Between Heaven and Hell von Lady_Red-Herb ================================================================================ Kapitel 7: Der erste Schritt ist geschafft ------------------------------------------ „Wo... wo sind wir…?“ Piers blinzelte leicht, öffnete die Augen und sah sich benommen um. Von dem Labor war nichts mehr zu sehen, um ihn herum war es einfach nur dunkel. Chris hatte ihn also tatsächlich weg gebracht, wie er es versprochen hatte. Er hatte ihn gerettet. Mühsam versuchte der junge Soldat, sich aufzusetzen, doch bei dem Versuch verzog er das Gesicht und tastete über seinen noch immer nackten Körper. Hier und da zierten diesen kleinere und größere Pflaster, um seinen Kopf spürte er einen Verband, und als er über seinen Bauch strich, ließ er ein leises Keuchen hören. Ihm tat einfach alles weh, und als er hinab sah, erkannte er, dass er einen ziemlich unansehnlichen blaugrünen Fleck am Bauch hatte. „Bleib ruhig liegen, ruh dich noch etwas aus. Wir sind in Sicherheit, weit weg vom Labor und der Stadt“, hörte er nun Chris’ Stimme, und diese klang unglaublich sanft und besorgt. Auch in seinem Blick lag Sorge, was Piers gut erkannte, als der Ältere sich etwas über ihn beugte. Dunkle Ringe lagen unter seinen Augen, und er wirkte ein wenig blass. Piers fragte sich in diesem Moment, wie viel Zeit wohl vergangen war, ob Chris so lange für ihn wach gewesen war, doch dann erinnerte er sich daran, dass er selber hier ja nicht der einzige Verletzte war. „Wie… wie geht es Ihnen?“, wollte er nun wissen, und er musterte Chris selber sichtlich besorgt. Man hatte zwei Mal auf den Captain geschossen, das war sicherlich auch an diesem nicht spurlos vorbei gegangen, so stark und zäh er auch sein mochte. Aber Chris schüttelte nur leicht den Kopf und winkte ab. „Ist halb so wild. Ich hab Glück gehabt. Beim ersten Mal wurde kein wichtiges Organ getroffen, und im Labor war es sogar nur ein Streifschuss.“ „Und wie… wie kamen Sie frei?“ Piers musste sich irgendwie von seinen Schmerzen ablenken, und zudem interessierte ihn das ja wirklich. Er fragte sich, wie Chris hatte frei kommen und zu ihm gelangen können, wie sie dann einfach so entkommen waren. Vermutlich hatte Rebecca ihm geholfen; Piers hatte ja gehört, wie Chris mit dieser geredet hatte. Und sie war es auch gewesen, die die beiden anderen Wissenschaftler davon abgehalten hatte, ihn wirklich noch zu töten. Wieder schüttelte Chris den Kopf, dann seufzte er leise und schloss für einen Moment die Augen. „Rebecca“, erwiderte er dann nur, wie erwartet, und lächelte matt. „Sie hat mich in einer Abstellkammer gefunden, in die die Wissenschaftler mich gefesselt rein geworfen hatten. Als ich ihr erklärt habe, was los ist, hat sie sich sofort bereiterklärt, uns zu helfen. Ich hoffe nur, ihr geht es gut.“ Immerhin hatte die junge Frau ihnen geholfen, zu entkommen. Und auch, wenn diese Wissenschaftler wirklich übertrieben hatten und sicherlich auch nicht ohne Ärger davon kamen, hatte sie doch etwas ‚Illegales’ getan. Das konnte sie ihren Job oder mehr kosten. Aber seit Raccoon City hatte sie sich geschworen, immer für Chris da zu sein, wenn er sie brauchte. Auf seine Freunde, vor allem auf Jill, Rebecca und Barry, konnte er sich blind verlassen. Und auf Piers ja auch. Bei dem Vorfall im Raccoon Forest hatte Chris sich größtenteils um die damals 18-Jährige gekümmert, nachdem er sie im Spencer-Anwesen aufgefunden hatte, und hatte sie mehr oder weniger beschützt. Und nun hatte sie sich dafür endlich mal revanchieren können. Ganz egal, was Chris oder Piers auch getan hatten, der Captain des Alpha-Teams war ihr Freund, und Freunde ließ man nicht im Stich. Außerdem wusste die Biochemikerin über das Bescheid, was in China passiert war, über Piers’ Opfer und Chris’ Schmerz über diesen Verlust. Natürlich wusste sie auch, dass das Virus eine Gefahr darstellte, aber in ihren Augen war der junge Soldat ein Held, kein Monster. Und auch, wenn sie durchaus zustimmte, dass man ihn im Auge behalten sollte, falls irgendetwas mit dem C-Virus war, so war sie doch dagegen, dass man ihn einsperrte oder gar tötete. Und Folter mit Medikamenten und Skalpellen war ja ohnehin das Allerletzte. Nun waren Chris und Piers mit ihrer Hilfe entkommen und erst einmal in Sicherheit. Der B.S.A.A.-Captain hatte einen der Wagen kurzgeschlossen, die vor dem HQ gestanden hatten, und mit diesem war er einen Tag und eine Nacht lang durchgefahren, und hatte nur ab und an kurz gehalten, um zu tanken oder etwas zu Essen und zu Trinken zu besorgen. Sie hatten mittlerweile nicht nur die Stadt, sondern auch den Staat hinter sich gelassen. Chris wollte sich mit Piers zunächst nach Alaska absetzen, aber damit würden sie noch etwas warten müssen. So oder so wollte Chris aber möglichst weit weg, zunächst jedoch ohne dabei die U.S.A. zu verlassen. Zudem war es noch immer Sommer, wenn auch bereits später, und so würden sie es in Alaska auch von den Temperaturen her aushalten können. Die Nächte konnten bereits eisig werden, aber da würde Chris schon die passende Unterkunft finden. Das war nun wirklich nicht das Problem. Natürlich war da noch immer sein Wunsch, nach Afrika zu reisen, um nach Spuren zu suchen, die auf Wesker hinwiesen, aber da gab es momentan eindeutig Wichtigeres. Wenn Wesker wirklich noch lebte, dann würden sie das noch früh genug erfahren. Und zwar bestand die Möglichkeit, dass sie im Vulkan irgendwelche Hinweise fanden, aber Chris’ ehemaliger Captain würde sich selber kaum noch dort aufhalten. Da setzte er nun lieber alles daran, seinen eigenen Soldaten irgendwie in Sicherheit zu bringen, als dass er sich auf irgendwelche Wahrscheinlichkeiten stützte und riskierte, dabei erwischt zu werden, wie er nicht nur das Land, sondern auch gleich den Kontinent verließ. Denn das würde nicht gehen, ohne dass die B.S.A.A. es mitbekam. Irgendwann würde er das Risiko eingehen, mit oder ohne Piers, je nachdem, was dieser wollte. Zwingen würde Chris ihn zu nichts. Aber noch war einfach nicht die Zeit dazu. Noch konnte er den Scharfschützen weder diesem Risiko aussetzen, noch konnte er ihn einfach irgendwo zurücklassen. Er war schwer verletzt, er war fast zwei Tage lang bewusstlos gewesen, und Chris hatte mehr als einmal die Befürchtung gehabt, ihn doch noch zu verlieren. Da konnte, wollte und durfte er ihn nun einfach nicht im Stich lassen. Außerdem wollte er auch einfach bei ihm sein. Chris hatte nicht vergessen, wie Piers ihm wenige Tage zuvor, bevor er geschnappt worden war, seine Liebe gestanden hatte. Und er hatte ebenso wenig vergessen, wie er selber reagiert, wie er überhaupt erst verschuldet hatte, dass Piers gegangen war. Dieser hatte so traurig gewirkt, so enttäuscht. Und auch, als er seinen Soldaten aus der kleinen Zelle im Labor befreit hatte, war diese Enttäuschung noch immer deutlich zu sehen gewesen, der Schmerz in seinem Blick, die Hoffnung, als er Piers in das kleine Zimmer gestoßen hatte. Jedes Mal fühlte Chris selber einen Stich im Herzen, wenn er den Jüngeren so sah. Jedes Mal wollte er ihm sagen, dass es keinen Grund gab, so traurig zu sein, dass er ihn doch auch liebte, mehr als alles andere. Aber aus irgendeinem Grund konnte er das einfach nicht. Er war ja nicht unsicher oder so. Er liebte Piers, da gab es keinen Zweifel. Und nun wusste er auch, dass seine Gefühle durchaus erwidert wurden. Noch dazu musste er nicht einmal mehr den ersten Schritt tun. Aber nun war da Angst aufgekommen. Die Angst, Piers zu verletzen, die Angst, ihm nicht zu reichen. Chris hatte versagt, und das schon so oft. In Edonia, in China, er wurde einfach alt, das alles wurde ihm zu viel. Doch ganz gleich, was er auch getan hatte, welchen Mist er angestellt hatte, Piers war immer an seiner Seite gewesen. Selbst dann, wenn alle anderen ihn schon aufgegeben hatten. Er hatte so lange nach ihm gesucht und ihn zurück geholt, er hatte zu ihm gestanden, nachdem Chris ihn so angefahren hatte. Am Ende hatte er in seiner bedingungslosen Loyalität sogar freiwillig sein Leben gegeben. Und das hatte er nur gemusst, weil Chris selber nicht aufgepasst hatte. Er brachte diesem jungen Mann so unglaublich viel Leid, Piers musste so viel wegen ihm durchmachen. Und er hatte sich eigentlich nie wirklich darüber beschwert. Klar sagte er Chris durchaus seine Meinung, wenn er es angebracht fand, aber mehr nicht. Egal, was Chris auch getan und gesagt hatte, Piers hatte seinem Ärger darüber kurz Luft gemacht, und dann hatte er weiterhin treu an seiner Seite gestanden. Und nun hatte Chris einfach Angst, dass es Piers irgendwann zu viel wurde, dass er das irgendwann nicht mehr konnte. Er konnte sich einfach nicht vorstellen, dass der Jüngere ihn einfach so liebte.. Er verstand es nicht. Was hatte er, das man toll finden konnte? Ja, er war muskulös, er sah sicherlich nicht schlecht aus, aber das reichte doch nicht. Irgendeiner kleinen blonden Frau vielleicht, für die nur das Aussehen zählte. Aber doch nicht Piers. Piers war nicht der Typ, der sich an irgendjemanden ranhängte, weil der zufällig gut aussah und stark war. Nein, das war nun wirklich nicht seine Art. Aber Chris hatte das Gefühl, in den letzten Jahren nicht mehr als eben das bieten zu können. Früher war es anders gewesen, eigentlich bis zu seinem Kampf in Afrika gegen Wesker. Und dann war Edonia gekommen. Als er das erste Mal sein gesamtes Team verloren hatte, als der mutierte Finn ihn verletzt hatte, da war er zerbrochen. Er hatte einfach nicht mehr gewollt, es hatte ihm schlicht und ergreifend gereicht. Chris hatte sich selber als unfähig erachtet und aufgegeben. Und wäre Piers nach diesem halben Jahr nicht in der Bar aufgetaucht und hätte ihn wieder hoch gezogen, dann wäre er nur wenige Tage später wirklich der Alkoholsucht erlegen und hätte tot in irgendeiner kleinen Gasse geendet. Aber Piers war gekommen und hatte ihn zurück zur B.S.A.A. geholt. Und was hatte er selber getan? Er hatte gleich wieder versagt, und ein weiteres Mal hatte er sein gesamtes Team verloren. Piers hatte damals durchaus Recht gehabt. Wäre Chris nicht so sehr seiner Wut zum Opfer gefallen, hätten sie einige der Tode verhindern können. Aber statt das einzusehen, hatte er den einzigen Soldaten, der ihm noch geblieben war, angefahren und regelrecht angegriffen. Und letztendlich hatte er auch diesen verloren. Ja, Piers war wieder da, er hatte überlebt. Aber das war nun wirklich nicht Chris’ Verdienst gewesen, im Gegenteil. Leise seufzend wandte der Ältere den Blick ab und sah sich etwas in der kleinen Hütte um, in die er Piers gebracht hatte. Auf dem Weg hatte er sie durch die Bäume eines kleinen Waldes von der Straße aus gesehen, und so hatte er kurzerhand Halt gemacht, den Wagen zwischen den Büschen und Bäumen versteckt, sich vergewissert, dass die Hütte leer war, und Piers dann hinein getragen. Ganze zehn Stunden hatte er hier dann an seinem Schlafplatz gewacht, der aus alten Decken und Chris’ Jacke bestand, und er hatte um das Leben des Scharfschützen gebangt, hatte sich gefragt, was passieren würde, wenn er ihn nun doch noch verlor. Er hätte damit nicht leben können, nicht noch einmal. Vermutlich hätte er kehrt gemacht, wäre zur B.S.A.A. zurück gefahren und wäre dort solange Amok gelaufen, bis die Soldaten und Wissenschaftler ihn doch noch zur Strecke gebracht hätten. Aber so sehr er diesen Leuten auch die Schuld geben wollte, wusste er doch, dass er der eigentliche Auslöser für all das gewesen war. In Edonia, in China, und auch als Piers ihm das Geständnis gemacht hatte. So viel Kummer, so viel Schmerz, und Piers blieb noch immer bei ihm. Nicht, dass der momentan eine wirkliche Wahl gehabt hätte, doch Chris hatte mehrmals gehört, wie der Jüngere in seiner Bewusstlosigkeit seinen Namen gemurmelt hatte. Er konnte und durfte Piers nicht weiter so verletzen, das hatte er einfach nicht verdient. Und es gab da doch auch gar keinen Grund zu. Sie liebten sich beide, es waren die perfekten Voraussetzungen. Und Chris konnte seine Gefühle auch nicht länger verbergen, schon gar nicht, wenn er Piers so nahe war. „Piers, ich… Ich weiß, das ist vielleicht nicht der richtige Zeitpunkt, und vermutlich willst du einfach nur schlafen und hast… viele Fragen, aber…“ Er räusperte sich leicht, rieb sich etwas verlegen über den Nacken und atmete dann tief durch. „Ich… wollte mich bei dir entschuldigen. Ich hab dich sehr verletzt, und das weiß ich. Nur wegen mir bist du…“ „Hören Sie auf damit, Chris…“ Piers seufzte leise, schüttelte den Kopf und setzte sich nun doch ein kleines Stück auf, wobei er die Schmerzen nun einfach runterschluckte. Er wollte so einen Mist einfach nicht hören. „Ist schon gut, Captain, wirklich. Sie sind an nichts Schuld. Ich liebe Sie, Sie lieben mich eben nicht, und damit muss ich…“ „Aber das stimmt nicht, Piers. Das stimmt überhaupt nicht.“ Blinzelnd neigte der junge Soldat den Kopf zur Seite und starrte seinen Captain einen Moment lang einfach nur an. „Soll das heißen, Sie… aber…“ Er schüttelte den Kopf, schluckte leicht und wandte etwas den Blick ab. „Aber Sie haben sich abgewandt. Und im Labor, da… da waren Sie so abweisend, so sauer. Ich dachte…“ Doch wieder wurde Piers unterbrochen, und Chris legte einen Finger an seine Lippen, ehe er seinen Kopf etwas drehte, damit er ihn ansehen musste. „Ja, ich war sauer. Aber doch nicht auf dich. Ich war wütend auf mich selbst, weil ich dich dazu gebracht habe, zu gehen, weil ich… einfach feige war.“ „Chris Redfield war feige?“ „Ich bin auch nur ein Mensch, Piers. Und du weißt, dass ich Fehler mache. Viele Fehler. Ich… Ich konnte einfach nicht glauben, dass du jemanden wie mich wirklich liebst.“ „Haben Sie es… für einen Scherz gehalten?“, murrte Piers leise und blickte seinen Captain nun wieder ein wenig verletzt an. Doch der schüttelte schnell und fast ein wenig entsetzt den Kopf, ehe er antwortete. „Nicht für einen Scherz, nein. Ich konnte es einfach nicht verstehen…“ Das war die Wahrheit, das war der Grund, der auch Chris erst jetzt wirklich klar geworden war. Noch einmal seufzte er leise, dann gab er sich endlich einen Ruck, legte leicht die Arme um Piers und hauchte ihm einen sanften Kuss auf die Lippen. Er war vorsichtig, drückte ihn nicht an sich, überfiel ihn nicht, sondern passte auf, dass er den Jüngeren nicht noch mehr verletzte. Er würde noch Ruhe brauchen und musste sich schonen. Das Virus schien seinen Körper ein wenig zu stärken, aber von jetzt auf gleich heilten Piers’ Wunden natürlich dennoch nicht. Aber das schien diesem gerade relativ egal zu sein, denn kaum dass Chris’ Lippen seine berührt hatten, ließ der junge Soldat jegliche Vorsicht fallen, schlang die Arme um den Älteren und erwiderte dessen Kuss leidenschaftlich. Er war einfach überglücklich. Chris liebte ihn, er liebte ihn tatsächlich. Und er hatte sich getraut, es ihm auch zu gestehen. Nun würde alles gut werden, da war Piers ganz sicher. Er hatte seinen Captain bei sich, und er würde ihn nie wieder fort lassen. Jetzt würde er sich brav ausruhen und wieder richtig zu Kräften kommen, und auch Chris würde er zur Ruhe verdonnern. Immerhin war der auch verletzt. Und dann, wenn es ihnen beiden besser ging, würden sie etwas warten und anschließend nach Afrika aufbrechen. Alles war gut, alles war perfekt, endlich. Piers drückte sich enger an Chris, seufzte gegen seine Lippen und schloss die Augen, ehe er sich nach hinten fallen ließ und den Älteren dabei automatisch mit sich zog. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)