Diesem Einen will ich #Follow von Virdra-sama (Was macht der Zwergenkönig in meinem Onlinegame?) ================================================================================ Kapitel 106: 106. Zeit dass sich was dreht ------------------------------------------ Ich war unglaublich glücklich über das Geschenk von Kili. Ein so witziges Lebkuchenherz, hatte ich noch nie bekommen. Am liebsten hätte ich ihm als Gegenleistung auch eines geschenkt. Das lehnte er allerdings mit einem breiten Lächeln und kopfschüttelnd ab, während er beschwichtigend die Hände hob. "Das ist sehr freundlich von dir, Schwesterchen. Aber bedenke, dass ich es nicht annehmen kann. Du bist die zukünftige Gemahlin meines Onkels. Es steht mir nicht zu", meinte er ruhig. Ich nickte kurz und hätte mir nur zu gern gleichzeitig gegen die Stirn geschlagen. Natürlich. Wie konnte mir das nur wieder entfallen? Die zwergischen Traditionen besagten ja, dass ich einem anderen Mann nicht denselben Gegenstand von gleichem Wert schenken durfte, den er mir gegeben hatte. Es würde in den Augen der kleinen, bärtigen Männer einem Treuebruch gleich kommen, wenn ich Thorins jüngstem Neffen auf diese Weise meine Dankbarkeit zeigte. Nein. Das ging auf keinen Fall. Schließlich war er für mich so etwas wie ein kleiner Bruder. Auch wenn er bereits mein Großvater hätte sein können, aber das war ein anderes Thema. Mir kam jedoch stattdessen etwas anderes in den Sinn. Eine Sache, um die er mich ja bereits gebeten hatte. Obwohl ich ihm den Wunsch nur unter Vorbehalt und mit einigem Zähneknirschen gewähren wollte. Aber gut. Er hatte es verdient, wenn er sich schon darum bemühte mich aufzuheitern. Ich tippte ihm daher kurz auf die Schulter, als er sich von mir abwandte, um die Auslagen erneut zu studieren und sprach ihn schließlich leise an. "Kili. Hör mal. Ich hab mir da was überlegt", begann ich und wartete, bis er mir mit einem fragenden Brummen seine Aufmerksamkeit zukommen ließ, ehe ich fortfuhr, "Also, ich weiß, ich werde es bereuen, aber... nimm dir ruhig noch einige Süßigkeiten mit, wenn du willst." Kilis Augen weiteten sich langsam, nachdem ich zu Ende gesprochen hatte und er legte mit fragendem Blick den Kopf schief. "Bist du dir sicher?", hakte er langsam nach, woraufhin ich nur matt nickte. "Ja, du darfst", entgegnete ich schlicht und sah, wie sich das breiteste Grinsen auf seinem Gesicht bildete, was ich bis Dato gesehen hatte. Er hüpfte auch abrupt wie ein kleiner Gummiball auf und ab und klatschte mir fröhlich beide Hände auf die Schultern, sodass ich fast in die Knie ging. "Oh, danke, danke. Tausend Dank, Cuna", rief er lachend aus. Ich lächelte ein wenig gequält und rieb mir nacheinander die Schultern, während der dunkelhaarige Bursche seine nicht gerade kleine Bestellung an den Verkäufer weiter gab. Meine Güte, warum mussten diese Kerle immer auf eine so grobe Art zeigen, dass sie sich über etwas freuten? Daran würde ich mich wahrscheinlich nie gewöhnen. Aber solange sie es aus Freude und nicht aus Ärger machten, konnte ich mich nur glücklich schätzen. Ein leichtes Zwicken in der Magengegend sagte mir allerdings, dass ich meine Entscheidung, was Kilis Wunsch betraf, vielleicht noch an diesem Tag bereuen würde. Spätestens, wenn es darum ging eines der Fahrgeschäfte zu benutzen. In Gedanken suchte ich bereits den Platz nach einem Eimer samt Wischmop, nachdem wir den Stand mit den Leckereien verließen. Aber Kili war nicht der Einzige von den Herren, der sich mit allen möglichen Sachen eindeckte. Auch Bofur und Fili hatten es sich nicht nehmen lassen, die typischen Jahrmarkt-Köstlichkeiten einzupacken. Darunter ein paar Tüten mit gebrannten Mandeln, Gummibärchen, Popcorn, Waffelgebäck und natürlich die glasierten Früchten am Stiel, welche sie bereits mit genüsslichem Schmatzen verzehrten. Ich konnte nur mit dem Kopf schütteln, während ich sie dabei beobachtete. Wir hatten doch eben erst anständig gefrühstückt und nun schlugen sie sich erneut die Bäuche voll. Unfassbar. Wie viele Kalorien verbrauchten Zwerge eigentlich am Tag? Bestimmt genug um sämtliche Weight-Watchers-Jünger vor Neid blass werden zu lassen. Sie nahmen ja auch nicht wirklich zu. Zumindest noch nicht. Das sähe möglicherweise in einigen Wochen anders aus. Ich stellte mir schon vor, wie ich drei barttragende Kugeln durch den Hausflur und das Treppenhaus rollen musste, damit sie zumindest ein bisschen Bewegung bekamen. Auf der einen Seite musste ich bei diesem Bild etwas schmunzeln, auf der anderen lief mir ein kalter Schauer den Rücken runter. Gut, nach Unten wäre noch halbwegs machbar, aber alles was runter fiel, musste ja früher oder später auch wieder nach oben. Und in die Aufzüge würden die Herren in so einem Zustand nicht mehr passen. Von daher würde "Zwergen-Ball" bestimmt nicht meine Lieblings-Sportart werden. Obwohl es mit Sicherheit zur allgemeinen Erheiterung der anderen Hausbewohner beitragen könnte. Wobei sich eine Bewohnerin wohl weniger darüber freuen würde, wenn ich ihren Zwerg herum kugelte. Auch wenn sie sich zurzeit selbst kugelte. Allerdings weder über den Boden, noch durch ein Treppenhaus, sondern vielmehr vor Lachen über den Blödsinn, den Bofur veranstaltete. Nebenbei genehmigte sich besagte Frau eine Kleinigkeit aus den gemischten Tüten, die ihr der Mützenzwerg bei Gelegenheit anbot. Zusätzlich musste sie jedoch aufpassen, dass sie sich nicht an ihren Bissen verschluckte. Ja, Marina und Bofur passten wirklich gut zusammen. Das gönnte ich ihnen. Ebenso wie Jana und Fili. Das blonde Mädchen hatte sich bei ihrem Zwerg eingehakt und strahlte bis über beide Ohren. Ich nuckelte derweil gedankenversunken an einer Schokobanane herum, die ich mir kurzfristig organisiert hatte. So gesehen, war ich mit dem Fresswahn auch nicht ganz so weit entfernt von den Männern. Aber nur in dem Punkt. Während wir über den Platz schlenderten, herumalberten und unsere Süßigkeiten naschten, war ich geistig wieder bei Thorin angelangt. Was wir wohl gemacht hätten, wenn wir nicht in diese miserable Lage geraten wären? Hätten wir dann auch Arm in Arm den Platz unsicher gemacht und sämtliche Attraktionen ausprobiert? Obwohl ich vermutete, dass Letzteres eher weniger sein Fall gewesen wäre. Der Zwergenkönig war zwar todesmutig. Ganz ohne Zweifel. Aber so "Lebensmüde" bestimmt nicht. Und er hätte sich unter Garantie niemals dazu hinreißen lassen auch nur einen Fuß auf diese Höllengeräte zu setzen, denen wir uns langsam aber sicher näherten. Denn nach einigen Minuten in der Menschenmenge, erreichten wir endlich unser Hauptziel für diesen sonnigen Tag. Den Spielplatz für die "großen" Kinder. Von dort dröhnte uns auch der meiste Lärm in die Ohren. Nicht unbegründet, denn es war für jeden noch so verrückten Geschmack etwas vertreten. Neben den Jahrmarkt-Klassikern wie, Kettenkarussell, Auto-Scooter, Geisterbahn, Spiegelkabinett und dem Riesenrad, tauchten mitten drin immer wieder einige moderne Fahrgeschäfte auf. Darunter ein Drei D Fahrsimulatur, der ein bisschen an ein amerikanisches Space-Ship erinnerte, ein rund dreißig Meter hoher Free-Fall-Tower, eine relativ kleine Achterbahn, eine Wildwasserbahn und noch viele andere Sachen, von denen ich mir nicht ganz sicher war, was sie eigentlich darstellen sollten. Die Zwerge machten unterdessen große Augen, als sie die vielen unterschiedlichen Fahrgeschäfte sahen. Natürlich. Die Meisten davon kannten sie gar nicht. Woher auch? Mittelerde war nicht gerade dafür bekannt den spektakulärsten Vergnügungspark des Universums zu besitzen. Dafür war das Land wohl viel zu gefährlich. Wobei man mit Sicherheit viel Geld mit einer Survival-Reisegesellschaft hätte machen können. Nur wer wäre so verrückt sich in ein Flugzeug zu setzen, um damit dann irgendwo in der Pampa von Mittelerde zu landen, wo es nicht einmal Flughäfen gab? Spätestens über dem Düsterwald wäre die Maschine von einigen wildgewordenen Elben mit Pfeil und Bogen abgeschossen worden. Oder für den Fall, dass einem die Landung auf der Grasebene von Rohan gelang, würde diese in Windeseile von den Einheimischen umzingelt und angegriffen werden. Folglich fiel diese wahnwitzige Idee doch eher ins Wasser und so schüttelte ich den Gedanken schnell wieder ab. Auch weil meine kleine Gruppe stehengeblieben war, um sich das Kettenkarussell anzusehen. Diese Attraktion war den Zwergen nicht ganz so Fremd, wie die anderen. Wobei sie lediglich dessen Größe ungemein faszinierte, als wir genau darunter standen. Das Gerät war Dreistöckig und besaß ein Kugellager an der Spitze, wo sich der Kopf der Apparatur in verschiedene Richtungen neigen konnte. In den Augen der kleinen Männer eine absolute Kuriosität. Für gewöhnlich schraubten sich Fahrgeschäfte in ihrer Welt nicht einfach nach oben, sondern blieben an der Stelle, wo man nicht Meter weit in die Tiefe stürzen konnte. Dementsprechend ungläubig fielen auch ihre ersten Kommentare aus. "Bei Durins Bart. Das ist ja so hoch, wie ein Berg", stammelte Kili mit offenem Mund und ließ vor Staunen beinah seine Knabbertüten fallen. "Und es sieht aus, wie ein gewaltiger Pilz", ergänzte Fili grinsend und nickte seinem Bruder bestätigend zu. "Unglaublich. So etwas habe ich noch nie gesehen. Wie macht es das nur, dass es so in den Himmel wächst?", fragte Bofur mit halb zugekniffenen Augen, da ihm die Sonne beim Hochschauen mitten ins Gesicht fiel. "Mit Hilfe einer besonderen Mechanik im Innern des dicken Stammes, den ihr da seht", murmelte ich ihm rasch von links zu. Der Mützenzwerg gab auf meine knappe Antwort lediglich ein verwirrtes, unbefriedigtes, "Ah", von sich und schüttelte verständnislos den Kopf. Man konnte ihm ansehen, dass er die Verhaltensweise des Karussells sehr unheimlich fand. Aber auch Kili und Fili verzogen die Gesichter und beobachteten weiterhin mit einigem Unverständnis, wie die Menschen über unseren Köpfen lachten, während sie sich im Kreis drehten. Jana und Marina amüsierten sich wiederum köstlich über die reichlich verstörten Mienen unserer zwergischen Begleiter. Mir wäre es vermutlich ebenso ergangen, wenn ich nicht gewusst hätte, wer sie wirklich waren. Wobei, eigentlich eher weniger. Ich hätte vielmehr die Hand vors Gesicht geklatscht und mich gefragt, wessen Geistes Kinder diese abstrusen, kleinen Männer waren. Doch inzwischen waren für mich solche Kommentare schon Gang und Gebe. Und mit Sicherheit würden die zwei Frauen es auch irgendwann nicht mehr witzig finden, wenn sie von ihnen die knallharten Fakten zu hören bekamen. Vermutlich in einer ruhigen Minute, wenn nicht so viele fremde Ohren dabei waren. Ehrlich gesagt wollte ich im Moment dieser Enthüllung auch nicht dabei sein. Wer wusste schon, was sie dann alles miteinander schon angestellt hatten? Vielleicht Dinge, die weit über Küssen und Händchenhalten hinaus gingen. Immerhin konnten sie nicht einfach durch ein dummes Missgeschick den Arkenstein zufällig in einem Rucksack finden, der ihnen nicht gehörte. Nein. Solche "Unfälle" passierten im Regelfall nur mir. Einen Teil dieses "Unfalls" hatte ich inzwischen zu mindestens dreißig Prozent bereut. Ein geringer, aber nicht ganz bedeutungsloser Teil. Zuvor hätte ich vermutlich noch gesagt, es wären nur um die zehn Prozent. Aber in den letzten Tagen schlug dieses Gefühlsbarrometer in alle möglichen Richtungen aus. Je nachdem in welcher Tagesform die Zwerge auftraten. Im Moment verhielten sich die Herren aber weitgehend ruhig, weshalb meine innerliche Anspannung etwas lockerte und mein Nervenpegel kontinuierlich sank. Ebenso wie das Karussell, welches sich langsam vor unseren Augen ausdrehte und schließlich zum Stehen kam. Aufgrunddessen stieg allerdings die Freude von Jana zunehmend an, als sie zudem bemerkte, dass wenig Kundschaft am Kassenhäuschen stand. "Hey, schaut mal! Da ist grade wenig Betrieb. Kommt ihr mit?", fragte sie und strahlte uns nacheinander mit einem breiten grinsen an. Die Reaktion der Gruppe auf ihren spontanen Vorschlag war ein wenig gemischt. Marina erwiderte ihr Grinsen und nickte prompt. Ich zuckte nur unschlüssig mit den Schultern. Mir war es eigentlich egal, ob wir damit fuhren oder nicht. Karussells fand ich eigentlich recht eintönig und langweilig. Aber bei einem einstimmigen Ja, würde ich mich meiner Gruppe einfach anschließen. Besser eine langweilige Attraktion als gar keine. Die Zwerge sahen unterdessen alles andere als Begeistert aus. Sie verzogen argwöhnisch die Gesichter und warfen sich unschlüssige Blicke zu. Besonders Fili, der seine Liebste immer noch am Arm hängen hatte, blinzelte verwirrt und musterte sie ungläubig. "Also... Jana... Ich... Ich weiß nicht recht. Wollten wir uns nicht zuvor noch etwas umsehen?", erkundigte er sich ruhig, aber mit leichtem Unbehagen in der Stimme bei ihr. Diese nickte eifrig, wobei sie seine Frage zusätzlich mit einem lässigen Schulterzucken hinnahm. "Ja, ich weiß. Wir wollten uns noch umsehen. Aber seht doch mal wie viele Menschen heute Morgen schon hier rum laufen. Später wird es vielleicht zu voll und wir müssten eventuell länger anstehen, bis wir dran sind. Jetzt könnten wir sofort fahren. Natürlich nur wenn ihr wollt", fügte sie am Ende hastig mit Blick auf eine kleine Ansammlung schwatzender Besucher hinzu, die an uns vorbei zu einer anderen Attraktion trampelte. "Da hat sie nicht ganz unrecht. Es könnte schwer werden später ohne Wartezeit an die Kassen zu kommen, wenn das Wetter hält", warf Marina ein und blickte zum blauen Herbsthimmel auf. Auch ich schaute mich um und stellte mit einigem Unmut fest, dass das Gedränge zunehmend dichter wurde. Die Argumente der beiden Frauen waren also nicht von der Hand zu weisen. Man bekam zu diesem frühen Zeitpunkt schon leichte Anflüge von Platzangst. Das Gedränge konnte möglicherweise binnen weniger Stunden noch etwas zunehmen. Eine Aussicht, die mir persönlich gar nicht gefiel und mich zusätzlich nervös machte. Ich hasste zu große Menschenansammlungen. Nicht nur, weil es dann eng werden würde, wie in einer Sardinenbüchse. Nein, viel schlimmer war, dass ich meine Gruppe wesentlich schneller aus den Augen verlieren konnte. Ein Umstand den ich eigentlich vermeiden wollte. Und zum ersten Mal an diesem Tag fragte ich mich ernsthaft, ob es wirklich so klug gewesen war, Fili diese Verabredung mit Jana zu erlauben. Sicher, sie hatten sich so darauf gefreut einander wiederzusehen. Dennoch hätte ich wohl eher ein Restaurant oder ein nettes Straßen-Café für das erstes Date ausgesucht. Sowas wäre in vielerlei Hinsicht romantischer und vor allem übersichtlicher gewesen. Außerdem hätten die Zwei dann mehr Zeit für sich allein gehabt. Ohne dass der Rest von uns als lästigen Anhang an ihren Fersen klebte. Für meine Erkenntnis war es allerdings ein bisschen spät. Einen Rückzieher konnte und wollte ich auch nicht machen. Fili in dieser Masse allein mit seiner Liebsten zurück lassen? Nein. Auf keinen Fall. Der Ärmste wäre verloren gewesen. Er sah ja auch inzwischen nicht mehr halb so glücklich aus, wie noch am Eingang. Er wirkte hin und her gerissen. Innerlich wog er Janas Wunsch nach Spaß, gegen das Weiterlaufen und Umschauen ab. Doch schlussendlich siegte sein Herz und der unstillbare Drang nach einem Abenteuer. "Also. Also gut. Wenn du es dir so sehr wünscht, dann... Dann werde wir dort hingehen", meinte er entschlossen, wobei ein leicht steifes Lächeln hinter seinem blonden Bart hervor lugte. Jana strahlte hingegen über das ganze Gesicht, als sie seine Worte hörte. "Oh, danke, danke! Super! Toll! Dann sollten wir schnell machen, bevor die besten Plätze weg sind. Ich... Ja.. Ich geh schon mal die Fahrchips holen!", brabbelte sie aufgeregt vor sich hin, gab ihm einen flüchtigen Schmatzer auf die Wange, riss sich vom Arm des jungen Zwergs los und stürmte zum Kassenhäuschen davon, noch bevor sie irgendwer aufhalten konnte. Dabei wollte ihr Herzblatt offensichtlich noch eine Kleinigkeit sagen. Aber da war sie bereits in die Menschenmenge verschwunden. Fili stand indessen für einen Wimpernschlag mit aufgerissenem Mund und ausgestreckten Arm in der Gegend herum. Wie zur Salzsäule erstarrt, registrierten seine Gehirnwindungen nur sehr langsam, welcher Bus ihm gerade vor der Nase weggefahren war. Zumindest spiegelte sich das ansatzweise auf seinen Gesichtszügen wider. Er raufte sich aber recht schnell wieder zusammen, schüttelte heftig den Bart, um wieder klar im Kopf zu werden und spurtete seiner Angebeteten eiligen Schrittes hinterher, während er ihr nachbrüllte: "Jana! Warte auf mich! Ich komme mit dir!" Der Rest von uns blieb zurück und schaute nur dabei zu, wie zwei blonde Haarschöpfe gelegentlich im Sonnenlicht golden aufblitzten, während sie davon hopsten. Zunächst tauschte ich mit den anderen fragende und verwirrte Blicke aus. Danach konnten wir nicht mehr an uns halten und lachten herzhaft auf. Kili amüsierte sich besonders köstlich über den recht peinlichen Moment seines älteren Bruders. Wobei er sehr darauf achten musste, dass ihm nicht erneut um ein Haar die ganzen Knabbereien aus den Armen fielen. Marina hielt sich den Bauch und wischte vereinzelt Freudentränen aus ihren Augenwinkeln. Ich prustete und klatschte mir dabei fröhlich auf die Oberschenkel. Bofur brüllte so laut vor Lachen, dass einige Passanten verstört zur Seite wichen oder verschreckt zusammen zuckten und empört die Augen aufrissen. Das Verhalten der anderen Besucher interessierte uns hingegen nur am Rande. Das Schauspiel war dafür einfach zu niedlich gewesen. Tja, mit so einem Wirbelwind hatte es der Zwergenbursche nicht leicht. Wo die junge Frau auf der Zeltstadt noch eher schüchtern und zurückhaltend gewirkt hatte, erkannte man nun, dass sie eigentlich wie jedes andere verliebte Mädchen ausflippen konnte, sobald man ihr einen triftigen Grund dafür lieferte. Und sei es wie in diesem Fall nur eine gemeinsame Fahrt auf einem simplen Kettenkarussell. Die Damen meiner Welt waren eben nicht so leicht zu bändigen. Gerade wenn man ihnen eine kleine Freude machte. Und Fili war nun damit natürlich haltlos überfordert. Irgendwie war es immer wieder schön mit anzusehen, wie schnell man diese kräftigen, kleinen Kerle aus dem Konzept bringen konnte. Ähnlich Erfahrungen hatte bereits sein werter Onkel mit mir gemacht. Wobei ich meinte, mich noch halbwegs zusammen gerissen zu haben. Mir waren andere Sachen eingefallen um einen Thorin Eichenschild von mir zu überzeugen. Gut, mal von dem enormen Fehltritt mit der Feuershow abgesehen, der mich tatsächlich fast umgebracht hätte. Aber das hatte ich ja nicht wegen ihm getan, sondern weil mich die Truppe der Feuerschlucker um Hilfe gebeten hatte. Und wer hätte schon geahnt, dass die Aufführung dermaßen in die Hose gehen konnte? Die Crew wohl als Letzte, wobei immer ein gewisses Risiko bestanden hatte. Ich mochte mir gar nicht ausdenken, wie es gekommen wäre, wenn der Zwergenkönig nicht da gewesen wäre. So gesehen verdankte ich ihm mein Leben. Meine Güte was für ein Teufelskreis. Erst rettete ich Kili vor einem LKW und dann sein Onkel mich vor den Flammen des künstlichen Scheiterhaufens. Aber gut. Die Sachen waren Vergangenheit und ich hatte es heil überstanden. Mehr oder weniger jedenfalls. Gewisse Bedenken bezüglich eines reibungslosen Ablaufes auf dem Herbstfestivals hatte ich trotz der allgemein guten Stimmung. Ich rechnete allerdings weniger damit, dass einer von uns von einem LKW überfahren oder ich in Flammen aufgehen würde. Außer vielleicht durch einen Sonnenbrand, der sich mit Sicherheit auf meinen Gesicht bildete, wenn wir noch weiter an Ort und Stelle stehen blieben. So räusperte ich mich nach dem Lachanfall kurz und blickte die übrigen Drei mit einem sanften Schmunzeln an. "Also. Also, ich denke. Wir sollten den Beiden mal folgen. Sonst fahren sie noch ohne uns los", meinte ich tief durchatmend. "Ja, du hast recht. Lasst uns gehen", kam es von Kili, der noch kurz kichernd den Kopf schüttelte. Nachdem wir es schafften uns einigermaßen unbeschadet durch die Leute zu kämpfen, waren wir recht schnell wieder bei Jana und Fili. Diese hatten bereits die Fahrchips organisiert und das blonde Mädchen verteilte sie umgehend mit einem strahlenden Lächeln unter den Anwesenden. Marina und ich dankten ihr mit einem freundlichen Nicken, als wir sie entgegen nahmen. Die Zwerge hingegen beäugten diese seltsamen, buntbedruckten Plastikmünzen sehr skeptisch. So etwas hatten sie noch nie zuvor gesehen. Daher wunderte es mich auch nicht, dass bald die erste von vielen unangenehmen Fragen bezüglich des Verwendungszwecks aufkam. "Wozu soll das gut sein?", fragte Bofur nachdenklich und drehte die Münze mit hochgezogenen Augenbrauen in den Händen. "Die müssen wir gleich an die Besitzer des Karussells zurückgeben, wenn wir in den Sesseln da drüben platzgenommen haben. Ist sowas wie eine Bestätigung, dass wir für die Fahrt bezahlt haben", murmelte ich ihm eindringlich zu und knuffte ihm leicht mit dem Ellenbogen in die Seite. Der Mützenzwerg keuchte kurz erschrocken, als er meinen eher sanften Leberhaken spürte und grinste dann verstehend. "Ah. Das ist also eine Art Pfandschein. Eine wundervolle Idee. Es spart auch teures Pergament", erwiderte er schulterzuckend und ging nicht weiter darauf ein. Das war auch gut so, denn Marina und Jana warfen ihm und anschließend sich selbst leicht ungläubige Blicke zu. Langsam aber sicher schienen die Damen Verdacht zu schöpfen, mit wem sie es zu tun hatten. Dass die Herren auf das Karussell an sich schon mit ungewöhnlichem Erstaunen reagiert hatten, war ja eine Sache. So etwas konnte man zumindest damit rechtfertigen, wenn die Männer aus einer ländlichen Gegend kämen, wo es solche großen Gerätschaften auf Volksfesten gar nicht gab. Das wusste ich aus eigener Erfahrung. Auf einer Landkirmes ging es bei weitem mehr ums betrinken, wie um spektakuläre Fahrgeschäfte. Dafür mussten man zwangsläufig in die nächstbeste Stadt. Aber selbst wenn es sich bei den Zwergen um Burschen vom Land gehandelt hätte, Fahrchips sollten sie selbst dann kennen. Herrje, ich hätte die Jungs besser auf diesen Tag vorbereiten müssen. Wenn sie mit solchen Aussagen nicht aufpassten, würde es noch mehr unangenehme Fragen geben. Aber dann von der anderen Seite. Zum Glück wusste ich das gerade noch zu verhindern, als ich sah, wie einer der Angestellten die Metallkette am Eingang des stählernen, buntlackierten Sicherheitszauns löste, um die nächste Gruppe herein zu lassen. "Hey, wir sind die Nächsten! Kommt, nicht trödeln", warf ich ein und fiel dabei direkt Jana ins Wort, welche schon mit fragender Miene in Richtung Fili den Mund geöffnet hatte. Diesen schloss sie prompt nach meiner Aufforderung wieder und nickte mir zustimmend entgegen. Ich atmete erleichtert auf, als sie zusammen mit Fili schweigend an dem recht teilnahmslosen Angestellten vorbei ging und der Rest von uns ihnen umgehend folgte. Das war noch mal gut gegangen. Bei so vielen Fremden um uns herum, käme eine Diskussion über die Herkunft der kleinen, bärtigen Männer nicht besonders gut an. Das sollte lieber dann passieren, wenn die zwei allein unter sich waren. Wobei ich mir allerdings sicher war, dass Fili es auch im Alleingang zu verhindern gewusst hätte. Doch wie immer war Vorsicht besser als Nachsicht. Besonders, als wir uns zu den Schaukeln begaben, welche an langen Ketten arglos am Gerüst herum hingen und leicht im Wind schwankten. Da bestand allerdings die Vorsicht eher darin, dass die Männer ihre Süßigkeiten gut festhielten, wenn es los ging. Doch zuvor war bereits das Finden eines angemessenen Platzes für jeden ein Problem. Es gab nicht nur einzelne Schaukeln, sondern auch doppelte, die leidenschaftlich gern von Paaren genutzt wurden, um sich näher zu kommen. Und eben dabei wurde es kompliziert. Jana hatte bereits für sich und Fili ein solches Exemplar ausgesucht und die Sicherheitsstangen hochgeschoben, damit beide dort sitzen konnten. Aber wie zu erwarten zögerte der blonde Zwerg und blinzelte argwöhnisch, ehe er vorsichtig nachfragte: "Jana? Bist du dir sicher, dass uns diese Gerätschaft gemeinsam tragen wird? Die Ketten erscheinen mir nicht gerade stabil. Es dürfte auch reichlich eng für uns beide zu sein." Doch das blonde Mädchen lächelte ihn nur liebevoll an und erwiderte optimistisch: "Ach, das geht schon. Ich nehme nicht viel Platz weg. Mach dir keine Sorgen. Die Dinger sind absolut sicher. Und wenn wir fallen, dann sind wir immerhin zusammen. Na komm schon. Oder hast du Höhenangst?" Autsch. Das tat ja schon vom Zuhören weh. Mit der Frage hatte sie ihn nun eiskalt erwischt. Mitten rein ins gute, leicht reizbare Zwergenego. Dementsprechend schnell entgleisten Fili auch die Gesichtszüge. Wo sich ihre letzten Worte in meinen Ohren eher besorgt als stichelnd oder vorwurfsvoll angehört hatten, fühlte sich der junge Zwergenbursche davon offenkundig beleidigt. Ja, sogar herausgefordert. Was er kurz drauf energisch unter Beweis stellte. "Ha! Ich und Höhenangst? Für wen hältst du mich?! Niemals! Los, halt das mal, dann zeige ich dir, wer hier Höhenangst hat!", rief er entschlossen aus und drückte seiner Angebeteten die Knabbertüten in die Arme, bevor er sich schnaubend zu ihr setzte und den Bügel schloss. Die arme Jana war so perplex von seiner überstürzten Reaktion, dass sie darauf nichts erwidern konnte. Stattdessen schluckte sie kurz und reichte dem Mann an ihrer Seite einen Teil seiner Sachen zurück. Das war dann wohl ihre erste Erfahrung mit der heißblütigen Zwergennatur. Man sollte diesen Kerlen eben nicht mitten ins Gesicht sagen, dass man vermutete, sie würden sich vor irgendetwas fürchten. Außer man kannte sie schon eine Weile und hatte engere Kontakte zu ihnen geknüpft, wie ich. Aber selbst ich durfte mir nicht alles herausnehmen. Es gab immer noch Fettnäpfchen, über die ich hin und wieder genauso zufällig stolperte. Allerdings besaß ich immer noch den Lebensretter-Bonus, der mir weit größere Narrenfreiheit ließ. Trotzdem fand ich die Reaktion des blonden Burschen ebenso unnötig und verstörend, wie Jana. Noch dazu, weil er in solchen Momenten viel zu sehr nach seinem Onkel schlug. Das musste wohl einfach in der Familie liegen. "Oh, man. Fili...", murmelte ich deshalb auch kopfschüttelnd und suchte mir selbst mit leisem Seufzen eine Schaukel ganz außen. Dabei beobachtete ich die anderen Drei im Augenwinkel. Bei Bofur und Marina lief es weitaus besser. Der Mützenzwerg lächelte die junge Mutter ruhig an und hielt ihre Schaukel samt Bügel fest, damit sie es sich gemütlich machen konnte. Um das allerdings bewerkstelligen zu können, hatte er zuvor einfach Kili alles in die Arme gedrückt, der von der zusätzlichen Last alles andere als begeistert war. Gerade weil er selbst schon jede Menge festzuhalten hatte. Der Blick mit dem Kili ihn anschließend bedachte, als Bofur ihm den Kram wieder abnahm, war deswegen nicht gerade sehr freundlich. Nein. Ganz und gar nicht. Wenn seine Augen Bögen und die Pupillen darin Pfeile gewesen wären, dann läge nun ein recht toter Mützenzwerg unter den Karussellschaukeln. Aber zum Glück des kleinen Mann mit dem sonnigen Gemüt und aller Beteiligten, besaßen Zwerge so etwas wie Augen mit eingebauter Selbstschussanlage nicht. Sonst wäre ich mit Sicherheit auf der Zeltstadt schon mindestens hundert Mal tot umgefallen. Außerdem hätte es mich dann wohldirekt im Anschluss getroffen. Denn Kili wandte sich rasch von den beiden Turteltauben ab, nachdem diese ihn entlassen hatten und stapfte mürrisch auf Khuzdul vor sich hin brummelnd zu mir. "Kannst du das mal halten Cuna, damit ich mich auch setzen kann?", fragte er mich barsch und drückte mir augenblicklich ohne meine Antwort abzuwarten seinen Kram in die Hände. Dann nahm er sich ebenso ohne Umschweife genau die Schaukel zu meiner Linken, auf die ich mich eigentlich setzen wollte. "Hey! Was soll denn das jetzt werden?", fauchte ich den dunkelhaarigen Burschen an, der nur eine Schnute zog. "Was wohl? Ich kann mich schlecht auf dieses Gefährt setzen, wenn ich so viel trage", erwiderte er schmollend und pflanzte sich auf den bunten Sitz. Daraufhin entriss er mir auch schon wieder seinen Kram, klammerte sich zusätzlich an den Ketten fest und würdigte mich zunächst keines Blickes mehr. "Dämliches Zwergenego", murrte ich leise vor mich hin und nahm nun rein aus Protest und weil kein anderer Platz mehr frei war, vorlieb mit der Schaukel direkt neben Kili. Na großartig. Noch ein schlechtgelaunter Zwerg. Wenn es nun noch irgendwer schaffte Bofur zu verärgern, war der Tag so gut wie gelaufen. Doch wie ich ihn kannte, konnte man ihm nichts so leicht mies machen. Im Gegenteil. Obwohl er vor unserem Antritt der Fahrt noch ein wenig skeptisch dreingeblickt hatte, war er inzwischen wieder dabei Marina mit seinen Faxen und Geschichten zum Lachen zu bringen. Im Gegensatz zu dem anderen Paar, hatte er sich nicht zusammen mit Marina in eine Doppelschaukel gezwängt. Das gebietete wohl sein zwergischer Anstand. Auch wenn Zwerge davon recht wenig besaßen. Doch solange sich die beiden nicht offiziell zueinander bekannten, würde er wohl nichts tun, um ihr zu nahe zu treten. Aus dem Grund beanspruchte er nur einen Platz in ihrer unmittelbaren Nähe, wo er fröhlich herumalbern konnte. Fili schien sich aber inzwischen auch wieder etwas nach seinem kleinen Egotrip beruhigt zu haben. Er hatte einen Arm von hinten um Janas Schulter gelegt und ließ die kurzen Beine baumeln. Nur Kili war und blieb weiterhin mein kleiner Sorgenzwerg. Das ganze Liebesgeturtel nervte ihn sichtlich. Kein Wunder bei so vielen Hormonen in der Luft, die nicht nur von seinem Bruder und Bofur ausgingen, sondern auch von anderen Paaren, welche sich ungeniert vor alle Welt küssten und umarmten. Wenn man in so einer Gesellschaft ohne Partner da stand, auch wenn dieser wie in meinem Fall durch pure Abwesenheit glänzte, wurde man schon leicht melancholisch und deprimiert. Aber es ließ sich nun mal nicht ändern. Man konnte ja schlecht den Leuten ihre Gefühle und Handlungen in diese Richtung verbieten. Folglich mussten wir da zwangsläufig durch. Zumindest so lange bis die Karussellangestellten durch die Reihen gingen, um von allen Gästen die Fahrchips einzusammeln. Ich reichte einem der Männer, der an uns vorbei kam, mit einem höflichen Lächeln meinen Chip und atmete noch einmal ganz tief durch. Kili drückte ihm hingegen seine Plastikmünze recht gleichgültig in die Finger, ehe er wieder runter auf seine Stiefelspitzen starrte. Hoffentlich ging es ihm nach der Fahrt besser, dachte ich seufzend und wartete darauf, dass wir abhoben. Nach einigen Minuten war es dann endlich soweit. Die Leute entfernten sich aus dem Gefahrenbereich und ein lauter, greller Signalton ließ alle heftig zusammen zucken. "Mahal! Was war das?!", rief Kili erschrocken aus, der damit aus seinen düsteren Gedanken gerissen wurde. Ich grinste ihn breit an und antwortete ruhig: "Das war die Warnsirene für alle, die nicht mitfahren, Kili. Damit sie nicht von den Schaukeln oder anderen Sachen getroffen werden. Also halt deinen Kram bitte gut fest. Es geht los." Und wie auf mein Stichwort hin lösten sich sämtliche Füße vom Boden, als die Maschine mit einem leichten Ruck ansprang. Ein weiterer Signalton kam aus den Lautsprechern und mit einer zögerlichen langsam Drehung setzte sich das Karussell endlich in Bewegung. Zunächst befanden wir uns noch halbwegs nah am Untergrund. Das änderte sich jedoch innerhalb von wenigen Sekunden recht schnell. Nun drang kein nerviger Ton mehr aus den Lautsprechern, sondern einige alte Ballermann-Songs, um die Stimmung der Leute ebenso zu heben. Die Maschine nahm mit der Zeit immer mehr an Fahrt auf und schraubte sich mit jeder Runde weiter in die Höhe. Die Ketten knirschten und spannten sich in ihren Halterungen, als die Schaukeln durch die Fliehkraft nach außen gedrückt wurden. Gut, es war für mich eigentlich nichts Spektakuläres. Dennoch erfasste mich bald ein atemberaubendes Gefühl von Gelassenheit und Entspannung. Ich schloss die Augen, lehnte mich in meinem Stuhl zurück und ließ alle Sorgen und schlechten Gedanken für den Moment des Augenblicks hinter mir. Der Wind pfiff kühl und frisch durch meine Haare und rauschte nach einer Weile in meinen Ohren und die Sonne streichelte von Zeit zu Zeit zärtlich über meine Haut. Sämtliche Geräusche und Bilder vom Jahrmarktgetümmel unter uns nahm ich nur noch schemenhaft war. Mein Kopf war wie Leer geblasen. Ich dachte nicht an Thorin, nicht an die anderen in meiner Gruppe, auch nicht an den ganzen Stress der vergangenen Tage. Da waren nur ich, der Wind und zeitweise die Jubelschreie der anderen Fahrgäste. So ganz konnte ich diese dann doch nicht ausblenden. Besonders die eines Fahrgastes, der genau neben mir her flog. "Bei Durins Bart! Ich kann es kaum glauben!", brüllte Kili gegen den Fahrtwind und lachte herzhaft auf. Ich öffnete meine Augen etwas und schielte zu seinem Platz herüber. Der junge Zwerg war plötzlich wieder ganz der Alte. Er konnte sich gar nicht mehr einkriegen vor Freude. Seine braunen Rehaugen strahlten, als er auf die Menschenmenge unter sich blickte und sein Lachen übertönte inzwischen alles andere um mich herum. Nachdem er bemerkte, dass ich ihn beobachtete, grinste er mich breit an. "Cuna! Schau mal wie hoch wir sind?! Wir fliegen! Wir fliegen wirklich!", rief er mir zu und lachte erneut auf. Ich schenkte ihm daraufhin ein ebenso breites Grinsen und erwiderte laut: "Ja, Kili! Ich weiß! Toll oder?!" "Es ist wundervoll! Ich liebe es! Oh Mahal, ich hoffe es wird nie enden", entgegnete er und ließ daraufhin einen Freudenschrei los, der an ein wildes Tier erinnerte. Ich musste mir sogar kurz die Ohren zuhalten, damit ich von dem Schrei keinen Tinitus bekam. Es schmerzte ein bisschen, da er genau in meine Richtung brüllte, aber eines hatte seine wieder erwachte gute Laune doch an sich. Sie war richtig ansteckend. Ich ließ es mir deshalb auch nicht nehmen mit dem Zwerg irgendwann um die Wette zu grölen. Einfach ungezwungen und frei von allen Regeln der Vernunft. Es tat mir in jedem Fall mal gut. Vor allem nach der langen Zeit Zuhause auf dem Sofa. Auch den anderen gefiel der "Flug". Gut, viel vom Rest meiner Gruppe sah ich nicht. Außer Fili und Jana, die etwas entfernt vor mir saßen und während der Fahrt mehr mit Kuscheln beschäftigt waren. Bofur fiel indessen genauso durch seine Lautstärke auf, wie Kili zu meiner Rechten. Ich musste etwas kichern, als ich an die arme Marina dachte, die irgendwo zwischen uns hing. Ich stellte allerdings bald fest, dass sie sich ebenso schnell von uns anstecken ließ. Zum Leidwesen der anderen Fahrgäste, die auf dem harmlosen Trip ihre Ruhe haben wollten. Uns hingegen war das in dem Moment egal. Wir hatten unseren Spaß, auch wenn dieser irgendwann mal ein Ende haben musste. Nach einigen Minuten in luftigen Höhen, landeten wir ruhig und sicher auf dem Boden der Tatsachen. Oder vielmehr auf dem des Jahrmarktes. Nachdem wir ausstiegen und uns hinter dem Sicherheitszaun wieder in unserer Gruppe sammelten, war von Enttäuschung keine Spur zu erkennen. Im Gegenteil. Ich musste Kili und Bofur sogar kurz von hinten an den Mänteln packen, damit sie nicht mit dem nächsten Grüppchen wieder rein stürmten. Natürlich ohne sich vorher einen neuen Fahrchip zu kaufen. Das war aber nicht gerade leicht. Besonders, weil ich nicht genug Kraft aufwenden konnte um sie beide zu halten. So zogen sie mich ein ganzes Stück hinter sich her, dass mir fast die Socken auf dem Pflaster qualmten. "Hey! Hey! Nicht so schnell Jungs! Bleibt doch stehen! Wir wollen noch woanders hin. Außerdem müsst ihr nochmal bezahlen, wenn ihr mit wollt!", keuchte ich verzweifelt, nachdem sie mich nach meinem vergeblichen Versuch sie aufzuhalten einige Meter hinter sich her gezogen hatten. Schließlich blieben sie dann doch nach meinen Rufen kurz vor dem Eingang stehen und drehten sich zu mir um. "Warum? Wir haben doch bereits unsere Pfandmünzen abgegeben", meinte Bofur und kratzte sich verwirrt am Kopf. "Ja. Wozu sollen wir denn erneut bezahlen?", fragte Kili schulterzuckend. Ich seufzte indessen gedehnt und ließ ihre Mäntel los, bevor ich ihnen die Sachlage knapp aber genau erklärte: "Also. Hört zu. Ein Fahrchip gilt nur für eine Fahrt. Heißt, für jede weitere müsst ihr wieder bezahlen. Das ist eben so." "Soll das heißen, wir müssen für jedes Mal, wenn wir hier ein Gefährt verwenden wollen erneut bezahlen? Was, in Durins Namen, ist das für ein Unsinn?", platzte es ungläubig aus Kili heraus. Ich zuckte nur gelassen mit den Schultern und erwiderte: "Das ist hier vollkommen normal. Um diese Dinger zu betreiben braucht man Strom und der kostet Geld. Dazu kommt auch noch die Standmiete und die Kosten für die Angestellten. Irgendwie müssen die Menschen ja von was leben." "Ist denn dieses Stromzeug wirklich so unsagbar teuer?", fragte Bofur neugierig und grinste mich interessiert an. "Für manche schon. Für andere wiederum nicht. Aber ich hab jetzt echt keine Zeit und Lust euch das zu erklären. Lasst uns zu den anderen zurückgehen. Die Leute gucken schon", murrte ich den Beiden mit gedämpfter Stimme entgegen. Dabei ließ ich einen besorgten, flüchtigen Blick über die Umstehenden in der neuen Warteschlange wandern, an denen sich die Zwerge dreist vorbei gemogelt, beziehungsweise geschubst hatten. Diese waren natürlich nicht ganz so begeistert gewesen, als sie mir nichts dir nichts von den zwergischen Rammböcken getroffen worden waren, welche sich auf so ungehobelte Art und Weise Platz verschafft und vorgedrängelt hatten. So folgten mir und den beiden bärtigen Herren einige unschöne Worte, als wir zurück zu den anderen gingen. Die Mädels amüsierten sich hingegen köstlich über die recht eigenwillige Aktion von Bofur und Kili. Sie kicherten und lachten, während ich die Herren, wie zwei folgsame Hunde hinter mir her trotten ließ. Fili schüttelte nur kurz den Kopf und legte seinen Arm um Jana, damit diese bei ihrem kleinen Lachanfall nicht versehentlich umkippte. "Du... Du liebe Zeit. Was.. Was war denn das?", kicherte Marine und wischte sich die Lachtränen aus den Augenwinkeln. "Euphorische Rammböcke, die ohne zu bezahlen noch ein paar Runden drehen wollten", entgegnete ich mit so trockenem Tonfall, dass die Frauen erneut auflachten. Nun konnte ich es mir aber auch nicht verkneifen kurz zu grinsen und warf einen Blick über meine Schulter, wo sich Bofur verlegen am Hinterkopf kratzte und Kili wieder eine kleine Schmollschnute zog. Es geschah ihnen schon recht, dass man sie wegen ihrem Übermut auslachte. Auch wenn ihr Handeln aus Unwissenheit zustande gekommen war. Doch wer den Schaden hatte brauchte ja bekanntlich nicht für den Spott zu sorgen. Der war immer automatisch mit dabei. Aber zur Erleichterung der Beiden sprach schließlich Fili ein kurzes ernstes Machtwort: "Nun reicht es aber. Ihr habt sie lang genug ausgelacht." Langsam beruhigten sich die Damen wieder und atmeten tief durch, bevor sie sich bei den Zwergen für ihr Verhalten entschuldigten. Diese nahmen es mit ganz unterschiedlichen Gesten auf. Während Bofur mit einer wegwerfenden Handbewegung ein breites Grinsen auf den Lippen trug, nickte Kili nur steif und schnaubte abwertend. Nun ja, es war immerhin besser als nichts. Zumindest nahm der junge Zwerg die Entschuldigungen an. Auch wenn es seiner Stimmung mal wieder einen gehörigen Tiefschlag versetzte. Man konnte es ihm an diesem Tag auch wirklich nicht recht machen. Und ich vermutete, dass das noch eine ganze Weile so weiter gehen würde, als wir das Karussell endlich hinter uns ließen, um uns den nächsten Attraktionen zu widmen. Was uns dort allerdings noch erwartete, würde mehr sein, als nur ein stetiges Wechselbad der Gefühle. - 106. Zeit dass sich was dreht / ENDE - Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)