Corpse Party - twisted souls von RiverTear ================================================================================ Prolog: -------- Endlich! Wir hatte es geschafft! Glücklich lächelte ich zuerst meine kleine Schwester Yuka an und dann Naomi, Ayumi und meinen besten Freund Yoshiki. Zusammen saßen wir auf dem Boden unseres Klassenzimmers, sagten nichts und lächelten einfach nur. Langsam wurde das Lächen zu einem Lachen und alle zusammen saßen wir da und lachten. Und ich wusste nicht einmal wieso und wer damit angefangen hatte. Wieso? War es die unendliche Erleichterung, diese riesige Freude? War es, weil alles gut gegangen war? Oder war es sogar so, dass der Wahnsinn der Heavenly Host uns doch ein wenig bis hier hin verfolgt hatte? Bevor ich diese Frage für mich klären konnte, verebbte unser Lachen wieder so schnell wie es kam und nun schauten wir alle traurig. Ging den anderen das selbe durch den Kopf, wie mir? Dieser grausige Gedanke, dass der Wahnsinn uns immer noch gepackt hielt? Bedrückt blicken wir alle auf den Boden, bis Shinozaki anfing zu schniefen. „Suzumoto... Morishige...“ Drang es leise und gequält aus ihrer Kehle und ich wusste sofort, was sie meinte. „Shinohara und Ms Yui... Wir werden unsere Freunde nie wieder sehen.“ Ja, genau das. Ich beobachtete, wie Yoshiki sanft seinen Arm um die Klassensprecherin legte und versuchte sie zu beruhigen, stumm. Auch Naomi neben mir fing an zu weinen, während Yuka sich an mich geklammert hatte. „Seiko, oh Seiko.“ Immerhin hatte sie ihre beste Freundin in der Heavenly Host verloren. Ich konnte sie verstehen, sie beide. Auch meine Augen wurden feucht. Wir wussten es zwar und kämpften schon die ganze Zeit unterbewusst mit dem Gedanken, doch jetzt kam er erst so richtig hoch. Sie waren weg, für immer. Und wie sollten wir das bloß ihren Familien erzählen? Wie sollten wir Shinoharas Brüdern erzählen, dass sie jetzt ohne ihre große Schwester klar kommen mussten? Wie sollten wir Morishiges Eltern sagen, dass ihr Sohn nie wieder kam? Und wie sollte man Mayus Eltern begreiflich machen, dass sie ohne ihre Tochter umziehen mussten und ihren Körper nicht einmal begraben könnten, sie alle nicht. Weil die Leichen an diesem schrecklichen Ort voller Schmerzen und Grausamkeiten gefangen waren und nie zu finden sein würden? Ich merkte, wie sich die Situation um mich beruhigte. Yukas starker Griff lockerte sich leicht und Naomi und Shinozai trockneten sich mit einem Taschentuch die Tränen. „Wir sollten nach Hause gehen. Wir haben eine menge Schlaf nachzuholen.“ Meinte Shinozaki und zwang sich zu einem schwachen Lächeln. „Ja, das müssen wir.“ Meinte Yoshiki und auch er musste leicht lächeln und nahm dabei langsam den Arm von Shinozaki. Sah ich da etwa eine Spur Röte in seinem Gesicht? Auch Naomi nickte zustimmend. Ihr Gesicht war immer noch von den vielen Tränen errötet. Ich hingegen schaute auf Yuka hinab. „Ich freue mich schon Mum und Dad wiederzusehen!“ Sagte sie, doch sie lächelte nicht. Ich hoffte nur dass dies nur wegen der Müdigkeit war und dass Yuka sich nicht verändert hatte. Ich lächelte sie sanft an und nickte. „Gut. Ich hoffe, wir treffen uns dann mal die Tage?“ Fragte Yoshiki in die Runde. „Nein!“ Entgegnete Shinozaki sofort.Wir alle schauten sie sofort erstaunt an. „Kommt... Kommt alle morgen zur Schule, bitte!“ Meinte sie mit einem Blick, der schon leicht flehentlich war. Ich verstand, was sie meinte und alle zusammen nickten wir und verließen gemeinsam die Schule und gingen unsere Wege nach Hause. Genau. Wir mussten so schnell wie möglich zusehen, dass uns die Normalität wieder erreichte. Und wir mussten zusammen bleiben. Uns gegenseitig aufhelfen. Zuhause begrüßte uns unsere Mutter freudestrahlend und fragte, ob das Fest gut gelaufen wäre. Ich nickte kurz um sie nicht zu beunruhigen und lächelte dann. „Ja, es hat echt Spaß gemacht!“ Meinte ich dann schnell und log dabei. Na ja. Es war nicht ganz gelogen. Das Fest an sich war wirklich toll und bei den Gedanken daran wurde ich wieder traurig und musste mich schnell ablenken, damit meine Mutter bloß nichts merkte. Aber diese bedanke sich schon bei Yuka, dass sie mir den Regenschirm brachte, während Yuka unsere Mutter verhalten anlächelte. Ja, stimmt... deshalb war Yuka da! Mir wäre es wirklich lieber gewesen, dass Yuka nicht gekommen wäre... Ihr hätte das ganze erspart bleiben können! Doch bevor ich wieder in meine finsteren Gedanken abtauchen konnte, fragte unsere Mutter uns, ob wir Hunger hätten und ergänzte, dass sie was vorbereitet hatte, falls wir noch Hunger hätten. Doch ich lehnte lächelnd ab. „Ich hab auf dem Fest schon sooo viel gegessen und ich bin wirklich müde. Außerdem muss ich ja morgen früh wieder in der Schule sein.“ So wimmelte ich meine Mutter ab und während ich hoch in mein Zimmer ging bekam ich noch mit, wie Yuka zunächst schüchtern fragte, was es denn zu essen gäbe. Und es gab wohl ihr Lieblingsessen, denn schon bald fing sie an zu kichern und zu gibbeln. Gott sei dank war sie wohl so froh Mama und Papa wiederzusehen und wieder Zuhause zu sein, dass sie den ganzen Schock langsam verdaute. Doch ich konnte immer noch nur noch daran denken, was in dieser Hölle passiert war und welche Auswirkungen das jetzt auf uns und unser Leben hatte... In dieser Nacht schlief ich nicht gut. Ich erlebte nicht nur erneut die schrecken der Heavenly Host, diesmal in meinen Träumen, sondern sah ich auch die anderen nach und nach sterben... Ayumi... Yoshiki... Naomi und sogar Yuka. Als ich vor meinen Augen sah, wie Sachioko Yuka auf einen Tisch festgebunden hatte und Yoshikazu mich festhielt und ich zusehen musste, wie Sachiko Yuka langsam eine Schere in das Auge bohrte, wachte ich schweißnass auf. Zum Glück war das nur ein Alptraum. Yuka war noch hier, bei mir. Doch um mich wirklich zu versichern ging ich leise in ihr Zimmer. Da lag sie, auf ihrem Bett und schlief friedlich. Sie hatte ihren Lieblingsteddy, den ich ihr vor bald 7 Jahren schenkte, in ihrem Arm. Keine Sachiko hier, kein Blut und keine Innereien. Zufrieden ging ich wieder in mein Zimmer, doch ich legte mich nicht wieder hin, ich konnte einfach nicht mehr schlafen. Trotz allem ging ich am nächsten Tag in die Schule. Immerhin hatte ich es Shinozaki versprochen und auch wollte ich nicht, dass man sich unnötig Sorgen um mich machte. Und da waren wir wieder. Shinozaki begrüßte uns mit einem kleine Lächeln. Auch sie sah so aus, als hätte sie kaum geschlafen. Naomi hatte rot geränderte Augen. Vermutlich hatte auch sie nicht geschlafen und die ganze Nacht geweint. Sie traf es immerhin am schlimmsten. Ihre längste und beste Freundin war nicht mehr da und sie gab sich vermutlich immer noch die Schuld – obwohl sie nichts dazu konnte und Seiko sich ja auch bei ihr entschuldigen wollte! Auch Yoshiki versuchte zu lächeln und ich lächelte zurück. Gemeinsam betraten wir schweigend das Schulgebäude und auch unser Klassenzimmer. Keiner von uns sprach, denn keiner von uns wollte erzählen, was passiert war. Doch unsere Klassenkameraden saßen um uns und quatschten fröhlich. Keiner fragte, warum Seiko nicht wie üblich auf Naomis Tisch saß oder wo Morishige war... Auch stellte keiner die Frage in den Raum ob Mayu gut in ihrem neuen Zuhause angekommen sei. Das kam uns schon sehr merkwürdig vor. Außerdem warteten wir ziemlich lange auf einen Lehrer... Und vieren war klar, dass Ms Yui nicht kommen würde, doch auch das sprach keiner aus. Aber es schien auch keinen zu wundern, dass unsere sonst immer so pünktliche Klassenlehrerin noch nicht da war. Wir sagten immer noch nichts. Wann es wohl bei den Lehrern auffallen würde, dass Ms Yui nicht anwesend war? Wir warteten einfach. „Hach, sie ist wohl wie immer zu spät.“ Meine lachend einer unserer Mitschüler, während er mit einem anderen Mitschüler schnick-schnack-schnuck spielte. Sofort schauten Yoshiki, Ayumi, Naomi und ich uns fragend an. Ms Yui war doch noch nie zu spät, was erzählte er da? Doch kaum hatten wir vier fragende Blicke ausgetauscht, betrat auch eine fremde Frau unseren Klassenraum. Fröhlich begrüßte sie die Klasse und ganz zu unserer Verwunderung grüßte die Klasse fröhlich zurück – doch wer war bitte diese Frau und warum kannte der Rest der Klasse sie? Doch wieder sagten wir nichts. Wir saßen einfach da, taten so, als würden wir zuhören und warteten. In der Mittagspause raffte dann Ayumi all ihren Mut zusammen und ging zu einem Mitschüler, der auch Kontakt zu Seiko hatte. „Sag mal, hast du schon was von Shinohara gehört?“ Fragte sie ihn mit fragenden Blick. „Shinohara? Bitte wen meinst du? Ist das so ein neuer Popstar?“ Entgegnete dieser jedoch. Neben mir merkte ich, wie Naomi anfing zu zittern. „Ach, ich dachte wir bekommen eine neue Mitschülerin – zumindest hatte ich das gehört.“ Antwortete Ayumi ihm mit einem gezwungenen Lächeln und wendete sich wieder uns zu. „Da... Das kann nicht sein, oder?“ Fragte Naomi schockiert und fing an zu weinen. Tröstend nahm ich sie in den Arm und reichte ihr nebenher ein Taschentuch. „Hei-Heißt das, dass... sie NIE existiert haben?“ Schniefte Naomi in meine Schulter. Ich schüttelte instinktiv den Kopf. „Wir wissen alle, dass sie existiert haben und da sind wir uns ganz sicher. Und solange wir an sie glauben und sie nie vergessen werden sie immer bei uns sein.“ „Genau“ Unterstützte Ayumi meine Aussage. Normalerweise würde sie nun noch etwas aus ihrem okkulten Wissen anfügen, vermied es aber wohl auf Grund unserer Situation. Ich merkte, wie Naomi leicht anfing zu lächeln, während sie noch einmal schniefte und dann mein Taschentuch benutzte. „Ja, ich denke ihr habt recht.“ Dabei löste sie sich langsam aus meiner Umarmung und lächelte uns schwach an und blickte noch betrübt. „Ich werde Seiko niemals vergessen...“ In den Ferien trafen wir vier uns oft. Die meiste Zeit verbrachten wir bei Shinozaki, da ihre Schwester Hinoe die einzige war, die uns glaubte. Auch wenn sie sich selbst an keinen der verstorbenen erinnern konnte. Doch sie stand uns bei, mit all ihrem Wissen. Und das spendete uns Trost. Nach einer Weile ging es uns auch wieder besser. Yoshiki und ich gingen zum Karaoke, Ayumi redete wie wild mit ihrer Schwester und recherchierte nach okkulten Dingen und Yuka backte kichernd mit unserer Mutter Kuchen. Doch Naomi machte mir Sorgen. Ihr ging es zwar auch besser, doch musste sie sich immer stark zurückhalten ihrer Mutter nicht zu sagen, dass ihre beste Freundin, die ihre Mutter einfach nicht kannte, tot war und sie deshalb keine neue beste Freundin brauchte und keiner sie ersetzen könnte. Ich verbrachte deshalb viel Zeit mit ihr, um sie wieder aufzumuntern. Auch wenn wir eh schon oft alle zusammen bei Ayumi waren. Aber ich hatte das Gefühl, dass Naomi dies nicht reichen würde. Zudem lud mich Ayumi auch oft außerhalb unserer Gruppentreffen zu ihr nach Hause oder woanders hin ein. Natürlich sagte ich ihr nicht ab, aber den größten Teil meiner Aufmerksamkeit widmete ich Naomi. Doch auch waren die Ferien wieder zu ende und wir mussten wieder in die Schule. Und zum Glück würde die uns viel Aufmerksamkeit kosten – oder? Kapitel 1: Erster Schultag -------------------------- Wie besprochen trafen wir vier uns wieder vor dem Schulgebäude und gingen gemeinsam hinein. Yuka wurde von ihrer Schulfreundin abgeholt und sie wirkte wieder ganz wie früher. Und ich auch – zumindest dachte ich das. Aber wieder hier vor dieser Schule zu stehen fühlte sich doch komisch an. An diesem Ort hingen so viele Erinnerungen an Mayu, Sakutaro, Seiko und Ms Yui. Und dann auch die Erinnerungen an den Sachiko Ever After Charm, der uns für immer verbinden sollte – auf einer Art tat er das auch. Wir fünf hingen näher zusammen als vor dem Vorfall. Aber es war einfach traurig, dass hier so viele schöne, tolle und lustige Erinnerungen an unsere Freunde lagen und dass diese nur noch in uns lebten und keiner sonst sich mehr an diese vier tollen Menschen erinnerte... Als wir auf die ersten Klassenkameraden von uns trafen, erfuhren wir auch gleich, dass wir wohl eine neue Klassenlehrerin bekommen würden, da unsere eigentliche Klassenlehrerin – für unsere Mitschüler zumindest – schwanger war und nun für lange Zeit ausfallen würde. Also wieder eine neue Klassenlehrerin. Ich seufzte leise. So toll wie Ms Yui konnte sowieso kein anderer Lehrer sein. Im Klassenzimmer nahmen wir unsere gewohnten Plätze ein und wir wurden alle vier sichtlich betrübter bei dem Anblick der leeren Tische und Stühle. Doch wie ich geahnt hatte störte das keinen anderen. Plötzlich betrat der Direktor das Klassenzimmer. Er grüßte uns alle höflich, während wir uns alle geordnet hinsetzten und leise waren. So wie es sich eben gehörte. Er war gekommen um uns – wie wir schon erfahren hatten – unsere neue Klassenlehrerin vorzustellen, da ja unsere alte-neue schwanger war. Außerdem sollten wir drei neue Mitschüler bekommen. Na toll. Der Anblick der leeren Stühle war ja schon komisch, aber wenn da jetzt total fremde kommen würden... Etwas beunruhigt schielte ich zu Naomi rüber. Sie sah verängstigt aus und blickte starr auf ihre, auf dem Schoß zusammen gefaltete Hände. Doch ein überraschtes stöhnen neben mir, welches von Ayumi kam, leitete mich dazu nach vorne zu schauen. Und was ich da sah, das schockierte mich wirklich. Dort standen Ms Yui, die gerade als neue Klassenlehrerin vorgestellt wurde, Seiko, Mayu und Morishige. Doch etwas war anders. Ms Yui lächelte uns freundlich an, doch schien immer wieder etwas in ihrem Blick hevor zu blitzen. Etwas, was ich noch nie zuvor gesehen hatte. Und auch unsere alten Mitschüler fühlten sich so anders an. Aber wie konnte das sein? Hatte jemand die Heavenly Host endgültig gebrochen und die armen, gefangenen Seelen konnten zu ihrem Ursprung zurück kehren? Bei der Vorstellung unserer 'neuen' Mitschüler grüßte Seiko, wie Seiko es tun würde, doch Mayu wirkte recht desinteressiert und Morishige hatte so ein komisches, schiefes Grinsen auf den Lippen. Nun sollten wir uns vorstellen. Nach und nach mussten wir aufstehen und unsere Namen nennen. Wie automatisiert stand ich auf, als ich dran war, nannte meinen Namen und setzte mich wieder. Ich bemerkte das selbst nur so, als ob ich neben mir selbst stehen würde und meine Vorstellung aus dem Augenwinkel gesehen hätte. Ich konnte einfach immer noch nicht begreifen was hier los war. War das nur ein Traum und ich lag in Wirklichkeit noch im Bett und schlief? Doch es fühlte sich alles so echt an. Bis... Auf unsere vier anscheinend tot geglaubten Freunde. Sie fühlten sich eben so anders an. So ganz anders. Kam mir das nur so vor oder spürten es die anderen auch? Der Direktor verabschiedete sich freundlich und Ms Yui wies die anderen drei an, sich einen Platz zu suchen. „Iiiiich möchte neben Nakashima-chan sitzen!“ Rief Seiko fröhlich aus, so wie Seiko eben war, was ich komisch fand, weil sie so anders war, während sie schon eine Handy auf den freien Tisch neben Naomi hatte. Erstaunt, aber nicht in der Lage etwas zu sagen, blickte Naomi an Seiko hoch und nickte dann wie in Transe mit ihrem Kopf. Mayu und Morishige nahmen auch ihre Plätze ein – und zwar auch noch jene, die sowieso ihre waren. Spielte uns da jemand ein Streich? Oder waren sie wirklich zurück und sagten nur jetzt noch nichts? Ich flehte nur, dass das alles wahr war und es wirklich unsere Freunde waren und sie sich auch noch an uns erinnerten. Doch als ich zu Mayu rüber schielte, sah ich, wie sie weiterhin desinteressiert da saß und sogar ihr Handy heraus holte. Und wie ich bemerkte, war es das neuste Modell, welches erhältlich war. Das ähnelte Mayu ja so gar nicht. Ihr Vater hatte zwar viel Geld, das wussten wir, allerdings wäre es ihr lieber gewesen, wenn ihr Vater weniger verdienen würde und dafür mehr Zeit für seine Familie hätte und sie auch nicht seiner Arbeit hinter herziehen müssten. Deshalb verschmähte sie auch seine ganzen teuren Geschenke. Und sie jetzt hier sitzen zu sehen mit diesem vollkommen neuen Blick und diesem Handy... Bei näherer Betrachtung fiel mir auch auf, dass Mayu Schminke trug und auch ein paar Ketten, Armbänder und Ohrringe. Das war definitiv nicht unsere Mayu! Sofort schielte ich zu Morishige rüber. Diese Aktion kam mir selbst so vor, als wollte ich mich nur vergewissern, dass Mayu sich einfach nur verändert hatte. Doch Morishige hatte immer noch dieses schiefe Grinsen auf dem Gesicht und blickte stur nach Ayumi. Auch wackelte er zwischendurch mit einer seiner Augenbraue und wenn ich recht drüber nachdachte, dann fiel mir auf, dass er das tat, seitdem Ayumi sich fast stolpernd und stotternd vorgestellt hatte. Das war total neu an ihm. Vor allem... Dieser Blick. Da lief es selbst mir kalt über den Rücken. Schnell blickte ich zu Ayumi. Sie sah angespannt aus, so als würde sie seine Blicke spüren. Doch sie ignorierte ihn so gut sie konnte. Dabei bemerkte ich auch Yoshikis leicht genervten Blick. Nun widmete ich mich dem größten Rätsel: Seiko. Wenn Mayu und Morishige so total anders waren, wie kam es dann, dass Seiko so war wie immer? Als ich zu ihr rüber schielte bemerkte ich, wie sie grinsend Seiko einen Zettel zuschob. Diese nahm den Zettel erstaunt an, faltete ihn auseinander und das, was dann kam erstaunte und schockierte mich gleichermaßen. Naomi wurde prompt kreidebleich im Gesicht, sie fing an zu zittern und ihre Augen waren wie vom Schock geweitet. Fragend blickte ich sie an und sie blickte zurück. Doch dann schüttelte sie hektisch den Kopf, schaute wieder weg, verstaute den Zettel und schien sich nun auf den Unterricht konzentrieren zu wollen. Was war das? Was stand auf diesem Zettel? Plötzlich wendete sich Seiko an mich und warf mir eine Kusshand zu. Sofort, schockiert und sehr verwirrt, blickte ich nun auch nach vorne und versuchte mich auf den Unterricht zu konzentrieren. Das gelang mir auch eine Zeit lang, das Ms Yuis vertraute Stimme beruhigend auf mich wirkte. Doch plötzlich, kaum hatte sich ein Mitschüler zu einer anderen Mitschülerin umgedreht, wohl um sie was zu fragen, fing Ms Yui an zu schreien. Ich hatte sie noch nie schreien gehört und war davon wenn ich ehrlich war, am meisten geschockt. „Wenn du dem Unterricht nicht folgen willst, dann geh doch vor die Tür!“ Schrie sie den armen Kerl an. Ich war starr vor Schreck, wirklich starr. Das war wirklich nicht unsere Yui Shishido! Wie sie den Jungen beschimpfte und dann noch... Das was sie am Ende sagte. Dass sie garantiert nicht wegen uns hier wäre und dass es ihr egal wäre, ob wir was lernten oder nicht. Nein. Diese Frau war nicht Ms Yui! Während des Unterrichts konnte ich mich gar nicht mehr beruhigen. So viele Fragen schossen mir durch den Kopf und auf alle gab es keine Antwort. Ich verstand wirklich nichts mehr. Rein gar nichts. Zur Pause verließ Ms Yui schnaubend den Raum. Eigentlich sollte mir das jetzt gar nicht mehr komisch vorkommen, trotzdem musste ich mich daran erinnern, dass unsere Ms Yui das nie tat. Sie saß doch sonst immer bei uns im Raum... Doch plötzlich lenkte Seiko mich ab. Wie aus dem nichts saß sie auf meinem Tisch und kicherte süßlich. Ich merkte, wie Naomi rot wurde und fast schon wütend rüber guckte von von Ayumi kam ein verächtliches Schnauben und ein böser Blick. „Na, Mochida-kun?“ Sprach sie mich an. Ich war einfach zu perplex zum antworten. „Wie wäre es, wenn wir heute nach der Schule Eisessen gehen?“ Fragte sie mich zwinkernd. Ich wusste gar nicht, was ich tun sollte! „Eh... Also... Ich – eh, ich... Kann heute nicht, tut mir leid.“ Entgegnete ich ihr dann langsam und lehnte mich immer weiter ein Stück von ihr weg. „Okay, vielleicht ein andern mal.“ Meinte sie breit lächelnd, schwang sich von meinem Tisch und warf mir noch eine Kusshand zu während sie aus dem Klassenraum schritt. Die Welt war verdreht und zwar völlig. Fast fühlte es sich so an, als wären wir immer noch in der Heavenly Host. Nur ohne Blut, Leichen und Geister. Ayumi und Yoshika traten zu mir, stellten sich um meinen Tisch und hockten sich runter. Aus dem Augenwinkel konnte ich noch sehen, wie Naomi alles aus dem Gesicht gefallen zu sein schien, bis sie sich wieder fing und betrübt aus dem Fenster schaute. Anscheinend wollte sie sich nicht an unserer bevorstehenden Unterhaltung beteiligen. Wieder machte ich mir Sorgen um sie. „Das sind nicht unsere Freunde.“ Fing Ayumi an. „Ja, garantiert nicht.“ Knurrte Yoshiki zustimmend und warf Morishige, der weiterhin interessiert Ayumi musterte, einen bösen Blick zu, von dem sich Morishige aber allen Anschein nach nicht beeindrucken lies. „Wir müssen nach der Schule unbedingt alle zusammen zu mir nach Hause und mit Hitomi reden!“ Meinte Ayumi schon fast bestimmend. Yoshiki stimmte ihr kräftig nickend zu und auch ich musste zustimmen. Immerhin blieb uns nichts anderes übrig. Zumindest kein anderer Weg Licht in diese Sache zu bringen. „Gut aber ich sammle vorher noch Yuka ein. Ich weiß ja nicht in wie weit uns diese Sache noch betrifft und ich denke, es wäre das beste, wenn wir auch besonders auf sie acht geben.“ Ayumi und Yoshiki gaben mir sofort ihre Zustimmung. Während der Schule mussten wir noch nach draußen um ein Klassenfoto zu machen. Immerhin hatten wir jetzt eine neue Klassenlehrerin und drei neue Mitschüler. Es immer wieder zu hören fühlte sich so komisch an, ja, tat irgendwie weh. Immerhin waren sie verdammt noch mal nicht neu! Sie waren unsere Freunde. Ja, sie waren es einmal. Und bei dem Foto schwor ich mir eines: Ich würde alles dafür geben und tun, damit die vier wieder normal wurden. Schneller als ich dachte, ging dieser erste Schultag um. Und ich war zum ersten mal richtig froh darüber, dass die Schule vorbei war. Wie vier standen auf und stellten uns zusammen. „Ich gehe gucken, ob das Foto schon fertig ist.“ Sagte Shinozaki etwas leiser, damit keiner, außer uns, sie hören konnte. „Was? Wozu brauchst du das?“ Fragte Yoshiki, genauso leise wie Shinozaki und schielte immer wieder zu Morishige rüber, der auch noch im Klassenzimmer verweilte und ruhig, mit einem Buch in der Hand, lesend, an seinem Platz saß. „Wenn es fertig ist, können wir es Hinoe mitbringen und es ihr zeigen. Vielleicht hilft es ja.“ Erklärte Shinozaki uns. „Gut, dann komme ich mit.“ Sagte Yoshiki, wieder einen kurzen Blick auf Morishige werfend. Da Ayumi nichts sagegen sagte, wäre das also beschlossen. „Gut, ich werde Yuka abholen.“ Auch wenn das schon feststand, wollte ich es noch einmal sagen. Mit einem Blick auf Naomi, die wie in Trance bei uns stand, fragte ich sie dann noch: „Naomi, möchtest du nicht mitkommen?“ Wie aus den Gedanken gerissen und so, als hätte sie nichts von unserem Gespräch mitbekommen, schaute Naomi fragend auf. Sie blickte mich an. „Erm... oh... ja, okay.“ Sagte sie dann schlicht. Sie lächelte nicht und sagte auch sonst nichts weiter. Ich machte mir wirklich Sorgen um Naomi, weshalb ich sie noch weniger aus den Augen lassen wollte als in den Ferien. Denn jetzt sah sie definitiv noch schlimmer aus und ich hatte angst, dass sie uns entgleiten würde. Hosted by Animexx e.V. (http://www.animexx.de)