flachen Hand gegen den Rahmen zu schlagen. "Waaah! Kili! Nein! Lass das! Du machst das Ding noch kaputt!", rief ich entsetzt, als ich dies mitbekam und ergriff in Windeseile seinen Arm. Der dunkelhaarige Bursche drehte seinen Kopf daraufhin zu mir und versah mich mit einem unschuldigen Schulterzucken. "Aber der ist doch schon kaputt. Warum sollte er denn sonst immer wieder dieselbe Bildergeschichte zeigen?", fragte er etwas ungeduldig und entwand seinen Arm aus meinem Griff. Ich seufzte kurz und rieb mir langsam über die Schläfen. Ganz ruhig, Jacky. Sie wissen es nicht besser. Alles wird wieder gut. Erkläre es ihnen ruhig, dann werden sie es hoffentlich verstehen, dachte ich mit leicht einsetzenden Kopfschmerzen. Ich schloss einen Moment die Augen, holte tief Luft und antwortete dann so ruhig und langsam, wie ich nur konnte. "Das ist so gewollt. Diese Bilder sollen eigentlich nur die größten Sehnsüchte und Wünsche der Menschen darstellen. Ein schönes gesundes Leben mit einem Partner und vielleicht mit Kindern. Dazu ein netter Urlaub in einem Inselparadies und ein eigenes Haus. Vielen reicht das um glücklich zu sein. Und bei den Meisten ist das auch machbar, sofern sie das auch wollen", sagte ich und musterte Kili danach eingehend. Dieser warf mir lediglich einen verständnislosen Blick zu und fragte: "Aber, warum soll man dann Geld bezahlen, um Dinge zu sehen, von denen man weiß, dass man sie sich wünscht und dass sie auch eintreten können, wenn man es will?" "Diese Bilder sollen den Menschen zum Träumen anregen und helfen an eine schöne Zukunft zu glauben. Aber wenn du mich fragst, ich halte das lediglich für rausgeworfenes Geld", meinte ich und blickte abwertend auf den Spiegel. Kili brummte daraufhin zustimmend und ein wenig betrübt. Auch er hatte zuvor einen Euro aus seinem Geldsäckchen geholt, um zu sehen, ob sein größter Herzenswunsch in Erfüllung gehen würde. Doch auch ihm war nach meiner Erläuterung klar, dass kein Geld dieser oder der anderen Welt ihm das widergeben würde, was er einst verloren hatte. Tief getroffen steckte er die Münze wieder weg und versuchte kein allzu trauriges Gesicht zu machen. Ich konnte seinen Schmerz hingegen ganz deutlich in seinen Rehbrauen Augen aufblitzen sehen. Und ich fühlte es ihm nach. Was hätte ich nicht alles dafür gegeben, wenn die Sache mit dem "Wunschspiegel" wahr gewesen wäre. Zu gern hätte ich gewusst, wie es Thorin in diesem Augenblick erging. Ob er gesund und munter war. Mein Herz verkrampfte sich bei dem Gedanken mir vorzustellen, dass er vielleicht irgendwo verletzt oder, und daran wollte ich erst recht nicht denken, tot herum lag. Das Einzige, was ich in letzter Zeit nur von ihm hatte, waren meine Träume in denen ich ihn im hohen Gras einer fremden Landschaft singen hörte ohne ihn sehen zu können. Wenn ich ihn doch nur einmal sehen könnte, dachte ich betrübt. Für einen Moment. Ein paar Sekunden. Nur um zu wissen, dass er wohl auf war. Das war das Einzige was ich mir mehr als alles andere wünschte, als ich in die reflektierende Oberfläche starrte. Wie sehr ich seinen strengen, ernsten Blick vermisste. Seine wunderschönen blauen Augen, die zum einen so kalt wies und im nächsten Moment so viel Wärme versprühten, dass ich jedes Mal innerlich zu verbrennen drohte. Doch nicht nur sein ernster Blick. Nein auch das Lächeln hinter seinem dunklen Bart vermisste ich. Und seine dunkle Stimme in meinen Ohren, die mich stets bei dem Namen nannte, welchen ich einst meiner Zwergin gegeben hatte. All das und mehr wollte ich von ihm sehen und hören. Nicht mehr und nicht weniger. Mit einem Mal war mir auch so als könne ich ihn wirklich sehen. Genau vor mir. Den stolze Zwergenkönig mit seinen edlen Gesichtszügen und einem grimmigen, ernsten Blick in den Augen, der sich tief in meine zu bohren schienen. Ich hatte das Gefühl, als würde er mich genau in diesem Moment ansehen. Und dennoch war es so, als sähen mich seine Augen auch wieder nicht. Dann öffnete sich sein Mund etwas um etwas zu sagen, doch wo ich glaubte, dass er meinen Namen sagen würde kam von ihm nur ein: "Was willst du, Gandalf?" Erschrocken aufschreiend wich ich vom Spiegel weg und rieb mir die Augen. Was? Wieso Gandalf? Wo war seine Stimme auf einmal hergekommen? Ich war doch nur wieder am Tagträumen! Oder etwa nicht? Ich schüttelte kurz meinen Kopf um wieder klar zu werden und starrte dann erneut in den Spiegel vor mir, wobei sich meine Augen vor blankem Entsetzen weiteten. Nein! Nein, das konnte doch nicht sein! Wie um alles in der Welt?! War ich jetzt verrückt geworden?! Um Himmels willen! Der Thorin, den ich mir noch vor ein paar Sekunden vorgestellt hatte war immer noch da. Genau an der Stelle, wo eigentlich mein Spiegelbild hätte sein müssen. Nein! Nein, nein, nein! Das war doch nur wieder so ein Traum. Das konnte nicht ECHT sein! Es war unmöglich ihn sehen zu können. Ich bildete mir das alles nur ein. Zumindest versuchte ich mir das einzureden. Bis ich hinter mir ein mehrstimmig gekeuchtes: "Thorin!" vernahm. Ich fuhr ruckartig mit dem Kopf zu den Zwergen und sah, wie sie die Münder bis zum Anschlag aufklappten. Und nicht nur ihnen. Auch die beiden Damen waren mehr als entsetzt. Sie schüttelten ebenso ungläubig die Köpfe wie ich zuvor. Erst als ich die Reaktion der anderen sah wusste ich, dass dies alles kein Traum war, sondern bittere Realität. Das was wir dort in diesem Spiegel sahen war echt! Und diese Erkenntnis würde noch schwere Folgen nach sich ziehen. - 108. Wünsche, Träume und Katastrophenalarm / ENDE - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)