Between Heaven and Hell von Lady_Red-Herb ================================================================================ Kapitel 1: Willkommen zurück ---------------------------- Nach einer Weile war Chris vor Erschöpfung und Trauer eingeschlafen, und so bekam er zunächst nicht mit, wie es an seiner Tür klingelte. Erst, als dem Klingeln ein Klopfen folgte, öffnete er langsam die Augen und setzte sich ein wenig benommen auf. Piers’ Abzeichen lag neben seinem Kopfkissen, und er griff danach, schob es in die Hosentasche und erhob sich dann ganz aus dem Bett. „Komme schon, komme schon…“, murrte er, gähnte leise und fuhr sich kurz durch die Haare, ehe er das Schlafzimmer verließ, die Treppe hinunter ging und sich der Tür zuwandte, an der es noch immer so penetrant klopfte und klingelte. Dann jedoch verstummte beides mit einem Mal, ehe ein dumpfer Laut erklang, gefolgt von einem leisen Stöhnen. Chris beschleunigte seine Schritte, erreichte die Tür und öffnete diese, um zu sehen, wer da draußen war. Es hatte geklungen, als wäre jemand zusammengebrochen, und da musste er natürlich helfen. Sofort fiel sein Blick nach unten, und Chris’ Herz setzte für einen Moment aus, seine Augen weiteten sich, und kurz war der Soldat sicher, dass er nur träumte. Dass er noch oben in seinem Bett lag, und dass er dort tief und fest schlief. Aber das durfte ruhig noch eine Weile lang anhalten, denn es schien ein schöner Traum zu werden. Vor ihm auf den Stufen zu seinem Haus lag ein junger, braunhaariger Mann. Seine Kleidung war größtenteils zerrissen und verschmutzt, Blut klebte an dieser und der frei gelegten Haut. Es war eigentlich unmöglich, er konnte nicht hier sein, nicht hier liegen. Das ging einfach nicht. Er war doch tot! Und dennoch bestand kein Zweifel. Chris erkannte den jungen Soldaten, der da regungslos vor ihm auf dem Boden lag. Aber wie konnte das sein? Er verstand es einfach nicht. Doch eigentlich war das gerade auch völlig unwichtig, das Warum spielte nun wirklich keine Rolle. Jetzt musste der B.S.A.A.-Captain sich erst einmal um den offenbar Bewusstlosen kümmern. Das war das Einzige, was gerade zählte. „Piers…“ Vorsichtig kniete sich Chris also neben den Gestürzten und berührte sanft seine Schulter. Er spürte, wie sich der Körper etwas bewegte, und er konnte auch leichte Atemzüge vernehmen. Und als er kurz etwas an dem jungen Soldaten rüttelte, schlug dieser sogar mit einem leisen Stöhnen die Augen auf und blickte müde und benommen zu seinem Captain empor. „C-Chris…“, nuschelte er, doch der Altere schüttelte nur den Kopf und bedeutete ihm mit einer knappen Geste, nicht zu reden. Kurz sah er sich um, dann hievte er den Scharfschützen auf die Beine und stellte fest, dass seine Kleidung vollkommen durchnässt war. Und nun fiel Chris auch auf, dass Piers’ Lippen blau waren, und dass er am ganzen Körper zitterte. „Ich bringe dich rein, okay? Dann werden wir erst einmal deine nassen Klamotten los, holen dir eine warme Decke und kochen dir schönen heißen Tee“, entschied Chris nach einer Weile, während er sich Piers’ einen Arm um die Schulter legte und ihn so stützend in das Haus hinein brachte. Dort schleppte er ihn erst einmal zur Couch, setzte ihn vorsichtig auf dieser ab und schloss schnell die Tür, ehe er gleich wieder zu Piers zurückkam. ‚Ein Traum, das muss ein Traum sein…’, dachte Chris die ganze Zeit über, während er den jungen Soldaten nun nachdenklich betrachtete. Sein Blick fiel zu dessen rechter Schulter, und es dauerte einen Moment, bis er begriff, dass der Arm dort nicht einfach aufhörte, und dass er auch nicht in einer mutierten Klaue endete, sondern einfach als ganz normaler Arm weiterging und schließlich, wie es sich für einen Menschen gehörte, in eine gewöhnliche Hand mit fünf gewöhnlichen Fingern endete. War das hier vielleicht gar kein Traum, sondern das, was in China passiert war? Unsicher kaute der Braunhaarige an seiner Unterlippe herum, ehe er leise seufzte und vor dem jungen Scharfschützen in die Hocke ging. „Was ist passiert?“, wollte er wissen und neigte etwas den Kopf zur Seite. An Piers’ Antwort würde er schon sehen, was wahr war und was nicht. Noch während er auf diese wartete, zog Chris schon einmal die Decke her und legte sie dem Jüngeren um. Dieser atmete dankend etwas auf, wartete, bis seine Zähne nicht mehr so klapperten, und bis sich das Schwindelgefühl, das ihn hatte zusammenbrechen lassen, ein wenig gelegt hatte, ehe er sich zurück lehnte und leicht die Augen schloss. „Ich… ich weiß es nicht, Captain. Irgendwann bin ich aufgewacht und lag am Strand. Mein ganzer Körper schmerzte, aber ich… ich war nicht mehr mutiert, ich war… mehr oder weniger unverletzt“, antwortete Piers nun und öffnete ein Auge wieder, um zu Chris zu blicken. „Wie lange… wie lange war ich… naja… tot?“ Nun war es Chris, der einen Moment lang schwieg, und anschließend hob er die Schultern und ließ sie etwas hilflos wieder fallen. „Fast zwei Monate, ich… ich hatte so gehofft, dass du… dass es irgendeinen Weg geben würde…“ Der Soldat stockte, biss sich auf die Lippe und atmete zittrig durch. China war kein Traum gewesen, und langsam wurde ihm klar, dass auch dieser Moment Realität war. Und das bedeutete, dass sein größter Wunsch in Erfüllung gegangen war, dass Piers lebte, dass er nicht mehr alleine war. Und vor allem bedeutete es, dass er nun doch noch die Chance bekommen würde, dem Jüngeren zu gestehen, was er für ihn empfand. Aber nicht jetzt. Nun brauchte Piers etwas Heißes zu trinken und was zu essen. Und dann musste er sich ausruhen. Blass war der Scharfschütze, und er wirkte ein wenig abgemagert. Aber Chris würde ihn schon wieder aufpäppeln, das war er ihm schuldig. Und dann würde er beim HQ anrufen und die freudige Nachricht von Piers’ Überleben verkünden. Die würden da sicherlich Augen machen, wenn sie erfuhren, dass der Scharfschütze tatsächlich irgendwie lebend aus der Anlage gekommen war. Und dass er es aus eigener Kraft geschafft hatte, sich bis zu Chris’ Haus zu schleppen. „Captain? Captain, was haben Sie denn?“, fragte Piers nun etwas erschrocken und riss den Älteren damit aus seinen Gedanken. Der junge Soldat wirkte besorgt, aber das sollte er nicht. Er war nun viel wichtiger, ihm ging es schlechter. Und ganz abgesehen davon war Chris ja glücklich, es gab nichts zum Sorgen. „Es ist nichts, Piers. Ich bin nur so froh, dass du wieder da bist“, erwiderte der Ältere nun ehrlich und mit einem leichten Lächeln, legte dem jungen Soldaten eine Hand auf die Schulter und erhob sich dann. „Ruh dich ein wenig aus, während ich dir den Tee und etwas zu essen mache. Du verhungerst sicherlich schon halb“, murmelte er noch, wandte sich ab und ging zur Küche, ohne dass er Piers die Chance gab, noch irgendetwas dazu zu sagen. Chris war so erleichtert, so glücklich. Und er schwor sich, nie wieder zuzulassen, dass Piers ihn alleine ließ. Das durfte er einfach nicht. Er musste bei ihm bleiben, für immer. Ob als Soldat oder als Freund, das spielte dabei keine Rolle, solange er Chris nur nicht noch einmal einfach so verließ. Und damit das gewährleistet war, musste Piers sich nun einfach ganz schnell wieder erholen. Und er, Chris, würde dafür sorgen, dass der Jüngere das auch tat, dass er nicht gleich wieder aufsprang, was bei seinem Temperament nicht verwunderlich gewesen wäre. Nein, der Captain würde seinen Soldaten im Notfall zur Ruhe zwingen, und wenn es gar nicht anders ging, würde er ihn auch an die Couch ketten, damit er liegen blieb. Er wollte einen solchen Verlust einfach nicht noch einmal ertragen müssen. Für einen Moment schloss Chris die Augen und atmete tief durch, ehe er den Kühlschrank öffnete und etwas zu Trinken herausholte. Anschließend machte er sich daran, ein paar Brote für den jungen Soldaten zu schmieren. Er sollte wieder zu Kräften kommen und sich schnell erholen. Als er damit fertig war, kochte er noch den versprochenen Tee, damit sich Piers auch etwas aufwärmen konnte, ehe er alles auf ein kleines Tablett stellte und ins Wohnzimmer trug. Dort angekommen, musste Chris ein wenig schmunzeln, und er stellte die Sachen erst einmal auf dem Tisch ab, ehe er den Jüngeren schweigend betrachtete. Piers war eingeschlafen und auf der Couch etwas zur Seite gekippt. Er hatte sich eng in die Decke gekuschelt und wirkte friedlich wie ein kleiner Engel. Aber ein solcher war er ja irgendwie auch. In Chris’ Augen war dieser junge Mann sein persönlicher Schutzengel. Ohne Piers wäre er damals in Edonia vermutlich irgendwann an einer Alkoholvergiftung gestorben oder hätte in irgendeiner Gasse gelegen und wäre dort elendig verendet. Und auch in China hatte der Jüngere ihn wieder gerettet. Der B.S.A.A.-Captain verdankte Piers so unglaublich viel, eindeutig zu viel. Er hatte es doch gar nicht verdient, dass sich jemand so sehr für ihn aufopferte. „In Zukunft passe ich besser auf dich auf, Piers. Und ich werde gleich auf dich hören, ich werde dich nie wieder anschreien. Du warst immer der Vernünftigere von uns Beiden, und du hast so unglaublich viel für mich getan“, murmelte Chris nun seufzend, während er sich auf dem Rand der Couch niederließ und vorsichtig durch Piers’ Haare strich. Als der Scharfschütze ein leises Seufzen von sich gab, zuckte Chris zusammen und hielt für einen Moment in der Bewegung inne, doch Piers schien seelenruhig weiter zu schlafen, und so ließ sein Captain ihn auch. Der junge Mann brauchte die Ruhe ja immerhin, er sollte wieder fit werden. Chris wollte sich nicht so um ihn sorgen müssen, er wollte ihn nicht so blass und erschöpft da liegen sehen. Das passte einfach nicht zu Piers. Eine Weile lang blieb er nun noch da sitzen und betrachtete den schlafenden Soldaten, während er langsam in Gedanken versank. Es war noch immer wie ein Traum, wie ein Wunder, dass Piers tatsächlich wieder hier war. Und eigentlich war es ja auch wirklich unmöglich. Er war mutiert gewesen, sie hatten sich so tief unter dem Wasser befunden, und dann die Explosion… Aber vielleicht war das C-Virus stärker gewesen, als Chris angenommen hatte. Und sie waren ja einigen BOWs begegnet, de so gut wie gar nicht zu töten gewesen waren. Einige J'avos hatten ja sogar Kopfschüsse überlebt, und ihre Köpfe waren einfach nachgewachsen oder mutiert. Von den Rasklapanje wollte Chris da gar nicht erst anfangen, geschweige denn von Haos... Aber während ihm das alles in den Sinn kam, während er nach einer vernünftigen Erklärung für Piers’ Überleben suchte, kam ihm da auch noch ein anderer Gedanke in den Sinn. Einer, der nicht annähernd so erfreulich war wie die Rückkehr des jungen Soldaten. Wenn der es geschafft hatte, all das zu überleben, die Explosion, den tödlichen Druck des Wassers, die Infizierung und die Mutation… War es dann nicht auch möglich, dass Wesker ebenfalls noch am Leben war? Auch der war infiziert gewesen, mutiert. Und Chris kannte die Hartnäckigkeit seines ehemaligen S.T.A.R.S.-Captains nur zu gut. Der Blonde war so gut wie unkaputtbar gewesen, er hatte so unglaublich viel überlebt. Gut, Feuer war seine Schwachstelle gewesen, das hatte Chris schon früh festgestellt, bei der Sache mit den Ashfords. Und dennoch, dennoch konnte Chris sich durchaus vorstellen, dass selbst Afrika, die Lava, die Raketenwerfer, Wesker nicht endgültig vernichtet hatten. Es war einfach so ein Gefühl, das den Braunhaarigen überkam. Und leider konnte er sich, sofern er bei klarem Verstand war, auf sein Gefühl eigentlich immer verlassen. „Captain? Sie… Sie wirken schon wieder so nachdenklich…“ Wieder war es Piers’ Stimme, die Chris aus seinen Gedanken riss, und er war ihm dafür gerade auch unheimlich dankbar. Seufzend fuhr er sich mit einer Hand über das Gesicht, dann setzte er sich etwas weiter auf und wandte den Kopf in Piers’ Richtung. Langsam setzte dieser sich nun auf, verzog kurz das Gesicht und schloss noch einmal die Augen. Piers sah schon etwas besser aus als vorher. Seine Lippen waren nicht mehr blau, und auch die Blässe in seinem Gesicht war immerhin schon ein wenig zurückgegangen. Nur die Erschöpfung war dem jungen Soldaten noch deutlich anzusehen. „Entschuldige. Es ist nur so… ich kann es einfach noch nicht fassen, dass du lebst und hier bist“, gestand Chris leise, während er nach der Teetasse griff und dem Scharfschützen diese hin hielt. Vorsichtig nahm dieser sie entgegen und trank ein paar Schlucke. Heiß war der Tee nicht mehr, aber noch angenehm warm. So konnte er ihn gefahrlos trinken, aber es reichte noch, um Piers innerlich ein wenig weiter aufzuwärmen. Schweigend trank er nun also, solange, bis die Tasse leer war, ehe er sie an Chris zurückreichte und an diesem vorbei zum Tisch sah. Als er die Flasche Wasser entdeckte, wurde er richtig durstig, und der Anblick der liebevoll geschmierten Brote ließ seinen Magen hörbar knurren, sodass sich eine leichte Röte in sein doch noch etwas blasses Gesicht schlich. Chris grinste daraufhin aber nur breit, dann goss er etwas Wasser in ein Glas und reichte Piers dieses nun ebenfalls. „Aber trink langsam, es ist kalt. Und dein Magen muss sich sicherlich erst wieder an Essen und Trinken gewöhnen. Immerhin hattest du zwei Monate lang nichts davon“, mahnte der Ältere in besorgtem Ton, während er auch schon nach dem Teller mit den Broten griff. Als Piers das Glas geleert hatte, nahm er es entgegen und stellte dem Scharfschützen nun erst einmal den Teller auf den Schoß. Auch hier mahnte er ihn, langsam zu machen, damit er sich am Ende nicht übergab, wenn er seinen Magen überforderte. Das musste ja nun wirklich nicht sein. Während Piers also aß und trank und langsam wieder zu Kräften kam, betrachtete sein Captain ihn erneut, nachdenklich und mit einem Lächeln auf den Lippen. Zwar wirkte Piers noch immer recht erschöpft und etwas kränklich, aber in Chris’ Augen war er gerade dennoch der schönste Mann der Welt. Er liebte ihn einfach, dagegen konnte er nichts tun, dagegen konnte auch Piers nichts tun. Und Chris hoffte sehr, dass dieser seine Gefühle erwiderte, dass er ihn zumindest nicht abwies, wenn er sich endlich zu einem Geständnis durchringen konnte. Aber alles zu seiner Zeit. Nach einer Weile hatte Piers genug gegessen, damit sein Magen nicht mehr knurrte, die Wasserflasche hatte er halb geleert, und ihm war wieder halbwegs warm. Seufzend ließ er sich nun wieder zurück sinken, dann aber schüttelte Chris den Kopf und bedeutete dem jungen Mann, sich noch einmal aufzusetzen und sich schon einmal die noch immer nassen Klamotten auszuziehen. Diese hatte er beinahe vergessen. Er selber verschwand kurz im Schlafzimmer, holte eine Jogginghose und ein Unterhemd und kam damit wieder zurück ins Wohnzimmer, wo Piers nun nur noch in Boxershorts bekleidet da saß. Bei dem Anblick musste Chris sich wirklich zusammenreißen. Er atmete tief durch, reichte Piers die Sachen und warf dessen alte Klamotten ohne Umschweife in den Müll. Sie waren ja eh vollkommen hinüber. Als Piers nun fertig war, legte er sich wieder hin und kuschelte sich erneut in die Decke, ehe er ein leises Gähnen hören ließ, die Augen schloss und langsam wieder einschlief. Und wieder blieb Chris bei ihm sitzen, wachte über seinen Schlaf und strich durch die kurzen braunen Haare. Piers war wieder bei ihm, alles war gut. Er war einfach erleichtert, ja, er war seit einer gefühlten Ewigkeit wieder richtig glücklich. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)